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Das ExperimentWie Wissenschaft Wissen schafft
13. Akademie für OberstufenschülerHamburg, 09.10.2014
Dr. Til Ole BergmannInstitut für PsychologieCristian-Albrechts-Universität zu KielOlshausenstraße 62 (R 403)24118 Kiel+49-431-880-3677bergmann@psychologie.uni-kiel.dewww.tobergmann.de
Wozu Versuchsplanung?Versuchsplanung als Anwendung von Erkenntnis-/Wissenschaftstheorie um
- Tatsachen festzustellen- Kausalzusammenhänge aufzudecken (Phänomene zu erklären)
Versuchsplanung formalisiert, was der Mensch als Wissenschaftler des Alltags intuitiv ebenfalls versucht � Alltagspsychologie
Alltagspsychologie ≠ Wissenschaftliche Psychologie!
09.10.2014 2Til Ole Bergmann
Naive Versuche der ErkenntnisgewinnungUntaugliche Quellen zur Erkenntnisgewinnung:
− passiv und unsystematisch gewonnene Alltagserfahrung� anekdotische Evidenz− Verallgemeinerung persönlich erlebter bzw. geschilderter Einzelfälle (induktives Vorgehen)− praktische Bewährung − Hörensagen, Medien, Literatur− Autoritäten („Experten“, Familie, Kirche, …)
Warum untauglich? Der menschliche Verstand ist darauf optimiert schnell und effizient Muster und Ordnung ins Chaos zu projizieren… und schießt dabei leicht übers Ziel hinaus.
Bestätigung falscher alltagspsychologischer Überzeugungen:1. Vorhergesagtes Ergebnis tritt unabhängig von Verhalten auf � Koinzidenz/Korrelation vs. Kausalität (Fehlschluss der gemeinsamen Ursache)
2. Durch falsche Überzeugung geleitetes Handeln führt unbewusst erwartetes Ergebnis herbei � Selbsterfüllende Prophezeiung (Pygmalion-Effekt)
3. Wahrnehmung, Bewertung und Gedächtnis sind durch Erwartungen verzerrt � Bestätigungsfehler, Rückschaufehler, Attributionsfehler, etc.
4. Nachträgliche (Schein-)Erklärung (post-hoc explanation)09.10.2014 Til Ole Bergmann 3
Korrelation ist ein Maß des linearen Zusammenhangs zwischen zwei Variablen.
Gefahr: Fehlschluss der gemeinsamen Ursache (cum hoc ergo propter hoc = „mit diesem, folglich wegen diesem“). Bei gemeinsamer Verursachung treten Ereignisse miteinander auf, obwohl kein direkter kausaler Zusammenhang besteht, sondern beide von einer gemeinsamen Ursache erzeugt werden (�Konfundierung).
Beispiel: Korrelation zwischen Zahl der Geburtenund Zahl der Störche in verschiedenen Regionen. Konfundierender Faktor: Je ländlicher die Region, desto höher ist Zahl der Geburten pro Kopf und desto größer die Zahl der Störche.
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Korrelation
Tatsachenwissen & GesetzmäßigkeitenSammlung von Tatsachenwissen (beschreibend)
– Fragen: Was ist der Fall? Wer? Wann? Wo? Wie oft? Wie lange? etc.– Detaillierte und objektive Beschreibung eines Phänomens (z.B. einer Person) inkl. dessen
Eigenschaften (z.B. deren Verhaltensweisen)– Beschreibung von Einzelfällen oder auch großen Stichprobe schafft Fakten aber noch keine
„Erklärungen“
Erforschung von Gesetzmäßigkeiten (erklärend)– Fragen: Wieso? Warum? Was ist der Zusammenhang? Wie genau funktioniert das? – Einbettung des Phänomens in ein System von allgemeinen Gesetzmäßigkeiten– Beschreibung von Kausalzusammenhängen (Ursache und Wirkung): z.B. Wenn A dann B!
Wenn nicht A dann nicht B!– Ermöglicht „Erklärungen“ und Vorhersagen
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Hypothese, Theorie, Modell
Hypothese: Hypothesen sind aus präzise definierten Begriffen zusammengesetzte Behauptungen (Vorhersagen), die Erwartungen bezüglich bestimmter Ereignisse/Gegebenheiten in der Realität formulieren.
