das technologiefeld energie in berlin-brandenburg
DESCRIPTION
Die vorliegende Studie zeigt zum einen, dass die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg im Technologiefeld Energie über ein breites Spektrum an Forschung und Lehre in Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen verfügt. Zum andern zeigt sie, dass es eine große Zahl von Industrie- und Dienstleistungsunternehmen gibt, deren Geschäftstätigkeit mit der effizienten Erzeugung bzw. Nutzung von Energie im Zusammenhang steht. (218 Seiten)TRANSCRIPT
Studien zu Technologie und InnovationTSB Technologiestiftung Berlin
Sebastian Vogel
Das Technologiefeld Energie in Berlin-BrandenburgBestandsaufnahme · Entwicklungschancen · Handlungsansätze
www.technologiestiftung-berlin.de
ISBN 978-3-929273-70-0
REGIOVERLAG
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Zum Autor
Sebastian Vogel
Studium der Physik, der Vergleichenden Literaturwissenschaft, Politikwissen-
schaft und Philosophie in Augsburg und Vermont (USA). Promotion in
Theoretischer Physik mit einer Arbeit zur selbstorganisierten Strukturbildung
auf Festkörperoberflächen.
Von 2003 bis 2007 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Theoretische
Physik der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Seit Juli 2007
Mitarbeiter der TSB Technologiestiftung Berlin im Bereich Neue Technologie-
felder.
Dieses Projekt der TSB Technologiestiftung Berlin wird ausMitteln der Investitionsbank Berlin gefördert, kofinanziertvon der Europäischen Union, Europäischer Fonds fürRegionale Entwicklung. Investition in Ihre Zukunft!
US 1 18.07.2008 9:46 Uhr Seite 1
Das Technologiefeld Energie
in Berlin-Brandenburg
Studien zu Technologie und Innovation
Eine Schriftenreihe der TSB Technologiestiftung Berlinherausgegeben von Christian Hammel
Sebastian Vogel
Das Technologiefeld Energie
in Berlin-BrandenburgBestandsaufnahmeEntwicklungschancenHandlungsansätze
REGIOVERLAG
Herausgeber
Christian Hammel
TSB Technologiestiftung Berlin
Fasanenstraße 85 · 10623 Berlin
fon +49.30.46302-500
fax +49.30.46302-444
www.technologiestiftung-berlin.de
REGIOVERLAG 2008
Schwedter Straße 8 / 9B · 10119 Berlin
fon +49.30.443 77 015
fax +49.30.443 77 02 22
www.regioverlagberlin.de
Lektorat Peter Ring
Übersetzung Text International GmbH, Berlin
Layout Hans Spörri
Lithos und Fotosatz typossatz GmbH Berlin
Druck DRV Erfurt
Umschlagfotos oben: Beleuchtung Hauptbahnhof Berlin
(Semperlux AG Berlin / Achim Halzius)
unten links: Großkraftwerk Schwarze Pumpe
(Vattenfall Europe AG)
unten Mitte: Windpark Dubener Platte
(Das Grüne Emissionshaus)
unten rechts: Gasturbine der Siemens
Power Generation (Siemens Pressebild)
Redaktionsschluss Mai 2008
© TSB / REGIOVERLAG Alle Rechte vorbehalten
ISBN 978-3-929273-70-0
5
Studien zu Technologie und Innovation –
eine neue Schriftenreihe der Technologiestiftung Berlin
Mit dem hier vorgelegten ersten Band der Schriftenreihe Studien zu Techno-
logie und Innovation systematisiert die TSB Technologiestiftung Berlin die
Publikation ihrer Studien zu regionalen Aspekten von Technik und Innova-
tion in Berlin. Die TSB erarbeitet solche Studien seit ihrer Gründung im Jahr
1994 – zur strategischen Ausrichtung ihrer eigenen Aktivitäten, aber auch
als Beitrag zur Strategie entwicklung in der Region. Durch das gemeinsame
Dach einer Schriftenreihe soll der Zugang zu den Studien erleichtert und
zugleich ihr Verbreitungsgebiet vergrößert werden. Künftig werden in loser
Folge sowohl Studien zu umfassenden Technologie- und Innovationsfeldern
als auch kleinere Technologie reports zu ausgewählten einzelnen Technologien
publiziert. Neben der neuen Schriftenreihe erscheinen die bewährten Formate
der TSB-Gruppe, insbesondere die Branchenreports der TSB Innovationsagen-
tur Berlin GmbH zur Entwicklung der etablierten Kompetenzfelder der Berliner
Innova tionsstrategie, wie bisher.
Ziel der Studien zu Technologie und Innovation ist es, spezifische natur-
wissenschaftlich-technische Kompetenzen der Berliner Wissenschaft und der
Berliner Wirtschaft zu ermitteln und sichtbar zu machen. Im Ergebnis identifi-
zieren die TSB-Studien Forschungs- und Entwicklungsthemen mit besonderem
Potenzial für die Regionalentwicklung in Berlin. Dabei legt die TSB neben der
Betrachtung des Anwendungs- und Marktpotenzials vor allem Wert auf die
Analyse des regionalen Kooperationspotenzials der jeweiligen FuE-Gebiete. Die
Studien benennen deshalb Forschungs- und Entwicklungsthemen, die sich für
die Initiierung von Kooperationen sowie von gemeinsamen Forschungs- und
Entwicklungsprojekten mehrerer Forschungseinrichtungen bzw. wissenschaft-
licher Einrichtungen und Unternehmen eignen.
Im Wettbewerb zwischen Forschungs- und Entwicklungsstandorten geht
es nicht nur um die besten Köpfe, um die besten Forschungsergebnisse und
um Drittmittel der Industrie, sondern zunehmend auch um öffentliche Mittel.
Fördermittel für die Wissenschaft werden dabei verstärkt in Wettbewerben um
sehr hohe Summen vergeben. Derartige Wettbewerbe sind in der Regel nur
durch Kooperationen zu gewinnen, und zwar nicht nur durch Kooperationen
innerhalb der Wissenschaft, sondern auch durch Kooperationen zwischen For-
schungseinrichtungen und Industrieunternehmen. Intensivierung der regio-
nalen Kooperation und Ausbau vorhandener Stärken zu einer deutlicheren
überregionalen Profilbildung haben deshalb steigende Bedeutung für die
Entwicklung von Standorten und Regionen. Für Berlin leisten die TSB-Studien
einen Beitrag zur Profilbildung, indem sie Themen ermitteln, bei denen sich
lokale Akteure bereits eine vergleichsweise gute Position erarbeitet haben, und
6
indem sie diesen Akteuren Wege zur weiteren Verbesserung ihrer Position auf-
zeigen.
Die Studien zu Technologie und Innovation richten sich sowohl an Akteure
aus Wissenschaft und Wirtschaft, die im jeweils untersuchten Technikgebiet
tätig sind, als auch an Multiplikatoren aus Politik, Verwaltung und Öffent-
lichkeit. Nur durch deren Zusammenspiel und gemeinsames Auftreten kann
die Sichtbarkeit Berliner Forschungs- und Entwicklungskompetenz erfolgreich
erhöht werden.
Dr. Christian Hammel
7
Inhalt
Bruno Broich
Technologiestiftung Berlin verstärkt Aktivitäten im Energiebereich 9
Zusammenfassung 11
Abstract 14
1 Grundlagen 17
1.1 Anlass und Einordnung der Studie in die Arbeit der
TSB Technologiestiftung Berlin 17
1.2 Fragestellung und Ziel der Studie 18
1.3 Methodischer Ansatz und Datenbasis 21
2 Politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen 23
2.1 Allgemeine Rahmenbedingungen 23
2.2 Politische Rahmenbedingungen in der Region Berlin-Brandenburg 27
2.3 Verbände, Netzwerke und Initiativen 33
2.4 Schlussfolgerungen 36
3 Energiebezogene Wissenschaft und Ausbildung
in der Region Berlin-Brandenburg 37
3.1 Überblick 37
3.2 Wissenschaftliche Einrichtungen in Berlin 46
3.2.1 Universitäten 46
3.2.2 Fachhochschulen 50
3.2.3 Forschungsinstitute 52
3.3 Wissenschaftliche Einrichtungen in Brandenburg 59
3.3.1 Universitäten 59
3.3.2 Fachhochschulen 60
3.3.3 Forschungsinstitute 62
3.4 Übergreifende Wissenschaftsverbünde in der Region
Berlin-Brandenburg 65
3.5 Schlussfolgerungen 66
4 Strukturmerkmale der energiebezogenen Wirtschaft
in der Region Berlin-Brandenburg 69
4.1 Gesamtwirtschaftliche Rahmendaten 69
4.2 Die Energiewirtschaft in der Region Berlin-Brandenburg 71
4.2.1 Datenbasis und Aussagekraft der statistischen Indikatoren 71
8
4.2.2 Verarbeitendes Gewerbe 74
4.2.3 Energieversorgung 81
4.2.4 Energiedienstleistungen 84
4.2.5 Innovationsverhalten 87
4.3 Schlussfolgerungen 91
5 Potenziale in einzelnen Technologie- und Anwendungs-
feldern 93
5.1 Erneuerbare Energien 93
5.1.1 Photovoltaik 93
5.1.2 Solarthermie 112
5.1.3 Biomasse 118
5.1.4 Windkraft 125
5.1.5 Geothermie 128
5.1.6 Wasserkraft 129
5.2 Brennstoffzellen und Wasserstoff 130
5.3 Turbomaschinen 140
5.4 Kraftwerke 148
5.4.1 Konventionelle Großkraftwerke 148
5.4.2 Blockheizkraftwerke und Kraft-Wärme-Kopplung 152
5.5 Nutzung von Hoch- und Niedertemperaturwärme, Kesselbau 155
5.6 Transport, Verteilung und Speicherung von Energie 160
5.6.1 Elektrische Netze 160
5.6.2 Öl und Gas 168
5.7 Elektrische Antriebe 170
5.8 Informations- und Kommunikationstechnologie 173
5.9 Lichttechnik 176
5.10 Verkehr und Motoren 179
5.11 Gebäude 187
5.12 Industrie und Gewerbe 194
6 Erkenntnisse und Empfehlungen 197
6.1 Aussichtsreiche energiebezogene Handlungsfelder
in Berlin-Brandenburg 197
6.2 Maßnahmen zur generellen Stärkung des Technologiefelds
Energie in Berlin 202
Anhang
Verbände, Netzwerke und Initiativen aus dem Technologiefeld Energie
in Berlin und Brandenburg 206
Literatur 209
9
Technologiestiftung Berlin verstärkt Aktivitäten
im Energiebereich
Die TSB Technologiestiftung Berlin hat seit ihrer Gründung im Jahr 1994 immer
wieder neue Technologiefelder identifiziert und evaluiert, in denen Wissen-
schaft und Wirtschaft in der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg über erheb-
liche, sich wechselseitig ergänzende Kompetenzen und Innovationspotenziale
verfügen. Die aus solchen Studien abgeleiteten Handlungsempfehlungen an
die politischen Entscheidungsträger haben in Technologiefeldern, in denen
die regionalen Kompetenzen und Möglichkeiten für Kooperation und Inno-
vation besonders hoch erschienen, zur Gründung strategischer Initiativen oder
Aktions zentren geführt. In deren Folge haben sich die strategischen Kompe-
tenzfelder der Hauptstadtregion herausgebildet, die heute den Kern der regio-
nalen Innovationsstrategie bilden.
Kein anderes Thema beherrscht derzeit Wissenschaft, Wirtschaft, Politik
und breite Öffentlichkeit so sehr wie das Thema Energie und Klimaschutz.
Steigende Energiekosten und die Verpflichtung zur Senkung der Emissionen
zwingen dazu, neue Energieträger zu erschließen und effizientere Technolo-
gien zur Erzeugung und Nutzung von Energie zu entwickeln und einzusetzen.
Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, Forschung und Entwicklung in diesem
Gebiet deutlich zu intensivieren und neue Chancen zu nutzen. Erhöhte FuE-
Ausgaben der öffentlichen Hand und der Industrie zeichnen sich ebenso ab
wie höhere Investitionen. Dabei handelt es sich um einen weltweiten Trend.
Neuen Technologien zur Energieerzeugung wie zur Energienutzung werden
hohe Wachstumspotenziale zugetraut. Regionen, die über das Know-how
verfügen, solche Technologien zu entwickeln und der kommerziellen Nutzung
zuzuführen, werden sich als Forschungs- und Industriestandorte mit entspre-
chenden Tätigkeitsschwerpunkten profilieren können. Ebenso werden Regio-
nen wirtschaftlich profitieren, die sich der breiten Nutzung energieeffizienterer
Technologien verschrieben haben.
Es war deshalb für die TSB nahe liegend, sich intensiv mit den regionalen
Potenzialen des Technologiefelds Energie auseinanderzusetzen. Dazu wurden
18 Teilgebiete aus Energieerzeugung und Energienutzung detailliert untersucht
und die Akteure und Aktivitäten sowohl im Bereich der Wissenschaft als auch
in der Wirtschaft identifiziert. Die vorliegende Studie zeigt zum einen, dass
die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg im Technologiefeld Energie über
ein breites Spektrum an Forschung und Lehre in Hochschulen und außer-
universitären Forschungseinrichtungen verfügt. Zum andern zeigt sie, dass es
eine große Zahl von Industrie- und Dienstleistungsunternehmen gibt, deren
Geschäftstätigkeit mit der effizienten Erzeugung bzw. Nutzung von Energie im
Zusammenhang steht. Schließlich ergibt die Untersuchung, dass in der Region
10
im Technologiefeld Energie vielfältige Kooperationsmöglichkeiten zwischen
Wissenschaft und Wirtschaft bestehen, die noch nicht voll genutzt werden.
Die TSB empfiehlt, in ausgewählten Handlungsfeldern des Technologiefelds
Energie die Vernetzung der Akteure aus Wissenschaft und Wirtschaft voran-
zutreiben, den Technologietransfer zu forcieren sowie die regionalen Inno-
vationspotenziale durch Bündelung aller Kompetenzen und Ressourcen zu
erschließen. Sie wird im Rahmen ihrer zusammen mit der Senatsverwaltung
für Bildung, Wissenschaft und Forschung gestalteten Veranstaltungsreihe ›For-
schungspolitischer Dialog‹ wichtige Akteure aus Wissenschaft und Wirtschaft
zusammenbringen und auf Kooperations- und Handlungsmöglichkeiten im
Technologiefeld Energie hinweisen. Mit ihrem in der TSB Innovationsagentur
Berlin GmbH neu geschaffenen Bereich ›Energie, Bauen, Umwelt‹ wird die
TSB den Wissens- und Technologietransfer im Energiebereich forcieren und in
ausgewählten Handlungsfeldern Forschungs- und Entwicklungskooperationen
sowie innovative Verbundprojekte fördern.
Wir hoffen, dass möglichst viele Akteure und Entscheidungsträger aus
Wissenschaft, Wirtschaft und Politik die Ergebnisse der vorliegenden Studie
aufgreifen, die regionalen Kompetenzen im Energiebereich weiter stärken und
die vorhandenen Kooperations- und Innovationspotenziale nutzen werden.
Dr. Bruno Broich
Hauptamtlicher Vorstand der
Technologiestiftung Berlin
11
Zusammenfassung
Die Rahmenbedingungen für Entwicklung, Produktion und Vermarktung neuer
und verbesserter Energietechnologien sind derzeit äußerst günstig: Angesichts
knapper werdender fossiler Ressourcen setzt Deutschland auf eine Diversifizie-
rung des Energiemix. Gleichzeitig belasten steigende Energiepreise Wirtschaft
und private Haushalte; zur Verbesserung der Energieeffizienz sind erhebliche
Investitionen zu erwarten. Auch weltweit wächst der Markt für Energietechno-
logien. Allerdings wird die verfügbare Technik nicht ausreichen, um den Klima-
wandel zu bewältigen und eine nachhaltige Energieversorgung aufzubauen.
Innovative Lösungen sind erforderlich. Europäische Union und Bundesregie-
rung haben auf die Herausforderungen reagiert und die Forschungsförderung
ausgeweitet. Insbesondere alternative Energien und Technologien zur Steige-
rung der Energieeffizienz werden davon profitieren.
Unter dem Eindruck dieser Trends haben mehrere Regionen in Deutsch-
land ihre Kapazitäten in der Energieforschung mit teils erheblichen finanzi-
ellen Mitteln ausgebaut, vorhandene Kompetenzen in Schwerpunktbereichen
gebündelt sowie Plattformen zur Intensivierung der Kooperation zwischen
Wissenschaft und Unternehmen eingerichtet. Auch in Brandenburg sind Ener-
giewirtschaft und Energietechnologie als wachstumsfähiger Bereich identifiziert
und erste Initiativen gestartet worden. Auf Ministerebene wurde Energie als
mögliches gemeinsames Zukunftsfeld für Berlin und Brandenburg benannt.
Vor diesem Hintergrund wurde im Rahmen der vorliegenden Studie unter-
sucht, wo die energiebezogenen Kompetenzen von Berlin liegen, in welchen
Bereichen sich Berlin und Brandenburg ergänzen und wie sich die Region mit
Blick auf die Konkurrenz um Fördermittel und Marktanteile profilieren kann.
Danach ergibt sich folgendes Bild:
Der Energiebereich ist von erheblicher und zudem wachsender Bedeutung ■
für Wertschöpfung und Beschäftigung in der Region. Allein in Berlin ver-
folgen mehr als 350 Unternehmen unterschiedlicher Größenklassen mit
mindestens 29.000 Beschäftigten energiebezogene Geschäftszwecke. Davon
entfallen 22.000 auf das Verarbeitende Gewerbe, 6.000 auf Energieversor-
gungsunternehmen und (nach vorsichtigen Schätzungen) 1.000 auf Dienst-
leistungsfirmen. In Brandenburg dominiert die Energieerzeugung, aber
auch im Verarbeitenden Gewerbe und bei Energiedienstleistern gibt es eine
ganze Reihe von Unternehmen mit energiebezogenem Produktspektrum.
Forschungszentralen großer Konzerne aus dem Bereich der Energietechnik ■
gibt es in der Region nicht. In vielen kleinen und mittleren Unternehmen
sowie in den Berliner Werken der Großunternehmen werden aber Pro-
12
dukte und Verfahren für die Energietechnik erforscht und entwickelt. Alle
befragten Unternehmen betonen die Schlüsselrolle der Innovation für die
Erhaltung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Standorts.
In der öffentlichen Forschung beider Länder wird an einem breiten Spektrum ■
energierelevanter Themen gearbeitet. Zwar gehört die Region im Hinblick
auf Forschungsstärke sowie finanzielle und personelle Ausstattung nicht zu
den führenden Zentren der Energieforschung; auch ist die Etablierung von
wettbewerbsfähigen Schwerpunktbereichen und die Herausbildung eines
klaren Profils in der Energieforschung erst ansatzweise und in Teilbereichen
erfolgt. Dennoch zeigt schon die Zahl von schätzungsweise 500 Wissen-
schaftlern, die sich allein in Berlin mit energiebezogenen Fragestellungen
befassen, dass die Region über erhebliche Forschungskapazitäten verfügt.
Hinzu kommen Stärken bei Querschnittstechnologien wie den Informa-
tions- und Kommunikationstechnologien oder der Produktionstechnik.
Die Drittmitteleinnahmen der Berliner Universitäten im Bereich der Ener- ■
gieforschung sind vergleichsweise gering. Außerdem werden verhältnismä-
ßig wenige energierelevante Erfindungen aus Berlin patentiert. Dies deutet
darauf hin, dass das Kooperationspotenzial zwischen Wissenschaft und
regionaler Wirtschaft nicht ausgeschöpft ist und Defizite bei der Umsetzung
von Forschungsergebnissen in neue innovative Produkte vorhanden sind.
Hier bestehen Möglichkeiten zur Steigerung der Innovations- und Wettbe-
werbsfähigkeit der Region.
In einigen Kernfeldern sind bereits heute herausragende Kompetenzen ■
in Wirtschaft und Wissenschaft vorhanden. In Berlin gilt dies vor allem
für Turbomaschinen und für die Photovoltaik. Mehrere Forschungsein-
richtungen sowie größere Fertigungsstätten sind auch in den Bereichen
Antriebe, elektrische Netze und Lichttechnik vorhanden. Schließlich gibt
es Tätigkeitsfelder mit derzeit noch wenigen, jedoch leistungsstarken und
entwicklungsfähigen Akteuren. Dazu zählen Solarthermie, Abwärmenut-
zung und solares Kühlen, Automatisierungstechnik für energieoptimierte
Gebäude sowie Brennstoffzellen- und Wasserstofftechnologien. Diese
Bereiche lassen sich bis auf die Turbomaschinen drei übergeordneten The-
menblöcke zuordnen: dezentrale Energieversorgung, Energieeffizienz in
Gebäuden und Energieeffizienz im Verkehr.
Wie Berlin verfügt auch Brandenburg über wissenschaftliche Kompeten- ■
zen und umfangreiche Produktion bei Turbomaschinen und in der Photo-
voltaik. Hier bestehen die größten Gemeinsamkeiten zwischen den Län-
dern. Bei elektrischen Netzen liegt der Schwerpunkt herstellerseitig in
Berlin und zwar bei Netzkomponenten. Das Know-how der Betreiber und
wissenschaftlichen Institute in Brandenburg und die Berliner Kompetenzen
bei Produktion und Wissenschaft ergänzen sich jedoch. Ähnliches gilt für
die Solarthermie, bei der sowohl in Berlin als auch in Brandenburg Pro-
duktion stattfindet. Windkraft- und Biomassenutzung sind schwerpunkt-
mäßig in Brandenburg angesiedelt, aber auch in Berlin gibt es einige
13
wissenschaftliche Kompetenzen sowie Zulieferer und Dienstleister. Weiter-
hin sind Brandenburger Wissenschaftler und Unternehmen federführend an
der Entwicklung von Technologien für Braunkohlekraftwerke, für CO2-arme
Kraftwerke und für Geothermie beteiligt. In den drei letztgenannten und
weiteren Bereichen sind die Schnittmengen mit Berlin allerdings gering.
Berlin ist ein wichtiger Ausbildungsstandort mit einer ganzen Reihe ener- ■
giebezogener Studiengänge und einer größeren Zahl von Absolventen. Auch
Brandenburg verfügt über beachtliche Ausbildungskapazitäten. Gleichwohl
wird das Angebot an qualifizierten Fachkräften – insbesondere an Inge-
nieuren, aber auch an Technikern, Meistern und Facharbeitern – von den
Unternehmen vielfach als Engpass benannt. Die Herausbildung eines klaren
Profils und eine größere Industrienähe der Hochschulen werden auch unter
arbeitsmarktpolitischen Gesichtspunkten als wichtig angesehen.
Mit Blick auf die vorhandenen Forschungskompetenzen und die regional-
wirtschaftliche Relevanz, vor allem aber um die vorhandenen Potenziale und
Wachstumschancen optimal zu nutzen, ist eine stärkere Berücksichtigung des
Technologiefelds Energie in der Innovationsstrategie des Landes Berlin erfor-
derlich. Die Heterogenität des Bereichs verlangt allerdings ein differenziertes
Vorgehen. Insbesondere sollte sich die Innovationsförderung auf solche Berei-
che konzentrieren, die herausgehobene Potenziale aufweisen und bei denen
die eingesetzten Ressourcen die größten positiven Effekte erwarten lassen.
Um die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit in diesen aussichtsreichen
Bereichen zu verbessern, ist nach aller Erfahrung die gezielte Erhöhung des
Vernetzungsgrads der Akteure entscheidend. Durch Bündelung der Kompeten-
zen von Wirtschaft und Wissenschaft in themenspezifischen Innovationsnetz-
werken werden spürbare Vorteile erzielt. So profitieren die Netzwerkteilnehmer
von positiven Mengeneffekten durch gemeinsam genutzte Ressourcen und von
einer höheren Sichtbarkeit. Wissens- und Informationsaustausch, insbeson-
dere aber Verbundprojekte zwischen Wirtschaft und Wissenschaft verbessern
Technologietransfer und Innovationsfähigkeit. Deshalb sollten das entspre-
chende Kooperationspotenzial ermittelt und Verbundprojekte initiiert werden.
Ähnlich wie in anderen Städten soll in Berlin ein Energie- bzw. Klima-
schutzpaket aufgelegt werden, das die Diffusion von Maßnahmen zur Reduk-
tion von Kohlendioxidemissionen beschleunigt. Ein solches Programm kann
Impulse für die Entwicklung und den Markterfolg innovativer Technologien
aus der Region geben, unterscheidet sich jedoch von einer wirtschafts- und
forschungspolitisch begründeten Entwicklungsstrategie für das Technologiefeld
Energie. Die Zusage der Politik, diese grundsätzlich zu unterstützen und umzu-
setzen wäre ein wichtiges Signal. Im Detail muss die Strategie dann von den
Akteuren aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik gemeinsam entwickelt wer-
den. Um das Synergiepotenzial auszuschöpfen, aber auch mit Blick auf starke
konkurrierende Standorte sollte eine solche Konzeption von vornherein für die
Region Berlin-Brandenburg als Ganzes entworfen werden.
14
Abstract
Conditions are currently extremely favourable for the development, production
and marketing of new and improved energy technologies. In the face of the
diminishing supply of fossil fuel resources, Germany is focusing on diversifi-
cation of its energy mix. Meanwhile, rising energy prices have placed a bur-
den on the economy and private households. Substantial investments aimed
at improving the energy efficiency of buildings, transport and production can
be expected. The worldwide market for energy technologies is also growing.
However, currently available technology is not capable of coping with climate
change or establishing a sustainable energy supply. This will require innovative
solutions. The European Union and the Federal Government of Germany have
reacted to these challenges by increasing research funding. This will in parti-
cular benefit alternative energies and technologies aimed at increasing energy
efficiency.
Faced with these trends, several regions in Germany have invested substan-
tial sums to expand their capacities for energy research. They have combined
existing know-how into areas of concentration and established platforms
for intensifying cooperation between the science and business communities.
Energy management and energy technology have also been identified as viable
segments in Brandenburg and the first initiatives have been launched. At the
federal ministry level, energy has been identified as a possible field for future
joint efforts in Berlin and Brandenburg.
Against this background, the study looks at where Berlin’s energy-related areas
of expertise lie. It also examines the areas in which Berlin and Brandenburg
complement each other and how the region can distinguish itself in the com-
petition for funding and market share. The following picture emerged:
The energy sector is of significant, growing importance to the creation of ■
value and to employment in the region. In Berlin alone there are more than
350 companies of various sizes pursuing energy-related business goals.
These companies employ at least 29,000 people, including 22,000 in the
manufacturing sector, 6,000 in utility companies and 1,000 (according to
conservative estimates) employed in service companies. Energy production
dominates in Brandenburg, but there is also a wide range of companies in
the manufacturing sector and energy service providers with energy-related
product lines.
There are no research centres belonging to major energy management com- ■
panies in the region. However, research and development of products and
processes for energy management are carried out in many small and mid-
15
size companies as well as in plants owned by major companies in Berlin. All
of the companies surveyed emphasised the key role that innovation plays in
retaining and improving competitiveness of the region and its businesses.
Public research conducted in both federal states addresses a wide spec- ■
trum of energy-related topics. In terms of its research strength, funding
and number of personnel, the region is not one of the leading centres
for energy research. The establishment of competitive areas of concentra-
tion and development of a distinctive image within energy research has
been rudimentary and restricted to only a few subareas. Nevertheless, the
estimated 500 researchers who conduct energy-related research in Berlin
alone shows that the region offers significant research capacities. Added to
this are strengths in cross-sectional technologies such as information and
communication technologies or production engineering.
Third-party funding for energy research at Berlin universities is somewhat ■
limited. Moreover, relatively few energy-related inventions from Berlin are
patented. This indicates that the potential for cooperation between resear-
chers and regional industry is not being fully exploited and that deficits
exist in transforming research results into new and innovative products.
Opportunities exist here to increase the innovative and competitive capa-
bility of the region.
Outstanding expertise in certain key areas of industry and science is already ■
present. In Berlin this primarily involves turbo-engines and photovoltaics.
Multiple research facilities and large production plants focusing on engines,
electrical networks and lighting engineering are also present in the area.
There are fields of activity that currently involve few stakeholders, but these
participants are dynamic and capable of development. These include solar
thermal power, waste heat utilisation and solar cooling, automation for
energy-optimised buildings, fuel cells and hydrogen technologies. These
fields, with the exception of turbo-engines, can be classified into three
segments: decentralised energy supply, energy efficiency in buildings and
energy efficiency in transport.
Like Berlin, Brandenburg also possesses scientific expertise and extensive ■
production capacity in the turbo-engine and photovoltaic sectors. The two
federal states show the greatest similarity in these two areas. In electrical
networks, the manufacturer-side focus is in Berlin, and more specifically in
network components. However, the know-how of Brandenburg’s opera-
tors and research institutions and the expertise of Berliners in production
and science are mutually enhancing. For this reason, a notable interface
exists between the two federal states. A similar situation exists in solar ther-
mal power, where production takes place both in Berlin and, to a lesser
extent, in Brandenburg. Wind and biomass energy can primarily be found
in Brandenburg, supplemented by some areas of scientific expertise as well
as service and supplier firms in Berlin. Brandenburg’s researchers and busi-
nesses are leaders in the development of technologies for brown coal power
16
plants, low-CO2 power plants and geothermic energy. However, in these
three, and other, disciplines, there are few interfaces with Berlin.
Berlin is an important education and training location with a wide range ■
of energy-related courses of study and a high number of degree holders.
Brandenburg also offers significant educational capacities. Nonetheless,
companies often cite a shortage of qualified specialists – especially engi-
neers, but also technicians, master craftsmen and skilled labourers. Deve-
lopment of a distinctive image and a closer relationship between industry
and the universities is also considered important in terms of the labour
market.
Considering the existing research expertise and relevance to the regional
economy – and particularly the optimal utilisation of existing potential and
growth opportunities – greater significance must be placed on the field of
energy technology in Berlin's innovation strategy. However, the heterogeneity
of the sector requires a differentiated approach. Funding for innovation should
be concentrated in areas that show superior potential, where the most positive
impact can be expected from the implemented resources.
Experience has shown that the level of networking among stakeholders
should be systematically intensified in order to improve innovative capability
and competitiveness in these highly promising sectors. Noticeable benefits are
achieved by concentrating the expertise of industry and science within innova-
tion networks classified by subject area. Network participants gain from positive
volume effects resulting from the joint use of resources as well as from greater
visibility. Exchange of knowledge and information, especially in joint projects
between the business and research sectors, improve both technology transfer
and innovative capability. For this reason, the corresponding potential for stra-
tegic alliances should be determined and joint projects should be initiated.
According to plans, an energy and climate-protection package similar to
those in other cities will be launched in Berlin in order to accelerate diffusion
of activities to reduce carbon dioxide emissions. Such a programme can provide
impetus to the development and market success of innovative technologies
from the region. But this differs from development strategies for the fields of
energy technology that are based on economic and research policy. Agreement
from the political side to support and implement such a programme would be
an important signal. The strategy must then be developed in detail through
joint efforts involving stakeholders from industry, science and politics. In order
to fully exploit synergy potential while also taking into account highly com-
petitive locations, such a concept should from the outset be designed for the
Berlin-Brandenburg region as a whole.
17
1 Grundlagen
1.1 Anlass und Einordnung der Studie in die Arbeit der
TSB Technologiestiftung Berlin
Die vorliegende Arbeit eröffnet die neue Schriftenreihe der TSB Technologie-
stiftung Berlin, in der künftig wissenschaftliche Untersuchungen zu aussichts-
reichen Technikfeldern veröffentlicht werden.
Die TSB ist eine gemeinnützige Stiftung bürgerlichen Rechts. Sie hat sat-
zungsgemäß den Auftrag, die Wissenschaft zu fördern und erfüllt diese Auf-
gabe unter anderem dadurch, dass sie in ausgewählten Bereichen Netzwerke
und Kooperationen zwischen der Wissenschaft und den Unternehmen der
Region anregt und fördert. Auf diese Weise soll einerseits den Unternehmen
der Zu gang zu den Ergebnissen der Forschung erleichtert, andererseits der
Wissenschaft durch Kooperation mit der Wirtschaft zu Impulsen aus der Praxis
und zu Drittmitteln verholfen werden. Das operative Geschäft der TSB in den
Schwerpunktbereichen Medizintechnik, Biotechnologie, Verkehrssystemtech-
nik, In for mations- und Kommunikationstechnologie sowie Optische Techno-
logien / Mikrosystemtechnik wird seit Beginn des Jahres 2007 durch die Tochter-
gesellschaft TSB Innovationsagentur Berlin GmbH wahrgenommen.
Die Auswahl der von ihr unterstützten Themen nimmt die TSB selbst vor,
und zwar gemeinsam mit Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Berliner
Landesregierung, die im Kuratorium vertreten sind. Bei der Bearbeitung ihrer
Schwerpunktthemen und zur Identifizierung neuer Themen erstellt die TSB
Studien zu verschiedenen Technologiefeldern mit dem Ziel, Potenziale und Ver-
netzungsbedarf innerhalb dieser Felder zu erkennen. So wurden in den letzten
Jahren Studien zum Innovativen Bauen, zu Mikrosystemtechnik und Mikro-
elektronik, zu den Optischen Technologien und zur Ernährung durchgeführt.
Im Rahmen einer Großstudie, dem Projekt RITTS1 (Regional Innovation and
Technology Transfer Studies) wurde im Jahr 1998 eine Bestandsaufnahme aller
Innovationsfelder der Region vorgenommen. Dabei wurden über die bereits
genannten Themen hinaus auch Untersuchungen zu den Technologiefeldern
Produktionstechnik sowie Mess- und Regeltechnik durchgeführt. Schließlich
wurde in einer ersten Voruntersuchung2 aus den Jahren 2005 bis 2006 das
Technologiefeld Energie als erfolgversprechend für Berlin beurteilt.
1
TSB Technologiestiftung Innovationszent-
rum Berlin (1999).
2
Diese interne Potenzialbeschreibung
entstand 2005 als Vorarbeit zu einer
geplanten Diplomarbeit und wurde
wissenschaftlich von Prof. Dr.-Ing. Rolf
Hanitsch begleitet, mit Ergänzungen
aus dem Jahr 2006. Mitarbeiter waren
cand.-Ing. Helge Rugor, Marcus Schnei-
der, Simon Schäfer, Alexander Batteiger.
Die Potenzialbeschreibung kommt
abschließend zu der Schlussfolgerung:
›Die Evaluierung des Technologiefeldes
Energie hinsichtlich seines wirtschaft-
lichen und wissenschaftlichen Potenzials
hat eindeutige Innovationspotenziale
aufgezeigt. Dieses defi nierte Innovati-
onspotenzial soll in einer zweiten Stufe
zum Kompetenzfeld entwickelt werden‹
(Förster 2005, S. 38). Die Erkenntnisse
aus dieser Potenzialbeschreibung
wurden kritisch refl ektiert und sind in
die vorliegende Studie eingefl ossen.
Der Autor dankt den Interviewpart-
nern aus Wirtschaft und Wissenschaft
sowie den Mitarbeitern der TSB für ihre
Unterstützung und insbesondere Helga
Förster für ihre wertvollen Hinweise
zur Solarwirtschaft in Berlin. Aus der
Potenzialbeschreibung wurden insbe-
sondere Teile der Unternehmenslisten
zur Solarbranche in Berlin und zu den
Photovoltaikfabriken in Ostdeutschland
in Kapitel 5.1 übernommen sowie einige
weitere Angaben zu Aktivitäten von
Unternehmen und wissenschaftlichen
Einrichtungen in der Region. Die Ab-
schnitte zu den Wahlprogrammen, zum
Koalitionsvertrag und zu den Fraktionen
im Berliner Abgeordnetenhaus in Kapitel
2.2 der vorliegenden Studie wurden von
Christian Hammel verfasst.
18
1.2 Fragestellung und Ziel der Studie
Durch die Liberalisierung der Energiemärkte, steigende Energiepreise und den
Ausbau der erneuerbaren Energien haben Dynamik und Innovationsdruck im
Energiesektor in den vergangenen Jahren zugenommen. Die Frage, wie sich die
zukünftige Energieversorgung wirtschaftlich, sicher und gleichzeitig umwelt-
verträglich gestalten lässt, ist momentan in der öffentlichen Diskussion sehr
präsent und betrifft nahezu alle Bereiche von Gesellschaft und Wirtschaft. Die
vorliegende Studie analysiert, ob unter diesen Voraussetzungen durch gezielte
Netzwerkbildung, Anregung von Kooperationen, Förderung von Kooperati-
onsprojekten oder andere Maßnahmen positive Effekte für die Region erzielt
werden können.
Einen Überblick über die Hauptakteure im Technologiefeld Energie gibt
Abbildung 1. Das Feld energierelevanter Themen ist in dieser Studie im Unter-
schied zu anderen Publikationen und zu den Klassifikationsschemata der amt-
lichen Statistik verhältnismäßig weit gefasst. Im Mittelpunkt stehen einerseits
die klassischen energietechnischen Fragen der Energieerzeugung sowie des
Transports, der Verteilung und Speicherung von Energie, andererseits aber auch
Fragen der effizienten Energienutzung in Gebäuden oder im Verkehr. Direkt
oder indirekt ebenfalls von Bedeutung sind verschiedene Querschnittstechno-
logien und energiebezogene Dienstleistungen (Abbildung 2).
Abbildung 1: Akteure im Technologiefeld Energie
Politik und Verwaltung
Anwender
Private Haushalte
Unternehmen
Öffentliche Hand
Wissenschaft
Universitäten
Fachhochschulen
AußeruniversitäreForschungseinrichtungen
Netzwerke
Wirtschaft
Energieversorgungs-unternehmen
Hersteller und Zulieferer von Technologien zur Erzeugung, Verteilung, Speicherung und Nutzung von Energie
Anbieter von energie-bezogenen Dienstleistungen
19
Abbildung 2: Bereiche im Technologiefeld Energie
Die Untersuchung hat folgenden Ablauf: Zunächst erfolgt eine generelle Ein-
schätzung der Rahmenbedingungen, der Stärken und Schwächen sowie des
Potenzials der Region Berlin-Brandenburg in den energierelevanten Bereichen
von Wissenschaft und Wirtschaft. Darauf aufbauend werden einzelne Techno-
logien und Anwendungsfelder detailliert aufgearbeitet mit dem Ziel, mögliche
Wachstumsfelder für die Region zu identifizieren. Zu diesem Zweck werden
nach einer Bestandsaufnahme die Bedürfnisse der Beteiligten analysiert sowie
Bereiche und Akteure bestimmt, bei denen das Potenzial einer Vernetzung
besteht, die über das bereits vorhandene Maß hinausgeht. Der Schwerpunkt
der Analyse liegt auf den Kompetenzen von Wissenschaft und Wirtschaft sowie
auf innovativen Technologien, weniger dagegen auf Dienstleistungen oder
Geschäftsmodellen. Außerdem versucht die Studie festzustellen, welche Chan-
cen und Risiken in einer gezielten Förderung der identifizierten Zukunftsthe-
men liegen und benennt mögliche Maßnahmen dazu. Diese wurden teilweise
von den befragten Experten empfohlen, teilweise ergeben sie sich aus eigenen
Erzeugung
Photovoltaik
Solarthermie
Biomasse
Windkraft
Geothermie
Wasserkraft
Verbrennungs motoren
Brennstoffzellen
Gasturbinen
Großkraftwerke
Blockheizkraftwerke
Kesselbau
Generatoren
Energie
Nutzung, Verteilung,
Speicherung
Elektrische Netze
Wasserstoff
Öl- und Gas
Akkumulatoren und Batterien
Elektrische Antriebe
Abwärme
Solares Kühlen
Lichttechnik
Turboverdichter
Energiebezogene
Dienstleistungen
Service
Beratung
Planung
Projektierung
Contracting
Querschnittstechnologien
Informations- und Kommu nikationstechnologie
Werkstoffwissenschaften
Produktionstechnik
Steuerungs- und Regelungs-technik
20
Beleuchtungstechnik aus Berlin im neuen
Berliner Hauptbahnhof
Schlussfolgerungen. Die ausgesprochenen Empfehlungen sind als erster Ansatz
zu verstehen. Die Ausarbeitung eines konkreten Maßnahmenkatalogs muss
durch die relevanten Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik erfol-
gen.
Wegen der Breite des zu untersuchenden Feldes kann nicht jedes Thema mit
der gleichen Intensität analysiert werden. Auch Abbildung 2 zeigt nur einen
Ausschnitt aus dem großen Spektrum energierelevanter Themen. Die Studie
konzentriert sich auf das Land Berlin. Erkenntnisse über die Situation im Land
Brandenburg und darüber hinaus gehen in die Analyse ein, soweit sie vorlie-
gen und von Relevanz sind. Die beiden Bundesländer werden nachstehend als
Region Berlin-Brandenburg bezeichnet. Eine weitergehende Differenzierung
des Verflechtungsraums erwies sich als nicht zielführend für die Fragestellun-
gen dieser Studie, so dass im Folgenden darauf verzichtet wird.
In Abgrenzung zu anderen Veröffentlichungen wie dem Landesenergiepro-
gramm Berlin 2006 –2010 oder der Energiestrategie 2020 des Landes Branden-
burg gehört die Erarbeitung von Empfehlungen für die anwendungsorientierte
Umsetzung von Maßnahmen zur Verbesserung der Energiebilanz und des Kli-
maschutzes in der Region nicht zur Zielsetzung dieser Arbeit. Das Anwendungs-
potenzial, das einzelne Technologien in den beiden Bundesländern haben, ist
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21
hier nur insofern relevant, als es Chancen für Entwicklung und Vermarktung
innovativer Technologien eröffnet. Markt- oder Unternehmensbewertungen
sind ebenfalls nicht Gegenstand dieser Studie.
1.3 Methodischer Ansatz und Datenbasis
Wichtigste Informationsquelle für die Arbeit sind 63 Interviews, die im Sommer
und Herbst 2007 in Unternehmen, wissenschaftlichen Einrichtungen und mit
Intermediären (Verbände, Kammern, Verwaltungen) innerhalb und außerhalb
der Region geführt wurden. Drei Gesprächspartner wurden in ihrer Funktion
als Verbandsfunktionäre und Unternehmensmitglieder interviewt und werden
deshalb doppelt gezählt. Bei einigen Interviews waren mehrere Gesprächs-
partner anwesend, die jedoch nicht einzeln gezählt werden. Den Interviews
lag ein Leitfaden zu Grunde, der sich um die Themenblöcke ›Innovationsthe-
men‹, ›Eigenes Innovationsverhalten und Innovationsverhalten der Branche‹,
›Kooperationen‹, ›regionale Stärken und Schwächen‹, ›Innovatoren und Netz-
werke in der Region‹ rankte. Die Gesprächsteilnehmer wurden aufgefordert,
auch eigene Vorstellungen und Themen anzusprechen, die nicht explizit
Gegenstand des Leitfadens waren. Auf Einzelinterviews wird hier nicht Bezug
genommen, weil ein Teil der Interviewten um Vertraulichkeit bat. Eine statis-
tische Auswertung der Interviews wurde nicht durchgeführt, da der Leitfaden
nicht standardisiert war.
Neben den Interviews bildet eine umfangreiche Dokumentenanalyse die
zweite Säule der Untersuchung. Im Einzelnen wurde eine Vielzahl von Fach-
publikationen und Einzelveröffentlichungen von Unternehmen, Verbänden
und Ämtern ausgewertet. Da diese kaum branchenspezifische und regional
aufgeschlüsselte Daten enthalten, waren verschiedentlich Annahmen und
Schätzungen erforderlich, um Angaben zum Innovationsverhalten und zur
Bedeutung der Branche in der Region machen zu können. Datenquellen und
Auswertungsverfahren werden in den folgenden Kapiteln benannt. Eine allge-
mein gebräuchliche Abgrenzung der Energiebranche, wie sie für die Zielsetzung
der Studie erforderlich wäre, existiert nicht. Daher wird bei Bezugnahme auf
die Daten der Statistischen Ämter, auf Patentveröffentlichungen oder auf Anga-
ben zu Fördermitteln der Bereich Energie jeweils entsprechend der zu Grunde
Tabelle 1: Zahl der Interviews nach Zielgruppen
Berlin Brandenburg Überregional Insgesamt
Wissenschaft 13 0 2 15
Wirtschaft 23 2 2 27
Intermediäre 20 2 2 24
Insgesamt 56 4 6 66
22
liegenden Klassifikationssysteme definiert. Da diese Systeme teils inkongruent
sind, lassen sich Abweichungen bei der Datenbasis nicht immer vermeiden.
Die generellen Ausführungen in den Kapiteln 2 bis 4 beruhen überwiegend
auf frei verfügbaren Informationsquellen, während sich die Darstellungen zu
den einzelnen Technologien und Anwendungsfeldern in Kapitel 5 vor allem auf
Aussagen der Interviewten stützen. Kommerzielle Datenquellen wurden für die
vorliegende Studie nicht benutzt.
23
2 Politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen
2.1 Allgemeine Rahmenbedingungen
Anforderungen an die Energiepolitik
Die Energieversorgung ist ein wesentlicher Teil der Infrastruktur eines
Landes und hat eine herausragende volkswirtschaftliche Bedeutung. Sie ist
Voraussetzung fast jeglicher wirtschaftlicher Leistungserstellung. Die nationale
Energiepolitik verfolgt grundsätzlich drei gleichrangige Ziele: Wirtschaftlichkeit
durch wettbewerbsfähige Preise, Versorgungssicherheit durch ausgewogenen
Energieträgermix und Minimierung von Beschaffungsrisiken sowie Umweltver-
träglichkeit der Energieversorgung.
Abbildung 3: Energiepolitisches Zieldreieck
In den letzten Jahren sind durch veränderte Rahmenbedingungen neue
Herausforderungen an die Optimierung des energiepolitischen Zieldreiecks
entstanden. Zuvorderst zu nennen ist die hohe Umweltbelastung durch die
traditionelle Energieversorgung. Bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe wer-
den zahlreiche Schadstoffe frei. Negative Umweltauswirkungen können in den
Industrieländern zwar durch technische Maßnahmen weitgehend vermieden
werden, ein ungelöstes Problem stellt jedoch die Kohlendioxidemission dar.
Die Gefahren des Klimawandels, für den der Anstieg der CO2-Konzentration
in der Atmosphäre verantwortlich gemacht wird, wurden zuletzt umfassend
im Vierten Sachstandsbericht 1 2007 des Intergovernmental Panel on Climate
Change (IPCC) der Vereinten Nationen aufgezeigt und müssen hier nicht weiter
diskutiert werden. Strategien zur Verringerung des weltweiten Kohlendioxid-
ausstoßes stehen derzeit weit oben auf der politischen Agenda. Ein erstes
1
Der Vierte IPCC-Sachstandsbericht
besteht aus drei Teilbänden und einem
Synthesebericht. Die Dokumente sind im
Internet abrufbar unter www.ipcc.ch.
Quel
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MW
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01)
24
Reduktionsziel wird durch das 1997 verabschiedete Kyoto-Protokoll festgelegt.
Deutschland hat das Protokoll im Jahre 2002 ratifiziert und sich verpflichtet,
den Ausstoß von Treibhausgasen von 2008 bis 2012 um 21 Prozent gegenüber
dem Stand des Jahres 1990 zu reduzieren. Die Verhandlungen für ein Nachfol-
geprotokoll sollen bis 2009 abgeschlossen sein.
Verschärft wird die CO2-Problematik durch den Anstieg des globalen Energie-
verbrauchs. Nach Prognosen der Internationalen Energieagentur (IEA) wird der
weltweite Energieverbrauch im Jahr 2030 um 50 Prozent höher sein als heute,
wobei ein Großteil des Zuwachses durch das Bevölkerungswachstum und die
boomende Wirtschaft in China und Indien verursacht wird.2 Fossile Energieträ-
ger werden den weltweiten Energiemix auf absehbare Zukunft dominieren,
der Anteil der besonders CO2-intensiven Kohle wird sogar weiter zunehmen.
Angesichts knapper werdender Reserven an fossilen Energieträgern warnen
Expertengruppen wie die Energy Watch Group vor einer Versorgungsknappheit.
Der aktuelle Preisanstieg auf dem Weltmarkt ist ein erster Hinweis darauf.
Trends in Deutschland und in der Europäischen Union
Die Entwicklung in Deutschland – und in anderen Industrieländern –
un terscheidet sich von diesem globalen Trend. Durch Bevölkerungsrückgang
und Effizienzsteigerung der verwendeten Technik fällt der Anstieg des Primär-
energieverbrauchs geringer aus, im Jahr 2007 ist er mit 13.842 Petajoule sogar
um fünf Prozent unter den Wert des Vorjahres gesunken und lag damit auf dem
niedrigsten Niveau seit der Wiedervereinigung.3 Mit einem Importanteil von 69
Prozent bei den Primärenergieträgern, darunter von 85 Prozent bei Erdgas und
von 94 Prozent bei Erdöl, ist Deutschland dennoch in besonderem Maße von
der Preisentwicklung auf dem Weltmarkt betroffen.4 Bei einigen Produkten,
insbesondere bei Erdgas, besteht außerdem eine große Abhängigkeit von
einzelnen Lieferländern, die politisch nicht gewollt ist. Zwar wird der Anteil
erneuerbarer Energien signifikant zunehmen, mittelfristig werden aber auch in
Deutschland fossile Energieträger und Großkraftwerke einen wesentlichen Teil
des Energiebedarfs decken.5
Eine weitere deutsche Besonderheit stellt der zwischen der Bundesregierung
und den Betreibergesellschaften vereinbarte Atomkonsens dar. Der langfristige
Ausstieg aus der Atomenergienutzung wurde im Jahr 2002 durch eine Novel-
lierung des Atomgesetzes geregelt, das ein Verbot des Neubaus kommerzieller
Kernkraftwerke und die Befristung der Laufzeit bestehender Anlagen vorsieht.
