das parallelepiped und sein double. entierro als widergänger der amerikanischen minimal art
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Hausarbeit Titel: Das Parallelepiped und sein Double. Entierro als Widergänger der amerikanischen Minimal Art.
Seminar: Unheimlich - Phänomenologie und Typologie von Räumen und Orten in der Kunst seit 1500bei: Dr. des Mischa Steidl
vorgelegt von: Ferdinand Klüsener (2. Semester MA ATW) / 06. September 2011
Ferdinand Klüsener
Landgrafenstraße 435390 Gießen
Tel.: 01732409993Mail: [email protected]
Inhaltsverzeichnis
Einleitung 3
I Entierro als Parallelepiped 5
I.I Entierro und der Minimalismus 5
I.II Entierro als Grab 8
I.II.I Grab und Grabmal 8
I.II.II Zwei Blickangebote um Entierro zu übersehen 8
II.III Entierro und Donald Judd 10
II.III.I Der Illusionismus der Tautologie 10
II.III.II Inszenierung der Tautologie 12
II Entierro und der Inhalt 15
II.I Vom Klappschock zum indexikalischen Weltbezug 15
II.I.I Der Klappmoment 15
II.I.II Der Schock 16
II.I.II Der indexikalische Weltbezug 17
III.II Material und Produktion von Inhalt 19
III.II.I Material 19
II.II.II Die Produktion / Das Readymade als Neugeburt 20
III.II.III Ein Fötus und die Produktion 21
III Entierro und das Unheimliche 24
III.I Das Unheimliche am Objekt Entierro 24
III.I.I Das Unheimliche bei Margolles 24
III.I.II Das Unheimliche am Parallelepiped 25
III.II Notizen zur mexikanischen Moderne 26
III.II.I Die Moderne und der Beton 26
III.II.I Notizen zum Rest 29
III.III Entierro als kultureller Wiedergänger 31
Abschlussbemerkung 35
Quellenverzeichnis 36
Literatur 36
Internetquellen 39
Abbildungen 40
EinleitungManche Kunstwerke bringen einen voran; andere tun dies nicht. Von manchen Kunstwerken kann
man etwas lernen; andere lassen einen eher ratlos. Manche Kunstwerke erfreuen und unterhalten,
während andere eher frustrieren, gelegentlich anekeln und ärgern. Entierro von Teresa Margolles ist
ein Kunstwerk der zweiten Art. Die Presse ist gemischt und manchmal einfach nur nicht gut.
Entierro habe viel mit „dem Spektakelbetrieb Kunst [...] zu tun“, sei „sensationsheischend“ und
„eckig“1.
Es handelt sich um eine Hausarbeit, die sich vornehmlich auf Entierro konzentriert. Entierro ist
„ein unscheinbarer Block aus Beton, 20 x 60 x 40 cm groß“,2 aus dem umfangreichen Werkcorpus
von Teresa Margolles. Die Arbeit beschäftigt sich nicht oder wenig mit anderen Arbeiten aus dem
Oeuvre der 1963 in Sinaloa Mexiko geborenen Künstlerin, von denen jede einzelne eine
umfangreiche Betrachtung verdient hätte. Ein persönliches Interesse fixierte meine Aufmerksamkeit
zunächst an den vermeintlich offensichtlichen Analogien zwischen Entierro und den
Parallelepipeden3 der Minimal Art. Zudem liegt hier die Überzeugung zu Grunde, dass ein
übergenau betrachtetes Objekt mehr verrät als viele genau betrachtete Objekte.4
Im Rahmen der Recherche hat sich mein Interesse zunehmend auf drei Aspekte konzentriert. Durch
deren Entfaltung wird im Rahmen dieser Hausarbeit eine umfassende Kontextualisierung von
Entierro angestrebt: Zunächst wird ein erster Abschnitt sich mit dem Parallelepiped aus Beton
auseinandersetzen. Dann wird sich ein zweiter Abschnitt auf den Inhalt von Entierro konzentrieren,
woraufhin ein dritter Abschnitt den Versuch unternimmt Entierro an das Seminarthema
>>Unheimlich - Phänomenologie und Typologie von Räumen und Orten in der Kunst seit 1500<<
rückzukoppeln, indem Entierro zunächst allgemein und dann unter zu Hilfenahme
postkolonialistischer Fragestellungen auf das Unheimliche angegangen wird.
Das Unterfangen Entierro als Parallelepiped unter Parallelepipeden zu situieren, geschieht im ersten
Kapitel zunächst allgemein mit der Hilfe von Georges Didi-Huberman, der seine Studie zur
amerikanischen Minimal Art der vornehmlich 60er und 70er Jahre damit beginnt, die
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1 Anne Marie Freybourg: „,Political/Minimal‘ im KW Institute for Contemporary Art, Berlin. Gleich und Gleich gesellt sich gern“, Review in: artnet.de Magazine. Internetadresse: http://www.artnet.de/magazine/politicalminimal-im-kw-institute-for-contemporary-art-berlin/ (aufgrufen: 04. September 2011)
2 Thomas Macho: „Ästhetik der Verwesung. Zur künstlerischen Arbeit von Teresa Margolles“, in: Thomas Macho und Kristin Marek (Hg.): DIE NEUE SICHTBARKEIT DES TODES, München: Wilhelm Fink Verlag 2007, S. 337 - 354, hier: S. 341.
3 Didi-Huberman benutzt die Bezeichnung Parallelepiped in seinem Buch Was wir sehen blickt uns an. Zur Metapsychologie des Bildes (vgl. Georges Didi-Huberman: Was wir sehen blickt uns an. Zur Metapsychologie des Bildes, München: Wilhelm Fink Verlag 1999.). Der zutreffende aber unübliche Begriff (andere mir bekannte Literatur greift nicht auf diese Bezeichnung zurück) beschreibt die Begrenzung eines geometrischen Körpers durch sechs paarweise kongruente in parallelen Ebenen liegende Parallelogramme. Parallelepiped ist geometrisch gesehen ein Überbegriff, so ist z.B. der Quader eine Sonderform des Parallelepipeds.
4 Insofern heißt es, dass Archiv umzuschichten, dass sich hinter Entierro staut bzw. in Entierro persistiert.
Parallelepipeden unter der Färbung des Verlusts, d.h. augenscheinlich als Grabmale zu beschreiben
und dann genauer im Hinblick auf die Arbeiten von Donald Judd. Für den Abgleich mit der Arbeit
von Judd wird im ersten Kapitel auf die präzisen Analysen rekurriert, die Sebastian Egenhofer in
seinem Buch ABSTRAKTION KAPITALISMUS SUBJEKTIVITÄT vorlegt. Zwischen diesen zwei
Polen, d.h. dem Grabmal und den specific objects5 von Donald Judd, soll so zunächst die
geometrische Gestaltung des Betonblocks ihre Implikationen aufzeigen.
In die Betrachtungen zum Inhalt fließen auch Betrachtungen zu den Implikationen und
Mechanismen, die der Inhalt von Entierro auf den vollständigen Betonkomplex Entierro hat, ein.
Entierro wird hierbei zunächst in einem perspektivischen und schockhaften Klappmoment
bestimmt, aus dem sich Überlegungen zum Weltbezug und zur Beschaffenheit des Inhalts ergeben.
Der Inhalt wird mit dem Readymade Begriff quergelesen und gestattet auch einen Blick auf den
sozioökonomischen Kontext von Entierro. Zudem wird Entierro bewusst formal im Paradigma
einer zeitgenössischen Kunst als Spur oder Index seiner Produktion betrachtet.
Im dritten Kapitel verdeutlicht die Untersuchung das allegorische Bedeutungspotential von Entierro
im Hinblick auf die mexikanische Moderne und deren Materialikonographie. Im Besonderen zwei
Konzepte aus der Sphäre des Unheimlichen kommen hier zur Anwendung: Das déjà-vu und der
Doppelgänger. Mit Hilfe dieser Begriffe und ihrer Struktur wird Entierro in Mexiko verortet, um
etwas über Mexiko zu erzählen.
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5 Um den Begriff „specific object“ kurz zu erklären füge ich an dieser Stelle eine stark verkürzte Darstellung in die Fußnote. Ein Zitat aus Georges Didi-Hubermans Text >>Das einfachste Sehobjekt<< kann den Begriff des spezifischen Objekts gut beleuchten: „So wird man also sagen können, daß dieses reine und einfache Volumen Donal Judds - sein Sperrholz-Parallelepiped - vor uns nichts bildlich darstellt. Es ist einfach da, vor uns, ein einfaches, integres und vollständig gegebenes Volumen (single, specific): einfach ein Volumen, das zu sehen, und dazu sehr klar zu sehen ist. Seine formale Kühle befreit es, wie es scheint, von jeglichem >>illusionistischen<< oder ganz allgemein anthropomorphen Prozeß.“ (Georges Didi-Huberman: >>Das einfachste Sehobjekt<<, in: Was wir sehen blickt uns an. Zur Metapsychologie des Bildes, München: Wilhelm Fink Verlag 1999, S. 33 - 44, hier S. 44.) Es handelt sich um einen Begriff den Donald Judd selber nutzt um seine Objekte zu beschreiben. Judd betont hiermit, dass sie sich selbst nicht übersteigen und grenzt sie damit von einem vermeintlich vergangenen klassischen Kunstverständnis ab. Im Zitat bezieht sich Didi-Huberman auf Donald Judds Ohne Titel von 1974. Eine Abbildung kann auf Seite 35 in Didi-Hubermans Text eingesehen werden.Oder aber, um auf eine Formulierung Claudia Kleinbubs aufzugreifen, die von einer minimalistischen Ästhetik spricht, „die in den 1960er Jahren eine Faktizität der Form anhand von spezifischen Objekten< behauptete. [...] der soziale Raum lag nicht im Horizont dieser strukturfixierten Kunst.“ (Claudia Kleinbub: „Santiago Sierra“, in: Renate Wiehager (Hg.): Minimalism and After. Tradition und Tendenzen minimalistischer Kunst von 1950 bis heute. Ostfildern: Hatje Cantz Verlag [2007] 2010, S. 530- 531, hier: S. 531.)
I Entierro als Parallelepiped
I.I Entierro und der MinimalismusEntierro ist spanisch und heißt soviel wie Beerdigung, Bestattung und Begräbnis. Entierro ist auch
ein Titel für einen Zementblock aus dem Werkkorpus der mexikanischen Künstlerin Teresa
Margolles. Ich wurde auf Entierro6 7 in einem Pausenhofgespräch mit Mischa Steidl aufmerksam.
Thema des Gesprächs war ein Credo oder Postulat, dass auf die Minimal Art verweist und das sich
seit den 70ern Jahren immer wieder verstärkt in den Vordergrund der zeitgenössischen
Kunstdiskussion drängt: WHAT YOU SEE IS WHAT IT WHAT YOU SEE8 als Zitat Stellas oder
als Bemerkung bezüglich Donald Judd: Es „läuft darauf hinaus, das faktisch Gegebene der
objektiven Realität auf sich beruhen zu lassen - >>weil die Sache einfach da ist<<“9. Diskutiert und
kritisiert wurde zunächst das tautologische Credo aber auch die hiermit einhergehende Implikation,
es handele sich jetzt und hier um das, was nur es selbst sei, um das, was diese Grenze seiner
radikalen Präsenz oder Gegenwärtigkeit auf gar keinen Fall übersteige, letztendlich um die finale
Manifestation des Dings an sich. Entierro wurde von Mischa Steidl ins Gespräch gebracht, da es
einen Beitrag zu eben jener Diskussion in der Tradition der Minimal Art leiste.
So ostentativ wie Entierro als Zementblock oder Parallelepiped auf eine minimalistische Tradition
verweist, so zahlreich sind die Verweise in Presse und Literatur zu Teresa Margolles
minimalistischer Ästhetik: Hierbei sehen Nike Bätzner im Aufsatz >>Die Würde des Menschen ist
tastbar<< und Gabriela Jauregui im Aufsatz >>Nekropolis: Die Exhumierung der Arbeiten von
Teresa Margolles<< den Minimalismus Bezug von Margolles Oeuvre in dessen formaler Klarheit,
Schönheit und Leichtigkeit.10 Ähnlich argumentiert auch Barbara Basting in der Reflexe-Sendung
Das Parallelepiped und sein Double. Entierro als Widergänger der amerikanischen Minimal Art. ❘ 5
6 Publizierte Abbildungen von Entierro können in der Literatur eingesehen werden: Teresa Margolles: „Arbeiten“, in: Thomas Macho und Kristin Marek (Hg.): DIE NEUE SICHTBARKEIT DES TODES, München: Wilhelm Fink Verlag 2007, S. 317 - 332, hier: S. 319. und Teresa Margolles: „Muerte sin fin: Abbildungen / Imágenes / Plates“, in: Udo Kittelmann und Klaus Görner (Hg.): Teresa Margolles. Muerte sin fin, Ostfildern-Ruit: Hatje Cantz Verlag 2004, S. 217 - 249, hier: S. 235 + S. 237.
7 Dieser Arbeit ist eine Abbildung von Entierro angefügt, die im Abbildungsteil als Abbildung 1 eingesehen werden kann.
8 Ich setze eine berühmte Formulierung von Frank Stella als Stellvertreter ein. Ich kann mich nicht mehr an die exakte Formulierung des Gesprächs erinnern, denke aber mit dem Zitat dieser tautologischen Formulierung von Frank Stella auf das entsprechende Problem zu verweisen. Zum einen könnte man annehmen, dass Stella darauf abzielt, dass es eben das sei, was es sei und nicht mehr. Zum anderen könnte man diesen Ausruf auch im Hinblick auf das Bild Betrachter Verhältnis interpretieren. (Stella legt diese Lesart in einem interview in der SZ nahe. Eva Karcher: >>im Gespräch mit Frank Stella. „Sex ist okay...“<<, Interview in: süddeutsche.de. Kultur. Internetadresse: http://www.sueddeutsche.de/kultur/im-gespraech-frank-stella-sex-ist-okay-1.167284 (aufgerufen: 08.08.2009) Auch wenn Stella mit dieser Arbeit wenig zu tun hat scheint mir dieser Knick in der Auslegung doch symptomatisch genug, um das Anliegen der Arbeit zu verdeutlichen.
9 Jutta Held: „Minimal Art - Eine amerikanische Ideologie“, in: Gregor Stemmrich (Hg.) Minimal Art. Eine kritische Retrospektive, 2. erweiterte Auflage Dresden: Verlag der Kunst [1995]1998, S. 444 - 470, hier: S. 457.
