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COPYRIGHT: IFIM INSTITUT FÜR INTERKULTURELLES MANAGEMENT DIE VEREINIGTEN ARABI- SCHEN EMIRATE UND SAUDI -ARABIEN 2007 E INEAKTUELLE B EST ANDSAUFNAHMEBEIDEUT- SCHEN F ÜHRUNGSKRÄFTENUNDIHRENMIT AUS- REISENDEN F AMILIEN von Malte Kaßner

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IMINSTITUT FÜR INTERKULTURELLES MANAGEMENT

DIE VEREINIGTEN ARABI-

SCHEN EMIRATE UND

SAUDI -ARABIEN 2007

EINEAKTUELLEBESTANDSAUFNAHMEBEIDEUT-

SCHENFÜHRUNGSKRÄFTENUNDIHRENMITAUS-

REISENDENFAMILIEN

von Malte Kaßner

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IMRegelmäßig besuchen die Trainer und Berater des Instituts für Interkulturelles Manage-

ment "ihre" Länder und befragen dort deutsche Fach- und Führungskräfte, deren mitaus-

gereiste Partner/innen, aber auch einheimische Manager zu Veränderungen der Lebens-

und Arbeitsbedingungen vor Ort. Daraus entstehen aktuelle Studien und Berichte, die un-

sere Seminare fundiert und lebensnah gestalten helfen. Malte Kaßner, unser Arabienex-

perte, reiste im Mai 2007 in die Vereinigten Arabischen Emirate und nach Saudi-Arabien,

wo er mit über 20 Managern und Mitausreisenden sprach. Auf deren Einschätzungen be-

ruht sein nachfolgender Bericht.

Inhaltsverzeichnis

1. Teil: Arbeitsbedingungen in den VAE und Saudi-Arabien 1

Arbeitsbelastung................................................................................................................. 2

Zusammensetzung der Belegschaft.................................................................................... 3

Mitarbeiter rekrutieren ....................................................................................................... 8

Kommunikation................................................................................................................ 10

Instruieren, delegieren, kooperieren................................................................................. 14

Mitarbeiter motivieren und binden................................................................................... 19

Kundenmanagement......................................................................................................... 20

2. Teil: Lebensbedingungen in den VAE und Saudi-Arabien 23

Leben als Expatriate ......................................................................................................... 23

Wohnen und Hausangestellte ........................................................................................... 24

Schule und Kinder............................................................................................................ 27

Als Frau in den Emiraten ................................................................................................. 29

Als Frau in Saudi-Arabien ............................................................................................... 30

Als mitausreisende Partnerin in den VAE und Saudi-Arabien ........................................ 31

Kultur und Freizeit ........................................................................................................... 33

Versorgung und Gesundheit in Dubai.............................................................................. 35

Sicherheit in Saudi-Arabien ............................................................................................. 36

Verkehr und Transport in Dubai ...................................................................................... 36

Fazit.................................................................................................................................. 37

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1. Teil: Arbeitsbedingungen in den VAE und Saudi-Arabien

�Es boomt hier. Sie haben Öl, sie haben Geld.� Es klingt wie aus einem Märchen aus 1001

Nacht, was gegenwärtig in Dubai passiert. Da werden neue Inseln im Meer künstlich aufge-

schüttet. Es gibt mit dem Burj Al Arab, das Wahrzeichen Dubais mit dem Sonnensegel, das

einzige 7-Sterne Hotel der Welt. Und mit dem Burj Dubai entsteht momentan das höchste

Gebäude der Welt in Dubai, seit jeher ein Prestigeobjekt für aufstrebende Nationen. Daneben

werden noch zahlreiche andere Projekte realisiert; jedes für sich wäre für die meisten Länder

bereits ein Aushängeschild, in Dubai gehen sie jedoch in der grandiosen Masse der Mega-

Projekte fast unter. So wird geschätzt, dass sich 15-20% aller Baukräne, die weltweit im Ein-

satz sind, in Dubai drehen. Und während man sich in Deutschland seit Jahren um den Bau

einer Transrapid-Strecke streitet, entsteht in Dubai in kürzester Zeit ein komplettes High Tech

Metro-Netz mit drei verschiedenen Linien. Getragen wird dieser Boom von einer ungeheuren

Aufbruchstimmung: Alles ist möglich.

Viele meiner Interviewpartner sind fasziniert von dieser Aufbruchstimmung und genießen es,

ein Teil von diesem Boom zu sein, gerade auch vor dem Hintergrund der bis vor kurzem noch

sehr depressiven Stimmung in Deutschland.

�Ich will nicht mehr zurück nach Deutschland. Dort ist eine depressive Stimmung,

hier boomt, hier passiert mehr, hier ist positive Stimmung. Ich kann hier beruflich

mehr machen, habe mehr Möglichkeiten.�

Lange nicht so laut und pompös wie Dubai aber auch sehr beachtlich hat sich Saudi-Arabien

zu einem weiteren Boom-Markt in der Region entwickelt, auf dem es sehr gute Business-

Möglichkeiten gibt. In einigen Dingen eifert man Dubai mit seiner Gigantomanie nach. So

sollen z. B. ganz neue Städte mit bestimmten Schwerpunktindustrien an der Küste nahe

Dschidda entstehen. Und auch unzählige Shopping Malls wachsen wie Pilze aus der Erde.

Doch die Umsetzung gestaltet sich schwieriger und langwieriger als im temporeichen Dubai.

Ein beeindruckendes Wachstum auf den Märkten ist jedoch auch hier zu verzeichnen.

Für Wachstum in der arabischen Region ist und bleibt Dubai aber das Synonym. So

wundert es auch nicht, dass Dubai für viele Menschen ein sehr attraktiver Standort geworden

ist. Viele hochqualifizierte Fachkräfte aus der ganzen Welt suchen hier Arbeit, aus Europa,

Südafrika, Indien und den arabischen Ländern. Bei dieser starken Nachfrage wundert es nicht,

dass es immer weniger Entsendungen mit Expat-Verträgen gibt und immer mehr Fach- und

Führungskräfte mit lokalen Verträgen angestellt werden, die viele Begünstigungen aussparen.

Ein Befragter brachte es in diesem Zusammenhang auf den Punkt: �Dubai ist nicht mehr das

Schlaraffenland.� Und auch für Unternehmen ist das Fahrwasser in den letzten Jahren deut-

lich rauer geworden. So sind es insbesondere die hohen Mieten, die nicht nur die Arbeitneh-

mer, sondern auch die Firmen stark belasten. Einerseits treiben sie die Kosten für das Firmen-

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gebäude in die Höhe, andererseits lassen sie die Aufwendungen für die Angestellten mit den

Begünstigungen von Expat-Verträgen in die Höhe schnellen. Aber auch bei lokalen Arbeits-

verträgen muss die �housing allowance� der Angestellten kontinuierlich nach oben angepasst

werden. Laut einer Befragten betrugen die Kosten für die Firmen noch vor 3-4 Jahren etwa ¼

der heutigen. Aufgrund dieser Kostenexplosion in Dubai überlegen Firmen bereits, nach Doha

oder Katar oder in andere Städte in der Region auszuweichen bzw. ihr Arabien-Geschäft wie-

der aus Europa betreuen zu lassen. Einige Firmen haben diesen Überlegungen bereits Taten

folgen lassen. Die meisten Firmen jedoch stocken ihre Repräsentanzen oder Vertriebs- und

Servicebüros nach wie vor auf und können es sich schlichtweg nicht leisten, nicht im Boom-

Markt Dubai dabei zu sein.

Während Dubai in aller Munde ist, bewegt sich die Attraktivität des Standorts Saudi-

Arabien für Arbeitnehmer auf unterem Niveau. Viele denken bei Saudi-Arabien zunächst an

die Verschleierung und Unterdrückung von Frauen in der Gesellschaft. Die Vorurteile über

dieses Land gehen soweit, dass es vielfach schwierig ist, qualifizierte deutsche und schweizer

Fachkräfte nach Saudi-Arabien zu holen. Eine solche Einstellung, darin waren sich alle meine

Interviewpartner einig, hat dieses Land jedoch nicht verdient, denn es bietet nicht nur enorme

Marktchancen, sondern es lässt sich auch ganz passabel leben in Saudi-Arabien, gerade auch

mit Familie und kleinen Kindern.

Will man am Boom der arabischen Halbinsel teilhaben, werden viele Unternehmen

nicht umhin kommen, sich stärker in dieser Region zu engagieren. Dass es jedoch kein leich-

ter Markt ist und gerade auch kulturelle Unterschiede das Arbeits- und Privatleben erschwe-

ren, habe ich in den über 20 Interviews immer wieder gehört. Um die Leser an den reichen

Erfahrungen von Expats in dieser Region teilhaben zu lassen, dazu soll dieser Bericht dienen.

Wie lebt und arbeitet es sich also konkret in den arabischen Boomregionen Dubai, Abu Dha-

bi, Riad und Dschidda. Worauf sollte man achten, um im Arbeits- wie auch im Privatleben

erfolgreich zu sein? Und wie hat sich das (Arbeits-) Leben durch die starke wirtschaftliche

Entwicklung der letzten Jahre verändert?

Arbeitsbelastung

So spannend, anspruchsvoll und interessant die Arbeit auf den arabischen Boommärkten der

Emirate und Saudi-Arabiens auch sein mag, der entsandte Mitarbeiter und seine Familie soll-

ten sich darüber im klaren sein, dass die Arbeitsbelastung höher als in Deutschland sein wird.

In Dubai und Abu Dhabi gilt für die meisten Unternehmen eine 5-Tage-Woche, während in

Saudi-Arabien noch die 5,5-Tage-Woche Standard ist. Die Befragten haben fast durchweg

angegeben, Arbeitszeiten von 12 Stunden täglich zu haben, meist von 8:00 bis 20:00 Uhr.

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�Es ist hektisch hier, habe einen 12 Stunden-Tag an 5 Tagen die Woche. Darauf sollte

man sich einstellen. Andere Deutsche haben eine noch höhere Belastung. Wir werden

bezahlt für eine Aufgabe, nicht für die Stunden.�

Hinzu kommt ein Wochenende, das nur selten arbeitsfrei ist, da es zeitlich versetzt zum euro-

päischen Wochenende liegt. Während in Saudi-Arabien das Wochenende traditionell Don-

nerstag und Freitag ist, wobei am Donnerstag Vormittag noch häufig gearbeitet wird, haben

Dubai und Abu Dhabi sich seit kurzem dazu durchgerungen, das Wochenende offiziell auf

Freitag/Samstag zu legen, so dass es vier statt bisher nur drei gemeinsame Geschäftstage mit

den europäischen Ländern gibt. Vielfach wird jedoch vom Mutterhaus erwartet, dass die Ex-

patriates auch Donnerstags und Freitags erreichbar sind, oder aber Kollegen in Deutschland

vergessen schlichtweg die Verschiebung des Wochenendes, so dass ein vollständiges Ab-

schalten am Wochenende nicht möglich ist. Wie am Wochenende, so verhält es sich auch mit

den arabischen/islamischen Feiertagen, die für viele Expats auf der arabischen Halbinsel kei-

ne sind, während es die deutschen Feiertage für sie nicht gibt. Eine zusätzliche Belastung stel-

len häufig Geschäftsessen am Abend dar. In einer stark beziehungsorientierten Kultur wie der

arabischen werden viele Geschäfte beim Abendessen in angenehmer Atmosphäre eingefädelt,

und die können durchaus regelmäßig stattfinden:

�Hier besteht das Leben vor allem aus Schlafen und Arbeiten. Arbeiten tue ich von 8-

20 Uhr. Dazu kommen 2x pro Woche abends Essen mit Kunden, und das wird immer

sehr spät. Das ist schon viel. Privatleben ist eigentlich nicht mehr viel möglich, nur

am Wochenende.�

Die höhere Arbeitsbelastung für die Expatriates im arabischen Raum kommt somit nicht nur

durch zeitliche Mehrarbeit zustande, sondern vor allem durch die hohe geforderte Flexibilität

des Arbeitnehmers, sei es an Abenden oder am Wochenende. Eine deutliche Trennung von

Arbeits- und Privatleben, wie wir sie meist aus unserer Arbeitsumgebung kennen, ver-

schwimmt so zunehmend. Der folgende Kommentar stellt jedoch auch für die arabische Regi-

on ein Extrem dar.

�Es ist alles flexibel. Zeit und Privatleben gibt es nicht, d.h. Anrufe nachts um 2:00

Uhr sind ok. Und auch am Wochenende bekommt man Bitten um Infos, die sofort zu

bearbeiten sind.�

Zusammensetzung der Belegschaft

Durchweg betonten die interviewten Personen in Dubai und Abu Dhabi die multikulturelle

Zusammensetzung der Belegschaft ihrer Unternehmen. So arbeiten sie zusammen mit anderen

Deutschen, anderen Europäern, Amerikanern, vielen Asiaten, vor allem aus Indien, Pakistan

und den Philippinen, sowie natürlich Kollegen aus dem arabischen Raum, wie Ägyptern, Li-

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banesen, Syrern und Jordaniern. Lediglich Emiratis als Kollegen sind selten zu finden. Jedoch

stößt man auf ganz unterschiedliche Personalstrategien in den Unternehmen. So gibt es einige

Unternehmen bzw. Abteilungen, die darauf achten, dass es ein multikulturell ausgewogenes

Team gibt, in dem keine Nation die Oberhand hat. In einem konkreten Fall ist diese Strategie

aus der Erfahrung geboren worden, dass �bereits drei Libanesen zusammen einen eigenen

Verein gründen und dann contra-orientiert sind.� Bei größeren Unternehmen ist eine Grup-

penbildung von verschiedenen Nationalitäten jedoch nicht zu vermeiden, was sich vielfach

nachteilig auswirkt.

�Die verschiedenen Nationalitäten hängen immer zusammen, das läuft nicht so rei-

bungslos ab bei uns.�

Soweit aber die Dominanz einer Gruppe vermeidbar ist, funktioniert die Zusammenarbeit,

obwohl ein Befragter auch kritische Auswirkungen sieht:

�Wenn viele Kulturen zusammen kommen, einigt man sich häufig auf einen gemein-

samen Nenner, und der ist dann häufig niedrig. So zählen Pünktlichkeit und Zuverläs-

sigkeit überhaupt nicht hier.�

Innerhalb der multikulturellen Belegschaften sind verschiedene Strukturen erkennbar. Eine

solche Struktur, die sich jedoch in den letzten Jahren merklich abgeschwächt hat, ist eine Hie-

rarchie, die sich nach den jeweiligen Nationalitäten richtet. Noch vor wenigen Jahren war es

Usus, dass die CEOs der Unternehmen in den VAE Emiratis waren, auf der nächst niedrige-

ren Managementebene Europäer und Amerikaner zu finden waren, dann Mitarbeiter aus ande-

ren arabischen Ländern und schließlich ganz unten in der Hierarchie Asiaten, insbesondere

Inder und Pakistanis. Diese von Nationalitäten dominierte Hierarchie ist jedoch in den letzten

Jahren insbesondere bei internationalen Unternehmen in Dubai, durcheinander geraten. Vor

allem Inder und Pakistanis sind vielfach in die Managementebenen aufgestiegen und agieren

gleichberechtigt neben Europäern und arabischen Fachkräften.

�CEOs sind Emiratis. Auf der Managementebene sind meist Expats, Europäer und

häufig auch Inder und Pakistanis.�

�Mit Emiratis haben wir wenig zu tun. Die Mischung ist meist wie hier, d.h. Füh-

rungspersonen sind Ägypter und Libanesen, darunter sind aber auch Inder und Pakis-

tanis.�

�Das Management unserer amerikanischen Firma besteht größtenteils aus Englän-

dern und Schotten, auch einige Inder und Amerikaner, aber keine Araber.�

In anderen stärker arabisch geprägten Unternehmen außerhalb Dubais ist die traditionelle Hie-

rarchie jedoch noch vorhanden.