Durch den Wegfall der Kernernergie sind Veränderungen in der Struktur des
Kraftwerkparks und ein massiver Nachbau von Kapazitäten notwendig.
Nach einer Studie6 des Verbandes der Elektrotechnik, Elektronik und Infor-
mationstechnik e.V. (VDE) müssen aufgrund der Altersstruktur und des Ausstiegs
aus der Kernenergie bis zum Jahr 2020 rund 50 Prozent der heute vorhan-
denen Kraftwerkskapazitäten erneuert und erhebliche Investitionen in die
Netze getätigt werden. Die im Jahr 2005 erfolgte Novellierung des Energiewirt-
schaftsgesetzes zielte unter anderem darauf ab, den Energiekonzernen trotz der
25
Liberalisierung der Energiemärkte eine höhere Investitionssicherheit zu geben.
Eine Zunahme der Investitionsbereitschaft belegen verschiedene mittlerweile
in Planung befindliche Neubauprojekte wie die Großkraftwerke von Vattenfall
in Hamburg-Moorburg und Berlin-Lichtenberg.
In der Öffentlichkeit, in Politik und großen Teilen der Wirtschaft hat sich
mittlerweile die Einsicht durchgesetzt, dass weitergehende Schritte erforderlich
sind, um die Klimaschutzziele zu erreichen und eine bezahlbare und zuverläs-
sige Energieversorgung zu gewährleisten. Einerseits müssen verstärkt anwen-
dungsnahe Maßnahmen umgesetzt werden, die zur Einsparung von Energie,
zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Diversifizierung des Energiemix bei-
tragen. Von Seiten der Politik wurden wesentliche rechtliche Eckpunkte, die in
diese Richtung weisen, bereits durch das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz, das
Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), die Energieeinsparverordnung und die
Bestimmungen zum europäischen Emissionshandel gesetzt. Daneben existie-
ren auf Europa-, Bundes- und Landesebene eine Reihe weiterer relevanter
Gesetze, Verordnungen und Vorschriften sowie verschiedene Marktanreiz- und
Förderprogramme.
Die Grundlagen für die zukünftige Energie- und Klimaschutzpolitik will die
Bundesregierung mit dem im Dezember beschlossenen integrierten Energie-
und Klimaprogramm7 festlegen. Dieses Bündel aus Gesetzen, Gesetzesnovellen
und Verordnungen dient der Einhaltung der Klimaschutzziele der Bundesre-
gierung und zielt vorrangig darauf ab, den Anteil regenerativer Energiequellen
und energieeffizienter Technologien zu steigern. Dazu soll der Anteil der erneu-
erbaren Energien im Strommarkt auf 25 bis 30 Prozent im Jahr 2020 erhöht
werden (Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes) und der Anteil des
Stroms aus Kraft-Wärme-Kopplung auf 25 Prozent verdoppelt werden (Novel-
lierung des Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetzes). Für Neubauten soll die antei-
lige Deckung des Wärmebedarfs durch erneuerbare Energien festgeschrieben
werden (Einführung eines Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes). In Baden-
Württemberg ist bereits ein eigenes weitergehendes Wärmegesetz in Kraft
getreten, das ab 1. April 2008 einen Deckungsanteil der erneuerbaren Energien
von 20 Prozent bei Neubauten vorschreibt.8 Außerdem sollen das Gebäudesa-
nierungsprogramm und die Fördermaßnahmen zur Steigerung der Energieeffi-
zienz bei kleinen und mittleren Unternehmen ausgebaut werden. Auch auf der
Ebene der Europäischen Union gibt es verschiedene Richtlinien und Positions-
papiere, die energie- und klimaschutzpolitische Ziele festlegen. Derzeit wird
ein Klimaschutz-Paket diskutiert, das eine erhebliche Vergrößerung des Anteils
der erneuerbaren Energien am Energiemix vorsieht. Privathaushalte, Gewerbe,
Landwirtschaft und Verkehr sollen in Deutschland ihren CO2-Ausstoß bis 2020
um 14 Prozent senken. Für die Industrie ist eine Ausweitung des Emissionshan-
dels mit CO2-Verschmutzungsrechten vorgesehen.9
Erkannt wurde andererseits auch, dass es nicht genügen wird, vorhandene
Technologien in die breitere Anwendung zu bringen, sondern dass außerdem
neue technische Lösungen und Konzepte benötigt werden. Die Förderung
2
International Energy Agency (2007).
3
Vgl. Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen
e.V. (2007).
4
Vgl. Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen
e.V. (o.J.)
5
Vgl. VDI-Gesellschaft Energietechnik
(2005); Kölling / Klaus / Quaschning (2007).
6
Energietechnische Gesellschaft im VDE
(2006).
7
Vgl. Die Bundesregierung (2007).
8
Das Recht der Bundesländer, höhere
Deckungsquoten festzuschreiben als im
Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz
vorgesehen, bleibt diesen voraussichtlich
unbenommen. Überhaupt haben die
Bundesländer auf dem Feld der Wärme-
versorgung die größte Gesetzgebungs-
kompetenz, da die Wärmeversorgung
im Energiewirtschaftsrecht weitgehend
ausgespart ist (vgl. Mez 2007, Kapitel 4).
9
Vgl. Europäische Kommission (2008a).
26
innovativer Technologien ist daher ein erklärtes Ziel des Energie- und Kli-
maprogramms. Die Bundesregierung beabsichtigt in der Energieforschung neue
Initiativen mit den Schwerpunkten Klimaschutz, Energieeffizienz, erneuerbare
Energien und CO2-Speicherung zu starten und die Forschungsförderung auszu-
bauen. Im Zeitraum 2002 bis 2006 ist bereits ein leichter Anstieg der Ausgaben
für die Energieforschung um insgesamt 0,4 Prozentpunkte auf 4,8 Prozent der
Forschungsförderung des Bundes zu verzeichnen, während in den Jahren 1991
bis 2001 noch eine kontiniuierliche Abnahme von 7,1 Prozent auf 4,4 Prozent
erfolgte.10 Tatsächlich hat die Bundesregierung angekündigt, die Projektför-
dermittel für die Energieforschung im Haushaltsjahr 2008 gegenüber 2006 zu
verdoppeln.11
Für die aktuelle Förderpolitik des Bundes stellt das 2005 beschlossene
5. Energieforschungsprogramm ›Innovation und neue Energietechnologien‹
die we sent liche Grundlage dar. Es ist Teil der Hightech-Strategie des Bundes.
Schwerpunkte liegen auf Energieeffizienz und erneuerbaren Energien, und
zwar im Einzelnen auf der Entwicklung moderner Kraftwerkstechnologien,
auf Photovoltaik und Windenergie im Offshore-Bereich, Brennstoffzellen und
Wasserstoff, energieoptimiertem Bauen sowie der energetischen Nutzung von
Biomasse.12 Für den spezifischen Bereich der Grundlagenforschung hat das Bun-
desministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im März 2008 sein Konzept
›Grundlagenforschung Energie 2020+‹ vorgelegt und eine weitere Erhöhung
der Projektfördemittel angekündigt.13
Energie stellt auch einen Themenbereich im 7. Forschungsrahmenprogramm
(FRP) der EU dar, das von 2007 bis 2013 läuft. Von Bedeutung ist außerdem das
EU-Rahmenprogramm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation mit seinem
Bestandteil ›Intelligente Energie – Europa‹. Weiterhin wurde im Februar 2008
vom Rat der EU auf Vorschlag der Europäischen Kommission ein ›Strategieplan
für Energietechnologie‹ (SET-Plan) gebilligt, mit dem eine Intensivierung der
Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen für Energietechnologien und
eine kohärente strategische Ausrichtung der Energie-Innovationspolitik inner-
halb der EU beabsichtigt ist.14 Eine zentrale Position werden dabei Technologien
für CO2-arme Kraftwerke und CO2-Sequestrierung, erneuerbare Energien, elek-
trische Netze und die Fusionsforschung einnehmen. Der Plan, dessen Finan-
zierungsfragen noch diskutiert werden, baut auf bestehenden Initiativen,
insbesondere auf dem 7. FRP und den Europäischen Technologieplattformen,
auf. Diese Technologieplattformen führen relevante Akteure (Forschungsein-
richtungen, Industrie, Behörden, Verbände, Nutzer usw.) aus einzelnen Sek-
toren zusammen. Sie haben eine zentrale Rolle bei der Definition von zukünf-
tigen Forschungs- und Technologieschwerpunkten und bei der Koordination
von Forschungs- und Entwicklungsausgaben. Mindestens sechs dieser Gremien
haben einen klaren Fokus auf Energiethemen.15
In den kommenden Jahren ist folglich mit einer Zunahme der Forschungs-
förderung für innovative Energietechnologien zu rechnen. Damit einhergehen
wird ein weiteres Wachstum des Marktes für alternative Energiequellen und für
27
Technologien zur Steigerung der Energieeffizienz. Die Unternehmensberatung
Roland Berger geht bei kleinen Unternehmen, die im Bereich der umwelt-
freundlichen Energieerzeugung und -speicherung tätig sind, von einem jähr-
lichen Umsatzwachstum von 25 Prozent, bei großen Unternehmen von 19 Pro-
zent aus. Bei Unternehmen, die im Bereich der Energieeffizienz tätig sind,
wird mit einem Umsatzwachstum von 20 Prozent gerechnet.16 Diese Unter-
nehmen werden mehr und besser qualifizierte Fachkräfte benötigen. Auch die
Boston Consulting Group erwartet gute Wachstumsaussichten auf den weltwei-
ten Märk ten für Energietechnologie.17
2.2 Politische Rahmenbedingungen in der Region
Berlin-Brandenburg
Nicht nur auf Bundes- sondern auch auf Landesebene sind klimaschutz- und
energiepolitische Fragestellungen in den Mittelpunkt des Interesses gerückt.
Dies belegen zahlreiche Anträge ordnungs- und prozesspolitischer Art, die im
zweiten Halbjahr 2007 sowohl aus den Reihen der Regierungskoalition als auch
von den Oppositionsfraktionen in das Berliner Abgeordnetenhaus eingebracht
wurden. Im Folgenden werden zunächst Programme, die zentrale Positionen
der Landespolitik fixieren, vorgestellt. Anschließend werden die aktuellen
Einschätzungen der Fraktionen im Abgeordnetenhaus dargestellt. Dazu wur-
den mit Vertretern aller Fraktionen im Abgeordnetenhaus Interviews geführt.18
Neben technologiepolitischen Fragen war auch das Anwendungspotenzial
neuer Technologien in der Hauptstadt Thema der Interviews. Weiterhin werden
in diesem Kapitel einige energierelevante Aspekte der innovationspolitischen
Strategie in der Region diskutiert.
Das Landesenergieprogramm Berlin 2006-2010
Die umwelt- und energiepolitischen Ziele des Senats sind im Landesener-
gieprogramm Berlin 2006-2010 festgeschrieben. Schwerpunkt des in der letzten
Legislaturperiode beschlossenen Programms ist der Klimaschutz. Beabsichtigt
wird, die CO2–Emissionen bis zum Jahr 2010 um 25 Prozent gegenüber 1990
zu verringern. In den Jahren 1990 bis 2002 konnte bereits eine Reduktion
der Emissionen um 14 Prozent erreicht werden, wenn auch zu großen Teilen
bedingt durch den starken Rückgang der Industrieproduktion in der Haupt-
stadt nach der Wiedervereinigung. Kritisiert wurde von Seiten der Opposition
und von Umweltverbänden, dass eine Bewertung des Erfolgs der bis 2005
durchgeführten Maßnahmen im Landesenergieprogramm ebenso fehle wie die
Konkretisierung von Schritten zur Erreichung des selbst gesetzten Reduktions-
ziels. Das Landesenergieprogramm nennt weiter ›die Entwicklung von Pilot-
projekten und Innovationen zur Energieeinsparung und Nutzung regenerativer
Energien‹19 als wesentliches Ziel. Der Aufbau eines Standortprofils im Bereich
innovativer Energietechnologien wird als dringend notwendig erachtet. Kon-
10
Vgl. BMWi (2007a).
11
Vgl. Janositz (2008).
12
Einen Überblick über die zahlreichen
Förderprogramme des Bundes, der
Länder und der EU im Energiebereich
liefert die Förderdatenbank des BMWi:
www.foerderdatenbank.de
13
BMBF (2008).
14
Europäische Kommission (2007a).
15
Ein Überblick über die bestehenden
Technologieplattformen fi ndet sich im
Internetauftritt des Forschungs- und
Entwicklungsinformationsdienstes der
Europäischen Gemeinschaft (CORDIS)
unter http: / / cordis.europa.eu / tech no-
logy-platforms / individual_en.html.
16
Vgl. Roland Berger Strategy Consultants
(2007).
17
Vgl. The Boston Consulting Group (2006),
S. 34–36.
18
Die Interviews mit den Vertretern der
Fraktionen wurden von Christian Hammel
geführt.
19
Senat von Berlin (2006), S. 27.
28
krete Maßnahmen zur Erreichung dieses Ziels werden nicht festgeschrieben.
Eine Evaluierung des Programms ist bislang nicht erfolgt.
Wahlprogramme der Parteien
Noch im Wahlkampf zur laufenden Legislaturperiode 2006 bis 2011 hatte
das Thema Energie in den Wahlprogrammen der Parteien mit Ausnahme von
Bündnis90 / Die Grünen einen relativ geringen Stellenwert. ›Energie‹ gehörte
bei keiner Partei zu den zentralen Wahlkampfthemen und Wahlprogramm-
themen.
Das Wahlprogramm von Bündnis 90 / Die Grünen nennt Fragen der Energie-
erzeugung und -nutzung als Kernthemen der Wirtschaftspolitik (›Arbeit durch
neue Energien‹), der Lebensqualität und der Urbanität, letzteres im Zusammen-
hang mit Bauen und Mobilität. Das Programm der SPD sieht energie relevante
Themen vorrangig unter dem Gesichtpunkt der Emissionen. Das Programm der
FDP geht primär auf Aspekte des Wettbewerbs im Energiemarkt ein. Die Pro-
gramme von CDU und Die Linke machen keine spezifischen Aussagen zu Erzeu-
gung oder Nutzung von Energie.
Der Koalitionsvertrag zwischen SPD und Die Linke
Der Koalitionsvertrag zwischen SPD und Die Linke nennt als energierele-
vante Ziele der laufenden Legislaturperiode vor allem Energieeinsparung in
öffentlichen Gebäuden bei Wärme und Strom, gesetzgeberische Aktivitäten
zur Energieeinsparverordnung, zum Wärmegesetz und zur Nutzungspflicht für
regenerative Energien, die Förderung dezentraler Heizsysteme (Solarthermie,
Mikro-KWK), Festschreibung von Mindestanteilen von Strom aus regenerativen
Quellen bei Energielieferverträgen, Bereitstellung von Dachflächen öffentlicher
Gebäude für Solaranlagen, Beschaffung ökologisch effizienter Fahrzeuge, Ein-
führung des Öko-Audits als Vergabekriterium bei Beschaffungen sowie die
Berufung eines Klimaschutzrates. Diese erfolgte im September 2007. Der Klima-
schutzrat setzt sich aus 16 Fachleuten aus Wissenschaft und Energiewirtschaft
zusammen, die den Senat in klimapolitischen Fragen beraten.
Positionen der Fraktionen im Abgeordnetenhaus von Berlin
Bei allen im Abgeordnetenhaus vertretenen Fraktionen sind energierele-
vante Fragen der Umweltpolitik zugeordnet und werden von den umwelt-
politischen Sprechern vertreten. Bündnis 90 / Die Grünen haben dafür einen
gesonderten Ansprechpartner. Mit den zuständigen Sprechern aller Fraktionen
wurden Interviews geführt. Dabei ging es primär um die Frage, welche poli-
tischen Schwerpunkte die Berliner Landespolitik in energierelevanten Themen
nach Auffassung der jeweiligen Fraktion setzen kann und setzen sollte. Außer-
dem wurde versucht, in Erfahrung zu bringen, welche Rolle Innovation und
Forschung bei Energiethemen zugemessen wird.
In allen befragten Fraktionen stand Klimaschutz durch Senkung von Emis-
sionen im Vordergrund der energiepolitischen Ziele und Forderungen. Von allen
29
Das Berliner Rathaus – im Rahmen der
Energiepartnerschaft Berlin energetisch
saniert
Fraktionen wurde deshalb gefordert, das Landesenergiekonzept weiterzuent-
wickeln und darin quantitative Ziele zur Emissionseinsparung zu entwickeln
und Maßnahmen aufzuzeigen, wie diese erreicht werden können.
Alle Sprecher gaben an, zur Erreichung klimapolitischer Ziele primär auf
Maß nahmen zu setzen, die das Land in eigener Verantwortung und aus eigenen
Mitteln umsetzen kann. Dabei geht es vorrangig um die energetische Sanierung
öffentlicher Gebäude durch das Land, die Bezirke und die Berliner Immobilien-
management GmbH (BIM), die als hundertprozentige Tochter des Landes rund
900 öffentliche Gebäude in der Stadt verwaltet. Potenzial sehen alle Fraktio-
nen darin, die Sichtbarkeit Berlins als Hauptstadt zur Generierung einzelner
Mustervorhaben zu nutzen, um vorbildliche und innovative Maßnahmen an
den Grenzen des Machbaren zu demonstrieren. Gleichzeitig gaben alle Fraktio-
nen übereinstimmend an, dass der tatsächlich zu erwartende Beitrag solcher
›Leuchtturmprojekte‹ zur Einsparung von Emissionen vergleichsweise gering sei
und das Land sich deshalb auf Maßnahmen konzentrieren solle, die den Stand
der Technik breitenwirksam umsetzen. Als geeignet wurden vorrangig Maß-
nahmen in der Bewirtschaftung öffentlicher Gebäude benannt. Die Nutzung
der Nachfragemacht des Landes als Marktteilnehmer durch Einbeziehung von
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30
Energieeffizienzkriterien bei Beschaffungen der öffentlichen Hand wurde von
allen Fraktionen ebenso genannt wie die Beachtung von umweltrelevanten
Kriterien bei der Vergabe von Fördermitteln. Die Fraktionen von Die Linke und
Bündnis 90 / Die Grünen gaben zusätzlich an, die Kontrolle der Einhaltung
längst bestehender Gesetze und Verordnungen müsse intensiviert werden.
Bei Regulierungsmaßnahmen, die Dritte verpflichten, Emissionen ein-
zusparen, waren die Positionen differenzierter: Hinsichtlich möglicher neuer
Gesetze, Verordnungen und Vorschriften reichte das Spektrum von der Ausdeh-
nung von Umweltzonen über gesetzliche Regelungen zur Nutzungspflicht für
regenerative Energien bis zur stärkeren Einbeziehung verschärfter Energieeffizi-
enzkriterien in Genehmigungsverfahren für die Errichtung von Gebäuden und
Anlagen. Die Handlungsmöglichkeiten des Landes wurden von den Fraktionen
nicht wesentlich unterschiedlich eingeschätzt. Speziell im Bereich der Förde-
rung regenerativer Energien durch vorgeschriebene Einspeisevergütungen, bei
steuerlichen Aspekten und hinsichtlich der Regulierung von Märkten wurden
die Handlungsmöglichkeiten im Vergleich zum Bund als gering eingeschätzt.
Erkennbar war, dass CDU und FDP die Setzung von Anreizen (Fördermöglich-
keiten im Ein- und Zweifamilienhausbereich, rabattierte Parkgebühren für
besonders energieeffiziente Fahrzeuge, Freigabe von Busspuren für Gas- oder
Elektrofahrzeuge usw.) gegenüber gesetzlichen Zwängen deutlich bevorzugen,
und dass beide im Falle gesetzgeberischer Maßnahmen die Notwendigkeit
einer wissenschaftlichen Begleitung zur Quantifizierung der Ergebnisse beson-
ders betonen.
Hinsichtlich der anzustrebenden Struktur der Energie- und Wärmeversor-
gung einer Großstadt messen alle Fraktionen dem Ausbau und der Netzintegra-
tion dezentraler kleinerer Anlagen hohe Bedeutung bei, betonen gleichzeitig
aber die Notwendigkeit, dass Koexistenz mit bestehenden Netzen gewährleis-
tet werden muss. Hier sehen alle Fraktionen ein hohes FuE- und Innovations-
potenzial. Ebenfalls von allen Fraktionen wurde eingefordert, die Nutzung der
einzigen in einer Großstadt anfallenden potenziellen Energieträger Abfall und
Abwasser, gegebenenfalls auch Abwärme, zu stärken. Alle Fraktionen wiesen
bei diesen Themen auf bestehende oder in Planung befindliche Musterprojekte
hin und sehen weiteres Potenzial für ›Leuchtturmprojekte‹.
Fragen der Versorgungssicherheit und der Energiepreise wurden von kei-
nem der umweltpolitischen Sprecher der Parteien als wesentliche Themen der
Legislaturperiode angegeben, auf Nachfrage jedoch durchweg als grundsätzlich
relevant bezeichnet. Wirtschaftspolitische Ziele wie die Schaffung von Arbeits-
plätzen durch gezielte Förderung von Unternehmen im Bereich der regene-
rativen Energien oder durch die Entwicklung exportfähiger Innovationen in
diesem Geschäftsfeld wurden besonders stark durch Bündnis 90 / Die Grünen
und CDU betont, grundsätzlich sahen jedoch auch alle anderen Parteien hier
Chancen für Berlin.
31
Die Energiestrategie 2020 des Landes Brandenburg
Den energiepolitischen Handlungsrahmen des Landes Brandenburg gab bis
Mai 2008 die 2002 beschlossene ›Energiestrategie 2010‹20 vor. Erklärtes Ziel war
es, vorhandene Energiesparpotenziale weiter zu erschließen und bis 2010 die
CO2-Emissionen auf 53 Mio. Tonnen pro Jahr zu senken (62,5 Mio. Tonnen im
Jahr 2000). Der angestrebte Zielwert eines Anteils der regenerativen Energien
von ca. fünf Prozent am Primärenergieverbrauch hat sich zur Halbzeit des Pro-
gramms als obsolet erwiesen, da er bereits im Jahr 2006 übertroffen wurde.
Daneben nennt die Energiestrategie 2010 explizit die Entwicklung und Nutzung
zukunftsfähiger Energietechnologien als Ziele.
Aufgrund veränderter Rahmenbedingungen und neuer Herausforderungen,
denen sich das Land gegenübersieht, wurde beschlossen, die Energiestrategie
vorzeitig fortzuschreiben. Die Eckpunkte eines aktualisierten Programms wur-
den im Dezember 2007 dem Kabinett vorgelegt;21 im Mai 2008 wurde die neue
›Energiestrategie 2020 des Landes Brandenburg‹22 verabschiedet. Zusätzlich
wurde ein ›Landespolitischer Maßnahmenkatalog zum Klimaschutz und zur
Anpassung an die Folgen des Klimawandels‹23 beschlossen, welcher innerhalb
der energiepolitischen und energiewirtschaftlichen Leitlinien Wege zur Umset-
zung der klimapolitischen Zielsetzungen aufzeigen soll.
Kernpunkte der Energiestrategie 2020 bleiben die Erhaltung der Versor-
gungssicherheit, Preiswürdigkeit sowie Umwelt- und Klimaverträglichkeit. Das
ursprünglich für 2010 angestrebte CO2-Reduktionsziel wird auf 2020 verschoben,
bis zum Jahr 2030 soll eine weitere Reduktion der Kohlendioxidemissionen auf
23 Mio. Tonnen erreicht werden. Dazu soll neben Effizienz- und Einsparmaß-
nahmen der Deckungsanteil der erneuerbaren Energien bis 2020 auf 20 Prozent
steigen – vor allem durch einen erheblichen Ausbau von Windenergie- und
Biomassenutzung, in geringerem Maße durch zusätzliche Solarenergienut-
zung.
Die Landesregierung beabsichtigt, Brandenburg zu einem international
bedeutenden Standort für Erforschung, Produktion, Anwendung und Export
zukunftsfähiger Energietechnologien zu entwickeln. In dieser Hinsicht sind vier
strategische Handlungsfelder von besonderem Interesse.
Diese umfassen die Erforschung, Entwicklung und Anwendung von
Energieeffizienztechnologien und -verfahren in den Schwerpunktbereichen ■
mittelständische Wirtschaft, Verkehr und Gebäude,
Technologien zur Nutzung erneuerbarer Energien einschließlich deren Inte- ■
gration in das Energiesystem mit den Schwerpunktbereichen Windenergie,
Biomasse, Solarenergie, Geothermie,
klimaverträglichen Kraftwerkstechnologien sowie die Verbesserung ihrer ■
Effizienz. Schwerpunktbereiche sind die CO2-Abscheidung mittels des
Oxyfuel-Verfahrens, die unterirdische CO2-Speicherung und Verfahren zur
organischen Bindung von CO2.
20
Landesregierung Brandenburg (2002).
21
Vgl. Ministerium für Wirtschaft Branden-
burg (2007b).
22
Landesregierung Brandenburg (2008a).
23
Landesregierung Brandenburg (2008b).
32
Im strategischen Handlungsfeld Übertragungs- und Verteilungsnetze steht
weniger die Forschung und Entwicklung im Vordergrund als der Netzausbau
zur sicheren Aufnahme der Strom- und Gaserzeugung aus erneuerbaren Ener-
gien und der Kraft-Wärme-Kopplung. Außerdem sind virtuelle Kraftwerke und
Demand Side Management weitere Schwerpunktbereiche.24
Die öffentliche Kritik am Landesenergiekonzept konzentriert sich auf das
Festhalten an der Braunkohleverstromung. Diese ist ein wirtschaftlich wichtiger
Faktor für den Stromexporteur Brandenburg. Die angekündigten langfristigen
Reduktionsziele für Kohlendioxid dürften sich allerdings als wenig realistisch
erweisen, falls der angesetzte Beitrag von Technologien zur CO2-Abscheidung
und CO2-Speicherung aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen wegfal-
len sollte.
Die Technologie- und Innovationspolitik in der Region
Berlin verfügt über ein anerkannt hohes wissenschaftliches Potenzial. Um
die Innovationsfähigkeit des Standorts besser in wirtschaftliche Leistungsfähig-
keit umzusetzen, wurden in den zurückliegenden Jahren verschiedene Maß-
nahmen ergriffen. Innovationspolitische Aktivitäten und Wirtschaftsförderung
wurden auf ausgewählte Felder konzentriert, in denen ein Kern an Unterneh-
men, Forschungs- und Ausbildungseinrichtungen vorhanden ist, die über eine
ausreichende Masse und ein hohes Wachstumspotenzial verfügen, um sich im
nationalen und internationalen Wettbewerb an herausragender Stelle positio-
nieren zu können. Leitmotiv der Innovationsförderung ist die Stärkung von
Stärken. Eine wesentliche Maßnahme stellt die Bündelung der Kompetenzen
von Wirtschaft und Wissenschaft in innovationsorientierten Netzwerken über
die Wertschöpfungsstufen hinweg dar.
Als besonders förderungswürdig wurden fünf so genannte Kompetenz-
felder25 – Biotechnologie, Medizintechnik, Optische Technologien, IuK / Medien
und Verkehrsystemstechnik – identifiziert. Die Kompetenzfelder bilden die
Basis für die Entwicklung dreier regionaler Cluster in der Gesundheitswirt-
schaft, IuK / Medien und Verkehr / Mobilität. Zur Planung und Steuerung wur-
den Masterpläne für die Kompetenzfelder entwickelt. Im Jahr 2005 wurde
schließlich der so genannte Quadriga-Prozess in Gang gebracht, mit dem eine
bessere Abstimmung und ein kohärentes Vorgehen der wichtigsten Akteure bei
der Erarbeitung und Umsetzung der Strategie für die Kompetenzfelder erreicht
werden soll. Die Beteiligten sind der Senat von Berlin, die Wirtschaftsförde-
rungsgesellschaft Berlin Partner GmbH, die Investitionsbank Berlin, die Indus-
trie- und Handelskammer zu Berlin und die TSB.
Energie zählt bislang nicht explizit zu den Kompetenzfeldern in Berlin.
Dennoch wurden in der Vergangenheit zahlreiche Forschungs- und Anwen-
dungsprojekte unterstützt, die einen engen Bezug zu energierelevanten Fra-
gestellungen haben. Beispielsweise werden in der TSB derzeit über 20 ent-
sprechende Projekte betreut oder beantragt. Eine wichtige Förderschiene ist
das Umweltentlastungsprogramm (UEP) der Senatsverwaltung für Gesundheit,
33
Umwelt und Verbraucherschutz. Mit diesem Programm werden Investitionen
von Unternehmen, öffentlichen Einrichtungen, Vereinen und gemeinnützigen
Institutionen in Berlin, die einen Beitrag zur Verbesserung der Umweltsituation
in der Stadt leisten, gefördert. Nach Auskunft der Senatsverwaltung entfielen
in den Jahren 2001 bis 2007 auf die Förderung von Forschungsvorhaben mit
Energiebezug rund 7,5 Mio. Euro und auf die Förderung der energetischen
Gebäudesanierung rund 54 Mio. Euro. Das war zusammen knapp die Hälfte des
gesamten Fördervolumen von 127 Mio. Euro. Von der Investitionsbank Berlin,
dem zentralen Förderinstitut des Landes Berlin, wurden außerdem allein im
Referenzjahr 2006 aus Landesmitteln26 36 energierelevante Projekte mit einem
Volumen von rund 30 Mio. Euro bewilligt. Davon entfielen auf den Solartech-
nologie-Bereich Projekte im zweistelligen Millionenbereich.
In Brandenburg gibt es 16 Branchenkompetenzfelder, die nur in Teilen
deckungsgleich mit den Berliner Kompetenzfeldern sind. Die Innovationsstra-
tegie des Landes Brandenburg ist im ›Landesinnovationskonzept Brandenburg‹
festgeschrieben. Angestrebt wird eine Zusammenführung der innovationspoli-
tischen Maßnahmen beider Länder, bislang ist eine gemeinsame Strategie aber
erst für einzelne Bereiche ausgearbeitet worden. Die Brandenburger Branchen-
kompetenzfelder ›Energiewirtschaft / Energietechnologie‹ und ›Mineralöl / Bio-
kraftstoffe‹ lassen sich vollständig dem Energiesektor zurechnen. Um die Ent-
wicklung innovativer und energiesparender Technologien und ihren Einsatz
zu fördern wurde die ›Brandenburgische Energie Technologie Initiative‹ (ETI)
gegründet und ein Kooperationsnetzwerk Energiewirtschaft / Energietechnolo-
gie (EWET) eingerichtet, das im Rahmen der ›Gemeinschaftsaufgabe Verbesse-
rung der regionalen Wirtschaftsstruktur (GA)‹ vom Bund gefördert wird. Anfang
des Jahres 2008 wurde ein weiteres GA-Netzwerk ›Mineralölwirtschaft / Bio-
kraftstoffe‹ gegründet. Der innovationspolitische Prozess im Energiebereich
ist mithin in Brandenburg erkennbar weiter fortgeschritten als in Berlin. Die
beiden Länder haben Ende des Jahres 2007 erklärt, in den fünf Zukunfts-
feldern Biotechnologie / Medizintechnik / Pharma, Medien / Informations- und
Kommunikationstechnologie, Verkehrssystemtechnik, Optik sowie Energie die
grundsätzliche Strategieentwicklung zukünftig gemeinsam zu betreiben.27 Für
das Zukunftsfeld Energie wurden bereits erste Schritte zur Erarbeitung einer
gemeinsamen Innovationsstrategie durch die ZukunftsAgentur Brandenburg
(ZAB), Berlin Partner und die TSB eingeleitet.
2.3 Verbände, Netzwerke und Initiativen
In Berlin und Brandenburg gibt es zahlreiche Verbände, Initiativen und Netz-
werke, die in der einen oder anderen Weise mit dem Thema Energie befasst
sind (vgl. Anhang 1).
Von den 65 Wirtschafts- und Arbeitgeberverbänden, die der Vereinigung
der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg e.V. angehören, sind
24
Diese Fachbegriffe werden in Kapitel 5.6.1
eingehender erläutert.
25
Die Berliner Kompetenzfelder werden
anhand folgender sieben Kriterien abge-
grenzt: überragendes Forschungspoten-
zial; positive Unternehmensentwicklung;
Vorhandensein von Leuchtturmprojekten;
Fähigkeit, europäische und Bundesmittel
zu akquirieren; Fähigkeit zur Entwicklung
von Produkten mit Wettbewerbspoten-
zial; regionale Vernetzung; internationale
Vernetzung. Vgl. Senatsverwaltung für
Bildung, Wissenschaft und Forschung
(2006).
26
Persönliche Mitteilungen der Senatsver-
waltung für Gesundheit, Umwelt und
Verbraucherschutz Berlin und der Investi-
tionsbank Berlin. Teilweise wurden diese
Projekte durch EU-Mittel kofi nanziert.
27
Vgl. Ministerium für Wirtschaft des Landes
Brandenburg (2007a).
34
Anlage zur Biogaserzeugung
an der Brandenburgischen Technischen
Universität Cottbus
insbesondere der Verband der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Bran-
denburg e.V. (VME), der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V.
(VDMA) und der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V.
(ZVEI) mit einer großen Zahl von Industrieunternehmen im Bereich der Energie
tätig. Der ZVEI ist Dachverband von 24 Fachverbänden, darunter für Elektrische
Antriebe, Batterien, Elektrische Lampen, Energietechnik, Starkstromkondensa-
toren, Transformatoren und Stromversorgung.
Eine lange Tradition im Bereich der Elektrotechnik hat der Elektrotechnische
Verein (ETV) e.V., der Bezirksverein Berlin-Brandenburg im Verband der Elek-
trotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. (VDE). Er wurde 1879 von Werner
von Siemens und Heinrich von Stephan gegründet und hat Arbeitskreise
zur Elektrischen Gebäudetechnik, zur Energietechnik und zu regenerativen
Energien eingerichtet. Auch die regionale Organisation des Vereins Deutscher
Ingenieure e.V. (VDI), der persönliche Mitglieder – insbesondere Ingenieure
und Naturwissenschaftler – hat, unterhält einen Arbeitskreis ›Energietechnik‹
und einen Arbeitskreis ›Regenerative Energien‹.
Die Fördergesellschaft Erneuerbare Energien e.V. (FEE) ist ein gemeinnütziger
Verein mit Sitz in Berlin-Wuhlheide. Er informiert über die Anwendung erneu-
erbarer Energien und betreibt ein Netzwerk aus Wissenschaftlern und inno-
vativen, überwiegend kleinen und mittleren Unternehmen. Arbeitsschwer-
punkte des Vereins sind die energetische Nutzung von Biomasse, solares Bauen,
Modernisierung der Wärmeversorgung, Kraft-Wärme-Kopplung, Energiespei-
cher sowie Energieeffizienz in Industrie, Gewerbe und Dienstleistungssektor. Es
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TU C
ottb
us
35
gibt die Arbeitsgruppen ›Vergasung von Biomasse‹ und ›Biogene Gase-Brenn-
stoffzellen‹ sowie eine Arbeits- und Forschungsgemeinschaft ›Brennstoffzel-
len, Brenngase und –flüssigkeiten Ostdeutschland‹ Der FEE ist an zahlreichen
Ko operationsprojekten auf nationaler und internationaler Ebene beteiligt.
Die Mitglieder des brandenburgischen GA-Netzwerks Energiewirt-
schaft / Energietechnologie (EWET) sind Energieversorger, Technologieanbieter,
mittelständische Dienstleister, Berater, Handwerker, Wissenschafts- und For-
schungseinrichtungen sowie energieorientierte Verbände und Vereinigungen.
Das Netzwerk soll die Zusammenarbeit der Akteure aus Energiewirtschaft und
Energietechnologie verbessern sowie Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit der
Branche sichern. Innerhalb des Netzwerks haben sich die vier Arbeitsgruppen
›Kraftwerkstechnologien‹, ›Energieeffizienz‹, ›Solarenergie‹ und ›Windenergie‹
konstituiert. Anfang 2008 wurde ein weiteres GA-Netzwerk ›Mineralölwirt-
schaft / Biokraftstoffe‹ in Brandenburg installiert.
Die Landkreise Uckermark und Barnim haben die Initiative ›barum111‹ ge -
gründet, die sich mit Aspekten des Energieverbrauchs und der Energiebereit-
stellung befasst. Ziel der Initiative ist es, die Region als führenden Standort
bei der Produktion von erneuerbaren Energien, beim effizienten Umgang mit
Energie sowie bei der Vermarktung von Dienstleistungen zu etablieren. Das
Cluster ›ENERGIE Nordost-Brandenburg (ENOB)‹ konzentriert sich zunächst auf
Biogas; andere Bereiche der Energiegewinnung aus regenerativen und fossilen
Quellen – Photovoltaik, energetische Nutzung fester Biomasse, Verstromung
von Windenergie und biogene Treibstoffe – sollen folgen.
In Berlin betätigen sich etliche Organisationen in der Initiierung von
Demon strations-, Anwendungs- oder Forschungsprojekten und treiben die
Vernetzung der Akteure auf regionaler und überregionaler Ebene voran. Diese
Aktivitäten sind begrüßenswert, eine vorrangige Ausrichtung auf die strate-
gischen Interessen des Landes Berlin zur Entwicklung des Technologiefeldes
besteht allerdings nicht. Zum Teil stehen die Intermediären in direktem Wett-
bewerb um Fördermittel und andere Ressourcen.
Ein den beiden brandenburgischen GA-Kooperationsnetzwerken ›Ener-
giewirtschaft / Energietechnologie‹ (EWET) und ›Mineralölwirtschaft / Biokraft-
stoffe‹ vergleichbares Netzwerk gibt es in Berlin nicht. Auch ist keines der
neun vom BMWi geförderten Kompetenznetzwerke aus dem Bereich Energie
in der Hauptstadtregion ansässig Die meisten Experten sehen darin einen
klaren Wettbewerbsnachteil, der auch darin begründet sein dürfte, dass eine
länderübergreifende Abstimmung der Aktivitäten im Bereich Energie bis-
her nur ansatzweise erfolgt. In anderen Teilen Deutschlands wurden in den
vergangenen Jahren regionale und überregionale Verbünde, Initiativen und
Plattformen gegründet, die zum Teil mit erheblichen Mitteln aus den Landes-
haushalten gefördert werden. Beispiele sind der Forschungsverbund Energie
Niedersachsen, das Bayerische Cluster Energietechnik, die Initiative ›Kraftwerke
des 21. Jahrhunderts‹ in Bayern und Baden-Württemberg, die EnergieRegion
Nürnberg e.V. und die EnergieAgentur NRW des Landes Nordrhein-Westfalen.
36
2.4 Schlussfolgerungen
Die Analyse der politischen Rahmenbedingungen hat gezeigt, dass die Vor-
aussetzungen für die Entwicklung des Technologiefeldes Energie in der Region
Berlin-Brandenburg hervorragend sind:
Zum einen werden die Fördermittel des Bundes und der EU erhöht. Auf
dem Markt für innovative Energietechnologien ist ein spürbares Wachstum zu
erwarten. Insbesondere alternative Energien und Technologien zur Steigerung
der Energieeffizienz werden davon profitieren.
Zum anderen sind die politischen Institutionen in Berlin wie in Branden-
burg offensichtlich gewillt, die Entwicklung mitzutragen und zu fördern. An
oberster Stelle der politischen Agenda steht die Diffusion des Standes der Tech-
nik in die breite Anwendung zur Erreichung der Klimaschutzziele. Die Chancen,
die sich durch Entwicklung neuer Waren und Dienstleistungen für die lokale
Wirtschaft eröffnen, werden jedoch ebenfalls erkannt.
In den folgenden Kapiteln ist zu klären, in welchen Bereichen von Wis-
senschaft und Wirtschaft der Hauptstadtregion besondere Kompetenzen und
besonderes Potenzial vorhanden sind, um diese Chancen zu nutzen.
37
3 Energiebezogene Wissenschaft und Ausbildung
in der Region Berlin-Brandenburg
3.1 Überblick
Wissenschaftliche Einrichtungen
Die Region Berlin-Brandenburg ist einer der führenden Wissenschafts-
standorte in Europa. Mit acht Universitäten, 17 Kunst-, Fach- und Verwaltungs-
fachhochschulen sowie zahlreichen außeruniversitären Forschungsinstituten
verfügt die Region über eine einmalige Dichte an wissenschaftlichen Institu-
tionen. Der Wissenschaftsatlas Berlin1 weist allein für die Hauptstadt über 330
wissenschaftliche Einrichtungen und Institute aus. Über Kompetenzen in der
energierelevanten Forschung verfügen vier Universitäten (darunter drei in Ber-
lin), acht Fachhochschulen (darunter drei in Berlin) und 29 Forschungsinstitute
(darunter 18 in Berlin). Einen ersten Eindruck von den jeweiligen Forschungs-
schwerpunkten vermitteln Tabelle 2 und Tabelle 3. Eine differenzierte Darstel-
lung der energiebezogenen Aktivitäten dieser insgesamt 41 wissenschaftlichen
Einrichtungen erfolgt in den Kapiteln 3.2 und 3.3. In Kapitel 5 werden die wis-
senschaftlichen Kompetenzen in der Region schließlich themenspezifisch auf-
gearbeitet. Da technische Innovationen im Mittelpunkt der vorliegenden Studie
stehen, werden nur diejenigen 29 (darunter 18 in Berlin) unter den 41 Ein-
richtungen berücksichtigt, die naturwissenschaftliche, technische oder mathe-
matische Energieforschung betreiben. Um den inhaltlichen Zusammenhang zu
wahren lassen sich allerdings einige Doppelungen nicht vermeiden.
Die Schwergewichte der energiebezogenen Forschung und Ausbildung in
Berlin sind die TU Berlin, an der 13 Fachgebiete eine entsprechende Schwer-
punktbildung haben, sowie das HMI mit fünf Abteilungen und einer weiteren
Arbeitsgruppe. Auch die FHTW Berlin und die TFH Berlin ver fügen über beacht-
liche Kapazitäten. Überschlägigen Schätzungen und Berechnungen zufolge
bearbeiten in Berlin annähernd 500 Wissenschaftler energiebezogene Frage-
stellungen. In Brandenburg ist die BTU Cottbus mit 13 Lehrstühlen die führende
Energieforschungseinrichtung.
Forschungsstärke
Die Zahl der wissenschaftlichen Einrichtungen und Forscher, die sich mit
energie bezogenen Fragestellungen befassen, ist kein ausreichender Maßstab
zur Beurteilung der wissenschaftlichen Leistungsfähigkeit. Dazu sind weitere
Indikatoren erforderlich. Allerdings liegen den aus der Literatur bekannten
Forschungsrankings allesamt Klassifikationssysteme zu Grunde, die anders
differenzieren als es für die Zielsetzung der vorliegenden Studie wünschens-
wert wäre. Dennoch lassen sich aus den Forschungsrankings einige generelle
1
Homepage: http: / / www.berlin.de /
wissenschaftsatlas / .
38
Aussagen zur Forschungsstärke der Region Berlin-Brandenburg im Energiebe-
reich ableiten. Die größte Aussagekraft hat das Förderranking der Deutschen
Forschungsgemeinschaft (DFG), das als Beurteilungskriterium Drittmittelein-
nahmen der Institute verwendet. Eine weitere informative Quelle stellt die
Projektdatenbank des BMBF dar.
Tabelle 2: Energierelevante wissenschaftliche Einrichtungen in Berlin
Einrichtung Schwerpunkte mit Energiebezug
Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) Materialforschung und -prüfung
Deutsches Institut für Urbanistik (Difu) Nachhaltige Stadtentwicklung
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) Nachhaltige Entwicklung, Energiewirtschaft
Deutsches Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR) Strömungsmaschinen, Verkehrssysteme und Verkehrsmanagement
Fachhochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (FHTW) Regenerative Energien, Energietechnik, energie-effiziente Gebäude
Fachhochschule für Wirtschaft Berlin (FHW) Nachhaltige Gebäudedämmung
Ferdinand-Braun-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH) Epitaxieverfahren für Photovoltaik-Halbleiter
Freie Universität Berlin (FU) Energiepolitik
Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) Portable Stomversorgungsgeräte
Fritz-Haber-Institut (FHI) Grenzflächen, Katalyse, Oberflächen beschichtungen
Hahn-Meitner-Institut Berlin (HMI); ab 1. Juni 2008: Helmholtzzentrum Berlin für Materialien und Energie
Dünnschicht-Photovoltaik, photoelektro chemische und -katalytische Prozesse
Humboldt Universität Berlin (HU) Energierecht, Biomasseverwertung
Institut für Energie- und Regulierungsrecht Berlin Energierecht
Institut für Kristallzüchtung Berlin (IKZ) Kristalline Werkstoffe für die Photovoltaik
Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) Nachhaltige Energie und Klimaschutz
IZT – Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung Analyse und Bewertung von Energie technologien
Konrad-Zuse-Zentrum für Informationstechnik Berlin (ZIB) Mathematik und Informatik, Simulations verfahren
Leibniz-Institut für Katalyse e.V., Außenstelle Berlin Katalytische Verfahren
Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) Messtechnik
Stiftung Wissenschaft und Politik – Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit
Energiepolitik
Technische Fachhochschule Berlin (TFH Berlin) Energietechnik, energieffiziente Gebäude
Technische Universität Berlin (TU) Energietechnik, energieeffiziente Gebäude und Städte, Energiewirtschaft
Unabhängiges Institut für Umweltfragen (UfU) Nachhaltige Entwicklung, Bildung
Weierstraß Institut für Angewandte Analysis und Stochastik (WIAS) Mathematische Modellierung und Simulierung
39
Die DFG, die als größte deutsche Forschungsförderungsorganisation mehr
als 30 Prozent der Drittmitteleinnahmen der deutschen Hochschulen vergibt,
ver öffentlicht in regelmäßigen Abständen Förderrankings der Universitäten.
Neben den eigenen Ausgaben vergleicht die DFG in ihrem vierten Ranking2 von
2006, das den Zeitraum 2002 bis 2004 umfasst, Daten zu den direkten Pro-
jektfördermitteln des Bundes und zur europäischen Forschungsförderung im
6. Forschungsrahmenprogramm. Außerdem fließen Angaben der Arbeitsge-
meinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) und des Statistischen
Bundesamtes ein. Der direkte Vergleich der Zahlen aus den unterschiedlichen
Quellen ist allerdings wegen unterschiedlicher Klassifikationssysteme selbst
innerhalb des Förderrankings oft nicht möglich.
Bezüglich der DFG-Mittel können aufgrund der Aufschlüsselung der DFG-
Fachgebiete, die als Zuordnungsbasis für die Daten zur Verteilung der Mittel
dienen, kaum belastbare Aussagen getroffen werden. Beispielsweise stellt die
Elektrische Energieerzeugung, -verteilung und -anwendung einen von 13 Teil-
bereichen des DFG-Fachgebiets ›Elektrotechnik, Informatik und Systemtechnik‹
dar, so dass sich für den energietechnischen Teil dieses Fachgebiets keine spe-
zifischen Daten ableiten lassen.
Tabelle 3: Energierelevante wissenschaftliche Einrichtungen in Brandenburg
Einrichtung Schwerpunkte mit Energiebezug
Brandenburgische Technische Universität Cottbus (BTU) Energietechnik
Fachhochschule Brandenburg Energietechnik
Fachhochschule Eberswalde Biomasse und nachwachsende Rohstoffe
Fachhochschule Lausitz Energietechnik, Energiewirtschaft
Fachhochschule Potsdam Energieeffizientes Bauen
FIB e.V. – Forschungsinstitut für Bergbaufolgelandschaften Landnutzungskonzepte, nachwachsende Rohstoffe
Forschungsinstitut Bioaktive Polymersysteme e.V. (Biopos) Komplexe Naturstoffe als Energie träger
Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung (IAP) Organische Leuchtdioden
GeoForschungsZentrum Potsdam (GFZ) Geothermie
IGV Institut für Getreideverarbeitung GmbH Mikroalgen zur CO2-Fixierung
IHP – Institut für innovative Mikroelektronik Silizium für die Photovoltaik
IST – Institut für Solartechnologien GmbH Photovoltaik auf Siliziumbasis
Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim e.V. (ATB) Nachwachsende Rohstoffe
Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e.V. Nachwachsende Rohstoffe
Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung (MPI) Nanostrukturierte Materialien
Potsdamer Institut für Klimaforschung (PIK) Nachhaltigkeits- und Klimaforschung
Technische Fachhochschule Wildau (TFH Wildau) Energietechnik
2
Deutsche Forschungsgemeinschaft (2006).
40
Die TU Berlin, die bedeutendste Technische Hochschule mit dem größten
Energie forschungsbereich unter den wissenschaftlichen Einrichtungen in Ber-
lin, wird im Förderranking der DFG erfasst. Im Fachgebiet Wärmetechnik / Ver-
fahrenstechnik, in dem neben den Teilbereichen Wärmeenergietechnik und
Thermische Maschinen und Antriebe die Teilbereiche Verfahrenstechnik und
Technische Chemie enthalten sind, belegt sie den sechsten Platz bei den DFG-
Bewilligungen und den vierten Platz bei den Drittmitteleinnahmen laut Stati-
stischem Bundesamt.