10 vgl. Nike Bätzner: „Die Würde des Menschen ist tastbar.“, in: Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen (Hg.): Teresa Margolles. 127 cuerpos., Köln: Buchhandlung Walter König 2006 S. 163-169, hier S. 163. und Gabriela Jauregui: „Nekropolis: Die Exhumierung der Arbeiten von Teresa Margolles.“, in: Udo Kittelmann und Klaus Görner (Hg.): Teresa Margolles. Muerte sin fin, Ostfildern-Ruit: Hatje Cantz Verlag 2004, S. 217 - 249, hier: S. 35 + S. 37.
vom 17.01.2011 im Schweizer Radio DRS. Sie konstatiert formale Ähnlichkeiten zwischen
Margolles Arbeiten und denen der Minimalisten.11 Für Basting allerdings bedient sich Teresa
Margolles der minimalistischen Ästhetik, um diese mit Inhalt aufzuladen und so Kritik an der
Ästhetik des Minimalismus zu üben. Sie versteht Margolles Ästhetik auf einer für Insider
zugänglichen Bedeutungsebene „als Kritik an der blutleeren Sterilität des Minimalismus.“12
Wohingegen Cuauhtèmoc Medina den Minimalismus Bezug direkt an Entierro festmacht, ihn
allerdings eher als „recourse to minimal scultpures“13 versteht, der von Margolles instrumentalisiert
wird, um einen ganz besonderen Inhalt zu tragen. Heriberto Yépez wiederum sieht die Bezüge
zwischen Minimal Art und Teresa Margolles in einer Reformation des Körpers, die sich durch
Abstraktion und Reduktion realisiert, wie er sie auch beim Minimalismus beobachtet. Es handle
sich um „[e]ine Tendenz der Rationalisierung und Reduktion des Körpers, seines Verschwindens.“14
Anne Marie Freybourg wiederum bezieht sich direkt auf Entierro im Zentrum der von Klaus
Biesenbach kuratierten Ausstellung „Political/Minimal“ im Berliner Institute for Contemporary Art
und tut sich gänzlich schwer Entierro im Kontext des Minimalismus etwas abzugewinnen, da
Entierro „eben gerade keine Neuinterpretation des Minimalen sei“, sondern höchstens „eckig“15.
All diese Zitate und Argumente mögen etwas dekontextualisiert erscheinen, aber es handelt sich nie
um umfassende Untersuchungen oder eigene Kapitel entsprechender Studien, sondern immer nur
um kurze Verweise, wenige Sätze oder schemenhafte Andeutungen. Auch scheint es wenig relevant
inwiefern diese Kommentare sich nun auf einzelne oder viele Arbeiten von Teresa Margolles
beziehen, denn über diese mehr oder weniger kurzen Passagen der Interpretationen geht die
Untersuchung der Spannungen zwischen Margolles Werk und der Minimal Art nie hinaus. Es gibt
keine spezifischen detaillierten Untersuchungen und Verortungen im Kontext der Minimal Art, die
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11 Basting beschreibt, dass einige Arbeiten sie an „die nüchternen Kunstwerke des nordamerikanischen Minimalismus“ erinnern. „Etwa an Arbeiten eines Sol LeWitt oder Donald Judd.“ Was von Bätzner und Jauregui als Klarheit und Leichtigkeit beschrieben wird ist für Basting „Purismus“. Die Zitate von Barbara Basting entstammen meiner Transkription der Radiosendung. Die Sendung kann auf der Webseite vom Schweizer Radio DRS angehört werden. vgl. Barbara Basting: „Teresa Margolles - Kunst gegen den Drogenkrieg.“, in Beatrice Born (Redaktionsleitung): DRS 2 - Reflexe. Internetadresse: http://www.podcast.de/episode/2039811/Teresa_Margolles_-_Kunst_gegen_den_Drogenkrieg aufgerufen: 30. Juli 2011.
12 vgl. Ebenda.
13 Cuauhtémoc Medina: >>Materialist Spectrality<<, in: Cuauhtémoc Medina (Hg.): Teresa Margolles: What Else Could We Talk About? Mexican Pavillon. 53 International Art Exhibition. La Biennale di Venezia, Barcelona: RM Verlag S.L. 2009, S. 15 - 30, hier: S. 19.
14 Heriberto Yépez: „Vom Rest.“ in: Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen (Hg.): Teresa Margolles. 127 cuerpos, Köln: Buchhandlung Walter König 2006 S. 185 - 192, hier S. 187 + 189.
15 Anne Marie Freybourg: „,Political/Minimal‘ im KW Institute for Contemporary Art, Berlin. Gleich und Gleich gesellt sich gern.“
die erste amerikanische Kunstrichtung war, „zu der es keine europäische Parallele gab“16. 17 Dies ist
erstaunlich, da auch komplexere Bezüge offensichtlich zu Tage zu liegen scheinen.
Zumindest aber sollten diese schemenhaften Verweise dazu in der Lage sein einen groben Rahmen
für eine entsprechende Untersuchung abzustecken: Es handelt sich um eine formale Qualität, die
hierbei mit Verweis auf die entsprechenden Autoren mit Einfachheit, Schönheit, Klarheit aber auch
Purismus beschrieben werden kann. Im weiteren verdeutlicht sich eine gewissermaßen
kunsthistorisch selbstreflexive Dimension und auch ein Bezug zum Körper. Ich möchte diesen
Ebenen im Folgenden gern eine rezeptionsästhetische Ebene hinzufügen, da der Frage nach der
Rezeptionsästhetik bzw. nach der Relationalität oder der Objekthaftigkeit der Objekte der Minimal
Art ein historischer Stellenwert zu kommt, der sich in Michael Frieds und Donald Judds Streit um
die Gegenwärtigkeit und Reinheit der Minimal Art niederschlägt.
Es handelt sich gewissermaßen um einen gegenseitigen Angriff auf eine gegenseitige Ideologie der
Reinheit, die Fried den minimalistischen Objekten absprach, allerdings für Noland, Olitski und
Stella forderte18, wohingegen Judd sich von der Malerei abwandte, um sich dem dreidimensionalen
Raum zuzuwenden.19 Ein ähnlicher Angriff kann, so scheint es, anhand eines hässlichen
Zementblocks mit bedingt anthropomorphen Maßen bedacht werden. Oder, um es anders zu
formulieren: Im Bezug auf die Parallelepipeden möchte ich einer Missinterpretation der berühmten
Vorstellung von der Sache die einfach da ist vorbeugen, indem das Kunstwerk als
psychoanalytisches Objekt in einer Objektrelation zum Betrachter analysiert wird. In der Frage nach
der Objekt-Betrachter-Relation dürfte auch die Frage verborgen sein, ob Entierro ist, was es ist, und
inwiefern dies eine unheimliche Qualität gewinnen kann. Dies müsste vor Allem im Hinblick auf
gewisse Reinheitspostulate bedacht werden. Und grade auch im Bezug auf eine Analyse der
Reinheit dürfte Klarheit über das Verhältnis gewonnen werden können, dass Entierro zu den
Parallelepipeden eines Donald Judd einnimmt.
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16 Geregor Stemmrich: „Minimal Art - eine kritische Retrospektive“, in: Gregor Stemmrich (Hg.) Minimal Art. Eine kritische Retrospektive, 2. erweiterte Auflage Dresden: Verlag der Kunst [1995]1998, S. 11 - 31, hier: S. 11.
17 Dies ist zumindest Selbstbild, Selbstinszenierung und verlautbarte Zielsetzung. Wiehager schreibt: „Viele spätere Interpreten sind Judd, Stella und Newman in dieser Behauptung abrupter Loslösung der amerikanischen Kunst aus europäischen Traditionslinien gefolgt und verbanden damit das Postulat, mit der klassischen Minimal Art eine rein amerikanische Kunstrichtung begründet zu haben.“ (Renate Wiehager: 100 Jahre Geschichte der Abstrakten Avantgarden aus der Perspektiove der Daimler Kunst Sammlung“, in: Renate Wiehager (Hg.): Minimalism and After. Tradition und Tendenzen minimalistischer Kunst von 1950 bis heute. Ostfildern: Hatje Cantz Verlag [2007] 2010, S. 23 - 57, hier: S. 25.)
18 vgl. Michael Fried: „Kunst und Objekthaftigkeit“, in: Gregor Stemmrich (Hg.) Minimal Art. Eine kritische Retrospektive. Übersetzt von Christoph Hollender. 2. erweiterte Auflage Dresden: Verlag der Kunst [1995]1998, S. 334 - 374, hier: S. 339.
19 Ebenda S. 336.
I.II Entierro als Grab
I.II.I Grab und GrabmalBegräbnisse haben eine gewissermaßen momentane Qualität. Begräbnisse finden statt, haben statt
gefunden oder finden grade statt. Der Zeitrahmen eines Begräbnisses ist auf jeden Fall bemessen.
Das Begräbnis wird anfangen und wird auch wieder vorbei sein. Das dauert in der Regel nicht an
(zumindest nicht unbegrenzt). Entierro aber findet nicht so statt, wie ein Begräbnis statt findet.
Entierro ist in grober Materialität als Betonklotz anwesend. Entierro scheint unbegrenzt
anzudauern. Bemessen ist einzig der Zeitrahmen des Blicks, den der Besucher auf Entierro
verweilen lässt, ganz ähnlich dem Blick der auf das Grab fällt. Entierro kann also nicht als
Begräbnis verstanden werden, auch wenn es so benannt worden ist.20
Jacques Lacan klärt uns darüber auf, dass es das Grab ist, das nicht nur auf das Begräbnis sondern
auch auf einen Menschen folgt. Der Leichnam wird in etwas gebettet, „das eine Grabstätte darstellt,
daß sie die Tatsache aufrechterhält, daß dieser gedauert hat.“21 Das Kunstwerk Entierro, so ist es
der Materialangabe zu entnehmen, ist ein „Fötus in einem Zementblock“22, entsprechend ein Grab,
was darauf verweist, dass dieser Fötus (wenn auch äußerst begrenzt) gedauert hat, dass was den
Fötüs umgibt, in welches der Fötus gebettet ist. Lacan verdeutlicht in den Vorträgen des
Sammelbandes Namen-des-Vaters auch, dass es sich beim Grab um ein Symbol handelt. Es
empfiehlt sich an dieser Stelle nicht auf die Implikationen des lacanschen Symbolbegriffs
einzugehen, allerdings kann bereits markiert werden, dass das Symbol auf etwas verweist, das
abwesend ist. Das Symbol geht also über sich hinaus.
Entierro verweist durch seinen Namen zunächst aber auch auf eine andere Zeit, die Zeit des
Begräbnisses und scheint entsprechend in dieser Zeit zu verharren. Titel und Objekt verschränken
sich in Bezeichnung und Materialität in unterschiedliche Zeitlichkeiten. Entierro konfrontiert den
Betrachter mit der Zeit der Gegenwart eines Begräbnisses für das kein Ende vorgesehen ist und der
Zeit einer Vergangenheit, eben dieser Vergangenheit in der der Fötus begraben worden ist.
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20 Offensichtlich in einer Geste des Künstler als Vater. Wer sonst dürfte ein Kind benennen? Oder: Als hätte man eine Flasche gegen den Bug eines Schiffes geworfen. Hier natürlich die Künstlerin als Vater.
21 Jaquces Lacan: „Das Symbolische, das Imaginäre und das Reale“, in: Namen-des-Vaters. Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. Wien: TURIA + KANT Verlag, 2006, S. 7 - 61, hier: S. 42.
22 Teresa Margolles: „Muerte sin fin: Abbildungen / Imágenes / Plates“, S. 234.
Entierro ist, so will es der Begleittext, ein Fötus in einem Zementblock. Entierro ist Sarg und
Grabstein zugleich. Entierro ist die Folge eines Begräbnisses und überschreitet so sich selbst.
Entierro ist aber auch ein Parallelepiped.
Georges Didi-Huberman beschreibt die Konfrontation des Sehens mit dem Parallelepiped als
Konfrontation des Sehens mit dem Grabmal zu Beginn seines Buches Was wir sehen blickt uns an.
Zur Metapsychologie des Bildes, um grundlegende Parameter für seine Analysen der Minimal Art
zu bestimmen.23 Didi-Hubermans Beschreibung dessen, der ein Grabmal sieht, sollte als
Beschreibung dessen, der sich mit den Parallelepipeden der Minimal Art konfrontiert sieht,
verstanden werden können, da Didi-Huberman diesen argumentativen Weg einschlägt, um seine
späteren Betrachtungen vorzubereiten.24 Anhand des Grabmals erläutert er zwei Modi des Sehens.25
Beide Modi sind zugleich Modi des Übersehens bzw. gewährt der eine Modus dem Betrachter zu
wenig Einblick und der andere zu viel.
Er arbeitet in seinen Überlegungen zu dem was er als Höhlung des Visuellen bezeichnet eine
Genealogie der Minimal Art auf, die die Minimal Art vor Allem in der Relation zum Betrachter
situiert. Diese Relationalität geschieht für Didi-Huberman im Raum des Visuellen und in der Sphäre
der Trauer. Im Rekurs auf James Joyce Roman Ulysses beschreibt er den Blick von Stephen
Deadalus, nach dem Tod der Mutter gefärbt vom Tod der Mutter.26 Entsprechend analysiert Didi-
Huberman den Blick des Betrachters auf das Grabmal als Spaltung des Blicks. Er eröffnet seine
Analyse als Dialektik des Blicks, in der er die Divergenz von Fülle und Glauben als Divergenz von
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23 Georges Didi-Huberman: „Der Leere ausweichen: Glaube oder Tautologie“, aus dem Französischen von Markus Sedlaczek, in: Was wir sehen blickt uns an. Zur Metapsychologie des Bildes, München: Wilhelm Fink Verlag 1999, S. 19 - 32.
24 Sebastian Egenhofer widerspricht Didi-Huberman hier im übrigen: „Der einzige klassische Minimalist, dessen Werke eine Affinität zu jener Typologie des Grabmals aufweist, die Didi-Huberman evoziert, ist Carl Andre.“ (Sebastian Egenhofer: „d. Neugeboren oder ready-made? Anfänglichkeit und Datierung“ in: ABSTRAKTION KAPITALISMUS SUBJEKTIVITÄT. Die Wahrheitsfunktion des Werks in der Moderne, München: Wilhelm Fink Verlag 2008, S. 137 - 149, hier S.141 Fussnote 210.) Wohingegen diese Aussage mit Renate Wiehager zu Gunsten Didi-Hubermans relativiert werden kann. Wiehager verweist auf Robert Morris: „So hat Robert Morris seine 1961 entstehenden [...] Boxen [...] ausdrücklich als Bearbeitungen der essentiellen Architektur des ägyptischen Djoser-Grabmals konzipiert.“ (Renate Wiehager: 100 Jahre Geschichte der Abstrakten Avantgarden aus der Perspektive der Daimler Kunst Sammlung.“ S. 31.) Insofern scheint der Bezug zum Grabmal doch nicht im Bezug auf Carl Andre gegeben. Vor Allem scheint die Relevanz des Grabmals für die Minimal Art, wie Didi-Huberman sie darlegt vor Allem in der Produktion entsprechender Blickregime zu liegen. Letztlich kann auf diesen Disput hier nur verwiesen werden, da eine genauere Klärung umfangreichere Studien nach sich ziehen müsste.
25 Didi-Huberman differenziert beide Sehmodi explizit auf S. 24f.
26 vgl. Georges Didi-Huberman: „Die unausweichliche Spaltung des Sehens“, aus dem Französischen von Markus Sedlaczek, in: Was wir sehen blickt uns an. Zur Metapsychologie des Bildes, München: Wilhelm Fink Verlag 1999, S. 11 - 18.