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�Syrer, Libanesen, Ägypter sind auch viele hier, meist in der Hierarchie über Inder

und Pakistani.�

�Auch die Auftragsabwicklung ist oben mit Ägyptern besetzt und unten dann mit In-

dern und Pakistanis. Die machen im Prinzip auch Projektleitung, erhalten aber weder

das gleiche Gehalt noch den entsprechenden Titel.�

In Saudi-Arabien ist diese traditionelle Hierarchie nach Nationalitäten noch wesentlich stärker

vorhanden, was auch an der Aufgabenverteilung im Unternehmen deutlich wird.

�Es gibt hier eine klare Hierarchie: Zuerst kommen die Saudis, dann die Westler,

dann Ägypter, dann die anderen, wie die Filipinos usw. Wir sind zwar ein Team, aber

wenn es Arbeit gibt, versuchen die Saudis immer, die Arbeit den Ausländern aufzuhal-

sen, damit sie selber nichts machen müssen.�

Eine andere Struktur in der multikulturellen Belegschaft, die auch in den Emiraten noch weit-

aus stärker Bestand hat, ist die Konzentration von Nationalitäten auf bestimmte Aufgabenbe-

reiche. So ist der technische Bereich (engineering) von Asiaten dominiert, insbesondere von

Indern, Pakistanis und Filipinos. Einige Unternehmen suchen sogar auf dem indischen Ar-

beitsmarkt gezielt Fachkräfte mit technischer Ausbildung.

�Im technischen Bereich haben wir eine große Gruppe Inder, Pakistanis und Filipi-

nos. Man bekommt dafür keine Locals.�

�Bei unseren Kunden sind viele Inder im Engineering oder im Betrieb, daher ist das

bei uns auch so. Die reden dann auch unter sich in Hindi oder in Urdu. Das macht es

dann natürlich auch leichter, denn man braucht ja den direkten Zugang zu denen.�

Ebenso wird der Bereich Buchhaltung (finance) von Indern und Pakistanis dominiert.

�Die Buchhaltung ist zu 90% in pakistanischer Hand. Im kaufmännischen Bereich ar-

beiten sie zuverlässig und genau.�

Den Vertrieb (sales) hingegen teilen sich Mitarbeiter aus arabischsprachigen Ländern sowie

Deutsche, um die arabischen Kunden entsprechend bedienen zu können.

�Unsere Angebotsabteilung ist arabisch besetzt. Das geht nicht anders, da unsere

Kunden auch Araber sind. Wenn wir einen indischen Vertriebsmann hätten und der

sollte mit einem Libanesen als Kunden arbeiten, wären sie nicht auf einer Augenhöhe.

Daher sind unsere Projektleiter auch Araber mit einer Ausnahme, denn für das Gebiet

Pakistan haben wir einen Pakistani. Die Zusammenstellung spiegelt somit die Kun-

denseite wider (...).�

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�Den Vertrieb machen eher die Saudis, weil unsere Kunden eben auch Saudis sind.

Unser Hauptkunde ist das Gesundheitsministerium, daher schicken wir am besten ei-

nen Saudi oder Deutschen oder anderen Araber.�

Locals haben auf dem Arbeitsmarkt in den Emiraten einen schweren Stand und es haftet ihnen

ein zweifelhafter Ruf an. So beschäftigen Unternehmen in Dubai und Abu Dhabi Emiratis vor

allem in der Personalabteilung mit der Aufgabe, den Kontakt zu den örtlichen Behörden zu

pflegen und Visa für die Mitarbeiter zu beschaffen, oder zu Repräsentationszwecken an der

Rezeption.

�Wir brauchen Leute, die arbeiten, nicht nur auf der Stelle sitzen. Einen Emirati kön-

nen wir an die Rezeption setzen. Er wartet dann, bis der Anruf kommt, das ist ok. Mehr

aber nicht. Die Locals wollen zudem mehr als das Doppelte vom Gehalt eines Inders.�

�Wir haben ein paar Locals für die Quote, z. B. an der Rezeption und in der IT, aber

man kann nicht richtig mit ihnen zusammen arbeiten. Ihre Kompetenz ist einfach nicht

gut.�

Zudem beklagen die Befragten, dass viele junge Emiratis ihrer Meinung nach an Selbstüber-

schätzung leiden. Häufig hätten sie zwar eine gute Ausbildung, wollten sich jedoch nicht

hocharbeiten, sondern direkt ganz oben starten.

�Die kommende Generation ist ein großes Problem. Sie haben zwar eine gute Ausbil-

dung, wollen aber nicht richtig arbeiten, wollen gleich alles haben.�

Ein sehr ähnliches Problem zeichnen viele Interviewpartner in Saudi-Arabien von den Saudis.

�Das Qualitätsbewusstsein ist sehr viel geringer. Sie wollen alle sehr schnell Chef

werden, ein Büro haben, Prestige, Chef von Mitarbeiter sein. Aber dass sie sich dafür

qualifizieren müssen, das verdienen müssen, genügend Fachkompetenz haben müssen

und auch persönlich stark sein müssen, dieses Bewusstsein fehlt ihnen.�

Jedoch können die Saudis schon allein wegen der starken Unterschiede im Hinblick auf die

Bevölkerungszahl zwischen Saudi-Arabien und den VAE nicht ähnlich marginalisiert werden

auf dem Arbeitsmarkt wie die Emiratis. Die Politiker beider Länder haben das Problem er-

kannt und als Antwort Vorschriften für eine verstärkte Nationalisierung auf dem Arbeits-

markt, sprich Förderung einheimischer Mitarbeiter und Ersetzen ausländischer Arbeitskräfte

erlassen. Dabei ist Saudi-Arabien formal bereits einen Schritt weiter als die Emirate. So gilt in

einigen Branchen, wie z. B. dem öffentlichen Bankensektor, die 100%ige Saudisierung. An-

dere Bereiche, wie das Transportgewerbe und die Reisebranche sollen folgen. Alle Betriebe

mit mehr als 20 Mitarbeiter sind von der Regierung gehalten, den Anteil der saudischen Be-

schäftigten jedes Jahr um 5% zu erhöhen. Und auch bestimmte Aufgabenbereiche in Unter-

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nehmen sollen schwerpunktmäßig mit Saudis besetzt sein, wie z. B. die Personalabteilung.

Zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft jedoch eine große Lücke.

�Es gibt viele strenge Vorschriften hier, aber kein enforcement. Es gibt Gesetze, aber

es schert sich niemand drum. Auch die Saudisierung wird nicht richtig verfolgt.�

Deutlich geworden ist dieser Widerspruch bei der im Oktober 2002 angekündigten radikalen

Saudisierung des Taxiwesens, die zwar gefordert, jedoch nicht umgesetzt werden konnte, da

sich nicht genügend saudische Interessenten für den Job fanden. Die mangelhafte Ernsthaftig-

keit der Saudisierungspolitik wird auch dadurch deutlich, dass Unklarheit über die tatsächlich

geforderte Quote für Saudis in den Unternehmen besteht.

�Wir haben ca. 40% Saudis in unserer Firma, das interessiert aber niemanden. Es

gibt zwar die Saudisierung, die einen gewissen Prozentsatz an Saudis vorschreibt. Es

weiss aber keiner, wie hoch dieser Prozentsatz genau sein soll, wohl so ca. 50%.�

Zudem erfolgt keine Überprüfung, ob die Quoten für saudische Mitarbeiter tatsächlich von

den Unternehmen erfüllt werden. Wenn überhaupt kommt es zu selektiven Beschwerden von

staatlichen Unternehmen, die bei der hohen Staatsquote in der saudischen Wirtschaft häufig

als bedeutender Kunde auftreten. Ihnen kann man jedoch pragmatisch begegnen, wie das

nachfolgende Beispiel zeigt:

Die saudische Telecom hat sich mal bei uns beschwert, dass wir zu wenige Saudis ha-

ben. Wir sind jedoch Spitze in der Industrie. Ich glaube, es hat keiner mehr Saudis be-

schäftigt als wir, andere haben nur 5-20% Saudis. Das hat aber nicht gezählt, denn

wir sollten Saudis im Management haben. Wir haben sogar einen Saudi als depart-

ment manager, und davon haben wir nur 5, d.h. 20% der department manager sind al-

so Saudis. Das zählte aber alles nicht. Dann haben wir überlegt, wen sie wohl mit

Manager meinen. Daraufhin haben wir zwei Ägypter im sales department entlassen

und zwei neue Saudis aus dem Service im Vertrieb eingestellt. Manager sind die, die

zum Kunden gehen, die weithin sichtbar sind. Seitdem ist gut. Ist paradox, aber so

wollen sie es haben.�

Nach saudischem Vorbild wird in den Emiraten eine Art Emiratisierung auf dem Arbeits-

markt vorangetrieben. Diese hat vor allem das Ziel, in allen staatlichen Stellen, wie Polizei,

Verwaltung, Post, in Banken und dem Militär eine bestimmte Quote von einheimischen Mit-

arbeitern sicherzustellen. In der Privatwirtschaft befindet sich die Emiratisierung jedoch noch

im Anfangsstadium.

�Emiratisierung findet gerade auch im Personalbereich statt. In den Freihandelszo-

nen und bei Arbeitgebern unter 100 Mitarbeitern hingegen greift diese Auflage nicht.

Da werden dann aber andere Lösungen gefunden. Wenn eine Firma diese Quote nicht

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erfüllt, bekommen sie keine Arbeitserlaubnisse mehr. Wir haben in unserem Unter-

nehmen diese Quote jetzt von 1 Lokalen auf 3 Lokale per 100 Mitarbeiter gesteigert.

Es geht insbesondere um höhere Positionen.�

Jedoch ist damit zu rechnen, dass die Gesetze zur Emiratisierung einen stärkeren Einfluss

haben werden als die zur Saudisierung, da die Regierungen in Dubai und Abu Dhabi eine

größere Macht zur Durchsetzung dieser Politik haben als in Saudi-Arabien.

Mitarbeiter rekrutieren

Qualifizierte Mitarbeiter auf der arabischen Halbinsel zu finden und zu rekrutieren ist auf-

grund von vielen Dingen ein schwieriges Unterfangen. Die Probleme starten bereits mit der

Ausschreibung der zu besetzenden Position. Schreibt man sie einfach in der Zeitung aus, wird

man von (meist ungeeigneten) Bewerbungen erschlagen. Dies gilt gerade auch für deutsche

Unternehmen, denn für eine deutsche Firma zu arbeiten bedeutet hohes Prestige. Eine solche

Flut an Bewerbungen steht dann neben den ca. 100 Bewerbungen pro Monat, die sowieso

regelmäßig per Email bei deutschen Firmen vor Ort eingehen. Viele Bewerbungen kommen

von jungen Leuten aus Indien und Sri Lanka, die nach den Unterlagen zu urteilen hoch quali-

fiziert sind, die jedoch kaum Arbeitserfahrung vorzuweisen haben. Zudem bewerben sich vie-

le Philippina als Sekretärin, wenn sie in den Emiraten auf Urlaubsreise sind und ihre Ver-

wandten besuchen.

Neben der Flut von Bewerbungen ist der zweifelhafte Aussagewert der schriftlichen

Unterlagen ein weiterer Stolperstein. Häufig sind Lebensläufe gefälscht oder weisen eklatante

Fehler auf.

�Habe mal einen gehabt, der war 1967 wie ich geboren und hatte 1985 bereits seinen

MBA, während ich erst 1986 mein Abitur gemacht habe. Das ist natürlich Unsinn. So

was kommt aber häufig vor.�

Der Tenor der Befragten war daher, dass man Papier nicht vertrauen sollte. Eine weitere Hür-

de bei der Interpretation der schriftlichen Unterlagen sind die großen Qualitätsunterschiede

von Abschlüssen. Häufig werden zwar Abschlusszeugnisse mitgeschickt, doch wie viel Wert

ein Abschluss an der jeweiligen Universität bzw. College hat, kann man als deutscher Ex-

patriate kaum erahnen. Des weiteren gibt es so gut wie keine Arbeitszeugnisse der vorange-

gangenen Arbeitgeber, die einen Eindruck von den Aufgaben und dem Tätigkeitsfeld des

Kandidaten vermitteln könnten. Stattdessen geben die Bewerber Referenzen an, bei denen

man Erkundigungen über den Bewerber einholen kann. Wer die als Referenzen angegebenen

Personen jedoch sind und inwieweit sie zur Verwandtschaft oder zum Freundeskreis des Be-

werbers zählen, ist nicht nachprüfbar. Von daher trifft man auf viele Lebensläufe, in denen

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Kompetenzen angegeben werden, die weder nachprüfbar sind noch der Wirklichkeit standhal-

ten. Beispiele wurden mir in den Interviews zuhauf geschildert.

�Man findet hier z. B. wenige Leute mit SAP-Kenntnissen (...). Wenn man eine solche

Stelle jedoch ausschreibt, bekommt man 100 Bewerbungen von Leuten, die angeben,

schon immer SAP gemacht zu haben. Das ist hier schon viel extremer als in Deutsch-

land.�

Man kann von keinen Kriterien ausgehen. Wenn fließendes Englisch im CV steht, heißt

das noch lange nicht gutes Englisch. Man muss alles testen. In unseren Augen über-

treiben sie, in ihren Augen haben sie es nur schön gesagt.�

Trotz einiger Mängel und Übertreibungen in den schriftlichen Unterlagen scheint ihre Ausfer-

tigung zum standardisierten Handwerkszeug von Arbeitnehmern auf der arabischen Halbinsel

zu gehören. Anders ist dies bei der Durchführung von Vorstellungsgesprächen. In einem ara-

bischen Bewerbungsgespräch geht es vor allem darum, ob der Bewerber neben den notwendi-

gen Kompetenzen die nötige Loyalität und charakterliche Eignung besitzt, um in die Familie

(sprich Firma) aufgenommen zu werden. Dieses Interesse bestimmt den Ablauf des Ge-

sprächs. So erzählte ein Interviewpartner von Vorstellungsgesprächen seines arabischen Joint

Venture Partners:

�Die Bewerbungsgespräche gehen vom 100sten ins 1000ste. Sie handeln von vielen

Sachen, die überhaupt nicht zur Arbeit gehören. Am Ende entscheidet das Bauchge-

fühl. Unser Ablauf eines solchen Gesprächs ist hingegen sehr strukturiert: Firma-Job-

You, und chronologisch vom Abitur über die Ausbildung zur letzten Arbeitserfah-

rung.�

Viele Bewerber scheinen mit einem derart strukturierten Ablauf des Gesprächs ihre Schwie-

rigkeiten zu haben, was sich auch in einer mangelhaften Vorbereitung auf die anstehenden

Themen niederschlägt. So klagen viele Befragte darüber, dass die Bewerber sich vorher nicht

über die jeweilige Firma informiert haben.

�It is difficult to find good staff. We just recently had a job interview for a sales man-

ager position. Locals came to the interview unprepared. They knew nothing about our

company products. There is still a big gap in these things.�

Und auch das Auftreten der Bewerber entsprach oft nicht den Erwartungen der deutschen Ex-

pats, die eine Stelle zu besetzen hatten. Dabei haben die Befragten einige Muster erkannt:

�Die Saudis übertreiben. Im Gespräch können sie alles. Die Schweizer haben das Ver-

ständnis, Fachmann zu sein. Die Araber wollen Manager sein. Fachkenntnisse sind

unwichtig und nur Mittel zum Zweck. Weil ich aber Fachkenntnisse gebraucht habe,

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habe ich einen Schweizer eingestellt, und daher habe ich auch einen Inder einge-

stellt.�

�Viele indischstämmige Bewerber sind sehr unterwürfig und wenig selbstbewusst.