Im 6. Forschungsrahmenprogramm der Europäischen Union (EU) ist der
Großteil der energierelevanten Projekte im Schwerpunkt ›Nachhaltige Ent-
wicklung, globale Veränderungen und Ökosysteme‹ enthalten. Innerhalb
dieses Bereichs nimmt die TU Berlin unter den deutschen Hochschulen bei
der Mitteleinwerbung den fünften Rang ein. Eigenen Auswertungen auf der
Basis von Projektangaben des EU-Büros des BMBF zufolge haben von den 15
an der TU Berlin geförderten Teilprojekten in diesem Schwerpunktbereich aller-
dings nur drei einen direkten Energiebezug. Von 116 in Berlin-Brandenburg
EU-geförderten Teilprojekten gilt dies für 26. In den anderen Schwerpunkten
des 6. Forschungsrahmenprogramms wurden 712 Teilprojekte in der Region
gefördert. Davon hatten 47 einen Bezug zu energierelevanten Fragestellungen
im weitesten Sinne. Zum Vergleich: Im Schwerpunkt ›Technologien der Infor-
mationsgesellschaft‹ wurden 129 und damit erheblich mehr Projekte gefördert,
ebenso in den Lebenswissenschaften (94 Projekte).3 Angaben über Fördersum-
men liegen nicht vor.
Bei der direkten Projektförderung des Bundes, die rund ein Viertel der Dritt-
mittelzuwendungen in Deutschland ausmacht, liegt die TU Berlin dem DFG-
Förderranking zufolge mit einem Anteil von 2,2 % (1,7 Mio. Euro in den Jahren
2002 bis 2004) an den Mitteln für die Energieforschung auf dem 15. Platz, noch
hinter der BTU Cottbus mit 2,9 %. Auch nach Selbsteinschätzung der TU Berlin ist
die Drittmitteleinwerbung im Energiebereich derzeit unterdurchschnittlich.4
Differenziertere Aussagen zum Fördergeschehen als das DFG-Förderranking,
wenn auch auf Grundlage einer eingeschränkten Datenbasis, ermöglicht die
Projektdatenbank des Förderkatalogs des BMBF. Sie gibt Auskunft über die
direkten Projektfördermaßnahmen des Bundes. Da kerntechnische Forschung
in der Region Berlin-Brandenburg praktisch nicht stattfindet, bleibt diese im
Folgenden unberücksichtigt. Wie Abbildung 4 zeigt, ist der Anteil Berlins an
den Fördermitteln des Bundes mit derzeit etwa 4,4 % (8,6 Mio. Euro in 2007)
etwas höher als der Anteil Berlins an der Bevölkerung in Deutschland (4,1 %).
In Brandenburg waren die Mitteleinwerbungen mit 6,9 % Anteil an den Bun-
desmitteln nicht nur pro Kopf, sondern auch absolut gesehen (2007: 13,3 Mio.
Euro) signifikant höher, wie sich Abbildung 5 entnehmen lässt. In den Abbil-
dungen sind neben den Fördermitteln für die Wissenschaft und die Wirtschaft
auch Mittel aufgeführt, die an sonstige Einrichtungen wie Verwaltungen, Pro-
jektträger oder Verbände fließen.5
3
Nach Angaben des EU-Büros des BMBF,
Stand 17. 7. 2006 (Sonderauswertung
für die TSB).
4
Vgl. die Rede von Prof. Dr.-Ing. Frank
Behrendt anlässlich der Auftaktver-
anstaltung des Innovationszentrums
Energie der TU Berlin am 21. 1. 2007.
5
Datengrundlage sind die im Förder-
katalog (www.foerderkatalog.de) des
BMBF veröffentlichten Angaben zu den
Förderprojekten des BMBF, des BMWi
und des BMU im nicht-nuklearen
Bereich (Leistungsplansystematik Ziffern
E1 Kohle und andere fossile Energie-
träger und E2 Erneuerbare Energien
und rationelle Energieverwendung).
Nicht erfasst sind Fördermittel anderer
Stellen, beispielsweise des BMELV, und
die institutionelle Förderung. Stand
der Datenabfrage ist der 14. 1. 2008
für die Jahre 1998-2006 und der 19. 3.
2008 für das Jahr 2007. Die Zuordnung
der Mittel zu einzelnen Jahren erfolgte
proportional zur Dauer des Projekts in
einem bestimmten Jahr verglichen mit
der Gesamtdauer des Projektes.
41
Während der letzten drei Jahre lässt sich in beiden Bundesländern eine deut-
liche Zunahme der absolut akquirierten Bundesmittel feststellen. Auch der
relative Anteil steigt tendenziell an. In Brandenburg geht dies vor allem auf
Förderprojekte zur Geothermie und zur unterirdischen Einlagerung von Koh-
lendioxid zurück. Mit Abstand größter Zuwendungsempfänger ist das GFZ in
Potsdam. Auffällig ist außerdem, dass der Anteil der Wirtschaft an den bewil-
ligten Fördergeldern in Berlin wesentlich höher ist als in Brandenburg. Im
betrachteten Zeitraum stammen bis auf vier Ausnahmen alle Förderprojekte
in Berlin aus dem Bereich der erneuerbaren Energien und der rationellen
Energieverwendung. Im Bereich konventioneller Kraftwerke wird zur Zeit nur
ein Projekt gefördert, und zwar am Deutschen Zentrum für Luft- und Raum-
fahrt e.V. in Berlin. 86 % der Zuwendungsempfänger aus der Wirtschaft waren
kleine und mittlere Unternehmen (KMU).
Abbildung 4: Anteil der von Wirtschaft, Wissenschaft und sonstigen
Ein richtungen in Berlin eingeworbenen Mittel an den
direkten Projektfördermitteln des Bundes in der Energie-
forschung sowie Absolutwert der eingeworbenen Mittel
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
in % in Mio.Euro
1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
Wissenschaft Wirtschaft Sonstige Absolutwert
42
Abbildung 5: Anteil der von Wirtschaft, Wissenschaft und sonstigen
Einrichtungen in Brandenburg eingeworbenen Mittel an
den direkten Projektfördermitteln des Bundes in der
Energieforschung sowie Absolutwert der eingeworbenen
Mittel
Die Region Berlin-Brandenburg zählt mithin nicht zu den herausragenden
deutschen Forschungsstandorten im Energiebereich – zumindest, wenn man
Drittmittelstatistiken als Kriterium heranzieht. Eine Ausnahme stellt die For-
schung zur Geothermie und zur CO2-Sequestrierung dar. Für andere Teilbe-
reiche wird eine Spezifizierung im Folgenden erfolgen.
Wissenschaftliche Ausbildung
In der wissenschaftlichen Ausbildung verfügt die Region über bedeutende
Ressourcen. In Berlin waren zum Wintersemester 2006 / 2007 rund 131.000 Stu-
dierende immatrikuliert, in Brandenburg etwa 42.000.6
In etlichen Studiengängen werden energiebezogene Themen behan-
delt. Mehrere Umstände erschweren es jedoch, die Zahl der Absolventen der
Hochschulen in Berlin mit relevanten Schwerpunkten zu quantifizieren. Zum
einen stehen aufgrund der Umstellung der meisten Diplomstudiengänge auf
Bachelor- und Masterstudiengänge nicht für alle Fächer Absolventenzahlen
zur Verfügung. Zum anderen lässt sich aus den verfügbaren Statistiken die
Schwerpunktbildung der Absolventen innerhalb der jeweiligen Studiengänge
nicht immer ablesen. Ein Kern an technischen Studiengängen, die sich schwer-
punktmäßig dem Energiebereich zuordnen lassen, lässt sich jedoch definieren.
18
16
14
12
10
8
6
4
2
0
in % in Mio.Euro
1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007
14
12
10
8
6
4
2
0
Wissenschaft Wirtschaft Sonstige Absolutwert
6
Quelle: Gemeinsames Statistikportal der
Statistischen Ämter des Bundes und der
Länder: www.destatis.de.
7
Quellen für Studierendenzahlen in
einzelnen Studiengängen sind die
Internetauftritte der Hochschulen
und persönliche Mitteilungen der
Pressestellen und Prüfungsämter der
Hochschulen aus dem vierten Quartal
2007. Geringfügige Abweichungen zur
Prüfungsstatistik der Berliner Hoch-
schulen mit Stand August 2007, die vom
Amt für Statistik Berlin-Brandenburg
herausgegeben wird (2007c), sind
daher vorhanden. Die Absolventen-
zahlen der TFH Berlin beziehen sich
auf das Sommersemester 2006 und das
Wintersemester 2006 / 07.
43
Einen Überblick gibt Tabelle 4, in der außerdem die jeweiligen Absolventen-
zahlen aus dem Jahr 2006 aufgelistet sind.7 Lehramtsstudiengänge sind nicht
berücksichtigt. Sofern für die neu eingerichteten Studiengänge keine Absol-
ventenzahlen vorliegen wird die Zahl der jährlich verfügbaren Studienplätze
genannt. Neben dem Kernbereich gibt es eine Reihe weiterer Studiengänge,
in denen ebenfalls energierelevante Inhalte in signifikantem Umfang vermit-
telt werden. Diese werden zusammenfassend für bestehende Diplom- und
zukünftige Bachelor- / Master-Studiengänge in Tabelle 5 genannt. Zumindest
peripher werden in nahezu jedem technischen oder naturwissenschaftlichen
Studiengang und in verschiedenen sozial-, geistes- und rechtswissenschaft-
lichen Studiengängen energierelevante Themen behandelt.
Beschränkt man sich, um nicht in Beliebigkeit abzugleiten, auf den ener-
gierelevanten Kernbereich, so zeigen die Zahlen in Tabelle 4, dass derzeit über
200 Studenten pro Jahr an Berliner Hochschulen Studiengänge abschließen,
die schwerpunktmäßig energietechnische Inhalte vermitteln. Diese bilden ein
attraktives Reservoir an Nachwuchskräften für die Unternehmen der Branche.
Ein Vergleich mit anderen Standorten, an denen energierelevante Studien-
gänge angeboten werden, ist aufgrund inkongruenter Ausrichtung der Studi-
engänge und der lückenhaften Datenbasis kaum möglich. Der größte Teil der
Ausbildungsleistung wird an der FHTW Berlin und an der TFH Berlin erbracht.
Diese Tendenz wird sich aufgrund des Ausbaus des Studienangebots an den
beiden Fachhochschulen weiter verstärken. Neben den klassischen energie-
technischen Themen aus dem Maschinenbau, der Elektrotechnik, den Prozess-
wissenschaften sowie dem Bauwesen haben die regenerativen Energien einen
hohen Stellenwert in der Ausbildung in der Hauptstadt. Dabei nimmt die FHTW
Berlin eine Vorreiterrolle ein. Bereits kurz nach ihrer Gründung im Jahr 1994
wurde ein erster einschlägiger Studiengang eingerichtet; in den folgenden Jah-
ren wurden die Kapazitäten kontinuierlich ausgebaut. Auch an der TFH Berlin
sind regenerative Energien gut verankert. Die energietechnische universitäre
Ausbildung findet nahezu ausschließlich an der TU Berlin statt. Der Fokus liegt
dabei auf den klassischen Themen, der Aufbau eines Master-Studiengangs für
regenerative Energien ist jedoch geplant.
44
Tabelle 4: Studiengänge mit Energieschwerpunkt an Berliner Hochschulen
Studiengang Ab schluss Hoch-schule
aus-laufend
Absolven-ten 2006
Studien-plätze pro Jahr
Bemerkung
Energie- und Verfahrenstechnik
DiplomPromotion
TU X 36 Diplom8 Pro- mo tion
Energie- und Prozesstechnik
Bachelor TU 120 Schwerpunkte Energietechnik, Ver-fah renstechnik, Gebäudetechnik; Fort führung als Master mit Schwer -punkten Energie- und Verfahrens-technik, Regenerative Energiesysteme, Energie- u. Gebäudetechnik geplant
Global Production Engineering for Solar Technology
Master TU kein NC Beginn Herbst 2008, gebühren pflichtig
Umwelttech-nik / Regenerative Energien
Diplom FHTW X 53 Der Bachelor-Studiengang ›Regenera-tive Energiesysteme‹ und der Diplom-Studiengang ›Umwelttech-nik / Regenerative Energien‹ an der FHTW wurden 2007 zum Bachelor-Studiengang Umwelttechnik / Regene-rative Energien und dem konsekutiven Master-Studiengang ›Regenerative Energiesysteme‹ zusammengelegt
Umwelttech-nik / Regenerative Energien
Bachelor FHTW 120
Regenerative Energiesysteme
Bachelor FHTW X 24
Regenerative Energiesysteme
Master FHTW 60
Gebäude energie- und Informa-tionstechnik
Bachelor FHTW 40 Ein Master-Studiengang ist geplant konsekutiv für Elektrotechnik und Gebäudeenergie- und Informations-technik
Elektrotechnik – Energiesysteme
Bachelor TFH X 31 Im Bachelor / Master-Studiengang Elektrotechnik besteht weiterhin die Möglichkeit der Vertiefung auf elektrische Energiesysteme
Maschinenbau – Erneuerbare Energien
Bachelor TFH 13 Ausbau auf bis zu 100 Studien-anfänger geplant
Maschinenbau – Konstruktions-technik und Erneuerbare Energien
Master TFH 5 Konsekutiv für Maschinenbau – Erneuerbare Energien und andere Bachelor-Studiengänge aus dem Maschinenbau an der TFH
Gebäude- und Energietechnik
Bachelor TFH 36
Gebäudetechnik und Energie-management
Master TFH 2 Konsekutiv für den Bachelor-Studiengang Gebäude- und Energietechnik
45
Tabelle 5: Studiengänge mit energiebezogenen Lehrinhalten an Berliner
Hochschulen
Studiengang Abschluss Hochschule auslaufend Absolventen 2006
Studienplätze Bemerkungen
Architektur Diplom Bachelor MasterPromotion
TU, TFH Diplom 341 (TU 221) + 12 Promotion
TU : 100 BachelorTFH : 120 Bachelor / 60 Master
Schwerpunkt energie- und klimaoptimierte Architektur im geplanten Master-Studiengang an der TU
Bauingeni-eurwesen
Diplom Bachelor Master
TU, FHTW Diplom 240 (TU 87) + 12 Promotion
TU: 100 BachelorFHTW: 120 Bachelor / 60 Master
Ein Masterstudiengang an der TU ist geplant
Elektrotechnik Diplom Bachelor MasterPromotion
TU, FHTW, TFH
Diplom 153 (TU 96) + 35 Promotion
TU: 200 BachelorFHTW: 80 Bachelor / 60 Master
Schwerpunkt elektrische Energietechnik im geplanten Master-Studiengang an der TU Berlin;Spezialisierungsrichtung elektrische Energietechnik im Bachelor-Studiengang an der FHTW; Master-Studiengang konsekutiv für Elektrotechnik und Gebäudeenergie- und Informationstechnik geplantSchwerpunkt auf elek-trischen Energie- und Antriebssysteme an der TFH
Fahrzeug-technik
Diplom, Bachelor Master
TFH Diplom 50 80 Bachelor / 40 Master
Gebäude-technik
DiplomPromotion
TU X 5 Diplom + 1 Promotion
Life Science Engineering
Bachelor Master
FHTW 40 Bachelor / 20 Master
Schwerpunkt des Studien-gangs ist die ganzheitliche Betrachtung von Produkti-onsprozessen; Inhalte aus der Energietechnik werden vermittelt
Maschinen-bau, Mechanical Engineering
Diplom Bachelor MasterPromotion
TU, FHTW, TFH
Diplom,Mechanical Enginee-ring (FHTW)
152 (TU 69) + 28 Promotion
TU: 280 Bachelor Ohne die in Tabelle 4 genannten Studiengänge Maschinenbau – Erneuer-bare Energien und Ma schi nenbau – Konstruk-tionstechnik und Erneuer-bare Energien an der TFH, Schwerpunkt Kraft und Arbeitsmaschinen im Maschinenbaustudiengang an der TU
46
3.2 Wissenschaftliche Einrichtungen in Berlin
3.2.1 Universitäten
Freie Universität Berlin
Die Freie Universität (FU) Berlin hat durch das erfolgreiche Abschneiden
bei der Exzellenzinitiative ihren Ruf als eine der bedeutendsten Forschungs-
stätten in Deutschland festigen können.8 Sie ist mit etwa 31.600 Studierenden
die größte der Berliner Hochschulen. Die Geistes-, Sozial- und Politikwissen-
schaften bestimmen traditionell ihr Profil. In den Naturwissenschaften wird
hauptsächlich Grundlagenforschung betrieben, die Ingenieurwissenschaften
sind nicht vertreten. Obwohl die FU Berlin keinen Schwerpunkt im Bereich
der Energieforschung besitzt, werden grundlagenorientierte energierelevante
Projekte in verschiedenen Fakultäten bearbeitet, beispielsweise im Fachbereich
Physik (Photovoltaik, künstliche Photosynthese). Die Leiterin des Bereichs Hete-
rogene Materialsysteme am Hahn-Meitner-Institut, Frau Prof. Lux-Steiner, ist
Professorin an der FU Berlin. Energiepolitik und Klimaschutz bilden einen von
fünf Themenkomplexen der Forschungsstelle für Umweltpolitik (FFU), einem
interdisziplinären Institut, das die Kapazitäten der FU Berlin in der gesellschafts-
wissenschaftlichen Umweltforschung koordiniert. Entsprechende Lehrinhalte
Studiengang Abschluss Hochschule auslaufend Absolventen 2006
Studienplätze Bemerkungen
Physikalische Ingenieur-wissenschaft
Bachelor TU 50 Studienschwerpunkte u.a. Strömungsmechanik und Thermodynamikkonsekutiver Masterstudien-gang geplant
Process Energy and Environmen-tal Systems Engineering
Master TU 5 Teil des Lehrinhaltes ist Energietechnik (insbesondere Kraftwerke)
Technisches Gebäude-management
Diplom FHTW, TFH X 60 (FHTW 33)
Techno-mathematik
Bachelor, Master
TU 40 Bachelor,kein NC für Master
Studienschwerpunkte u.a. Energietechnik und Zuverlässigkeitstheorie sowie Verkehrssystemplanung und Verkehrsinformatik
Verkehrs-wesen
Diplom, Bachelor, MasterPromotion
TU Diplom 121 + 5 Promotion
450 Bachelor Studienrichtungen Planung und Betrieb, Fahrzeug-technik, Luft- und Raumfahrt technik, Schiffs- und Meerestechnik
47
werden daher auch in einigen Studiengängen vermittelt. Das Spektrum reicht
von grundlagenorientierten Themen bis zu Politikberatung und anwendungs-
orientierter Forschung. Es bestehen Kooperationen mit verschiedenen wissen-
schaftlichen Einrichtungen in der Region und überregional.
Humboldt Universität zu Berlin
Die Humboldt Universität (HU) ist mit ihren rund 28.900 Studenten und
359 Professuren die zweitgrößte Universität des Landes Berlin. Die Lehr- und
Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Mathematik und Naturwis-
senschaften, Landwirtschaft und Gartenbau, Medizin, Philosophie, Theologie,
Rechts- und Wirtschaftswissenschaften. Die Humboldt Universität hat ebenfalls
keinen ingenieurwissenschaftlichen Fokus, und es gibt keinen Forschungs-
schwerpunkt Energietechnik. Entsprechende Studiengänge werden nicht an -
ge bo ten. Jedoch werden in einzelnen Fakultäten energierelevante Themen
bearbeitet. Die Juristische Fakultät mit dem angeschlossenen An-Institut für
Energie- und Wettbewerbsrecht in der kommunalen Wirtschaft e.V. beschäftigt
sich mit energierechtlichen Fragestellungen, vor allem in Bezug auf die Libe-
ralisierung des Energiemarkts. Darüber hinaus werden einzelne Forschungs-
projekte, beispielsweise zur mathematischen Modellierung und Optimierung
von Kraftwerkssystemen oder zur biologischen Wasserstoffgewinnung bearbei-
tet. Hierbei arbeitet die HU Berlin mit verschiedenen nationalen und interna-
tionalen Energieversorgern und wissenschaftlichen Einrichtungen zusammen.
In der Landwirtschaftlichen Fakultät wird das Thema ›Energie und Rohstoff-
pflanzen‹ in Zusammenarbeit mit dem Institut für Agrartechnik in Potsdam-
Bornim bearbeitet.
Eines der An-Institute der HU Berlin beschäftigt sich mit energiebezogenen
Fragestellungen. Es handelt sich um das Institut für Agrar- und Stadtökolo-
gische Projekte (IASP), dessen Kernthema die Verwertung von Abfallbiomassen
aus der Lebensmittelindustrie zur Gewinnung von Bioethanol ist. Im Zuge einer
Vielzahl von Projekten zur Verwertung von Ab- und Beiprodukten aus Land-
wirtschaft und Ernährungswirtschaft wurde umfangreiches Know-how zur
Vergärbarkeit beliebiger Substrate in Biogasanlagen aufgebaut.
Technische Universität Berlin
Die Technische Universität (TU) Berlin ist mit rund 28.300 Studierenden und
315 Professuren nach der TU Dresden und der RWTH Aachen die drittgrößte
Technische Universität Deutschlands. Die Kernkompetenzen der TU Berlin wer-
den ihrem Strukturplan entsprechend durch sieben Verbünde interdisziplinär
gebündelt. Eines dieser Felder ist die Energie. In Einzelprojekten werden an der
TU Berlin Themen aus nahezu allen energierelevanten Bereichen bearbeitet.
Zur Koordination der Aktivitäten wurde das ›Innovationszentrum Ener-
gie‹ (IZE) gegründet.9 Sprecher des Zentrums ist Prof. Frank Behrendt. Wie
Abbildung 6 zeigt, sind die beteiligten Fachbereiche innerhalb des IZE in den
Teilbereichen ›Wandlungseffizienz‹, ›Verteilungseffizienz‹, ›Nutzungseffizienz‹,
8
Informationsquellen sind vor allem
die Internetauftritte der Hochschulen
und Forschungsinstitute mit Stand
Dezember 2007 und die durchgeführten
Interviews. Weitere Quellen werden im
Folgenden genannt.
9
Homepage: www.energie.tu-berlin.de.
48
›Gesellschaftliche und wirtschaftliche Systemforschung‹ sowie ›Mathematik‹
organisiert. Diese bringen zusammen mit den so genannten Enabling Tech-
nologies (Sensorik und Aktuatorik, Informations- und Kommunikationstech-
nik usw.) ihre Kompetenzen in interdisziplinäre Gruppen ein, die zusammen
mit externen Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft komplexe Probleme
aus den Forschungsclustern ›Effiziente Gasturbinen‹ sowie ›Dünnschicht- und
Nanotechnologie für Photovoltaik Berlin‹ bearbeiten. Außerdem wurden
drei weitere Cluster ›Netze und funktionelle Energiespeicherung‹, ›Nutzung
von Niedertemperaturwärme‹ sowie ›Energieeffiziente Gebäude und Städte‹
gegründet.
Diese fünf Cluster entsprechen den Hauptfeldern, in denen die TU Berlin
über Einzelvorhaben hinausgehende besondere Forschungskompetenzen vor-
weisen kann. Zusätzlich gibt es einen fakultätsübergreifenden Schwerpunkt
›Fluidsystemtechnik‹, in dem Strömungsmaschinen und Kraft- und Arbeitsma-
schinen, verkehrstechnische Fluidsysteme und Gebäudeaerodynamik Arbeits-
schwerpunkte darstellen. Außerdem wurde Anfang 2008 ein interdisziplinärer
Forschungsverbund ›Regenerative Energien‹ an der TU Berlin gegründet, der
durch den Aufbau eines Netzwerkes zwischen der TU Berlin und Unterneh-
men unter anderem neue Innovations- und Geschäftsfelder insbesondere für
den Mittelstand erschließen soll. Der Forschungsverbund wird mit Mitteln der
Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung des Landes Berlin
unterstützt.
Tabelle 6 gibt einen Überblick über Fachgebiete an der TU Berlin, die auf
energierelevante Forschung fokussiert sind. Die Photovoltaikforschung wird an
der TU Berlin außerdem durch Prof. Hans-Werner Schock und durch Prof. Bernd
Rech, beide vom Hahn-Meitner-Institut, vertreten.
Abbildung 6: Struktur des Innovationszentrums Energie (IZE)
der TU Berlin
Quelle: TU Berlin
49
Tabelle 6: Ausgewählte Fachgebiete mit energiebezogenen Forschungs-
schwerpunkten an der TU Berlin
Fachgebiet Leiter Forschungsschwerpunkt
Institut für Energietechnik
Energiesysteme Prof. Dr. Georg Erdmann(Teilbereich Systemforschung des IZE)
Energiewirtschaft, Energiesysteme
Energietechnik und Umweltschutz Prof. Dr.-Ing. George Tsatsaronis(Teilbereich Wandlungseffizienz des IZE)
Modellierung und Optimierung von Energiesystemen, Kraftwerke
Energieverfahrenstechnik und Umwandlungstechniken regenerativer Energien
Prof. Dr. Frank Behrendt(Teilbereich Wandlungseffizienz und Sprecher des IZE)
Vergasung lignosehaltiger Biomassen, Analyse, Aufbereitung und Verwertung der Vergasungsprodukte
Heiz- und Raumlufttechnik (Hermann-Rietschel-Institut)
N.N.(Teilbereich Nutzungseffizienz des IZE)
Maschinen- und Energieanlagentech-nik
Prof. Dr.-Ing. Felix Ziegler(Teilbereich Nutzungseffizienz des IZE)
Absorptionskälteanlagen, solares Kühlen
Institut für Energie- und Automatisierungstechnik
Elektrische Antriebstechnik Prof. Dr.-Ing. Uwe Schäfer(Teilbereich Verteilungseffizienz des IZE)
Hybridantriebe
Energieversorgungsnetze und Integration erneuerbarer Energien
Prof. Dr.-Ing. Kai Strunz(Teilbereich Verteilungseffizienz des IZE)
Infrastruktur-Integration erneuerbarer Energie, Optimierung heterogener Energiesysteme
Hochspannungstechnik Prof. Dr.-Ing. Wilfried Kalkner(Teilbereich Verteilungseffizienz des IZE)
Zuverlässigkeitsanalysen, elektro-magnetische Verträglichkeit, Material eigenschaften
Leistungselektronik N.N.(Teilbereich Verteilungseffizienz des IZE)
Lichttechnik Prof. Dr.-Ing. Stephan Völker (ab April 2008 Teilbereich Nutzungs-effizienz des IZE)
bislang: Lichtmesstechnik, Solarstrah-lung, Vorschalttechnik
Institut für Strömungsmechanik und technische Akustik
Experimentelle Strömungsmechanik Prof. Dr.-Ing. Christian Oliver Paschereit(Teilbereich Wandlungseffizienz des IZE)
Gasturbinen
Institut für Land- und Seeverkehr
Verbrennungskraftmaschinen Prof. Dr.-Ing.Helmut Pucher(Teilbereich Wandlungseffizienz des IZE)
Verbrennungsmotoren
Institut für Luft- und Raumfahrt
Luftfahrtantriebe Prof. Dr.-Ing. Dieter Peitsch(Teilbereich Wandlungseffizienz des IZE)
Gasturbinen
Institut für Bauingenieurwesen
Bauphysik und Baukonstruktionen Prof. Dr.-Ing. Frank U. Vogdt(Teilbereich Nutzungseffizienz des IZE)
Nachhaltiges Bauen
50
Von den An-Instituten der TU Berlin hat das Institut für Erhaltung und Moder-
nisierung von Bauwerken e.V. (IEMB), dessen Leiter Prof. Bernd Hillemeier ist,
besondere energierelevante Kompetenzen. Unter Leitung des Energiebeauftrag-
ten des Bundes werden am IEMB Aufgaben wahrgenommen, die bei umzugs-
bedingten Bundesbaumaßnahmen unter energetischen Gesichtspunkten in
Bezug auf Planung, Baubegleitung, Auswertung anfallen. Das Institut hat zwei
Projekte zur solargestützten Kälteerzeugung wissenschaftlich begleitet.
Die Technische Universität Berlin unterhält Kooperationen mit allen großen
deutschen Unternehmen und mit vielen Instituten der Fraunhofer Gesellschaft,
der Helmholtz-Gemeinschaft und der Leibniz- Gemeinschaft. Es bestehen weit
über 100 wissenschaftliche Kooperationsverträge mit ausländischen Hoch-
schulen.10 In Bezug auf Kooperationen im Bereich Energie sind besonders das
Hahn-Meitner-Institut, und das GFZ Potsdam zu nennen. Die Energieforschung
stellt einen Schwerpunkt der Kooperation der TU Berlin mit der Siemens AG dar,
zu deren Koordinierung das so genannte CKI Center of Knowledge eingerichtet
wurde.
3.2.2 Fachhochschulen
Die Fachhochschule für Technik und Wirtschaft (FHTW) Berlin ist die jüngste und
mit etwa 9.800 Studierenden und 270 Professuren zugleich die größte Fach-
hochschule der Stadt. Im Mittelpunkt der Forschung stehen die Entwicklung,
der Einsatz und die Verbreitung regenerativer Energien. Arbeitsgebiete sind
Solartechnik, Windenergie, Wasserstoff, Brennstoffzellen, Lichttechnik, Ener-
giespeicher, Energietransport und -verteilung, Leistungselektronik, Simulation
von Energiesystemen, Gebäudeenergiesysteme, Absorptionskältemaschinen
sowie Abwärmenutzung. Tabelle 6 gibt einen Überblick über energierelevante
Arbeitsschwerpunkte einiger Professoren der FHTW Berlin.11 Die FHTW wird sich
personell auf dem Gebiet der regenerativen Energien weiter verstärken. Drei
Professuren mit den Schwerpunkten Photovoltaik, Fluidmechanik (Wind-,
Wasserkraft und Solarthermie) und Biologisch-chemische Energiewandlung
(inkl. Wasserstoff- und Speichertechnik) wurden Anfang 2008 ausgeschrieben.
Die Bereitschaft zur Durchführung von Vorhaben im Bereich der angewandten
Forschung wird von den Bewerbern erwartet.
Das Kompetenzfeld ›Nachhaltige Energieversorgung für Gebäude‹ bündelt
die wesentliche Forschungsexpertise der FHTW auf dem Gebiet. Arbeitsfelder
des Kompetenzfeldes, dessen Sprecher Prof. Friedrich Sick ist, sind unter ande-
rem Integrierte Energiekonzepte für Gebäude, Energieversorgungskonzepte auf
kommunaler und regionaler Ebene sowie regenerative Energiesysteme. Kon-
takte und Kooperationen bestehen mit nahezu allen großen Unternehmen der
Energiebranche ebenso wie mit kleineren lokalen Firmen und verschiedenen
universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen.
10
Eine ausführlichere Aufstellung
der Kooperationen der TU Berlin
fi ndet sich auf ihrem Internetauftritt:
http: / / www.tu-berlin.de / menue / for-
schung / kooperationen / .
11
Quelle sind ebenso wie bei der
Darstellung der energierelevanten
Arbeitsschwerpunkte der TFH Berlin
die Internetauftritte der Hochschulen.
Neben den genannten beschäfti-
gen sich auch andere Professoren
mit energierelevanten Themen im
weiteren Sinn (Bauphysik, Städtebau,
Verkehrstelematik, Regelungstechnik
usw.). Hier wird das Abgrenzungspro-
blem besonders deutlich, d.h. es kann
nicht eindeutig entschieden werden,
welcher Arbeitsschwerpunkt als ener-
gierelevant klassifi ziert werden kann.
Andere Abgrenzungen sind möglich.
Die Tabellen 7 bis 9 geben daher einen
ersten Einblick in das energierelevante
Profi l der Hochschulen, sind aber nicht
als Ausschließlichkeitskriterium zu ver-
stehen. Bei mehr als fünf Professuren
pro Gebiet wird auf die Nennung der
Personen verzichtet, diese fi nden sich
auf den Webseiten der Hochschulen.
51
Technische Fachhochschule Berlin
Die Technische Fachhochschule (TFH) Berlin ist mit rund 9.300 Studieren-
den und 284 Pofessuren nur wenig kleiner als die FHTW Berlin. Das Thema
Energie nimmt in Forschung und Ausbildung ebenfalls eine prominente Stelle
ein. Energierelevante Themen werden in der Gebäudetechnik, der Elektrotech-
nik und im Maschinenbau behandelt. Die Forschungsprojekte umfassen u.a.
die Untersuchung der transienten elektromagnetischen Vorgänge am neuen
400-kV-Höchstspannungskabel in Berlin, Untersuchungen zum dynamischen
Verhalten von piezoelektrischen Antrieben, die Entwicklung einer dimmbaren
Energiesparlampe sowie Wellenkraftwerke. Kooperationen mit verschiedenen
größeren und kleineren Unternehmen der Energiebranche bestehen haupt-
sächlich über Diplomarbeiten, aber auch im Rahmen einzelner Forschungs-
projekte. Tabelle 8 gibt einen Überblick über energierelevante Arbeitsschwer-
punkte einiger Professoren der TFH Berlin.
Fachhochschule für Wirtschaft Berlin
Am Steinbeis-Forschungszentrum (SFZ) für umweltbewusstes Bauen und
Baustoffe an der Fachhochschule für Wirtschaft (FHW) Berlin werden unter der
Leitung von Prof. Hans-Volker Huth Bauabläufe, -prozesse und -materialien
auf ihre Umweltverträglichkeit überprüft. Es wurden unter anderem Systeme
zur Dämmung von Altbauten auf Grundlage von nachwachsenden Rohstoffen
Tabelle 7: Wichtige energierelevante Arbeitsschwerpunkte
an der FHTW Berlin
Fach Energierelevante Professuren Arbeitsschwerpunkt
Fachbereich Ingenieurwissenschaften 1
Elektrotechnik Prof. Dr.-Ing. Norbert Klaes Prof. Dr. Renate GehrkeProf. Dr. Hans-Werner Röllig
Leistungselektronik, elektrische Antriebstechnik, elektrische Netze, Hochspannungstechnik, elektromagnetische Verträglichkeit, elektrische Anlagen und Geräte
Regenerative Energiesysteme sowie Umwelttechnik / Rege-nerative Energien
Prof. Dr.-Ing. Volker QuaschningProf. Dr.-Ing. Joachim TweleProf. Dr.-Ing. Wolfgang BrösickeProf. Dr.-Ing. Friedrich Sick
Regenerative Energiesysteme (insbesondere Windkraft und Photovoltaik), Stromübertragungs- und Kabeltechnik, Hochstromtechnik, elektrische Energiewandler, solares Bauen und Anlagentechnik, Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik, Energie-management
Life Science Engineering Prof. Dr.-Ing. Petra Bittrich Energetische Analyse, Absorptionskreisprozesse, Energie aus Biomasse
Technisches Gebäude-management
Prof. Dr. Helmut Feustel Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik, Energie-management
Fachbereich Ingenieurwissenschaften 2
Fahrzeugtechnik Prof. Hanns-L. RodewaldProf. Dr.-Ing. Hans-Herwig AtzornProf. Dr.-Ing. Werner Stednitz
Verbrennungsmotoren, Antriebstechnik, Fahrzeug-technik
52
entwickelt und ein anwendungsnahes Netzwerk zum energieeffizienten Bauen
in Kreuzberg aufgebaut. Dieses versteht sich als Knotenpunkt zwischen Auf-
traggebern und Auftragnehmern im Bereich des klimagerechten und energie-
sparenden Bauens sowie der energetischen Gebäudesanierung.12 Der Leiter der
Fachrichtung Maschinenbau der FHW, der Strömungsmechaniker Prof. Seied
Nasseri ist Vorsitzender des Landesverbands Berlin-Brandenburg des Bundes-
verbands WindEnergie (BWE).
Zusammen mit der TFH Berlin bietet die FHW Berlin den Bachelor-Studien-
gang Wirtschaftsingenieur / in Umwelt und Nachhaltigkeit an, in dessen Rah-
men unter anderem Lehrinhalte aus dem Bereich Energietechnik / regenerative
Energien vermittelt werden. Im Fachbereich Berufsakademie der FHW Berlin
werden im dualen Bachelor-Studiengang Konstruktion und Fertigung Lehr-
inhalte zu Wärme-, Kraft- und Arbeitsmaschinen vermittelt.
3.2.3 Forschungsinstitute
Bundesanstalt für Materialforschung und –prüfung
Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) betreibt
Materialforschung und -prüfung mit dem Ziel, Sicherheit und Zuverlässigkeit in
Chemie- und Materialtechnik zu erforschen und weiterzuentwickeln.
Die BAM organisiert sich in 9 Fachabteilungen und 33 Fachgruppen mit ca.
1.600 Mitarbeitern. Sie verfügt über eine Grundfinanzierung von 97,4 Mio. Euro
und Drittmitteleinnahmen von 10,0 Mio. Euro im Jahr 2006. Im selben Jahr
erschienen 480 Publikationen; es wurden ca. 6.000 Prüfungen, Zulassungen
und Gutachten erstellt.
Energierelevante Kompetenzen finden sich bei der Entwicklung und Prüfung
von Hochtemperaturwerkstoffen für Kraftwerksturbinen und bei der Entsorgung
radioaktiver Abfälle von Kernkraftwerken. In der Energieforschung wird unter
anderem in der Abteilung ›Werkstofftechnik‹ im Rahmen des BMWi-Projekts
COORETEC über CO2-arme Kraftwerkstechnologien oder die Umweltsicherheit
Tabelle 8: Wichtige energierelevante Arbeitsschwerpunkte
an der TFH Berlin
Fachbereich Energierelevante Professuren Arbeitsschwerpunkt
IV Architektur und Gebäudetechnik
elf Professoren Gebäudetechnik, Heizungs-, Klima-, Kältetechnik, Technisches Gebäudemanagement, Gebäudeautomation
VII Elektrotechnik und Feinwirktechnik
sechs Professoren Hochspannungstechnik, elektrische Antriebe, elektrische Maschinen und Anlagen, Leistungselektronik, Elektro-magnetische Verträglichkeit, elektrische Netze
VIII Maschinenbau, Verfahrens- und Umwelttechnik
Prof. Susanne Auffermann-LemmerProf. Dr.-Ing. Theo BrackeProf. Dr.-Ing. Dieter Korschelt
Beleuchtungstechnik und Lichtgestaltung, Strömungs-maschinen, Wärmetechnik, Wellenkraftwerke
12
Homepage: www.netzwerkbauen.de
53
von Dünnschicht-Photovoltaikmodulen geforscht. In der Abteilung ›Gefahr-
gutumschließung‹ werden z. B. neue Träger nuklearer Entsorgung untersucht.
Deutsches Institut für Urbanistik
Das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) ist eine unabhängige wissen-
schaftliche Gemeinschaftseinrichtung der deutschen Städte. Es untersucht
kommunalpolitische Fragestellungen und erstellt Empfehlungen. Im Arbeits-
bereich Stadtentwicklung und Recht werden Aspekte einer umweltverträg-
lichen Verkehrsplanung untersucht. Im Arbeitsbereich Umwelt und Verkehr
wurden unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit und des Klimaschutzes
ebenfalls einige energierelevante Projekte bearbeitet. Leiter des Instituts ist
Prof. Klaus Beckmann.
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) ist das größte
unabhängige Wirtschaftsforschungsinstitut in Deutschland. Es ist Mitglied der
Leibniz-Gemeinschaft und betreibt Grundlagenforschung und wirtschaftspoli-
tische Beratung. Präsident des DIW Berlin ist Prof. Klaus Zimmermann. Das DIW
Berlin hat über 200 Mitarbeiter.
In der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt untersuchen 30 Mitarbeiter unter
Leitung von Frau Prof. Claudia Kemfert energie-, verkehrs- und umweltpoli-
tische Strategien einer nachhaltigen Entwicklung. Im Fokus steht die Sicherung
einer klimafreundlichen, wettbewerbsfähigen und sicheren Energieversorgung
unter Berücksichtigung der Strukturen, die sich aus der Liberalisierung und
Regulierung des Energiemarktes ergeben. Die Forschungsaktivitäten der Abtei-
lung sind in internationale Kooperationen eingebunden.
Deutsches Zentrum für Luft und Raumfahrt
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) unterhält am Stand-
ort Berlin-Charlottenburg eine Zweigstelle des Instituts für Antriebsforschung
des DLR, die Abteilung für Triebwerksakustik, die von Dr. Lars Enghardt gelei-
tet wird. 23 Mitarbeiter befassen sich mit stationären Prozessen in technischen
Strömungen. Die Abteilung ist am Institut für Strömungsmechanik und Tech-
nische Akustik (ISTA) der TU Berlin angesiedelt, mit dem sie eine enge Koope-
ration unterhält.
Der Standort Berlin-Adlershof des DLR wurde 1992 gegründet. An ihm kon-
zentrieren sich die Forschungstätigkeiten des DLR in den Feldern Weltraum
und Verkehr. Gearbeitet wird an verkehrsträgerübergreifenden Konzepten, am
Einsatz moderner Technologien und an optischen Sensorsystemen für Anwen-
dungen im Verkehr. Zielsetzung ist die Entwicklung eines umwelt- und sozial-
verträglichen Verkehrssystems und Verkehrsmanagements.
54
13
Im Forschungsverbund Berlin e.V. (FVB)
sind acht Berliner Forschungsinstitute aus
den Natur- und Lebenswissenschaften
organisiert. Der FVB stellt für diese acht
Mitglieder der Leibniz-Gemeinschaft eine
gemeinsame administrative Infrastruktur
zur Verfügung. Das Ferdinand-Braun-
Institut für Höchstfrequenztechnik, das
Institut für Kristallzüchtung und das
Weierstraß-Institut für Angewandte
Analysis und Stochastik gehören zum FVB.
14
Vgl. Hahn-Meitner-Institut Berlin GmbH
(2007b), S. 92.
Ferdinand-Braun-Institut für Höchstfrequenztechnik
Das Ferdinand-Braun-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH) erforscht
Schlüsseltechnologien für innovative Anwendungen in der Mikrowellentechnik
und Optoelektronik. Besondere Kompetenzen liegen im Bereich von Verbin-
dungshalbleitern, wie sie für hocheffiziente Solarzellen benötigt werden. Leiter
des Instituts ist Prof. Günther Tränkle. Das FBH wurde 1992 gegründet und hat
mittlerweile 210 Mitarbeiter. Es ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft und des
Forschungsverbundes Berlin e.V.13 und unterhält zahlreiche Kooperationen mit
nationalen und internationalen Forschungseinrichtungen und Unternehmen.
Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM
Am Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM bilden
die Systemintegration und das Packaging elektronischer Produkte den Schwer-
punkt der industrienahen Forschung und Entwicklung. Leiter des Instituts ist
Prof. Herbert Reichl. Mit 302 Mitarbeitern wurden im Jahr 2007 an allen Stand-
orten insgesamt 31 Mio. Euro umgesetzt. Energierelevant sind insbesondere die
Forschung an LED-Modulen in der Abteilung Modulintegration und Boardver-
bindungstechniken sowie die Entwicklung von tragbaren Stromversorgungsge-
räten wie z. B. Mikrobrennstoffzellen in der Abteilung High Density Interconnect
& Wafer Level Packaging. Das IZM arbeitet eng mit dem Forschungsschwerpunkt
Mikroperipherik der TU Berlin zusammen und ist in zahlreichen nationalen und
internationalen Kooperationen engagiert.
Fritz-Haber-Institut
Am Fritz-Haber-Institut (FHI) der Max-Planck-Gesellschaft konzentriert sich
die grundlagenorientierte Forschung auf das Verständnis des Zusammenhangs
von Struktur, Reaktivität und Dynamik an Grenzflächen. Aber auch Aspekte
aus den Materialwissenschaften wie Oberflächenbeschichtungen und Kata-
lyseprozesse werden erforscht. Die Energieforschung stellt keinen Schwerpunkt
innerhalb des Forschungsprogramms des FHI dar, den Arbeiten kommt jedoch
grundsätzliche Relevanz zu. Mit verschiedenen Partnern aus Industrie und
Wissenschaft wurden daher auch energierelevante Projekte durchgeführt, ins-
besondere in der von Prof. Robert Schlögl geleiteten Abteilung für Anorganische
Chemie. Das Themenspektrum reicht dabei von der Rußpartikelverminderung
in Fahrzeugdieselmotoren über die katalytische CO2-Wandlung bis zu Fragen
der Nutzung von aus Biomasse hergestellten Reaktanten. In der Abteilung
›Theorie‹ unter Leitung von Prof. Matthias Scheffler gibt es eine Arbeitsgruppe
›Elektrochemie und Brennstoffzellen‹.
Hahn-Meitner-Institut
Das Hahn-Meitner-Institut (HMI) Berlin GmbH mit Standorten in Berlin-
Wannsee und Berlin-Adlershof ist ein naturwissenschaftliches Forschungs-
zentrum mit rund 800 Mitarbeitern und Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft
sowie des Forschungsverbundes Sonnenenergie. Der Jahresetat 2007 belief
55
sich auf 68,7 Mio. Euro. Im Mittelpunkt der Aktivitäten stehen Solarenergiefor-
schung und Strukturforschung, d.h. die Erforschung der inneren Struktur fester
Körper und deren innerer Bewegungsprozesse. Zur Ausstattung gehören ein
Forschungsreaktor, eine Ionenbeschleunigeranlage und diverse Experimentier-
anlagen. Zur Strukturanalyse nutzt das Institut auch die Synchrotronstrahlung
des Elektronenspeicherrings BESSY in Berlin-Adlershof. Die Fusion der beiden
Einrichtungen ist für 2009 geplant. Bereits ab Juni 2008 wird das HMI den
künftigen gemeinsamen Namen ›Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialen und
Energie GmbH‹ übernehmen.
Im Bereich Solarenergieforschung, der von Prof. Hans-Werner Schock gelei-
tet wird, sind etwa 100 Forscher oder 44 Prozent des wissenschaftlichen Per-
sonals beschäftigt.14 Forschungsschwerpunkt ist die Dünnschicht-Photovoltaik.
Außerdem werden in der Solarenergieforschung photoelektrochemische und
(photo-)katalytische Prozesse untersucht, beispielsweise die Entwicklung edel-
metallfreier Katalysatoren für Brennstoffzellen. Tabelle 9 gibt einen Überblick
über die Arbeitsschwerpunkte der Abteilungen des Solarenergieforschungs-
bereichs. Einige abteilungsübergreifende Projekte zu organischen Halbleitern
und Bauelementen wurden zusätzlich in so genannten virtuellen Projekten
bearbeitet.
Außerdem baut das Institut derzeit im Rahmen eines Förderprogramms der
Helmholtz-Gemeinschaft eine Nachwuchsgruppe in der Solarenenergiefor-
schung auf, die von Dr.-Ing. Marcus Bär geleitet wird, der gleichzeitig an der
BTU Cottbus lehren wird. Forschungsschwerpunkt werden Vorgänge an Grenz-
flächen zwischen Dünnschichtsolarzellen sein.
Intensiver Austausch innerhalb der Forschungsgebiete findet nicht nur mit
den Partnerinstituten innerhalb der Helmholtz-Gemeinschaft und des For-
schungsverbundes Sonnenenergie (FVS) statt, sondern ebenfalls mit anderen
Hochschulen und außeruniversitären Einrichtungen sowie mit Industrieunter-
nehmen. Das Engagement umfasst Forschungskooperationen mit nationalen
Tabelle 9: Solarenergieforschung am Hahn-Meitner-Institut in Berlin
Abteilung Leiter Arbeitsschwerpunkt
Siliziumphotovoltaik Prof. Dr. Bernd Rech Dünnschichtsolarzellen aus kristallinem Silizium, siliziumbasierte Heteroemitter
Heterogene Materialsysteme Prof. Dr. Martha Lux-Steiner Solarzellen auf der Basis von Verbindungshalbleiter, insbesondere Cu(In,Ga)(S,Se)2-Chalkopyrite
Technologie Prof. Dr. Hans-Werner Schock Herstellung und Optimierung von Dünnschichtsolarzellen
Dynamik von Grenzflächen Dr. Thomas Hannappel (kommissarisch)
Hoch absorbierende Solarzellen auf Basis von epitaktischen Schichtsystemen aus III-V Halbleitern
Solare Energetik Prof. Dr. Helmut Tributsch Materialien für die solare Energieerzeugung und für die (Photo)elektro-Katalyse
Elektronische Struktur von Halb-leitergrenzflächen (Arbeitsgruppe)
Dr. Christian Pettenkofer Analyse des Grenzflächenverhaltens von Halbleitern
56
und internationalen Partnern und gemeinsam durchgeführte Berufungen
mit regionalen Universitäten. Das HMI ist Mitglied der European Renewable
Energy Centres Agency (EUREC), einem Zusammenschluss von 48 europäischen
Forschungseinrichtungen auf dem Gebiet der Nutzung regenerativer Energie-
quellen. Reger Wissenschaftleraustausch über den Deutschen Akademischen
Austauschdienst (DAAD) ergänzt die internationale Vernetzung.