Fülle zu Tautologie und Eschatologie beschreibt.27 Das Grabmal, so Didi-Huberman, zeige sich
zum einen als Volumen (das sich dem Blick entzieht) in Form eines gestalteten Steinblocks, zum
anderen als Zurückblickendes, den Betrachter Betreffendes, insofern in Aspekten der Evidenz und
dessen was nicht evident ist, dem toten Körper, auf den es verweist (den Entierro beherbergt?).28
Der Begriff den Didi-Huberman wählt um diese Verweisfunktion des Grabmals zu explizieren, die
den Betrachter auch auf sie selbst verweist, ist der der Höhlung. Aus dieser Höhlung blickt der
Verlust des Lebens zurück. Nun scheinen Tautologie und Glauben die zwei Praxen zu sein, die diese
Frage des Volumens unterschlagen.
Der Blick der Tautologie, der, folgt man Didi-Huberman, auch ein Blick des Künstlers sein muss,
verknüpft er ihn doch mit Donald Judds Selbstdarstellungen, scheint die Unterschlagung, die er
vornimmt (von dem, was die Anwesenheit übersteigt), allerdings auch zu kalkulieren.
II.III Entierro und Donald Judd
II.III.I Der Illusionismus der Tautologie
„Judd will diesen Raum sehen wie einen Bildraum - als wären die Materialien in ihm phänomenale Figuren, in der ideellen Leere eines Scheins freigestellt, der eine Existenz einzig in der Gegenwart der Wahrnehmung gewinnt, die ihn spontan je neu konstituiert. Seine Materialien aber sind die Pinselstriche und nicht die Figuren oder die Noemata in diesem „Bild“. Und dass seine Pinsel keine Borsten mehr haben, dass die Spraypistole und das Eloxierbad keine lesbare Verzahnung von zeitlichem Nacheinander und räumlichem Nebeneinander mehr erzeugen wie meistens die Handarbeit zum Beispiel in der Malerei, ändert nichts am Anschluss dieser aufgerichteten Materialien an die Zeit der Produktion.“ 29
Dieses längere Zitat von Sebastian Egenhofer verdeutlicht den Unterschied zwischen Judds
theoretischem Verständnis seiner Arbeit, d.h. Judds Wollen und Judds Tun, d.h. die Differenz
Das Parallelepiped und sein Double. Entierro als Widergänger der amerikanischen Minimal Art. ❘ 10
27 Laut Didi-Huberman wird das Grabmal aus der Warte der Tautologie und aus der Warte des Glaubens übersehen. Die Warte der Tautologie übersieht hierbei nicht nur den Körper im Inneren, dessen Verfall und Zeitlichkeit, sondern verweist auch auf eine der paradigmatischen Postionen der Minimal Art.22 Es war Donald Judd, der mit anti-metaphysischem und anti-illusionistischem Impetus für seine specific objects die tautologische Forderung stellte, dass sie nichts anderes seien, als dass was sie sind. Es handelt sich um den selben Donald Judd dessen Name häufig fällt, wenn über die Bezüge von Margolles und Minimal Art geschrieben wird. Zumindest Gabriela Jauregui zieht den Vergleich zwischen den Parallelepipeden von Donald Judd und Margolles Entierro explizit: „Wie bei manchen Werken von Donald Judd sieht der Betrachter hier lediglich einen minimalistischen, stummen, neutralen Betonblock.“ (Gabriela Jauregui: „Nekropolis: Die Exhumierung der Arbeiten von Teresa Margolles.“ S. 139.) Und auch Basting: „Hier im Kunstkontext erinnern sie an die nüchternen Kunstwerke des nordamerikanischen Minimalismus. Etwa an Arbeiten eines Sol LeWitt oder Donald Judd.“ (Barbara Basting: „Teresa Margolles - Kunst gegen den Drogenkrieg“). Im Kapitel >>Das einfachste Sehobjekt<< führt Didi-Huberman nun auch eine Arbeit von Judd an, um diese als spezifisches Objekt auszuweisen: Untitled von 1974, eine Sperrholz Box. (Vgl. Georges Didi-Huberman: „Das einfachste Sehobjekt“ aus dem Französischen von Markus Sedlaczek, in: Was wir sehen blickt uns an. Zur Metapsychologie des Bildes, München: Wilhelm Fink Verlag 1999, S. 33 - 44, hier: S. 35.) Didi-Huberman schreibt hierzu: „Seine formale Kühle befreit es, wie es scheint, von jeglichem >>illusionistischen<< oder ganz allgemein anthropomorphen Prozeß.“ (Ebenda S. 44.) Entierro unter dem Blick der Tautologie wäre ein Betonblock mit bestimmten Maßen. Didi-Hubermann stellt dem Blick der Tautologie den Blick des Glaubens gegenüber. Als alternatives Verhalten gegenüber dem Grabmal expliziert Didi-Huberman eine Verhaltungsweise, die ins Imaginäre strebt und über die Spaltung des Blicks hinausgeht. Es sind die ekstatischen Heilsvorstellungen der Eschatologie. (vgl. Georges Didi-Huberman: „Der Leere ausweichen: Glaube oder Tautologie“ S. 24) Entierro unter dem Blickwinkel des Glaubens wäre vielleicht ein für immer verschlossenes Grab. Die Hoffnung auf Auferstehung dürfte dem Begrabenen verwehrt bleiben. Dort wo die Höhlung des Grabes Christi sich als entleert darbietet, verwehrt die Höhlung des Zementblocks die Einsicht.
28 Georges Didi-Huberman: „Der Leere ausweichen: Glaube oder Tautologie“, S. 19.
29 Sebastian Egenhofer: „Kapitalistischer Konstruktivismus?“, in: ABSTRAKTION KAPITALISMUS SUBJEKTIVITÄT. Die Wahrheitsfunktion des Werks in der Moderne, München: Wilhelm Fink Verlag 2008, S. 328 - 344, hier: S. 328.
zwischen ideologisch sprachlicher Konfiguration der Selbstveräußerung und künstlerischer
Materialisation.
Michael Frieds berühmte Kritik an dem, was er als Theatralität der Minimal Art bezeichnete und die
ihn schließlich dazu führen sollte den Kunststatus der Minimal Art in Frage zu stellen, da es sich
um ein ideologisches Unterfangen30, um eine Sache der Worte handele31, muss im Kontext eines
modernistischen Kunstverständnisses gesehen werden.32 Didi-Huberman liefert in dem Text >>Das
Dilemma des Sichtbaren<< eine Überblicksdarstellung der Debatte. Fried habe hierbei die presence
der Minimal Art der presentness33 der modernen Kunst gegenübergestellt. Fried formulierte, so
Didi-Huberman, ein Dilemma zwischen der Reinheit der modernen Malerei und dem verschmutzen
unreinen Theater, in das die Minimal Art den Betrachter involviere.34
Egenhofer formuliert ein ähnliches Problem im Bezug auf die Phänomenalität des spezifischen
Objekts, d.h. darauf, wie es erfahren wird anhand von Judds Boxen: „Aber seine Materialien
insgesamt sind in die Zeit eingetaucht, in der Zeit gewaschen. Ihre Phänomenalität selbst ist
Spur.“35 Das spezifische Objekt36, so Sebastian Egenhofer in seinem Buch ABSTRAKTION
KAPITALISMUS SUBJEKTIVITÄT, kann die Zeitlichkeit nicht so unterschlagen, wie Judd sich
das vorstellt.37 Die spezifischen Objekte von Donald Judd, so Egenhofer, stünden am historischen
Wendepunkt eines epistemologischen Bruchs im Hinblick auf den Bildbegriff. Egenhofer schreibt:
„Mit der Aufklappung des specific object im real space hat sich die Prädestination des Blickpunkts
verloren.“38 Egenhofer verweist hiermit darauf, dass Judds Boxen als Bilder verstanden werden
müssen. Judd habe das Bild von der Leinwand als Box in den Galerieraum verlegt. Judds
Verständnis müsse hierbei als Fortführung von impressionistischer und kubistischer Zersetzung der
Perspektive verstanden werden.39 Judds Ansatz müsse hierbei insofern betrachtet werden, als dass
Das Parallelepiped und sein Double. Entierro als Widergänger der amerikanischen Minimal Art. ❘ 11
30 Michael Fried: „Kunst und Objekthaftigkeit“, S. 335.
31 vgl. Gegorges Didi-Huberman: „Das Dilemma des Sichtbaren“, in: Was wir sehen blickt uns an. Zur Metapsychologie des Bildes, München: Wilhelm Fink Verlag 1999, S. 45 - 62, hier: S. 55.
32 vgl. Ebenda S. 57.
33 Presentness sollte als augenblickliche Gegenwärtigkeit modernistischer Skulptur und Malerei verstanden werden, die, wie Georges Didi-Huberman betont, von Fried der relationalen presence der Minimal Art gegenübergestellt wird. (vgl. Ebenda S. 59.)
34 vgl. Ebenda 57 - 60.
35 Sebastian Egenhofer: „Kapitalistischer Konstruktivismus?“, S. 328.
36 Das spezifische Objekt dürfte jenes sein, dass Didi-Huberman als Produkt des tautologischen Blicks versteht.
37 Egenhofer schreibt: „Er denkt nicht die Einschreibung dieses Bildes - des ästhetischen Scheins - in die historische oder entropische Zeit, die es durchqueren und transformieren wird.“ (Egenhofer 2008 : 342)
38 Sebastian Egenhofer: „Kapitalistischer Konstruktivismus?“, S. 327.
39 Ebenda S. 328.
er aus der bestimmten Ideologie einer bestimmten historischen Konfiguration heraus in seiner
Werkgenese einige Aspekte übersähe.
Zwar gelänge es Judd vorgeblich konventionelle Kultwerte des Kunstwerks zu vermeiden, dennoch
sei seinem Werk ein „materialspezifischer Illusionismus spiegelnder Oberflächen“40 eingeschrieben.
Judds Bemühungen das Bild in den real space, d.h. in den Galerieraum (verstanden im Kontrast zu
Bild- und Illusionsraum) und somit in die Dreidimensionalität zu übertragen, falle gepaart mit der
Reinigung von konventionellen Bedeutungsfunktionen oder Sinneffekten und gepaart mit dem
Erlebnisfetisch größtmöglicher Farbintensitäten, einem Illusionismus fast konventionellen
Zuschnitts anheim. Judd vernachlässige den Faktor der Zeit, der entropischen Zeit des Betrachters,
der phänomenologischen Zeit der Rezeptionserfahrung aber auch der akkumulierten Zeit der
Produktion und so müsste mit Didi-Huberman angefügt werden, Volumen und Höhlung des
Parallelepipeds.
Judds spezifische Objekte sind also, wie es den Analysen von Didi-Huberman und Sebastian
Egenhofer zu entnehmen ist, nicht einfach nur da. Sie treten zum einen in eine zeitliche Relation
zum Betrachter und zeichnen sich zum anderen durch einen materialspezifischen Illusionismus aus,
der durch effektorientierte Farb- und Materialauswahl Effekte zeitigt, die sozusagen mehr sind als
einfach nur da.
II.III.II Inszenierung der Tautologie
„Hunderte kleiner Indizes, die nicht den zufälligen kleinen Moment anzeigen sollen, in dem die Schraube festsaß, sondern durch eine supplementäre Arbeit - brushwork brushed out to remove brushwork - in die synchrone Gegenwart der Form eingeholt worden sind. Natürlich zeigen diese Uhren nun nichts anderes als die supplementäre Arbeit an, die Spur der Verwischung der Spur. Ein schlecht getarntes Verbrechen.“ 41
Egenhofer bringt auch Beispiele aus Judds Werkkorpus, die sich als Inszenierung der Tautologie
bezeichnen lassen: Egenhofer beschreibt die häufig fehlenden Böden der Boxen, „Tendenziell sind
in Judds Werk geschlossene Volumen auf der unsichtbaren Unterseite offen, ein Boden ist nur in
Fällen eingefügt, wo er konstruktiv nötig ist, also eher selten“42, sowie die unsichtbaren
Aufhängungen der Wandarbeiten „Verborgen [...] und für den ästhetischen Effekt entscheidend, sind
auch die Aufhängungen aller Wandarbeiten Judds [...] was eine Illusion [...] eines angehaltenen
Das Parallelepiped und sein Double. Entierro als Widergänger der amerikanischen Minimal Art. ❘ 12
40 Sebastian Egenhofer: „Einige spezifische, einige hybride Objekte. Gegenlektüren zu Donald Judd.“, in: ABSTRAKTION KAPITALISMUS SUBJEKTIVITÄT. Die Wahrheitsfunktion des Werks in der Moderne, München: Wilhelm Fink Verlag 2008, S. 42 - 54, hier: S. 52.
41 Sebastian Egenhofer: „Kapitalistischer Konstruktivismus?“, S. 340.
42 Ebenda S. 339.
Fallens erzeugt und die Epoché der Zeit im real space unterstreicht“43, aber auch zwanghaft gleich
gezogene Schlitzschrauben: „Hunderte kleiner Indizes, die nicht den zufälligen Moment anzeigen
sollen, in dem die Schraube festsaß, sondern durch eine supplementäre Arbeit [...] in die synchrone
Gegenwart der Form eingeholt worden sind“44. Bedenkt man Egenhofers Analyse, werden ähnliche
Züge auch im von Didi-Huberman gewählten Beispiel deutlich. Bei Untitled von 1979 scheint die
obere Sperrholzfläche zu fliegen. Wie sie befestig ist verbleibt im Dunklen. Wie von magischer
Hand scheint sie angehoben und in einem dauerhaft schwerelosen Zustand eingefroren, um den
Blick auf einen Schlitz, aus dem die Schatten der Schwärze des Inneren quillen, freizugeben.
Was Judd in seiner radikal tautologisch modernistischen Purifikation unterschlägt sind also
Produktionsprozess und Fertigung, sowie kleine Tricks der Inszenierung. Was der tautologische
Blick auf das Grabmal übersieht, ist laut Didi-Huberman also zunächst der Körper im Inneren. Die
Tautologie beherbergt die Scheu vor Fülle, also vor der Leiche im Inneren, sowie die Scheu vor der
Leere, des Hohlraums, der die Leiche fasst, von dem aber keine konkrete Vorstellung gewonnen
werden kann. Die Tautologie unterschlägt so zum einen die Latenzen der Leiche zum anderen aber
auch auf die Latenzen der Produktion, sowie die trickreiche Erzeugung einer vehement
offensichtlichen Tautologie.45
Was der tautologische Blick im Hinblick auf Entierro eröffnet ist ein Zementblock, der sich bar
jeglichen materialspezifischen Gegenwärtigkeits-Illusionismus dem Blick des Betrachters anbietet.
Der Steinblock weist, entgegen modernistischer Bemühungen um zeitliche Fixierung, eine starke
Faktur in der Oberflächenbeschaffenheit auf. Bewegungen des Gusses und der Fertigung sind
abzusehen: Kleine Löcher und Narben des Glattstreichens. Zugleich aber schreibt sich die Leiche in
Entierro mit Hilfe eines Kniffs der Tautologie ein oder um es anders zu sagen: Auch Margolles
inszeniert die Tautologie. In dem der Paratext des in den real space transponierten Bildes, die
Leiche in das unsichtbare Innere des Zementblocks evoziert, d.h. die offensichtliche Tautologie der
Bezeichnung Zementblock und des Objekts Zementblock auf die Schwärze der Höhlung und des
Innenraums überschreitet, beginnt Entierro aggressiv und vielleicht auch aus der permanenten
Das Parallelepiped und sein Double. Entierro als Widergänger der amerikanischen Minimal Art. ❘ 13
43 Ebenda S. 339.
44 Ebenda S. 340.
45 Judd selbst spricht von einem „>>Ganzheits<<-Effekt“. (Bruce Glaser: „Fragen an Stella und Judd“, in: Gregor Stemmrich (Hg.) Minimal Art. Eine kritische Retrospektive, 2. erweiterte Auflage Dresden: Verlag der Kunst [1995]1998, S. 35 - 58, hier: S. 41.)