Man muss förmlich Dinge aus ihnen herauskitzeln.�

In Deutschland gibt es ein Mindestniveau. Im Bewerbungsgespräch kann man schwie-

rige Fragen stellen. Die arabischen Frauen, die wir interviewt haben, waren jedoch

wenig vorbereitet und hatten kaum Kenntnisse über Unternehmensabläufe und Pro-

zesse. Im Bewerbungsgespräch konnte man nicht viel testen.�

Aufgrund der Flut von Bewerbungen, der wenig aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen und

den oft ernüchternden Vorstellungsgesprächen wählen viele Firmen andere Strategien, um an

qualifizierte Mitarbeiter für das Unternehmen zu kommen. So tritt ein Großteil der Befragten

bei einer zu besetzenden Stelle an Jobagenturen heran. Sie treffen eine Vorauswahl von Kan-

didaten, indem sie die Bewerbungsunterlagen sichten und einige der Kandidaten vorab inter-

viewen. Nicht selten testen sie auch einige der von den Kandidaten angegebenen Kompeten-

zen. Schließlich erstellen sie sogenannte Jobprofile und schicken sie an die ausschreibende

Firma. Die Kosten für diesen Service betragen bei Einstellung eines vorgeschlagenen Kandi-

daten ca. 2-3 Monatsgehälter als Prämie.

�Wir hatten vor kurzem Bewerbungsgespräche für eine Position in der Büroorganisa-

tion. Es gibt eine Agentur, die die CVs von potenziellen Kandidaten sammelt. Wir be-

kommen dann eine short list mit Standard CVs der Kandidaten. Dann führen wir die

Bewerbungsgespräche.�

Neben der Inanspruchnahme von Jobagenturen verlassen sich viele Firmen auf Mundpropa-

ganda und Beziehungen ihrer Mitarbeiter. So ist es nicht selten, dass Mitarbeiter aus Kunden-

unternehmen in der eigenen Firma eine Beschäftigung finden oder der eigene Mitarbeiter je-

manden kennt, z. B. Freund oder Familie, der auf die freie Position passt.

�Viel mehr geht hier über Mundpropaganda. Unser neuer Mitarbeiter ist z. B. der

Freund vom Cousin eines Mitarbeiters, der mit ihm auf derselben Universität war.�

�Wir bekommen auch Anrufe von Kunden, die sagen, sie wollen dort weg und lieber

für uns arbeiten. Wir haben 4-5 Mitarbeiter, die von ehemaligen Partnern oder Kun-

den kommen. Die wollen z. B. raus aus Saudi-Arabien, weil sie dort nicht heiraten

dürfen, oder sie waren nicht mehr zufrieden mit ihrem Job.�

Kommunikation

Meetings im arabischen Raum unterscheiden sich in vielen Punkten stark von unseren Ge-

wohnheiten. Einladungen zu Meetings innerhalb des Unternehmens kommen meist per E-

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Mail, höherrangige Personen sollten jedoch telefonisch eingeladen werden, um der Person

einen angemessenen Respekt zu zollen. In Dubai hat sich zudem der Standard etabliert, bei

Meetings mit Kunden einen Tag vorher nochmals den Kunden anzurufen und an das verein-

barte Meeting zu erinnern.

Der Umgang mit der Zeit hat sich dabei in der Region als sehr unterschiedlich herausgestellt.

In Dubai beginnt ein Meeting mit Kunden meist auch zur vereinbarten Zeit. Wenn sich eine

Partei verspätet, was durch das starke Verkehrsaufkommen schnell passieren kann, verstän-

digt sie die andere Partei telefonisch. In Saudi-Arabien hingegen wird Pünktlichkeit sehr viel

legerer ausgelegt. So wurde mir berichtet, dass man bei internen Meetings eine halbe Stunde

Verzögerung einkalkulieren kann. Und auch Verabredungen mit Kunden genießen eine hohe

Zeittoleranz.

�Mein saudischer Kollege sagt, wir haben einen Termin mit dem Kunden abends so

um 17:00. Wir sind dann um 19:00 gegangen, ohne den Kunden vorher anzurufen.

Das ist absolut ok, ist kein Thema.�

Ein deutscher Expatriate sollte sich jedoch bewusst sein, dass die Deutschen im arabischen

Raum als sehr pünktlich gelten und ein arabischer Mitarbeiter oder ein arabischer Kunde da-

her oftmals die Erwartung haben, dass der Deutsche pünktlich vor Ort ist. Diese Erwartung zu

enttäuschen, insbesondere zu Beginn einer Geschäftsbeziehung oder eines Arbeitsverhältnis-

ses, wirft kein gutes Licht auf die betreffende Person.

Ein weiterer signifikanter Unterschied betrifft die Struktur des Meetings. In Deutschland ar-

beitet man sich in einem Meeting anhand einer Agenda durch die Inhalte. Themen, die wäh-

rend des Meetings hochkommen, aber nicht auf der Agenda stehen, werden vertagt, denn die

Zeit für das Meeting ist begrenzt. Gerade diese inhaltliche Disziplin stößt vielen Arabern je-

doch übel auf. Daher sollte man gerade in neuen Geschäftsbeziehungen vorsichtig mit dem

Thema Agenda umgehen.

�Wir machen zwar eine Agenda, aber in Kundenmeetings ist das nicht möglich, ja es

ist sogar ein Affront nach dem Motto: �Ich bestimme über Deine Zeit.� Es wird erwar-

tet, dass man sich Zeit nimmt.�

Generell jedoch ist eine Agenda für ein Meeting ein durchaus bekanntes Instrument im arabi-

schen Raum. Jedoch wird ein Meeting weit weniger durch sie strukturiert. Man setzt sich ein-

fach über sie hinweg und redet lieber frei von der Leber weg. Dies führt natürlich dazu, dass

ein Meeting schnell zeitlich ausufern kann, ohne dass die wichtigsten Punkte auch nur ange-

sprochen werden. Dies gilt für Saudi-Arabien noch weitaus stärker als für Dubai und Abu

Dhabi, denn dort sind die Terminkalender bereits enger getaktet.

Neben einer mangelnden inhaltlichen Struktur und einer zeitlichen Ausweitung ist ein inter-

nes Meeting mit Mitarbeitern auch von einer stärkeren Rolle des Chefs gekennzeichnet. Zwar

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erfragt der Chef häufig Stellungnahmen und Meinungen seiner Mitarbeiter. Er moderiert je-

doch keinen Konsens in der Gruppe herbei, sondern er allein behält sich die Entscheidung

vor. Ein Meeting im arabischen Raum verläuft somit weniger demokratisch als in Deutsch-

land, und entsprechendes Verhalten wird sowohl vom Chef als auch von den Mitarbeitern

erwartet.

Ein Meeting birgt auch nicht so viele neue Informationen wie in Deutschland. Das liegt pri-

mär daran, dass der Informationsaustausch unter den Mitarbeitern höher ist als in Deutsch-

land, insbesondere bei Mitarbeitern gleicher Nationalität. Der Austausch bezieht sich dabei

sowohl auf Informationen über Projekte und Arbeitsabläufe als auch z. B. auf die Gestaltung

von Gehaltspaketen, wie das nachfolgende Beispiel aus Saudi-Arabien zeigt.

�In Saudi-Arabien gibt es offiziell wenig Informationen von der Geschäftsleitung, aber

informell geht es rasend schnell zwischen den Mitarbeitern, z. B. wenn einer etwas Be-

sonderes erhält in Gehaltsverhandlungen, wollen es plötzlich alle.�

Dieser starke Informationsaustausch benötigt natürlich auch mehr Zeit für Gespräche zwi-

schen den Mitarbeitern. So schätzten viele Interviewpartner, dass in Saudi-Arabien etwa dop-

pelt so viel Zeit für persönliche Gespräche zwischen den Mitarbeitern aufgewendet wird wie

in Deutschland.

Somit ist es nicht überraschend, dass sich das vorherrschende Kommunikationsmittel unter-

scheidet. Während Deutsche vor allem schriftlich über Email kommunizieren, greifen die A-

raber zum Telefon und suchen das direkte Gespräch � und das erwarten sie auch vom deut-

schen Geschäftspartner. Eine Email ohne vorherige telefonische Ankündigung landet daher

schnell im Papierkorb des arabischen Geschäftspartners. Wenn die arabischen, aber auch die

asiatischen Mitarbeiter Emails versenden, ist der Verteiler entsprechend groß, denn die In-

formation soll möglichst breit gestreut werden. Anders als in Deutschland ist es nicht die Sa-

che des Absenders, die Zielgruppe so klein wie möglich zu halten, sondern es ist Aufgabe des

Empfängers, die relevanten Informationen herauszufiltern und unwichtige zu entsorgen. Eine

restriktive Verteilung von Emails wird dagegen oft als Geheimniskrämerei gewertet.

Neben dem anderen Umgang mit Email und Telefon unterscheidet sich auch die Handhabung

der englischen Sprache. Für viele Mitarbeiter in der Belegschaft ist Englisch nicht die Mutter-

sprache. Dennoch ist es ein Zeichen von Höflichkeit, dass eine Gruppe von Arabern schnell

zu Englisch wechselt, wenn ein Deutscher zur Gruppe dazu stößt. Viele Deutsche hingegen

verfallen immer wieder in die deutsche Sprache, auch wenn andere Nationalitäten sich in der

Gruppe befinden. Dies wird als unhöflich und unkooperativ empfunden.

�Germans tend to speak German even if other people are around. We said we are an

English-speaking subsidiary, so everyone should speak English. After the sales meet-

ing I ended up with some Germans in the canteen. Suddenly the guy I talked to turned

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around to another German and they talked German and I lost track. Sometimes it still

happens in the office. They never seem to get out of this habit.�

Ein weiterer zentraler Unterschied im Kommunikationsverhalten ist der Umgang mit Kritik

und Feedback. Hier stößt die sehr direkte deutsche Kultur auf die sehr viel indirekteren Kultu-

ren aus arabischen und asiatischen Ländern. So sollte man als deutscher Expat darauf achten,

Kritik nicht direkt zu äußern, denn direkte Kritik wird häufig als ein persönlicher Angriff ge-

sehen. Schnell geht es dann nicht mehr um die Sache und man verbaut sich jede Chance, et-

was voranzutreiben. Die inhaltliche Position, die man vorbringt, ist dann nicht akzeptabel, da

die Art, wie sie vorgebracht wird, nicht annehmbar ist.

�In einem Conference Meeting hat ein französischer Mitarbeiter von uns einen saudi-

schen Kollegen in die Ecke gestellt mit seiner Kritik. Daraufhin hat unser saudischer

Miteigentümer den kritisierenden Mitarbeiter im Meeting zurechtgewiesen. Seitdem ist

dieser Mitarbeiter unten durch. Der hat jetzt einen ganz schweren Stand.�

Kritik nicht offen und direkt zu äußern heißt jedoch nicht, überhaupt keine Kritik anzubrin-

gen. Vielmehr kommt es auf die Verpackung der Kritik an. Aus der Perspektive eines Mitar-

beiters berichtete ein Befragter von folgendem Vorgehen:

�Der Chef wird nie kritisiert. �Ja, sie haben sehr Recht, ich wollte nur noch ergänzen,

dass...� Dann wird das Gegenteil von dem dargestellt, was der andere gesagt hat. Man

würde niemals sagen �sie haben Unrecht�.�

Aus der Perspektive einer Führungsperson könnte konstruktive Kritik an dem Vorgehen eines

Mitarbeiters wie folgt aussehen:

�Man fragt zum Beispiel, ob sie sicher seien, dass es so richtig ist. Dann weiss der

Mitarbeiter schon, dass ich Zweifel daran habe, dass es richtig ist und schaut noch

mal nach.�

Es geht jedoch nicht immer nur darum, selbst zu kritisieren. Häufig möchte man von anderen

Feedback und konstruktive Kritik zur Verbesserung des eigenen Verhaltens erhalten. Man

kann sich jedoch vorstellen, dass Feedback und Kritik in einer indirekten Kultur nur schwer

zu bekommen sind. Vertrauen zu der Person und eine gesicherte Beziehung sind dafür not-

wendige und wichtige Voraussetzungen, insbesondere bei asiatischen Personen. Und man

sollte eine Antenne für indirekte Signale entwickeln. So kommt es einer Ablehnung gleich,

wenn auf einen Vorschlag nicht eingegangen wird oder seine Erörterung ohne ein neues Da-

tum vertagt wird.

Schließlich werden auch bei Konfliktsituationen Unterschiede im Kommunikationsverhalten

sichtbar. So berichten die Befragten immer wieder von lauten Verbalattacken und einer sehr

emotionalen Körpersprache von arabischen Kollegen und Geschäftspartnern. So komme es

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immer wieder zu Schreiereien in Meetings, das durch wildes Gestikulieren unterstützt werde.

Diese Kommunikationsform sollte jedoch nicht als hohe Konfliktintensität, sondern eher als

notwendige Konfliktdramaturgie interpretiert werden, denn so laut die Araber sich streiten

können, so schnell versöhnen sie sich auch wieder.

�Bei Konflikten untereinander gehen Araber knallhart miteinander um. Sie sprechen

laut und haben auch die entsprechende Körpersprache. Am nächsten Tag ist das dann

allerdings wieder vergessen. (...) Dagegen sind wir Europäer Weicheier.�

Wer jedoch das arabische Konfliktverhalten auf einem Meeting nach deutschen Maßstäben

beurteilt, der könnte schnell davon ausgehen, dass es unüberbrückbare Probleme gibt. Diesem

Trugschluss unterliegen nicht wenige ausländische Chefs, die die Dramatisierung eines Kon-

flikts überinterpretieren.

Ein weiteres typisches Merkmal bei Meinungsverschiedenheiten ist eine ungeheure Hartnä-

ckigkeit. Und dies gelte sowohl für die arabischen als auch für die asiatischen Mitarbeiter.

Mehrere Interviewpartner berichten, dass eine von ihnen ausgesprochene Ablehnung nur als

kurzfristig, nicht aber als grundsätzlich angesehen werde.

�Die Mitarbeiter probieren immer wieder, die Grenzen auszutesten und die Arbeit ab-

zuschieben. Dann gibt es ein hartes Wort von mir, einen Konflikt. In Deutschland sind

die Fronten dann geklärt. Hier ist es erstmal gut, aber bald darauf geht es wieder von

vorne los. Man darf nie seine Rüstung ablegen. Das ist anstrengend.�

Die Mitarbeiter haben die Einstellung, dass alles nur eine Momentaufnahme sei und es mor-

gen schon wieder ganz anders sein könne. So regele auch ein hartes Wort im Konfliktfall die

Sache nur vorläufig, bevor die gleichen Anliegen und Wünsche wieder vorgebracht würden.

Instruieren, delegieren, kooperieren

Den Rahmen für die Zusammenarbeit im Unternehmen bildet das jeweilige Verständnis von

Hierarchie, das sich im arabischen Raum grundlegend von dem uns bekannten unterscheidet.

Generell gilt, dass die Hierarchie im arabischen Raum stärker ausgeprägt ist als bei uns. Wor-

an aber macht sich diese stärkere Hierarchie fest? Beispielsweise wird die hierarchische Posi-

tion des Chefs im Unternehmen stark inszeniert.

�Der Chef ist klar Chef. Er hat ein großes Büro. Man muss warten beim Eintreten in

das Büro des Chefs. Es ist eine Inszenierung. Der Chef kommt nicht zum Tor des Be-

triebs, um einen Gast abzuholen.�

Des weiteren haben Titel auf der Visitenkarte ein hohes Gewicht, denn sie geben Aufschluss

über die hierarchische Position im Unternehmen, und wer möchte schon in einer hierarchie-

bewussten Gesellschaft offensichtlich am unteren Ende der Hierarchie sein?