Institut für Kristallzüchtung Berlin
Auf Empfehlung des Wissenschaftsrats wurde 1992 das Institut für Kristall-
züchtung (IKZ) gegründet. Es gehört zum Wissenschafts- und Wirtschaftsstand-
ort Berlin-Adlershof und ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Kernaufgabe
ist die Bearbeitung von Problemen der Züchtung kristalliner Werkstoffe von
der Grundlagenforschung bis zur technologischen Reife. Die Forschungsaktivi-
täten zu polykristallinen Siliziumschichten und zur Züchtung von Silizium-Ein-
kristallen haben eine hohe Relevanz für die Photovoltaik. Das IKZ gehört zum
Forschungsverbund Berlin e.V. und ist Mitglied der Wissenschaftsgemeinschaft
Gottfried Wilhelm Leibniz.
Direktor des Instituts ist Prof. Roberto Fornani. Am Institut arbeiten 92 Mit-
arbeiter, davon 42 Wissenschaftler. Der Gesamtetat betrug 9,1 Mio. Euro im Jahr
2006; davon waren 2,3 Mio Euro Drittmittel.
Institut für Energie- und Regulierungsrecht Berlin e.V.
Das Institut wurde 1988 gegründet und ist eine gemeinnützige Forschungs-
einrichtung in privater Trägerschaft. Seit Beginn gibt es einen Kooperations-
vertrag mit dem Institut für Wirtschafts-, Wettbewerbs- und Energierecht der
FU Berlin. Es befasst sich mit Rechtsfragen, die sich als Folge der Öffnung der
Energiemärkte in der EU ergeben. Arbeitsschwerpunkte sind das Regulierungs-
recht der Netzwirtschaft, das Energiekartellrecht und das Energievertrags- und
Energieumweltrecht. Kooperationsverträge zum Thema Energierecht bestehen
auch mit Russland und verschiedenen EU-Staaten. Geschäftsführender Direktor
ist Prof. Franz-Jürgen Säcker.
Institut für ökologische Wirtschaftsforschung
Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) ist auf dem Gebiet
der anwendungsorientierten Umwelt- und Nachhaltigkeitsforschung tätig. Die
energierelevanten Forschungsfelder umfassen Themen aus der nachhaltigen
Energiepolitik, der Klimapolitik und dem Klimawandel, der Transformation des
Energiesektors, aus nachhaltigen Energieinnovationen und den erneuerbaren
Energien.
Das IÖW beschäftigt 27 wissenschaftliche Mitarbeiter aus den Wirtschafts-
und Sozial-, Ingenieur- und Naturwissenschaften. Wissenschaftlicher Ge -
schäfts führer ist Thomas Korbun. Ein Beirat aus mehr als 20 renommierten
Wirtschafts- und Umweltwissenschaftlern begleitet die Arbeit des IÖW.
57
Studierende der FHTW Berlin bei
Experimenten mit Solarmodulen
IZT – Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung
Als unabhängiges Forschungsinstitut erarbeitet das IZT-Institut für Zukunfts-
studien und Technologiebewertung zukunftsorientierte Studien mit langfristi-
ger gesellschaftlicher Bedeutung, erstellt Gutachten und führt wissenschaft-
liche und öffentliche Veranstaltungen durch. Es berät Entscheidungsträger in
Wirtschaft und Gesellschaft und analysiert und bewertet neue Technologien
sowie deren Umfeld. Außerdem erforscht und entwickelt es ökologisch, sozial
und generativ verträgliche Lösungsstrategien in Wirtschaft und Gesellschaft.
Leitlinien der Aktivitäten des IZT sind die Nachhaltige Entwicklung und die Ver-
besserung der Lebensqualität.
Energierelevante Forschungsaktivitäten betreffen Themen wie Solartechnik,
Biomasse, energieoptimiertes Bauen, Analyse von Energiesystemen, nachhal-
tige Energiesysteme, Energieverbrauch und Emissionen, kommunales Ener-
giemanagement, Akzeptanz von erneuerbaren Energien und Energieeffizienz
sowie Energie- und Ressourcenökonomie. Die Bearbeitung der Forschungspro-
jekte erfolgt in interdisziplinären Teams.
Kooperationen bestehen mit nationalen und internationalen Partnern,
vorwiegend aus außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Wissenschaft-
licher Leiter und Geschäftsführer des Instituts ist Prof. Rolf Kreibich. Momentan
werden 31 wissenschaftliche Mitarbeiter beschäftigt.
© F
HTW
Ber
lin
58
Leibniz-Institut für Katalyse e.V. an der Universität Rostock, Außenstelle Berlin
Das Leibniz-Institut für Katalyse ist aus der Fusion des Instituts für An -
gewandte Chemie Berlin-Adlershof mit dem Leibniz-Institut für Organische
Katalyse an der Universität Rostock hervorgegangen. In der Berliner Außen-
stelle werden Katalysatoren und katalytische Verfahren für die Synthese von
Raffinerie-, Zwischen- und Feinchemikalien erforscht. 75 Mitarbeiter, darunter
45 Wissenschaftler und 20 Ingenieure, sind in Berlin tätig.
Physikalisch-Technische Bundesanstalt
Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) ist das nationale Metrolo-
gie-Institut in Deutschland. Sie erbringt an ihren zwei Standorten in Berlin und
Braunschweig wissenschaftlich-technische Dienstleistungen und führt Grund-
lagenforschung und Entwicklung im Bereich der Metrologie durch. Der Standort
Berlin war beispielsweise an der Entwicklung eines Verfahrens zur magneto-
optischen Charakterisierung von Solarzellen beteiligt.
Stiftung Wissenschaft und Politik – Deutsches Institut für Internationale Politik
und Sicherheit
Am Deutschen Institut für Internationale Politik und Sicherheit der Stiftung
Wissenschaft und Politik werden in der Forschungsgruppe ›Globale Fragen‹
Prozesse der Globalisierung und Transnationalisierung erforscht. Dabei wer-
den Fragen der Internationalen Energiepolitik, der ökonomischen und geo-
politischen Implikationen der Ressourcenverteilung, der Versorgungssicherheit
und der erneuerbare Energien betrachtet. Direktor des Instituts ist Prof. Volker
Perthes.
Unabhängiges Institut für Umweltfragen (UfU)
Das Unabhängige Institut für Umweltfragen (UfU) hat seine Wurzeln in der
Bürgerrechtsbewegung der DDR. Schwerpunkt ist die praktische Projektarbeit,
beispielsweise die Umsetzung des Energie-Effizienzprogramms ›Fifty / Fifty–
Energiesparen an Schulen‹. Daneben findet auch angewandte Forschung statt.
Insgesamt haben die Mitarbeiter über 60 Bücher und Broschüren veröffentlicht.
In der Abteilung für Klimaschutz & Bildung wird derzeit ein Forschungsvorha-
ben im Bereich der Bildung für Erneuerbare Energien bearbeitet. Vorsitzender
des Instituts ist Michael Zschiesche.
Weierstraß-Institut für Angewandte Analysis und Stochastik
sowie Zuse Institut Berlin
Das Weierstraß-Institut für Angewandte Analysis und Stochastik (WIAS)
betreibt mathematische Forschung vor allem in Angewandter Analysis und
Angewandter Stochastik. Das Spektrum erstreckt sich von der Formulierung
mathematischer Modelle bis zu deren numerischer Simulation. Es ist Mitglied
der Leibniz-Gemeinschaft und des Forschungsverbundes Berlin e.V.
59
Das Zuse Institut Berlin (ZIB) ist eine außeruniversitäre Forschungseinrichtung
des Landes Berlin, die eng mit den Berliner Hochschulen und Forschungsein-
richtungen zusammenarbeitet. Es betreibt Forschung im Bereich angewandte
Mathematik und Informatik.
Beide Institute sind Mitglieder des Matheon (vgl. Kapitel 3.4) und beteiligen
sich an verschiedenen energierelevanten Forschungsprojekten, beispielsweise
zur Optimierung der Züchtung von Siliziumkarbid–Einkristallen, zum Wachs-
tum dünner Schichten auf Substraten für die Photovoltaik oder zur Lastvertei-
lung in Gasnetzen.
3.3 Wissenschaftliche Einrichtungen in Brandenburg
3.3.1 Universitäten
Brandenburgische Technische Universität Cottbus und CEBra
Die 1991 gegründete Brandenburgische Technische Universität Cottbus (BTU)
ist die einzige Technische Universität in Brandenburg. Die BTU legt Wert auf
eine ausgeprägte Interdisziplinarität in Forschung und Lehre in den ingenieur-
wissenschaftlichen Disziplinen. Insgesamt 122 Professoren betreuen rund 4.700
Studierende. Die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses im Energie-
bereich erfolgt vor allem in den Studiengängen Elektrotechnik, Electrical Power
Engineering, Maschinenbau, Verfahrenstechnik, Wirtschaftsingenieurwesen
(mit den Schwerpunkten Energieversorgung bzw. Kraftwerkstechnik und Kraft-
werksmanagement), Technologien Biogener Rohstoffe und Process Engineering
and Plant Design.
Das Forschungsprofil der BTU nennt die vier Kernthemen Material, Umwelt,
Information und Kommunikation sowie Energie. Zur Bündelung der energie-
technischen Forschungs- und Lehrtätigkeiten von 13 Lehrstühlen und zweier
Honorarprofessuren hat die BTU im Jahr 2002 das CEBra-Centrum für Energie-
technologie Brandenburg gegründet. In der Forschungseinrichtung werden
energietechnische Fragestellungen interdisziplinär und fakultätsübergreifend
untersucht. Leitbild ist die Entwicklung integrierter Konzepte für die Strom-
und Wärmeversorgung in Ostdeutschland.
Das CEBra gliedert sich in die Bereiche Energieressourcen, Energiewand-
lung und Energieversorgung. Forschungsschwerpunkte sind die Ressourcen-
bereitstellung aus Biomasse und Reststoffen, Wandlungsverfahren für Groß-
kraftwerke, Blockheizkraftwerke und Einzelverbraucheranwendungen sowie
Stromversorgungsnetze mit dezentraler Einspeisung.15 In der Kraftwerkstechnik
finden sich besondere Kompetenzen im Bereich der Braunkohle und beim
Oxyfuel-Prozess, dem vom Energiekonzern Vattenfall favorisierten technischen
Verfahren für CO2-arme Kraftwerke.
Einige weitere Lehrstühle an der BTU, die nicht im CEBra vertreten sind, las-
sen sich dem Energiebereich zuordnen, wenn man wie in der vorliegenden 15
Vgl. CEBra (o. J.).
60
Versuchskraftwerk am Lehrstuhl
Kraftwerkstechnik der BTU Cottbus
Studie die Abgrenzung weiter fasst. Insbesondere handelt es sich dabei um die
Lehrstühle Verbrennungskraftmaschinen und Flugantriebe sowie Fahrzeug-
technik und -antriebe.
In allen genannten Bereichen bestehen Forschungskooperationen mit der
Energiewirtschaft (ENVIA, E.DIS, Stadtwerke usw.) sowie mit Kommunen und
Industriepartnern. Besonders eng ist die Zusammenarbeit in der Kraftwerks-
technik mit Vattenfall. In der Solarenergieforschung kooperiert die BTU unter
anderem mit dem HMI und dem IHP in Frankfurt (Oder). Zur TU Berlin bestehen
Kontakte, beispielsweise im Bereich der Gasturbinenforschung.
3.3.2 Fachhochschulen
Fachhochschule Brandenburg
Die Fachhochschule Brandenburg (FHB) wurde 1992 gegründet. Im Lehr-
bereich besteht die Vertiefungsrichtung Energie- und Umwelttechnologien
innerhalb des Studiengangs Maschinenbau. Lehrinhalte für moderne Ener-
giewandlungs- und Umwelttechnologien werden auf den Gebieten Kon-
struktion, Entwicklung, Elektrotechnik und Verfahrenstechnik vermittelt. Am
Zentrum für Energie- und Umwelttechnologie unter Leitung von Prof. Reiner
Malessa wird an der Weiterentwicklung und Optimierung von Technologien
der Energiewandlung gearbeitet. Projekte aus den Bereichen Brennstoffzel-
len, Wasserstofftechnik und Analyse von Energiesystemen wurden bearbeitet.
© B
TU C
ottb
us
61
An der FHB bestehen außerdem Kompetenzen zu den Themen Klimatechnik,
Wärmepumpe, Windkraft, Solarenergie, Biogas, Biokraftstoffe. Die FHB unter-
hält Kooperationen mit den anderen Fachhochschulen in Brandenburg und
mit der BTU Cottbus.
Fachhochschule Eberswalde
Die Fachhochschule Eberswalde bietet die Bachelor-Studiengänge Forst-
wirtschaft, International Forest Ecosystem Management, Landschaftsnutzung
und Naturschutz sowie Holztechnik an. Weiterführende Master- oder Diplom-
Studiengänge bestehen ebenfalls. Das Thema ›Nachwachsende Rohstoffe als
Energieträger‹ ist in sämtlichen Bereichen in Lehre und Forschung integriert. Die
FH Eberswalde ist an verschiedenen Forschungsprojekten auf nationaler und
europäischer Ebene beteiligt, beispielsweise zur nachhaltige Bereitstellung von
erneuerbaren Energien aus forst- und landwirtschaftlicher Biomasse. Außer-
dem ist die FH Mitglied in verschiedenen regionalen Netzwerken wie im Netz-
werk Barum111 der Landkreise Uckermark und Barnim und Gründungsmitglied
der Forschungsplattform Ländliche Räume Berlin-Brandenburg.
Fachhochschule Lausitz
Die FH Lausitz hat ihren Sitz in Senftenberg und Cottbus. Die Forschungs-
schwerpunkte der FH Lausitz liegen in den Bereichen Verbrennung, Solartech-
nik, Wasserkraft, Energiespeicher, Energietransport und -verteilung, energie-
optimierendes Bauen, Analyse von Energiesystemen und Verbrennungs moto-
ren. Sie bietet im Bachelor- bzw. Master-Studiengang Elektrotechnik den
Schwerpunkt Energie- und Umwelttechnik und im Bachelor-Studiengang Wirt-
schaftsingenieurwesen die Vertiefungsrichtung Energiewirtschaft an. Weitere
relevante Studiengänge sind Bauingenieurwesen, Versorgungstechnik und der
in Vorbereitung befindliche Master-Studiengang Technisches Management für
Gebäude und Infrastruktur. Zahlreiche Kooperationen mit Unternehmen und
wissenschaftlichen Einrichtungen der Region bestehen.
Fachhochschule Potsdam
An der 1991 gegründeten Fachhochschule Potsdam werden Forschungs-
projekte zum energieoptimierten Bauen bearbeitet. Im Rahmen der bauin-
genieurwissenschaftlichen Studiengänge wird energieoptimiertes Bauen auch
gelehrt; eine entsprechende Schwerpunktbildung besteht allerdings nicht.
Technische Fachhochschule Wildau
Die Technische Fachhochschule (TFH) Wildau knüpft mit ihrer Gründung
im Jahr 1991 an die Tradition der ehemaligen Ingenieurschule Wildau an. Als
energierelevante Studiengänge sind Verfahrenstechnik, Maschinenbau und
Telematik hervorzuheben. In den Hochschulentwicklungsplan für die Periode
2008 –2015 hat außerdem ein neuer Masterstudiengang Regenerative Energie-
technik Eingang gefunden, der maßgeblich von Prof. Udo Hellwig, dem Leiter
62
des Fachgebiets Verfahrenstechnik, konzipiert wurde, und im Wintersemester
2008 / 09 anlaufen soll. An der TFH Wildau werden Themen aus den Bereichen
Energieverfahrenstechnik, Solartechnik, Windenergie, Biomasse, Analyse von
Energiesystemen, Verkehrslogistik sowie Simulation von Verbrennungsvorgän-
gen und Speicherung in mesoporösen Medien bearbeitet.
3.3.3 Forschungsinstitute
FIB e.V. – Forschungsinstitut für Bergbaufolgelandschaften
Aufgabe des FIB e.V. – Forschungsinstitut für Bergbaufolgelandschaften ist
die Erarbeitung von wissenschaftlichen Grundlagen und Konzepten zur Lösung
der Umweltprobleme, die sich aus dem Braunkohletagebau in der Lausitz
ergeben. Leiter des Instituts ist Dr. Michael Haubold-Rosar. Unter anderem
werden Konzepte zur alternativen Landnutzung mit nachwachsenden Roh-
stoffen untersucht.
Forschungsinstitut Bioaktive Polymersysteme e.V.
Das 1996 in Teltow-Seehof gegründete Forschungsinstitut Bioaktive Poly-
mersysteme e.V. (Biopos) beschäftigt sich hauptsächlich mit der Erforschung
von komplexen Naturstoffen wie Cellulose, Zucker und Proteine und deren
Umwandlung zu neuen Wirk- und Werkstoffen, wobei auch deren Eigenschaft
als Energieträger untersucht wird.
Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung
Am Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung (IAP) in Pots-
dam, das derzeit kommissarisch von Dr. habil. Hans-Peter Fink geleitet wird,
wird in verschiedenen Forschungsgruppen unter anderem an Polymermate-
rialien für den Einsatz in organischen Leuchtdioden und an thermochromen
Kunststoffen geforscht.
GeoForschungsZentrum Potsdam
Das Geoforschungszentrum Potsdam (GFZ) wurde im Jahre 1992 gegründet
und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft. Es umfasst alle Disziplinen der
Wissenschaften der festen Erde, von der Geodäsie über die Geophysik und Geo-
dynamik bis zur Geochemie und zum Geoengineering in einem multidiszip-
linären Forschungsverbund. Zur Bearbeitung der verschiedenen Forschungs-
felder wird ein breites Spektrum an Methoden und Techniken eingesetzt, wie
Satellitengeodäsie und Fernerkundung, geophysikalische Tiefensondierungen,
wissenschaftliche Forschungsbohrungen, Laborexperimente unter simulierten
in-situ-Bedingungen und die Modellierung von Geoprozessen. Die Forschung
am GFZ ist in die Programmstruktur der Helmholtz-Gemeinschaft eingebet-
tet und konzentriert sich auf die Themengebiete ›Energie‹ sowie ›Erde und
Umwelt‹. Das GFZ ist Mitglied des ForschungsVerbundes Sonnenenergie.
63
Im Forschungsschwerpunkt Geothermie werden Grundlagen zur geothermi-
schen Technologieentwicklung erforscht, um die Nutzung von Erdwärme
für Strom und Wärme zu ermöglichen. Außerdem wird das europäische For-
schungsprojekt CO2SINK zur unterirdischen Speicherung des Treibhausgases
Kohlendioxid am GFZ koordiniert.
Wissenschaftlicher Vorstand des Instituts ist Prof. Reinhard Hüttl. Insgesamt
sind 630 Mitarbeiter, darunter 315 Wissenschaftler, beschäftigt. Der Etat des
Instituts betrug 2003 rund 45 Mio. Euro.
IGV Institut für Getreideverarbeitung GmbH
Tätigkeitsschwerpunkte des IGV Institut für Getreideverarbeitung GmbH
sind industrienahe technologische und technische Forschung, Anlagen- und
Produktentwicklung sowie Dienstleistungen für die Lebensmittelindustrie. Das
IGV kooperiert mit dem amerikanischen Unternehmen Greenfuels mit dem Ziel,
Kohlendioxid aus Kraftwerken und Industriebetrieben mit Hilfe von Mikroalgen
zu fixieren. Diese sollen dann ihrerseits zu Biotreibstoffen verarbeitet werden.
Leiter des Bereichs Biotechnologie des Instituts ist Prof. Otto Pulz.
IHP – Institut für innovative Mikroelektronik
Das IHP – Institut für innovative Mikroelektronik in Frankfurt (Oder) hat
seinen Schwerpunkt auf der Erforschung und Entwicklung drahtloser Kommu-
nikationstechnologien. In der von Dr. Hans-Joachim Müssig geleiteten Abtei-
lung für Materialforschung werden in Zusammenarbeit mit der BTU Cottbus die
elektrischen Eigenschaften von Kristalldefekten in Solar-Silizium erforscht.
IST – Institut für Solartechnologien gGmbH
Das IST – Institut für Solartechnologien gGmbH wurde 1994 gegründet.
Zusammen mit der ODERSUN AG, der Gesellschaft zur Förderung der Solarener-
gienutzung e.V. und dem I.S.E. – Ingenieurbüro für regenerative Systeme und
rationelle Energieanwendungen GmbH hat es sich zum Solarzentrum Frank-
furt / Oder zusammengeschlossen. Arbeitsschwerpunkt ist die Dünnschicht-
Photovoltaikforschung. Das IST versteht sich auch als Dienstleister für die
Region im Bereich Nutzung von regenerativen Energien und Energieeffizienz.
Geschäftsführer ist Dr. Thomas Koschak.
Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim e.V.
Der Schwerpunkt des Leibniz-Instituts für Agrartechnik Potsdam-Bornim
e.V. (ATB) liegt in der Bereitstellung verfahrenstechnischer Grundlagen für eine
nachhaltige Landbewirtschaftung. Das ATB entwickelt Verfahren und technische
Lösungen, die sich drei Forschungsfeldern zuordnen lassen, darunter dem Feld
›Nachwachsende Rohstoffe und Energie im ländlichen Raum‹. Schwerpunkte
liegen auf Verfahren zur Produktion und Aufbereitung von Energiepflanzen,
auf der Biogaserzeugung und dessen Nutzung in Brennstoffzellen sowie dem
Einsatz von Naturfasern beispielsweise in Verbundwerkstoffen zum Dämmen
64
und Bauen. Kooperationen bestehen mit der BTU Cottbus, der HU Berlin und
mit diversen nationalen und internationalen Firmen und Institutionen. Das ATB
beschäftigt ca. 160 Mitarbeiter und verfügte im Jahr 2006 über einen Etat von
8,2 Mio. Euro. Wissenschaftlicher Direktor ist Prof. Rainer Brunsch.
Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e.V.
Das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e.V. erforscht
Öko systeme in Agrarlandschaften und entwickelt Landnutzungssysteme unter
Berücksichtigung ökologischer und ökonomischer Aspekte. Wissenschaftlicher
Direktor des Instituts mit rund 420 Mitarbeitern und einem Jahresetat von
17,8 Mio. Euro inklusive Drittmittel in 2007 ist Prof. Hubert Wiggering. Energie-
relevante Forschung findet am ZALF nur in geringem Umfang statt. Am Institut
für Landnutzungssysteme und Landschaftsökologie werden derzeit in einem
Kooperationsprojekt, an dem auch das ATB beteiligt ist, die ökologischen Fol-
gen des Energiepflanzenanbaus auf landwirtschaftlichen Flächen untersucht.
Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung
Die Energieforschung bildet keinen expliziten Schwerpunkt am Max-
Planck-Institut (MPI) für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam. In
der von Prof. Markus Antonietti geleiteten Abteilung ›Kolloidchemie‹ gibt es
jedoch eine Forschergruppe, die sich mit der Entwicklung nanostrukturierter
Funktionsmaterialien für die Energiewandlung, Katalyse und Trennprozesse
befasst. Untersucht werden beispielsweise neue Materialien für die Energie-
speicherung, zur chemischen Aktivierung von Kohlendioxid oder Hochtempe-
raturmembrane und Katalysatoren für Brennstoffzellen. Kooperationsprojekte
bestehen mit dem FHI.
Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung
Im 1992 gegründeten Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung (PIK)
erforschen Natur- und Sozialwissenschaftler interdisziplinär den globalen
Klimawandel und seine ökologischen, ökonomischen und sozialen Auswir-
kungen. Die Ergebnisse sollen eine belastbare Entscheidungsgrundlage für
Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zur Bekämpfung der globalen Erwärmung
und ihrer Folgen liefern. Das PIK steht in engem Kontakt zu internationalen
Organisationen wie dem Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC). Das
PIK ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, beschäftigt etwa 150 Mitarbeiter und
hat einen Etat von 9,6 Mio. Euro inklusive Drittmittel. Direktor ist Prof. Hans-
Joachim Schellnhuber. Technologische Forschung wird am PKI nicht betrieben.
65
3.4 Übergreifende Wissenschaftsverbünde in der Region
Berlin-Brandenburg
Wie gezeigt besteht im Rahmen einzelner Forschungsprojekte sowie im Zusam-
menhang mit verschiedenen Diplom- und Studienarbeiten eine Reihe von
Kooperationen zwischen den wissenschaftlichen Einrichtungen in der Region.
Zwischen einigen Universitäten und Forschungsinstituten bestehen außerdem
personelle Verflechtungen. Zusätzlich gibt es übergreifende Schwerpunkte und
Verbünde zwischen den wissenschaftlichen Einrichtungen, innerhalb derer
energierelevante Themen bearbeitet werden.
Das DFG-Forschungszentrum Matheon Mathematik für Schlüsseltechnolo- ■
gien ist eine von TU Berlin, HU Berlin, FU Berlin, WIAS und ZIB gemeinsam
betriebene Forschungseinrichtung, in der auch energierelevante Fragestel-
lungen zu Verkehrsnetzen, Brennstoffzellen und Wachstum von Halbleiter-
kristallen im Rahmen der mathematischen Modellierung und der nume-
rischen Simulation behandelt werden.16
Im Sonderforschungsbereich 498 ›Protein-Kofaktor-Wechselwirkungen in ■
biologischen Prozessen‹ der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), an
dem die drei großen Berliner Universitäten beteiligt sind, wird in Teilpro-
jekten die direkte photokatalytische Erzeugung von Wasserstoff aus Son-
nenlicht erforscht.17
Im Exzellenzcluster ›Unifying Concepts in Catalysis‹ forschen die drei Berliner ■
Universitäten zusammen mit der Universität Potsdam, dem Fritz-Haber-
Institut und dem Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenfor-
schung in Potsdam interdisziplinär an katalytischen Materialien für die
effiziente Nutzung von Energieressourcen.18
An der Forschungsinitiative ›Nanochemische Konzepte einer nachhaltigen ■
Energieversorgung‹ (EnerChem) der Max-Planck-Gesellschaft sind das FHI
und das MPI für Kolloid- und Grenzflächenforschung beteiligt. Ziel des
Verbunds, in dem sich fünf Max-Planck Institute aus der Chemie zusam-
mengeschlossen haben, ist die Erforschung wissenschaftlicher Grundlagen
für neue mobile Energiespeicher und effektivere Methoden der Energie-
erzeugung.19
Die FU Berlin, die HU Berlin und der Solarenergieforschungsbereich des ■
HMI sind am Sonderforschungsbereich 450 ›Analyse und Steuerung ultra-
schneller photoinduzierter Reaktionen‹ der DFG beteiligt.
Das Institut für Antriebstechnik des DLR, das ZIB, die TU Berlin und die FU ■
Berlin kooperieren im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 557 ›Beein-
flussung komplexer turbulenter Scherströmungen.‹20 Das Themenspektrum
umfasst die Beeinflussung sowie Optimalsteuerung von abgelösten Strö-
mungen, die Verminderung von Strömungslärm, die Anwendung rege-
lungs technischer Methoden auf strömungsmechanische Probleme und
die Entwicklung mikromechanischer Sensoren (MEMS). Das Institut für An -
16
Homepage: www.matheon.de
17
Homepage: www.physik.fu-berlin.
de / sfb498 / index.htm.
18
Homepage: www.unicat.tu-berlin.de.
19
Homepage: www.enerchem.de.
20
Homepage: www.sfb557.tu-berlin.de.
66
triebstechnik des DLR und die TU Berlin sind außerdem an der DFG-For-
schergruppe 486 ›Verbrennungslärm‹ beteiligt.21
Am IASP wird das vom BMBF geförderte Netzwerk ›Biogas Crops Network‹ ■
koordiniert, an dem neben der HU Berlin auch das ATB und die BTU Cottbus
beteiligt sind. Im Netzwerk sollen durch die Systemanalyse der mikrobi-
ologischen Stoffumwandlung wissenschaftliche Grundlagen für die Bio-
gasgewinnung aus pflanzlicher Biomasse in Monofermentation gewonnen
werden.22
Die Helmholtz-Gemeinschaft unterhält einen Forschungsbereich Energie ■
mit den Programmen erneuerbare Energien, rationelle Energieumwand-
lung, Kernfusion und nukleare Sicherheitsforschung. Ziel ist die Entwick-
lung nachhaltiger Energieversorgungskonzepte. Insbesondere sollen Ver-
sorgungsengpässe vermieden und eine umweltschonende Entsorgung von
Rückständen und Emissionen erreicht werden. Dazu sollen neue Energie-
quellen erschlossen und konventionelle Energieträger effizienter genutzt
werden können. Am Forschungsbereich sind das Deutsche Zentrum für
Luft- und Raumfahrt (DLR), das Forschungszentrum Karlsruhe (FZK), das
Forschungszentrum Jülich (FZJ), das Hahn-Meitner-Institut (HMI) sowie das
Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) in Garching beteiligt.
Das IZM ist Mitglied im Fraunhofer-Verbund Energie, in dem insgesamt zehn ■
Fraunhofer-Institute ihre Kompetenzen in der Energietechnologie und der
Energiewirtschaft bündeln. Weitere zwölf deutsche Institute sind assozi-
ierte Mitglieder. Das IZM ist in den Untergruppen Mikroenergietechnik und
Direkt-Methanol-Brennstoffzelle des Verbundes engagiert.
3.5 Schlussfolgerungen
Berlin und Brandenburg verfügen über zahlreiche wissenschaftliche Einrich-
tungen, die das Fach Energie in nahezu seiner gesamten Breite vertreten. Das
Tätigkeitsspektrum erstreckt sich von sozial-, politik- und rechtswissenschaft-
licher Forschung bis zu grundlagen- und anwendungsorientierter technolo-
gischer Forschung. Dennoch kann die Region nicht zu den führenden Zentren
der Energieforschung in Deutschland gezählt werden, und zwar aus mehreren
Gründen: Zum einen bedingt die breite Palette der bearbeiteten Themen eine
Aufsplitterung der Kräfte; manche Themen werden nur mit geringer Intensität
bearbeitet. Daher ist es wenig überraschend, dass eine gemeinsame strate-
gische Ausrichtung und Abstimmung der Forschungsaktivitäten unter Berück-
sichtigung der Bedürfnisse der regionalen Wirtschaft bisher nur in Teilbereichen
und ansatzweise erkennbar ist. Zum anderen sind sowohl die personellen als
auch die finanziellen Ressourcen, die in der Region in den Bereich der Ener-
gieforschung investiert werden, nicht herausragend. Nach Ansicht der befragten
Experten wurde die Energieforschung an der TU Berlin, der wichtigsten tech-
nikorientierten Forschungseinrichtung der Hauptstadt, in der Vergangenheit
67
sogar eher geschwächt. Dies gilt insbesondere für die Elektrotechnik und die
erneuerbaren Energien. Zwar haben die beiden technischen Fachhochschulen
sich zuletzt stärker auf diesen Gebieten engagiert, ihre Forschungskapazitäten
sind jedoch vergleichsweise bescheiden.
Mehrere Positivbeispiele aus anderen Regionen Deutschlands lassen sich
anführen:
Die Universität Karlsruhe (TH) und das Forschungszentrum Karlsruhe (FZK) ■
intensivieren ihre Zusammenarbeit unter dem Dach des Karlsruher Instituts
für Technologie (KIT). Das FZK ist das größte deutsche Energieforschungs-
zentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft. Die Universität Karlsruhe verfügt
ebenfalls über herausragende Kompetenzen im Energiebereich. Für das KIT-
Zukunftskonzept wurde die Universität Karlsruhe im Rahmen der Exzellenz-
initiative des Bundes und der Länder zur Förderung von Wissenschaft und
Forschung an deutschen Hochschulen ausgezeichnet. Im KIT wird Energie
das größte Forschungsfeld sein – mit rund 1.100 Mitarbeitern in sieben
Schwerpunktbereichen.
Ebenfalls für ihr Zukunftskonzept in der Exzellenzinitiative ausgezeichnet ■
wurde die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (RWTH).
Der RWTH wurde außerdem ein energierelevantes Exzellenzcluster ›Maß-
geschneiderte Kraftstoffe aus Biomasse‹ bewilligt. Am Forschungszentrum
Jülich gibt es ein Institut für Energieforschung (IEF). Beide Forschungsein-
richtungen haben sich zur Jülich-Aachen Research Alliance (JARA) zusam-
mengeschlossen, in deren Rahmen ein gemeinsames Forschungsfeld
Energie mit rund 1.400 Beschäftigten eingerichtet wird. Zusätzlich zu den
bereits vorhandenen werden erhebliche weitere Mittel in das Feld fließen.
Beispielsweise unterstützt die E.ON AG die RWTH Aachen über zehn Jahre
mit einem Betrag von mindestens 40 Mio. Euro bei der Einrichtung eines
›E.ON Energy Research Centers‹, dessen Kern zwei Lehrstühle der RWTH und
drei E.ON-Stiftungsprofessuren bilden. Nordrhein-Westfalen beabsichtigt
außerdem aus Landesmitteln in den kommenden Jahren 100 Mio. Euro in
die Energieforschung zu investieren.23
Auch in kleinerem Maßstab werden Kräfte gebündelt und Forschungskapa- ■
zitäten erweitert. Zum Beispiel baut das Energieversorgungsunternehmen
EWE AG an der Universität Oldenburg ein Forschungszentrum für Energie-
technologie, in dem sich 50 wissenschaftliche Mitarbeiter schwerpunktmä-
ßig mit erneuerbaren Energien, Energieeffizienz und Energiespeicherung
befassen werden.24 Das Energie-Forschungszentrum Niedersachsen beruht
auf einer Kooperation der Technischen Universität Clausthal mit den Univer-
sitäten Braunschweig, Göttingen, Hannover und Oldenburg.25 Die Universi-
täten Stuttgart, München, Dresden und Darmstadt sind weitere Wettbewer-
ber mit herausragenden Kompetenzen im Bereich Energie.
21
Homepage: www.combustion-noise.de.
22
Homepage: www.biogas-network.de.
23
Vgl. DIE WELT (2008); RWTH Aachen
(2007).
24
EWE AG (2008).
25
Homepage: www.efzn.de.
68
Abgesehen von den oben genannten bilateralen Abkommen zwischen E.ON
und der RWTH Aachen sowie zwischen EWE und der Universität Oldenburg
wurden in den vergangenen Jahren verschiedene regionale und überregionale
Verbünde, Initiativen und Plattformen gegründet, mit denen die Vernetzung
zwischen Wirtschaft und Wissenschaft im Energiebereich weiter vorangetrieben
wurde als in der Region Berlin.
Trotz der starken Konkurrenz in Deutschland und weltweit betrachten die
meisten der befragten ansässigen und auswärtigen Experten die Einrichtung
eines energiebezogenen Forschungsschwerpunkts in der Region Berlin-Bran-
denburg als sinnvoll und machbar. Dass der Bereich dazu auch ausreichend
finanziell gestärkt werden muss, wurde betont. Auf der Habenseite steht die
wissenschaftliche Ausbildung, die für zahlreichen und gut qualifizierten Nach-
wuchs sorgt und die Attraktivität der Hauptstadt als Standort für Unternehmen
der Branche erhöht. Außerdem hat an der TU Berlin offensichtlich ein Umden-
ken stattgefunden, wie die Gründung des IZE und einige Neuberufungen bele-
gen. In Zukunft ist daher eher wieder mit einem Ausbau der energierelevanten
Forschung an der TU Berlin zu rechnen. An der TU Cottbus wurde mit der Ein-
richtung des CEBra bereits vor einigen Jahren der Prozess zur übergreifenden
Behandlung energietechnischer Fragestellungen mit einer institutionellen Basis
unterlegt.
Besondere Chancen für die Positionierung der Region sehen die Experten in
Bereichen, die neu, innovativ und an anderen Forschungseinrichtungen noch
nicht ausreichend besetzt sind. Beim Blick auf das Detail zeigt sich außerdem,
dass bei einigen Themen bereits hohe wissenschaftliche Kompetenz und eine
hohe Konkurrenzfähigkeit vorhanden sind. In Berlin ist dies beispielsweise die
Dünnschicht-Photovoltaik, in Brandenburg sind es moderne Kraftwerkstech-
nologien. Um weitere potenzialreiche Felder zu sondieren ist es erforderlich,
neben der Wissenschaft auch die Wirtschaft der Region in die Betrachtung ein-
zubeziehen.
69
4 Strukturmerkmale der energiebezogenen Wirtschaft
in der Region Berlin-Brandenburg
4.1 Gesamtwirtschaftliche Rahmendaten
Die Region Berlin-Brandenburg ist mit einer Fläche von ca. 30.000 km2 etwa so
groß wie Belgien. Sie hat eine Bevölkerung von beinahe sechs Mio. Menschen,
von denen etwa 3,4 Mio. in Berlin leben. Dem engeren Verflechtungsraum
(der europäischen Metropolregion Berlin-Brandenburg) steht ein weitgehend
ländlich geprägtes Umland gegenüber. Die Wiedervereinigung, der Zusammen-
bruch der ostdeutschen Industrie und der Wegfall der Berlinförderung stellten
Wirtschaft und Politik in der Hauptstadt vor außergewöhnliche strukturelle
Anpassungsprobleme.
Vor dem Hintergrund dieser Schwierigkeiten lag das preisbereinigte Brut-
toinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2007 in Berlin lediglich um 2,4 Prozent, in
Deutschland dagegen um 27,1 Prozent über dem Wert vom 1991.1 Die Arbeitspro-
duktivität – gemessen als Bruttowertschöpfung je Erwerbstätigen – erreichte
2007 mit nominal 46.600 Euro nur 85 Prozent des Bundesdurchschnitts. Die
Zahl der Erwerbstätigen in Berlin bewegt sich mit 1.607 Mio. um vier Prozent
unter dem Niveau von 1991, wobei allerdings erhebliche Verschiebungen zwi-
schen den einzelnen Wirtschaftsbereichen stattgefunden haben.
In Teilen positiver stellt sich der Trend in Brandenburg dar, wo das reale
Bruttoinlandsprodukt zwischen 1991 und 2000 um fast 70 Prozent wuchs. In
den letzten Jahren fiel das Wachstum zwar weiterhin höher aus als in Berlin,
jedoch geringer als zuvor. Allerdings lag die Arbeitsproduktivität in Branden-
burg aufgrund des niedrigeren Ausgangsniveaus mit 45.540 Euro oder 83 Pro-
zent des Bundesdurchschnitts 2007 unter derjenigen in Berlin. Die Zahl der
Erwerbstätigen sank seit 1991 um 160.000 auf 1.034 Millionen im Jahr 2007.
Bei der Arbeitslosenquote nehmen Berlin (15,5 Prozent) und Brandenburg
(14,9 Prozent) die dritt- und viertletzte Stelle unter den Bundesländern ein.
Von der positiven Entwicklung am Arbeitsmarkt im Jahr 2007 haben Berlin und
Brandenburg verglichen mit den anderen Bundesländern am wenigsten pro-
fitiert.2
Besonders deutlich zeigt sich der Strukturwandel, den die Region seit der
Wiedervereinigung bewältigen musste, an der Entwicklung der Industrie.
Zwischen 1991 und 2007 nahm die Zahl der Erwerbstätigen im Berliner Verarbei-
tenden Gewerbe um 185.000 auf rund 130.000 ab. Das entspricht 38 Erwerbs-
tätigen pro 1.000 Einwohner und ist weniger als die Hälfte des bundesdeut-
schen Durchschnitts. Gegen Ende des Jahres 2007 kehrte sich dieser Trend zum
ersten Mal um, die Zahl der Industriearbeitsplätze nahm geringfügig zu.3 In
Brandenburg stellt sich die Lage ähnlich dar. Dort verringerte sich die Zahl der
1
Quellen für die Angaben zu Brutto-
inlandsprodukt, Bruttowertschöpfung
und Arbeitsproduktivität sind hier und
nachfolgend: Amt für Statistik Berlin-
Brandenburg (2008c,d); Statistisches
Bundesamt (2008). Eigene Berechnungen
für das Wachstum des BIP seit 1991 auf
Basis der Daten dieser Quellen.
2
Vgl. Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Technologie und Frauen des Landes
Berlin (2008a,b).
3
Vgl. Amt für Statistik Berlin-Brandenburg
(2007b).
70
Erwerbstätigen von 242.000 im Jahr 1991 auf 128.000 im Jahr 2007. Allerdings
wurde der Tiefststand mit 119.000 Erwerbstätigen schon im Jahr 2005 erreicht.
Der gravierende Schrumpfungsprozess der Berliner Industrie hatte über län-
gere Zeit dazu geführt, dass die wirtschaftliche Zukunft der Hauptstadt vor allem
im tertiären Sektor gesehen wurde. Tatsächlich beschäftigt nach Angaben des
DIW Berlin allein die Kreativwirtschaft inzwischen mehr Personen als das Ver-
arbeitende Gewerbe.4 Dennoch hat sich bei den politischen Entscheidungsträ-
gern mittlerweile die Erkenntnis durchgesetzt, dass Dienstleistungssektor und
Industrie sich gegenseitig ergänzen und aufeinander angewiesen sind, und
dass ›das Zusammenspiel von Industrie und Dienstleistungen am Standort Ber-
lin ein beachtliches wirtschaftliches Potenzial in sich birgt.‹5 Wie eine Studie der
Fachhochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (FHTW)6 belegt waren 2004
rund 28 Prozent der Industriearbeitsplätze durch Neugründung von Betrieben
zwischen 1991 bis 2001 entstanden, im Ostteil der Stadt waren es sogar zwei
Drittel aller industriellen Arbeitsplätze. Ein großer Teil der jungen Unterneh-
men ist innovativ und exportorientiert. Als Folge der strukturellen Anpassung
wächst die Bruttowertschöpfung im Verarbeitenden Gewerbe Berlins seit 2002
wieder, während sie in den Dienstleistungsbereichen stagniert.7
Insgesamt ergibt sich kein einheitliches Bild von der wirtschaftlichen Lei-
stungsfähigkeit der Region. Dies belegen auch die zahlreichen Städterankings,
die für Berlin vorliegen. Mal landet Berlin im Vergleich der deutschen Groß-
städte auf dem letzten Platz,8 mal auf dem ersten.9 Das Ergebnis der Studien
hängt im Einzelfall von den herangezogenen Indikatoren und ihrer Gewich-
tung ab. In der Tendenz bestätigen die gesichteten aktuellen Studien aber
das oben angedeutete Bild. Der Wirtschaftsraum Berlin schneidet schlecht ab,
wenn Indikatoren herangezogen werden, die vorrangig die vergangene Ent-
wicklung oder die aktuelle Situation beschreiben, also etwa Arbeitslosigkeit,
Bruttosozialprodukt, Verschuldung. Anders sieht das Bild aus, wenn es um
die Bewertung der Entwicklungschancen geht. Besonders deutlich zeigt dies
der Innovationsindex der europäischen Regionen,10 der für die Jahre 2004 und
2006 vom Statistischen Landesamt Baden-Württemberg erstellt wurde und in
den als wesentliche Faktoren Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen
(FuE), Anteil der Beschäftigten in industriellen Hochtechnologiebranchen sowie
Patentanmeldungen eingehen. Berlin nimmt im Index hinter Baden-Württ-
emberg den zweiten Platz ein. Betrachtet man allein die FuE-Ausgaben bezo-
gen auf das Bruttoinlandsprodukt, dann belegt Berlin mit 3,8 Prozent ebenfalls
den zweiten Platz in Deutschland hinter Baden-Württemberg,11 ist allerdings im
Vergleich zum Jahr 2003 zurückgefallen, als die FuE-Ausgaben noch 4,0 Pro-
zent des Bruttoinlandprodukts betrugen.12 Mit 31 echten Betriebsgründungen
auf 10.000 erwerbsaktive Personen nimmt Berlin hinter München wiederum
die zweite Stelle im Vergleich der sechs größten deutschen Städte ein, absolut
gesehen mit 5.862 Gründungen sogar die erste Stelle.13 Insgesamt zeigen die
Studien, dass Berlin ein hohes Innovationspotenzial hat und attraktiv für inno-
vative Unternehmen ist.
4
DIW Berlin (2007).
5
Pfeiffer / Ring (2002). Vgl. auch die
Rede des Regierenden Bürgermeisters
Klaus Wowereit zum Thema ›Berlin als
Standort moderner Industrie‹ anlässlich
des Industrieforums am 1. November
2007 [Senatskanzlei Berlin (2007)].
6
Fischer / Pohl / Semlinger (2004).
7
Wirtschaftsabschnitte G-P in der
Klassifi kation der Wirtschaftsbereiche,
vgl. Kapitel 4.2.2.
8
Z.B. im Städteranking der Initiative
Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM)
von 2007. im Internet abrufbar unter
www.insm-wiwo-staedteranking.de.
9
Z.B. in der Studie des Berlin-Instituts
für Bevölkerung und Entwicklung
(2007).
10
Statistisches Landesamt Baden-
Württemberg (2007a).
11
tiw (2008).
12
Statistisches Landesamt Baden-
Württemberg (2007b).
13
BBB Bürgschaftsbank / FHTW Berlin
(2007). Als echte Betriebgründung zählt
jede neugegründete Hauptniederlas-
sung, die im Handels-, Vereins- oder
Genossenschaftsregister einzutragen
ist, Handwerkseigenschaft besitzt
oder mindestens einen Arbeitnehmer
beschäftigt.
71
4.2 Die Energiewirtschaft in der Region Berlin-Brandenburg
4.2.1 Datenbasis und Aussagekraft der statistischen Indikatoren
Für diese Studie sind über den engeren Kreis der Energietechnik und Energie-
versorgung hinaus alle wirtschaftlichen Aktivitäten von Interesse, die im
Zusammenhang mit der Herstellung von Gütern für Erzeugung, Transport, Ver-
teilung, Speicherung und Nutzung von Energie betrieben werden. Auch ener-
giebezogene Dienstleistungen sind – obwohl nicht eigentlicher Untersuchungs-
gegenstand dieser Studie – mit eingeschlossen. Der Begriff der Energiewirtschaft
wird hier in diesem weiter gefassten Sinne verstanden.
Wesentliches Ziel der folgenden Analyse ist es, den Stellenwert der ener-
giebezogenen Wirtschaft in Berlin-Brandenburg zu skizzieren, und zwar ein-
mal im Verhältnis zu ihrer Bedeutung innerhalb der gesamten Volkswirtschaft
und zum anderen im Vergleich zu den aktuellen Berliner Kompetenzfeldern.
Eine detaillierte Bewertung der regionalwirtschaftlichen Bedeutung des Tech-
nologiefelds anhand makroökonomischer Indikatoren ist mit einem vertret-
baren Aufwand allerdings nur ansatzweise durchführbar. Bereits zur Zahl der
Beschäftigten lassen sich keine exakten Aussagen machen, da den verfügbaren
Statistiken eine Branchengliederung zu Grunde liegt, die für eine Betrachtung
des Energiesektors, wie er im Rahmen dieser Studie erfolgt, nur bedingt geeig-
net ist.
Drei Datenquellen kommen in Frage:
Die Erwerbstätigenrechnung des Bundes und der Länder. Sie gibt am ■
umfassendsten Aufschluss über Arbeitnehmer, Selbstständige und mit-
helfende Familienangehörige, erlaubt aber auf Basis der Klassifikation der
Wirtschaftszweige (WZ 2003) lediglich eine Differenzierung bis zur Ebene
einzelner Wirtschaftsabschnitte (also für das Verarbeitendes Gewerbe insge-
samt sowie für die Energie- und Wasserversorgung). Daher lassen sich aus
der Erwerbstätigenrechnung keine Aussagen über die energierelevanten
Branchen ableiten.
Die Beschäftigtenstatistik der Bundesagentur für Arbeit. Sie erfasst alle sozi- ■
alversicherungspflichtig Beschäftigten. Erhältlich war für die vorliegende
Studie eine Aufschlüsselung bis zu zwei Ziffern (Wirtschaftsabteilungen)
und zum Teil bis zu drei Ziffern (Wirtschaftsgruppen) auf Basis der WZ 2003.
Die räumliche Differenzierung erfolgt nach Raumtypen, die eine Berlin-
spezifische Zuordnung erlaubt.
Die Statistischen Berichte des Amts für Statistik Berlin-Brandenburg. Sie ■
schlüsseln für das Verarbeitende Gewerbe die Beschäftigtendaten bis auf
die Ebene von vier Ziffern (Wirtschaftsklassen) der WZ 2003 auf. Für andere
relevante Wirtschaftsabschnitte (Energie- und Wasserversorgung, Dienst-
leistungen) liefern die Statistischen Berichte Angaben auf der Ebene von
zwei oder drei Ziffern.
72
Da das Verarbeitende Gewerbe von entscheidendem Interesse für diese Studie
ist, bilden die nach fachlichen Betriebsteilen gegliederten Angaben der Sta-
tistischen Berichte für Berlin und Brandenburg für das Bezugsjahr 2006 die
Hauptquelle für die folgenden Ausführungen. Angaben anderer Quellen flie-
ßen an geeigneter Stelle mit ein.14
Zur Aussagekraft der Statistik des Verarbeitenden Gewerbes sind folgende
Anmerkungen angebracht: Seit 2003 gibt es neben den bisherigen Hauptgrup-
pen (Vorleistungsgüter, Investitionsgüter, Gebrauchsgüter und Verbrauchsgüter)
eine neue Hauptgruppe ›Energie‹. Dort werden die mit der Energieproduktion
befassten Zweige der Unterabschnitte CA (Kohlenbergbau, Torfgewinnung,
Gewinnung von Erdöl und Erdgas, Bergbau auf Uran- und Thoriumerze) und
DF (Kokerei, Mineralölverarbeitung, Herstellung und Verarbeitung von Spalt-
und Brutstoffen) der WZ 2003 sowie der Abschnitt E (Energie- und Wasserver-
sorgung) erfasst. Daneben gibt es insbesondere in den Bereichen DK (Maschi-
nenbau), DL (Herstellung von Büromaschinen, Datenverarbeitungsgeräten und
-einrichtungen, Elektrotechnik, Feinmechanik und Optik) sowie im Dienst-
leistungssektor Zweige, die ebenfalls dem Energiesektor zugerechnet werden
können. Daher genügt es für die weiteren Betrachtungen nicht, sich auf die
Hauptgruppe ›Energie‹ zu beschränken.