Gegenwart des immerwährenden Begräbnisses46 zurückzublicken. Allerdings wird die aggressiv
durch den Titel behauptete Gegenwärtigkeit von Entierro durch die Faktur des Zementblocks
unterlaufen. Letztlich inszeniert Entierro aber grade nicht seine Gegenwärtigkeit und seinen
Modernismus, sondern stellt sein Eingebundensein in die Zeit durch die Inszenierung offensichtlich
zur Schau. Entierro ist zunächst ein Zementblock und wird erst im Laufe des Rezeptionsvorgangs
zu einem Zementblock mit einem Fötus im Inneren.
Im Hinblick auf seine Beziehung zur Minimal Art erscheint Entierro seltsam unausgegoren. Viele
Ähnlichkeiten lassen sich feststellen, die durch ihr Vorhandensein auf Kenntnis der Probleme der
Minimal Art und auf Auseinandersetzung mit der Minimal Art schließen lassen. Es scheint als
präsentiere sich Entierro als vielleicht klassisch minimalistisches Parallelepiped, nur zunächst aus
Mexiko und nicht aus Amerika, und offener für eine Zeitlichkeit, die die Minimal Art eher schlecht
als recht unterschlagen hatte.
Entierro ist nicht einfach da, viel mehr inszeniert Entierro die Zeitlichkeit, die Theatralität und die
Höhlung des Parallelepipeds in einem Ausmaß, wie es Donald Judd nicht wollte. Selbst wenn man
nicht davon ausgeht, dass sich im Inneren von Entierro ein Fötus befindet und wie Faz.net schreibt:
„Nie war der Behauptungscharakter von Kunst [...] so wichtig wie hier“47, ist Entierro eben immer
noch nicht einfach nur ein Zementblock, und führt dafür auf mehreren Ebenen das Potential eines
Zementblocks vor, für den Betrachter mehr als ein Zementblock zu sein. Entierro ist insofern weder
ein reines noch ein modernistisches Bild, wobei dies um erneut auf Fried zu verweisen, sowieso
meist nur eine Sache der Worte ist.
Entierro blickt insofern unerbittlich zurück, als dass sich die Frage des Inhalts, als die Frage dessen,
was sich in Entierro befindet, nie abschließend beantworten lässt. Genau diese Frage ist es, die den
Betrachter aggressiv anstarrt und ihn zwischen den möglichen Antworten oszillieren lässt.
Das Parallelepiped und sein Double. Entierro als Widergänger der amerikanischen Minimal Art. ❘ 14
46 Es ist recht unterhaltsam auf diese zweite paratextuelle Kontextualisierung anzuspielen, die Margolles Zementblock durch seinen Titel Begräbnis erfährt. Ich möchte darauf hinweisen, dass die Anzahl der Arbeiten von Judd die Untitled betitelt sind, immens ist. Es ist zu vermuten, dass diese Titelgebung (die Vermeidung des Titels) die radikal anwesenden spezifischen Objekte von der Kontamination durch sprachliche Signifikationen enthalten sollte. Betont man die Gegenwärtigkeit des Begräbnisses vor der Dauerhaftigkeit des Grabmals, tritt zu Tage, dass Margolles grade durch die sprachliche Kontamination ihres Zementblocks auf eine Gegenwärtigkeit zielt. Allerdings eine andere Gegenwärtigkeit als die der Selbstgenügsamkeit.
47 Frankfurter Allgemeine Zeitung: „Die Schönen und die Leichen.“, Review in: faz.net. Internetadresse: http://www.faz.net/-00ojxc (aufgrufen: 04. September 2011)
II Entierro und der Inhalt
II.I Vom Klappschock zum indexikalischen Weltbezug
II.I.I Der Klappmoment
Anthony Vidler verweist zu Beginn seines Buches unHeimlich. Über das Unbehagen in der
modernen Architektur auf ein bekanntes Zitat von Ernst Bloch, anhand dessen die gemütliche
Freude des Bürgertums an der Lektüre kriminalistischen Geschichten betont wird. Vidler führt es
als Praxis des „begeisterte[n] Miterleben des Unheimlichen“48 an. Nicht zuletzt sind Zement und
Beton übliche kriminalistische Mittel um sich unliebsamer Geschäftspartner, Polizisten oder
Zeugen zu entledigen. Der unheimliche Genuss den Entierro gewährt, wäre demnach im gemütlich
bürgerlich gesicherten Museumsbesuch am Sonntagnachmittag zu suchen, und die Konfrontation
mit dem Fötus im Zementblock demnach als Bestandteil einer perfiden Inszenierung eines
Verbrechens zu vermuten. Dennoch scheint die Ebene des Inhalts von Entierro, der lieber
vorzüglich wortwörtlich als Inhalt des Zementblocks verstanden werden soll, auf mehr zu
verweisen als auf die Klischees des vorabendlichen Fernsehprogramms.
Ein weiteres Parallelepiped, diesmal nicht aus dem Bereich der Minimal Art und auch kein richtiges
Parallelepiped, da mit abgerundeten Ecken gerechnet werden muss, findet sich in den Texten von
Jacques Lacan. Es lohnt sich auch diesem Parallelepiped für einige Sätze zu folgen, da es illustriert,
auf welche Art sich Entierro im Raum situiert und den Betrachter im oszillierenden Wechselspiel
der Blickregime situiert. Dieses Pseudo-Parallelepiped ist eine Sardinendose und findet sich in
Lacans Texten zu Auge und Blick. Es ist diese Sardinendose, die den Lacan, der sich im Bötchen
befindet, ins Tableau einträgt.49
Lacan wählt zur Illustration seiner Konzepte von Auge, Blick und Fleck ein Beispiel aus der
ländlichen Fischerei. Der französische Intellektuelle begibt sich aufs Land und fischt mit dem
Fischerjungen Petit-Jean. Dieser verweist ihn darauf, dass eine Sardinendose ihn im Wasser nicht
sieht und macht ihn dadurch darauf aufmerksam, dass ihn die Sardinendose anblickt. Oder, um
anzuführen wie Lacan es formuliert: „Zunächst, wenn es einen Sinn haben soll, daß Petit-Jean mir
sagt, daß die Büchse mich nicht sehe, so deshalb, weil sie in einem bestimmten Sinn mich
tatsächlich anblickt, angeht.“50
Das Parallelepiped und sein Double. Entierro als Widergänger der amerikanischen Minimal Art. ❘ 15
48 Anthony Vidler: „Einleitung“, in Anthony Vidler: unHeimlich: über das Unbehagen in der modernen Architektur, Übersetzt von Norma Keßler. Hamburg: Edition Nautilus 2002, S. 21 - 34, hier: S. 22.
49 Lacan schildert und interpretiert seine Erlebnisse mit Petit-Jean vornehmlich auf den Seiten 101 - 103 der deutschen Übersetzung. vgl. Jacques Lacan: „Vom Blick als Objekt klein a“, in: Jacques Lacan: Die vier Grundbegriffe der Psychoanalyse. Das Seminar Buch XI, übersetzt von Nobert Haas. Weinheim: Quadriga Verlag [1987] 1980, S. 73 - 126, hier: S. 101ff.
50 Ebenda S. 102.
Was dieses Beispiel illustriert, ist das Umschlagen aus einer Situation, in der klarer und auch
geometraler Überblick für ein Subjekt des Überflugs herrscht, in ein Feld der Unsicherheiten. Der
herausgeputzte Intellektuelle im Fischerboot wird sich der Lächerlichkeit des Unterfangens bewusst
und erfährt sich vor Allem als opake Oberfläche, die sich im Tableau situiert. Die Sardinendose und
ihre sprachliche Kontextualisierung durch Petit-Jean verweisen den Intellektuellen auf seine eigene
unsichere Verortung, „weil ich [...] zusammen mit diesen Leuten, die so schwer für ihre Existenz zu
schuften hatten [...] weil ich [...] ein unsäglich komisches Bild [...] gemacht haben muß.“51
Oder: „Über das Auge triumphiert der Blick“52. Insofern verdeutlicht Lacan zum einen die Sphären
des Sichtbaren, die dem Organ nicht zugänglich sind,53 zum anderen aber auch das Umklappen
eines zentralperspektivischen Sehens in das Sprudeln des Lichts am Knotenpunkt des
changierenden Flecks, der im gewählten Beispiel Lacan selber ist, dessen abstrakte Existenz von
der Sardinendose eine sozioökonomische Erdung erfährt.
II.I.II Der Schock
In den vorliegenden Analysen zu verschiedenen Ausstellungen und Werken von Margolles spielt der
Schock, der im Bezug auf Informationsarmut und Informationsfülle im Moment des Übergangs
eintritt, eine besondere Rolle. So schreibt Bätzner nach einer kurzen Exegese mehrerer Arbeiten von
Margolles, „durch die ästhetische Formalisierung entsteht ein Bruch, der in seiner rückführenden
Koppelung von Form und Inhalt eine schockartige (An-)Teilnahme des Betrachters hervorruft.“54
Sie betont hierbei die Plötzlichkeit des Umklappens und die hiermit verbundene „momentane
Überforderung der kognitiven Verarbeitung“55. Auch Jaregui kommt in ihrer Besprechung von
verschiedenen Arbeiten von Margolles immer wieder auf diesen Moment des schockartigen
Umschlagens von etwas harmlosen oder belanglosem in eine Konfrontation mit dem Tod und mit
der Leiche zu sprechen. Jauregui schreibt z.B.: „Lesen wir aber den Begleittext, erfahren wir
schockartig“56 oder: „und der damit einhergehende[...] Schock“57.
Das Parallelepiped und sein Double. Entierro als Widergänger der amerikanischen Minimal Art. ❘ 16
51 Ebenda S. 102.
52 Ebenda S. 109.
53 vgl. Ebenda S. 109.
54 Nike Bätzner: „Die Würde des Menschen ist tastbar“, S. 164.
55 Ebenda S. 164.
56 Gabriela Jauregui: „Nekropolis: Die Exhumierung der Arbeiten von Teresa Margolles“. S. 138.
57 Ebenda S. 138.
Insofern liegt es nahe den Schock den das Bekanntwerden von Entierros Inhalt auslöst als
Klappschock zu bezeichnen. Es handelt sich um einen Schock der Entierro als Objekt ruckartig auf
seinen Weltbezug eröffnet. Er beschreibt zugleich den Moment des Umschlagens der Perspektive,
zugleich der Eintrag ins Tableau die Verunsicherung des gesicherten Überblicks, die Konfrontation
mit dem, was außerhalb der bürgerlichen Realität liegt.58 Vielleicht müsste soweit gesagt werden zu
sagen, dass der Schock viel mehr der Schock des Realen ist, mit dem Entierro die Minimal Art, sich
selbst, und auch den Betrachter konfrontiert. Folgt man Lacans Vorstellung vom Realen kann man
einen kurzen Moment den Zugriff darauf erhaschen. Es handelt sich um den Moment in dem der
Blumentopf, mit dem man nicht gerechnet hat, auf den Hinterkopf aufschlägt. Ganz in diesem Sinne
dürfte es der Schock des Realen sein den Entierro der Minimal Art zufügt, wenn sich der Weltbezug
Entierros vor die Selbstgenügsamkeit der Minimal Art zu schieben scheint und in dieser Funktion
das zentralperspektive Blickregime zum Überlaufen bringt. Was gesehen wird ist weniger der
Bildraum hinter der Oberfläche der Leinwand/des Zements, es ist viel mehr die Vermutung eines
indexikalischen Weltbezugs, die das Innere Entierros hier als Produkt des Massenmords darlegt.
II.I.II Der indexikalische Weltbezug
Was nun ist es, was beim Zementblock zurückblickt, abgesehen davon, dass das uneinsehbare
Innere dieses Zementblocks die Struktur des lacanschen Flecks nachbuchstabiert, der sich, wie
bereits mit Didi-Huberman dargelegt worden ist, als Höhlung des Verlusts konfiguriert. Ich werde
zunächst einige zufällige Zeitungsüberschriften anführen um dann eine These von Sebastian
Egenhofer vorzutragen, um hier eine erste Vorstellung zu gewinnen, wie der Weltbezug von
Entierro beschaffen ist.
„53 Tote bei Überfall auf Spielcasino in Mexiko“ in der Zeit vom 26.08.2011. „Polizei in Mexiko
fasst hundertfachen Mörder“ in der Zeit vom 12.08.2011. „21 Tote im Drogenkrieg von Ciudad
Juárez“ in der Zeit vom 14.07.2011. „Drogenkrieg in Mexiko. Minderjährige Mädchen als Killer“
in der Süddeutschen Zeitung vom 08.08.2011, oder „Mexikos Drogenkrieg bringt Journalisten zum
Schweigen“ auf Nachrichten.at vom 11.08.2011. Doch man muss nicht den schier unerschöpflichen
Reichtum der Artikel in Online Präsenzbeständen verschiedener Zeitungen befragen.59 Auch die
Das Parallelepiped und sein Double. Entierro als Widergänger der amerikanischen Minimal Art. ❘ 17
58 Es handelt sich hier nicht nur um den Tod im allgemeinen, auch um den gewaltsamen Tod der Infamen, deren verstummte Stimme überhaupt nur durch die Konfrontation mit Macht und Tod jemals gehört wird.
59 Man könnte auch die sonstige Kulturproduktionsmaschinerie zu Mexiko befragen. Hier könnte Tage der Toten von Don Winslow aufgeführt werden, eine Schilderung der Fehde eines Polizisten und des Anführers eines mexikanischen Drogenkartells, auf Platz 1 der Krimibestenliste 2010. Oder: 2666 das zentrale mehrteilige Romanwerk von Roberto Bolaño, dass sich auf mehreren hundert Seiten anhand der Autopsieberichte mehrerer hundert unaufgeklärter Frauenmorde in Mexiko mit eben diesen auseinandersetzt. Die Liste ließe sich lang fortsetzen. Die Drogenkriminalität und das Morden in Mexiko sind offensichtlich ein beliebtes Thema.
Literatur zu Margolles erweist sich als umfangreiches Quellmaterial zum mexikanischen
Drogenkrieg. Ein exemplarisches Zitat aus Cuauhtémoc Medinas Beitrag zur Publikation des
mexikanischen Pavillons der Biennale 2009 mit dem Titel >>Materialist Spectrality<< konstatiert,
dass die Morde und die Kriminalität in Mexiko ein unerträgliches Ausmaß erreichen:
„Figures from both official and journalistic sources concur that more than 5.000 people lost their lives in violent incidents connected with drug trafficking and the efforts to control it; the total for the previous year, 2007, was around 2.800.“ 60
Oder der Schrifsteller Ernesto Diezmartínez Guzmán in seinem Aufsatz >>We Ate Something that
Went Down Wrong<<:
„It‘s friday, just a few minutes after midnight. Machine gun fire can be heard nearby, just a few meters away. That metallic noise is unmistakable. Instincts have become habit in Culiacán: you grab your wife by the arm and you drag her to the floor.“ 61
Doch sind es wirklich diese Informationen über den Drogenkrieg und die Masse der Leichen, die
zweifellos unabdingbar sind, um Margolles Arbeiten als Mahnmahl eines unglaublichen
Ausnahmezustandes in Mexiko zur Kenntnis zu nehmen, die wir in direktem Maße aus Entierro
lesen können?