Theorie: Zusammenhängendes System von allgemeinen wissenschaftlichen Aussagen welches einen Teilbereich der Realität beschreibt und erklärt. Oft wird schon eine einzelne Hypothese fälschlicherweise als „Theorie“ bezeichnet.
Modell: Formale Struktur, oftmals eine Analogie, welche den Kern einer Theorie veranschaulicht und Ableitungen von Hypothesen erleichtern soll.
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Deduktion vs. Induktion
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Deduktion
Induktion
Deduktion vs. Induktion
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Deduktion Induktion
THEORIEallgemeiner Fall
EMPIRIEspezieller Fall
Logischer EmpirismusFrancis Bacon kann als erster Philosoph der neuzeitlichen Naturwissenschaften angesehen werden.
Bacons Methodenlehre in drei Schritten:1. Sammeln neuer Tatsachen durch vorurteilsfreie Beobachtungen unter Vermeidung verfälschender Vorstellungen oder Idole (= Trugbilder)2. Sorgfältige, schrittweise Verallgemeinerung von Beobachtungen zu Gesetzmäßigkeiten unter Vermeidung voreiliger Schlüsse (� Induktion)3. Anschließende Überprüfung der Verallgemeinerungen durch Ableitung und Untersuchung weiterer Sachverhalte (� Deduktion). Betonung des Experiments zur Entscheidung zwischen alternativen Vorhersagen.
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Francis Bacon(1561-1626)
Logischer Empirismus
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Deduktion Induktion
THEORIEallgemeiner Fall
EMPIRIEspezieller Fall
Fokus auf induktivem Prozess
Kritischer Empirismus / Falsifikationismus• Aus formallogischen Gründen können aus besonderen
Aussagen (Einzelfällen) keine allgemeinen Aussagen (Gesetzmäßigkeiten) abgeleitet werden. � Induktionsproblem
• Theorien können nie endgültig bestätigt („bewiesen“) werden, sie kann sich lediglich mehr und mehr bewähren.
• Aber: Es ist logisch möglich durch besondere Aussagen allgemeine Aussagen zu widerlegen (� Falsifikation).
• Theorien dürfen „willkürlich“ frei erfunden werden. Es werden dann Experimente angestellt um die aus den Theorien deduzierten Hypothesen zu überprüfen.
• Falsifizierbarkeit: „Ein empirisch-wissenschaftliches System muss an der Erfahrung scheitern können.“
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Sir Karl Raimund Popper (1902-1994)
Kritischer Empirismus
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Deduktion Induktion
THEORIEallgemeiner Fall
EMPIRIEspezieller Fall
Fokus auf deduktivem Prozess.Es geht nur um die Geltung (Rechtfertigung)
einer Hypothese nicht um deren Genese (Entdeckung).
Zyklus Empirischer Forschung
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Deduktion Induktion
THEORIEallgemeiner Fall
EMPIRIEspezieller Fall
Zyklus Empirischer Forschung• Phänomene systematisch beobachten• Beobachtungen strukturieren und analysieren• Bezug zu Bekanntem herstellen (Modellbildung)• Erklärungsversuch unternehmen (Theoriebildung)• Spezifische Fragestellung entwickeln• Inhaltliche Hypothese deduktiv ableiten • Konkrete statistische Hypothese aufstellen• Hypothesen systematisch und kontrolliert prüfen• Ergebnisse bewerten und interpretieren
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VariablenTheoretische Ebene: theoretisches, abstraktes Konzept/Konstrukt (z.B. Intelligenz)Empirische Ebene: konkrete Eigenschaft bzw. Messgröße, die Werte eines bestimmten Bereichs annehmen kann (z.B. IQ als Leistung in Hamburg-Wechsler-Intelligenztest für Erwachsene, HAWIE)
Theoretische Ebene � Operationalisierung�Empirische Ebene
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Fragestellung � HypotheseAm Anfang steht immer eine (gute) Frage!