Außerdem müssen folgende Einschränkungen beachtet werden: Einige
für die Region wichtige Produkte sind in Klassen enthalten, für die eine tiefer Windpark Dubener Platte
© D
as G
rüne
Em
issio
nsha
us
73
gehende Aufschlüsselung nicht vorliegt. Beispielsweise umfasst die Unterklasse
DL 32.10.0 (Herstellung von elektronischen Bauelementen) neben Solarzellen
ebenso Kathoden, integrierte Schaltungen, Kondensatoren, Widerstände. Und
bei vielen Produkten – insbesondere bei Vorleistungsgütern – ist ohne Kennt-
nis des Verwendungszwecks nicht ersichtlich, ob ein energierelevanter Bezug
vorliegt. Ein Beispiel ist Flachglas, das sowohl in Fenstern, Spiegeln usw. als
auch als Substrat und Abdeckung in Solarzellen und -modulen Einsatz fin-
det. Diese Gruppen werden im Folgenden nicht berücksichtigt, sofern nicht aus
anderen Quellen unternehmens- oder produktspezifische Angaben vorliegen.
Weiterhin sind aus Gründen der statistischen Geheimhaltung etliche Daten
der amtlichen Statistik nicht zugänglich. Außerdem sind Kleinbetriebe mit
weniger als 20 Mitarbeitern von der Erhebung für das Produzierende Gewerbe
befreit. Die zahlreichen innovativen Kleinunternehmen in der Hauptstadt
werden mithin von der Statistik nicht erfasst. Vor diesem Hintergrund ist es
zu verstehen, dass die Statistik des Verarbeitenden Gewerbes mit rund 96.000
Beschäftigen im Durchschnitt des Jahres 2006 rund ein Drittel weniger Personen
ausweist als die Erwerbstätigenrechnung. Gleichwohl ist die Statistik des Ver-
arbeitenden Gewerbes für Vergleichszwecke gut geeignet. Für die Abschätzung
von absoluten Beschäftigtenzahlen in energierelevanten Wirtschaftsbereichen
kommt dagegen eher die Statistik der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten
in Betracht – zumindest dann, wenn die weniger detaillierte Aufschlüsselung
sinnvolle Aussagen erlaubt. Um die genannten Einschränkungen zu umgehen,
wird nachfolgend auch auf Firmenangaben zurückgegriffen. Schließlich waren
in einzelnen Fällen eigene Schätzungen erforderlich.
Der Technologiestiftung Berlin sind etwa 350 Firmen in Berlin bekannt, die
in energierelevanten Bereichen tätig sind (ohne reine Handwerksbetriebe).
Diese wurden in Datenbeständen der TSB, in der Umweltfirmen-Datenbank15
der Industrie- und Handelskammern (IHK), im Internet und im Handelsregister
recherchiert. Zusätzlich wurden Ausstellerverzeichnisse von Messen, Teilneh-
merlisten von Veranstaltungen und die Tagespresse gesichtet sowie auf Anga-
ben der Interviewten zurückgegriffen. Ergebnisse einer Sonderauswertung der
IHK Berlin und Mitgliedslisten von Verbänden, soweit sie zugänglich waren,
wurden wegen des enormen Aufwands nicht vollständig ausgewertet. Von den
350 bekannten Unternehmen sind rund 80 im Gebäudebereich tätig (schwer-
punktmäßig Dienstleister wie Energieberater, Contractoren usw.), gefolgt von
der elektrischen Energietechnik mit rund 50 Unternehmen (schwerpunktmäßig
produzierende Betriebe aus den Zweigen Netztechnik, Schalttechnik, Licht-
technik) und rund 50 Unternehmen, die – wenn auch nicht immer schwer-
punktmäßig – in der Solarbranche tätig sind. Dieser Bereich wurde allerdings
auch am intensivsten gesichtet. Selbstverständlich kann von der Anzahl der
Unternehmen allein nicht unmittelbar auf die Bedeutung der einzelnen Zweige
geschlossen werden. Hierzu sind unter Umständen Beschäftigtenzahlen besser
geeignet, die im Folgenden ebenfalls als Indikator dienen.
14
Für 2007 lagen bis Redaktionsschluss
dieser Studie keine Jahresberich-
te des Statistischen Landesamts
Berlin-Brandenburg zu Beschäftigten im
Verarbeitenden Gewerbe vor. Da 2007
die Erfassungsgrenze für die monatliche
Erhebung im Produzierenden Gewerbe
von 20 auf 50 Beschäftigte angeho-
ben wurde, ist die Aussagekraft der
verfügbaren Statistischen Monatsberichte
aus dem Jahr 2007 insbesondere für
Verlaufsbetrachtungen eingeschränkt.
Daher wird das Bezugsjahr 2006 gewählt,
für das Jahresdaten für die Betriebe mit
20 und mehr Beschäftigten vorliegen.
Die bibliographischen Angaben zu den
hier benutzten Statistiken des Amts für
Statistik Berlin-Brandenburg und des
Statistischen Bundesamtes fi nden sich im
Literaturverzeichnis. Für die sozialver-
sicherungspfl ichtig Beschäftigten stand
eine Sonderauswertung zur Verfügung.
Für die Metall- und Elektroindustrie
wurde der TSB außerdem eine Sonder-
auswertung des Amts für Statistik Berlin-
Brandenburg durch die Vereinigung der
Unternehmensverbände in Berlin und
Brandenburg e.V. überlassen, die jedoch
keine weitergehende Aufschlüsselung der
Branche als die Statistischen Berichte zum
Verarbeitenden Gewerbe erlaubt.
15
Homepage: www.umfi s.de.
74
4.2.2 Verarbeitendes Gewerbe
Energierelevante Bereiche
Anhand der WZ 2003 lassen sich Bereiche innerhalb des Verarbeitenden
Gewerbes identifizieren, die relativ eindeutig dem Energiebereich zugeordnet
werden können. Ein Beispiel aus dem Maschinenbau ist die Wirtschaftsklasse
DK 29.11 (H. v. Verbrennungsmotoren und Turbinen). In anderen Fällen ist die
Zuordenbarkeit weniger eindeutig. Dies betrifft insbesondere Produkte, bei
denen Fragen der Energieeffizienz eine wichtige Rolle spielen, die sich aber
nicht direkt zur Energietechnik rechnen lassen. Ein Beispiel dafür ist die Wirt-
schaftsklasse DK 29.71 (H. v. elektrischen Haushaltsgeräten). Tabelle 10 listet
diejenigen Wirtschaftsklassen auf, die geeignet sein dürften,das Spektrum von
der Energieerzeugung bis zur effizienten Energienutzung hinreichend abzu-
decken. Diese Wirtschaftsklassen werden als energierelevanter Kernbereich des
Verarbeitenden Gewerbes bezeichnet und stellen eine Vergleichsbasis für die
weiteren Ausführungen dar. Abweichungen, die sich ergeben, wenn man den
energierelevanten Kernbereich enger oder weiter fasst, werden weiter unten
ebenfalls diskutiert.
Eine Reihe weiterer Wirtschaftgruppen, die ebenfalls Produkte herstellen,
die sich direkt oder indirekt dem Energiebereich zuordnen lassen, enthält
Tabelle 11. Da diese Wirtschaftsgruppen neben energierelevanten Produkten
einen Großteil nicht-energierelevanter Güter enthalten, bleiben sie bei der
Definition des Kernbereichs unberücksichtigt.
Tabelle 10: Energierelevanter Kernbereich des Verarbeitenden Gewerbes
nach der WZ 2003
Wirtschaftszweig Beschreibung
DF 23 Kokerei, Mineralölverarbeitung, Herstellung und Verarbeitung von Spalt- und Brutstoffen
DI 26.23 Herstellung von keramischen Isolatoren und Isolierteilen
DK 28.22 Herstellung von Heizkörpern und –kesseln für Zentralheizungen
DK 28.30 Herstellung von Dampfkesseln (ohne Zentralheizungskessel)
DK 29.11 Herstellung von Verbrennungsmotoren und Turbinen (ohne Motoren für Luft- und Straßenfahrzeuge)
DK 29.12 Herstellung von Pumpen und Kompressoren
DK 29.13 Herstellung von Armaturen
DK 29.14 Herstellung von Lagern, Getrieben, Zahnrädern und Antriebselementen
DK 29.21 Herstellung von Öfen und Brennern
DK 29.23 Herstellung von kälte- und lufttechnischen Erzeugnissen, nicht für den Haushalt
DK 29.71 Herstellung von elektrischen Haushaltsgeräten
DK 29.72 Herstellung von nicht elektrischen Heiz- Koch-, Heißwasser- und Heißluftgeräten
DL 31 Herstellung von Geräten der Elektrizitätserzeugung- und -verteilung a. Ä.
16
In der Wirtschaftklasse DK 29.11 wurden
das Servicegeschäft, in dem bei Siemens
PG rund 700 Beschäftigte und bei Alstom
Power Service alle Beschäftigten tätig
sind, nicht mitgerechnet, sondern dem
Dienstleistungsbereich zugeschlagen.
Die durchschnittliche Größe des einen
Betriebes in Berlin, der im Bereich DF
23.30 (Herstellung und Verarbeitung von
Spalt- und Brutstoffen) tätig ist, wurde
auf Basis der bundesweiten Beschäf-
tigtenzahl in dieser Wirtschaftsklasse
errechnet, nicht auf Basis der gesamten
Wirtschaftsabteilung DF 23. Quelle für die
Beschäftigtenzahl in der Wirtschaftsklasse
DK 29.71 ist die IHK Berlin (2007b). Die
Zahl für den Unterabschnitt DF 23 in
Brandenburg beruht auf Angaben der
PCK Raffi nerie GmbH in Schwedt. Die
ZukunftsAgentur Brandenburg nennt
abweichend 1.650 Beschäftigte in der
Mineralöl verarbeitenden Industrie [vgl.
ZukunftsAgentur Brandenburg GmbH,
(2008) S. 60]. Da nicht offen liegt,
welcher Anteil davon bei Kleinbetrieben
beschäftigt ist, wird hier von einer eher
konservativen Schätzung ausgegangen.
75
Beschäftigte im energierelevanten Kernbereich
Für einige Wirtschaftklassen des energierelevanten Kernbereichs sind aus
Gründen der statistischen Geheimhaltung keine regionalspezifischen Daten
erhältlich. Da in diesen Wirtschaftsklassen nur wenige Betriebe enthalten sind
oder ein bestimmter Betrieb dominiert, war es möglich, aufgrund von Firmen-
angaben eigene Schätzungen vorzunehmen. Die entsprechenden Zahlen
basieren größtenteils auf Angaben aus dem Jahr 2007 und sind in Tabelle 12
markiert.16 Für einige Klassen konnte keine hinreichende Datenbasis ermittelt
werden; in diesen Fällen wurde eine durchschnittliche Betriebsgröße ange-
Tabelle 11: Weitere energierelevante Zweige des Verarbeitenden
Gewerbes nach der WZ 2003
Wirtschaftszweig Beschreibung
DL 32.10 Herstellung von elektronischen Bauelementen (inklusive Einzelsolarzellen, Leistungskondensatoren u.a.)
DM 34.10 Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenmotoren
DM 34.30 Herstellung von Teilen und Zubehör für Kraftwagen und Kraftwagenmotoren
DM 35.20 Bahnindustrie
DM 35.30 Luft- und Raumfahrzeugbau
18
16
14
12
10
8
6
4
2
0
in %
Deutschland Berlin Brandenburg Berlin-Brandenburg
Kernbereich DK 31 (Geräte zur Erzeugung,Verteilung von Elektrizität)
Abbildung 7: Anteil des energierelevanten Kernbereichs sowie der
Wirtschaftsklasse DL 31 (H.v. von Geräten der elek-
trischen Elektrizitätserzeugung und -verteilung) an den
Beschäftigten im Verarbeitenden Gewerbe 2006
76
nommen. Da der Anteil der Beschäftigten in diesen Wirtschaftsklassen am
Kernbereich bundesweit nur zwölf Prozent beträgt und extrapoliert in Berlin
zwei Prozent bzw. in Brandenburg elf Prozent, ist der mögliche Fehler nicht
gravierend.
Insgesamt ergeben statistische Daten und eigene Schätzungen folgendes
Bild des energietechnischen Kernbereichs (Tabelle 12): In Deutschland insge-
samt waren im Jahr 2006 rund 791.000 Personen tätig. Davon entfielen rund
16.800 oder 2,1 Prozent auf Berlin und 8.000 oder ein Prozent auf Brandenburg.
Die Region Berlin-Brandenburg ist damit bezogen auf die Bevölkerungszahl
unterdurchschnittlich besetzt. Dieses Bild relativiert sich allerdings erheblich,
wenn man die Bedeutung der Branche innerhalb der Region betrachtet. In
Berlin sind etwa 18 Prozent der rund 96.000 Beschäftigten des Verarbeitenden
Gewerbes17 im energierelevanten Kernbereich tätig, in Brandenburg immerhin
zehn Prozent der 80.900 Beschäftigten. Wie Abbildung 7 zeigt, liegt Berlin
damit über dem bundesweiten Durchschnitt, Brandenburg darunter und die
Region insgesamt im Mittel.
Wie sich Tabelle 12 und Abbildung 7 außerdem entnehmen lässt, sind
11.900 Beschäftigte und damit der überwiegende Teil aller im energietech-
nischen Kernbereich Tätigen in Berlin mit der Herstellung von Produkten der
elektrischen Energietechnik, genauer von Geräten der Elektrizitätserzeugung
Abbildung 8: Verteilung der Beschäftigten nach Produktgruppen
innerhalb der Wirtschaftsabteilung DL 31 (H. v. Geräten der
Elektrizitätserzeugung und -verteilung) in Berlin 2006
Elektriziätsverteilungs-und -schalteinrichtungen4910 MA
Sonstige2794 MA
elektrischeLampen undLeuchten2058 MA
Elektromotoren,Generatoren, Transformatoren1439 MA
Elektrokabel, Akkumulatoren,Batterien, elektr. Ausrüstungfür Motoren651 MA
17
Da keine anderen Zahlen des Statisti-
schen Landesamts vorliegen, wurden
für Berlin als Basis für die Beschäftig-
tenzahlen das Verarbeitende Gewerbe
inklusive des Unterabschnitts C (Bergbau
und Gewinnung von Steinen und Erden)
herangezogen. In diesem Unterabschnitt
gibt es in Berlin nur zwei fachliche Be-
triebsteile im Vergleich zu 983 fachlichen
Betriebsteilen im Verarbeitenden Ge-
werbe. Die Erwerbstätigenrechnung des
Bundes und der Länder nennt für das
Jahr 2006 für Berlin 100 Erwerbstätige
in dem Bereich und die Statistik der so-
zialversicherungspfl ichtig Beschäftigten
232 Personen. Der Fehler ist also gering.
77
und -verteilung beschäftigt. Eine weiter differenzierende Analyse ergibt (Ab -
bildung 8), dass 42 Prozent von ihnen zum Bereich Elektrizitätverteilungs und
-schaltein richtungen ge hören. Deutlich geringere Anteile haben die Herstellung
elektrischer Lampen und Leuchten (17 Prozent) und von Elektromotoren, Gene-
ratoren und Transformatoren (12 Prozent). Für die Herstellung von isolierten
Elektrokabeln, -leitungen und -drähten, von Akkumulatoren und Batterien
sowie von elektrischen Ausrüstungen für Motoren und Fahrzeuge, die 5,5 Pro-
zent an dem Bereich ausmachen, liegen nur kummulierte Beschäftigtenzahlen
vor. Daher ist eine tiefer gehende Auswertung nicht möglich. Dasselbe gilt für
die Herstellung von sonstigen elektrischen Ausrüstungen mit einem Anteil von
24 Prozent. Weiterhin ist in Berlin die Herstellung von Verbrennungsmotoren
und Turbinen aus dem Maschinenbau, wo zwei Prozent der im Berliner Ver-
arbeitenden Gewerbe Beschäftigten (7,8 Prozent der deutschlandweit in der
Sparte Beschäftigten) tätig sind, von Bedeutung.
In Brandenburg ist die Wirtschaftsabteilung DL 31 mit ca. 3.200 Beschäf-
tigten oder einem Anteil von 10,3 Prozent der Beschäftigten des Verarbeitenden
Gewerbes im Vergleich zum bundesweiten Mittel unterdurchschnittlich vertre-
ten. Innerhalb des energierelevanten Kernbereichs stellt sie aber dennoch den
größten Bereich – gefolgt von der Mineralölverarbeitung, in der Brandenburg
Tabelle 12: Beschäftigte und fachliche Betriebsteile im energierelevanten
Kernbereich in Deutschland, Berlin und Brandenburg
Deutschland Berlin Brandenburg
WZ Betriebs-teile
Beschäf-tigte
Betriebs-teile
Beschäf-tigte
Anzahl in Prozent von Deutschland
Betriebs-teile
Beschäf-tigte
Anzahl in Prozent von Deutschland
23 104 19 293 1 163 0,8 2 1 400 7,3
26.23 16 2 645 0 0 0,0 0 0 0,0
28.22 59 9 902 1 168 1,7 1 168 1,7
28.30 291 20 526 8 240 1,2 12 884 4,3
29.11 90 24 353 5 1 900 7,8 3 197 0,8
29.12 544 67 413 8 757 1,1 8 121 0,2
29.13 439 52 193 0 0 0,0 8 641 1,2
29.14 439 79 830 3 118 0,1 5 455 0,6
29.21 172 10 913 3 161 1,5 2 127 1,2
29.23 614 52 386 14 543 1,0 9 200 0,4
29.71 163 46 252 2 850 1,8 2 569 1,2
29.72 66 5 964 1 90 1,5 0 0 0,0
31 3 266 399 365 73 11 852 3,0 52 3 249 0,8
Gesamt 6 263 791 035 119 16 842 2,1 104 8 011 1,0
Fettdruck: Zahl beruht auf Firmenangaben, Unterstreichung: angenommen wird eine durchschnittliche Betriebsgröße.
78
mit über sieben Prozent einen verhältnismäßig großen Anteil der bundesweit
Beschäftigten stellt. Von Bedeutung ist weiterhin die Herstellung von Dampf-
kesseln. Dort sind zwar nur gut ein Prozent der industriell Beschäftigten tätig,
dies entspricht aber einem Anteil von 4,2 Prozent an der Sparte bundesweit. In
allen anderen Wirtschaftsklassen erreichen Berlin und Brandenburg nur Anteile
von jeweils weniger als zwei Prozent an den bundesweit Beschäftigten sowie
an den Beschäftigten im Verarbeitenden Gewerbe der beiden Bundesländer.
Ausgewählte Unternehmen
Eine tiefer gehende Differenzierung der energierelevanten Bereiche des Ver-
arbeitenden Gewerbes ist an dieser Stelle nicht möglich. Detailliertere Ausfüh-
rungen, die auf eigenen Recherchen und Angaben der interviewten Experten
beruhen, finden sich bei der Analyse der einzelnen Technologie- und Anwen-
dungsfelder (Kapitel 5). Einige grundsätzliche Anmerkungen sind dennoch
angebracht.
Für die Dominanz der elektrischen Energietechnik in Berlin sind wenige
Unternehmen wie die Siemens AG mit den Unternehmensgruppen18 ›Power
Transmission and Distribution‹ (Hauptprodukt elektrische Schaltanlagen),
›Automation and Drives‹ (Hauptprodukt elektrische Großantriebe) und
›Lighting‹ (Osram AG, Hauptprodukt elektrische Lampen) sowie die Converteam
GmbH (Hauptprodukt Stromrichter) verantwortlich, die zusammen mehr als die
Hälfte der Beschäftigten des Bereichs stellen. Dazu kommt eine Reihe kleiner
und mittlerer Unternehmen. Insgesamt fällt der Tätigkeitsschwerpunkt von 58
Berliner Unternehmen in die Wirtschaftsklasse DL 31. Kleinunternehmen mit
weniger als 20 Mitarbeitern sind dabei nicht berücksichtigt. Die Siemens-Sparte
›Power Generation‹ (Hauptprodukt Gasturbinen) ist der größte Betriebe in der
Wirtschaftsklasse DK 29.11 (H.v. Verbrennungsmotoren und Turbinen). Siemens
ist mit rund 14.000 Beschäftigten in allen Sparten auch insgesamt einer der
größten Arbeitgeber in Berlin, über die Hälfte dieser Personen lässt sich dem
energierelevanten Kernbereich zuordnen.19
Dem Autor ist ein Unternehmen bekannt, das mehr als 100 Mitarbeiter in
Berlin beschäftigt und dessen Hauptgeschäftsfelder die Verarbeitung von Radio-
isotopen sowie Entwicklung, Herstellung und Vertrieb von isotopentechnischen
Komponenten für medizintechnische Zwecke sind. Obwohl die Herstellung von
radioaktiven Elementen zur medizinischen Verwendung in die Wirtschafts-
klasse DF 23.30 (Herstellung und Verarbeitung von Spalt- und Brutstoffen) fällt,
besteht in diesem Fall kein Energiebezug.
Unternehmensspezifische Daten zur elektrischen Energietechnik in Bran-
denburg liegen nicht vor. Die Tatsache, dass die durchschnittliche Beschäftig-
tenzahl nach fachlichen Betriebsteilen in der Wirtschaftsabteilung DL 31 bei 62
in Brandenburg gegenüber 162 in Berlin liegt (73 in Brandenburg und 260 in
Berlin, falls man die nach Betrieben aufgegliederte Statistik des Verarbeiten-
den Gewerbes zu Grunde legt), weist darauf hin, dass die Unternehmen dieses
Wirtschaftszweigs in Brandenburg kleinteiliger strukturiert sind als in Berlin. Die
79
meisten Beschäftigten innerhalb des Verarbeitenden Gewerbes in Brandenburg
stellt nach Kenntnis des Autors die PCK Raffinerie GmbH in Schwedt mit rund
1.400 Personen. Jährlich werden dort rund 12 Mio. Tonnen Rohöl zu Mineralöl
und zu petrochemischen Produkten verarbeitet, was einem Marktanteil an der
Erdölverarbeitung von zehn Prozent gleichkommt. Die Raffinerie wird von den
Mineralölkonzernen BP und Shell zusammen mit der Total GmbH betrieben, die
ihren Deutschlandsitz in Berlin hat.
Außerhalb des Kernbereichs ist die Region vor allem in der Bahnindustrie
stark – mit einem Anteil von 20 Prozent der in Deutschland in der Branche
Beschäftigten – vertreten. Für den Kraftfahrzeugmotorenbau und den Flug-
triebwerksbau liegen keine Zahlen des Statistischen Landesamts vor. Da jedoch
allein im Mercedes-Benz Motorenwerk Berlin rund 3.100 Mitarbeiter20 beschäf-
tigt sind und bei Rolls-Royce in Dahlewitz etwa 1.500, ist die wirtschaftliche
Bedeutung dieser Technologien für die Region offensichtlich.21
Zahl der Beschäftigten
Die Daten aus der Statistik des Verarbeitenden Gewerbes geben aufgrund
der Abschneidegrenze bei 20 Beschäftigten keinen genauen Aufschluss über
die Größe der Branche, belegen aber bereits, dass der energierelevanten
Industrie große Bedeutung in der Region zukommt. Eine direkte Vergleichbar-
keit zwischen der Statistik des Verarbeitenden Gewerbes und der Statistik der
sozialversicherungspflichtig Beschäftigen, die auch Kleinbetriebe umfasst, ist
nicht gegeben. Für eine Schätzung der Gesamtbeschäftigtenzahl in energie-
relevanten Bereichen ist die Datenbasis aber ausreichend. In den Bereichen
Kohle- und Mineralölverarbeitung, Herstellung von Dampfkesseln, Herstellung
von Maschinen zur mechanischen Energiezeugung und -nutzung sowie Her-
stellung von Geräten zur Elektrizitätserzeugung und -verteilung waren danach
im Jahr 2006 insgesamt 19.600 Personen sozialversicherungspflichtig beschäf-
tigt. Rechnet man die aus der Statistik des Verarbeitenden Gewerbes bekannten
rund 1.600 Beschäftigten der Wirtschaftsklassen DK 29.21, DK 29.23 sowie DK
29.71-72 dazu und veranschlagt für die nicht erfassten Kleinbetriebe in die-
sen vier Wirtschaftsklassen und die nicht berücksichtigten Selbstständigen und
mithelfenden Familienangehörigen vorsichtig 500 Personen, so erhält man für
das Jahr 2006 etwa 22.000 Beschäftigte im energierelevanten Kernbereich. Das
entspricht 17 Prozent aller Erwerbstätigen im Verarbeitenden Gewerbe Berlins.
Den oberen Wert des Schätzintervalls anzugeben gestaltet sich problema-
tischer, da dazu eine genauere Kenntnis der Branchenstruktur erforderlich wäre
und sich außerdem die Frage stellt, inwieweit z.B. Vorleistungsverflechtungen
zu berücksichtigen sind. Rechnet man zum Kernbereich zumindest die rund
400 Beschäftigen22 der Photovoltaikbranche hinzu, deren Energierelevanz
unstrittig sein dürfte, sowie die Beschäftigten des Mercedes-Benz Werks, erhält
man bereits über 25.000 Beschäftigte. Für eine Abschätzung nach unten wird
man diejenigen Teilbereiche des Verarbeitenden Gewerbes eliminieren, deren
Energierelevanz strittig sein dürfte.
18
Im Zuge der Neuaufstellung der Siemens
AG Ende 2007 wurden die Sparten ›Power
Generation‹ und ›Power Transmission
and Distribution‹ dem Sektor ›Energie‹
zugeordnet und die Sparten ›Automation
and Drives‹ und ›Lighting‹ dem Sektor
›Industrie‹.
19
Eigene Angabe der Siemens AG auf ihrem
Internetauftritt: http: / / w1.siemens.
com / de / ueber_uns / megacities / berlin.
htm.
20
Stand Januar 2008, nach Angaben aus
dem Internetauftritt des Unternehmens:
http: / / www.daimler.com / dccom / berlin.
21
Vgl. VDI Bezirksverein Berlin-Branden-
burg (2006), S. 23.
22
Vgl. EuPD Research Bonn (2007). Seit dem
Jahr 2006 ist die Beschäftigtenzahl in der
Photovoltaik-Branche in Berlin stark an-
gestiegen, vgl. Kapitel 5.1 dieser Studie.
80
Dazu zählen die Wirtschaftsklassen
DK 29.23 (enthält neben eindeutig energierelevanten Produkten wie Wär- ■
mepumpen und Wärmetauschern beispielsweise auch Katalysatoren und
Luftverflüssigungsanlagen),
DK 29.71 (bei den elektrischen Haushaltsgeräten ist die Energieeffizienz nur ■
ein Aspekt unter mehreren),
DL 31.62 (hier verbergen sich einige Güter wie Feuermelder oder Minensuch- ■
geräte, die man nicht der Energiebranche zuordnen wird).
Die Wirtschaftklassen 29.11 bis 29.14 bilden die Wirtschaftsgruppe DK 29.1 (H. v.
Maschinen für die Erzeugung und Nutzung von mechanischer Energie, ohne
Motoren für Luft- und Straßenfahrzeuge), so dass die Energierelevanz verhält-
nismäßig eindeutig ist, ebenso wie bei den verbleibenden Wirtschaftsklassen.
Zieht man neben den Beschäftigten in den genannten drei Wirtschaftsklas-
sen auch die Beschäftigten derjenigen Wirtschaftsklassen in Tabelle 12 ab, die
als Durchschnittswert errechnet wurden und daher vergleichsweise unzuver-
lässig sind, und addiert dafür wiederum die Beschäftigten der Photovoltaik-
branche, so ergeben sich rund 13.000 Beschäftigte für die energierelevanten
Bereiche des Verarbeitenden Gewerbes. Aufgrund der bereits genannten Ein-
schränkungen (Abschneidegrenze bei 20 Beschäftigten, Selbstständige und
mithelfende Familienangehörige nicht berücksichtigt) und aufgrund der Tatsa-
che, dass sich in den für diese Abschätzung eliminierten Wirtschaftsklassen und
in weiteren Wirtschaftszweigen zahlreiche energietechnische Güter verbergen,
ist diese Zahl als absolute Untergrenze zu betrachten.
Vergleichszahlen aus anderen Publikationen liegen kaum vor. Der regionale
Bezirksverband des VDI geht von 15.000 Beschäftigten in der Energiebranche
der Region Berlin-Brandenburg aus.23 Die ZukunftsAgentur Brandenburg (ZAB)
nennt 15.000 Beschäftigte in der Energiebranche für Brandenburg allein-
gegenüber rund 18.000 Beschäftigten, die sich aus den Zahlen für das Verar-
beitende Gewerbe und für die Energieversorgung ergeben.24 Die Zahlen beider
Organisationen liegen damit unter den in der vorliegenden Studie genannten.
Sowohl der VDI als auch die ZAB betonen jedoch ebenfalls die Bedeutung der
Branche für die Region.
Den folgenden Betrachtungen werden für den energierelevanten Kernbe-
reich des Verarbeitenden Gewerbes 22.000 Beschäftigte in Berlin und 8.000
Beschäftigte in Brandenburg zu Grunde gelegt.
4.2.3 Energieversorgung
Vom Amt für Statistik Berlin-Brandenburg sind für Berlin keine Beschäftigten-
zahlen für die Energieversorgung erhältlich, sondern lediglich für die Bereiche
Energie- und Wasserversorgung zusammen. In beiden Bereichen waren im
Jahr 2006 insgesamt 12 Unternehmen mit 20 oder mehr Beschäftigten regis-
81
triert; diese beschäftigten rund 11.000 Mitarbeiter. Zieht man die etwa 5.00025
Mitarbeiter der Berliner Wasserbetriebe ab, verbleiben 6.000 Beschäftigte. In
Brandenburg, für das detaillierte Zahlen vorliegen, gab es im selben Jahr 28
Betriebe mit zusammen rund 5.300 Beschäftigten in der Elektrizitätsversorgung,
18 Betriebe mit 500 Beschäftigten in der Gasversorgung und acht Betriebe mit
knapp 700 Beschäftigten in der Fernwärmeversorgung.26 Insgesamt sind also in
Brandenburg rund 6.500 Personen und in den beiden Bundesländern zusam-
men 12.500 Personen in der Energieversorgung tätig.
Die Unternehmensstruktur in der Region ist geprägt durch den überregio-
nalen Energieversorger Vattenfall sowie mehrere kleine und mittlere Versor-
ger für Elektrizität, Gas und Fernwärme. An diesen sind meist wieder große
Energieversorgungsunternehmen beteiligt. Der Energiemix wird von fossilen
Energieträgern dominiert, Kernkraftwerke gibt es nicht. Trotz der Braunkohle-
verstromung in der Lausitz ist der Aufbau einer nachhaltigen Energieversorgung
in Brandenburg bereits weiter fortgeschritten als in Berlin, was im Anteil der
erneuerbaren Energie von 3,9 Prozent am Endenergieverbrauch und von 26,2
Prozent an der Stromeinspeisung (hauptsächlich durch Windenergie und Bio-
masse) zum Ausdruck kommt. Diesen Relationen stehen in Berlin ein Anteil der
erneuerbaren Energien von lediglich 0,3 Prozent am Endenergieverbrauch und
von 0,03 Prozent an der Stromeinspeisung gegenüber.27
Von großer Bedeutung für Brandenburg ist weiterhin die Gewinnung
von fossilen Primärenergieträgern (CA 10 Kohlenbergbau, Torfgewinnung; CA
11 Gewinnung von Erdöl und Erdgas, Erbringung damit verbundener Dienst-
leistungen). In den amtlichen Statistiken werden diese Energieträger meist
nicht der Energieversorgung zugerechnet. Da dies aber in erster Linie den von
Vatten fall betriebenen Braunkohlebergbau betrifft, werden beide Bereiche
hier gemeinsam behandelt. Rund 3.900 Personen waren 2006 in diesem
Wirtschaftsbereich tätig.28 Nach dem Rheinland ist die Lausitz mit einer Förder-
menge von 58 Mio. Tonnen im Jahr 2006 (32,9 Prozent der deutschen Förder-
menge) das zweitgrößte Braunkohlefördergebiet in Deutschland.29 Nach Bran-
chenangaben sind in der Lausitz gut 5.500 Personen im Braunkohlenbergbau
beschäftigt, der größte Teil davon in Brandenburg. Dies entspricht 33 Prozent
der bundesweit in diesem Sektor Beschäftigten. Insgesamt sind etwa 12.000
Arbeitsplätze in der Lausitz von der Braunkohle abhängig.30
Im Folgenden wird ein Überblick über einige größere Energieversorgungs-
unternehmen in der Region gegeben. Verschiedene weiterführende techno-
logische Aspekte zum leitungsgebundenen Transport von Energie und Energie-
trägern werden in Kapitel 5.6.2 behandelt.
Die Vattenfall Europe AG ist nach der RWE AG und der E.ON AG der dritt-
größte Stromerzeuger in Deutschland und hat ihren Firmensitz in Berlin. Einer
Statistik31 der IHK Berlin zufolge steht Vattenfall an 12. Stelle der größten Arbeit-
geber in Berlin. Die Vattenfall Europe AG gehört zu der schwedischen Vatten-
fall Gruppe und ist ein Zusammenschluss der vier Unternehmen Bewag, HEW,
LAUBAG und VEAG. Die deutschen und die polnischen Aktivitäten der Gruppe
23
Vgl. Brandt, Siegfried (2006), S. 35.
24
Vgl. ZukunftsAgentur Brandenburg GmbH
(2008), S.55.
25
Vgl. Berliner Wasserbetriebe (2006), S.11.
26
Amt für Statistik Berlin Berlin-Branden-
burg (2007a).
27
Referenzjahr 2004 für den Endener-
gieverbrauch. Quelle: Amt für Statistik
Berlin-Brandenburg (2007d); ders.
(2008b). Referenzjahr 2005 für die
Stromeinspeisung. Quelle: Staiß (2007),
S. II-31.
28
Für das Bezugsjahr 2006 liegen aus
Gründen der statistischen Geheimhal-
tung nur kummulierte Daten für den
Wirtschaftsabschnitt C vor. Im Jahr 2005,
für das der Statistische Bericht zum
Verarbeitenden Gewerbe detailliertere
Zahlen nennt, belief sich die Zahl der
Beschäftigten in den relevanten Wirt-
schaftsabteilungen CA 10 und CA 11 auf
zusammen 4.064 nach Betrieben (4.072
nach fachlichen Betriebsteilen). Da die
Zahl der Beschäftigten in der Wirtschafts-
abteilung C zwischen 2005 und 2006 um
vier Prozent abgenommen hat, kann für
das Bezugsjahr 2006 die Zahl der Be-
schäftigten in den Wirtschaftsabteilungen
CA 10 und CA 11 auf ca. 3.900 interpoliert
werden. Vorausgesetzt ist dabei, dass
es zwischen 2005 und 2006 zu keinen
großen Verschiebungen innerhalb der
Wirtschaftsabteilungen des Wirtschafts-
bereiches C gekommen ist.
29
Vgl. Statistik der Kohlenwirtschaft e.V.
(2007).
30
Vgl. Der Tagesspiegel (2007a).
31
IHK Berlin (2007b).
82
wurden Ende des Jahres 2007 unter dem Dach einer Business Group Central
Europe zusammengefasst. Der deutsche Teil der Holding gliedert sich in ver-
schiedene Geschäftseinheiten. In Berlin betreibt Vattenfall acht Heizkraftwerke
mit einer elektrischen Leistung von rund 2.5 GW und einer thermischen Leis-
tung von 4.8 GW und beschäftigte im Jahr 2006 rund 5.700 Mitarbeiter.32 Sitz
der Geschäftseinheit Vattenfall Mining & Generation AG ist Cottbus, in der Nähe
des Braunkohlereviers Lausitz, wo mit Boxberg, Jänschwalde, Lippendorf und
Schwarze Pumpe auch vier große Kraftwerke des Unternehmens stehen.
Tabelle 13: Kennzahlen der Vattenfall Europe AG
Geschäftsjahr 2006 laut Geschäftsbericht
Beschäftigte 21.290
Umsatzerlöse 11.124 Mio. Euro
Betriebsergebnis 1.350 Mio. Euro
Stromerzeugung 83,4 TWh
Stromverkauf 153,1 TWh
Wärmeverkauf 15,5 TWh
Rohkohleförderung 58 Mio. t
Mit der Nuon Deutschland GmbH, einem Tochterunternehmen des marktfüh-
renden holländischen Energiekonzerns n.v. Nuon, hat ein weiteres Energie-
versorgungsunternehmen Berlin als Hauptsitz gewählt. Nach eigenen Anga-
ben hat das Unternehmen in Berlin mittlerweile einen Marktanteil von zehn
Prozent bei den Privatkunden,33 betreibt jedoch keine eigenen Kraftwerke
in der Region. Von Berlin aus koordinieren rund 100 Mitarbeiter die Nuon-
Geschäftsfelder Vertrieb von Strom und Gas für Privat- und Geschäftskunden
sowie Beleuchtungsmanagement für Städte und Kommunen (Nuon Stadtlicht
GmbH).
Die EKT Energie und Kommunal-Technologie GmbH (EKT), ein Tochter-
unternehmen der Stadtwerke Hannover, ist im Contracting für Nah- und Fern-
wärmeversorgung tätig. Das Unternehmen betreibt in den neuen Bundeslän-
dern Anlagen mit einer Wärmeleistung von 270 MW. Seit 2004 versorgt EKT die
50.000 Einwohner der Gropiusstadt in Berlin mittels eines Holz-Heizkraftwerks,
das über eine elektrische Leistung von 20 MW und eine thermische Leistung von
64 MW verfügt.
Die BTB Blockheizkraftwerks- Träger- und Betreibergesellschaft mbH Ber-
lin mit 125 Mitarbeitern und einem Umsatz von 55 Mio. Euro im Jahr 2006
hat ihren Schwerpunkt in der Errichtung und im Betrieb von Kraft-Wärme-
Kopplungs anlagen (KWK). Nach eigenen Angaben versorgt sie in Berlin 30.000
Wohnungen, Gewerbe-Immobilien und öffentliche Einrichtungen mit einer
Leistung von 380 MW Wärme, 4 MW Kälte aus Absorptions- und Kompressi-
onsmaschinen und 30 MW Strom. BTB ist im Contracting-Geschäft tätig und
32
Quelle für Mitarbeiterzahl: IHK Berlin
(2007b).
33
Vgl. Afheldt, Heik (2007).
34
Vgl. GASAG AG (o.J.).
83
betreibt Fernwärme- und Stromnetze. Die EKT verfügt über eine Mehrheitsbe-
teiligung an der BTB.
Auch die Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) sind direkt und indirekt in
der Energieversorgung tätig. Der in der Müllverbrennungsanlage Ruhleben ent-
stehende Hochdruck-Heißdampf wird zur Stromerzeugung an das benachbarte
Kraftwerk Reuter, das zu Vattenfall gehört, abgegeben. Außerdem verwertet
das Unternehmen das Deponiegas dreier stillgelegter Deponien in Blockheiz-
kraftwerken zur Strom- und Wärmegewinnung.
Die Gasversorgung der Region wird von regionalen Gasversorgern sicherge-
stellt. Die GASAG Berliner Gaswerke Aktiengesellschaft versorgt Berlin seit über
150 Jahren mit Gas, seit 1991 ausschließlich mit Erdgas. Sie ist der größte kom-
munale Gasversorger in Westeuropa und seit 1998 vollständig in Privatbesitz.
Die GASAG hat nach eigenen Angaben 640.000 Kunden und hielt damit im Jahr
2006 einen Anteil von 47 Prozent am Berliner Wärmemarkt.34 Die GASAG, die
insgesamt rund 1.400 Mitarbeiter beschäftigt, hat durch verschiedene Tochter-
und Beteiligungsgesellschaften ihr Tätigkeitsspektrum erweitert und ist unter
anderem im Land Brandenburg aktiv.
Tabelle 14: Kennzahlen der GASAG
GASAG-Konzern GASAG AG
Geschäftsjahr 2006 laut Geschäftsbericht
Beschäftigte 1.387 568
Umsatzerlöse 1.181 Mio. Euro 965 Mio. Euro
Jahresüberschuss 81,7 Mio. Euro 49,2 Mio. Euro
Gasabsatz 24,8 TWh 17,5 TWh
Anteilseigner
Gaz de France 31,575 %
Vattenfall Europe AG 31,575 %
E.ON AG (über Thüga AG) 36,85 %
Auch die EEG – Erdgas Erdöl GmbH hat ihren Sitz in Berlin. Die Gesellschaft
fördert Erdgas und Erdöl in den ostdeutschen Bundesländern und ist eine hun-
dertprozentige Tochter von Gaz de France.
Der wichtigste regionale Energieversorger Brandenburgs ist die E.ON edis AG,
eine Tochter der E.ON Energie AG (Anteil 75,8 Prozent; 1,3 Prozent davon über
die schwedische Tochtergesellschaft E.ON Sverige AB). Die restlichen Anteile
werden von kommunalen Gesellschaftern gehalten. Das Unternehmen
beschäftigt etwa 2.200 Mitarbeiter und versorgt 1,3 Mio. Kunden in Branden-
burg und Mecklenburg-Vorpommern mit Energie. Neben der Stromversorgung
betreibt E.ON edis AG in einem Teil des Versorgungsgebietes auch ein Gas- und
Fernwärmenetz.
84
Tabelle 15: Kennzahlen der E.ON edis AG
Geschäftsjahr 2006 laut Geschäftsbericht
Beschäftigte 2.264
Umsatzerlöse 1.987 Mio. Euro
Jahresüberschuss 85,8 Mio. Euro
Strom
Absatz 1,83 TWh
Versorgungsgebiet 35.809 km²
Gas
Absatz 3,87 TWh
Versorgungsgebiet 10.127 km²
Als überregionaler Gasversorger für Brandenburg ist die EMB Erdgas Mark Bran-
denburg GmbH mit Sitz in Brandenburg tätig. Mit 68 Beschäftigten versorgt
sie nach eigenen Angaben 288 Städte und Gemeinden im Land mit insgesamt
8,2 TWh im Jahr 2006. Haupteigner sind die GASAG AG und die VNG – Erdgas-
commerz GmbH, ein Tochterunternehmen der VNG – Verbundnetzgas AG mit
Sitz in Leipzig, deren Kerngeschäft der Import und die Lieferung von Erdgas an
Großkunden ist.
Den folgenden Betrachtungen werden für den Bereich der Energieversor-
gung die oben ermittelten Zahlen von rund 6.000 Beschäftigten in Berlin und
von gut 10.000 Beschäftigten in Brandenburg (inklusive der Gewinnung von
Primärenergieträgern) zu Grunde gelegt.
4.2.4 Energiedienstleistungen
Das Segment der Energiedienstleister in Berlin ist durch kleine und mittelstän-
dische Unternehmen und entsprechende Geschäftsbereiche einiger Großun-
ternehmen geprägt. Als Energiedienstleister werden dabei alle Unternehmen
bezeichnet, die spezifische Dienstleistungen (inklusive Handel) für energie-
bezogene Wirtschaftsbereiche erbringen oder sich mit Energieeffizienzfragen
befassen. Nicht eingeschlossen sind branchenunspezifische Dienstleistungen,
die für Betriebe aus energierelevanten Wirtschaftszweigen erbracht werden,
insbesondere also ein Großteil der Infrastrukturdienstleistungen. Angaben
zu Beschäftigten oder Umsatz lassen sich aus den amtlichen Statistiken nicht
ermitteln. Einige generelle Aussagen lassen sich dennoch treffen.
Die Zahl der Forschungs- und Entwicklungsdienstleister, die neue Produkte
oder Verfahren im Energiebereich entwickeln, dürfte nach Einschätzung der
befragten Experten in der Region gering sein. Jedoch finden sich zahlreiche
Planungs- und Ingenieurbüros, die Projekte unterschiedlicher Größenordnung
85
aus allen energierelevanten Bereichen betreuen und Beratung sowie tech-
nische Planungs- und Projektierungsdienstleistungen anbieten. Außerdem
gibt es eine Reihe von Unternehmen, die Service- und Wartungsarbeiten für
energietechnische Anlagen übernehmen oder produktionsnahe Dienstlei-
stungen erbringen.
Ein Tätigkeitsschwerpunkt vieler dieser Dienstleister liegt nach eigener
Einschätzung im Gebäudebereich, aber auch in der Energieeffizienz-Beratung
für Industrie und Gewerbe. Nach Angaben der Industrie- und Handelskam-
mer zu Berlin sind 54 ihrer Mitgliedsunternehmen in der Energieberatung
überwiegend für Unternehmen tätig. Dabei handelt es sich größtenteils um
Kleingewerbetreibende.35 Der Landesfachverband der Bau- und Energiebe-
rater Berlin-Brandenburg e.V. verzeichnet 29 Mitglieder in Berlin.36 Energie-
beratungsleistungen werden außerdem durch Energieversorger und freie
Träger wie die Verbraucherzentrale oder den Berliner Mieterverein erbracht.
Besondere Bedeutung hat in der Hauptstadt das Energiecontracting, das
mittlerweile auch die meisten Energieversorger als attraktiven Geschäftsbereich
entdeckt haben. Das Land Berlin hat mit dem Modell ›Energiesparpartner-
schaft Berlin‹, einem Contractingprogramm für öffentliche Gebäude, frühzeitig
Akzente gesetzt, auch vor dem Hintergrund, dass das CO2-Minderungspotenzial
durch Contractingmaßnahmen in Berlin anerkanntermaßen hoch ist (ca. 36–38
Prozent).37
Zwei Beispiele für Energiedienstleister, die im Bereich Contracting und
Beratung tätig sind, sind die Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena) und die
Berliner Energieagentur GmbH (BEA). Die dena befindet sich im Mehrheitsbe-
sitz des Bundes und der Länder und wird überwiegend aus Mitteln der vier
großen deutschen Energieversorgungsunternehmen finanziert. Sie informiert
Marktteilnehmer und politische Entscheidungsträger durch Projekte, Kampag-
nen, Studien und Netzwerkarbeit zur Energieeffizienz und zu erneuerbaren
Energien. Die BEA ist ein privatwirtschaftliches Energiedienstleistungsunter-
nehmen, an dem das Land Berlin, die Vattenfall Europe AG, die GASAG AG und
die KfW Bankengruppe beteiligt sind. Sie berät in Fragen des effizienten Ener-
gieeinsatzes, unterstützt den internationalen Know-how Transfer und tritt als
Contractor auf.
Ein weiterer wichtiger Arbeitsbereich sind die erneuerbaren Energien. Nach
Angaben des Bundesverbandes WindEnergie (BWE) waren im Jahr 2003 in Ber-
lin und Brandenburg 47 Ingenieurbüros in der Windkraft tätig.38 Dazu kommen
einige weitere Dienstleister wie Rechtsanwälte und Versicherer. Für die Pho-
tovoltaikbranche kann aufgrund firmenspezifischer Angaben von mindestens
200 Beschäftigten im Jahr 2008 ausgegangen werden Für die anderen Bereiche
der erneuerbaren Energien liegen keine Beschäftigtenzahlen vor.
Im Service für Kraftwerke und Turbinen sind in Berlin nur wenige Unter-
nehmen tätig. Dennoch ist der Bereich von herausragender Bedeutung. Allein
Siemens PG und Alstom Power Service haben im Servicegeschäft zusammen
über 1.000 Beschäftige, die beim Verarbeitenden Gewerbes nicht gezählt wur-
35
IHK Berlin (2007a).
36
Vgl. den Internetauftritt des Verbandes:
www.bauenergieberater-bb.de.
37
Vgl. Pöschk / Morawski (2007).
38
Bundesverband WindEnergie e.V. (2003).
86
Heizkraftwerk Moabit in Berlinden. Für Dienstleistungen im Bereich der elektrischen Energietechnik liegen
keine belastbaren Erkenntnisse vor.
Auch für das Handwerk können keine Aussagen zur Zahl der Arbeitsplätze
in energierelevanten Bereichen getroffen werden; nach Auskunft der Kammern
liegen entsprechend differenzierte Daten nicht vor. Von einigen Interview-
partnern wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich durch die Dezen-
tralisierung der Energieversorgung und Energieeffizienzmaßnahmen beispiels-
weise im Bau neue Chancen für das Handwerk eröffnen und positive Arbeits-
platzeffekte erzielt werden können. Dazu ist es von großer Bedeutung, dass die
Belange des Handwerks frühzeitig von der Industrie berücksichtigt werden und
eine entsprechende Qualifizierung erfolgt.
Für eine weiter reichende Analyse des energierelevanten Dienstleistungs-
sektors wären umfangreiche Untersuchungen erforderlich. Von besonderem
Interesse im Rahmen der vorliegenden Studie sind jedoch diejenigen Dienst-
leistungsunternehmen, die selbst Innovation betreiben. Soweit dazu Erkennt-
nisse vorliegen, werden sie in die Darstellung der Technologie- und Anwen-
dungsfelder eingebracht. Insgesamt kann jedoch davon ausgegangen werden,
dass in Berlin deutlich mehr als 1.000 Personen im Bereich energierelevanter
Dienstleistungen beschäftigt sind.