Sebastian Egenhofer versteht die Minimal Art als Knotenpunkt eines Umschlags des Weltbezugs
des Werks im Bereich der Kunst.62 Für Egenhofer ist die Minimal Art die paradigmatische
Kunstform der Beschneidung des Bildraums, bei der ein indexikalischer Weltbezug in den
Vordergrund tritt, d.h. ein spurhaft verweisender Charakter vordergründig in die Produktion und
nicht in die Tiefe der Bedeutung weist. Das minimalistische Objekt ist keines das „unaufhebbar von
der Vergangenheit träumt“.63 Es bezeugt seine Fertigung.64
Egenhofer schreibt:
„Für die Frage nach dem Weltverhältnis des Werks und seine Umstülpung in der Moderne stellt der Minimalismus ein Schwellenmoment dar. Er markiert den Übergang zwischen dem intrinsischen, selbstkontrollierten und intentional - aktiven Weltverhältnis des Bildes, das sich [...] im Element der Idealität des Scheins auf ein Repräsentat öffnet, und dem
Das Parallelepiped und sein Double. Entierro als Widergänger der amerikanischen Minimal Art. ❘ 18
60 Cuauhtémoc Medina: „Materialist Spectrality.“ S. 19.
61 Ernesto Diezmartínez Guzmán: „We Ate Something that Went Down wrong“, in: Cuauhtémoc Medina (Hg.): Teresa Margolles: What Else Could We Talk About? Mexican Pavillon. 53 International Art Exhibition. La Biennale di Venezia, Barcelona: RM Verlag S.L. 2009, S. 100 - 107, hier: S. 104.
62 Egenhofer schreibt: „Wir erfassen im Ganzen vor allem eine radikale Erschütterung und Diversifizierung dessen, was als Kunst und Kunstwerk Geltung gewinnen konnte, in deren Folge zeitgenössische Werke oft kaum noch Verwandtschaft mit der neuzeitlichen Überlieferung der bildenden Kunst zu haben scheint.“ (Sebastian Egenhofer: „Bildkritik und Wahrheitsproduktion. Zur Topik des Werkbegriffs in der Moderne“, in: ABSTRAKTION KAPITALISMUS SUBJEKTIVITÄT. Die Wahrheitsfunktion des Werks in der Moderne, München: Wilhelm Fink Verlag 2008, S. 12 - 31, hier: S. 12.)
63 Ebenda S. 11f.
64 vgl. Ebenda S. 13.
extrinsischen, passiven Weltbezug der Spur, die realzeitlich, im Element der Kausalität auf den Moment ihrer materiellen Prägung, ihrer Produktion bezogen ist. [...] Das minimalistische Objekt ist als Produkt und Abdruck auf das gesamt seines Herstellungsprozesses einschließlich seiner Präsentationbedingungen bezogen.“ 65
Doch was genau bezeugt Entierro? Was sind die Produktionsbedingungen seiner Herstellung?
Inwiefern ist Entierro Abdruck? Wie ist die Ebene beschaffen, in die Entierro kraft seiner
paratextuellen Rahmung kippt, und inwiefern ist sie mit dem semantischen Raum der Drogenkriege,
- Kartelle und des Massenmords in Mexiko verknüpft. Ich möchte diese Fragen im weiteren Verlauf
des zweiten Kapitels klären. Dafür ist es nur wichtig die perspektivische Verlagerung des Ausstiegs
aus dem mit dem Bildraum verknüpften Imaginationsraum festzuhalten, was nun aber auch
bedeuten würde, dass der Drogenkrieg in Mexiko nicht im Milieu der Bedeutung anzusiedeln wäre,
sondern, sollte er denn Relevanz für Entierro bekommen, auf andere Art mit dem Inhalt von
Entierro verknüpft werden müsste.
III.II Material und Produktion von Inhalt
III.II.I Material
Bei Bañando el bebé handelt es sich um eine Performance, die als Videoarbeit ausgestellt worden
ist. 66 Amy Sarah Caroll beschreibt diese Arbeit von Margolles im Hinblick auf religiöse Symbolik
als Madonna mit Kind oder als Maria Magdalena, die die Füße Christi wäscht.67 Im Bezug auf die
mediatisierende Rolle von Margolles betont Caroll, dass diese in den Hintergrund tritt, dass ihr
Gesicht nicht zu sehen ist, nur der Torso, der als anonyme Brücke fungiere zwischen Betrachter und
einer Kinderleiche.68 69 Die Kinderleiche wird von Margolles in einem kleinen Becken mit großer
Heftigkeit gewaschen. Aggressives Schrubben und Waschen treffe zusammen mit dem Entfernen
von Gipsresten von der Leiche, bevor das Kind abschließend in eine Folie gewickelt werde.70
Caroll hebt hervor, dass es sich bei Bañando el bebé um das gleiche Kind handelt, dass seinen Weg
in einer zweiten privaten Performance in den Zementblock von Entierro gefunden habe.71 Caroll
verweist im Weiteren auf Margolles Interviews: die biologische Mutter habe die Kosten für eine
Das Parallelepiped und sein Double. Entierro als Widergänger der amerikanischen Minimal Art. ❘ 19
65 Ebenda S. 13.
66 vgl. Amy Sarah Caroll: „Muerte Sin Fin. Teresa Margolles‘s Gendered States of Exception“, in: TDR: The Drama Review, Volume 54, Number 2, New York: THE MIT PRESS 2010, S. 103 - 125., hier: 108.
67 Ebenda S. 108.
68 Ebenda S. 108.
69 Bei Entierro ist Margolles zumindest leiblich zunächst vollständig abwesend.
70 Ebenda S. 109.
71 Ebenda S. 108.
Beerdigung nicht finanzieren können und habe sich letztlich entschlossen dem Kind gemeinsam mit
Teresa Margolles ein Denkmal zu setzen, das nun Bañando el bebé und final Entierro geworden
sind. Abgesehen von Gipsabdruck als Referenz zu künstlerischen Praxen von Guss und Abdruck
scheint das Material, das Margolles nutzt, schon fertig zu sein. Das Baby findet keine künstlerische
Gestaltung, sondern ist schon tot, und verändert als Baby seine Form auch nicht mehr. Es wird
allerdings in Entierro eingegossen und damit den Blicken entzogen.
Überraschend ist allerdings die Information, dass es sich um gar keinen Fötus handelt und dass die
Wortwahl Fötus wohl Teil einer Inszenierung der Totgeburt sein muss.72
II.II.II Die Produktion / Das Readymade als Neugeburt
Sebastian Egenhofer setzt sich im Abschnitt >>Neugeboren oder ready-made?<< mit dem
Readymade auseinander.73 Ich möchte versuchen verschiedene Aspekte von Egenhofers Analyse
des Readymades zu nutzen, um die Parameter von Margolles Entierro besser zu beschreiben. Es
geht hierbei weniger darum den Fötus in besagtem Betonklotz der Gattung Readymade zuzuordnen,
viel mehr soll davon ausgegangen werden, dass das Paradigma Readymade ein geeignetes
Instrumentarium für die Beschreibung des Neugeborenen/Fötus/Babys in Entierro zur Verfügung
stellt.
Das Readymade, so Sebastian Egenhofer, sei „durch und durch Abdruck“74, es sei die Spur „des
industriellen Dispositivs der Produktion“75. Der Akt der déclaration76 erkläre es dann zum
Kunstwerk und trenne es von der Produktion ab, indem er das Objekt hierbei auf diesen Moment
zusammenziehe. Egenhofer betont, dass ihm der Bezug des Readymades auf seine Warenform
weniger als kapitalistisches Produktionsparadigma relevant erscheine, denn im Hinblick auf die
Beschaffenheit des Readymades im Kreuzfeuer von Abdruck und Abguss. Es entstehe die Qualität
des Infra Mince. Die Qualität des Infra Mince beschreibe, in Duchamps Worten, die minimalen
Unterschiede der individuellen Güsse der Serienproduktion,77 aber auch eine zeitliche
Das Parallelepiped und sein Double. Entierro als Widergänger der amerikanischen Minimal Art. ❘ 20
72 Ein Screenshot aus Bañando el bebé ist dieser Arbeit als Abbildung 2 im Abbildungsteil angefügt.
73 vgl. Sebastian Egenhofer: „d. Neugeboren oder ready-made? Anfänglichkeit und Datierung“ in: ABSTRAKTION KAPITALISMUS SUBJEKTIVITÄT. Die Wahrheitsfunktion des Werks in der Moderne, München: Wilhelm Fink Verlag 2008, S. 137 - 149.
74 Ebenda S. 146.
75 Ebenda S. 146.
76 Der Moment der déclaration ist der Moment in dem ein Gegenstand, z.B. ein Kamm, der Produktion entnommen wird und durch Datierung und Benennung in die Welt der Kunstwerke Einzug hält.
77 vgl. Sebastian Egenhofer: „d. Neugeboren oder ready-made? Anfänglichkeit und Datierung“, S. 137.
Differenzierungsqualität.78 Durch die déclaration, so Egenhofer trete das Objekt in die Zeit der
minimalen Veränderungen ein und entgehe somit der synchronen Zeit der Produktionsserie.79
Egenhofer entwickelt zwei Formen der Indexikalität, die er zum Readymade in Bezug setzt. Er
versteht hierunter, dass die Indexikalität des Readymades eine andere Qualität aufweise, als dass
das Readymade an sich eine Spur sei, in der Substanz und Träger verschmolzen seien. Es sei das
Objekt selbst, dass der Zeit „des Alterns und der unzählbaren Spuren, die seinen Körper befallen“80
ausgesetzt sei. Diese Zeit sei es, die vor der Zeit eines vermeintlichen Bildgedächtnisses in den
Vordergrund trete. Es handele sich um die Zeit der Selbstdifferenzierung des Objekts.
Das Readymade weise gerade keine Indexikalität in dem Sinn auf, als dass es einen Abdruck der
Produktion aufweise, viel mehr sei es in sich selbst Index und Abdruck des Gussform. Das
Readymade selbst sei auf dieser Ebene Spur und nicht von Spuren gezeichnet. Das Readymade
selbst sei Index seiner Produktion und nicht von Indexen der Produktion überzogen.81 Das
Readymade verweise als Index seiner Produktion auf die Gussform der Produktion und sei übersät
von Indexen seines Weges durch die Geschichte.
III.II.III Ein Fötus und die Produktion
„Als 1994 die Nafta, die nordamerikanische Freihandelszone in Kraft trat entstanden der Grenze entlang die Maquiladoras, Billiglohnfabriken. [...] Städte wie Ciudad Juárez wurden zu einem Labor für neoliberale Lohndrücker. Die ärmeren Schichten der Bevölkerung wurden Sklaven des Freihandels [...].“ 82
Diese verspätete Industrialisierung der Grenzgebiete Mexikos ist neben der Finanzierung
mexikanischer Drogenbosse durch die USA, zum Zweck der Bekämpfung des Kommunismus, nur
einer von vielen Faktoren die formend auf den heutigen Zustand von Mexiko eingewirkt haben.
Dessen mediale Darstellung stellt sich vornehmlich als die Repräsentation eines Massenmords dar.
Dies wird rasch offensichtlich auch ohne diese ursächliche Beziehung zu diesem untragbar
gewordenen Töten detailliert aufzuschlüsseln.
Die industrielle Massenfertigung steht am Beginn eines Tötens, dass man als Serialisierung des
Tötens bezeichnen könnte und das eine große Masse von Leichen zur Folge hat. Ich möchte dieses
Töten hier als Massenproduktion von Leichen verstehen. Bei der Totgeburt, die Margolles zum
Das Parallelepiped und sein Double. Entierro als Widergänger der amerikanischen Minimal Art. ❘ 21
78 vgl. Ebenda S. 137ff.
79 In der synchronen Zeit finden sich die minimalen Unterschiede zwischen den Kumpeln und nicht am einzelnen Readymade.
80 Sebastian Egenhofer: „d. Neugeboren oder ready-made? Anfänglichkeit und Datierung“, S. 139.
81 Wie z.B. in den Arbeiten Pollocks, dessen Arbeiten die Spuren des Körpers bzw. der Bewegungen des Künstlers aufweisen.
82 Barbara Basting: „Teresa Margolles - Kunst gegen den Drogenkrieg“.
ersten Mal in Bañando el bebé zum Zentrum ihrer Kunst macht, handelt es sich um eine Leiche
unter Vielen, zugleich auch um eine Ausnahme unter den vielen Leichen, die zum Gegenstand von
Margolles Kunst geworden sind. Die genauen Umstände des Todes sind nicht bekannt, entgegen
anderer Arbeiten von Margolles, wo der Bezug zum Drogenkrieg und zu den Opfern des
Drogenkrieges immer offensiv gezogen wird, fehlt dieser bei dem Inhalt von Entierro. Anderseits
steht diese einzelne Arbeit im gesamten Werkkorpus unter der Konnotation der anderen Arbeiten
und verweist insofern gewissermaßen auch im Kontext der umfangreichen Literaturproduktion auf
Margolles, die von Verweisen auf den Drogenkrieg strotzt, also von diesen Informationen
vereinnahmt wird. Unabhängig davon ist die Totgeburt in Entierro eine Leiche unter vielen, die von
Margolles ausgewählt und zum Kunstwerk ernannt wird, unter vielen Leichen, die niemals das
Licht der Öffentlichkeit oder das ehrenvolle Dunkel eines anständigen Grabes erblicken. Denn nicht
nur die Leiche erscheint im Oeuvre von Margolles gewissermaßen als Produkt einer
Serienproduktion, auch die mit den Leichen verknüpften Geschichten bleiben kein Einzelfall.83
Die Trennung einer Leiche aus dem Meer der Leichen ähnelt insofern der déclaration und der
Trennung des Readymades von seinen Kumpeln.84 Im Moment dieser falschen déclaration bleibt
der indexikalische Verweis auf die Produktion erhalten und wird zugleich durchgestrichen. Insofern
pariert die Leiche ihre Tötung durch eine Neugeburt als Kunstwerk und verweist zum anderen
natürlich weiter auf den Ort und die Praxis ihrer Herstellung. Doch all dies ist bei Entierro ins
Innere eines Zementblocks gedrängt und verharrt dort gut verdrängt und trotzdem durch die
Oberfläche hindurch präsent.85 Der gescheiterte Versuch eine Gussform aus dem Baby zu erstellen86
kulminiert in einer Gussform, die eine zum Fötus gewordene Totgeburt nie mehr verlassen wird.
Dort wo Entierro die Repräsentation durch vermeintliche Präsentation zurückdrängt verbleibt der
indexikalische Verweis auf den Kreislauf der Produktion, der keine Bedeutung trägt, sondern
Das Parallelepiped und sein Double. Entierro als Widergänger der amerikanischen Minimal Art. ❘ 22
83 die Arbeit mit der Zunge und der Beerdigung / z.B. im Bezug auf Lengua, die gepiercte Zunge eines getöten Jugendlichen wurde laut Margolles auch gegen die Finanzierung der Bestattung getauscht. / Diese Geschichte der von ihr finanzierten Beerdigung wird von Margolles häufig erzählt.