– Ist es wirklich so? (Was ist der Fall?) – Warum ist das so? (Was ist der Kausalzusammenhang?)
…und eine (aus einer Theorie deduktiv abgeleitete) Hypothese welche diese Frage hypothetisch beantwortet und experimentell überprüft werden kann.
Im Gegensatz zu Poppers extremer Formulierung wird eine das Phänomen erklärende Theorie jedoch i.d.R. nicht völlig willkürlich aufgestellt.
Vorbedingungen für die Überprüfbarkeit einer Hypothese:• Widerspruchsfreiheit • Kritisierbarkeit (Falsifizierbarkeit)• Operationalisierbarkeit• Aufstellung der Hypothese vor der Überprüfung
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Beispiel einer Hypothese Frage: „Wie wirkt sich Stress auf die Leistungsfähigkeit von Menschen aus?“
Nullhypothese (H0):• „Unter Stress sind Menschen genauso leistungsfähig wie bei Entspannung.“
Alternativhypothese (H1):• Ungerichtet: „Unter Stress und bei Entspannung sind Menschen
unterschiedlich leistungsfähig.“• Rechtsseitig: „Unter Stress sind Menschen leistungsfähiger als bei
Entspannung.“• Linksseitig: „Unter Stress sind Menschen weniger leistungsfähig als bei
Entspannung.“09.10.2014 Til Ole Bergmann 17
Experimentelle vs. Nicht-experimentelle Forschung• Experimentelle Forschung: Ein Experiment ist durch zwei Bedingungen
charakterisiert:1. Manipulation: Der Versuchsleiter variiert aktiv die Ausprägung mindestens einer Variable
und registriert welchen Effekt diese aktive Veränderung auf andere interessierende Variablen hat.
2. Kontrolle: Gleichzeitig kontrolliert der Versuchsleiter die Wirkung von solchen Variablen, welche einen zusätzlichen Einfluss auf die interessierenden Variablen haben könnten.
• Nicht-experimentelle Forschung: z.B. in der Korrelationsforschung1. Der Versuchsleiter registriert (gleichzeitig oder nacheinander) die Ausprägung mehrerer
interessierender Variablen und untersucht ob sie spontan (also ohne experimentelle Manipulation) gemeinsam variieren, ob folglich ein Zusammenhang vorliegt (z.B. ein linearer Zusammenhang � Korrelation).
2. Der Versuchsleiter kann gleichzeitig auch andere Variablen erheben, welche die interessierenden Variablen beeinflussen könnten, um solche Einflüsse ggf. zumindest erkennen zu können, wenn sie schon nicht aktiv kontrolliert werden können.
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Typen von Variablen• Unabhängige Variable (UV)• Abhängige Variable (AV)• Störvariablen (SV)
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Unabhängige und Abhängige VariablenUnabhängige Variable (UV): engl. independent variable (IV)• Ursache im angenommenen Ursache-Wirkungs-Zusammenhang• Wird vom Experimentator aktiv variiert/manipuliert/verändert• Bei komplexen Eingriffen auch Intervention oder Behandlung (treatment)• Auch Faktor mit mehreren (mindestens zwei) Stufen• Es können in einem Experiment auch mehrere UVn variiert werden. Deren
Kombinationen bilden dann die Versuchsbedingungen.Abhängige Variable (AV): engl. dependent variable (DV)• Wirkung im angenommenen Ursache-Wirkungs-Zusammenhang• Wird vom Experimentator registriert/gemessen (separat für die
verschiedenen Stufen der UV)
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UV und AV
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UV AV
Ursache WirkungAngenommener Kausalzusammenhang
Stress Leistungs-fähigkeit
StörvariablenStörvariable: engl. confounding variable• Möglicher störender Einfluss im Experiment, welcher auf irgendeine Weise
unkontrolliert die Wirkung der UV auf die AV beeinflusst und damit die Aussagekraft des Experiments verringern könnte. Dies ist besonders problematisch wenn sich der Einfluss für die Stufen der UV unterscheidet!
• Denn für die Variation der UV in Experimenten gilt die Ceteris-paribus-Klausel(= „unter sonst gleichen Bedingungen“), um eine beobachtete Wirkung (AV) auf die angenommene Ursache (UV) zurückführen zu können.