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ope
AG
87
4.2.5 Innovationsverhalten
Forschungsausgaben der Unternehmen
Zum Innovationsverhalten liegen nur wenige für die Energiebranche oder
die Region spezifische Informationen vor. Der Stifterverband für die Deutsche
Wissenschaft führt in mehrjährigen Abständen Erhebungen über Forschung
und Entwicklung in Unternehmen durch und veröffentlicht die Ergebnisse in
FuE-Datenreports.39 In unregelmäßigen Abständen erscheinen außerdem FuE-
Infos mit Sonderauswertungen zu einzelnen Themenbereichen. Eine weitere
Datenquelle ist das Mannheimer Innovationspanel, durchgeführt vom Zentrum
für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) im Auftrag des Bundesministeriums
für Bildung und Forschung (BMBF). Das ZEW publiziert die Ergebnisse in einem
Indikatorenbericht40 und in branchenspezifischen Branchenreports. Die amt-
liche Statistik liefert keine Informationen zu Innovationen. Die einzige Behörde,
die Auswertungen zu Forschung und Entwicklung anbietet, ist das Statistische
Landesamt Baden-Württemberg: Im Innovationsindex der europäischen Regi-
onen belegt Berlin danach den zweiten Platz hinter Baden-Würtemberg. Die
Zusammenführung der einzelnen Daten zu einem einheitlichen Bild ist aller-
dings nur ansatzweise möglich.
Deutschlandweit waren die privatwirtschaftlichen Ausgaben für die Ener-
gieforschung nach Angaben, die auf den Stifterverband zurückgehen, stark
rückläufig – preisbereinigt von 503 Mio. Euro im Jahr 1991 auf 74 Mio. Euro im
Jahr 2006.41 Diese Zahlen weisen auf einen erheblichen Rückgang der Inno-
vationstätigkeit hin. Die Unternehmensberatung Roland Berger hat im Auf-
trag des BMU eine Studie42 zur Umwelttechnologie-Branche in Deutschland
erstellt, die auch die beiden Bereiche ›Umweltfreundliche Energieerzeugung
und -speicherung‹ und ›Energieeffizienz‹ berücksichtigt. Danach lagen die
Forschungsausgaben in diesen beiden Sektoren 2007 im Mittel der betrachte-
ten Leit märkte. Allerdings lag das jährliche Wachstum der Forschungsausgaben
mit sechs Prozent bei den Großunternehmen und bis zu 100 Prozent bei den
befragten Kleinunternehmen deutlich über dem Wachstum der FuE-Ausgaben
der Gesamtwirtschaft (fünf Prozent für das Jahr 2007).43 Eine Umkehrung des
Trends abnehmender Forschungsausgaben ist also zu erwarten. Besonders
kleine und mittlere Unternehmen der Energiebranche investieren überpropor-
tional stark in Forschung und Entwicklung.
Auch der Report des ZEW für Energie- und Wasserversorgung sowie Berg-
bau44 weist eine geringe Innovationstätigkeit aus. Lediglich 0,6 Prozent des
Umsatzes der Unternehmen wurden 2005 für Innovationen ausgegeben. Neun
Prozent des Umsatzes der Branche wurden mit Produktinnovationen erzielt;
die Kostenreduktion durch Prozessinnovationen betrug 3,7 Prozent. Auffal-
lend ist der geringe Anteil von 32 Prozent der Unternehmen, die überhaupt
Innovation betreiben. Lange Produktlebenszyklen und hohe sunk costs45 sind
nach ZEW-Analysen die Gründe. Das ZEW prognostiziert für die Jahre ab 2006
eine Zunahme der Ausgaben für Prozessinnovationen, im Gegensatz zu gleich
39
Wissenschaftsstatistik GmbH im Stifter-
verband für die Deutsche Wissenschaft
(2007).
40
Aschhoff et al. (2007).
41
BMWi (2007a). Welche Wirtschaftszweige
vom BMWi bzw. vom Stifterverband dem
Bereich Energie zugerechnet werden,
liegt nicht offen.
42
Roland Berger Strategy Consultants
(2007).
43
Vgl. Stifterverband für die Deutsche
Wissenschaft (2007).
44
Zentrum für Europäische Wirtschafts-
forschung (2007b).
45
Irreversible Kosten, die bereits in der Ver-
gangenheit entstanden sind, oder deren
Anfallen unwiderrufl ich ist, d.h. durch
gegenwärtige betriebswirtschaftliche
Entscheidungen nicht mehr beeinfl usst
werden können.
88
bleibenden Ausgaben für Produktinnovationen. Die für die vorliegende Studie
durchgeführten Interviews mit Unternehmen aus der Gas- und Elektrizitätsver-
sorgung bestätigen diese Ergebnisse nicht. Die Bedeutung von Prozessverbes-
serungen zur Kostensenkung wurde zwar klar bejaht, die Entwicklung neuer
Produkte (beispielsweise neue Tarifmodelle, neue Energiedienstleistungen)
aber als mindestens ebenso wichtig herausgestellt. Die befragten Unterneh-
men prognostizieren für sich aufgrund des stärker werdenden Wettbewerbs
eine zunehmende Erweiterung ihrer Geschäftstätigkeit hin zum Energiedienst-
leister, der nicht mehr nur im Kerngeschäft der Energieversorgung tätig ist,
sondern auch in Fragen der Energieeffizienz berät oder Contracting betreibt.
Aufgrund der geringen Zahl der befragten Unternehmen steht dieses Bild nicht
im Widerspruch zu den Ergebnissen des ZEW. Es legt allerdings nahe, dass die
Unternehmen in Berlin zum innovativen Teil der Branche gehören.
Für den Fahrzeugbau, die Elektroindustrie und den Maschinenbau las-
sen sich nur allgemeine Aussagen zur Innovationsintensität machen, da die
Reports46 des ZEW lediglich auf Branchenebene vorliegen. Die genannten
drei Branchen weisen den höchsten Umsatzanteil mit neuen Produkten auf
(zwischen 32 Prozent im Maschinenbau und 56 Prozent im Fahrzeugbau) und
werden bei der Innovationstätigkeit mit Umsatzanteilen zwischen 5,2 Prozent
und 8,3 Prozent nur von der Instrumententechnik übertroffen. Die meisten der
Unternehmen (zwischen 61 Prozent im Fahrzeugbau und 77 Prozent in der Elek-
troindustrie) betrieben im Befragungsjahr 2005 Innovation, wobei Produkt-
und Prozessinnovationen in etwa den gleichen Stellenwert einnehmen. Eine
Analyse der Innovationstrends in den energierelevanten Teilbereichen dieser
Branchen findet sich in Kapitel 5 dieser Arbeit.
Patentanmeldungen
Weiteren Aufschluss über das Innovationsverhalten der in Berlin ansässigen
Unternehmen können die Patentanmeldungen geben. Die Einordnung von
Patenten erfolgt nahezu weltweit auf Basis der Internationalen Patentklassi-
fikation (IPC). Tabelle 16 zeigt diejenigen Klassen, die vorwiegend energierele-
vante Patente enthalten. Dabei wurde die Patentklasse H01, die neben Solar-
zellen auch eine Vielzahl anderer grundlegender elektrischer Bauteile enthält,
hier nicht berücksichtigt. Die Patentklasse G21 (Kernphysik; Kerntechnik) wurde
ebenfalls untersucht. Patente mit unmittelbarer energietechnischer Relevanz
wurden jedoch in dieser Klasse im betrachteten Zeitraum von 2000 bis 2007 an
Berliner Erfinder nicht erteilt. Dies bestätigt erneut, dass Kerntechnik in Berlin
keine Rolle spielt. Im Folgenden bleibt sie unberücksichtigt.
Regionalisierte Daten liefert der in regelmäßigen Abständen vom Deut-
schen Patent- und Markenamt herausgegebene Patentatlas.47 Dieser orientiert
sich an so genannten technischen Bereichen, in denen mehrere Patentklassen
zusammengefasst sind. Der technische Bereich 22 (Kraft und Arbeitsmaschinen)
umfasst die Patentklassen F01-F04 sowie die Patentklasse F15. Der Anteil der
Patentanmeldungen von Erfindern aus Berlin ist mit 1,4 Prozent in den Jah-
46
Zentrum für Europäische Wirtschaftsfor-
schung (2007a,c,d).
47
Greif / Schmiedl / Niedermeyer (2006).
48
Datum der Recherche war der
15.11.2007.
89
ren 2000-2005 in diesem technischen Bereich weit unterdurchschnittlich. Die
Patentklassen F21-F28 bilden den technischen Bereich 24 (Beleuchtung, Hei-
zung), mit einem ebenfalls geringen Anteil von 2,1 Prozent von Anmeldungen
durch Erfinder aus Berlin.
Um für die verbleibenden Patentklassen zumindest Aussagen bezüglich der
Innovationsfreudigkeit der Branche innerhalb Berlins treffen zu können, wurde
in der Datenbank des Deutschen Patent- und Markenamtes eine Recherche48
durchgeführt. Kriterium für die regionale Zuordnung war der Sitzort des Erfin-
ders, analog zum Vorgehen der Autoren des Patentatlas. Bei mehreren Erfin-
dern mit unterschiedlichen Wohnorten erfolgte die Zuordnung anteilig. Im
Folgenden werden nur gerundete Zahlen genannt. Ein unvermeidbarer Fehler
ergibt sich daraus, dass der Sitzort des Erfinders nicht immer mit dem Ort, an
dem die Erfindung gemacht wurde, übereinstimmt. Insgesamt wurden nach
den Ergebnissen der Recherche in den Jahren 2000 bis 2005 in den energiere-
levanten Klassen 589 Patente von Berliner Erfindern angemeldet. Die Zahl der
Patente schwankte in diesen Jahren zwischen 78 und 110, ohne eindeutige
Tabelle 16: Energierelevante Patentklassen
Patent-klasse
Beschreibung
C10 Mineralöl-, Gas- oder Koksindustrie; Kohlenmonoxid enthaltende technische Gase; Brennstoffe; Schmiermittel; Torf
F01 Kraft- und Arbeitsmaschinen oder Kraftmaschinen allgemein; Kraftanlagen allgemein; Dampfkraftmaschinen
F02 Brennkraftmaschinen; mit Heißgas oder Abgasen betriebene Kraftmaschinenanlagen
F03 Kraft- und Arbeitsmaschinen oder Kraftmaschinen für Flüssigkeiten; Wind-, Feder-, oder Gewichts-Kraftmaschi-nen; Erzeugen von mechanischer Energie oder von Vortriebskraft, soweit nicht anderweitig vorgesehen
F04 Verdrängerkraft- und Verdrängerarbeitsmaschinen für Flüssigkeiten; Arbeitsmaschinen für Flüssigkeiten oder Gase, Dämpfe
F15 Druckmittelbetriebene Stellorgane; Hydraulik oder Pneumatik allgemein
F17 Speichern oder Verteilen von Gasen oder Flüssigkeiten
F21 Beleuchtung
F22 Dampferzeugung
F23 Feuerungen; Verbrennungsverfahren
F24 Heizung; Herde; Lüftung
F25 Kälteerzeugung oder Kühlung; kombinierte Heizungs- und Kältesysteme; Wärmepumpensysteme; Herstellen oder Lagern von Eis; Verflüssigen oder Verfestigen von Gasen
F26 Trocknen
F27 Industrieöfen; Schachtöfen; Brennöfen; Retorten
F28 Wärmetausch allgemein
H02 Erzeugung, Umwandlung oder Verteilung von elektrischer Energie
90
Tendenz. Eine inhaltliche Auswertung der Patente wurde mit Ausnahme der
Patentklasse G21 nicht durchgeführt.
Wie Abbildung 9 zeigt, nimmt die elektrische Energietechnik (IPC H02) mit
rund 37 Prozent der im betrachteten Zeitraum angemeldeten Patente den Spit-
zenplatz ein. Etwas mehr als die Hälfte dieser Patente wurde von der Siemens
AG angemeldet. Der Rest verteilt sich auf große, mittlere und kleine Unter-
nehmen sowie Privatpersonen. Keine dieser weiteren Gruppen hat innerhalb
der Patentklasse H02 einen Anteil größer 5 Prozent. In Relation zur Beschäf-
tigtenzahl in der elektrischen Energietechnik scheint die Innovationsintensität
unterdurchschnittlich. Zu beachten ist allerdings, dass IPC und Klassifikation
der Wirtschaftszweige nicht kongruent sind.49 Die größte Abweichung entsteht
dadurch, dass bei der Definition des energierelevanten Kernbereichs des Ver-
arbeitenden Gewerbes der Kraftwagenmotorenbau aus dem Wirtschaftsbereich
DM (Fahrzeugbau) aufgrund der unzureichenden statistischen Datenbasis nicht
berücksichtigt wurde, in den Patentklassen F01-F04 jedoch schon. Außerdem
zählt die Herstellung von Leuchten, die in der IPC in die Patentklasse F21 fällt,
in der Klassifikation der Wirtschaftszweige zum Bereich DL 31. Selbst wenn man
diese beiden Faktoren berücksichtigt, bleibt immer noch eine erhebliche Dis-
krepanz zwischen Beschäftigtenzahl und Patentanmeldungen. Daher ist davon
auszugehen, dass die Erfindungstätigkeit im Bereich der elektrischen Ener-
Abbildung 9: Patente in den energierelevanten Patentklassen, die in den
Jahren 2000 bis 2005 von Berliner Erfindern angemeldet
wurden
F01–F04, F 15
190 Patente32,3 %
Sonstige
85 Patente14,6 %
H02
215 Patente36,5 %
F21
32 Patente5,4 %
F24
66 Patente11,1 %
49
Vgl. Greif / Potkowik (1990).
91
gietechnik in Berlin unterdurchschnittlich ist. Die Patentklassen F01-F04 und
F15 (technischer Bereich 22 Kraft und Arbeitsmaschinen) umfassen für Berlin
wichtige Produkte wie Gasturbinen, Verdichter und Kolbenmotoren. 32 Pro-
zent der Berliner Patente wurden in diesem Bereich angemeldet, was dessen
überdurchschnittliche Bedeutung für die Innovationsaktivität in Berlin zeigt.
Abgesehen von der Klasse F24 (Heizung, Herde, Lüftung) mit einem Anteil von
elf Prozent an allen Patenten und der Klasse F21 (Beleuchtung) mit 5,5 Prozent
haben alle anderen Patentklassen einen Anteil von weniger als vier Prozent
und sind daher kaum relevant. Die direkte Vergleichbarkeit mit den Zahlen
des Patentatlas ist nicht gegeben, da dieser auch Patentanmeldungen beim
Europäischen Patentamt enthält.
4.3 Schlussfolgerungen
Eine zusammenfassende Betrachtung macht deutlich, dass die energiebezo-
gene Wirtschaft für die Region Berlin-Brandenburg von erheblicher Bedeutung
ist. Nach den durchgeführten Berechnungen und Schätzungen beschäftigten
die Unternehmen der entsprechenden Branchen im Jahr 2006 mindestens
47.000 Personen – das entsprach in beiden Ländern jeweils rund einem Fünf-
tel aller Beschäftigten des Produzierenden Gewerbes (ohne Baugewerbe), in
dem der ganz überwiegende Teil der energierelevant Beschäftigten tätig ist.
Rund 60 Prozent der im Energiebereich der Region tätigen Personen entfielen
2006 auf Berlin; dort dominiert das Verarbeitende Gewerbe (22.000 Personen).
In Brandenburg liegt der Schwerpunkt mit über 10.000 Beschäftigten bei der
Energieversorgung (inklusive Braunkohlegewinnung).
Die Relevanz der energiebezogenen Wirtschaft zeigt sich auch bei einem
überschlägigen Vergleich mit den Kompetenzfeldern der kohärenten Innova-
tionsstrategie des Landes Berlin. Bei diesen liegt die Zahl der Beschäftigten –
ohne Betreiber wie Verkehrsbetriebe gerechnet - in Berlin-Brandenburg zwi-
schen 3.500 (Biotechnologie) und 50.000 Personen (Verkehr und Mobilität). Im
Technologiefeld Energie sind allein im Verarbeitenden Gewerbe rund 30.000
Personen tätig. Gemessen an der Zahl der Beschäftigten gehört der Energie-
bereich mithin in jedem Fall zu den größeren Kompetenzfeldern.
Untersuchungen zur Entwicklung von Mitarbeiterzahlen und Umsatz wur-
den für diese Studie nicht durchgeführt. In den Teilbereichen, für die Erkennt-
nisse vorliegen (Turbomaschinen, Photovoltaik) war das Wachstum in den
letzten Jahren jedoch positiv. Wie erläutert ist zu erwarten, dass der Markt für
innovative Technologien zur effizienten Erzeugung, Verteilung, Speicherung
und Nutzung von Energie weiterhin wachsen wird. Dadurch ergeben sich neue
Chancen für die innovativen Unternehmen in der Region.
Innovationsdruck und Innovationstätigkeit im Energiesektor werden ten-
denziell ebenfalls zunehmen. Die Daten zu den Patentanmeldungen lassen
keinen endgültigen Rückschluss auf die Innovationsfreudigkeit der Energie-
92
branche in der Hauptstadt zu. Dazu wären weitere Untersuchungen erforder-
lich, die jedoch immer am Problem der schwierigen räumlichen Zuordnung
kranken würden. Die bisherigen Ergebnisse deuten allerdings darauf hin, dass
das Innovationsverhalten in Berlin unterdurchschnittlich ist.
Andererseits ist zu bedenken, dass Berlin bei den eingeworbenen For-
schungsmitteln des Bundes für Energieforschung immerhin im Durchschnitt
liegt, dass die Innovationskraft der Hauptstadt allgemein als sehr gut ein-
geschätzt wird und zahlreiche hoch qualifizierte Ingenieure mit energietech-
nischen Ausbildungsschwerpunkten die Hochschulen verlassen. Ein Grund
dafür, dass relativ wenige energierelevante Erfindungen aus Berlin patentiert
werden, dürfte sein, dass keiner der großen Konzerne aus dem Bereich der
Energietechnik seine Forschungszentrale in der Region unterhält. Selbst wenn
man davon ausgeht, dass in den Berliner Niederlassungen dieser Unterneh-
men Prozessinnovationen erfolgen, die nicht immer patentrechtlich geschützt
werden, legt die geringe Zahl der Patentanmeldungen den Schluss nahe, dass
Defizite bei der Umsetzung des vorhandenen Know-how in neue innovative
Produkte und damit in Wertschöpfung und Arbeitsplätze bestehen.
93
5 Potenziale in einzelnen Technologie- und
Anwendungsfeldern
5.1 Erneuerbare Energien
5.1.1 Photovoltaik
Innovationstrends
Die Photovoltaikbranche ist ein höchst dynamischer Sektor, in dem verschie-
denste technologische Ansätze und Verfahren verfolgt und bis zur Marktreife
entwickelt werden. Die wesentlichen treibenden Faktoren für Innovation im
Photovoltaiksektor lassen sich unter dem Schlagwort grid parity subsumieren.
Es bezeichnet die Wettbewerbsfähigkeit von Solarstrom bezogen auf den End-
kundenpreis für Strom aus dem Netz der Energieversorgungsunternehmen. Der
gegenwärtige Aufschwung in der Photovoltaikbranche ist zu einem großen Teil
den hohen Einspeisevergütungen geschuldet. Sollte es gelingen, Solarstrom
zum gleichen Preis oder günstiger als konventionell erzeugten Strom zu pro-
duzieren, so würde dies einen weiteren, selbst tragenden Nachfrageboom aus-
lösen. Das wesentliche Ziel aller Förderprogramme und Markeinführungsins-
trumente der Länder ist das Erreichen dieser Wettbewerbsfähigkeit.
In technologischer Hinsicht steht daher die Verringerung der Kosten für
industriell hergestellte, schlüsselfertige Solarsysteme unter Berücksichtigung
der Betriebskosten im Mittelpunkt. Der Optimierung einzelner Faktoren (z. B.
der Steigerung des Wirkungsgrads der Solarzellen) kommt dabei weiterhin
große Bedeutung zu, wichtiger noch ist aber das Zusammenspiel aller Ein-
flussgrößen, die sich in den Kosten pro Kilowatt tatsächlich produzierter Leis-
tung niederschlagen. Einen Überblick über die sich aus dieser Voraussetzung
ergebenden technologischen Trends liefern die Forschungsagenda der Europä-
ischen Technologie-Plattform1 und andere frei verfügbare Publikationen z. B.
des FIZ Karlsruhe.2 Im Folgenden werden einige für die Region Berlin besonders
bedeutsame Punkte diskutiert und für Details und allgemeinere Aspekte auf
diese Schriften verwiesen.
Zur Zeit dominieren am Markt Solarzellen, die auf der Basis von poly- oder
multikristallinen Siliziumwafern gefertigt sind. Bei Wafern handelt es sich um
dünne Scheiben, die mittels aufwendiger Verfahren aus Rohsilizium gewonnen
werden. Erst durch weitere Verfahrensschritte wie Dotieren und Anbringen von
Kontakten erhält man eine Solarzelle, die Sonnenlicht in elektrischen Strom
umwandeln kann. Schaltet man mehrere dieser Solarzellen zusammen und
verkapselt sie, so erhält man ein einsatzbereites Solarmodul. Mono- oder poly-
kristalline Solarzellen weisen gegenüber Dünnschichtsolarzellen in der Regel
einen höheren Wirkungsgrad auf. Außerdem sind die grundlegenden Eigen-
1
The European Photovoltaic Technology
Platform (2007).
2
Verwiesen sei insbesondere auf: FIZ
Karlsruhe GmbH (2005).
94
schaften, Handling und Langzeitverhalten von Siliziumzellen aufgrund der
langen Erfahrung mit diesem Material in der Halbleiter- und der Photovoltaik-
Branche intensiv erforscht. Auf absehbare Zeit werden waferbasierte Solarzel-
len daher ihre führende Stellung behalten.
Ein wichtiger Trend geht jedoch in Richtung neuer innovativer Dünnschicht-
technologien, deren Marktanteil von 10 Prozent auf 20 Prozent im Jahr 2010,
und langfristig bis auf über 30 Prozent steigen könnte.3 Bei dieser Technolo-
gie entfällt die kostenintensive Waferproduktion. Stattdessen werden dünne
Schichten aus Silizium oder anderen Halbleitermaterialien direkt auf ein
Substrat aufgebracht. Wesentliche Vorteile von Dünnschichtmodulen sind die
Materialersparnis und die geringere Anzahl an Verfahrensschritten. Länger-
fristig wird es bei einigen Dünnschichttechnologien erforderlich sein, Ersatz
für knappe Materialien wie Indium zu finden. Kurzfristig liegen wesentliche
Potenziale zur Kosteneinsparung neben der Wirkungsgradsteigerung der Zellen
bei der Standardisierung der Module und Komponenten, der Automatisierung
und Optimierung der Produktionsprozesse, der Qualitätsüberwachung entlang
des ganzen Lebenszyklus und der Entwicklung effektiverer Anlagen von der
Beschichtung bis zum Packaging für die Massenproduktion.
Ähnliches gilt für die Siliziumwafer-basierten Solarzellen. Bei diesen ist ein
weiterer entscheidender Faktor die Reduktion der Waferkosten, beispielsweise
indem dünnere Wafer oder weniger reines (metallurgisches) Silizium einge-
setzt werden. Verstärkte Bedeutung wird laut Forschungsagenda im Hinblick
auf Haltbarkeit, Stabilität und Modularität den Systemkomponenten (Strom-
richter, Speicher usw.) sowie der Netzeinspeisung zukommen, im Hinblick auf
Umweltschutz und Knappheit der Ressourcen dem Recycling von Solarmodu-
len. Außerdem besteht die Möglichkeit, dass Technologiesprünge in der orga-
nischen Photovoltaik sowie bei Nanomaterialen und -technologien zu einer
erheblichen Verbesserung bei Effizienz und Kosten führen. Das triff auch auf
konzentrierende Photovoltaiksysteme zu, bei denen das Sonnenlicht mit Hilfe
von preisgünstigen optischen Vorrichtungen auf kleine, hocheffiziente Solar-
zellen fokussiert wird.
Schließlich bleibt festzuhalten, dass nach Ansicht der Experten auch in
Zukunft verschiedene Technologien nebeneinander am Markt bestehen wer-
den. Dennoch werden sich einige Ansätze als erfolgreicher als andere erwei-
sen. Eine Konsolidierung des Marktes ist zu erwarten.
Wissenschaft
In Berlin sind mehrere Hochschulen und außeruniversitäre Forschungsein-
richtungen in der Solarenergieforschung tätig. Der Schwerpunkt liegt dabei auf
der Dünnschicht-Photovoltaik, jedoch bestehen auch Kompetenzen im Bereich
der Siliziumwafer-basierten und in der organischen Photovoltaik.
Eine Spitzenstellung in Deutschland nimmt das Hahn-Meitner-Institut
(HMI) bei der grundlagenorientierten Erforschung von Dünnschicht-Materialien
für effiziente und kostengünstige Solarzellen und Module ein. Im Fokus der
3
The European Photovoltaic Technology
Platform (2007), S. 25.
95
Arbeit stehen polykristalline Silizium-Dünnschicht-Solarzellen und Silizium-
Heteroemitter-Solarzellen sowie hochabsorbierende Verbindungshalbleiter,
insbesondere Chalkopyrite. Weitere Forschungsschwerpunkte bilden technolo-
gische Grundfragen der Solarzellenherstellung und -optimierung, hocheffizi-
ente III / V Verbindungshalbleiter, organische Solarzellen und die elektronischen
und atomaren Eigenschaften von Photovoltaik-Halbleiterschichten (vgl. Kapi-
tel 3.2). Das HMI unterhält Kooperationen mit verschiedenen Industriepart-
nern und wissenschaftlichen Einrichtungen auf regionaler und überregionaler
Ebene. Zur Analyse von Photovoltaikmaterialien bietet außerdem das Berliner
Elektronenspeichersynchrotron (BESSY) verschiedene Möglichkeiten.
Das Ferdinand-Braun-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH) verfügt über
Kompetenzen bei Epitaxieverfahren für hocheffiziente III / V Halbleiter, die für
neue leistungsfähige Konzentratorzellen benötigt werden. An der Teltower
Außenstelle des Fraunhofer IZM, die seit Anfang des Jahres 2008 als Fraunho-
fer-Einrichtung für Polymermaterialien und Composite PYCO eigenständig ist,
bestehen einige Erfahrungen bei der Entwicklung und Charakterisierung von
elektrisch aktiven Polymermaterialien für die organische Photovoltaik. Die BAM
war an einem EU-Projekt zum Recycling von Solarmodulen beteiligt und ver-
fügt über Kompetenzen bei photovoltaischen Werkstoffen.
Am Institut für Kristallzüchtung (IKZ) in Berlin-Adlershof werden derzeit im
Kompetenzfeld ›Kristalline Schichten und Nanostrukturen‹ polykristalline Sili-
ziumschichten und der Einsatz von Glas als Substratmaterial für kostengünsti-
gere Solarzellen erforscht. Das IKZ kooperiert dabei in verschiedenen Projekten
mit Unternehmen aus der Solarindustrie und anderen wissenschaftlichen
Einrichtungen, z. B. dem HMI und dem WIAS, das sich unter anderem mit der
Modellierung von dünnen Schichten auf Substraten befasst. Das IKZ hat außer-
dem Kompetenzen bei der Züchtung von Silizium-Volumenkristallen für die
Photovoltaik (z. B. quadratisches einkristallines Silizium, Züchtung verbesserter
Silizium-Einkristalle mit Hilfe nichtstationärer Magnetfelder).
An den Berliner Universitäten bildet die Photovoltaikforschung derzeit kei-
nen Forschungs- und Ausbildungsschwerpunkt. An der TU Berlin wird jedoch
im Rahmen des IZE eine strategische Partnerschaft mit dem HMI und die Ent-
wicklung eines Forschungsclusters ›Dünnschicht- und Nanotechnologie für
Photovoltaik‹ angestrebt. Die personelle Anbindung und die Einbindung in die
Lehre ist dabei durch die gleichzeitige Berufung des Leiters der Abteilung ›Sili-
zium-Photovoltaik‹ am HMI, Prof. Bernd Rech, für das Fachgebiet Photovoltaik
an der Fakultät IV (Elektrotechnik und Informatik) der TU Berlin und durch eine
Honorarprofessur für den Leiter der Abteilung ›Technologie‹ der Solarener-
gieforschung am HMI, Prof. Hans-Werner Schock, gegeben (vgl. Kapitel 3.2.1).
Schwerpunkte der Zusammenarbeit werden in der Weiterentwicklung von
Dünnschichttechnologien, in Modultechnologie, Diagnostik und Prozesskon-
trolle liegen. Dazu soll der Kontakt zu den weiteren relevanten Fachbereichen
an der TU Berlin, insbesondere zum Fachgebiet Halbleiterbauelemente, das
von Prof. Christian Boith geleitet wird und Kompetenzen bei der Charakteri-
96
sierung von Halbleiterbauelementen hat, intensiviert werden. Außerdem wird
am Fachgebiet Montagetechnik und Fabrikbetrieb, dessen Leiter Prof. Günther
Seliger ist, an Verfahren zum Recycling von Solarmodulen gearbeitet.
An der FU Berlin wird die Photovoltaik in der Lehre durch eine Sonder-
professur der Leiterin der Abteilung heterogene Materialsysteme am HMI,
Prof. Martha Lux-Steiner, vertreten. Gemeinsam mit dem HMI ist die FU Berlin
außerdem in einem vom BMBF geförderten Forschungsprojekt zur organischen
Photovoltaik engagiert. Die Arbeitsgruppe von Prof. Robert Bittl am Institut für
Experimentalphysik der FU Berlin ist an einem Verbundprojekt zur Charakte-
risierung von Solarzellen mit Hilfe von Elektron-Paramagnetischer Resonanz-
Techniken beteiligt. Diplom- und Doktorarbeiten, die am HMI ausgeführt
werden, stärken auf personeller Ebene die Verzahnung zwischen den Berliner
Universitäten, dem HMI und den Fachhochschulen.
Im Rahmen der Studiengänge ›Umwelttechnik / Regenerative Energien‹ und
›Maschinenbau–Erneuerbare Energien‹ werden photovoltaische Systeme in der
Ingenieursausbildung an der FHTW Berlin behandelt. In der anwendungsnahen
Forschung an der FHTW werden in der Gruppe von Prof. Volker Quaschning
z. B. Ertragsprognosen für Photovoltaikanlagen mit Hilfe von Simulationstools
erstellt. An der TFH Berlin ist die Photovoltaik im Rahmen der Ingenieurstudi-
engänge ›Maschinenbau–Erneuerbare Energien‹ und ›Elektrotechnik‹ als ein
Baustein in der Ausbildung verankert.
Brandenburg verfügt in der Wissenschaft über keine vergleichbaren Kapa-
zitäten. Das IST – Institut für Solartechnologien gGmbH ist am Solarzentrum
Frankfurt (Oder) angesiedelt und hat seinen Schwerpunkt bei der Entwick-
lung von flexiblen Dünnschicht-Bandsolarmodulen, auf die Kupfer-Indium-
Disulfid galvanisch aufgebracht wird. Dabei arbeitet das IST mit der Odersun
AG zusammen.
Die BTU Cottbus kooperiert unter dem Dach eines gemeinsamen Joint Lab4
mit dem Institut für innovative Mikroelektronik (IHP) in Frankfurt (Oder). Dort
wird gemeinsam mit Industrieunternehmen beispielsweise an der Verringerung
der störenden Rekombinationswirkung von Kristalldefekten in verschiedenen
Solar-Siliziummaterialien geforscht.
Die TFH Wildau (Bereich Physikalische Technik: Arbeitsgruppe Prof. Sigurd
Schrader, Arbeitsgruppe Prof. Siegfried Rolle) entwickelt Solarzellen auf Basis
organischer, anorganischer sowie organisch / anorganischer Hybridmaterialien.
Dabei sind neuartige n- und p-Halbleiter sowie Elektrodenmaterialien von
Interesse. An der TFH Wildau und am IHP, mit dem die TFH Wildau ein gemein-
sames Forschungs- und Ausbildungszentrum unterhält, steht ein breites Spek-
trum an Charakterisierungsverfahren elektrischer, optischer, mechanischer,
thermischer und morphologischer Eigenschaften zur Verfügung. Dazu gehört
ein neuartiges Verfahren zur magneto-optischen Charakterisierung von Solar-
zellen, welches im Zusammenwirken mit der PTB Berlin entwickelt wurde und
bei der Qualitätssicherung im Herstellungsprozess von Silizium-Solarzellen zum
Einsatz gelangt.
97
Wirtschaft
Die Photovoltaikindustrie in Berlin zeichnet sich durch ein breites Spektrum
an eingesetzten Technologien aus und deckt mit Ausnahme der Rohsilizium-
und Siliziumwaferproduktion die gesamte Wertschöpfungskette ab. Während
des letzten Jahrzehnts war die Branche von einem rasanten Wachstum geprägt
– in Deutschland und weltweit. Eine für den Bundesverband Solarwirtschaft
e.V. erstellte Studie5 nennt für das Jahr 2006 rund 2.300 Beschäftigte für Berlin
und Brandenburg, wovon etwa 1.000 in Berlin tätig waren (203 im Handwerk,
394 in der Produktion, 283 in der Forschung, 30 im Großhandel, 92 in sonstigen
Bereichen). Wie sich aus der positiven Entwicklung der Beschäftigung in wich-
tigen Unternehmen in Berlin ergibt, sind diese Zahlen aufgrund der hohen
Dynamik in der Branche zumindest im Verarbeitenden Gewerbe überholt. In
Brandenburg ist in den letzten Jahren ein erheblicher Ausbau der Produktions-
kapazitäten erfolgt, der ebenfalls einen deutlichen Anstieg der Beschäftigten-
zahl zur Folge hatte. Anwenderseitig spielt Solarstrom in Berlin keine Rolle, der
Anteil am bundesweit erzeugten Solarstrom bewegte sich 2005 im Promille-
bereich.6
Das Kerngeschäft der 1997 in Berlin gegründeten Solon AG bildet die Pro-
duktion von Solarmodulen und Photovoltaikkomplettsystemen auf der Basis
von poly- und monokristallinem Silizium. Mit dem Börsengang 1998 war Solon
das erste börsennotierte Solarunternehmen in Deutschland. Die Solon Gruppe
ist mit Tochtergesellschaften in Österreich, Italien, den USA und der Schweiz
ver treten. Mit der Tochterfirma HTC GmbH in Österreich stellt sie industriell
gefertigte Solarkraftwerke her, mit der Schweizer Tochterfirma asp ag ist sie
einer der weltweit führenden Hersteller von Wechselrichtern im Photovoltaik-
bereich. Die Solon Laboratories AG erforscht am Standort Adlershof unter ande-
rem Speicher technologien für die Solarenergie. Der Umsatz der Solon-Gruppe
betrug im Geschäftsjahr 2006 rund 346 Mio. Euro. Die Mitarbeiterzahl beläuft
sich konzernweit auf etwa 700 (Stand Dezember 2007). Nach Firmenangaben ist
eine Ausweitung der Produktionskapazitäten von ca. 200 MW im Jahr 2007 auf
500 MW im Jahr 2008 geplant. Mit dem Umzug des Hauptsitzes von Kreuzberg
nach Berlin-Adlershof wird sich die Produktionskapazität in Berlin auf 50 MW
erhöhen (SOLON PV GmbH); im Jahr 2008 soll die Zahl der Mitarbeiter in Berlin
von 250 auf 400 steigen.7 Weitere Standorte für die Produktion von Solarmo-
dulen befinden sich in Greifswald (SOLON Nord GmbH), Arizona (Solon America
Corp.) und Padua (Solon SpA).
Das Unternehmen Sulfurcell Solartechnik GmbH wurde im Jahr 2001 aus
dem Hahn-Meitner-Institut ausgegründet mit dem Ziel, eine neue Dünn-
schichttechnologie zur industriellen Anwendung zu bringen. Aus dem Halb-
leitermaterial Kupfer-Indium-Disulfid (CIS) sollen kostengünstige Solarmodule
produziert werden. Dieses Material ist besonders umweltschonend im Vergleich
zu anderen Verbindungshalbleitern, die potenziell toxische Elemente enthal-
ten. Der Aufbau einer Pilotproduktion, mit der im Jahr 2003 begonnen wurde,
wird durch Landes- und EFRE-Mittel gefördert. 2007 wurden Solarmodule mit
4
Homepage: www.jointlab.de.
5
EuPD Research Bonn (2007). Ein Berlin-
spezifi scher Auszug aus der EuPD-
Studie wurde freundlicherweise von
der Pressestelle des Bundesverbandes
Solarwirtschaft zur Verfügung gestellt.
Basis für die in der Studie genannten
Beschäftigtenzahlen sind Angaben von
146 produzierenden Unternehmen,
62 Großhändlern, 54 Planungs- und
Projektierungsunternehmen, 408 Hand-
werksbetrieben und 70 Forschungsstellen
in Deutschland.
6
Staiß (2007), S. II 101.
7
Vgl. Hops (2007).
98
einer Gesamtleistung von 0,6 MW hergestellt. Derzeit sind ca. 120 Mitarbeiter
beschäftigt mit steigender Tendenz. An der Ausweitung der Produktionskapa-
zitäten in Berlin-Adlershof wird gearbeitet. Ca. 18 Prozent der Gesellschafter-
anteile werden von den Gründern und vom HMI gehalten, der Rest von pri-
vaten und institutionellen Anlegern.
Neben diesen beiden im Kernbereich der Solarzellen- und Modulproduk-
tion tätigen Unternehmen konnten sich einige Zulieferer und produktionsnahe
Dienstleister und Ausrüster in Berlin etablieren. Einer dieser Betriebe ist die
Jonas & Redmann Photovoltaics Production Solutions GmbH, deren Kernge-
schäft die Automatisierung der Solarzellenherstellung mittels Handling-Syste-
men bildet. Anfang 2008 beschäftigte das Unternehmen nach eigenen Angaben
330 Mitarbeiter bei einem Jahresumsatz von 50 Mio. Euro. Das Ingenieurbüro
IB Vogt Process Engineering + Project Management GmbH plant und projektiert
Fabrikanlagen für die Solarindustrie. Die Zahl der Mitarbeiter wuchs von vier im
Jahr 2002 auf 150 in 2008. Der Jahresumsatz betrug 2006 7,9 Mio. Euro.8 Die Ste-
remat Elektrowärme GmbH mit etwa 85 Mitarbeitern stellt Kristallzüchtanlagen
für Silizium-Einkristalle und optische Materialien her und liefert Prüfeinrich-
tungen und Zubehör. Zur Produktpalette gehören außerdem Sondermaschinen
für die Vakuumtechnik und zur Bandbeschichtung.
Weiterhin finden sich in Berlin auf Nischenanwendungen spezialisierte
Produktionsbetriebe, Messgerätehersteller, eine Reihe von Planungs- und In -
genieurbüros sowie etliche Handwerksbetriebe, die im Solargeschäft tätig sind.
Einen Überblick über ausgewählte Unternehmen der Solarbranche inklusive
Solarthermie in Berlin liefert Tabelle 17. Alle dort aufgeführten Unternehmen
forschen und entwickeln selbst. Die explizit als entwickelnde Unternehmen
gekennzeichneten Unternehmen betreiben zusätzlich oder ausschließlich Auf-
tragsforschung. Sofern sie produzieren, bezieht sich dies auch auf vor- und
nachgelagerte Wertschöpfungsstufen. Die sonstigen Unternehmen haben ihre
Zentrale oder ihren Vertrieb in der Hauptstadt, sind produktionsnahe Dienst-
leister oder im Projektgeschäft für die Solarbranche tätig. Reine Handwerks-
betriebe und Unternehmen, die anwendungsnahe Beratungs- und Projektie-
rungsleistungen erbringen, sind in der Tabelle nicht aufgeführt.
Die hohe Dynamik im Photovoltaiksektor in Berlin zeigt eine Reihe kürzlich
erfolgter Neuansiedlungen. Die Global Solar Energy Deutschland GmbH errich-
tet am Standort Berlin-Adlershof eine Produktionsstätte für die Herstellung von
Dünnschicht-Solarzellen auf der Basis von Kupfer-Indium-Gallium-Selenid
(CIGS) mit einer geplanten Kapazität von 40 MW im Jahr 2008. Hauptabnehmer
wird die Solon AG sein, die eine strategische Beteiligung an dem Unterneh-
men besitzt.9 Die 2007 gegründete Inventux Technologies GmbH schafft derzeit
in Berlin-Marzahn die Voraussetzungen zur Produktion von Dünnschicht-
modulen, die auf einer mikromorphen Tandem-Technologie auf der Basis von
Silizium beruht. Bei einer geplanten Jahresproduktion von 33 MW sollen 120
Arbeitsplätze entstehen.10 Im Jahr 2006 wurde das Unternehmen BerlinSolar
GmbH gegründet, das am Aufbau einer Produktion von Ingots und Wafern auf
8
Vollmers (2007).9
Vgl. Solon AG (2007).
10
Vgl. Inventux Technologies AG (2007).
11
Vgl. Berlin Partner GmbH (2007).
12
Vgl. Investor Center Ostbrandenburg
(o. J.).
99
der Basis von kostengünstigem metallurgischem Silizium arbeitet. Despatch
In dustries, ein amerikanischer Hersteller von Öfen und Fertigungstechnik für
die Solarindustrie, errichtet derzeit ein Regionalbüro in Berlin. 60 Mitarbei-
ter werden Kunden aus Europa und dem Nahen Osten betreuen.11 Das im Jahr
2006 gegründete Photovoltaik-Institut Berlin AG (PIB) hat sich auf die Prüfung,
Beratung und Entwicklung im Bereich der Modultechnologie spezialisiert. Die
ALD Vacuum Technologies GmbH montiert und fertigt in ihrem Werk in Berlin-
Spandau Anlagen für die Herstellung von polykristallinem Silizium. Bis Ende
2008 werden nach Firmenangaben ca. 100 neue Arbeitsplätze entstehen.
Deutlich größer als in Berlin sind die Produktionskapazitäten für Solarzel-
len und Solarmodule in Brandenburg. Allein in Frankfurt (Oder) haben sich
mit der Conergy AG, der First Solar GmbH und der OderSun AG drei Solar-
firmen angesiedelt, die zusammen über eine Kapazität von über 200 MW und
etwa 1.600 Mitarbeiter verfügen werden.12 Weitere fünf Unternehmen sind in
Brandenburg in der Solarmodulproduktion tätig. Derzeit kann nicht beurteilt
werden, ob alle geplanten Vorhaben erfolgreich und termingemäß umgesetzt
werden. Sollte dies der Fall sein, werden die Produktionskapazitäten in Berlin-
Brandenburg bereits 2008 den Größenbereich von 1 GW pro Jahr erreichen.
Außerdem haben sich verschiedene Zulieferer im Land angesiedelt – beispiels-
weise die 5N PV Gesellschaft für photovoltaische Produkte mbH, die kurzfristig
die Produktion der Rohstoffe Tellurid und Cadmium-Sulfid aufnehmen wird,
oder Hersteller von Solarglas wie die Glasmanufaktur Brandenburg GmbH und
die SolarGlas AG.
Abbildung 10: Photovoltaik-Produktion in Berlin und Brandenburg
PV-Produktion in Berlin und Brandenburg Al
eo S
olar
Berli
n So
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Cone
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EPV
Sola
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Firs
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Oder
sun
Pvfle
x So
lar
Solo
n
Sulfu
rcel
l
metallurgische Si-Ingots ●
Si-Wafer ● ●
monokristalline Si-Zellen ●
polykristalline Si-Zellen ●
amorphe Si-Zellen ●
mikromorphe Si-Zellen ●
CSI-Dünnschicht-Zellen ● ●
CIGS-Dünnschicht-Zellen ●
CIGSSe-Dünnschicht-Zellen ●
CdTe-Dünnschicht-Zellen ●
Modulfertigung ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ●
■ fertig gestellte Solarfabrik ■ Solarfabrik geplant / im Bau
100
Tabelle 17: In Berlin tätige Unternehmen der Solarbranche
Firma
Phot
ovol
taik
Sola
rthe
rmie
Prod
uktio
n
Entw
icklu
ng
Sons
tiges
30°-SOLAR GmbH X X
abastrial GmbH X X
ALD Vacuum Technologies GmbH X X
Astro- und Feinwerktechnik Adlershof GmbH X X X
Auteam Industrie-Elektronik GmbH X X
BAE Batterien GmbH X X
BerlinSolar GmbH X X
Despatch Industries GmbH X X
Dr. Valentin EnergieSoftware GmbH X X X
ERSOTEC Solartechnik GmbH X X
Evergreen Solar GmbH X X
Feintool Automation Berlin GmbH X X
FUSS-EMV Ing. Max Fuss GmbH & Co. KG X X
GEOSOL Gesellschaft für Solarenergie GmbH X X
Global Solar Energy Deutschland GmbH X X
Heliotop GmbH X X X
IB Vogt GmbH X X
Inventux Technologies AG X X
Jonas & Redmann Photovoltaics Production Solutions GmbH X X X
KBB Kollektorbau GmbH X X
LTB Lasertechnik in Berlin GmbH X X
Parabel AG X X X
Phönix Sonnenwärme AG X X
Photovoltaik-Institut Berlin AG X X
PlasmaChem GmbH X X
RTG Mikroanalyse GmbH X X
Schoenau AG X X
SENTECH Instruments GmbH X X
SK SonnenKlima GmbH X X
skytron energy, Martin Sauter GbR X X
Smart Cooling Berlin X X
SOLARC Innovative Solarprodukte GmbH X X
101
Abbildung 10 gibt einen Überblick über die Photovoltaik-Fabriken in der Region
Berlin-Brandenburg. Aufgeführt sind auch Betriebe, die sich in der Planungs-
oder Errichtungsphase befinden. Einen Überblick über die fertig gestellten
und geplanten bzw. im Bau befindlichen Solarfabriken in der Region Berlin-
Brandenburg und in Mitteldeutschland (Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen),
soweit sie dem Autor bekannt sind, liefern Tabellen 18 und 19. Die Daten zu
Mitarbeiterzahlen und Produktionskapazitäten beruhen auf Firmenangaben
und auf verschiedenen Fundstellen in der Fach- und Tagespresse.
Netzwerke und Verbände
Derzeit existiert kein formelles branchenspezifisches Photovoltaik-Netz-
werk, das die wesentlichen Akteure aus Berlin und Brandenburg einbinden
würde. Die TSB Technologiestiftung Berlin unterhält jedoch seit etwa zehn Jah-
ren ein informelles Solarnetzwerk, in dem etliche Partner aus Wirtschaft und
Wissenschaft eingebunden sind und unterstützt werden. Anfang des Jahres
2007 wurde außerdem das vom Standort Adlershof der TSB gemanagte Nemo-
Netzwerk ›Energiesysteme PV-H2-FC‹ gegründet, in dem der Solarbereich
einen Schwerpunkt darstellt. Derzeit wird das Netzwerk, in dem ausschließ-
lich Partner aus Berlin vertreten waren, nicht mehr gefördert, auf informeller
Ebene bestehen die Kontakte aber fort. In Brandenburg gibt es innerhalb des
GA-Kooperationsnetzwerks Energiewirtschaft / Energietechnologie (EWET) eine
Arbeitsgruppe Solarenergie. 2008 wurde außerdem ein vom Land Branden-
burg gefördertes Impuls-Netzwerk Photovoltaik in Frankfurt (Oder) gegründet,
an dem Forschungseinrichtungen und Unternehmen aus der Region beteiligt
sind.