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�Manager muss es sein, alle sind Manager. HR Executive ist Lohnbuchhaltung. Ein

HR Officer ist wirklich das Mindeste. Unser Chef hier hat Vice President auf der Visi-

tenkarte stehen. Die Geschäftspartner haben dann gefragt, wo denn der President

sei.�

Darüber hinaus definiert sich die hierarchische Position des Chefs auch durch den Umgang

mit seinen Mitarbeitern. So ist der Ton gegenüber hierarchisch niedrig eingestuften Mitarbei-

tern oft rüde und von der Befehlsform geprägt, während der Umgang mit hierarchisch höher

stehenden Managern höflich ist. Wie ungewohnt und belastend dies für einen ausländischen

Expatriate sein kann, der flache Hierarchien gewohnt ist, verdeutlicht folgende Aussage:

�Bitte und danke, Höflichkeit gibt es hier nicht. (...) Alles hat Befehlscharakter. Es

gibt eine starke Hierarchie. Das ist belastend, wirklich belastend. Das Gefühl, das ich

mich wie ein Hund fühle, kommt hier 10x am Tag vor. In Europa muss dann schon et-

was richtig Negatives vorgefallen sein.�

Schließlich hat eine starke Hierarchie auch Auswirkungen auf die gewählten Kommunikati-

onswege. So werden Hierarchien strikt eingehalten und respektiert, z. B. wendet man sich nur

an gleichrangige Mitarbeiter von Kundenunternehmen. An den jeweiligen General Manager

hingegen wendet man sich nur äußerst selten und auch dann nur nach Absprache mit dem

eigenen General Manager, aber niemals direkt.

Aufgrund der multikulturellen Zusammensetzung der Belegschaften gibt es zudem hierarchi-

sche Spezifika zu beachten. So haben einige Interviewpartner vor allem unter indischen Mit-

arbeitern eine starke Hierarchisierung festgestellt, die sie auf die bestehende Kastenstruktur

zurückführen.

�Wenn ein Inder aus einer unteren Kaste ins Büro kommt, gibt es kurze und knappe

Befehle an ihn, sehr von oben herab. Das Kastenwesen ist vielleicht die wesentliche

Ursache dafür. Das ist keine Arroganz, das ist anders. Viele können sich dann nicht

verteidigen. Die Leute aus unteren Kasten werden behandelt wie Sklaven.�

Als ausländischer Expat genießt man jedoch eine Sonderstellung, auch wenn man innerhalb

eines solch hierarchisch strukturierten indischen Teams operiert.

Eine derart hierarchisch strukturierte Gesellschaft wirkt sich auch auf das Arbeitsver-

ständnis von Mitarbeitern sowie auf das Verhalten von Führungskräften aus. So berichteten

die Befragten davon, dass das Gefühl von Eigenverantwortung bei den arabischen und asiati-

schen Mitarbeitern sehr gering ausgeprägt ist. Dies äußert sich vor allem darin, dass die Mit-

arbeiter kaum Eigeninitiative zeigen:

�Die Leute kommen nicht und fragen nicht um Hilfe. Ich muss es erahnen, dass sie

Hilfe bekommen wollen. Sie warten auf mich.�

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Wenn jedoch Mitarbeiter nicht eigenverantwortlich handeln, wie wir es aus unseren Breiten-

geraden gewohnt sind, muss man sein Führungsverhalten entsprechend anpassen. So berichte-

ten die Interviewpartner mit Führungsaufgaben einhellig davon, dass sie ihre Mitarbeiter

weitaus mehr kontrollieren würden als in ihrer Heimat.

�In Deutschland übernimmt jeder Eigenverantwortung, hier muss man jedem sagen,

was er zu machen hat. Man kann nicht auf die Eigenverantwortung des Mitarbeiters

zählen. So habe ich auch hier angefangen. Ich habe Arbeitsanweisungen verteilt und

dachte, es wird dann gemacht. Es wurde aber nur zur Kenntnis genommen. Ich muss

immer wieder nachfragen, nachhaken. Wenn keiner nachfragt, kann es ja nicht so

wichtig sein. Es gibt viele, die brauchen den Druck, dann arbeiten sie gut. Sobald man

jedoch die Zügel locker lässt, geht es wieder in den alten Trott.�

Neben mehr Kontrolle bedeutet ein angepasstes Führungsverhalten auch, dass die Führungs-

kraft in arabischen Ländern sehr viel mehr in Prozesse eingreifen und selber Probleme lösen

muss.

�Es gibt eine Doppelbelastung für Führungskräfte durch die Abfrage des Status. Der

Effekt ist so, als ob sie alles selber machen würden. Es nimmt ca. 40-50% der Zeit ein,

da es immer auch Probleme gibt, die sie lösen müssen.

Schließlich heißt es für die Führungskraft, dass Prozesse, die an Mitarbeiter delegiert werden,

sehr viel ausführlicher beschrieben werden müssen. Allein das Ziel zu formulieren reicht bei

weitem nicht aus.

�Generell muss man sich um sehr viel Kleinkram kümmern, mehr als in Deutschland,

z. B. unsere Sekretäre. Sie nehmen keine Arbeit ab, sind nicht eigenverantwortlich. Ich

musste ihnen jeden Handgriff zeigen. (...) Ich muss ihm sagen, wann er wen anzurufen

hat und wie er es zu machen hat. Er schreibt es dann auf, macht es dann aber trotzdem

nicht bzw. erst wenn ich nachgefragt habe. Meine Reiseabrechnungen mache ich also

selber. Ein Meeting organisiere ich auch lieber selber.�

Umgekehrt ist natürlich auch ein deutscher Mitarbeiter mit einem arabischen oder asiatischen

Chef potenziell dieser Art von Führung ausgesetzt. Jedoch gilt dieser kontrollierende Füh-

rungsstil vor allem Mitarbeitern auf hierarchisch niedrigeren Positionen, so dass die ausländi-

schen Expats kaum davon betroffen sind.

�Es ist keine Vertrauenskultur hier, sondern eine Kontrollkultur. Unser Länderchef

gibt Vertrauen, solange ich meine Arbeit gut mache. Mich kontrolliert kaum jemand.

Aber diese Hierarchiestufe ist nicht typisch für die Mitarbeiter, das ist ja das Top-

Management. Je weiter man die Hierarchie runter geht, desto stärker wird die Kon-

trolle.�

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Wenn die deutschen Führungskräfte ihr Führungsverhalten verändern müssen, kann dies

durchaus Schwierigkeiten erzeugen, denn einerseits wehren sie sich nicht selten, ihre Mitar-

beiter auf diese �unmündige� Art und Weise zu behandeln. Andererseits steht oft auch das

Unternehmen für eine bestimmte corporate identity und ein damit einhergehendes Verständnis

von Mitarbeitern im Unternehmen. Die Waage zu halten zwischen den Anforderungen an

Führung vor Ort sowie der corporate identity des Unternehmens kommt häufig einem

Drahtseilakt gleich.

�Wir sind eine deutsche Firma mit einem deutschen Teamgedanken und einer corpo-

rate identity. Wir versuchen, das hier auch hin zu exportieren. Aber es ist eine Grat-

wanderung. Wenn man den Mitarbeitern zu viel Freiheit gibt und zu viel laisser-faire

macht, dann springen sie völlig aus dem Ruder. Dann gehen sie früher heim und

kommen nicht mehr, weil sie denken, da regt sich eh keiner auf. Auf der anderen Seite

ist unsere Firmenstruktur derart, dass jeder Mitarbeiter einen eigenen Verantwor-

tungsbereich haben muss und den auch ausfüllt. Ich kann den Mitarbeiter hier nicht

immer im Kreuz stehen, da wir gar nicht entsprechend personell besetzt sind.�

Es ist jedoch nicht zwingend notwendig, sich als deutsche Führungskraft mit dem Status quo

abzufinden. Verschiedene Beispiele zeigen, dass es durchaus möglich ist, die asiatischen und

arabischen Mitarbeiter zur Übernahme von mehr Eigenverantwortung und Initiative zu füh-

ren. Als die besten Instrumente haben sich dabei der Aufbau von Vertrauen sowie die Über-

tragung von Verantwortung erwiesen, und dabei in Vorleistung zu treten.

�Habe einem neuen Mitarbeiter mit 30.000 Dirham zur Bank geschickt. Das ist im-

merhin das 4fache seines Monatslohns. Da war er erschrocken, denn dieses Vertrauen

kennen sie so nicht. Das muss man ihnen erst antrainieren und anerziehen. Aber das

motiviert die Leute. Bei Ihren Jobs vorher werden sie meist ziemlich getreten.�

Durch ein solches Führungsverhalten erfahren die Mitarbeiter, dass sie respektiert und ge-

schätzt werden, und dies schlägt sich wiederum in ihrer Wertschätzung des Unternehmens

nieder. Dies ist gerade auf dem Arbeitsmarkt in Dubai mit seiner hohen Fluktuation, aber

auch in Abu Dhabi und Saudi-Arabien ein wichtiges Instrument, um die Mitarbeiter an das

Unternehmen zu binden.

Jenseits der Stärkung von Eigenverantwortung der Mitarbeiter sollte sich eine ausländische

Führungskraft zudem bewusst sein, dass die Mitarbeiter immer auch eine gewisse Fürsorge

von den Vorgesetzten erwarten, die sich nicht selten über das Berufliche hinaus in das private

Leben der Mitarbeiter erstreckt.

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�Der Aufbau eines Vertrauensverhältnisses ist wichtig. (...) Als Vorgesetzter ist man

hier viel mehr involviert in die persönlichen Angelegenheiten des Mitarbeiters als in

Deutschland.�

Ähnlich wie die Verhältnisse auf der arabischen Halbinsel ein anderes Führungsverständnis

von Expatriates verlangen, unterscheidet sich auch das dortige Teamverständnis. Dies fängt

bereits bei der Zusammensetzung eines Teams an. Wir sind es gewohnt, Teams nach sachli-

chen Gesichtspunkten zusammen zu setzen, so dass es für jede anstehende Aufgabe einen

Fachmann im Team gibt. Während es dieses Verhalten in großen internationalen Konzernen

in Dubai auch gibt, bildet es doch noch die Ausnahme im arabischen Raum. Die große Mehr-

heit der Befragten sah gerade die Teamzusammensetzung als besonders schwierig an, denn

Mitarbeiter verschiedener Nationalitäten mögen vielleicht von der Position im Unternehmen

gleich sein, sie sind aber noch lange nicht gleichberechtigt. So würde ein arabischer Mitarbei-

ter kaum einem pakistanischen Mitarbeiter im Team zuarbeiten, da es einerseits in vielen

Köpfen noch eine Hierarchie der Nationalitäten gibt, in der sich der pakistanische Mitarbeiter

unterhalb des arabischen Mitarbeiters befindet. Andererseits hat sich insbesondere in Saudi-

Arabien eine Aufgabenverteilung nach Nationalitäten etabliert, die nur schwer auszuhebeln

ist.

�Grundsätzlich sind Inder eher qualifizierte Fachleute und weniger Führungskräfte.

Sie fragen lieber den Chef, sie wollen sich absichern, sie wollen sich nicht exponieren.

Man kann von ihnen qualitativ gute Beiträge erwarten, aber Entscheidungen treffen ist

nicht ihre Stärke. Bei den Saudis ist es genau umgekehrt, sie spielen gerne Chefs, sind

aber keine guten Ingenieure. Sie wollen Entscheidungen fällen. Daher wäre es schwie-

rig, einen Inder zum Chef zu machen und ihm einen Saudi zu unterstellen. Das würde

in aller Regel nicht gut gehen.�

Bei der Zusammensetzung von Teams spielen somit noch einige andere Gesichtspunkte neben

den sachlichen eine wichtige Rolle.

Aber nicht nur die Zusammensetzung der Teams unterscheidet sich, sondern auch die Funkti-

onsweise. Nicht selten führten die Befragten an, dass in den Teams jeder an sich denke und

für sich arbeite, und man sogar gegeneinander arbeite. Häufig kam auch der Vorwurf, dass

Mitarbeiter spezielles Wissen für sich behielten, anstatt es mit den Teamkollegen zu teilen,

um einen Vorteil zu erlangen. Teamarbeit ist somit nicht primär geprägt von kollektiver An-

strengung für ein gemeinsames Ziel, sondern vor allem durch Konkurrenz zwischen den

Teammitgliedern, denn es gilt zuvorderst, sich möglichst gut im Unternehmen darzustellen.

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Mitarbeiter motivieren und binden

Die Fluktuation von Mitarbeitern in Unternehmen auf der arabischen Halbinsel ist generell

sehr viel höher als in Deutschland oder der Schweiz. Dies liegt zum einen daran, dass die

Mitarbeiter keinem Kündigungsschutz unterliegen und von heute auf morgen das Unterneh-

men verlassen können. Zum anderen bieten sich Mitarbeitern gegenwärtig viele Chancen,

denn durch den Boom in den Emiraten wie auch in Saudi-Arabien finden sich schnell neue

und besser bezahlte Stellen. In Saudi-Arabien greift zudem verstärkt auch die Politik der Sau-

disierung, die saudische Arbeitskräfte Mitarbeitern anderer Nationalitäten bevorzugt, so dass

gut qualifizierte saudische Mitarbeiter sehr begehrt sind auf dem Arbeitsmarkt. Trotz dieser

schwierigen Rahmenbedingungen haben die meisten Befragten nur von einer geringen Fluk-

tuation in ihrem Unternehmen gesprochen.

Das wichtigste Instrument zur Bindung und Motivation von Mitarbeitern ist sicherlich

das Gehalt. Anders als in Deutschland oder der Schweiz umfasst das Gehalt eines Mitarbeiters

mit einem lokalen Vertrag in Dubai und Abu Dhabi viele verschiedene Komponenten. Neben

dem Grundgehalt gibt es noch eine �housing allowance�, die wegen der rasant steigenden

Mieten gerade in diesen Städten unverzichtbar ist, sowie eine �Transport oder Auto allowan-

ce�. Hinzu kommen bis zu 30 Tage Urlaub und ein Flugticket in die Heimat des Mitarbeiters,

um die Familie besuchen zu können. Zusätzlich zu diesen Komponenten gibt es häufig einen

oder sogar mehrere variable Anteile am Gehalt, z. B. einen Bonus abhängig vom Ergebnis der

Firma sowie einen Extra-Bonus abhängig von der eigenen Leistung. So ausgestattet ist es kei-

ne Seltenheit, dass vor allem arabische Mitarbeiter, die keine Sozialabgaben zahlen müssen,

netto mehr Geld erhalten als deutsche Expatriates.

Da sich die Hierarchie in vielen Unternehmen nach wie vor nach Nationalitäten be-

stimmt, ist auch das Gehalt in vielen Unternehmen nach Nationalitäten gestaffelt, und diese

Rangordnung wird von den unterschiedlichen Gruppen auch intern überwacht.

�Es gibt einen ägyptisch-palästinensischen und einen indischen Block und wir vermit-

teln. Es gibt eine ganz klare Gehaltsregelung. Der Deutsche verdient mehr als der Ä-

gypter, der wiederum mehr als der Inder. Ab und zu gibt es einen geheimen Bonus an

Inder. Das muss der palästinensischen Buchhaltung jedoch verschwiegen bleiben,

sonst gibt es trara.�

Da es keine Gewerkschaften oder Tarifverträge gibt, werden die Gehälter meist jährlich mit

jedem Mitarbeiter einzeln verhandelt. Dabei geht es jedoch nicht um das Gesamtpaket, son-

dern vor allem um die einzelnen Gehaltskomponenten wie die Autozulage, denn sie entschei-

det über die Art und Größe des Autos, das der Mitarbeiter kaufen kann. Und wenn ein Mitar-

beiter eine höhere Autozulage als der andere verhandelt hat, wird der Mitarbeiter mit der nied-

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rigeren Autozulage prompt bei seinem Vorgesetzten wegen einer Nachbesserung vorstellig

werden.