• Es gibt unendlich viele denkbare Störvariablen. Da praktisch nur eine begrenzte Anzahl von ihnen beachtet werden kann, ist hier das Vorwissen des Forschers gefragt, um relevante Störvariablen zu erkennen.
• Die Störvariable in einem Experiment kann die UV (oder AV) in einem anderen sein. Was gerade interessiert und was stört entscheidet der Forscher bzw. die Fragestellung.
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Störvariablen
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UV AV
Ursache WirkungAngenommener Kausalzusammenhang
StörvariableStörvariable Störvariable
Beispiel Störvariablen
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Stress Leistungs-fähigkeit
Ursache WirkungAngenommener Kausalzusammenhang
Persönlichkeits-faktoren
Stress-resistenz
Vorerfahrungmit Aufgabe
Arten von Störvariablen1. Variablen der Vp (Organismusvariablen ):• Beispiele: Alter, Geschlecht, Extraversion, Intelligenz, Schulbildung,
Vorerfahrungen mit psychologischen Untersuchungen oder mit verwendetem Testmaterial, etc.
• Unterschiedliche Ausprägungen dieser Variablen sind fest mit individuellen Versuchspersonen assoziiert sind
• Sie sind in einer Untersuchung nicht manipulierbar.
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Arten von Störvariablen2. Variablen der Untersuchungssituation:• Versuchsleiter (Vl): Geschlecht, Aussehen, Freundlichkeit, etc.• Untersuchungsraum: Lichtverhältnisse, Lärmbelastung, Einrichtung, Größe,
etc.• Instruktionen: Sprache, sprachliches Niveau, spezielle Formulierungen, etc.• Testaufgaben: bestimmte Eigenschaften• Fragen: Reihenfolge, Formulierungen, etc.
3. Variablen der sozialen Untersuchungssituation:• Versuchsleiter (Vl):
– Erwartungen• Versuchsperson (Vp):
– Erwartungen– Motivation
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KonfundierungKonfundierung: Kovariieren die Stufen einer UV und die Ausprägungen einer
Störvariable, so ist die UV mit der SV konfundiert. Die Wirkung der UV kann dann nicht mehr getrennt von der Wirkung der SV gemessen werden.
• Lässt sich eine Konfundierung nicht vermeiden, kann das Experiment nicht durchgeführt werden, bzw. hat eine reduzierte Aussagekraft (je nach Schwere der Konfundierung).
• Wird eine Konfundierung im nachhinein entdeckt, so ist das Experiment unbrauchbar, bzw. kann nicht mehr im ursprünglichen Sinne interpretiert werden.
• Konfundierungen sollten also unbedingt vermieden werden! �Literaturstudium und Diskussion mit Fachkollegen um SV rechtzeitig zu entdecken
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Kontrolle von Störvariablen1.Systematische Variation zwischen VersuchsbedingungenDie Ausprägung der SV wird systematisch zwischen den verschiedenen Versuchsbedingungen variiert, so dass sie sich im Mittel unterscheidet und so von einer SV zur UV wird.2.KonstanthaltenDie Ausprägung der SV wird über alle Versuchsbedingungen konstant gehalten. Sie kann sich auf diese nicht unterschiedlich auswirken und bietet so keine Alternativerklärung. Wird die SV auf einem unproblematischen Extremwert konstant gehalten, spricht man von Elimination.3.Zufällige Variation über VersuchsbedingungenDie Ausprägung der SV (z.B. Organismusvariable) wird zufällig über die Versuchsbedingungen variiert, so dass sie im Mittel konstant ist. Sie kann sich auf diese nicht unterschiedlich auswirken und bietet keine Alternativerklärung. Dieses Verfahren nennt man Randomisierung.
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Operationalisierung von Konstrukten
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• Operationalisierung: Definition der genauen Operationen (= Handlungen), durch welche ein theoretisches Konstrukt durch Beobachtung, Zählung, Messung, etc. erfasst werden soll.
• Ein theoretisches Konstrukt ist eine nicht direkt beobachtbare komplexe Variable, welche erst über beobachtbare Indikatoren operationalisiert und messbar gemacht werden muss.