Auf vorwiegend bilateraler Ebene oder in einzelnen Projekten besteht
außerdem eine Reihe von regionalen und überregionalen Kooperationen
zwischen den Solarfirmen, die häufig durch Beteiligungen oder Lieferverträge
Firma
Phot
ovol
taik
Sola
rthe
rmie
Prod
uktio
n
Entw
icklu
ng
Sons
tiges
Solarpraxis AG X X X
Solarvalue AG X X
SolarWaterWorld AG X X
Solon AG für Solartechnik X X
Steremat Elektrowärme GmbH X X
Sulfurcell Solartechnik GmbH X X
Sunload GmbH X X
Three-Five Epitaxial Services AG X X
102
Tabelle 18: Kennziffern der Photovoltaikbetriebe in Berlin, Brandenburg,
Sachsen, Sachsen Anhalt, Thüringen
Betreiber Ort Jährliche Produktions-kapazität in Berlin-Branden-burg
Angewandte Technologie Zahl der Mitarbeiter in Berlin-Branden-burg (2007)
Kontakt / weitere Informationen
Aleo Solar AG Prenzlau 90 MW (170 MW in 2008 geplant)
Solarmodulproduktion auf Basis poly- oder monokristalli-ner Silizium-Technologie, Einstieg in Kupfer-Indium-Gallium- Sulfid-Selen-Dünnschichtverfahren; seit Juli 2007 80 % des Vertriebs für Johanna Solar
320 (470 in 2008)
www.aleo-solar.de
asola Advanced and Auto motive Solar Systems GmbH
Isseroda 30 MW (bis Ende 2008)
Solarmodulproduktion auf Basis von mono- und polykristallinem Siliziumzellen, auch für Applikationen für Automobile
k.A. www.ass-gmbh.net
Calyxo GmbH Bitterfeld 8 MW(25 MW in 2008 geplant)
Produktion von Cadmium-Tellurid-Dünnschichtsolar-modulen
k.A. www.calyxosolar.com
Conergy AG Frankfurt (Oder)
50 MW (250 MW in 2009)
Voll integrierte Produktions-kette von monokristallinen Silizium-Wafern über Solarzellen bis hin zu Solarmodulen
350 (500 in 2009)
www.conergy.de
Conergy AG Rangsdorf 200 MW Gestell- und Rahmenproduk-tion für Solarmodule
120 www.conergy.de
CSG Solar AG Thalheim ca. 20 MW in 2008 Solarzellen auf Basis von kristallinem Dünnschicht-Silizium auf Glas
134 (März 2007)
www.csgsolar.com
Deutsche Cell AG
Freiberg 160 MW in 2007 Produktion von mono- und multikristallinen Solarzellen
118 www.deutschecell.de
Deutsche Solar AG
Freiberg 220 MW in 2006 Produktion von mono- und multikristallinen Silizium-wafern; im Geschäftsbereich SolarMaterial Recycling von Solarmodulen
600 www.deutschesolar.de
Ersol Solar Energy AG
Erfurt / Arn-stadt
120 MW Wafer und180 MW Zellen Anfang 200820 MW Dünnschicht für 2008 geplant
Mono- und polykristalline Si-Solarzellen, Einstieg in die Dünnschichttechnologie, Produktion von Ingots und Wafern, verschiedene Tochterunternehmen
800 www. ersol.de
EverQ GmbH Thalheim 100 MW (180 MW in 2009)
String-Ribbon-Technologie zur Fertigung von Siliziumwafern
800 www.everq-gmbh.de
103
Betreiber Ort Jährliche Produktions-kapazität in Berlin-Branden-burg
Angewandte Technologie Zahl der Mitarbeiter in Berlin-Branden-burg (2007)
Kontakt / weitere Informationen
First Solar GmbH
Frankfurt (Oder)
160 MW Cadmium-Tellurid- Dünn-schichttechnologie
400 www.first-solar.de
GSS Gebäude-Solarsysteme GmbH
Löbichau 16 MW Solarmodule auf Basis von poly- oder monokristallinen Solarzellen
103 (Stand 2004)
www.zre-ot.de
Heckert-B.X.T. Solar GmbH
Chemnitz 25 MW (derzeit Ausbau auf 50 MW)
Produktion poly- und monokristalliner Silizium- Photovoltaikmodule
80 www.heckert-solar.de
Odersun AG Frankfurt (Oder)
5 MW Flexible PV-Zellen in Dünnfilmtechnologie aus Kupfer-Indium-DiSulfid auf Kupferband.
80 www.odersun.de
PVflex Solar GmbH
Fürsten-walde
k.A. Fertigung flexibler Laminate auf Basis von polykristallinen Si-Zellen, in 2008 Einstieg in Dünnschichtzellentechnologie geplant
25 www.pvflex.de
PV Crystalox Solar AG
Erfurt 500 MW (incl. zweitem Standort in Großbritannien)
Weltweit größter Hersteller von kristallinen Siliziumingots und Siliziumwafern
180 www.pvcrystalox.com
Q-Cells AG Thalheim 550 MW (390 MW in 2007 produziert)
Weltweit größter Solarmodul-hersteller, basierend auf mono- und polykristllinen Siliziumwafern, Einstieg in verschiedene Dünnschichttech-nologie durch Tochterfirmen und Beteiligungen (u.a. Calyxo, CSG Solar, EverQ, Sontor, Solibro)
1.600 www.q-cells.com
SCHOTT Solar GmbH
Jena 33 MW Module auf Basis amorpher Si-Dünnschichttechnologie
180 www.schottsolar.de
SolarWatt AG Dresden 100 MW Solarmodule auf Basis von mono- und multikristallinen Silizium-Solarzellen
460 www.solarwatt.de
Solar Factory GmbH
Freiberg 120 MW in 2007 Solarmodule auf Basis von mono- und multikristallinen Solarzellen
90 www.solarfactory.de
104
abgesichert sind. Eine Ausnahme bildet die Zusammenarbeit im Rahmen der
›PV CYCLE European Association for voluntary take back and recovering of photo-
voltaic modules A.I.S.B.L‹ zur Schaffung einer Infrastruktur und der technischen
Voraussetzungen für das Recycling von Solarmodulen, in der 17 Unternehmen,
davon fünf aus der Region, engagiert sind. Auf nationaler und europäischer
Ebene vertreten der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) e.V. und die
European Photovoltaic Industry Association (EPIA) die Interessen der Branche.
Die Kooperation zwischen Wirtschaft und Wissenschaft erfolgt in der Regel
ebenfalls auf bilateraler Basis. Nach derzeitigem Kenntnisstand unterhalten
alle in der Region vertretenen Photovoltaik-Unternehmen Kontakte zu regio-
nalen wissenschaftlichen Einrichtungen. Die im Photovoltaikbereich aktiven
Hochschulen in Berlin sind mit den außeruniversitären Forschungseinrich-
tungen personell und über die Durchführung von Diplom- und Doktorarbeiten
verknüpft. Die außeruniversitären Forschungsinstitute sind sowohl regional
als auch überregional organisiert. Das Institut für Kristallzüchtung und das
Ferdinand-Braun-Institut sind Mitglieder des Forschungsverbundes Berlin
e.V. und der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz. Das HMI ist
Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Solare Materialien e.V., Teil der Helmholtz-
Gemeinschaft und Mitglied des Forschungsverbundes Sonnenenergie (FVS), der
als Zusammenschluss außeruniversitärer Forschungsinstitute 80 Prozent der
Forschungskapazität auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien in Deutschland
Betreiber Ort Jährliche Produktions-kapazität in Berlin-Branden-burg
Angewandte Technologie Zahl der Mitarbeiter in Berlin-Branden-burg (2007)
Kontakt / weitere Informationen
Solon AG Berlin 50 MW (400 MW konzernweit in 2008)
Solarmodule auf Basis von poly- und monokristallinen Silizium, Einstieg in Dünn-schichttechnologie
250 (400 in 2008)
www.solonag.com
Sulfurcell Solartechnik GmbH
Berlin 1 MW Kupfer-Indium-Schwefel- Dünnschichtsolarzellen
60 www.sulfurcell.de
Sunways Production GmbH
Arnstadt 30 MW Mono- und multikristalline Solarzellen
60 www.sunways.de
Sontor GmbH Thalheim 8 MW, 24 MW in 2008 geplant
Mikromorphe Silizium-Dünn-schichtsolarzellen, Tochter-unternehmen der Q-Cells AG
www.sontor.com
Trend Capital GmbH & Co. ALGATEC Solar werke Brandenburg KG
Eberswalde ca. 2 MW, (ca. 10 MW in 2008)
Mono- und polykristalline Hochleistungs-Solarmodule
20 (Anfang 2007)
www.algatec.com
105
bündelt. Als Teil dieses Verbundes stimmt das HMI seine Strategie im Bereich
der Solarenergieforschung auf Bundesebene ab.
Profil und Empfehlungen
Der Photovoltaiksektor bildet eine erkennbare Stärke der Region Berlin-
Brandenburg, und zwar sowohl in der Wirtschaft als auch in der Wissenschaft.
Die Photovoltaikindustrie, die vor einem Jahrzehnt in der Region kaum existent
war, hat sich zum wachstumsstärksten Zweig der Energiebranche entwickelt.
Derzeit übertrifft nur die Region Mitteldeutschland (Sachsen, Sachsen-Anhalt
und Thüringen) die Hauptstadtregion bei der Produktion von Solarzellen und
-modulen. Der Schwerpunkt liegt in Berlin wie in Brandenburg auf der Dünn-
schichttechnologie. Der Großteil der gängigen Dünnschicht-Materialsysteme ist
in der industriellen Anwendung oder wird erforscht. Die Wertschöpfungsketten
werden durch die Betriebe in der Region fast vollständig abgedeckt. Die in der
Dünnschichttechnologie tätigen Unternehmen verfügen über ein hohes Maß
an vertikaler Integration (wie Sulfurcell, First Solar) oder vertikaler Bindung
(wie Global Solar Energy). Bei der Siliziumwafer-basierten Solarindustrie trifft
dies nur auf die Conergy AG in Frankfurt (Oder) zu. Rohsilizium wird derzeit in
der Region Berlin-Brandenburg nicht produziert. Die erfolgreiche Umsetzung
der Pläne der BerlinSolar GmbH würde diese Lücke teilweise schließen. Es ist
jedoch auf absehbare Zeit nicht zu erwarten, dass metallurgisches Silizium, wie
BerlinSolar es produzieren will, das heute vorherrschende hochreine Silizium
verdrängen wird.13
Die endogenen Gründe für die positive Entwicklung liegen vor allem in
der Universitäts- und Forschungslandschaft, den im Verhältnis zu anderen
Metropolregionen niedrigen Gewerbemieten und Grundstückskosten sowie der
guten Verkehrsinfrastruktur. Außerdem hat die Hauptstadt eine hohe Attrakti-
vität für die von der Photovoltaikbranche benötigten hoch qualifizierten jun-
gen Fachkräfte. Ein wesentlicher Wettbewerbsnachteil Berlins besteht in den
geringeren Investitionsanreizen innerhalb der europäischen Strukturfonds-
Programme im Vergleich zu den ostdeutschen Bundesländern. Nach Meinung
vieler Befragter war außerdem bis vor einigen Jahren die Ansiedlungspolitik für
die Solarbranche in den ostdeutschen Bundesländern stärker zielgerichtet und
unbürokratischer als in Berlin. Mittlerweile hat sich die Situation offensichtlich
stark verbessert; die in jüngster Zeit angesiedelten, befragten Unternehmen
empfanden die Begleitung durch das Land (insbesondere Wirtschaftsförderge-
sellschaft Berlin Partner, Senatsverwaltungen, Investitionsbank Berlin) durch-
weg als hervorragend.
Wichtiger noch für den Aufschwung der Solarindustrie waren allerdings
exogene Gründe: Die hohen Einspeisevergütungen für Solarstrom in Deutsch-
land und in anderen Ländern haben zu einem großen Marktwachstum und
zu enormen Gewinnmargen auf Seiten der Hersteller geführt. Deshalb besteht
eine hohe Investitionsbereitschaft. Das Wachstum der Branche wird gegen-
wärtig nicht durch Kapitalmangel gebremst. Eine der großen Gefahren für die 13
Vgl. Rentzing (2006).
106
Photovoltaikbranche stellt daher eine Abschwächung des deutschen Marktes
dar, falls es zu einer Verschärfung der Degression der Einspeisevergütungen im
EEG kommen sollte. Eine Degression, wie sie für die 2008 anstehende Novellie-
rung des EEG geplant ist, dürfte allerdings zu keinem spürbaren Einbruch des
Marktes in Deutschland führen.14 Deutschland ist heute mit einem Anteil von
etwa 50 Prozent an der weltweit installierten Leistung wichtigster Markt für die
Photovoltaik-Industrie. Andere Ländern haben mittlerweile ebenfalls Marktan-
reizprogramme in kleinerem Umfang aufgelegt (in Europa beispielsweise Fran-
kreich, Spanien, Italien, Portugal und Griechenland). Ob das Marktwachstum
mit dem von den Herstellern angekündigten Ausbau der Produktion mithalten
wird, ist auch ohne eine mögliche Abschwächung der Dynamik am Haupt-
markt Deutschland nicht absehbar. Schon ab 2010 drohen erhebliche Überka-
pazitäten.15 Dies wird zusätzlich die zu erwartende Konsolidierung des Marktes
vorantreiben. Derzeit kann nicht vorhergesagt werden, welche Technologien
und Unternehmen sich am Markt behaupten werden. Über einen klaren Wett-
bewerbsvorteil verfügen Produzenten, die ausreichend vertikal integriert sind
oder sich gegen die Knappheit an Polysilizium mit ausreichenden Lieferverträ-
gen abgesichert haben. Langfristig besteht die Gefahr, dass es zu einer Verla-
gerung der Produktion oder sogar der Entwicklungsabteilungen ins Ausland
kommt. Dieser Prozess ist aus der Halbleiterindustrie bekannt. Insbesondere
China investiert zurzeit massiv in den Aufbau einer konkurrenzfähigen Solar-
industrie. Es kann also heute nicht beurteilt werden, ob sich ein verstärktes
Engagement des Landes Berlin in den Ausbau einer tragfähigen Solarindustrie
langfristig auszahlen wird. Großen Chancen stehen hohe Risiken gegenüber,
die nur schwer abzuschätzen sind. Aufgrund der positiven Entwicklung in den
zurückliegenden Jahren und der gegenwärtig günstigen Rahmenbedingungen
scheint es aber möglich, bereits durch den Einsatz überschaubarer Mittel wei-
terhin vom Boom der Branche zu profitieren und mehr Wertschöpfung und
Arbeitsplätze in die Region zu holen.
Um dies zu erreichen haben die Befragten verschiedene Maßnahmen emp-
fohlen:
Im Photovoltaikbereich besteht eine hohe Kongruenz zwischen Berlin
und Brandenburg. Dabei liegt der Schwerpunkt in der Hauptstadt im Bereich
von Forschung, Ausbildung und Engineering mit einigen kleinen und mittel-
großen Produktionsstätten und Equipment-Herstellern, während der größere
Teil der Produktionskapazitäten in Brandenburg angesiedelt ist. Eine wichtige
Voraussetzung, um die Region insgesamt zu stärken ist folglich die Entwicklung
einer gemeinsamen Strategie zur Stärkung der Branche. Die Ausarbeitung und
Umsetzung geeigneter Maßnahmen muss in enger Abstimmung zwischen den
Ländern sowie unter Beteiligung der Unternehmen und wissenschaftlichen
Einrichtungen erfolgen. Vermieden werden sollte unbedingt, dass es zu einer
Verschärfung der Konkurrenz zwischen den beiden Ländern im Wettbewerb um
Fördermittel, Ansiedlungen und Arbeitsplätze kommt. Der Aufbau von Doppel-
107
strukturen, beispielsweise in der Forschung, wäre letztlich für die Region als
Ganzes ineffizient. Aus Sicht des Landes Berlin muss allerdings darauf geachtet
werden, dass die Kosten für Ausbildung und vorwettbewerbliche Forschung
nicht einseitig zu Lasten der Hauptstadt gehen. Ein angemessener Teil der
Wertschöpfung muss vor Ort verbleiben.
Die Koordination der Aktivitäten zwischen den beiden Bundesländern ist
auch deshalb äußerst dringend, weil sich in Mitteldeutschland ein starkes,
länderübergreifendes Solarcluster unter Beteiligung des weltweit größten Her-
stellers von Solarzellen, der Q-Cells AG (Thalheim), positioniert hat, das sich
zum Ziel gesetzt hat, seine Partner aus Industrie und Forschungseinrichtungen
entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Photovoltaik zu vereinen.16 Die
Region hat sich in der ersten Rundes des Spitzenclusterwettbewerbs des BMBF
beworben und ist unter die 12 Finalisten gelangt. Die endgültigen Gewinner
werden im September 2008 ermittelt. Zusätzlich zu den bereits vorhandenen
Forschungseinrichtungen in der Region wurde in Halle im Jahr 2007 ein Fraun-
hofer-Center für Silizium-Photovoltaik gegründet. Das Institut wird allein aus
EFRE-Mitteln eine Förderung von 45 Mio. Euro erhalten. Andere Zentren in
Deutschland wie Freiburg (Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE),
Kassel (Institut für Solare Energieversorgungstechnik ISET) oder das Forschungs-
zentrum Jülich sind zwar in der Forschung stark, fallen aber bezüglich der
regio nalen Wertschöpfung hinter Berlin-Brandenburg zurück.
Tabelle 18 und Tabelle 19 zeigen, dass Mitteldeutschland die Hauptstadt-
region nicht nur bei der tatsächlich vorhandenen Produktionskapazität, son-
dern auch bezüglich der Ansiedlungsdynamik übertrifft. Grundsätzlich sind
nur Berlin und Brandenburg gemeinsam in der Lage, ein entsprechendes
Gegengewicht aufzubauen. Fraglich ist allerdings, ob langfristig zwei deutsche
Photovoltaik-Cluster ausreichend Masse besitzen, um im internationalen Wett-
bewerb zu bestehen. Deshalb sollte als weiterer Schritt die Kooperation mit den
Bundesländern Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt gesucht werden, um
die Kapazitäten länderübergreifend zu bündeln und die Entwicklung hin zu
einer Solarregion Ostdeutschland anzustoßen.
Einige weitere generelle Empfehlungen können bereits vor der Ausarbeitung
einer gemeinsamen Strategie der beiden Bundesländer gegeben werden. Vor-
teilhaft für die Region Berlin-Brandenburg wäre zweifellos, wenn es gelänge,
die Wertschöpfungsketten weiter zu schließen und ein in der Rohsiliziumpro-
duktion etabliertes Unternehmen in der Region anzusiedeln. Die Region Mit-
teldeutschland war diesbezüglich erfolgreicher (vgl. Tabelle 18 und Tabelle 19;
außerdem haben die Sunways AG und die Scheuten SolarWorld Solizium GmbH
in Sachsen sowie die Prime Solar PTY Ltd. in Sachsen-Anhalt die Produktion von
Polysilizium aufgenommen). Zwischen den Unternehmen der Region ist zwar
bereits ein gewisser Grad der Vernetzung gegeben, jedoch ist die gegenwärtige
Situation nicht optimal. Berücksichtigt werden müssen der harte Wettbewerb
zwischen den Unternehmen der Branche und die technologische Diversifizie-
rung. Es empfiehlt sich daher, zwei komplementäre Strategien zu verfolgen.
14
Vgl. Beyerle (2008).
15
Vgl. Rentzig (2007); Podewils (2008).
16
Homepage: www.solarvalley.org.
108
Tabelle 19: Geplante und im Bau befindliche Photovoltaikbetriebe in
Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen
Betreiber Ort Jährliche Produktions-kapazität
Angewandte Technologie Produktionsbe-ginn, anvisierte Mitarbeiterzahl
Kontakt / weitere Informationen
ARISE Technologies Deutschland GmbH
Bischofswerda 35 MW (125 MW bis 2009)
Solarzellen mit Dünn-schicht-Technologie auf Silizium-Basis
April 2008100 MA in 2008
www.arisetech.com
AVANCIS GmbH & Co. KG
Torgau 20 MW (100 MW in zweiter Ausbaustufe)
Solarmodule auf Basis von Kupfer-Indium-Diselenid
2008110 MA, 360 MA in zweiter Ausbaustufe
www.avancis.de
BerlinSolar GmbH
Berlin –Adlershof
k.A. Produktion von Solarwa-fern- und –modulen auf Basis von direkt gereinigtem metallur-gischen Silizium
k.A.10 MA
www.berlinsolar.eu
EPV Solar Germany GmbH
Senftenberg 25 MW Dünnschichtsolarmodule auf Basis von amorphem Silizium
Herbst 2008200 MA bei Vollauslastung
www.epv.net
Global Solar Energy Deutschland GmbH.
Berlin 40 MW Kupfer-Indium-Gallium-Selenid-Dünnschicht-technologie
1. Halbjahr 2008, k. A. zu Mitarbeiterzahl
www.globalsolar.com
heliatek GmbH Dresden k.A. Organische Tandem- Solarzellen, derzeit Umsetzungsphase in industrielle Produktion
k.A.k.A.
www.heliatek.com
Inventux Technologies AG
Berlin 33 MW Solarmodule auf Basis einer mikromorphen Silizium-Dünnschicht-technologie
2008120 MA
www.inventux.de
Johanna Solar Technology
Brandenburg a. d. Havel
30 MWbis 2009: 60 MW
Kupfer-Indium-Gallium-Schwefel-Selenid – Dünnschichttechnologie
2008,180 MA
www.johanna-solar.de
Nanosolar (USA) Luckenwalde 500 MW langfristig
Weiterverarbeitung von angelieferten, gedruckten Dünnschicht-Solarzellen auf Kupfer-Indium-Gallium-Diselenid- Basis zu Modulen
40 www.nanosolar.com
Malibu GmbH & Co. KG
Magdeburg 40 MW Amorphe Dünnschicht-Technologie auf großen Glasplatten insbesondere für Gebäudeintegration
2008 www.malibu-solar.de
109
Themen, die Kernkompetenzen einzelner Unternehmen betreffen, sollten vor-
wiegend auf bilateraler Ebene behandelt werden. Daneben existieren jedoch
Querschnittsthemen, die sich für die Bearbeitung in Verbundprojekten eignen
und zu einer Erhöhung des Vernetzungsgrades der Unternehmen beitragen
können. Diese Querschnitts themen gilt es zu identifizieren. Ein wichtiger Schritt
in diese Richtung stellt das informelle Solarnetzwerk der TSB dar. Es empfiehlt
sich, diese Aktivitäten fortzuführen und, falls Interesse von Unternehmensseite
besteht, in die Form eines organisierten Netzwerks zu überführen. Ein solches
Netzwerk wäre geeignet, die Sichtbarkeit der Region im Photovoltaikbereich
zu erhöhen. Vor allem aber sollte es darauf zielen, unter einem gemeinsamen
Betreiber Ort Jährliche Produktions-kapazität
Angewandte Technologie Produktionsbe-ginn, anvisierte Mitarbeiterzahl
Kontakt / weitere Informationen
Odersun AG Fürstenwalde 30 MW Flexible PV-Zellen in Dünnfilmtechnologie aus Kupfer-Indium-DiSulfid auf Kupferband.
3. Quartal 2008150 MA
www.odersun.de
Pvflex Solar GmbH
Fürstenwalde k.A. Fertigung flexibler Laminate auf Basis von polykristallinen Silizium-Dünnschichtzellen
2008,25 MA
www.pvflex.de
Signet Solar, Inc.
Döbeln 120 MW in mehreren Ausbau-stufen
Solarmodule auf Basis von amorphen Dünnschicht-Silizium-Solarzellen
Mitte 2008130 MA (bis zu 350 MA in weiterer Ausbaustufe)
www.signetsolar.com
Solarion AG Leipzig 100 MW angestrebt
Kupfer-Indium-Gallium-Diselenid Dünnschicht-solarzellen auf flexiblen Substraten
k.A.k.A.
www.solarion.de
Solibro GmbH Thalheim 25 MW Solarzellenproduktion auf Basis von Kupfer-Indium-Gallium-Diselenid-Dünnschichttechnologie
zweites Halbjahr 2008100 MA
www.solibro-solar.com
Sunfilm AG Grossröhrsdorf 60 MW Tandem-Solarzellenpro-duktion auf Silizium-Dünnschichtbasis
zweites Quartal 2008180.
www.sunfilmsolar.com
Voltavis AG Ölsnitz k.A. Produktion von Silizium-Dünnschichtzellen
k.A.100 MA
www.voltavis.ch
WACKER SCHOTT Solar GmbH
Jena 100 MW Produktion von multikris-tallinen Siliziumwafern Gemeinschaftsunterneh-men der SCHOTT AG und der WACKER Chemie AG
April 2008140 MA
www.wacker.com, www.schott.com
110
Dach Projekte auf bilateraler Ebene und im Verbund zu generieren, indem es
die Akteure verstärkt zu Erfahrungsaustausch und Kooperation anregt. Dabei
wird es entscheidend sein, stärker als bisher die unterschiedlichen Akteure
aus den Randbereichen einzubinden, bei denen die größten Kooperations-
potenziale liegen. Ein großer Vorteil der Region ist, dass neben dem Kern-
bereich der Solarzellen- und -modulproduktion die ansässigen Unternehmen
und Wissenschaftler praktisch alle Kompetenzen abdecken, die für die Branche
von Bedeutung sind. Dies betrifft beispielsweise Automatisierungstechnik,
Leis tungselektronik, Netzeinbindung, Mikrosystemtechnik, Regeltechnik, Werk-
stoffwissenschaften sowie Mess- und Charakterisierungstechniken.
Ein zentrales Querschnittsthema für die Branche ist der Nachwuchs an
geeigneten Spezialisten. Wie dringend der Bedarf ist, zeigt die Tatsache, dass
Q-Cells eine Stiftungsprofessur für Photovoltaik an der Martin-Luther-Univer-
sität Halle-Wittenberg finanziert. Geplant ist, durch weitere Berufungen die
Einrichtung eines Masterstudienganges Photovoltaik ab dem Wintersemester
2008 / 09 zu ermöglichen. Auch die Fachhochschule Jena plant die Einrich-
tung eines Studiengangs ›Photovoltaik- und Halbleitertechnologien‹, der in
Zusammenarbeit mit dem Institut für Photonische Technologien angeboten
werden soll. Für den Großraum Berlin liegen für die Zulieferer und Ausrüster
der Photovoltaik-Branche keine Erkenntnisse zum Fachkräftebedarf vor. Nach
Auskunft der befragten Photvoltaikhersteller besteht bei diesen kein genereller
Mangel an qualifiziertem Ingenieurnachwuchs. Als Ausnahmen wurden z. B.
Spezialisten für Prozesstechnologien oder Materialien genannt. Die oben ange-
führten Beispiele lassen jedoch insgesamt befürchten, dass Berlin im bundes-
weiten Wettbewerb zurückfällt und langfristig an Attraktivität verliert. Trotz der
generell als vorbildhaft beurteilten praxisnahen Ausbildung an den Fachhoch-
schulen könnten Photovoltaik und regenerative Energien in der Berliner Hoch-
schulausbildung besser verankert sein. Insbesondere besteht kein universitärer
Schwerpunktstudiengang. Bei der Verbesserung dieser Situation wird der TU
Berlin eine entscheidende Rolle zukommen. Pläne, als Weiterführung des
Bachelor-Studiengangs Energie- und Prozesstechnik einen Master-Studien-
gang mit Schwerpunkt auf regenerativen Energiesystemen einzurichten, beste-
hen bereits, und im Herbst 2008 wird der Master-Studiengang Global Produc-
tion Engineering in Solar Technology starten. Allerdings verfügt die TU Berlin
nur über wenig ausgewiesene Spezialisten für diesen Bereich (vgl Kapitel 3.2).
Ob sie sich trotzdem im bundesweiten Wettbewerb profilieren kann, wird sich
zeigen.17 Zumindest sollten alle Möglichkeiten geprüft werden (auch mit Unter-
stützung der Privatwirtschaft), den Bereich zu stärken, soweit dies mit dem
Hochschulkonzept der TU Berlin verträglich ist. Außerdem ist es sinnvoll, die
Ausbildungskonzepte der Hochschulen in Berlin im Bereich der Photovoltaik
und der regenerativen Energien insgesamt abzustimmen, um einen hohen
Grad an Komplementarität zu erreichen. Schließlich sollte nicht vergessen wer-
den, dass Ausbildung nicht nur den akademischen Bereich betrifft. Facharbei-
ter werden von der Industrie ebenso benötigt; auch für das Handwerk eröffnen
111
sich neue Chancen. Derzeit bieten einige Anbieter (z. B. Berufsfachschule der
AUCOTEAM GmbH, Oberstufenzentrum TIEM, Deutsche Gesellschaft für Sonne-
nergie e.V., SHK- und Dachdecker-Innung, Handwerkskammer) berufsqualifi-
zierende oder weiterbildende Kurse an.
Wendet man sich den eher technologischen Fragestellungen zu, so wird von
den Befragten eine Lücke zwischen der vorwiegend grundlagenorientierten
Forschung am HMI und der sehr anwendungsnahen Forschung an der FHTW
gesehen, wobei die Forschungskapazitäten einer Fachhochschule naturgemäß
stark limitiert sind. Von Seiten des HMI, der TU Berlin und einiger Unterneh-
men der Solarbranche wurde bereits die Gründung eines ›Kompetenzzentrums
Dünnschicht- und Nanotechnologie‹ (PVcomB) initiiert, um eine Brücke zwi-
schen grundlagenorientierter Forschung und industrienaher Anwendung zu
bauen. Dazu haben TU Berlin, Hahn-Meitner-Institut sowie acht führende
Industrieunternehmen im Februar 2007 ein Memorandum of Understanding
unterzeichnet. Weitere Industrieunternehmen haben ihr Interesse an einer
Zusammenarbeit bekundet. Bearbeitet werden sollen im Kompetenzzentrum
Fragen der Beschichtung von Dünnschichtzellen. Außerdem sollen neuartige
Solarzellenkonzepte und Herstellungsverfahren entwickelt werden. Die Anbin-
dung an die TU Berlin zielt darauf ab, zusätzlich die Ingenieurausbildung zu
fördern.18 Das Vorhaben wird bereits von der WISTA Management GmbH und
der TSB Technologiestiftung Berlin unterstützt, ein Geschäftsführer wurde ein-
gestellt. Das PVComB würde eine Leuchtturmfunktion einnehmen und könnte
dazu beitragen, die Position der Region Berlin-Brandenburg und Deutschlands
insgesamt in der Dünnschicht-Photovoltaik zu stärken. Ziel muss sein, eine
zeitnahe Realisierung des Projekts zu erreichen. Ob das Kompetenzzentrum in
der derzeit geplanten Form finanzierbar und langfristig tragbar ist, und welche
Schritte für eine schnelle Umsetzung erforderlich sind, kann hier nicht beurteilt
werden. Zumindest aber wird von den Beteiligten ein klare Linie des Landes
Berlin eingefordert, insbesondere bezüglich einer möglichen finanziellen
Unterstützung von Infrastrukturmaßnahmen.
In den Siliziumwafer-basierten Technologien sind in Berlin ebenfalls wis-
senschaftliche Kompetenzen vorhanden, allerdings in wesentlich geringerem
Umfang. Wie die Ansiedlung der BerlinSolar GmbH zeigt, bedeutet dies jedoch
nicht, dass der Standort nicht konkurrenzfähig wäre. Schnittmengen zwischen
Dünnschichtverfahren und Siliziumwafer-Solarzellen bestehen beispielsweise
bei Themen, die auf der Ebene der Modultechnologie und darüber anzusie-
deln sind. Dies betrifft Automatisierung, Standardisierung und Haltbarkeit von
Komponenten, bezieht sich aber auch auf die Integration von Solarmodulen
in Gebäude (unter Berücksichtigung der Bedürfnisse des Handwerks) und
auf das Recycling von Solarmodulen am Ende des Lebenszyklus. Auch bei der
Entwicklung von Mess- und Charakterisierungstechniken, die oft nicht zu den
Kernkompetenzen der Unternehmen zählen, sind gemeinsame Interessen vor-
handen. Um genauer zu bestimmen, ob und wo Bedarf für Verbundprojekte
vorhanden ist, sollten Gesprächskreise eingerichtet werden.
17
Einen Überblick über die in Deutschland
zahlreichen Studiengänge liefert der BINE
Informationsdienst (2007).
18
Hahn-Meitner Institut Berlin GmbH
(2007b).
112
19
Vgl. Bokheuven et al. (2006).
20
Vgl. z. B. Eisenmann et al. (2005).
Nur geringe Aktivitäten gibt es in Berlin im Bereich etlicher neuer, innovativer
Photovoltaiktechnologien, die als sehr aussichtsreich für die Zukunft beurteilt
werden. Dazu gehören nanostrukturierte Materialien für die Photovoltaik, die
organische Photovoltaik und Konzentratortechnologien. Wie gezeigt, ist zwar
auch längerfristig damit zu rechnen, dass sich verschiedene Technologien im
Wettbewerb behaupten werden, einige werden aber vom Markt verschwin-
den. Deshalb ist der in der Region vorhandene breite Technologiemix prin-
zipiell positiv zu beurteilen. Auch der Weltmarktführer Q-Cells verfolgt offen-
sichtlich über seine verschiedenen Tochterunternehmen eine Strategie der
technologischen Diversifizierung. Obwohl der Schwerpunkt in der Region für
die absehbare Zukunft sicher bei Dünnschicht-Technologien liegen wird, sollte
eine Intensivierung der Forschung an den erwähnten Photovoltaik-Zukunfts-
technologien in Erwägung gezogen werden, um bei diesen den Anschluss nicht
zu verlieren. Dass dies nur unter Einsatz entsprechender finanzieller und per-
soneller Ressourcen möglich ist, ist offensichtlich.
Zusammenfassend lassen sich also folgende Empfehlungen geben:
Dünnschicht-Photovoltaik durch den Aufbau eines industrienahen For- ■
schungsinstituts stärken.
Potenzial für Verbundprojekte, zum Beispiel bei der Automatisierungs- und ■
Messtechnik für PV, genauer bestimmen.
Aktivitäten der Länder Berlin und Brandenburg besser koordinieren, ■
Abstimmung mit anderen ostdeutschen Bundesländern suchen.
Ausbildungsbereich weiter stärken, auch Handwerk und Facharbeiter be - ■
rücksichtigen.
5.1.2 Solarthermie
Innovationstrends
Betrachtet werden in dieser Studie nur Flach- und Vakuumröhrenkollek-
toren, wie sie standardmäßig zur Warmwasserbereitung und Raumheizung
eingesetzt werden. Zentraler Bestandteil eines Flachkollektors ist eine Absor-
berplatte. Hinter einer isolierenden Glasschicht angebracht erwärmt sich diese
durch die Absorption der Sonnenstrahlung. Diese Wärme wird durch eine
Flüssigkeit abgeführt, die durch auf der Platte aufgebrachte Absorberröhrchen
fließt. Bei Vakuumröhrenkollektoren befindet sich der Absorber innerhalb
einer evakuierten Glasröhre und ist durch das isolierende Vakuum effektiver
vor Wärmeverlusten geschützt. Der bessere Wirkungsgrad wird mit höheren
Herstellungskosten erkauft. Da bei einfachen Kunststoffkollektoren, wie sie zur
Wassererwärmung in Schwimmbädern eingesetzt werden, sowie solarther-
mischen Kraftwerken derzeit keine nennenswerten Innovationsaktivitäten in
Berlin bekannt sind, wird auf ihre Betrachtung verzichtet.
113
Die Solarthermie hat ein großes Potenzial zur CO2-Reduktion, das bei weitem
noch nicht ausgeschöpft ist. Ca. 39 Prozent des Endenergieverbrauchs in Europa
werden zur Wärmeerzeugung in einem Temperaturbereich, der prinzipiell mit
Sonnenkollektoren darstellbar ist, genutzt.19 Nach Angaben der Befragten und
der Literatur20 haben Solarkollektoren bereits einen verhältnismäßig hohen
Entwicklungsstand. Um dieses Potenzial nutzbar zu machen und den techno-
logischen Vorsprung der europäischen Solarwärme-Industrie zu erhalten, ist
es nach Ansicht der Experten dennoch erforderlich, kontinuierlich die tech-
nologische Entwicklung voranzutreiben. Der weiterhin hohe Forschungs- und
Entwicklungsbedarf wird danach aufgrund des Lowtech-Images der Solarther-
miebranche oft nicht ausreichend erkannt.
Beim Wirkungsgrad von Solarkollektoren, der deutlich über dem von
Photovoltaikanlagen liegt, konnten im vergangenen Jahrzehnt erhebliche
Zu wächse durch effizientere Absorberschichten und Verringerung der Verluste
beim Durchgang der Sonnenstrahlung durch die Frontabdeckung der Kollek-
toren erzielt werden. Aufgrund stark gestiegener Kupferpreise zeichnet sich
ein Trend zum Einsatz von Absorberblechen aus Aluminium ab. Die wichtigste
Prozess innovation der letzten Jahre ist die Einführung des Laserschweißverfah-
rens, das eine bessere Verbindung von Absorber und Absorberröhrchen sowie
höhere Stillstandstemperaturen der Kollektoren ermöglicht. Oberstes Ziel der
Innovationen ist die Erhöhung der Wirtschaftlichkeit. Eine Möglichkeit, die
Kosten pro installiertes Kilowatt Solarwärmeleistung zu senken, besteht in der
Einsparung oder im Ersatz teurer Materialien durch Kunststoff, Stahl, Keramik-
oder Verbundmaterialien. Effizientere Verfahren können in der Kollektorpro-
duktion durch eine Erhöhung des Automatisierungsgrades erreicht werden.
Fertigung von Solarkollektoren in Berlin
© K
BB K
olle
ktor
bau
GmbH
114
Auch in der einfacheren und standardisierten Installation der Anlagen liegt ein
erhebliches Kostenreduktionspotenzial.
Um die Effizienz weiter zu steigern, müssen einerseits einzelne Kompo-
nenten wie Pumpen, Wärmetauscher, Armaturen weiterentwickelt und an die
speziellen Gegebenheiten einer solaren Wärmeerzeugungsanlage angepasst
werden. Ein zentraler Punkt ist die Entwicklung neuer Speicher (z. B. ther-
mochemische Speicher) mit höheren Speicherdichten als die heute üblichen
Warmwasserspeicher. Andererseits ist die Optimierung des Gesamtsystems
aus Solar- und Heizungsanlage mindestens ebenso bedeutsam. Nur durch
ein effizientes Wärmemanagement des Komplettsystems ist ein hoher solarer
Deckungsanteil erreichbar.
Akzeptanz und Einsatzmöglichkeiten der Solarwärmenutzung können
außerdem durch eine verbesserte Gebäudeintegration gesteigert werden.
Dabei spielen die Standardisierung und die Schaffung von Möglichkeiten zur
architektonisch attraktiven Integration in Fassaden und Dächer eine wesent-
liche Rolle. Durch den Ersatz funktioneller Bauteile und durch Synergieeffekte
bezüglich der Wärmedämmung werden darüber hinaus weitere Einsparpoten-
ziale eröffnet.
Spezielle Herausforderungen stellen sich bei der Entwicklung von Hoch-
temperaturkollektoren für Temperaturen bis zu 250 °C für Anwendungen in
Industrie und Gewerbe. Solargestützte Nahwärmenetze und Entsalzungsan-
lagen, kombinierte Photovoltaik-Solarthermieanlagen und nicht zuletzt die
Erzeugung von Kälte aus Sonnenwärme, das so genannte solare Kühlen, sind
Themen, denen in Zukunft verstärkt Aufmerksamkeit gewidmet werden wird.
Zum Recycling von Solarkollektoren wird aktuell von den Befragten kaum For-
schungsbedarf gesehen.
Wissenschaft
Zur Nutzung von Solarwärme gibt es derzeit an den Berliner Hochschulen
und Forschungsinstituten nur geringe Forschungsaktivitäten. An der FHTW Ber-
lin wurde im Rahmen eines BMWi-geförderten Projekts der Einsatz thermo-
chemischer Speichermaterialien zur Langzeitspeicherung von Niedertempera-
turwärme untersucht.21 Am Institut für Energietechnik der TU Berlin wird im
Fachgebiet Maschinen- und Energieanlagentechnik an der Verbesserung von
Einzelkomponenten und Gesamtsystemen für solargestützte Kälteerzeugung
geforscht. Das Institut für Erhaltung und Modernisierung von Bauwerken (IEMB)
an der TU Berlin hat zwei derartige Anlagen zur Kälteerzeugung am Bundesmi-
nisterium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen und am Presse- und Infor-
mationsamt der Bundesregierung wissenschaftlich begleitet und messtechnisch
ausgewertet. Zu Sonnenwärmekraftwerken sind keine Forschungsaktiviäten in
Berlin bekannt.
115
Wirtschaft
In Deutschland – wie auch weltweit – ist die Solarkollektorbranche stark
fragmentiert und durch zahlreiche meist kleine Akteure geprägt. Die großen
Unternehmen Viessmann, Bosch Thermotechnik und Schüco, die nach einer
Studie22 der Bank Sarasin das Potenzial haben, auch international in der ersten
Liga mitzuspielen, produzieren nicht in Berlin. Dennoch gibt es auch in der
Hauptstadt Unternehmen der Branche, die anerkannt hohe Kompetenzen und
eine starke Marktposition innehaben. Eine Auswahl wird im Folgenden vorge-
stellt, eine ausführlichere Auflistung zeigt Tabelle 15.
Die KBB Kollektorbau GmbH liefert Flachkollektoren, Vollflächenabsorber
und Montagezubehör ausschließlich an Kunden aus der Industrie und an Han-
delshäuser. Als reiner Erstausrüster ist die Firma nicht mit einer eigenen Marke
am Markt vertreten. In ihrem Segment gehört das Unternehmen nach eigenen
Angaben dem Volumen nach zur Spitze in Europa. Im Jahr 2006 wurden mit
einer Stammbelegschaft von 45 Personen 250.000 m2 Solarkollektorfläche pro-
duziert bei einem Umsatz von über 17 Mio. Euro. Die Produkte werden durch
eigene Forschungs- und Entwicklungsarbeiten kontinuierlich weiterentwickelt.
2004 ist die Firma in die industrielle Fertigung von lasergeschweißten Kupfer-
und Aluminiumabsorbern eingestiegen.
Die PHÖNIX SonnenWärme AG fertigt solarthermische Systeme zur Warm-
wasserbereitung und Raumheizung für den Endkundenbereich auf der Basis
von Flach- und Vakuumröhrenkollektoren, deren Komponenten zugekauft
werden. Die Planung und Entwicklung der Anlagen sowie die Kundenbera-
tung bei technischen Fragen zählen ebenfalls zum Geschäft des Unternehmens,
das Niederlassungen oder Vertretungen in Frankreich, Spanien, Italien, Belgien
und Polen unterhält. Seit 1994 wurden etwa 30.000 Phönix-Solaranlagen in
Deutschland und anderen Ländern Europas installiert. Das Tochterunterneh-
men SK SonnenKlima GmbH entwickelt eine solar betriebene Absorptions-
Kältemaschine im Leistungsbereich von 10 kW für Gebäude kleiner und mitt-
lerer Größe, die 2009 auf dem Markt eingeführt werden soll. Das Institut für
Energietechnik der TU Berlin und das IEMB waren an der Entwicklung dieser
Absorptionskältemaschine maßgeblich beteiligt.
Die ERSOTEC Solartechnik GmbH hat sich auf die Herstellung von Hybrid-
Kollektoren spezialisiert, die zusätzlich zur Wassererwärmung Luft als Wärme-
träger für die Raumheizung nutzen. Das Unternehmen ist seit 2006 in Berlin
ansässig.
Die Parabel AG ist vorwiegend in der Planung und Projektentwicklung von
solarthermischen Anlagen und Solarstromanlagen tätig. Zur besseren Integra-
tion von Solaranlagen in den Heizungskreislauf von Gebäuden wurde eine
kompakte Schaltzentrale, die so genannte Solar Energiezentrale (SEZ), entwi-
ckelt.
In Brandenburg fertigt die FK Solartechnik GmbH aus Kleinkoschen mit 20
Mitarbeitern Flach- und Röhrenkollektoren. Die U.F.E SOLAR Vertriebsgesell-
schaft mbH aus Eberswalde fertigt und vertreibt Flachkollektoren. Die ARDIS
21
Vgl. Brösicke (2007).
22
Fawer (2006).
116
Beschichtungs GmbH aus Brandenburg an der Havel beschichtet Kupferbän-
der zum Einbau als Absorber in Flach- oder Röhrenkollektoren. Und die Huch
GmbH Behälterbau aus Werder fertigt unter anderem Solarspeicher.
Netzwerke und Verbände
Organisierte regionale Netzwerke innerhalb der Solarthermiebranche in
Berlin-Brandenburg bestehen derzeit nicht. Im informellen Solarnetzwerk der
TSB sind jedoch einige Vertreter der Branche in Berlin eingebunden, und einige
der Unternehmen unterhalten Geschäftsbeziehungen. Auf Projektebene beste-
hen einzelne Kooperationen zwischen den Unternehmen und der Wissenschaft
mit vorwiegend überregionalem Charakter. Der BSW-Solar mit Sitz in Berlin
vertritt die Interessen der Branche in Deutschland. Der Sitz der europäischen
Interessenvertretung European Solar Thermal Industry Federation (ESTIF) ist in
Brüssel. Die im Jahr 2007 gegründete Deutsche Solarthermie-Technologieplatt-
form DSTTP ist beim BSW in Berlin angesiedelt und hat sich zum Ziel gesetzt,
aktiv an nationalen Forschungs- und Markteinführungsstrategien im Bereich
der Solarthermie mitzuarbeiten. Insgesamt ist der Vernetzungsgrad der Solar-
thermiebranche als eher gering einzuschätzen.
Profil und Empfehlungen
Im Jahr 2006 wurden in Deutschland 1.500.000 m2 Kollektorfläche instal-
liert.23 Auch ohne Kenntnis der Produktionszahlen der beiden brandenbur-
gischen Kollektorhersteller zeigen bereits die Zahlen der KBB Kollektorbau
GmbH, dass Berlin-Brandenburg ein signifikanter Produktionsstandort für
Solarthermieanlagen in Deutschland ist. Kennzeichnend für den Markt waren
in den letzten Jahren starke Schwankungen um einen klaren Trend nach oben.
So hat die jährlich installierte Kollektorfläche in Deutschland zwischen 1999
und 2006 um den Faktor 3,6 zugenommen,24 jedoch war beispielsweise 2007
ein Rückgang von 33 Prozent25 zu verzeichnen. Dennoch ist zu erwarten, dass
sich der generelle Aufwärtstrend fortsetzen wird. Wie bei allen erneuerbaren
Energien sind die Rahmenbedingungen aufgrund steigender Preise für fossile
Energieträger günstig. In Deutschland wurden außerdem Mitte des Jahres 2007
die Investitionszuschüsse für Solarwärme-Anlagen aus dem Marktanreizpro-
gramm zu Gunsten erneuerbarer Energien um 50 Prozent aufgestockt. Bis Mitte
2009 sollen die Mittel für den Einbau von Pelletsheizungen und Solaranlagen
von derzeit 130 Mio. auf 500 Mio. Euro jährlich steigen. Die im Erneuerbare-
Energien-Wärmegesetz geplante Verpflichtung zur anteiligen Nutzung von
erneuerbaren Energien im Neubaubereich ab 2009 wird ebenfalls einen posi-
tiven Effekt haben, da diese Verpflichtung beispielsweise durch den Einsatz
von solarthermischen Anlagen erfüllt werden kann. Das Gesetz ist Teil des
Integrierten Energie- und Klimaprogramms der Bundesregierung. In Baden-
Württemberg ist bereits ein eigenes weitergehendes Wärmegesetz in Kraft
getreten, das ab 1. April 2008 einen Deckungsanteil der erneuerbaren Ener-
gien von 20 Prozent bei Neubauten vorschreibt. Das Potenzial der Solarthermie
117
in Deutschland ist bei weitem nicht ausgeschöpft, wenn man bedenkt, dass
beispielsweise in Österreich bereits doppelt so viel Kollektorfläche pro Kopf
installiert ist wie in Deutschland.26 Auch in Europa und weltweit ist enormes
Nutzungspotenzial vorhanden, das erst in geringem Maß erschlossen ist.27
Die im Bereich der Solarthermie tätigen Unternehmen decken in Berlin-
Brandenburg die komplette Wertschöpfungskette ab. Umsätze und Beschäftig-
tenzahlen sind zwar geringer und wachsen auch langsamer als in der Photo-
voltaikindustrie, wie ein Vergleich der in diesem und im vorhergehenden Kapi-
tel genannten Zahlen eindringlich zeigt. Trotzdem sind die Zukunftsaussichten
der Branche gut. Die Solarthermie ist neben der Photovoltaik der einzige Zweig
der erneuerbaren Energien, in dem momentan über Zulieferbetriebe hinaus
nennenswerte Produktion in Berlin stattfindet. Relevante Forschungsprojekte
gibt es dagegen – von der solaren Kühlung und Einzelaktivitäten einmal abge-
sehen – in den wissenschaftlichen Einrichtungen der Hauptstadt nicht. Die
Wissenschaft in Berlin kann daher auch nicht mit Standorten wie Freiburg mit
dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE), der Universität Kassel,
dem Institut für Solarenergieforschung in Hameln / Emmerthal (ISFH) oder Stutt-
gart (Universität und DLR) konkurrieren. Dennoch sollte aufgrund der grund-
sätzlich guten Zukunftschancen versucht werden, die Branche in der Region
zu stärken.
Ein Ansatzpunkt könnte sein, den Vernetzungsgrad der Unternehmen
untereinander und mit der Wissenschaft zu erhöhen. Um den Vernetzungs-
bedarf genauer zu bestimmen und mögliche Synergiepotenziale aufzudecken,
sind Gesprächskreise mit den Vertretern der Branche erforderlich. Sie können
auf den hier durchgeführten Interviews aufbauen, müssen jedoch eine größere
Zahl von Akteuren einbeziehen. Zur Wärmespeicherung, zur Gebäudeintegra-
tion und zur Systemtechnik sind in der Wissenschaft und den Unternehmen
in Berlin-Brandenburg prinzipiell Kompetenzen vorhanden. Dies gilt auch für
Automatisierungsfragen, bei denen das Produktionstechnische Zentrum Ber-
lin (PTZ) hervorragend ausgewiesen ist, und für die Materialwissenschaften.
Solares Kühlen ist in der Hauptstadt bereits ein Forschungsschwerpunkt, die
Entwicklung marktfähiger Produkte ist in Gange. Auf diese Punkte sollten sich
die unmittelbar zu ergreifenden Aktivitäten wie gemeinsame Gesprächskreise
konzentrieren. Betrachtet man die Kollektortechnologie selbst, so sind nach
Auskunft der Befragten momentan nur Verbundprojekte mit überregionaler
Beteiligung sinnvoll, da entsprechende Kompetenzen in den regionalen wis-
senschaftlichen Einrichtungen nicht in ausreichendem Umfang vorhanden
sind.