Einige deutsche und schweizer Unternehmen bieten Mitarbeitern mit lokalen Verträgen ein

etwas höheres Gehalt als die Konkurrenz, um sie langfristig an sich zu binden, insbesondere

wenn zunächst viel Zeit und Geld in die Mitarbeiter investiert werden muss. Andere Unter-

nehmen vor allem in Saudi-Arabien bieten neuen Mitarbeitern eine gute Ausbildung, unter

anderem mit Seminaren in Deutschland. So bekommen sie zwar anfänglich gute Bewerber.

Da sie jedoch nur ein durchschnittliches Gehaltsniveau bieten, werden diese trainierten Mitar-

beiter von saudischen Firmen abgeworben, die nicht nur mehr zahlen, sondern auch weniger

Arbeitseinsatz verlangen. Die Entwicklung einer lohnenden Perspektive und damit einherge-

hend ein ansprechendes Gehaltsniveau sind somit unverzichtbar für die Bindung der Mitarbei-

ter an das eigene Unternehmen.

Neben den materiellen Anreizen führen vor allem auch Wertschätzung und Fairness

gegenüber den Mitarbeitern sowie die Übertragung von Verantwortung zu Motivation und

Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen. Gerade das faire Verhalten ist nicht zu unter-

schätzen, da es nicht wenige Fälle in dieser Region gegeben hat, in denen Unternehmen Ge-

hälter und vertraglich vereinbarte �end of service benefits� nicht bezahlt haben. Insbesondere

niedrig qualifizierte Mitarbeiter sind zudem nicht selten durch einen Verbotsstempel (�ban-

ned�) in ihrem Reisepass quasi aus dem Land geschmissen worden. Daher bedeutet ein fairer

und wertschätzender Umgang auch immer Sicherheit im Haifischbecken, und ein solch guter

Ruf von Unternehmen motiviert und bindet auch die Mitarbeiter an das Unternehmen.

Kundenmanagement

Der Kontakt mit dem Kunden wird immer mit Smalltalk starten. Smalltalk kennen und prakti-

zieren wir: Wir sprechen kurz über das Wetter, um dann aber zur Sache zu kommen. Damit

kommen sie in den beziehungsorientierten Kulturen auf der arabischen Halbinsel jedoch nicht

aus. Man will sie zunächst kennen lernen und einen Eindruck von ihnen bekommen. Daher

wird nach der Begrüßung erstmal Tee angeboten. In dieser angenehmen Atmosphäre redet

man dann gerne über Familie und Kinder. Nicht umsonst gelten diese Länder als sehr kinder-

freundlich.

�Leute sprechen hier immer gerne über Kinder. Kinder müssen da sein. Wenn man

keine Kinder hat, muss man es begründen. Kinder sind ein Topthema.�

Auch über Politik wird vielfach geredet, jedoch konziliant und mit angezogener Handbremse.

Während sie über politische Ereignisse in ihrem Heimatland gern Auskunft geben können, z.

B. wie sich Frau Merkel als Kanzlerin macht, sollten sie sich bei Fragen zu politischen Ereig-

nissen in arabischen Ländern bedeckt halten, denn sie wissen nicht, worüber sie reden können

und worüber nicht.

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�Man spricht über Politik in Saudi-Arabien, z. B. die Visa-Situation und die Wirt-

schaftspolitik, aber nicht über den König.�

Zudem soll an dieser Stelle einer falschen Einstellung zur englischen Sprache der Wind aus

den Segeln genommen werden: Ein bestimmtes Sprachniveau ist notwendig, aber sie müssen

kein Muttersprachler sein. Je nachdem, mit wem sie sich treffen, ist es sogar von Vorteil, dass

sie kein englischer Muttersprachler sind. Mit einfacherem Englisch sind sie für viele Araber

besser verständlich, denn Englisch ist und bleibt auch für viele Araber eine Fremdsprache.

Die Bedeutung von Smalltalk in den arabischen Ländern wird deutlich durch die Wichtigkeit

von privaten Beziehungen in diesen Kulturen.

�Und Vertrauen ist ganz wichtig. Das geht nicht schnell. Am besten ist es, wenn sie

von jemandem persönlich eingeführt werden. Wenn ich ganz fremd bin, dann läuft

nichts. Man kann nicht einfach eine Präsentation halten und erwarten, dass sich dann

ein Geschäft ergibt. Man muss sich vorher mit den Leuten bekannt machen. Einfach

nur ein Produkt präsentieren und dann kaufen sie das, das geht nicht.�

Der Aufbau von Vertrauen zu einem Geschäftspartner geht nicht innerhalb der ersten 3 Mona-

te. Eher sollten sie einen Zeitraum von 1-2 Jahren einkalkulieren. Insbesondere in Dubai hat

diese beziehungsorientierte Geschäftskultur jedoch ein wenig an Boden verloren und sich zu

einer stärkeren Sachorientierung verlagert. Während man früher nur durch Kontakte an In-

formationen kam, kann man sich mittlerweile an Consultants wenden, die als eine Art Infor-

mations-Broker arbeiten, für ausländische Unternehmen passende lokale Partner finden oder

auch bei Messen helfen.

Wenn sie eine Geschäftsbeziehung zu einem arabischen Partner aufgebaut haben, gilt es, die-

se Beziehung nicht nur bei Bedarf zu aktivieren, z. B. bei anstehenden Projekten. Sie lebt eher

vom kontinuierlichen Austausch und von vielen Gesten, und sei es nur das Verschicken von

Firmenkalender zu Weihnachten. Einige Befragte führten auch an, dass sie häufiger etwas tun,

was nicht unbedingt auf der Tagesordnung steht, z. B. das Verschaffen neuer Kunden für den

eigenen Kunden, wenn es keine Nachteile für das eigene Geschäft bringt.

Ob sie eine tragfähige Geschäftsbeziehung mit dem arabischen Partner etabliert haben, kön-

nen sie z. B. daran erkennen, dass er auf sie zukommt, wenn ein neues Projekt in der Pipeline

steckt. Wenn sie sich eine Mitwirkung vorstellen können � prima. Wenn sie das Projekt je-

doch nicht wahrnehmen wollen, lehnen sie mit viel Höflichkeit ab, um weiterhin erster An-

sprechpartner zu bleiben. Belohnt werden sie mit hoher Loyalität ihres Geschäftspartners.

Nicht wenige Interviewpartner haben von langfristigen Geschäftsbeziehungen mit ihren arabi-

schen Partnern gesprochen, die z. T. schon 40 Jahre bestehen.

Die hohe Beziehungsorientierung dominiert vielfach auch den sachlichen Teil des Gesprächs.

Das liegt daran, dass nur die wenigsten arabischen Geschäftspartner etwas von der Technik

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verstehen (wollen) und Anlagen und Maschinen somit kaum beurteilen können. Glaubwür-

digkeit, wahrgenommene Seriosität, Verlässlichkeit und guter Ruf des deutschen Geschäfts-

partners werden so zum zentralen Entscheidungskriterium noch weit vor Technik und Preis.

Sie werden schnell feststellen, dass die Emiratis bzw. Saudis, mit denen sie verhandeln, nicht

an technischen Informationen geschweige denn Einzelheiten interessiert sind.

�Den Emirati bzw. Sheikh interessiert das Technische nicht. Der schaut nur darauf,

wer sie sind, welche Firma dahinter steht, wie zuverlässig sie ihm erscheinen.�

Das liegt nicht zuletzt auch am Hintergrund der Geschäftspartner:

�Araber sind Händler. Sie sind keine aufgestiegenen Techniker, sondern haben einen

akademischen Abschluss und sind darauf konzentriert. Sie haben Werkstätten nur aus

finanziellen Gründen. In Deutschland sind Techniker im Vertrieb.�

Wenn sie über technische Details reden wollen, werden sie hingegen an die nächst niedrigere

Hierarchieebene weitergeleitet, auf der sie es meist mit indischen Ingenieuren zu tun haben.

Der emiratische oder saudische Firmeninhaber wird sich dann jedoch entschuldigen, da seine

Zeit aufgrund der Vielzahl von laufenden Projekten begrenzt ist.

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2. Teil: Lebensbedingungen in den VAE und Saudi-Arabien

Leben als Expatriate

Vor der Ausreise in die Emirate hegte ein Teil der Befragten durchaus Vorurteile, insbesonde-

re hinsichtlich der Rolle der Frau in der arabischen Gesellschaft. Ein Schnuppertrip in die

Emirate sowie ein Vorbereitungsseminar in Deutschland konnten die Bedenken jedoch zer-

streuen. Insgesamt fühlen sich die meisten der Befragten sehr wohl in den Emiraten. Das kann

man unschwer daran erkennen, dass viele ihre Verträge nicht nur erfüllen, sondern sogar ver-

längern.

�Ja, ich würde es noch mal machen. In der Schweiz war es nicht so. Das war ein klei-

nes Kaff, schweizer Provinz. Hier sage ich meinem Mann, dass er keine großen Fehler

machen soll, denn wir wollen noch 1,5-2 Jahre hierbleiben.�

Zudem sind einige Befragte, besonders die in bi-nationalen Ehen, auf den Geschmack ge-

kommen und wollen eher in ein anderes Land weiterziehen als nach Deutschland zurückzu-

kehren.

Auch Anschluss haben die Befragten schnell gefunden. Kontakte bestehen dabei zu ganz un-

terschiedlichen Gruppen. Zu wem man schließlich private Kontakte knüpft, hängt dabei sehr

stark vom eigenen Status ab, d.h. ob man allein oder mit Familie in das Land geht. So gibt es

private Kontakte zu Deutschen in der Region, die sich entweder aus den deutschen Arbeits-

kollegen in der Firma rekrutieren oder aber über die Kinder ergeben, die zur deutschen Schule

gehen. Nur die Wenigsten suchen jedoch explizit den Kontakt zu Deutschen. Der Großteil der

Befragten sagte, dass sich ihr Freundeskreis neben einer kleinen Gruppe Deutscher vor allem

aus anderen Expats und deren Partnern zusammen setzt, die aus Europa, USA oder Australien

kommen. Häufig gehören auch Expats aus dem arabischen Raum, vor allem aus Ägypten und

dem Libanon, und dem asiatischen Raum, wie Indien und Pakistan, dazu. Diese arabischen

oder asiatischen Freunde rekrutieren sich meist aus dem Kollegenkreis oder aus guten Nach-

barschaftsverhältnissen. Viele Begegnungen mit Personen dieser Gruppe kommen auch durch

die britische oder internationale Schule zustande, zu der die Kinder gehen. Privater Kontakt

zu Emiratis besteht hingegen selten.

�Es gibt aber auch eine unsichtbare Grenze zwischen Emiratis und Europäern. Wir

wurden bisher nicht privat eingeladen. Wir trauen uns auch nicht, sie einzuladen.

Vielleicht wäre es über die Schule möglich. Es wäre eine Ehre für uns, eingeladen zu

werden, wurden wir aber bisher noch nicht.�

So bleiben Kontakte zu Emiratis meist auf der Ebene von Geschäftsbesuchen. So schwer es

auch scheint, diese unsichtbare Grenze zu überschreiten, gibt es doch auch Möglichkeiten,

privat stärker mit Emiratis in Kontakt zu kommen. Befragte führen hier vor allem den Besuch

von Fitnessstudios und die Mitgliedschaft in örtlichen 4x4 Clubs an, in denen auch viele Emi-

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ratis aktiv wären. Die Expats waren sich jedoch auch darüber einig, dass sie sich aufgrund der

wesentlich höheren zeitlichen Belastung im Job nur wenig um Freunde und Familie vor Ort

kümmern können. So bleibt die Kontaktpflege vor allem die Aufgabe der mitausreisenden

Partnerin. Viele verwenden auch die wenige Zeit, die man für das Privatleben hat, für die ei-

gene Familie. Typisch ist zudem, dass es keine klare Trennung von Beruf und Privatleben gibt

und man sich abends mit Arbeitskollegen oder Kunden häufig wie mit Freunden unterhält.

Berufliche Kontakte bekommen somit einen anderen, privateren Charakter als in Deutschland.

Schließlich finden viele Befragte es mit zunehmender Aufenthaltsdauer mühsam, private

Kontakte herzustellen, da

�der Turnover hier sehr schnell ist. Viele Leute kommen und gehen. 3 Jahre sind nicht

Standard hier, oft sind es nur 6-12 Monate. Man fängt immer wieder von Neuem an zu

investieren.�

Ähnlich multinational wie der Freundeskreis der Expatriates in Dubai ist auch der Freundes-

kreis der Befragten in Saudi-Arabien. Allerdings rekrutieren sich hier private Kontakte

schwerpunktmäßig aus der gleichen Wohnumgebung. Anders als in Dubai wohnen europäi-

sche Expatriates größtenteils in eingezäunten Wohnanlagen, sogenannten Compounds. In die-

sen Compounds lernt man schnell andere internationale Expats kennen, mit denen man auch

private Kontakte aufbaut. Nicht selten wohnen auch die deutschen Arbeitskollegen im glei-

chen Compound, so dass auch der Kontakt zu ihnen über das Arbeitsleben hinaus geht. Zu-

dem scheint es anders als bei Emiratis keine �unischtbare Grenze� zu Saudis zu geben. Häufi-

ger als in Dubai geben die Befragten an, auch Freundschaften zu Saudis zu pflegen. Es wurde

allerdings auch deutlich, dass sich die deutschen und schweizer Expats zwar wohl fühlen und

auch ihren Vertrag voll erfüllen. Eine Verlängerung des Vertrags � anders als bei Expats in

Dubai � steht jedoch für die meisten nicht zur Debatte. Zu groß ist der Wunsch, nach 3-4 Jah-

ren im Land wieder in einer vertrauten Struktur leben und arbeiten zu wollen.

�Es war eine Riesenerfahrung, auch mit den Emotionen, die in der Firma hochge-

kommen sind. 3 Jahre in Saudi-Arabien sind aber genug. Jetzt will ich nach Dubai,

will mal geordnete Prozesse sehen. Hier läuft es ziemlich chaotisch ab. In Dubai ist

das schon anders. In Dubai bleiben wird dann vielleicht bis 2010.�

Es muss also gar nicht die Rückkehr nach Deutschland sein. Auch Dubai wird bereits als sehr

viel strukturierter als Saudi-Arabien empfunden.

Wohnen und Hausangestellte

Dubai hat sich in den letzten Jahren zu einem teuren Pflaster entwickelt. Insbesondere die

Mietpreise haben in den letzten Jahren stark angezogen. Da die Nachfrage nach Wohnraum

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momentan das Angebot übersteigt, hat sich zudem die Praxis etabliert, die gesamte Miete für

ein Jahr im voraus zu verlangen. Und da Küchen häufig ohne technische Geräte ausgestattet

sind, muss auch dafür Geld in die Hand genommen werden. Kurzum, gerade zu Beginn des

Aufenthalts in Dubai kommen hohe Kosten auf den deutschen Expat bzw. den deutschen Ar-

beitgeber zu. Natürlich unterstützen die Firmen ihre Angestellten finanziell. Jedoch werden

die Zulagen (sog. allowances) häufig nur alle 2-3 Jahre an die Mietpreise angepasst. Bei ei-

nem Anstieg der Mieten um ca. 80% in den letzten 3 Jahren führt dies schnell zu einem viel

zu geringen Budget. Auf eine jährliche Anpassung des Mietbudgets sollte man daher bei der

Vertragsgestaltung auf jeden Fall achten.