• Notwendigkeit theoretischer Vorarbeit: Das theoretische Konstrukt muss zunächst inhaltlich eindeutig definiert werden, um mögliche Indikatoren zu identifizieren und zu begründen, welche dann stellvertretend für das theoretische Konstrukt gemessen werden können.
• Beispiele für theoretische Konstrukte: Intelligenz, Aufmerksamkeit, Arbeitsgedächtnis, Extraversion, Neurotizismus, Konditionierung, Stress, kritisches Lebensereignis, Gruppendynamik, Projektion, Verdrängung, Entscheidung, Einstellungen, Toleranz, Vorurteil, etc.
Operationalisierung
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UV AV
Konstrukt KonstruktangenommenerKausalzusammenhang
UV AVTHEORIE
EMPIRIE
manipulierbareVariable
messbareVariable
Operationalisierung
UV A
Operationalisierung von UV und AV
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THEORIE
EMPIRIE
Konstrukt von UV A
Stufe A1
Stufe A1 Stufe A2
Stufe A2
AV 1a AV 1b AV 1c
Konstrukt von AV1
Sozialer Stress durch simuliertes
Bewerbungsgespräch
z.B. Operationalisierung von „Stress“
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THEORIE
EMPIRIE
Stressor
schwach
mit freundlichem
Feedback ohne Feedback
(still face)
stark
Erleben: z.B. Rating,Interview
Verhalten:z.B. Zittern,
nervöse Gesten
Physiologie:z.B. Kortisol,
Herzrate
Stress-reaktion
Eine Operationalisierung ist nie perfekt
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THEORIE
EMPIRIE
Indikator
Konstrukt1
Konstrukt2
Konstrukt3
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THEORIE
EMPIRIE
„Aufmerksamkeit“
Intelligenzquotient(IQ)
„Intelligenz“ „Geschicklichkeit“
Eine Operationalisierung ist nie perfekt
Gütekriterien eines Experiments• Validität gibt an, inwieweit ein Verfahren das Merkmal gültig misst, was es
messen soll.• Reliabilität bezeichnet die Verlässlichkeit von Datenerhebungen, das heißt
die Genauigkeit der Messung. Sie wird i.d.R. durch Korrelationen zwischen mehrfachen Messungen berechnet.
• Objektivität bezeichnet die intersubjektive Nachprüfbarkeit. Sie macht Datenerhebungen nachvollziehbar und replizierbar durch Standardisierung und Transparenz.
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Gütekriterien: ValiditätValidität gibt an, inwieweit ein Verfahren das Merkmal gültig misst, was es
messen soll.• Konstruktvalidität: gibt an, inwieweit UVn und AVn so operationalisiert sind,
dass sie die jeweiligen psychologischen Konstrukte möglichst zutreffend repräsentieren und mit bestehenden Konstruktdefinitionen und Theorienübereinstimmen.
• Interne Validität: gibt an, inwieweit die Veränderungen der AV auf die Manipulation der UVn zurückgeführt und mögliche Alternativerklärungen durch Störeinflüsse ausgeschlossen werden können.
• Externe Validität: gibt an, inwieweit die Untersuchungsergebnisse übertragbar (generalisierbar) sind
1. von der Stichprobe auf die Population2. von der Laborsituation auf natürliche Situationen
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Der Versuchsplan (Design)
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Versuchsplan (Design): standardisiertes, routinemäßig anwendbares Schema (Strukturschema), welches dem Aufbau, der Kontrolle und der methodologischen Bewertung einer empirischen Untersuchung von unabhängigen und abhängigen Variablen zugrunde liegt.Der Versuchsplan ist Schnittstelle zwischen Fragestellung, Hypothesen, Versuchsaufbau, Versuchsdurchführung und statistischer Auswertung. Er ist das Herzstück eines jeden Experiments und enthält Informationen über:• den wesentlichen Ablauf einer Untersuchung• Art, Anzahl und Stufen der unabhängigen Variablen (UVn)• Art und Anzahl der abhängigen Variablen (AVn)• vorgenommene Kontrolltechniken• die Zuteilungsmethode der Versuchspersonen zu den Stufen
Grafische Darstellung des Versuchsplans
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Der Versuchsplan lässt sich grafisch als Tabelle bzw. Kontingenztafel oder Matrix darstellen. Überlegungen in Form standardisierter Kategorien und visualisierter Versuchspläne sind sehr hilfreich um Experimente effizient und korrekt planen, erfassen und bewerten zu können.