84 Die Zeit des Infra Mince könnte gut an einzelnen Fotos von Lengua in variablem Verwesungszustand illustriert werden.
85 Insofern nimmt Entierro eigentlich eine Fetischstruktur85 an, da es in einer gespaltenen Existenz verharrt. Analogien zwischen Fetischstruktur und Kunst finden sich im „als ob“. Der Fetisch ist etwas Besonderes, da er als Stellvertreter für etwas fungiert was es per se gar nicht gibt, sondern was bereits vor seiner Enthüllung nur als weiblicher Penis in der Phantasie eines Knaben und nicht in dem, was als Realität bezeichnet werden müsste, existiert hat (Freud, Siegmund: Studienausgabe Band III. Psychologie des Unbewussten. S. Fischer Verlag, Frankfurt a.M., 1975., S. 393.). In den Fetisch ist derart seine Verneinung eingeschrieben. Der Fetisch ist zugleich die Sache selber, aber auch nicht. Realität und Nicht-Realität entspinnen sich zur selben Zeit in einer zweigleisigen Bewußtseinsstruktur. (Freud, Siegmund: Essays III. Auswahl 1920 - 1937. Herausgegeben von Dietrich Simon. Verlag Volk und Welt, Berlin, 1989., S. 235.) Sowohl in der Kunst als auch im Fetischismus gibt es einen Blick von außen, der sich über die seltsamen Geschehnisse verwundert, bzw. der sich über Behauptung und ihre Beschaffenheit zumindest grob im klaren ist, als auch einen Blick von innen, dem dies nur bedingt möglich ist. Bei Ich-Spaltung und Fetischismus handelt es sich um die Konzeptualisierung einer Innen - Außen oder einer Subjekt - Objekt Relation. In dieser Relation offenbart sich eine permanente Verstrickung zwischen Subjekt und Objekt. In seiner gespaltenen Anlage, die den Betrachter über die tatsächliche Beschaffenheit von Entierro im Dunklen lässt.
86 vgl. Amy Sarah Caroll: „Muerte Sin Fin. Teresa Margolles‘s Gendered States of Exception“ S. 108.
Bedeutung ist (in ihrer indexikalischsten und politischsten Konsistenz). Natürlich ist Entierro kein
Readymade. Es ist der Bastard eines Readymades und als Begriff würde hier passen: Readymade
des Todes.
Das Readymade des Totes und damit die Massenproduktion des Todes blicken aus Entierro auf den
Betrachter zurück. Allerdings verharrt dies in einer Struktur, die das „als ob“ nicht überschreitet, da
niemand weiß, ob es wirklich so ist (außer Teresa Margolles natürlich).
Das Parallelepiped und sein Double. Entierro als Widergänger der amerikanischen Minimal Art. ❘ 23
III Entierro und das Unheimliche
Entierro soll abschließend an einen Diskurs über das Unheimliche87 anschlussfähig gemacht
werden. Die Untersuchung hat auch eine allegorische Deutung von Entierro nahegelegt. Der
Schwerpunkt liegt auf dem Aspekt des Doppelgängers bzw. auf Homi K. Bhabhas Entwurf des
Doppelgängers, der die unheimlichen Qualitäten des Doppelgängers in der Anwendung eines
fremden kulturellen Idioms durch den heimatlos gewordenen Einwanderer verortet. Hinzuzufügen
wäre der Aspekt der Wiederkehr des Verdrängten, wobei dieses Verdrängte auf den unzugänglichen
Inhalt Entierros bezogen werden müsste. Oder wie Freud im Bezug auf Schellings Definition des
Unheimlichen hervorhebt: „Unheimlich sei alles, was ein Geheimnis, im Verborgenen bleiben sollte
und hervorgetreten ist“,88 d.h. durchaus eine Totgeburt deren Anwesenheit sich erst durch die
Lektüre eines Begleittextes aufdrängt. Hinzu kommen einige Notizen zur Struktur des Déjà-vu.
III.I Das Unheimliche am Objekt Entierro
III.I.I Das Unheimliche bei Margolles
Heriberto Yépez versteht Margolles Ästhetik im allgemeinen „als eine der unheimlichsten [...]
Betrachtungen des Körpers zu Beginn des 21. Jahrhunderts.“89 90 Allerdings kann dies nur bedingt
Das Parallelepiped und sein Double. Entierro als Widergänger der amerikanischen Minimal Art. ❘ 24
87 Einen allgemeinen Überblick über den Begriff gibt Vidler. Anthony Vidler historisiert den Begriff des Unheimlichen in seinem Buch Über das Unbehagen in der modernen Architektur vor allem im Hinblick auf dessen Verschränkung mit dem Bürgertum. In der Einleitung dieses Buches gibt er einen guten Überblick über eine entsprechende Begriffsgeschichte.Vidler sieht die Wurzeln eines zeitgenössischen Unheimlichen im ausgehenden 18. Jahrhunderts (vgl. Anthony Vidler: „Einleitung“ S. 21.) und konzipiert das Unheimliche im Hinblick auf Romantik und Moderne. Das Unheimliche erscheint für Vidler immer im Spannungsverhältnis zum Heimlichen bzw. zeigt sich ein heimeliges Innen im Kontrast zu unheimlichen Eindringlingen. (vgl. Ebenda S. 24f.) Das Unheimliche sei Symptom der Unsicherheit und Angst einer ganzen Klasse, die sich im noch wohligen aber schon inkonsistenten Heim an Detektivgeschichten ergrusele. (vgl. Ebenda S. 22.) Die individuelle Geborgenheit eines privilegierten Überblicks falle zum einen einer rasanten Metropolisierung und Verstädterung zum Opfer, zum anderen aber auch einer Zentralisierung der Macht, die die Entfremdung des Einzelnen bedinge.(vgl. Ebenda S. 22f.) Im Auge des Sturms, das heißt Kulminationspunkt von Mietzins, Naturgewalt und einer sich unerbittlich wiederholenden Geschichte habe sich der verstörte Bürger in einer Metropole gefunden, in der sich die Entfremdung des Einzelnen zunehmend zur Klassenentfremdung entwickelt habe. (vgl. Ebenda S. 23.) Es bietet sich an hier darauf zu verweisen, dass Mexiko-Stadt und Region, eine der größten Metropolen der Erde ist. In der Heimatlosigkeit der Moderne erscheint auch das Innere des Menschen selbst als problembehafteter Komplex. Vidler beschreibt im Hinblick auf Freuds berühmten Aufsatz Das Unheimliche die Psychologisierung des Unheimlichen. Er führt Neurosen und Phobien als Verfahren der Distanzierung von der Realität an und kommt auf Freuds Aufsatz als literaturwissenschaftliche Arbeit aber auch als Ausweitung der Psychoanalyse auf psychosoziale Fragestellungen zu sprechen (vgl Ebenda S. 25.).
88 Siegmund Freud: „Das Unheimliche“, in: Siegmund Freud (Hg.): Imago. Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften V (1919), Wien - Leipzig - Zürich: Internationaler Psychoanalytischer Verlag 1919, S. 297–324, hier: S. 302.
89 Heriberto Yépez: „Vom Rest“, S. 190.
90 Yépez Äußerung ist auf seine Analyse des Weiterlebens der Körpers nach dem Tod als Rest im Oeuvre von Margolles zu beziehen. Dies könnte sicherlich als eine Wiederkehr des Verdrängten bzw. als ein sichtbar werden von Körperflüssigkeiten und Zersetzungsprozessen, die gemeinhin das Daseins des Verdrängten zu führen pflegen, interpretiert werden. (vgl. Ebenda S. 189.) Das Weiterleben des toten Körpers spielt sich im Falle Entierros hierbei wenn überhaupt in Entierro ab, im Unsichtbaren und in der Imagination des Betrachters. Bemüht man sich um Jaureguis Ausführungen müsste vor Allem der Aspekt der Verschränkung von Heimlichen und Unheimlichen, das heißt Vertrautem und Alltäglichem mit dunkler Kehrseite betont werden. Jauregui verweist auf Margolles Materialien, die sich bei Kenntnis ihrer Herkunft mit Spannung und Schrecken aufladen. (Gabriela Jauregui: „Nekropolis: Die Exhumierung der Arbeiten von Teresa Margolles“, S. 142.) Auch Nike Bätzners Anregungen zum Verschwimmen der Grenzen von Subjekt und Objekt ließen sich ausführen, um sie auf das theatrale der Objektrelation zum Parallelepiped zu beziehen.
auf Entierro bezogen werden, da die Leiche in Entierro eine Ausnahme im Verhältnis zu anderen
Arbeiten von Margolles darstellt; sie ist zum einen vollständig abwesend, auch als Spur, während
sie zugleich im Unzugänglichen gewissermaßen im Status der Abwesenheit vollständig anwesend
ist und der Zementblock ist kein menschlicher Körper, er ist höchstens anthropomorph.
Thomas Macho ist der einzige Rezensent, der sich explizit auf Entierro bezieht. Macho klopft
animistische Assoziationsräume ab, die Entierro im Kontext des Aberglaubens verorten.91 Er
verweist auf „Legenden von ungeborenen Steinkinder[n]“92 und den „>>Kindstein von Kronos“93
aber auch die „im Mutterleib verkalkten, buchstäblich versteinerten“94 „Steinkinder“95, und verleiht
dem Zementblock somit ohne dieser Anregung nachzugehen, und ohne es auszuformulieren, die
Qualität eines Mutterleibs, das zugleich ein Grab ist. Ähnlich müsste die Totgeburt im Kosmos der
machoschen Interpretation angesiedelt werden: Sie erhält die Qualität eines Kindes, das für immer
im Mutterleib verharrt.
III.I.II Das Unheimliche am Parallelepiped
Georges Didi-Huberman entwirft in den beiden abschließenden Kapiteln von Was wir sehen blickt
uns an >>Form und Intensität<< und >>Die endlose Schwelle des Blicks<< das Unheimliche im
Hinblick auf die Minimal Art und ermöglicht so, unheimliche Attribute auch auf die Form von
Entierro anzuwenden.
Er verweist auf die Konzepte der Wiederholung und des Doppelgängers, die schon Freud in seinem
Aufsatz über das Unheimliche wichtig waren und wendet das Doppelgängerkonzept so auch
überraschend auf ein, wenn auch anthropomorphes, Parallelepiped an. 96 Hierbei beschreibt er das
Unheimliche als „eine Kraft, in der eine Erinnerung und eine Protention des Begehrens miteinander
verbunden sind.“97 Diese Formulierung muss als Erläuterung des Blicks und seiner Wiederholung
gelesen werden. Der Blick fällt zwei Mal auf Entierro einmal vor dem Klappschock und einmal
nach dem Klappschock. Was hier als Erinnerung formuliert wird, müsste im Bezug auf Entierro auf
Das Parallelepiped und sein Double. Entierro als Widergänger der amerikanischen Minimal Art. ❘ 25
91 vgl. Thomas Macho: „Ästhetik der Verwesung. Zur künstlerischen Arbeit von Teresa Margolles“, in: Thomas Macho und Kristin Marek (Hg.): DIE NEUE SICHTBARKEIT DES TODES, München: Wilhelm Fink Verlag 2007, S. 337 - 354, hier: S. 341.
92 Ebenda S. 341.
93 Ebenda S. 341.
94 Ebenda S. 341.
95 Siegmund Freud: „Das Unheimliche“ S. 341.
96 vgl. Georges Didi-Huberman: „Form und Intensität“ aus dem Französischen von Markus Sedlaczek, in: Was wir sehen blickt uns an. Zur Metapsychologie des Bildes, München: Wilhelm Fink Verlag 1999, S. 291 - 222, hier: S. 220.
97 Ebenda S. 220.
einen kulturellen Bilderreservoir umgemünzt werden, insofern die Bilder Vorstellungen und
Assoziationen sind, die sich mit dem Wort Fötus oder mit dem Beton Entierros verknüpfen und den
Betrachterblick prägen. Dies ist die Erinnerung, die das Begehren des zweiten und aller folgenden
Blicke färbt.98
Didi-Huberman erläutert die Beziehungen zwischen Unheimlichem und der Verdrängung als eine
Spur der Entfernung, auf die die endlose Schwelle des Blicks verweise. Das Unheimliche wäre also
nicht nur die Spur des gemeinhin häufig verdrängten Todes, sondern auch die Spur des Todes der
als kapitalistischer Ausschuss von Drogenkriegen und Industrialisierung produziert wird, sowie
weiterer semantischer Anhänge Entierros, die im folgenden aufgeklärt werden müssten. Didi-
Huberman konkludiert:
„Könnte man gar soweit gegen, die Intensität einer Form metapsychologisch als die Wiederkehr des Verdrängten in der Sphäre des Visuellen und, allgemeiner noch, in der Sphäre der Ästhetik zu definieren?“ 99
In diesem Sinne müsste der Betonblock als durch den Paratext intensivierte Form beschrieben
werden, die sich gerade in dieser Konfiguration und in diesem Sehen, dass sich durch die
abwesende Anwesenheit des Verdrängten auszeichnet, unheimlich wird. Das Unheimliche wird
hierbei zum Attribut der Objektbeziehung, in die der Betrachter von Entierro hineingesogen wird.
Es wäre anzumerken, dass es hierfür tatsächlich vollkommen egal ist, was sich tatsächlich in
Entierro befindet.
III.II Notizen zur mexikanischen Moderne
III.II.I Die Moderne und der Beton
Befragt man Kirsten Einfeldts Studie über die moderne Kunst in Mexiko, kommt man nicht umhin
zur Kenntnis zu nehmen, dass die Kunst im öffentlichen Raum eine besondere Rolle in der Arbeit
Das Parallelepiped und sein Double. Entierro als Widergänger der amerikanischen Minimal Art. ❘ 26
98 Didi-Huberman verweist aber auch auf Freuds Bestimmung der Desorientierung als paradigmatisches Merkmal des Unheimlichen. (Georges Didi-Huberman: „Die endlose Schwelle des Blicks“ aus dem Französischen von Markus Sedlaczek, in: Was wir sehen blickt uns an. Zur Metapsychologie des Bildes, München: Wilhelm Fink Verlag 1999, S. 223 - 246, hier: S. 223.) Die Desorientierung wird von Didi-Huberman als Kulminations- und Schnittpunkt von Kastrationsangst und Mutterleibsphantasie dargestellt. Man könnte hier auf die Angst lebendig begraben zu werden verweisen, die eng mit dem Begehren in den Mutterleib zurückzukehren verknüpft ist, auf die auch Macho aufmerksam macht. Didi-Huberman illustriert es an Joyces Protagonisten Stephen Dedalus, dem das Meer aus dem Verlust der Mutter als gewaltiger Mutterleib ersteht. Ist man gewillt diese Überlegungen Didi-Hubermans mit einigen Bemerkungen von Anthony Vidler zusammenzudenken könnte man Folgendes anführen: Vidler verbindet in seinen Reflexionen zum Lebendig begraben werden die archäologische Vorliebe für den Untergang Pompejis mit der Sehnsucht nach einer vollständig restaurativen Archäologie und inszeniert diese auf der Bühne seines Textes als gewaltige Rückkehr in den Mutterleib. (Anthony Vidler: „Lebendig begraben“, in: Anthony Vidler: unHeimlich: über das Unbehagen in der modernen Architektur, Übersetzt von Norma Keßler. Hamburg: Edition Nautilus 2002, S. 69 - 81, hier: S. 80f. ) Entsprechend könnte es auch dies sein, was eine Faszination des Betrachters für Entierro begründet und den Betonklotz als allerdings unbarmherzigen Mutterleib zur Geltung bringt, um dem Betrachter eine Position als Archäologe des verdrängten Begehrens zuzuweisen.