Eine Alternative zur Miete ist der Erwerb von Eigentum, der seit 2002 auch von Ausländern

in Dubai in ausgewählten Gebieten möglich ist. Einige deutsche Firmen tragen ausschließlich

die Mieten ihrer Angestellten, andere Firmen geben eine Zulage und lassen den Angestellten

freie Hand über die Verwendung, so dass auch der Erwerb von Eigentum möglich ist. Wäh-

rend dies noch vor wenigen Jahren ein Geheimtipp war, haben sich mittlerweile jedoch die

Kaufpreise analog zu den Mietpreisen entwickelt. Zudem ist der Erwerb von Eigentum für

Ausländer nicht im Stadtzentrum möglich, sondern nur in ausgewiesenen so genannten Free

Hold Gebieten, die sich in den Außenbezirken Dubais befinden (Engel & Völkers unter

http://www.dubai.de/8-Rechtsgrundlagen.html.) Aufgrund der Mietentwicklung gehen auch

immer mehr Firmen dazu über, selbst Eigentum in Dubai zu erwerben und an die eigenen

Angestellten zu vermieten. Es besteht aber auch die berechtigte Hoffnung auf ein Ende der

Explosion der Wohnkosten, denn in Dubai und insbesondere entlang der Sheikh Zayed Road

werden sehr viele hochgeschossige Appartment- und Bürohäuser gebaut, ganze Stadtviertel

entstehen neu. Der Bauboom wird eindrucksvoll dadurch belegt, dass sich 15-20% aller Bau-

kräne weltweit in Dubai drehen und sich die Einwohnerzahl der Stadt von gegenwärtig 1,5

Millionen bis 2010 auf 3 Millionen verdoppeln soll. Die Fertigstellung von ersten Großpro-

jekten soll für eine Anpassung des Wohnangebots an die große Nachfrage sorgen und damit

auch für eine Eindämmung der Wohnkostenexplosion sorgen, so zumindest der Plan der poli-

tischen Elite.

Trotz der gegenwärtig enormen Wohnkosten darf man jedoch keine Top-Qualität erwarten.

Eine minderwertige Bauqualität und viele Mängel gehören leider zum Alltag in Dubai, und da

die Maintenance häufig überlastet ist und auch sonst Handwerker Mangelware sind, muss

man oft genug improvisieren oder sich in Geduld üben. Nicht selten wird daher die Chance

ergriffen, Handwerker, die bei Nachbarn Mängel beseitigen, direkt in die eigene Wohnung

hinüberzuholen.

Bei der Wohnungs- oder Haussuche hat es sich zudem bewährt, auf europäische Makler zu-

rückzugreifen, da arabische oder asiatische Makler die Wohnwünsche von Europäern nur un-

zureichend nachvollziehen könnten, so dass die Suche oft erfolglos bleibt bzw. sich in die

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Länge zieht. Bei der Suche sollte man zudem berücksichtigen, dass sich die Miete nicht nach

qm berechnet, sondern nach der Anzahl von Schlafzimmern, so dass die Mietangebote anders

aufgemacht sind. Ein europäischer Makler wird das Angebot entsprechend �übersetzen� kön-

nen.

Bedingt durch die hohen Kosten für Miete bzw. Eigentumserwerb prophezeien viele deutsche

Expats ihren Nachfolgern einen sinkenden Lebensstandard in Dubai. Nicht wenige deutsche

Angestellte, insbesondere die mit lokalen Verträgen, teilen sich bereits ein kleines Appart-

ment oder bewohnen in einer Wohngemeinschaft eine Villa. Frauen dürfen dies jedoch offi-

ziell nur mit einem Verwandten. Die Explosion der Wohnkosten hat hier jedoch einen grauen

Markt entstehen lassen.

In Saudi-Arabien hat das Wohnen einen ganz anderen Charakter als in Dubai. Alle Befragten

wohnen in einem Compound. Seit den terroristischen Attacken von Islamisten auf von Aus-

ländern bewohnte Compounds 2004 sind die Sicherheitsvorkehrungen verschärft worden.

Absperrzäune, Militärgeräte und Personenkontrolle gehören zum normalen äußeren Erschei-

nungsbild einer solchen Wohnanlage. Allerdings hat sich die Sicherheitslage seit 2004 wieder

entspannt. So waren sich die Befragten darüber einig, dass nicht die Sicherheitslage der

Grund für das Wohnen im Compound sei, sondern die Möglichkeit, weiterhin seinen gewohn-

ten Freiraum beizubehalten. Der Compound wird als ein Refugium für Europäer und Ameri-

kaner gesehen, als eine Parallelwelt, in der sie ihr normales Leben weiter führen können.

�Ein saudischer Kollege hat einmal angemerkt, dass es nicht gut ist, dass die Expats

im Compound leben. Das ist sicherlich richtig, aber ich brauche auch den Freiraum,

den ich gewohnt bin, einfach mal leicht bekleidet rumlaufen, z. B. in der Badehose am

Swimming-Pool.�

Das Leben im Compound hat Dorfcharakter: Es gibt einen kleinen Shop, ein Restaurant,

Sporteinrichtungen und häufig auch eine internationale Schule. Gerade Familien mit kleinen

Kindern, die das Bild der Compounds prägen, genießen dieses Leben. Dabei darf man aber

nicht übersehen, dass das Leben im Compound auch seinen Preis hat. Ähnlich wie bei Wohn-

vierteln in Deutschland gibt es teure und günstige Compounds. In den upper class Compounds

wird man mit vielen anderen Europäern zusammen wohnen, während man in lower und z. T.

auch middle class compounds auch auf viele arabische (Libanesen, Syrer, Ägypter) und asia-

tische (Pakistanis, Inder) Expats als Nachbarn treffen wird. Gerade in Compounds mit großer

Zahl arabischer Bewohner gerät das freizügigere europäische Leben jedoch zunehmend in

Bedrängnis. So hält z. B. das Kopftuch in diese Compounds Einzug und das Verschleierungs-

verbot droht zu kippen. In upper class Compounds mit größtenteils europäischer Klientel ist

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dies hingegen kein Thema. Eine Alternative zum Wohnen im Compound ist die normale

Stadtwohnung, die allerdings nur von alteingesessenen Expats akzeptiert zu werden scheint.

Wenn eine Wohnung oder ein Haus gefunden worden ist, stellt sich die Frage, ob man Haus-

angestellte beschäftigen möchte, insbesondere eine Putzfrau oder ein Kindermädchen, die

meist von den Philippinen kommen, oder auch einen Gärtner. Die Meinungen der Befragten

gehen hier weit auseinander. So haben einige Haushaltshilfen abgelehnt, da sie entweder kein

Bedarf sehen, insbesondere bei Singles, eine negative Meinung über die tatsächliche Hilfe-

leistung haben (�die machen mehr kaputt als dass sie uns helfen�) oder aber generell diese

preisgünstige Hilfe aus ideellen Gründen ablehnen. Die überwiegende Mehrheit der Befragten

leistet sich jedoch eine Putzhilfe, die 1x pro Woche nach dem Rechten sieht. Am besten läuft

das über Empfehlungen von anderen Expats oder Nachbarn. In Dubai ist mittlerweile auch

dieser Reinigungsservice professionalisiert und es gibt zahlreiche Firmen, die Reinigungskräf-

te beschäftigen und auf Stundenbasis vermitteln, sogenannte Domestic Help Agencies.

Für Familien kann es sehr attraktiv sein, eine live-in maid zu beschäftigen, die Haushaltshilfe

und Kindermädchen in einer Person ist. Das durchschnittliche Einkommen einer solchen

Maid beträgt in den Emiraten ca. 1.200 Dirham pro Monat und alle zwei Jahre ein Flugticket

in ihr Heimatland. Da eine Maid einen Job für eine Aufenthaltsgenehmigung benötigt, müssen

sie als Sponsor (Bürge) auftreten. Neben der bürokratischen Abwicklung kostet dies zusätz-

lich ca. 5.000 Dirham pro Jahr �tax maid�. Zudem sollten sie über entsprechend Platz in ih-

rem Haus oder aber sogar über einen Anbau neben ihrem Haus verfügen, um eine angemesse-

ne Lebensführung zu ermöglichen. Wenn man die richtige Person aber gefunden hat, und

auch hier ist Mundpropaganda das beste Rezept, kann es das Familieleben sehr entspannen.

Schule und Kinder

Die VAE sind sehr kinderfreundlich und manch einem Befragten ist erst im Vergleich mit

dem neuen Aufenthaltsort aufgefallen, wie schwierig das Leben mit Kindern in Deutschland

dagegen ist.

�Kinder sind eine heilige Kuh, die dürfen hier alles. (...) Die Kinder können überall

spielen, dürfen immer Krach machen. Den Kindern wird hier nichts verboten.�

Nicht wenige Interviewpartner berichteten, dass den Kindern im Restaurant sofort der Hoch-

stuhl gebracht wurde, dass sie mit kleinen Kindern ins Kino gehen können und nicht selten

bevorzugt behandelt werden, indem sie z. B. die lange Schlange vor einem Schalter passieren

können und zu einem anderen, leeren Schalter geführt werden.

In Dubai ist es üblich, die Kinder mit anderthalb Jahren in (kostenpflichtige) Krippen (nurse-

ries) zu geben, bevor sie dann in Kindergärten kommen, die häufig bereits an Schulen ange-

bunden sind. In Dubai besteht Schulpflicht ab 4 Jahren. Das Angebot an privaten Schulen -

staatliche Schulen sind erst vor kurzem und nur unter bestimmten Kriterien für ausländische

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Kinder geöffnet - ist breit und wächst zunehmend. Es wird von britischen Schulen dominiert,

aber auch internationale sowie amerikanische und australische Schulen existieren. Zudem gibt

es eine deutsche Schule in Sharjah (www.dssharjah.de), die auch eine Grundschule in Dubai

unterhält. Die Schulen werden im allgemeinen besser als die Schulen in Deutschland einge-

schätzt, nicht zuletzt auch wegen der Vermittlung von vielen Sprachen, der höheren Disziplin

und dem breiten Angebot an Aktivitäten am Nachmittag. Das Angebot kann von vielen unter-

schiedlichen Sportmöglichkeiten über einen Computer Club zum Nähkurs reichen. Dabei darf

jedoch nicht übersehen werden, dass private Schulen Geld kosten und dass es nicht selten

Wartelisten für die Aufnahme an die Schulen gibt. Es ist daher empfehlenswert, sich bei Kol-

legen umzuhören und neben dem Favoriten noch 2 Alternativen im Ärmel zu haben. (Viel-

mehr macht keinen Sinn, da häufig auch der Eintrag auf der Warteliste bereits Geld kostet,

das nicht zurückerstattet wird.) Die Wahl der Schule sollte nicht zuletzt vom entsprechenden

Curriculum abhängig gemacht werden. Viele Befragte haben sich für eine englische Schule

entschieden, da ihrer Ansicht nach die deutsche Schule zu wenig Englisch unterrichte. Dabei

sollte man jedoch beachten, dass die deutsche Schule nicht nur die deutsche Sprache vermit-

telt, sondern auch die deutsche Kultur und somit das Kind im deutschen Kulturraum verwur-

zelt.

Auch in Saudi-Arabien gibt es in Riad und Dschidda eine deutsche Auslandsschule. Die deut-

sche Schule in Dschidda konnte ich intensiver kennenlernen. Wie bei einer internationalen

Schule ist die Schülerschaft sehr multikulturell. So gibt es Kinder von deutschen Expats und

von Deutschen, die schon seit langem bei einer saudischen Firma arbeiten und deren Kinder

auch in Saudi-Arabien geboren sind. Eine weitere starke Gruppe wird von ägyptischen Kin-

dern gestellt. Die Schulerfahrung an der deutschen Schule in Dschidda gibt ihnen die Mög-

lichkeit, an den sehr angesehenen deutschen Schulen in Kairo oder später sogar an die deut-

sche Universität in Kairo zu gehen. Daneben gibt es viele Kinder aus verschiedenen anderen

Nationen. Da die deutsche Sprache nicht die Muttersprache aller Schüler ist, werden durch

Förderunterricht und viel Flexibilität Unterschiede in der Beherrschung der deutschen Spra-

che aufgefangen. Die internationale Ausrichtung der Schule wird durch die verschiedenen

Sprachen unterstrichen, die dort unterrichtet werden. Neben der Unterrichtssprache Deutsch

wird intensiv Englisch sowie auch Französisch und Arabisch gelehrt. Während man in

Deutschland gewohnt ist, dass ein Lehrer 30 Kinder unterrichtet, besteht das Betreuungsver-

hältnis an der Schule in Dschidda aus 7-8 Schüler pro Lehrer.

Das Leben mit kleinen Kindern in den Emiraten und Saudi-Arabien ist oft einfacher

und angenehmer als in Deutschland. Mit Teenager-Kindern kann es jedoch beschwerlich wer-

den. Für Kinder in diesem Alter ist es häufig schwierig, sich von zu Hause abzusetzen und so

den eigenen Weg zu finden. Die stark eingeschränkte Mobilität durch die Nichtexistenz von

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öffentlichem Nahverkehr in Dubai und die strikte Geschlechtertrennung im öffentlichen Le-

ben in Saudi-Arabien sind dabei nur zwei Gründe unter vielen. Daher ist es nicht verwunder-

lich, dass viele Frauen mit Teenager-Kindern nach Deutschland zurückkehren, während die

Ehemänner ihre Verträge im Unternehmen erfüllen.

Als Frau in den Emiraten

Die emiratische Gesellschaft ist für eine arabische Gesellschaft ungewöhnlich offen. Schon

früh hatte sich der Staatsgründer Scheich Zayed bin Sultan al-Nahyan für die Förderung der

Frauen eingesetzt und ihnen gute Bildungsmöglichkeiten verschafft. Viele emiratische Frauen

studieren daher an den Universitäten, auch um aus den engen Traditionen der Familie zumin-

dest für eine gewisse Zeit ausbrechen zu können. Und auch im Geschäftsleben werden emira-

tische Frauen gefördert, z. B. mit der Auszeichnung �business women of the year�. Zudem

ernannte Scheich Zayed kurz vor seinem Tod 2004 mit Scheicha Lubna al-Kasimi zum ersten

Mal in der Geschichte der Emirate eine Frau zur Ministerin, und zwar zur Wirtschaftsministe-

rin. Die Förderung von Frauen darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass emiratische

Frauen noch immer in die strikten Traditionen der Familien eingebunden sind und viele Kin-

der und ein erfolgreiches Familienmanagement oberste Priorität in der emiratischen Gesell-

schaft haben.

In dieser relativ offenen arabischen Gesellschaft genießen auch europäische Frauen viel Be-

wegungsfreiheit. Sie tragen kein Kopftuch oder Umhang und können praktisch alle Dinge

allein machen, von Autofahren (anders als in Saudi-Arabien) übers Einkaufen zu Ausgehen

mit Freundinnen (auch ohne männliche Begleitung). Dennoch existiert weiterhin die aus den

Traditionen erwachsene Fürsorgementalität gegenüber Frauen. So berichten Interviewpartner

davon, dass ihnen der Einkauf im Supermarkt eingepackt und zum Kofferraum getragen wur-

de, dass ihnen auf der Post die Briefe aus der Hand genommen und ihnen gesagt wurde, man

solle an der Schlange nach vorne gehen. Einige Unternehmen haben zudem Schalter nur für

Frauen eingerichtet, z. B. der staatliche Telefonkonzern Etisalat.

Die befragten Frauen fühlten sich nicht von emiratischen oder anderen arabischen Männern

besonders beobachtet oder belästigt. Hier scheint der Grundsatz zu gelten: �Du schaust meine

Frau nicht an und ich schaue deine Frau nicht an.� Jedoch wurde mehrfach von einer notwen-

digen Zurückhaltung gegenüber Indern und Pakistanern berichtet.