UV AStufe a1 Stufe a2AV1.a1 AV1.a2
Name der UV
Stufen der UV
Zellen der Tabelle entsprechen den Einzelnen Versuchsbedingungen für welche die AV erhoben wird
Versuchspläne mit zwei UVn
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UV BStufe b1 Stufe b2 Stufe b3
UV A Stufe a1 AV1.a1b1 AV1.a1b2 AV1.a1b3Stufe a2 AV1.a2b1 AV1.a2b2 AV1.a2b3
Zweifaktorieller Versuchsplan:UV A mit 2 Stufen x UV B mit 3 Stufen
= 6 Versuchsbedingungen (Zellen)
Beispiel
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UV BStufe b1 Stufe b2 Stufe b3
UV A Stufe a1 AV1.a1b1 AV1.a1b2 AV1.a1b3Stufe a2 AV1.a2b1 AV1.a2b2 AV1.a2b3
„Anti-Stress-Training“Vorher Nachher Folge
„Stress-induktion“
viel Leistung Leistung Leistungwenig Leistung Leistung Leistung
Beispiel Wirksamkeit eines Anti-Stress-TrainingsZweifaktorieller gemischter 2 x 3 Versuchsplan:
Training (Gruppenfaktor) x Zeit (Messwiederholungsfaktor)AV = Leistung unter Stress
Gruppen-UV• UV: Gruppen-Faktor (between-subject factor)• Randomisierung (randomizing): Zufällige Aufteilung der Vpn in ≥ 2 Gruppen.
Jede Vp ist immer nur einer Gruppe zugeordnet. • z.B.: Experimentalgruppe vs. Kontrollgruppe• Vorteile: Unterschiedliche Ausprägungen von Störvariablen der Vp
(Organismusvariablen) werden zufällig auf Versuchsbedingungen verteilt, (Randomisierung) ohne dass alle Störvariablen bekannt sein müssen
• Nachteile: erfordert eine ausreichend große Stichprobe um gleichmäßige Verteilung auf Versuchsbedingungen zu gewährleisten; Zufallsvarianz durch interindividuelle Datenvariabilität kann hoch sein
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Messwiederholungs-UV• UV: Messwiederholungs-Faktor (within-subject factor)• Messwiederholung: Mehrfache Messung der selben Vpn in ≥ 2
Bedingungen. Jede Vp ist immer allen Bedingungen zugeordnet.• Z.B. Vorhermessung, Nachhermessung, Folgemessung (relativ zu
Intervention)• Vorteile: Kontrolliert Störvariablen der VP durch mehrfache Messung
innerhalb der selben Vp, ohne dass alle Störvariablen bekannt sein müssen; eliminiert Zufallsvarianz durch interindividuelle Datenvariabilität; kleinere Stichproben ausreichend; Ausmaß der Veränderung als Vorher-Nachher-Differenz möglich
• Nachteile: Mögliche Effekte der Reihenfolge, Testübung, Reaktivität, Ermüdung, etc.; höhere Kosten/Aufwand durch Mehrfachmessung; Vorhermessung nicht bei jeder Fragestellung möglich
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Beispiel Zweifaktorieller Mischversuchsplan
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Auswirkung von Körperposition auf StressUV 1 „power pose“ (between, 2 Stufen): „low“ vs. „high“UV 2 „Messzeitpunkt“ (within, 2 Stufen): pre vs. postAV: Kortisol-Level
Versuchsplan (Designmatrix)
Versuchsplan (Zeitlicher Ablauf)pre treatment post
Kortisol low KortisolKortisol high Kortisol
„Messzeitpunkt“Vorher Nachher
„power pose“
low Kortisol Kortisolhigh Kortisol KortisolKo
rtisol
post-
pre
pre post
Kortisol
postprehigh low
Carney et al., Psychological Science 2010
09.10.2014 Til Ole Bergmann 44Carney, D. R., et al. (2010). "Power posing: brief nonverbal displays affect neuroendocrine levels and risk tolerance." Psychological Science, 21(10): 1363-1368.