99 Ebenda S. 222.
an der nationalen Identität Mexikos der Moderne gespielt hat.100 Auch verdeutlichen Einfeldts
Untersuchungen die Bedeutung von Kolonialvergangenheit, Amerikanisierung und
Industrialisierung für das damalige und das heutige Mexiko und seine Kunstdiskurse. Diese prägen
die nationale Identität Mexikos und sind ihr fester Bestandteil .101 In diesem Konglumerat genauso
wie in der sich schließlich institutionalisierenden Revolution Mexikos, kommt den
Modernitätsdiskursen von Aufbruch und Erneuerung eine wichtige Rolle zu. Oder: Um die
Moderne auf einen Satz von Henri Lefebvre herunterzubrechen, der das Neue Leben als prägende
Figur der Moderne begreift: „Dies war bereits da, in der Nähe, war möglich, fast gegenwärtig noch
unterdrückt, abseits, absent und harrte nur des Augenblicks der Befreiung. Das Neue Leben [...]“102.
In den Diskursen von Aufbruch, Erneuerung, und wie Einfeldt hervorhebt Internationalität103, misst
Einfeldt materialikonographischen Untersuchungen einen besonderen Stellenwert zu104, die dazu in
der Lage sind, einige Gedanken zu Entierro anzuregen.
Einfeldt bespricht die Arbeit an der nationalen Identität des Mexikos der Moderne anhand des
Widerstreits zweier Diskursströmungen, d.h. einer sich internationalisierenden Ablösungbewegung
von der vornehmlich Figurativen und ,realistischen‘ Revolutionskunst hin zur Abstraktion und dem
Ringen um die Repräsentation einer authentischen Nationalkultur. Einfeldt betont Mexikos
Aufbruch nach dem zweiten Weltkrieg in rasche Industrialisierung und aggressive Verstädterung. In
diesem Spannungsfeld beschreibt sie die Geschichte der Kunst im öffentlichen Raum Mexikos als
Geschichte einer ideologisch verbrämten Arbeit an der nationalen Identität. Dies geschieht an der
Kante eines modernen Thaumatrops zwischen dem spezifisch mexikanischen und internationalen
Einflüssen.105 Die nationale Identität erscheine hierbei seit Beginn der mexikanischen Revolution
als „Instrument des offiziellen Machtdiskurses“106 .
Für die Widerspiegelung dieses Widerstreits bescheinigt Einfeldts Studie den genutzten Materialien
eine hohe Relevanz. So führt sie der mexikanischen Landschaft entnommene Materialien wie z.B.
Eruptivgestein auf, aber, und dies scheint ein Aspekt zu sein, der in einer Analyse von Entierro
Das Parallelepiped und sein Double. Entierro als Widergänger der amerikanischen Minimal Art. ❘ 27
100 Einfeldt schreibt: „In der bildenden Kunst in Mexiko wurde die Auseinandersetzung mit der nationalen Identität nach 1950 vornehmlich in Arbeiten im öffentlichen Raum sichtbar.“ (Kirsten Einfeldt: „Einleitung“, in: Moderne Kunst in Mexiko. Raum, Material und nationale Identität, Bielefeld transcript Verlag 2010, S. 15 - 23, hier S. 12.)
101 Ebenda S. 11.
102 Henri Lefebvre: „Viertes Preludium. Über das Thema des Neuen Lebens.“, in: Einführung in die Modernität. 12 Preludien, Aus dem Französischen von Bernd Schwibs, Frankfurt a.M. 1978, S. 81 - 115, hier: S. 82.
103 Kirsten Einfeldt: „Einleitung“ S. 19.
104 Ebenda S. 19.
105 Ebenda S. 16.
106 Ebenda S. 16.
berücksichtigt werden muss, auch den Beton. Dem Beton kommt eine doppelte Funktion zu,
insofern er in der Lage ist, sowohl Modernität, als auch prähispanische107 Tradition zu
symbolisieren.108 Der Beton kommt hierbei nicht nur in der abstrakt modernen, sondern auch in der
Revolutionskunst als Träger fortschrittlicher und industrieeuphorischer Konnotationen zum Einsatz. 109 Beton/Zement erscheint insofern als der Werkstoff zur nationalen und internationalen
Repräsentation einer nationalen Identität des Aufbruchs ins neue Leben der Moderne,110 und des in
den Fortschritt aufbrechenden neuen Mexikos.111
Um Entierro nun also erneut und zum wiederholten Male zu beschreiben: Es handelt sich um einen
Beton/Zementblock der eine Totgeburt beinhaltet. Beton/Zement erscheint laut Einfeldts Studie als
das Material der Kunstproduktion der mexikanischen Moderne. Beton/Zement erscheint als das
Material der Identitätsprägung einer mexikanischen Moderne. Diese feiert ihr neues Leben als
Aufbruch in Internationalität und fortschrittlichen Industrialisierung. Der Zement, als
emblematisches Material von Mexikos Neugeburt, beinhaltet in diesem Fall eine Totgeburt.
Das déjà-vu, wie es sich bei Freud findet, bietet sich an, diese Konstellation zu beschreiben. Ein
déjà-vu ist ein Phänomen, in dem eine Person eine Erfahrung so erfährt, als habe sie diese
Erfahrung bereits gemacht. Freud beschreibt und analysiert dieses Phänomen in seinem Text
Das Parallelepiped und sein Double. Entierro als Widergänger der amerikanischen Minimal Art. ❘ 28
107 Vermutlich spielt Einfeldt auf den Beton der Maya an. Die prähispanische Konnotation des Betons erklärt sich, da bereits die Maya eine mit Kalk angemischte Form des Betons erfanden. Zugleich erscheint der Beton in der Moderne als Werkstoff industrieller Fertigung.
108 vgl. Kirsten Einfeldt: „Resümee und Ausblick“, in: Moderne Kunst in Mexiko. Raum, Material und nationale Identität, Bielefeld transcript Verlag 2010, S. 329 - 337, hier S. 331.
109 Die Überlegungen bezüglich der materialikonographischen Relevanz von Beton für Entierro sind ein zweischneidiges Schwert. Zunächst lohnt es sich hervorzuheben, dass Zement tatsächlich ein Bestandteil von Beton ist. Gesteinskörnung und Anmachwasser ergeben gemischt mit Zement Beton. Vielleicht erscheint es als Haarspalterei diese Unterscheidung zu befragen, da auch Einfeldt in Verwendung der Bezeichnungen im Verlauf ihrer Studie manchmal scheinbar synonym verfährt und hier von Beton spricht und dort von Zement. Dennoch besteht hier Klärungsbedarf. Denn es lässt sich nur schwerlich klären, worum es sich bei dem Material von Entierro handelt. Ich führe nur einige von unzähligen Beispielen an: So spricht Ralf Schlter in der Art Nummer 7 von 2004 von einer „kubische[n] Betonskulptur“ (Ralf Schlter: „Schock und Leere“, Review in: art, Nr. 07 Jahrgang 2004 S, 102 - 103, hier: S. 102.) R. Scott Bray spricht in seinem Aufsatz „En piel ajena: The work of Teresa Margolles“ von einem „Block of concrete“ (R. Scott Bray: „En piel ajena: The work of Teresa Margolles, in: Law Text Culture, Volume 11, Issue 1, Wollonggong 2007, S. 13 - 50, hier: S. 25.), wohingegen der Frankfurter Katalog eindeutig Zement als Material aufführt (vgl. Teresa Margolles: „Muerte sin fin: Abbildungen / Imágenes / Plates“, S. 234.). Für beide Positionen ließen sich unzählige Zitate anführen. Gleichwohl scheint die materialikonographische Analogie zumindest nahe zu liegen, auch wenn sich im Bezug auf das Verwirrspiel von Zement und Beton kein eindeutiger Ausgang aufzeigen möchte. Außer für den materialwissenschaftlichen Kenner oder für den bautechnisch Ausgebildeten dürfte der Unterschied sowieso nicht allzu offen zu Tage liegen, wie es auch die uneindeutige Verwendung der Bezeichnungen in Literatur, Besprechungen und Katalogen nahe legt.
110 Zur Moderne als Versprechen des Neuen Lebens und ihrem Scheitern auch: vgl.: Jorn Etzold: „Schreiben der Stagnation“, in: Butis Butis (Hg.): Stehende Gewässer. Medien der Stagnation. Zürich - Berlin: Diaphanes 2007, S. 127 - 137.
111 Folgt man Einfeldt, bricht die Arbeit an der Repräsentation einer fortschrittlichen nationalen Identität Mexikos erst in den 70er Jahren mit einer Ephemisierung der Kunst im öffentlichen Raum ab. Neben Santiago Sierra wird Teresa Margolles von Einfeldt als eine der Hauptvertreterinnen der hierauf in den 90ern folgenden Künstlergeneration aufgeführt, die sich kritisch mit den nationalen Machtverhältnissen auseinandersetzt (allerdings anhand von Arbeiten im öffentlichen Raum und nicht anhand von Entierro). (vgl. Kirsten Einfeldt: „Resümee und Ausblick“ S. 335.) In den 70ern bricht im allgemeinen, Einfeldt spricht davon, nicht im Bezug auf Margolles, der fortschrittseuphorische Einsatz von Beton als Material der nationalen Repräsentation. (Ebenda S. 331f.)
>>Eine Erinnerungsstörung auf der Akropolis<<112. Freud schildert einen Aufenthalt auf der
Akropolis in Athen und stellt fest, dass er eigentlich nie so recht an die Existenz der Akropolis
geglaubt habe. Im Folgenden zieht er diese Erinnerung in Zweifel und stellt fest, dass er durchaus
an die Akropolis geglaubt habe und, dass ihm diese Überzeugung nun zum ersten Mal als
Verfälschung der Vergangenheit eingegeben worden sei.113 Er analysiert dieses Phänomen als
Entstellung und begründet es in Schuldgefühlen und Verdrängtem.
Es geht hier weniger darum zu behaupten, dass der Betrachter sich beim Betreten des Entierro
beinhaltenden Ausstellungsraumes plötzlich in Mexikos Moderne zurückversetzt sieht. Vornehmlich
scheint es das Phänomen des déjà-vus allerdings in seiner Struktur zu ermöglichen, die
Anwesenheit der mexikanischen Moderne im Beton von Entierro zu beschreiben. Freuds Entwurf
des déjà-vu konzeptualisiert dieses nämlich als die Anwesenheit eines verdrängten, unbewussten
Gehalts in der gegenwärtigen Wahrnehmung.114 Wenn Margolles eine Totgeburt in das Material der
Fortschrittsverheißungen der Moderne eingießt, formuliert dies eine zumindest strukturell ähnliche
Beziehung aus, in der eine zeitgenössische Ausformung in die Vergangenheit ihrer
Materialikonographie und in einen Bezug auf das kulturelle Gedächtnis Mexikos getaucht ist:
Kurzum: es ist, als hätte man diesen Beton schon einmal gesehen, und darin, wie daran, rumort die
Entstellung und durch sie das Verdrängte.
III.II.I Notizen zum Rest
Das Unheimliche erscheint in Viddlers Ausführungen als transzendentale Heimatlosigkeit.115
Entsprechend beschreibt Homi Bhabha in seinen postkolonialen Ausführungen den Kontrast von
heimlich und unheimlich im Hinblick auf die zeitgenössische Heimatlosigkeit per se: die Erfahrung
der Migranten und Kolonisierten.116 Die Heimat des Kolonialisierten ist nicht nur abwesend,
sondern einfach ersetzt. Ein entsprechendes Mexiko Bild gibt Heriberto Yépez seinen Lesern auf
den Weg.
Das Parallelepiped und sein Double. Entierro als Widergänger der amerikanischen Minimal Art. ❘ 29
112 Siegmund Freud: „Brief an Romain Rolland (Eine Erinnerungsstörung auf der Akropolis)“. GESAMMELTE WERKE: XVI, Werke aus den Jahren 1932-1939, Frankfurt a.M.: S. Fischer Verlag GmbH 2010, S. 250-257.
113 vgl. Ebenda S. 253 - 257.
114 Jay E. Harris: Freud‘s ,Dèja`-cu‘ in the Acropolis of His Mind“, in: How the brain talks to itself: A Clinical Primer of Psychotherapeutic Neuroscience. New York: The Haworth Press 1998, S. 205 - 206, hier: S. 206.
115 vgl. Anthony Vidler: „Einleitung“, S. S. 26.
116 vgl. Bhabha, Homi K.: „DissemiNation: time, narrative, and the margins of the modern nation“ ,in: Homi K Bhabha (Hg.): Nation and Narration, USA & Canada: Routledge 1990, S. 291 - 320, hier: S. 316 - 320.
Heriberto Yépez mahlt in seinem Aufsatz >>Vom Rest<< ein Bild von Mexiko, dass er umfassend
als Rest versteht und mit den Begriffen Co-Körper und Post-Mortalem Körper umschreibt.117 Yépez
spricht hierbei sowohl vom Zustand des geographischen, topographischen Körpers, als auch vom
Zustand des indigenen Körpers. Er betont hierbei die geographische Halbierung Mexikos von 1847,
die aktuelle Grenz- und Einwanderungspolitik, bzw. die illegalen Einwanderer in den USA. Der
Körper Mexikos sei ein biologischer, geographischer und ideologischer Rest. Yépez betont: „Der
mexikanische Körper hat sich psychologisch und historisch in sein eigenes Double oder Residuum
verwandelt.“118
Yépez zeichnet einen mexikanischen Nihilismus nach, der seinen Ausgang vom Einfall der Spanier
im 16. Jahrhundert nimmt und sich in die spanische Kolonialzeit fortsetzt. Yépez schreibt über die
Wirtschaftskrise und die Folgen von Drogenherrschaft und die Begünstigung von
Billiglohnfabriken durch die NAFTA.119 Dies habe zur Folge, dass der Körper der Ahnen und die
damit verbundenen Vorstellungen zwar noch in Form von im kollektiven Unbewussten
fortbestehenden, präkolonialistischen Körperbildern allgegenwärtig seien, dass der zeitgenössische,
indigene Körper aber weder Leichnam noch lebendig sei. Er habe eine post Mortale Form als Anti
Fleisch angenommen.120 Yépez beschreibt den Körperbegriff in all seinen Implikationen und
Konnotationen im Bezug auf Mexiko so, dass der mexikanische Körper letztlich als postkolonialer
Zombie, oder untotes Spukgespenst verstanden werden muss. Im Über-Ich dieses Körpers sind es
die Strebungen der Kolonialherren, die sich tief eingeschrieben haben. Insofern verweisen
„,Globalisierung‘, [...] ,Modernisierung‘, [...] [und] Amerikanisierung‘ Mexikos auf die Ebene des
Über-Ichs.“121
Die Beschaffenheit von Mexiko im Hinblick auf einen Begriff von Heimat wäre also diese: Nicht
nur die Heimat fehlt, sogar der Körper und die psychische Disposition sind überlagert und
überschrieben. Sie tragen Spuren einer kolonialen Erziehung und Konditionierung. Die Heimat, wie
Yépez immer wieder betont ist der Rest, das was fault und übrig bleibt. Das Analyseinstrument, das
von Yépez angeboten wird, um ein zeitgenössisches Verständnis von Margolles Arbeiten zu
gewinnen, entspricht seinen Ausführungen zu Mexiko als Rest:
Das Parallelepiped und sein Double. Entierro als Widergänger der amerikanischen Minimal Art. ❘ 30
117 vgl. Heriberto Yépez: „Vom Rest“, S. 188.