�Ich habe unseren (pakistanischen) Gärtner freundlich aus dem Auto gegrüßt. Das hat

er falsch verstanden, es als anzügliches Verhalten interpretiert. Er hat immer über-

trieben gelächelt. Ich muss zurückhaltender sein. Man ist schroffer, wenn man sich

nicht gut kennt. Ich gucke immer auf den Boden bei Pakistani-Männergruppen, würde

ihnen nie direkt in die Augen schauen. Aber mit angemessener Kleidung sich frei be-

wegen ist kein Problem.�

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�Mit denen habe ich viele Probleme, die gaffen. Die Araber sind reich, zumindest

nicht arm. Kleine Dienstleister sind die Inder und Pakistanis. Deren Frau ist zu Hau-

se, die gaffen dann hier. Am öffentlichen Strand ist es unangenehm. Es ist kein Kom-

pliment wie bei den Italienern, die dann einmal pfeifen, sondern sie spannern einfach

nur. Beim Schwimmen dreht sich jeder nach mir um. Ich würde nicht allein schwim-

men gehen. Mit Emiratis ist mir das nie passiert. Auch mit anderen Arabern wäre es

anders.�

Die Beiträge deuten jedoch schon an, dass man mit angemessener Kleidung und distanziertem

Verhalten diese Risiken stark reduzieren kann. Zudem reagiert die emiratische Polizei sehr

sensibel, wenn eine europäische Frau sich über Provokationen von Männern beschwert. Für

die Männer kann das gravierende Folgen haben, die bis zur Ausweisung reichen können.

Als Frau in Saudi-Arabien

Die Stellung der Frau in der saudischen Gesellschaft unterscheidet sich deutlich von der in der

emiratischen Gesellschaft. Die Rechte der Frauen in Saudi-Arabien sind stark eingeschränkt,

viele sehen Frauen behandelt als �Menschen zweiter Klasse� (amnesty international). So ha-

ben Frauen keinerlei politische Rechte und haben immer einen Mann als Vormund, zunächst

den Vater oder einen älteren Bruder, später den Ehemann. In einigen Bereichen der saudi-

schen Gesellschaft hat jedoch auch eine gewisse Liberalisierung eingesetzt. So stellen an den

saudischen Universitäten mittlerweile Frauen die Mehrheit der Studenten, und Lehrberufe

sowie Berufe im medizinischen Sektor sind offen für Frauen. Die Liberalisierung ist jedoch

nicht bei der strikten Geschlechtertrennung im öffentlichen Raum angekommen. Sie soll ge-

währleisten, dass Frauen keinen Kontakt zu nichtverwandten Männern bekommen. So dürfen

Frauen an der Universität die Vorlesungen eines Professors nur am Bildschirm verfolgen, und

auch im sonstigen Arbeitsleben muss die strikte Geschlechtertrennung gewahrt bleiben.

Die strikte Trennung nach Geschlechtern im öffentlichen Raum wirkt sich auf viele Dinge im

Alltag aus und hat auch Geltung für ausländische Frauen. So ist saudischen wie auch auslän-

dischen Frauen das Führen eines Kraftfahrzeuges untersagt. Zwar bieten die Compounds oft

einen Bustransfer zum Supermarkt und Samstags zum Strand an, doch sind diese Transfers

immer an feste Zeiten gebunden. Wer sich lieber spontan und flexibel entscheiden möchte,

wird daher um ein Taxi nicht herumkommen (in dem die Frau nicht neben dem Fahrer, son-

dern auf der Rückbank Platz nimmt). Wenn eine Frau schon den privaten Raum verlassen

muss, dann muss sie sich jedenfalls vor den Blicken der Männer bzw. die Männer vor ihrer

eigenen Begierde schützen. Daher tragen die saudischen Frauen einen schwarzen Umhang,

die Abbaya, mit Kopftuch und häufig auch mit einem Gesichtsschleier. Von den ausländi-

schen Frauen wird hier Anpassung verlangt, auch wenn sie regional recht unterschiedlich aus-

fällt. Im konservativen Riad ist das Tragen der Abbayas Pflicht und nicht wenige ausländische

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Frauen tragen auch das Kopftuch, auch wenn dies offiziell nicht zwingend erforderlich ist.

Wenn sie auf das Kopftuch verzichten, haben sie es zumindest in der Handtasche dabei.

Schließlich gibt es in keiner anderen Gegend von Saudi-Arabien so viele (auch selbst ernann-

te) Religionspolizisten, die für die Einhaltung der religiösen Ordnung sorgen.

�Unsere Frauen laufen ohne Kopftuch herum, haben es aber in der Tasche. Wenn ein

Mutawwa kommt und sagt: �cover your hair�, dann setzen sie das Kopftuch auf und

gehen weg.�

In Dschidda, das von vielen Bewohnern Riads bereits als verloddert angesehen wird, reicht

hingegen das Tragen der Abbaya ohne Kopftuch aus. Wenn man sich als Frau mit diesen äu-

ßeren Umständen arrangieren kann, ist das Leben in Saudi-Arabien nicht schlecht, begegnet

man auch hier häufig der Fürsorgementalität der Menschen:

�Sonst als Frau gefällt es mir gut. Es ist nicht so, wie das Bild in Deutschland ist. Die

Frauen werden hier nur bedient. Das ist schon ein angenehmes Leben. Abbeya und

Kopftuch ist für mich absolut in Ordnung. Die gibt es jetzt auch in vielen verschiede-

nen Farben. Man sieht hier auch schon viele Frauen ohne Kopftuch. Riad ist da viel

strenger. Ich habe eine Abbeya mit verschiedenen Farben am Ärmel. Man kann für ei-

ne Abbeya schon 2000-3000 Riyal (~400-500 Euro) ausgeben."

Als mitausreisende Partnerin in den VAE und Saudi-Arabien

Nach wie vor ist bei nahezu allen ausreisenden Paaren der Mann der Vertragsnehmer und die

Frau die sogenannte Mitausreisende. Für sie stellen sich mit dem Umzug in die Emirate eine

Reihe neuer Herausforderungen, denn abgesehen von der praktischen Bewältigung des Haus-

halts müssen sie sich oft eine neue Beschäftigung suchen. Zwar locken Sport- und Freizeitan-

gebote, doch vielen Frauen reicht das auf Dauer nicht. Was also tun?

Wer Kinder hat, wird häufig zu deren Chauffeur. Da es so gut wie keine öffentlichen Ver-

kehrsmittel gibt und Schulbusse zwar zur Verfügung stehen, jedoch mit bis zu 2.000 Euro pro

Kind pro Jahr sehr teuer sind (und sie oft auch einen �sehr unkonventionellen Fahrstil� haben),

bleibt es oft den Müttern überlassen, die Kinder zur Schule, aber auch zu ihren Freunden oder

Freizeitaktivitäten zu fahren. So liegt es auch nahe, dass sich viele von ihnen in den Schulen

und Kindergärten in Komitees, der Bücherei, als Aushilfslehrer oder mit anderen Hilfsleis-

tungen engagieren.

Für Frauen, die berufstätig sein wollen, bietet der Arbeitsmarkt in den Emiraten viele Mög-

lichkeiten. Und auch eine Arbeitserlaubnis zu erhalten, ist grundsätzlich kein Problem. Wie

jedoch findet man eine entsprechende Arbeitsstelle? Die Befragten sind mit ganz unterschied-

lichen Strategien an die Jobsuche herangegangen.

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Für eine Befragte war es die Voraussetzung für eine Mitausreise, dass auch sie einen guten

Job entsprechend ihrer Qualifikation findet. Der Arbeitsmarkt in Dubai bietet viele Chancen,

so dass der mitausreisende Partner nicht automatisch auf Karriere verzichten muss.

�Ich bin im Juli erst nachgekommen. Ich wollte einen Job finden hier, das war wichtig

für uns. Man sagte mir, dass ich das schaffen werde. Berufliche Erfahrung ist etwas

ganz wichtiges hier, daher kam für mich nur die Personalarbeit infrage.�

Sehr schnell als Problem hatte sich jedoch das gebotene Lohnniveau und die geforderte Ar-

beitszeit herausgestellt. Es gab einige Angebote für Jobs, die jedoch mit 5-6.000 Dirham (~

1.000,- Euro) pro Monat zu niedrig dotiert waren (was jedoch einem typischen Gehalt für

Inder in einer solchen Jobkategorie entspricht) oder aber eine Arbeitszeit von 48 Stunden in

der Woche und eine 6-Tage-Woche umfassten. Da der Ehemann und Vertragsnehmer jedoch

auch eine in diesem Bereich liegende Arbeitszeit in seinem Unternehmen hatte, hätte ein sol-

cher Job für die Frau und ihren Mann ein zeitlich sehr eingeschränktes Privatleben bedeutet.

Nach längerem Suchen hat die Befragte schließlich einen Job in der Personalabteilung einer

amerikanischen Firma gefunden mit einer 40-Stunden-Woche und einem freien Wochenende.

Und einmal einen guten Jobeinstieg gefunden, öffnen sich schnell weitere Türen.

�Jetzt nach einem ½ Jahr bekommt sie auch andere Angebote, weil sie Arbeitserfah-

rung in den Emiraten hat. Der Einstieg war aber schwierig.�

Wie wichtig Eigeninitiative und eine unkonventionelle Herangehensweise an die Jobsuche

sind, beweist ein anderes Beispiel.

�Meine Frau ist Reitlehrerin. Sie war auch schon Reitlehrerin in Deutschland. Es war

ein Glück, dass sie ganz schnell hier einen Job gefunden hat. Am Anfang ist sie zu al-

len Reitställen gefahren und hat bei einem Reitstall einen Landsmann getroffen. Dort

konnte sie dann erstmal reiten. Nach 2 Monaten schließlich hat sie in diesem Reitstall

einen Job als Reitlehrerin angeboten bekommen. Man muss einfach Augen und Ohren

offenhalten. Gleiche Nationalität ist wichtig, sie ermöglicht viel.�

Häufig jedoch ist es schwieriger, im eigenen Beruf den Einstieg zu finden, da der Job in den

Emiraten ganz anderen Strukturen unterliegt und somit auch andere Inhalte und Kompetenzen

verlangt werden. Dann gilt es, für neue Herausforderungen offen zu sein.

�Eigentlich bin ich Optikerin, aber in Dubai setzt dieser Beruf eine ganz andere Aus-

bildung voraus. Daher habe ich angefangen, im Kindergarten zu arbeiten. Dann

wechselte ich an die Schule und arbeitete dort. Nebenbei arbeitete ich als �real estate

manager� für Freunde, allerdings ohne Geld dafür zu bekommen. Dann habe ich an-

gefangen, in diesem Bereich bei einer Firma in Dubai zu arbeiten. Ich habe all diese

Möglichkeiten durch Beziehungen erhalten, z. B. durch Leute, die ich auf Dinner-

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Partys kennen gelernt habe, und die ihr eigenes Geschäft haben. Jetzt habe ich sogar

die Möglichkeit bekommen, wieder als Optikerin arbeiten zu können.�

Die Emirate und insbesondere Dubai sind ein Boommarkt, auf dem man als mitausreisender

Partner mit ein bisschen Glück sogar einen Karriereschritt, auf jeden Fall aber viele interes-

sante Arbeitserfahrungen machen kann.

Auch in Saudi-Arabien ist ein Arbeiten der mitausreisenden Partnerin möglich, allerdings ist

es wesentlich schwieriger als in den Emiraten und mit Karriereplanung wird es nichts zu tun

haben. Es bieten sich insbesondere deutsche oder international ausgerichtete Organisationen

an, wie z. B. die Delegation der deutschen Wirtschaft in Saudi-Arabien (Gesalo) oder deut-

sche und internationale Schulen. Auch in Krankenhäusern und an Universitäten lohnt es sich,

nach Beschäftigungsmöglichkeiten zu fragen. Seit kurzem haben auch größere Banken Frau-

en-Filialen eröffnet, die ein potenzielles Arbeitsfeld sein können. Generell gilt je internationa-

ler die Organisation ausgerichtet ist, an der sie sich bewerben, desto größer sind die Chancen.

So progressiv und modern die Emirate gerade gegenüber Saudi-Arabien in vielen Dingen

auch erscheinen mögen, in anderen Punkten wird deutlich, dass auch diese Gesellschaft noch

sehr traditionell organisiert ist. Die Regelung von Partnerschaften und Familie ist ein Beispiel

dafür. So ist es offiziell illegal in Dubai, dass unverheiratete Paare zusammen unter einem

Dach leben. Auch wenn dies von offizieller Seite bei Europäern häufig toleriert wird, so hat

es die Auswirkung, dass der mitausreisende Partner alle 60 Tage das Land verlassen muss, da

der Vertragsnehmer nicht für seine Partnerin bürgen kann und diese somit keine langfristige

Aufenthaltserlaubnis erhält. (Befragte berichteten jedoch, dass es in diesem Punkt Tendenzen

zur Veränderung der Regierungspolitik gäbe.) Die Traditionalität der offiziellen Politik kann

sich auch noch krasser auswirken, z. B. kann eine unverheiratete Frau, die in den Emiraten ein

Kind zur Welt bringt, nach offizieller Politik ins Gefängnis kommen und das Kind ihr vom

Staat weggenommen werden. So wurde mir in den Interviews berichtet, dass dies für nicht

wenige unverheiratete Paare der Grund sei, zur Geburt des Kindes in ihr Heimatland zurück-

zukehren. Dass diese traditionellen staatlichen Richtlinien nicht durchgehend angewendet

werden, dürfte bei der Dramatik der Auswirkungen kaum beruhigend sein. Um diese Schwie-

rigkeiten zu umgehen, ist es daher keine Seltenheit, dass unverheiratete Partner vor ihrer Aus-

reise nach Dubai heiraten.

Kultur und Freizeit

Der Freizeitwert in den Emiraten hat sich in den letzten Jahren stark entwickelt. Insbesondere

Dubai hat mittlerweile viel zu bieten. Da sind zum einen die zahlreichen kulturellen Veran-

staltungen, wie z. B. das Jazz-Festival, Konzerte und Gastspiele renommierter Künstler, wie

der Cirque du Soleil. Und auch die deutsche Botschaft ist dabei, eine Kulturabteilung aufzu-

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bauen, um ein eigenes kulturelles Programm auf die Beine zu stellen. Daneben hat sich in

Dubai auch eine Disco- und Clubszene etabliert, deren Protagonisten von einer Hotelbar zur

nächsten ziehen. Da nur in Hotels das Ausschenken von Alkohol gestattet ist, haben sich Ho-

telbars zu einem sozialen Zentrum der Stadt entwickelt. Neben dem liberalen Umgang mit

Alkohol hat sich in Dubai jedoch auch eine ziemlich offene Prostitution ausgebreitet. Auf-

grund dieser Entwicklungen wird Dubai auch als �Sündenbabel� oder �Paris des Ostens� be-

zeichnet.

Viele Befragte sehen insbesondere in der geografischen Lage Dubais eine ungeheure Attrakti-

vität. So gehören Strandaufenthalte, oft auch in kostenpflichtigen Beach Clubs mit eigenem

Strandabschnitt, für viele Expat-Familien fest zum Wochenendprogramm. Zudem bilden

Wüstentouren mit Offroadern möglichst mit Übernachtung einen regelmäßigen Bestandteil

der Wochenenden. Und dass Dubai sich zu einem Shopping-Paradies entwickelt hat, in denen

die Shopping-Center sich zu einem weiteren sozialen Zentrum entwickelt haben, in denen

man sich trifft, kann man den vielen Dubai-Berichten in Zeitschriften und TV entnehmen.