http://www.ted.com/talks/amy_cuddy_your_body_language_shapes_who_you_are
InferenzstatistikVersuchsplanung vs. Statistik:Achtung: Fehler in der Versuchsplanung lassen sich nicht durch statistische Auswertungen entdecken oder kompensieren („garbage in, garbage out“)!Mit Hilfe der Inferenzstatistik werden auf Basis der Ergebnisse in der begrenzten Stichprobe Aussagen auf die Gesamtpopulation verallgemeinert.
Hierbei werden i.d.R. sowohl die Mittelwertsunterschiede zwischen den Versuchsbedingungen als auch die Varianzen (vgl. die Streuung der Datenpunkte um den jeweiligen Mittelwert) berücksichtigt, um abzuschätzen wie vertrauenswürdig die Ergebnisse sind.
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AV
Häu
figke
it
Mittelwert
Varianz
Normalverteilung
Grundprinzip einer Teststatistik
09.10.2014 Til Ole Bergmann 46https://www.youtube.com/watch?v=JS9GmU5hr5w
„It‘s the difference on the topand the error on the bottom!“
differenceerror
µ1 µ2
µ1 µ2
differenceerror
differenceerror
µ1 µ2
differenceerrorTeststatistik =
statz rappers ©
Datenvarianz
09.10.2014 Til Ole Bergmann 47
Y = bX + EY = bX + E1 + E2
Gesamtvarianz Primärvarianz FehlervarianzSekundärvarianz Zufallsvarianz
Variable AV UV Störvariablen StörvariablenSignal-entdeckung „Messwert“ „Signal“ „Rauschen“
Systematik gemischt systematische Variation systematischer Fehler unsystematischer Fehler
Quelle zwischen (between) Versuchsbedingungen
zwischen (between) Versuchsbedingungen
innerhalb (within) Versuchsbedingungen
Umgang * maximieren kontrollieren minimieren
* �Max-Kon-Min Prinzip: Experimentelle Varianz (Primärvarianz) maximieren, Sekundärvarianz (systematische Fehlervarianz) kontrollieren, Zufallsvarianz (unsystematische Fehlervarianz) minimieren!
Fazit• Das Experiment ist die Königsdisziplin der empirischen Wissenschaften. • Es ermöglicht Erkenntnisgewinn mit größtmöglicher Objektivität und schützt vor
Wahrnehmungs-/Gedächtnis-/Urteilsverzerrungen und Fehlschlüssen. • Es ist die aufgrund der Manipulation der UV und der Kontrolle der SV die
einzige Möglichkeit Kausalzusammenhänge direkt nachzuweisen.• Ist die experimentelle Forschung aus inhaltlichen, logistischen oder ethischen
Gründen nicht möglich kann und muss auf andere Ansätze mit weniger Kontrolle (Quasiexperimente) oder ohne Manipulationsmöglichkeit (Korrelationsstudien) zurückgegriffen werden.
• Eine empirisch wissenschaftliche Denkweise und das objektive Überprüfen (die Evaluation) von Programmen, Maßnahmen etc. sollte auch in Wirtschaft und Politik eine deutlich größere Rolle spielen und dort die persönliche Einschätzung/Überzeugung von Einzelpersonen ersetzen!
• Zweifel ist unerlässlich und ermöglicht Fortschritt zur Wahrheit. Er ist notwendig um mit der Unsicherheit, dem Nichtwissen und der ständigen Vorläufigkeit und häufigen Widersprüchlichkeit von Befunden umzugehen.
09.10.2014 48Til Ole Bergmann
09.10.2014 Til Ole Bergmann 49
Richard Feynman1918 – 1988
(Physiker und Nobelpreisträger)
„We absolutely must leave room for doubt or there is no progress and no learning. There is no learning without having to pose a question. And a question requires doubt.“
Das Prinzip des Zweifels