118 Ebenda S. 188.
119 vgl. Ebenda 189.
120 vgl. Ebenda 185.
121 Ebenda S. 185.
„Die Künstlerin bearbeitet in diesem Sinne mexikanische Konzeptionen des Körpers im Kontext der ökonomischen (und krypto-politischen) Anbindung Mexikos an die Vereinigten Staaten (und in geringerem Maße an Kanada)“ 122
Yépez wörtlich zu nehmen müsste also bedeuten es wie folgt zu formulieren: Die rigide
Ausformung eines amerikanisierten Über-Ich‘s trägt zu minimalistischen Ausformungen von
Margolles Entierro bei. Im Inneren allerdings schmort der Rest und das ist Mexiko. Im übrigen
allerdings legt diese Deutung ein krudes oder überdeutliches allegorisches Potential in Entierro
offen.
III.III Entierro als kultureller Wiedergänger
Ein "älterer Herr im Schlafrock, die Reisemütze auf dem Kopf"123 den Freud im Abteil seines
Schlafwagens ausmacht, entpuppt sich als Spiegelbild seiner Selbst. Seine Abneigung gegenüber
diesen Herren erscheint ihm als Überrest der Empfindungen, die ihn dazu verleiten, den
Doppelgänger im Kontext des Unheimlichen zu thematisieren. Freud diagnostiziert den
Doppelgänger als vermeintlich überwundene seelische Bildung, in der sich "alle unterbliebenen
Möglichkeiten der Geschicksgestaltung"124 ansammeln können, die nicht zum Ausdruck gebracht
worden sind. In diesem Sinne und anhand von Freuds Erlebnisschilderung zeigt sich der
Doppelgänger in Freuds Studie als einer, der zugleich identisch und nicht identisch ist, ganz so wie
das Spiegelbild übereinstimmt und nicht übereinstimmt.
Im Rückgriff auf Freud und dessen Verortung des Doppelgängers im Bereich des Unheimlichen
sowie dessen Beobachtung, dass das Unheimliche und das Heimliche aufs Engste verbunden sind,
zeigt Homi K. Bhabha ein Verständnis des Doppelgängers im Bereich des Postkolonialen auf.
Der Bezugsrahmen der folgenden Argumentation ist zum einen die Amerikanisierungsbestrebung
der Modernen Kunst Mexikos und zum anderen das genuin amerikanische Potential der Minimal
Art.
Für meine Zwecke möchte ich im Folgenden Bhabhas Überlegungen im Bezug auf Yépez Mexiko
Entwurf gedacht wissen, insofern die Heimat Mexiko durch das kolonisierte, industrialisierte,
amerikanisierte Über- Ich geprägt ist. Auch ist offensichtlich, dass es sich bei den
Amerikanisierungbestrebungen Mexikos nicht um die Bestrebungen einer Kolonialmacht handelt,
Das Parallelepiped und sein Double. Entierro als Widergänger der amerikanischen Minimal Art. ❘ 31
122 Ebenda S. 191.
123 Siegmund Freud: „Das Unheimliche“, S. 320, Fussnote 13.
124 Ebenda, S. 310.
sondern dass es sich sich hier um einen Sachverhalt handelt, der in die Fragestellungen des Neo-
Kolonialismus reicht, deren Tragweite ich hier nur andeuten, aber nicht klären kann.
Bhabhas Überlegungen beziehen sich durch seine Beispiele letztlich auf den Einwanderer, der sich
in einem Land mit ihm fremder Kultur aufhält. Da es bei Bhabha Entwurfs vor Allem um die
Unheimlichkeit dessen geht, was eben nicht heimisch ist, d.h. dessen, was sich nicht in die
Bestrebungen einer nationalen Repräsentation integrieren lässt, halte ich grade dieses Argument
bezüglich der Verschränkung von Fremdheit, Unheimlichen und moderner Nation für auf Entierro
anwendbar.
Homi K. Bhabha entfaltet in seinem Text >>DissemiNation<< einige Überlegungen zu einem
Begriff der kulturellen Differenz und dessen unheimlicher Qualität. Seine Überlegungen hierzu lässt
Bhabha in den Formulierungen von Benjamins Postulaten zur Sprache und ihrer performativen
Qualität und ihrer Relevanz für das Übersetzen, kulminieren. Bhabha legt nun einige Vorschläge für
einen nationalen Grenzbereich bzw. einen Zwischenraum und auch eine Zwischenzeit vor, wo
Bhabha „the uncanny moment of cultural difference“125 auffinden möchte. 126 Bhabha beschreibt
die Praxis der kulturellen Differenz als Eintragung der Differenz in die moderne Nation (der
Bhabha eine harmonisierende und auch totalisierende Funktion beimisst).127 Es handle sich um eine
Praxis, die ein nationales Wissen aus der Position des Anderen artikuliere. Es wird veräußert in der
Form der Wiederholung und es fügt dem Diskurs nichts hinzu, sondern zieht ihm etwas ab.128
Für Bhabha kann die Praxis der kulturellen Differenz nicht als antagonistische Position im Kampf
unterschiedlicher kultureller Werte, sondern als Intervention durch die Einschreibung in eine
kulturelle Praxis selbst verstanden werden.129 Insofern wird auch deutlich, inwieweit die Zeichen
kultureller Differenz für Bhabha nicht für sich allein bestehen können, sondern nur durch ihre
Implementierung, also per se unvollständig bleiben.130 Dies müsste insofern so verstanden werden,
als das Entierro nicht ohne die Minmal Art existieren kann, da Entierro sich in Form der kulturellen
Differenz auf diese bezieht und deren Wissen aus der Position des Anderen re-artikuliert bzw. sich
Das Parallelepiped und sein Double. Entierro als Widergänger der amerikanischen Minimal Art. ❘ 32
125 Bhabha, Homi K.: „DissemiNation: time, narrative, and the margins of the modern nation“ , S. 312.
126 Bhabha Text ist offensichtlich kein kunsthistorisches Instrument. Ich bemühe mich, was Bhabha Überlegungen zur Sprache und zur Geste betrifft auf künstlerische Idiome zu beziehen. Ich verstehe hier entsprechend das Gefüge Minimal Art als künstlerisches und amerikanisches Idiom. Entsprechend soll Entierro als mexikanische Repetition eines amerikanischen künstlerischen Idioms verstanden werden.
127 vgl. Ebenda u.A. S. 310.
128 vgl. Ebenda S. 311.
129 vgl. Ebenda S. 312.
130 vgl. Ebenda S. 313.
einschreibt, um etwas abzuziehen. Entierro wäre ohne den Bezug zur amerikanischen Minimal Art
in diesem Sinne unvollständig, da ihm in diesem Fall das künstlerische Idiom in dessen Kontext
Entierro installiert worden ist, abhanden gekommen wäre. Das genuin amerikanische und die damit
verbundene nationale Bedeutungsfülle verlöre die minimale Praxis allerdings in ihrer Realisierung
als Entierro.
Die unheimliche Struktur der kulturellen Differenz liegt nun in ihrer Beschaffenheit als
Doppelgänger, der in seiner Eintragung grade den Verlust von Bedeutung und den Verlust der Fülle
der Forderungen der Nation aufzeigt (der Minimal Art als genuin amerikanischer Kunst).
Entsprechend kann Bhabha dem Zeichen der kulturellen Differenz auch einen verspäteten Charakter
beimessen, denn es folgt auf den Nationaldiskurs und existiert nun in Relation und Verspätung zu
diesem als Wiederholung. Entsprechend schwer fiele es auch sich Entierro ohne eine im Vorfeld
geschehene Minimal Art vorzustellen.131
Der Entzug der (wahren) Bedeutung begünstigt das zu Tage treten des Furchtbaren, Ängstigenden,
Fremden, Leeren und Unheimlichem. Kurzum bestimmt Bhabha die kulturelle Differenz im
Zwischenraum und der Zwischenzeit des Unentscheidbaren und als Eintragung eines Minus in den
Ursprung132 , als das was nicht als das selbe zurückkehren wird, vielleicht könnte man sagen, als
Wiedergeher oder Hintenaufhucker, als Öffnung des kulturellen Systems durch die Intervention in
die differentielle Qualität des Zeichens. Dieser Gedanke ist relevant, da er verdeutlicht, dass
Entierro in seiner Anwendung und Entstellung der minimalistischen Praxis nicht als Kritik der
Minimal Art gelesen werden muss. Um mit Bhabha zu sprechen, handelt es sich um die Öffnung
und Rekonfiguration einer kulturellen Praxis, die, wie bereits gezeigt wurde, vornehmlich auf
Parameter geöffnet wurde, die in den Parallelepipeden der Minimal Art schon angelegt waren.
Der türkische Migrant dient Bhabha als Beispiel für einen Automat oder ein unheimliches Double
in dessen Körper der Verlust eingeschrieben ist. Anhand eines Zitats von John Berger zeigt Bhabha
auf, dass die Wiederholung nationaler Gesten durch den Migranten aufzeigt, dass die Durchführung
der Gesten die für den Einheimischen selbstverständlich sind, (und selbstverständlich rezipiert
werden) auf eine andere Reaktion treffen. Das heißt im Umkehrschluss, dass sie auch eine andere
Bedeutung offenbaren. Die nationalen Gesten, die in ihrer Durchführung durch den Migranten, als
Das Parallelepiped und sein Double. Entierro als Widergänger der amerikanischen Minimal Art. ❘ 33
131 Um dieses Argument zu festigen, rekurriert Bhabha auf Benjamin und dessen Postulat von der Fremdheit der Sprache. Die Sprache, so stellt Bhabha da, entfremdet den Inhalt und entzieht ihn dem unmittelbaren und stabilen Zugriff (Benjamin) der Nation (Bhabha): „The ill fitting robe of language alienates content in the sense that it deprives it of an immediate access to a stable or holistic reference ,outside‘ itself - in society.“ (Ebenda S. 314) Bhabha überträgt diese Überlegungen zur sprachlichen Übersetzung (Die differentiellen Zeichen der Sprache sind letztlich immer mit einem Überschuss an Bedeutung konfrontiert) auf die Sphäre des Sozialen.
132 vgl. Ebenda S. 304f.
von ihrer nationalen Bedeutung entleert erscheinen, lassen diesen zu einem, den Verlust der Heimat
rekapitulierenden, Automaten werden:
„In the repetition of gesture after gesture after gesture, [...] the mythical return, it is not simply the figure of repetition that is unheimlich, but the Turk‘s desire to survive, to name, to fix - which is unnamed by the gesture itself. The gesture continually overlaps and accumulates, without adding up to a knowledge of work or labour.“ 133
Der unheimliche Charakter den Bhabha ausmacht findet sich in der Wiederholung der Gesten, die
keine Fixierung und keine Heimlichkeit erreichen. Er, so Bhabha, sei ein Doppelgänger, der das
Leben eines Automaten lebt.134 Der Unheimliche erfahre sich hierbei auch selbst als unheimlich, da
er sich nicht als narzisstisches Identifikationsobjekt anbiete, und dem gegenüber verwehre, sich
selbst in ihm zu erkennen, genau wie auch die narzisstische Identifikation mit dem Gegenüber
verwehrt bleibe.
Unter dem Blickwinkel Bhabhas und im Rückgriff auf Yèpez müsste Entierro nun als entleerte
Wiederholung minimalistischer Gesten verstanden werden. Es handelt sich dann, um die
Aufführung eines kolonisierten Überichs, das eine befremdliche Wirkung zeitig, da seine Gesten
nicht so flüssig von der Hand gehen, wie dem, dem diese Kultur heimisch wäre.
Anfügen lässt sich noch, sollte ein amerikanisches minimalistisches Parallelepiped mit Entierro
konfrontiert werden, dass diesem dann sicherlich die narzisstische Identifikation verwehrt bliebe.
Das Parallelepiped und sein Double. Entierro als Widergänger der amerikanischen Minimal Art. ❘ 34
133 Ebenda S. 316.
134 vgl. Ebenda S. 316f.
Abschlussbemerkung
Die Untersuchung hat sich bemüht in drei Anläufen verschiedenen potentiellen Strata zu folgen, auf
denen Entierro das Archiv streift. In diesem Sinne sind in drei Anläufen Deutungsmöglichkeiten zu
Entierro aufgezeigt worden, die zugleich Unterfangen der historischen und kulturellen Bestimmung
gewesen sind. Zu diesem Zweck hat die Ausgrabung Überlegungen bezüglich der amerikanischen
Minimal Art der 60er Jahre, der mexikanischen Drogenkriege als Ziel einer indexikalischen
Verweisfunktion der Materialien und als Topos der wissenschaftlichen Debatte zu Margolles, sowie
zum semantischen Feld des Unheimlichen und des Doppelgängers im Hinblick auf postkoloniale
Theoriegenese ans Tageslicht befördert.
Diese Arbeit hat das Paralelepiped Entierro in seiner Form als mit den Parametern der Diskussion
um die Minimal Art spielenden Widergänger bestimmt sowie den Inhalt von Entierro als
Readymade des Todes. Damit wurde Entierro in allen formalen Belangen in Begrifflichkeiten, die
auf das Unheimliche rekurrieren, bestimmt. Zunächst wurde das Verhältnis zwischen Entierro und
Parallelepipeden von Donald Judd abgeglichen, um Gemeinsamkeiten vor Allem im Hinblick auf
Aspekte eines minimalistischen Idioms aufzuzeigen. Auch wurde deutlich, inwiefern Margolles die
Konfrontation mit diesem minimalistischen Idiom inszeniert. Letztlich dürfte diese Arbeit
zumindest deutlich gemacht haben, dass es nicht bei dem bleibt, was man sieht, und dass das, was
man sieht, nicht das ist, was es ist.
Als Vermutungen für eine vertiefende Fortführung der Studie haben sich im Verlauf Überlegungen
zum Werk Santiago Sierras, insbesondere zu dessen Pappkartons, die sich sicherlich auch gut als
Parallelepipeden verstehen lassen, nahegelegt, genauso wie ein Abgleich mit der Theoriegenese von
Giorgio Agamben, insbesondere zum homo sacer und zum nackten Leben. Auch würde sich eine
Vertiefung der im zweiten Kapitel unternommen Überlegungen zum Serialismus anbieten, genauso
wie eine Verortung von Margolles Kunstpraxis im und im Hinblick auf den Kunstmarkt. Es ist nicht
so, dass diese Untersuchung hier ein Ende hätte. Es handelt sich vielmehr um einen Zeit- und Platz
bedingten Abbruch der Schürfarbeiten.
Das Parallelepiped und sein Double. Entierro als Widergänger der amerikanischen Minimal Art. ❘ 35
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