Klingt das alles wie ein Urlaubsbericht, so haben die Befragten jedoch auch deutlich gemacht,

dass viele Aktivitäten meist aufgrund des Klimas leider unmöglich sind, wie z. B. Joggen im

Wald, Fahrradfahren oder allgemein viele sportliche Aktivitäten, insbesondere in den heißen

Sommermonaten. Dennoch hat sich Dubai aufgrund all dieser Möglichkeiten zu einem �Ven-

til� für den ganzen arabischen Raum entwickelt. Aus den umliegenden Emiraten sowie aus

den Nachbarstaaten, insbesondere aus Saudi-Arabien, kommen die Menschen, um für eine

kurze Zeit das zwanglose Leben zu genießen. Auch viele deutsche Expats, die in Abu Dhabi

oder Saudi-Arabien ihrer Arbeit nachgehen, kommen regelmäßig für kulturelle Veranstaltun-

gen oder zum Shoppen nach Dubai.

Wie man aus den Dubai-Besuchen der deutschen Expats in Saudi-Arabien schließen kann, ist

das kulturelle Leben in Saudi-Arabien generell mau. Da Saudi-Arabien den radikalen wahha-

bitischen Islam verfolgt, ist auch das kulturelle Leben vollständig auf den Islam ausgelegt.

Öffentliche Theater, Kinos oder Schauspielhäuser sind verboten, denn Kultur muss traditio-

nell sein und dem Glauben dienen. Auch kulturelle Veranstaltungen, die von Ausländern or-

ganisiert werden, unterliegen der Kontrolle und Zensur der Religionsgelehrten. Umso bemer-

kenswerter ist, dass das Stadtbild von Dschidda entlang der Promenade (Corniche) von ver-

schiedenen Kunstprojekten renommierter moderner Künstler geprägt ist. Auch was den Frei-

zeitwert betrifft, hat Dschidda durch die Lage am Roten Meer klare Vorteile gegenüber Riad.

Allerdings kostet jede Freizeitaktivität Geld. So gibt es zwar öffentliche Strände, doch ist an

Baden durch die vorgeschriebene Kleiderordnung nicht zu denken. Daher mieten sich Expats

regelmäßig in Beach Clubs oder Beach Resorts mit eigenem Strandabschnitt ein, so dass auch

die Frauen ungestört im Badeanzug schwimmen gehen können. Gerade auch für Taucher bie-

ten Korallenriffe nördlich von Dschidda eine hervorragende Möglichkeit, ihrem Hobby nach-

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zugehen. Für Riad sowie für Dschidda gilt, dass es gute Shopping Möglichkeiten gibt. In Riad

schießen momentan neue Shopping-Center wie Pilze aus der Erde. Für Kinder beschränkt sich

das Freizeitleben auf die Angebote des Compounds und der Schule, die jedoch durchaus viel-

fältig sein können.

Versorgung und Gesundheit in Dubai

Die Versorgung mit den wichtigen Dingen des alltäglichen Lebens ist in den Emiraten kein

Problem. Die Lebensmittelversorgung ist von der Auswahl her auf einem ähnlichen Niveau

wie in Deutschland, und auch das Preisniveau ist ähnlich, abhängig davon ob man beim teure-

ren Spinneys oder dem etwas günstigeren Carrefour einkauft. Schwieriger kann es jedoch

werden, wenn man auf einen bestimmten Service angewiesen ist, wie ein Befragter berichtete:

�Wenn man einen Handwerker braucht, wird man vertröstet. Der Service komme

morgen, immer morgen. Wenn man dann einen Handwerker bekommt, ist einer für al-

le Dinge zuständig, d.h. er repariert Klimaanlagen und die Waschmaschine. Und der

Handwerker fragt mich nach einem vernünftigen Schraubendreher. Wenn man im La-

den einkauft wird deutlich, dass es keine Qualifizierung im Servicebereich gibt und

über das Produkt, das sie verkaufen, haben sie keine Ahnung.�

Zudem können speziellere Wünsche häufig nicht erfüllt werden. So stellte sich der Erwerb

einer Blue-Tooth Ausrüstung für das Auto als langwieriges Unterfangen heraus.

Ein anderer wichtiger Aspekt der Versorgung ist Gesundheit. Das Klima in den Emira-

ten stellt eine Herausforderung für Europäer dar. Viele Befragte berichteten, dass sie häufiger

krank sind als in Deutschland. Speziell nach der Sommerpause, wenn die Leute aus ihren

Heimatländern zurück ins Büro kommen, besteht ein hohes Risiko. Aber auch Säuglinge und

Kleinkinder sind häufiger krank als in Deutschland, und 3-4x im Jahr Antibiotika ist auch für

die Kleinen bereits die Regel.

Das Gesundheitssystem in den Emiraten ist gut entwickelt. Neben den staatlichen gibt es auch

mehr und mehr private Krankenhäuser und Praxen. Die Behandlung von Residents an staatli-

chen Krankenhäusern ist in Dubai kostenlos oder kostet einen geringen Obolus. Die staatli-

chen Krankenhäuser haben jedoch einen ambivalenten Ruf. Während Geburts- und Kinder-

medizin nicht zuletzt wegen der hohen Anzahl von Geburten und Kindern im Land sehr gut

entwickelt sind, gehen die Meinungen über die übrige medizinische Qualität auseinander.

Während einige Befragte sich bei kleineren Beschwerden auf die medizinische Versorgung

verlassen und nur bei kritischen Fällen zurück nach Deutschland reisen würden, haben andere

Interviewpartner auch mit kleineren Beschwerden bereits sehr negative Erfahrungen gemacht:

�Der Standard von Krankenhäusern ist hier auf unterstem Niveau. Wenn man ins

Krankenhaus geht, kommt man mit etwas Neuem wieder zurück. Es gibt hier sehr häu-

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fig Infektionen im Krankenhaus. Ich habe da vier schlechte Beispiele von Freunden

und Kollegen. Wenn man hier etwas hat, sollte man sofort nach Deutschland zurück-

fliegen. Zudem sind die Krankenhäuser in der rush hour zu schwierig zu erreichen.�

Jedoch ist man nicht auf die staatlichen Krankenhäuser angewiesen, da es mittlerweile auch

viele private Krankenhäuser gibt. Zudem lassen sich auch immer mehr deutsche Ärzte in Du-

bai nieder und arbeiten entweder in den privaten Krankenhäusern oder aber eröffnen eigene

Praxen. Die private Gesundheitsversorgung ist professionell und auf hohem Niveau, jedoch

hat sie auch ihren Preis. Entsprechende Krankenversicherungen für die Emirate können mitt-

lerweile bei verschiedenen deutschen Anbietern abgeschlossen werden. Häufig hat auch der

Arbeitgeber eine �company health insurance� als Zusatzversicherung für den Arbeitnehmer

abgeschlossen.

Sicherheit in Saudi-Arabien

Seit den terroristischen Attacken von Islamisten auf Ausländer in 2004 haftet Saudi-Arabien

in Deutschland das Stigma der Unsicherheit an. Zu Unrecht, wie mir alle Befragten versicher-

ten. Zwar gebe es Terrorismus in Saudi-Arabien, aber die Vorfälle wären doch marginal ge-

wesen und nicht zu vergleichen mit den terroristischen Attacken in London, Madrid oder Is-

tanbul. Vielmehr seien sie vor allem als mediales Ereignis hochgespielt worden. Insgesamt

war man der Meinung, dass der Sicherheitsapparat die Situation gut im Griff habe, auch wenn

man in Saudi-Arabien durchaus ein gewisses Potenzial für Unsicherheit erkennt. Viel stärker

als Terrorismus und ähnlich wie in Dubai beeinträchtigt vor allem der Autoverkehr das Si-

cherheitsempfinden der Expats. Der Autoverkehr ist nicht nur chaotisch, sondern Autofahren

in Saudi-Arabien ist von einer stark überhöhten Geschwindigkeit der Autos gekennzeichnet,

so dass Unfälle fast immer schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Das schlägt sich auch in

der hohen Zahl von Verkehrstoten nieder. Was hingegen keine negative Rolle spielt für das

Sicherheitsempfinden der Befragten ist die übliche Kriminalität. Die gebe es kaum und außer

eines Laptop-Diebstahls ist keiner der Befragten mit Kriminalität in Berührung gekommen.

Verkehr und Transport in Dubai

Es ist keine Überraschung, dass sich die Frage der Fortbewegung in einem so ölreichen Land

auf das Auto konzentriert. Die Straßen sind in einem guten Zustand und die Ausgaben für

Benzin sind für deutsche Verhältnisse Peanuts. Zudem ist der Autokauf z. T. wesentlich güns-

tiger als in Deutschland: Während Gebrauchtwagen ca. 10% günstiger sind, kann es beim

Erwerb von Neuwagen schon 30-35% an Ersparnis geben. Daher ist es eine verbreitete Praxis

unter Expats geworden, mindestens ein halbes Jahr vor Vertragsende einen Neuwagen in Du-

bai zu erstehen. Wenn das Fahrzeug mindestens ein halbes Jahr in Dubai angemeldet und zu-

gelassen war, kann man es zollfrei nach Deutschland einführen.

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Bei der Durchsetzung von Verkehrsgesetzen ist die staatliche Bürokratie gut organisiert. So

sind jederzeit die eigenen Strafmandate im Internet einzusehen und online zu bezahlen. Spä-

testens bei der jährlichen Registrierung des Autos wird diese Zahlung eingefordert. Ein weite-

res Beispiel für die strikte Verregelung ist, dass in den Emiraten jeder Unfall von der Polizei

aufgenommen werden muss. Ohne Polizeibericht ist es dort nicht möglich, das Auto zur Re-

paratur in die Werkstatt zu bringen (auch wenn es einige Ausnahmen geben soll). Zudem ist

Alkohol am Steuer strengstens untersagt. Wer mit Promille erwischt wird, auch ohne in einen

Unfall verwickelt zu sein, landet mit höchster Wahrscheinlichkeit im Gefängnis, von wo er

nach ein paar Tagen oder Wochen in sein Heimatland ausgewiesen wird. Trotz dieser weitge-

henden Verregelung ist für viele Befragte Autofahren in Dubai ein Alptraum. Das liegt einer-

seits daran, dass die Straßen während der Rushhour vollkommen überfüllt sind und lange

Staus eher die Regel denn die Ausnahme sind. Viele Interviewpartner sagten mir, dass sie ihre

Arbeitszeiten bereits stark nach dem Straßenverkehr ausrichten. Andererseits werden Regeln

im Straßenverkehr von den Autofahrern nur als �Empfehlungen� aufgefasst, so dass das Au-

tofahren chaotisch, anstrengend und gefährlich ist. In einem Staat, in dem das persönliche

Sicherheitsempfinden ansonsten sehr hoch ist, wird der Verkehr als größtes Sicherheitsrisiko

eingeschätzt. Die hohe Anzahl von Verkehrstoten gibt diesem Gefühl Recht.

Eine Möglichkeit, sich entspannter fortzubewegen, ist das Taxi. Sie sind an fast jeder Ecke zu

erreichen und sind fast alle mit Taxametern ausgerüstet. Jedoch sollte man bei den Taxifah-

rern, meist Pakistanis oder Indern, keine Ortskenntnis jenseits der großen Orientierungsmar-

ken voraussetzen, und auch Staus und langen Wartezeiten wird man in einem Taxi nicht ent-

kommen können. Um den Stadtverkehr sowie den Verkehr entlang der Sheikh Zayed Road,

der Hauptschlagader zwischen Dubai Stadt und den westlich gelegenen Bürovierteln zu ent-

lasten, wird gegenwärtig eine Metro mit zunächst drei Linien gebaut (auch unter deutscher

Beteiligung), deren erstes Teilstück Ende 2009 in Betrieb genommen werden soll. Bis dahin

wird man sich in Dubai mit dem Auto in den starken Verkehr stürzen müssen, der sich mitt-

lerweile zu einem der größten Wachstumshindernisse Dubais entwickelt hat.

Fazit

Die allgemeine Stimmung unter den Interviewten in Dubai und Abu Dhabi ist sehr positiv.

Nicht zuletzt ist das den vielen Annehmlichkeiten zuzuschreiben, die im Expat-Vertrag integ-

riert sind und die die Kostensteigerungen bei den Auslandsmitarbeitern begrenzen.

�Life is easy. It�s a good quality of life. You have the beach, many international

friends, a maid, a house sponsored by the company. We have a good gardener.�

Doch es gibt durchaus auch kritische Stimmen, die mit der Ausrichtung der Gesellschaft in

den Emiraten nicht ganz zufrieden sind.

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�Wir sind seit anderthalb Jahren hier. Hochs und Tiefs hatten wir schon. Es ist ok

hier, wir leben schön, haben unsere Freunde. Aber es gibt den Beigeschmack, dass es

hier nicht unsere Werte sind, z. B. moderne Sklaverei, Ökologie und Umweltbewusst-

sein. Das macht das Leben schwierig. Aber wir würden es nochmal machen. Ich finde

es nur ungerecht, dass es so rosig ausschaut. So ist es aber definitiv nicht.�

Insgesamt aber sind sich die Interviewten einig, dass es sich gut leben lässt in den Emiraten

und gerade die starke Multikulturalität in Dubai macht das Privatleben dort spannend und

abwechslungsreich. Kann man sich im Privatleben die Freunde und Bekannten und damit

auch das Ausmaß an kultureller Vielfalt aussuchen, ist man im Arbeitsleben automatisch in

einer sehr heterogenen Belegschaft eingebunden. Abhängig von seiner eigenen Position und

dem Aufgabenbereich im Unternehmen werden dann starke kulturelle Unterschiede deutlich,

die die Zusammenarbeit in einem Projekt mit asiatischen Mitarbeitern oder die Gestaltung

von Geschäftsbeziehungen mit arabischen Partnern sehr erschweren können. Daher ist es

wichtig, schon vor der Ausreise Klarheit über diese Unterschiede und Empfehlungen für ein

angepasstes Verhalten zu bekommen. Das ermöglicht Ihnen, nicht nur das Privatleben zu ge-

nießen, sondern auch das Arbeitsleben erfolgreich zu gestalten.

Auch in Saudi-Arabien habe ich bei den Interviewpartnern eine positive Stimmung feststellen

können. Dabei war es Vielen ein Anliegen, sich gegen das landläufige Vorurteil von einem

schwierigen und gefährlichen Leben in Saudi-Arabien zu wenden und endlich zu sagen, wie

es wirklich ist:

�Ich hatte schon viele freundliche Begegnungen, ich habe eine positive Einstellung

zum Land. Gastfreundschaft und das Zugehen auf Fremde ist eine positive Eigenschaft

hier. Als Gast genießt man das.�

Es bleibt jedoch festzuhalten, dass sich Saudi-Arabien von den Emiraten stark unterscheidet.

Im Arbeitsleben ist Saudi-Arabien wesentlich traditioneller als die Emirate. Insbesondere aber

das Privatleben unterscheidet sich gravierend, denn die traditionellen Wertvorstellungen und

der Islam beeinflussen das alltägliche Leben in Saudi-Arabien weitaus mehr als in den Emira-

ten, speziell in Dubai.

Die kulturellen Unterschiede zwischen den deutschen bzw. schweizer Arbeits- und Lebensbe-

dingungen und den in den Emiraten und Saudi-Arabien zeigen, dass eine gute Vorbereitung

für einen erfolgreichen Start in der neuen Umgebung unerlässlich ist. Gerade die Unterschiede

zwischen Dubai und Saudi-Arabien zeigen aber auch, dass ein Seminar immer auch auf die

Besonderheiten des Einsatzortes und der jeweiligen Position des Vertragsnehmers eingehen

muss. Das bedarf viel Erfahrung und einen guten Einblick in die Arbeits- und Lebensbedin-

gungen vor Ort. Das ist unser Anspruch beim IFIM!