Von den interviewten Unternehmen wird ein Ausbau der Forschungsförde-
rung und eine stärkere Berücksichtigung der Branche innerhalb der regionalen
Industriepolitik angemahnt. Besonders bei der Anwendung wird noch großes
Potenzial gesehen. Derzeit ist Berlin trotz verschiedenster Vorzeigeprojekte und
Informationsprogramme weit von der Erfüllung der im Landesenergiepro-
gramm gesetzten Vorgabe einer Erhöhung der installierten Kollektorfläche um
23
Bundesverband Solarwirtschaft e.V.
(2007).
24
Bundesverband Solarwirtschaft e.V.
(2007).
25
The European Solar Thermal Industry
Federation (2007b).
26
Vgl. The European Solar Thermal Industry
Federation (2007a).
27
Vgl. Staiß (2007), S. 403-408.
118
30.000 m2 entfernt. Ende 2006 waren in Berlin rund 51.000 m2 Kollektorfläche
vorhanden, was einem Anteil von weniger als einem Prozent an der deutsch-
landweit 8.054.000 m2 installierter Fläche entspricht.28
5.1.3 Biomasse
Innovationstrends
Die Bedeutung der Energiegewinnung aus Biomasse hat in den letzten Jah-
ren in Deutschland zugenommen. Trotz vieler kritischer Stimmen wird diese
Technologie stark gefördert. Nachwachsende Rohstoffe setzen bei ihrer Verbren-
nung zwar nicht mehr Kohlendioxid frei als bei ihrer biochemischen Synthese
eingelagert wurde. Trotzdem ist die energetische Verwertung von Biomasse
nicht klimaneutral, da beim Anbau, bei der Aufbereitung und beim Trans-
port zusätzliches Treibhausgas produziert wird. Insbesondere der ökologische
Nutzen von flüssigen Biokraftstoffen wird hinterfragt. Außerdem besteht die
Gefahr, dass der Anbau von Energiepflanzen mit der Nahrungsmittelproduktion
konkurriert.29 In Deutschland hatte die Biomasse im Jahr 2005 einen Anteil von
rund 3,3 Prozent am Primärenergieverbrauch. Drei Viertel der Endenergie aus
Biomasse werden als Wärme genutzt, 12 Prozent in der Form von Strom und
14 Prozent als Kraftstoff. Feste Biomasse (Holz, Stroh, biogene Siedlungsabfälle
usw.) dominiert mit über 70 Prozent den Rohstoffmix; der Anteil von Biogas,
Klärgas und Deponiegas beträgt weniger als 10 Prozent. Der größte Teil der flüs-
sigen Biomasse entfällt auf Biodiesel, von dem in Deutschland achtmal mehr
produziert wird als von Bioethanol oder Pflanzenöl.30 Die technologischen
Trends bei der Verbrennung von Biomasse in Kleinstanlagen (Kaminöfen, Pel-
letsheizungen, Scheitholzvergaser usw.) für den privaten Gebrauch werden in
der vorliegenden Studie nicht diskutiert. Zwar ist dieses Thema anwenderseitig
für die Großstadt Berlin von großem Interesse, Forschung und Anlagenherstel-
ler in der Region sind jedoch nicht bekannt.
Bei der Stromerzeugung aus regenerativen Energiequellen steht Biogas mit
8,9 Prozent an dritter Stelle hinter der Windkraft (38,5 Prozent) und der Was-
serkraft (21,7 Prozent).31 Aufgrund seiner Speicherbarkeit ist Biogas geeignet, die
Schwankungen anderer volatiler regenerativer Energien auszugleichen. Bio-
gasanlagen sind seit vielen Jahren kommerziell verfügbar. Ende 2007 waren
3.711 Biogasanlagen in Deutschland installiert, in denen neben Abfallprodukten
wie Gülle und Lebensmittelresten auch speziell für diesen Zweck angebaute
Energiepflanzen zum Einsatz kommen.32 Es handelt sich um eine Standard-
technologie. Weiterentwicklungen sind nach Angaben der Befragten jedoch
in nahezu allen Bereichen erforderlich, beispielsweise bei der Abstimmung
der Anlagen auf die Zusammensetzung des Gärsubstrats. Forschungsbedarf
besteht außerdem bei der Aufbereitung der Rohstoffe vor der Anlage, z. B.
durch Hydrolyse, bei der Entwicklung neuer Mikroorganismen für die Gärpro-
zesse, bei der Anlagensteuerung, der Messtechnik und der Sensorik. Ziel ist es,
119
die Ausbeute an Biogas und dessen Qualität zu verbessern. Außerdem sollten
effizientere und kostengünstigere Baustoffe für die Anlagen entwickelt werden
sowie Verfahren zur effektiveren Nutzung der Abwärme bei der dezentralen
Verstromung des Biogases. Die Aufbereitung des Biogases für den Einsatz in
Brennstoffzellen oder zur Einspeisung ins Erdgasnetz ist ebenfalls ein wichtiges
Thema. Die Biogaseinspeisung ins Versorgungsnetz wird aufgrund veränderter
Rahmenbedingungen zunehmen. Dazu sind deutlich größere Anlagen erfor-
derlich, die hauptsächlich von den Energieerzeugungsunternehmen betrieben
werden können.
Bei den Kraftstoffen unterscheidet man zwischen Biokraftstoffen der
1. Generation, also Bioethanol, Biodiesel und Pflanzenöl, die nur aus Teilen
der Pflanze gewonnen werden, und Biokraftstoffen der 2. Generation. Die Her-
stellung dieser vollsynthetischen BtL-Kraftstoffe (Biomass to Liquid) erfolgt bei
hohen Drücken und Temperaturen über mehrere Schritte mit einer zwischen-
geschalteten thermochemischen Vergasung. Diese Umwandlungsverfahren
haben den Vorteil, dass sehr verschiedenartige biogene Ausgangssubstanzen
verarbeitet werden können und die ganze Pflanze in den Prozess eingebracht
werden kann. Dadurch lässt sich der energetische Ertrag pro Hektar deutlich
steigern. Weiterhin können die synthetischen Kraftstoffe den Bedürfnissen der
Motorenhersteller besser angepasst werden. Deshalb werden BtL-Kraftstoffe als
Option für die Zukunft gegenüber den Kraftstoffen der 1. Generation favorisiert.
Welche der derzeit untersuchten BtL-Technologien sich letztlich durchsetzen
wird, ist nicht absehbar. Generell sind weitere Verbesserungen beim Synthe-
sewirkungsgrad und bei der Verfügbarkeit der Anlagen erforderlich. Außerdem
sind logistische Probleme zu lösen, da aufgrund des geringen Energiegehaltes
der pflanzlichen Rohstoffe der Transport über weite Entfernungen aus ökono-
mischen und ökologischen Gründen nachteilig ist. Einer Studie33 der Deutschen
Energieagentur zufolge ist die Marktfähigkeit der synthetischen Kraftstoffe
greifbar.
Allen nachwachsenden Rohstoffen gemeinsam ist Forschungsbedarf zu den
vorgelagerten Stufen der Wertschöpfungskette, also zur Entwicklung optimierter
Energiepflanzen sowie effizienter und ökologisch verträglicher Anbaumetho-
den.
Wissenschaft
In Berlin gibt es einige Forschungsaktivitäten zur energetischen Verwer-
tung von Biomasse. Das Institut für Agrar- und Stadtökologische Projekte an
der Humboldt-Universität zu Berlin (IASP) hat Kompetenzen bei der Verwer-
tung von Abfallbiomassen aus der Lebensmittelindustrie zur Gewinnung
von Bio ethanol und zur Vergärbarkeit von Ab- und Beiprodukten aus der
Landwirtschaft und der Ernährungswirtschaft in Biogasanlagen. Das Fachge-
biet Agrartechnik der HU Berlin befasst sich unter anderem mit dem Anbau
nachwachsender Rohstoffe. Am Fachgebiet Energieverfahrenstechnik und Um -
wandlungstechniken regenerativer Energien der TU Berlin wird die Aufberei-
28
Quellen: Solaranlagenkataster Berlin
(www.solarkataster.de) und The Euro-
pean Solar Thermal Industry Federation
(2007a). Die Angaben der European
Solar Thermal Industry Federation (ESTIF)
wurden von Leistung in Fläche umge-
rechnet, wobei 1 m2 Kollektorfl äche mit
0,7 kW thermischer Leistung veranschlagt
wurde. Die ESTIF berücksichtigt nur
verglaste Kollektoren, wohingegen das
Solaranlagenkataster z. B. auch unver-
glaste Solaranlagen für Schwimmbäder
einbezieht.
29
Vgl. Sachverständigenrat für Umweltfra-
gen (2007).
30
Vgl. Staiß (2007), S. I-50. Neuere Zahlen
des Bundesverbandes Erneuerbare
Energien e.V. (BEE) für das Jahr 2007
zeigen, dass sich seit 2005 der Anteil von
Pfl anzenöl bei den Kraftstoffen verdop-
pelt hat. Vgl. BEE (2007).
31
Bundesverband Erneuerbare Energien
(2007).
32
Fachverband Biogas e.V. (2007).
33
Deutsche Energieagentur (2006).
120
tung biogener und fossiler Energieträger untersucht. Der Schwerpunkt liegt auf
der thermischen Umsetzung fester Brennstoffe (z. B. Vergasung lignosehaltiger
Biomassen) und auf der Analyse, Aufbereitung und Verwertung der Produkte.
Grundsätzliche Kompetenzen zum Einsatz von Biokraftstoffen bestehen an der
TU Berlin außerdem im Bereich der Turbomaschinen und der Verbrennungs-
motoren. Am Institut für Landschaftsarchitektur und Umweltplanung der TU
Berlin beschäftigen sich Mitarbeiter mit den Auswirkungen der Biogaserzeu-
gung auf Umwelt und Natur sowie mit der umweltverträglichen Biomassebe-
reitstellung (Prof. Johann Köppel). An den Technischen Fachhochschulen ist das
Thema in der Lehre verankert. An den außeruniversitären Forschungsinstituten
in Berlin findet nur in geringem Umfang Forschung zur Biomasse statt. Das
Fritz-Haber-Institut beschäftigt sich mit der Nutzung aus Biomasse hergestell-
ter Reaktanten.
In Brandenburg ist die Biomasseforschung stärker vertreten als in der Ber-
lin. An der BTU Cottbus befasst sich der Lehrstuhl Bodenschutz und Rekultivie-
rung, der von Prof. Reinhard Hüttl geleitet wird, mit Anbau, Pflege und Ernte
von Biomassen in Land- und Forstwirtschaft. Am Lehrstuhl Abfallwirtschaft
unter Leitung von Prof. Günter Busch wird unter anderem an Verfahren zur
Biogasherstellung aus nachwachsenden Rohstoffen und Abfällen gearbeitet.
Der Lehrstuhl Kraftwerkstechnik, der von Prof. Hans Joachim Krautz geleitet
wird, forscht zur energetischen Verwertung von nachwachsenden Rohstoffen
in Kraftwerken. Ein zweistufiges Verfahren der BTU zur Vergärung fester bio-
gener Stoffe wird von der GICON GmbH aus Dresden kommerziell umgesetzt.
Auch an den Fachhochschulen in Eberswalde, Brandenburg und Wildau fin-
det Forschung zum Anbau und zur energetischen Verwertung nachwachsender
Rohstoffe statt. Von den außeruniversitären Forschungseinrichtungen, die sich
mit dem Thema beschäftigen, sind das Leibniz-Institut für Agrartechnik Pots-
dam-Bornim, das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e.V.,
das Forschungsinstitut Bioaktive Polymersysteme e.V., das Forschungs institut
für Bergbaufolgelandschaften und das IGV Institut für Getreideverarbeitung
GmbH zu nennen. Eine Kurzdarstellung der Aktivitäten dieser Institute findet
sich in Kapitel 3.3 dieser Studie.
Wirtschaft
Eine Übersicht über die meisten der in Brandenburg ansässigen Unterneh-
men aus den Bereichen Biogas, Biokraftstoffe und Biofestbrennstoffe liefert
der Energieatlas Brandenburg.34 Dem Autor dieser Studie sind 16 Unternehmen
in Berlin bekannt, die sich nahezu ausschließlich dem Dienstleistungs- und
Engineeringbereich zuordnen lassen. Nach derzeitigem Erkenntnisstand findet
in der Region keine Produktion von Biogas- oder Biokraftstoffanlagen statt.
Die meisten der hiesigen Unternehmen sind im Bereich des Engineering, der
Beratung, der Projektierung und anderer Dienstleistungen tätig. Dazu kom-
men einige Zulieferer und eine Vielzahl von Anlagenbetreibern überwiegend
in Brandenburg. Das Flächenland ist deutschlandweit führend bei der Bio-
121
dieselproduktion. Ein Viertel des in der Bundesrepublik hergestellten Biokraft-
stoffs kommt aus Brandenburg.35 Im brandenburgischen Schwedt steht auch
Deutschlands größte Bioethanolanlage.
Demgegenüber liegt Brandenburg bei der Zahl der installierten Biogasanla-
gen lediglich an 13. Stelle und bei der installierten elektrischen Leistung dieser
Biogasanlagen an 11. Stelle unter den 16 Bundesländern. In Brandenburg ste-
hen außerdem 14 Kraftwerke, die mit fester Biomasse betrieben werden und
eine elektrische Leistung von über 120 MW erbringen.36 Das Holzheizkraftwerk
in Berlin-Rudow hat eine elektrische Leistung von 20 MW und eine thermische
Leistung von 80 MW. Die MVV Energie betreibt in Berlin-Reinickendorf eine
Holzpelletsheizung, die 375 Wohnungen mit Wärme versorgt.
Im Vergleich zu Brandenburg ist das Biomasse-Aufkommen im Stadtstaat
Berlin gering. Neben Grünschnittabfällen aus den öffentlichen Parks und Lie-
genschaften sind die biogenen Bestandteile des Haus- und Gewerbemülls
die Hauptquelle. Der Großteil des Biomülls wird derzeit im Berliner Umland
kompostiert und zum geringeren Teil zu Biogas vergärt. Die Berliner Stadtrei-
nigungsbetriebe (BSR) werden jedoch bis 2010 zwei weitere Vergärungsanlagen
zur Verwertung von bis zu 50.000 Tonnen Biomüll errichten.37
Einige der Unternehmen der Branche, die auch Forschung und Entwicklung in
der Region betreiben, werden im Folgenden exemplarisch kurz vorgestellt.
Das britische Unternehmen Green Fuels Ltd., das Anlagen für die dezentrale
Biodieselproduktion herstellt, unterhält ein Technologiezentrum am Standort
Berlin-Adlershof mit Laboren und einem Ingenieurteam.
Die CHOREN Industries GmbH hat den Standort Schwedt in Brandenburg für
den Bau einer großindustriellen BtL-Anlage mit einer voraussichtlichen Kapa-
zität von 250 Millionen Liter Biokraftstoff in die engere Auswahl genommen.38
Das dänische Unternehmen Xergi Biogas GmbH entwickelt, liefert und
betreibt Biogasanlagen. In Berlin unterhält es eine Niederlassung, in der Engi-
neering für Biogasanlagen durchgeführt wird, die vor Ort komplettiert wer-
den.
Das Unternehmen T & S Ruhland in Brandenburg rüstet Blockheizkraftwerke
für den Betrieb mit Biogas um.
Die Pronova Analysentechnik GmbH und Co. KG in Berlin und die GUMA
GmbH in Schwedt sind im Bereich der Gasanalyse und -messtechnik tätig.
Der Berliner Gasversorger GASAG plant den Bau von 15 Biogasanlagen in
Brandenburg, die das Biogas in das Erdgasnetz Berlins einspeisen sollen. Mit
dem Bau der ersten Anlage in Rathenow wurde unter Federführung der EMB
Erdgas Mark Brandenburg GmbH begonnen.
Die Berliner Wasserbetriebe verwerten in ihren sechs Klärwerken den anfal-
lenden Klärschlamm energetisch durch direkte Verbrennung und Faulgasge-
winnung. Im Klärwerk Waßmannsdorf betreibt das Unternehmen eine Pilot-
anlage, mit deren Hilfe die Produktion von energetisch verwertbarem Faulgas
verbessert werden soll.
34
Im Internet unter www.eti-branden-
burg.de / energieatlas.
35
Vgl. mak (2008).
36
Quelle: Energieatlas Brandenburg.
37
Vgl. Fülling (2007).
38
CHOREN Industries GmbH (2007).
122
Die schrittweise Aufhebung der Steuerbefreiung von Biokraftstoffen seit Jah-
resbeginn 2007, der Anstieg der Rohstoffpreise und die verschärfte Konkurrenz
durch Anbieter aus den USA und Südamerika haben jedoch zu erheblichen
wirtschaftlichen Problemen bei den Produzenten geführt. Eine schnellere Erhö-
hung der Mindestbeimischungsquote von Biokraftstoffen (seit 2007 4,4 Prozent
Biodiesel zum Mineralöldiesel und 1,2 Prozent Bioethanol zum Ottokraftstoff
mit jährlich geringfügig steigenden Quoten) als im Biokraftstoffquotengesetz
vor gesehen, könnte Abhilfe schaffen, die lange diskutierte Anhebung der Bei -
mischungspflicht für Bioethanol auf 10 Prozent ist aber vom Tisch.39
Netzwerke und Verbände
In der Region sind verschiedene Verbände und Netzwerkorganisationen aus
der Branche ansässig. Der Fachverband Biogas e.V. vereint bundesweit Betrei-
ber, Hersteller und Planer von Biogasanlagen, Vertreter aus Wissenschaft und
Forschung sowie Interessierte der Branche. Er unterhält in Berlin ein Haupt-
stadtbüro. Präsidiumsmitglied und Sprecher der Regionalgruppe Berlin Bran-
denburg ist Manfred Gegner, ein Unternehmensberater aus dem Biogasbereich.
Der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie e.V. (VDB) mit Sitz in Berlin
ist ein Wirtschaftsverband, der die Interessen der deutschen Biokraftstoffpro-
duzenten auf nationaler und europäischer Ebene vertritt. Der Verband Land-
wirtschaftliche Biokraftstoffe e. V. vertritt von der landwirtschaftlichen Produk-
tion bis zur industriellen Erzeugung und Weiterverarbeitung die Interessen der
deutschen Bioethanolwirtschaft. Der Bundesverband Biogene und Regenera-
tive Kraft- und Treibstoffe e.V. (BBK) mit Sitz in Erkner in Brandenburg versteht
sich als Interessensvertretung der wirtschaftlich aktiven Teilnehmer im Bereich
biogener und regenerativer Kraft- und Treibstoffe. Er arbeitet schwerpunktmä-
ßig projektorientiert.
Unter dem Dach der Brandenburgischen Energie Technologie Initiative
haben sich drei Arbeitsgruppen zu den Themen Biofestbrennstoffe, Biogas,
Biotreib- und Schmierstoffe formiert. Unter ihren Mitgliedern sind auch einige
Berliner Unternehmen. Im GA-Kooperationsnetzwerk Energiewirtschaft / Ener-
gietechnologie (EWET) befasst sich die Arbeitsgruppe Kraftwerkstechnologien
unter anderem mit effektiven Verbrennungstechnologien für Biomasse. Anfang
des Jahres 2008 wurde außerdem ein GA-Netzwerk ›Mineralölwirtschaft / Bio-
kraftstoffe‹ gegründet, das vom Verein BBpro – Förderverein Biokraftstoffe
Brandenburg e.V. getragen wird. Ziel des Netzwerks ist es, die Innovationsbasis
in Berlin und Brandenburg zu stärken. Die vier thematischen Schwerpunkte
Biodiesel / Pflanzenöl, Bioethanol, Biogas und Wasserstoff wurden festgelegt.40
Akteure aus Berlin sind nach derzeitigem Erkenntnisstand im Netzwerk nicht
vertreten.
Das NEMO-Netzwerk ›Innovative Biomassenverwertung‹, das 2004 gegrün-
det und bis Ende 2007 gefördert wurde, wurde von der ATeNe GmbH aus Pots-
dam gemanagt. Ziel war die Entwicklung und Umsetzung dezentraler Lösungen
für die energetische und stoffliche Nutzung von regional anfallender Biomasse.
123
Schwerpunkte des Netzwerks, an dem einige Unternehmen mit energierele-
vanten Kompetenzen aus Brandenburg beteiligt waren (CTA Chemie- und Tank-
anlagenbau Reuther GmbH, ECO-Strom Plus GmbH, IPSC – Industrie-Planung
Schwedt Consult GmbH, vemm tec Messtechnik GmbH), waren unter anderem
Biomassevergasung und Pyrolyse sowie Bioethanol- und Biogasverwertung.
Die FH Eberswalde, das IÖW, der Lehrstuhl für Bodenschutz und Rekulti-
vierung an der BTU Cottbus, die TFH Wildau, die Landesforstanstalt Eberswalde
und das ATB sind an dem BMBF-geförderten Verbundprojekt Dendrom betei-
ligt, das die Erarbeitung ganzheitlicher Strategien und Handlungskonzepte zur
nachhaltigen Bereitstellung von Holz für die indirekte und direkte energetische
Nutzung zum Ziel hat.41 Außerdem sind das IASP, die HU Berlin, das ATB und die
BTU Cottbus am ›Biogas Crops Network‹ beteiligt (vgl. Kapitel 3.4).
Die Fördergesellschaft Erneuerbare Energien e.V. unterhält zwei Arbeits-
gruppen zur Vergasung von Biomasse und zum Einsatz von Biogasen in Brenn-
stoffzellen.
Profil und Empfehlungen
Die Region Berlin-Brandenburg verfügt bei der energetischen Nutzung von
Biomasse über keine ausgeprägte wissenschaftliche Basis. Kompetenzen beste-
hen vor allem bei den vorgelagerten Stufen der Wertschöpfungskette und bei
der Verwertung von biogenen Abfällen aus der Lebensmittelindustrie und von
Hausmüll sowie in geringerem Umfang bei der Verfahrenstechnik und beim
Einsatz von Biomasse in Kraftwerken. Auch die Unternehmenslandschaft in
der Region ist bis auf den Engineering- und Dienstleistungsbereich und die
Anlagenbetreiber nicht gut besetzt. Die Anlagenhersteller unterhalten keine
Produktionsstätten und damit sind große Teile der Wertschöpfungskette nicht
geschlossen. Allerdings hat Brandenburg eine führende Position auf der Erzeu-
gerseite, d.h. bei der Produktion von flüssigen Biokraftstoffen. Brandenburg
hat bereits ein Branchenkompetenzfeld ›Mineralöl / Biokraftstoffe‹ ausgewiesen
und Netzwerktätigkeiten initiiert. Welche Rolle Biokraftstoffe anwenderseitig
in der Energiestrategie Brandenburgs spielen, ist aus den politischen Verlaut-
barungen nicht ersichtlich. Einige der Berliner Akteure aus Wissenschaft und
Wirtschaft sind in die Brandenburger Netzwerke oder andere überregionale
Initiativen eingebunden.
Andere Regionen in Deutschland haben forschungsseitig einen erkenn-
baren Vorsprung und haben ihre entsprechenden Kompetenzen gebündelt.
Drei Beispiele zeigen dies: Das Forschungszentrum Karlsruhe hat ein Verfah-
ren zur dezentralen Synthese von Biokraftstoffen entwickelt. In Kooperation
mit einem Wirtschaftsunternehmen wurde bereits eine Pilotanlage in Betrieb
genommen.42 In Nordrhein-Westfalen besteht ein Kompetenznetzwerk ›Kraft-
stoffe der Zukunft‹, dessen Ziel ist es, das Bundesland als führenden Standort
für zukunftsfähige Kraftstoffe und Antriebe zu etablieren. Biokraftstoffe stellen
einen wesentlichen Arbeitsschwerpunkt des Netzwerks dar. Und die Bundes-
regierung hat beschlossen, in Leipzig ein Deutsches Biomasse-Forschungszen-
39
Presse- und Informationsamt der
Bundesregierung (2008).
40
Ministerium für Wirtschaft des Landes
Brandenburg (2008).
41
Homepage: www.dendrom.de.
42
Vgl. Dahmen / Eckhard / Henrich (2007).
124
Anlage zur Gasgewinnung aus Biomasse
am Institut für Energietechnik der TU
Berlin
trum (DBZFZ) zu errichten. Ab 2008 soll dort die Forschung zur energetischen
Nutzung land- und forstwirtschaftlicher Rohstoffe vorangetrieben werden.43
Die Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen beabsichtigen ihre For-
schungsaktivitäten mit denen des DBFZ zu verknüpfen. Außerdem stellt die
unsichere Situation bezüglich der weiteren Förderung und Subventionierung
von Biokraftstoffen ein erhebliches Problem für die Investitionssicherheit in der
Branche dar.
Bei der Biomasse ist die Situation in Berlin strukturell ähnlich wie bei der
Windenergie. Einer verhältnismäßig wenig ausgeprägten Forschungslandschaft
stehen etliche Engineering-, Planungs- und Projektbüros und die zahlreichen
Erzeuger in Brandenburg gegenüber. Die Produktion und Nutzung von Bio-
masse ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in Brandenburg, von dem auch die in
der Hauptstadt ansässigen Unternehmen profitieren. Die Netzwerkaktivitäten
in Brandenburg sollten daher vom Land Berlin unterstützt werden, soweit dies
mit vertretbarem Aufwand möglich ist. Insbesondere sollte die länderüber-
greifende Einbindung der Akteure in die brandenburgischen Netzwerke for-
ciert werden. Bei den vorgelagerten Stufen der Wertschöpfungskette bestehen
offensichtlich bereits gute Kontakte zwischen den wissenschaftlichen Einrich-
tungen der beiden Bundesländer.
Wünschenswert wäre es, die regionalen Wertschöpfungsketten im Biogas-
und Biokraftstoffbereich zu schließen. Dies kann realistischerweise jedoch nicht
Hauptziel der zu ergreifenden Maßnahmen sein. Vielmehr sollte in Berlin eine
Fokussierung auf diejenigen Themen erfolgen, bei denen ein enger Anschluss
© T
U Be
rlin /
Dahl
125
an Technologien besteht, für welche gute regionale Kompetenzen vorhanden
sind. Genannt wurden beispielsweise der Einsatz biogener Treibstoffe in Tur-
bomaschinen oder die Koevolution von Motor und Biokraftstoff (insbesondere
Kraftstoffe der 2. Generation). Das Thema wurde bereits innerhalb des in Ber-
lin-Brandenburg gut vernetzten Clusters ›Verkehr und Mobiliät‹ aufgegriffen
(vgl. Kapitel 5.10). Auch die Abwärmenutzung von biogasbetriebenen BHKW
oder deren Netzeinbindung in Kombination mit anderen regenerativen und
konventionellen Energien könnten Themen sein, bei denen Chancen für die
Entwicklung marktfähiger Technologien liegen.
5.1.4 Windkraft
Innovationstrends
Die Windkraft hat mit 19.460 installierten Anlagen, einer Leistung von über
2 GW und einem Anteil von 7,2 Prozent am Stromverbrauch die Wasserkraft als
bedeutendsten erneuerbaren Energieträger bei der Elektrizitätserzeugung in
Deutschland abgelöst. Ende 2007 waren über 82.000 Personen in der Bran-
che beschäftigt.44 Noch ist Deutschland das Land mit der größten installierten
Windenergieleistung, es dürfte jedoch bald von den USA überholt werden. Bei
der neu installierten Leistung lag Deutschland 2007 hinter den USA, Spanien,
China und Indien lediglich auf dem fünften Platz.45 Das Geschäft ist daher von
einer zunehmenden Internationalisierung geprägt.
Obwohl die Windturbinentechnologie ausgereift ist, sind kontinuierliche
Weiterentwicklungen nötig, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu
können. Tendenziell nimmt die Anlagengröße stetig zu, was besonde re Heraus-
forderungen an Flügelmaterialien und Fertigungstechnologien, den Triebs trang,
aber auch an Sensorik, Fernüberwachung sowie Steuerung und Regelung
stellt.46 Zu erwarten ist außerdem, dass die Ansprüche an die Netzeigenschaften
steigen werden, beispielsweise zur Spannungs- und Blindleistungsregelung.
Dafür geeignete leistungselektronische Bauelemente sind technisch verfügbar
aber teuer.47 In Deutschland geht der Trend an Land zum Repowering, d.h.
zum Ersatz älterer leistungsschwacher Anlagen an guten Windstandorten durch
leistungsstarke Anlagen. Offshore-Anlagen wird ein großes Zukunftspotenzial
zugestanden. Bei diesen stellen sich erhebliche Herausforderungen bezüglich
Gründung, Netzanbindung und Wirtschaftlichkeit. Auch bei kleinen Wind-
turbinen, beispielsweise zur Versorgung netzferner Gebiete, besteht noch For-
schungsbedarf. Dies gilt ebenfalls für Druckluftspeicher oder Wasserstoff zur
Speicherung von überschüssigem Windstrom bei Starkwindphasen.
Wissenschaft
Am Institut für Luft- und Raumfahrt der TU Berlin bestand bis zur Emeri-
tierung ihres Leiters Prof. Robert Gasch eine Arbeitsgruppe Windkraftanlagen.
Heute beschränkt sich die Forschung zur Windenergienutzung in Berlin auf
43
Vgl. BMELV (2007).
44
Stand 31.12.2007. Quelle: verschiedene
Statistiken im Online-Angebot des
Bundesverbandes WindEnergie e.V.
45
Global Wind Energy Council (2008).
46
Vgl. The European Wind Energy
Association (2005).
47
Vgl. Weinhold (2008).
126
Einzelaktivitäten. An dem von Prof. Paul Thamsen geleiteten Fachgebiet für
Fluidsystemdynamik der TU Berlin wird die Strömungsbeeinflussung entlang
der Rotorblätter von Windenergieanlagen analytisch und numerisch unter-
sucht. Am Fachgebiet Grundbau Bodenmechanik der TU Berlin wird unter
Leitung von Prof. Stavros Savidis an der Entwicklung eines Bemessungs- und
Überwachungsmodells für Offshore Gründungskonstruktionen gearbeitet. Am
Fachgebiet experimentelle Strömungsmechanik der TU Berlin bestehen eben-
falls Kompetenzen. Das Fachgebiet Landschaftsplanung, insbesondere Land-
schaftspflegerische Begleitplanung und Umweltverträglichkeitsprüfung, war
an einigen Projekten zu Offshore-Windkraftnutzung beteiligt.
An der FHTW Berlin forscht Prof. Joachim Twele sowohl über technische
als auch über wirtschaftliche Aspekte der Windkraft. Zurzeit gibt es außerdem
Bestrebungen des Vorsitzenden des Landesverbands Berlin-Brandenburg des
Bundesverbands WindEnergie (BWE), Prof. Seied Nasseri, der gleichzeitig Leiter
der Fachrichtung Maschinenbau an der FHW Berlin ist, die experimentelle For-
schung an Windkraftanlagen in Berlin wieder aufzunehmen. In Rahmen von
Vorlesungen und experimentellen Übungen ist die Windkraft an der TU Berlin
und an den Fachhochschulen in die Lehre integriert.
Das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung untersucht in einem
Verbundprojekt unter Artenschutzaspekten die Auswirkungen von Windkraft-
anlagen auf Seeadler.
Auch an den wissenschaftlichen Einrichtungen in Brandenburg stellt die
Windenergie keinen Forschungsschwerpunkt dar. Einzelne Professoren an der
FH Brandenburg, der TFH Wildau und der FH Lausitz beschäftigen sich mit dem
Thema in Forschung und Lehre. An der BTU Cottbus wurden am Lehrstuhl für
Energieverteilung und Hochspannung unter Leitung von Prof. Harald Schwarz
unter anderem Projekte zur Blitzschlagsicherheit von Rotorblättern von Wind-
kraftanlagen und zu den Auswirkungen des Ausbaus der Windkraft in Bran-
denburg bearbeitet.
Wirtschaft
Berlin ist das einzige deutsche Bundesland ohne Windkraftanlage.48 Auch
die Tatsache, dass derzeit in Berlin-Pankow eine 2 MW-Windturbine errichtet
wird, ändert nichts daran, dass aufgrund der natürlichen Gegebenheiten die
Windkraft für die Energieerzeugung im Stadtstaat Berlin nie eine bedeutende
Rolle spielen wird. Ganz anders stellt sich die Situation im Flächenland Bran-
denburg dar, das mit 3.359 MW installierter Leistung Ende 2007 an zweiter Stelle
der Bundesländer hinter Niedersachsen mit 5647 MW steht.49
Aktuelle Beschäftigtenzahlen für die beiden Bundesländer liegen nicht vor.
Für das Jahr 2003 nennt eine Studie50 des Bundesverbandes WindEnergie (BWE),
der seinen Sitz in Berlin hat und die Interessen der Branche vertritt, rund 300
Arbeitsplätze für Berlin und 1.100 für Brandenburg (Bundesgebiet insgesamt:
48.000). Zusätzlich sind weitere 1.200 Personen in Brandenburg temporär im
Fundamente- und Wegebau sowie mit Elektroarbeiten beschäftigt. Hersteller
127
und Zulieferer mit 38 Prozent sowie Ingenieur- und Planungsbüros mit 34 Pro-
zent stellen den mit Abstand größten Anteil an den in der Windkraft beschäf-
tigten Personen in Berlin-Brandenburg.
Die Windindustrie konzentriert sich in Deutschland auf die küstennahen
Bundesländer. Lediglich zwei Windanlagenhersteller besitzen Produktionsstät-
ten in Brandenburg. Die Repower Systems AG, die sich mehrheitlich im Besitz
des indischen Windturbinenbauers Suzlon Energy Ltd. befindet, unterhält in
Trampe nordöstlich von Berlin eine Produktions- und Serviceniederlassung.
Im Jahr 2007 wurden die Produktionskapazitäten in Trampe verdoppelt, so
dass nun wöchentlich sechs Windkraftanlagen der 2-Megawattklasse gefertigt
werden können.51 Die Entwicklungszentren des Unternehmens befinden sich
in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg. Die dänische Vestas Wind
Systems A / S, der weltweit größte Anbieter von Windkraftanlagen, besitzt in
der Lausitz eine Produktionsstätte für Rotorblätter, in der etwa 450 Mitarbeiter
beschäftigt sind.
Ein wichtiger Zulieferer in Berlin ist die Converteam GmbH, ein führen-
der Lieferant für Frequenzumrichter und Schaltanlagen für Windkraftanla-
gen. Daneben gibt es einige kleinere Ausrüster wie die Ammonit Messtechnik
GmbH, die Windmesstechnik herstellt, oder die GfM Gesellschaft für Maschi-
nendiagnose mbH, die ein Condition-Monitoring System für Windturbinen
ent wickelt hat. Auch Montage-, Service- und Wartungsfirmen wie die Seil-
partner Windkraft GmbH oder die Anlagen Termin Montage Hartmann GmbH
sind hier ansässig.
Dominiert wird die Unternehmenslandschaft in Berlin von Ingenieurbüros,
die zum Teil auch Forschungsdienstleistungen anbieten, hauptsächlich aber in
Planung und Projektierung tätig sind. In der genannten Studie des BWE aus
dem Jahr 2003 werden 47 Ingenieurbüros in Berlin und Brandenburg genannt,
die in der Windkraft tätig sind. Dazu kommen einige weitere Dienstleister wie
Rechtsanwälte und Versicherer. Sehr zahlreich vertreten sind in Berlin Beteili-
gungsgesellschaften. Die IHK Berlin nennt mit Stand Oktober 2007 unter ihren
Mitgliedern 106 Unternehmen, die in der Stromerzeugung aus Windkraft tätig
sind.52 Dabei handelt es sich nahezu ausschließlich um Beteiligungsgesell-
schaften. Vattenfall ist zusammen mit E.ON und EWE am Projekt alpha ventus,
dem geplanten ersten deutschen Offshore-Windpark, beteiligt. Einer der größ-
ten Windenergie-Investoren und Betreiber von Windparks ist die im branden-
burgischen Dauerthal ansässige ENERTRAG AG.
Profil und Empfehlungen
Aufgrund der schmalen wissenschaftlichen Basis und der Tatsache, dass
kein Windturbinenbauer in Berlin ansässig ist, ist das industrielle Entwick-
lungspotenzial in der Stadt bei der Windkraft als gering einzuschätzen. Dazu
kommen die zunehmende Internationalisierung und der Trend zu Offshore-
Windkraftanlangen, auf Grund derer die Region Berlin als küstenferner Stand-
ort benachteiligt ist. Auch innerhalb der Energie Technologie Initiative (ETI)
48
Abgesehen von kleinen, nichtkommer-
ziellen Windrädern wie beispielsweise
den Schulungsanlagen der Hochschulen.
49
Quelle: Statistik im Online-Angebot des
Bundesverbandes WindEnergie e.V.
50
Bundesverband WindEnergie e.V. (2003).
51
Vgl. WR – Internationales Wirtschaftsfo-
rum Regenerative Energien (2007).
52
IHK Berlin (2007a).
128
des Landes Brandenburg stellt trotz der starken Stellung Brandenburgs bei der
Windkraftnutzung die Windenergie keinen ausgewiesenen Schwerpunkt der
Aktivitäten dar. Im GA-Kooperationsnetzwerk Energiewirtschaft / Energietech-
nologie (EWET) wurde im September 2007 eine Arbeitsgruppe ›Windenergie‹
eingerichtet, die sich im ersten Schritt auf Teilkomponenten von Windkraftan-
lagen konzentrieren will.
Diese Aktivitäten sind zweifellos begrüßenswert und sollten von Seiten des
Landes Berlin unterstützt werden, soweit dies mit vertretbarem Aufwand mög-
lich ist. Entscheidend wird sein, die insgesamt geringen Kompetenzen in Berlin
und Brandenburg zu bündeln. Zu erwarten ist zwar keinesfalls, dass die Region
bei Forschung, Entwicklung und Produktion von Windkraftanlagen zu anderen
Regionen wie Niedersachsen aufschließen kann. Ganz im Gegenteil: Es ist sogar
zu befürchten, dass die Windindustrie insgesamt aus Deutschland in Länder
mit höherer Dynamik und größeren Ausbaukapazitäten abwandern wird. Den-
noch gibt es Themen, die für die Region zukunftsträchtig sein könnten. Dazu
gehören die Netzintegration der Windkraft, bei der in Berlin wie in Branden-
burg Expertise in Wissenschaft und Wirtschaft vorhanden ist, die Kombination
der Windkraft mit anderen regenerativen Energieformen, und schließlich der
gesamte Dienstleistungsbereich für Windkraftanlagen samt der dafür erforder-
lichen technischen Einrichtungen.
5.1.5 Geothermie
Bei der Nutzung von Erdwärme zur Energiegewinnung unterscheidet man
zwischen oberflächennaher und tiefer Geothermie. Oberflächennahe Wär-
mesonden, die bis in eine maximale Tiefe von etwa 200 m verlegt werden,
dienen typischerweise als Wärmequellen für Ein- und Mehrfamilienhäuser.
Auch der Betrieb als Kältepumpe zur Klimatisierung ist möglich. Die Technolo-
gie ist seit längerem am Markt verfügbar, auch in Kombination mit speziellen
Tarifmodellen zur Abfederung von Lastspitzen. In der Region Berlin-Branden-
burg sind etliche Handwerker, Planer und Bohrfirmen53 ansässig, die allerdings
keine oder nur sehr geringe Forschung betreiben. Hersteller von Wärme-
pumpentechnik in der Region sind nicht bekannt. Wesentliche Forschung
findet ebenfalls nicht statt, die FH Brandenburg verfügt zumindest über eine
Demonstrationsanlage. Der Bundesverband WärmePumpe (BWP) e.V., in dem
Handwerker, Planer, Architekten, die Heizungsindustrie und Energieversorger,
die im Bereich der Wärmepumpen tätig sind, vertreten sind, hat seinen Sitz
in Berlin.
Das GFZ Potsdam ist eine der führenden Forschungseinrichtungen in
Deutschland zur Nutzung tiefer Erdwärme. Das GFZ betreibt in Groß Schönebeck
ein Geothermielabor. Aus der Bohrung wird heißes Wasser nach dem Hot-Dry-
Rock-Verfahren gewonnen. Ziel ist, die hydrothermale Stromgewinnung mit-
tels eines geothermischen Kraftwerks aus einer Niedrigenthalpie-Lagerstätte
129
zu demonstrieren. Das GFZ begleitet außerdem die Inbetriebnahme des ersten
deutschen Geothermiekraftwerks in Neustadt-Glewe wissenschaftlich. Das
Kraft werk, an dem über ein Tochterunternehmen auch Vattenfall beteiligt ist,
wird in Kraft-Wärme-Kopplung auf Basis eines Organic-Rankine-Cycle-Pro-
zesses betrieben. Ein anderer möglicher Prozess für Geothermiekraftwerke mit
relativ niedrigen Wassertemperaturen ab etwa 100°C ist der Kalina-Kreispro-
zess. Am Fachgebiet Entsorgungs- und Rohstofftechnik der TU Berlin, der von
Prof. Helmut Wolff geleitet wird, wurde in einem Verbundprojekt ein anderes
Konzept als am GFZ verfolgt, bei dem ein untertägig geschlossener geother-
mischer Wärmetauscher zum Einsatz kommt. Das Fach gebiet ›Maschinen- und
Energieanlagentechnik‹ der TU Berlin, dessen Leiter Prof. Felix Ziegler ist, hat
außerdem Erfahrung bei der Nutzung von geothermaler Niedertemperatur-
wärme zu Kühlzwecken und zur Stromerzeugung sowie bei Aquiferspeichern.
In Deutschland steht die Stromerzeugung aus Erdwärme erst am Anfang.
Technische Probleme, Bohrungsrisiken und hohe Investitionskosten sind die
Haupthindernisse. Einfacher gestaltet sich die Nutzung von Hochenthalpie-
Lagerstätten vulkanischen Ursprungs wie in Island. Trotzdem wird der geo-
thermischen Strom- und Wärmeerzeugung auch in Deutschland ein hohes
Zukunftspotenzial zugestanden. Derzeit werden in Landau in der Pfalz und in
Unterhaching zwei weitere Geothermiekraftwerke errichtet. Zur Geothermie
wurden für die vorliegende Studie keine Interviews geführt. Der Vernetzungs-
grad des GFZ mit anderen wissenschaftlichen Einrichtungen und Unternehmen
scheint auf Projektebene gut zu sein, wie sich aus Recherchen ergab. Kontakte
des GFZ zum Fachgebiet Entsorgungs- und Rohstofftechnik und anderen Fach-
gebieten der TU Berlin bestehen ebenfalls. Welche wirtschaftlichen Chancen
sich für die Hauptstadtregion bei der Erschließung der Geothermie ergeben
kann nicht beurteilt werden. Bedarf zur Erhöhung des Vernetzungsgrades oder
zur Initiierung von Kooperationsprojekten scheint derzeit nicht zu bestehen.
5.1.6 Wasserkraft
Weltweit gesehen ist die Wasserkraft die erneuerbare Energiequelle, die den
mit Abstand größten Beitrag zur Stromerzeugung liefert. Etwa 87 Prozent
der elektrischen Energie aus erneuerbaren Energiequellen wird durch Wasser-
kraftwerke bereitgestellt,54 im großtechnischen Maßstab nahezu ausschließ-
lich durch Speicher-, oder Pumpspeicherkraftwerke. Wasserkraft ist sowohl
grundlast- als auch spitzenlastfähig. In Deutschland hat aller dings die Wind-
energienutzung der Wasserkraft unter den regenerativen Energien bei der
Strom erzeugung den Rang abgelaufen.
Die heutigen Wasserkraftwerke sind sehr effizient und technologisch aus-
gereift, die Nutzungs potenziale in Deutschland weitgehend erschlossen. Noch
großer Forschungsbedarf besteht bei der Nutzung der Meeresenergie, sei es in
der Form von Gezeiten-, Wellen- oder Meeres strömungskraftwerken. Techno-
53
Einen Überblick über diese Unter nehmen
fi ndet sich auf der Homepage des Bun-
desverband WärmePumpe (BWP) e.V.:
www.waermepumpe-bwp.de.
Außerdem sind dem Autor folgende
weitere Unternehmen aus der Branche
bekannt: in Berlin die Stüber GmbH und
die LTS – Umwelttechnik, in Wildau die
AETNA Energiesysteme GmbH.
54
Vgl. World Energy Council (2007).
130
logische Forschung zur Nutzung der Wasserkraft finden derzeit in der Region
nur an der TFH Berlin statt. Am Labor für kon ventionelle und erneuerbare
Energien unter Leitung von Prof. Theo Bracke wurde aus Eigenmitteln der Fach-
hochschule ein Wellenkanal und ein Wellenkraftwerk aufgebaut, das nach
dem Prinzip der oszillierenden Wassersäule arbeitet (engl. oscillating water
column, OWC). Dabei wird in einer pneumatischen Kammer durch die Wellen-
bewegung Luft komprimiert und entspannt. Die ein- und ausströmende Luft
dient zum Antrieb einer Wind turbine. Die Gleichlaufturbine des Kraftwerkes
und Messgeräte zur Erfassung des Wellenverlaufs sind Eigenentwicklungen des
Labors an der TFH.
Die öko nomisch ausbeutbaren Ressourcen der Wellenenergie werden vom
World Energy Council auf 2.000 TWh / Jahr geschätzt. Im Moment ist aller-
dings erst ein einziges kommerzielles Wellenkraftwerk von Voith Siemens
Hydro Power Power Generation GmbH & Co. KG (Heidenheim) auf OWC-Basis
an der Küste der schottischen Insel Islay in Betrieb. Der küstenferne Standort,
die Tatsache, dass kein Unternehmen, das sich bei der Wellenenergienutzung
engagiert, in der Region Berlin-Brandenburg ansässig ist, sowie die insgesamt
ungewissen Zukunftsaussichten der Technologie lassen nicht erwarten, dass
diese Tech nologie in wirtschaftlicher Hinsicht für die Region an Bedeutung
gewinnen wird.
5.2 Brennstoffzellen und Wasserstoff
Innovationstrends
Wasserstoff ist keine Energiequelle, sondern lediglich ein Energieträger.
Technisch wird er heute überwiegend durch die Elektrolyse von Wasser und
die Reformierung von fossilen Kohlenwasserstoffen hergestellt. Der größte Teil
des in Deutschland produzierten Wasserstoffs entsteht als Nebenprodukt in der
chemischen Industrie. Andere Technologien wie die direkte Spaltung von Was-
ser durch Sonnenlicht, die Vergasung von Biomasse oder die Herstellung mittels
biologischer Prozesse befinden sich erst im Entwicklungsstadium. Wasserstoff
als Energieträger leistet daher im Moment nur bedingt einen Beitrag zum Kli-
maschutz. Die Erzeugung mittels Strom aus regenerativen Energiequellen ist
zwar klimaneutral, konkurriert jedoch mit der direkten Nutzung der Elektrizi-
tät. Als Speicher für Überkapazitäten, beispielsweise bei Windkraftanlagen, ist
Wasserstoff eine mögliche Option. Wesentlicher Vorteil des Wasserstoffs ist die
Tatsache, dass bei der Nutzung der in ihm gespeicherten Energie im besten Fall
lediglich Wasser als Abfallprodukt entsteht.
Neben der direkten motorischen Verbrennung des Wasserstoffs kommen
Brennstoffzellen in Frage. In diesen wird chemische Energie direkt – ohne
Zwischenschaltung einer Wärmekraftmaschine – in elektrische Energie umge-
wandelt. Deshalb sind hohe elektrische Wirkungsgrade möglich. Geringe Emis-
sionen und ein gutes Teillastverhalten sind weitere Gründe, weshalb Brenn-
131
stoffzellen ein hohes Zukunftspotenzial bescheinigt wird. Dieses Potenzial ist
aufgrund technischer Hürden und fehlender Wirtschaftlichkeit bei Weitem
nicht ausgeschöpft.
Auf dem Markt und in der Entwicklung befindet sich eine Reihe von
Brennstoffzellentypen für unterschiedliche Einsatzgebiete. Dabei ist die Funk-
tionsweise aller Brennstoffzellen prinzipiell identisch: Eine gasdichte und
ionenleitende Schicht (Elektrolyt) trennt den Brennstoff (oft Wasserstoff) vom
Oxidationsmittel (meist Sauerstoff). Die Ionen entstehen bei der Mehrzahl der
Brennstoffzellentypen durch katalytische Oxidation des Brennstoffes und dif-
fundieren durch die Trennschicht. Das resultierende Spannungsgefälle kann an
den Elektroden abgegriffen werden. Typischerweise werden mehrere Brenn-
stoffzellen zu so genannten Stacks hintereinander geschaltet, um die Spannung
und die Nutzlast zu erhöhen.
Die verschiedenen Brennstoffzellensysteme unterscheiden sich vor allem
durch die Art des verwendeten Elektrolyten und den Temperaturbereich,
in dem sie betrieben werden. Bei den Einsatzgebieten von Brennstoffzellen
unterscheidet man zwischen portablen (Handy, Laptop), mobilen (PKW, LKW,
Bahn, U-Boote und Schiffe) und stationären (BHKW) Anwendungen.
Zur Technologie existiert umfangreiche Literatur,55 weshalb hier lediglich auf die
für Berlin relevanten Brennstoffzellentypen eingegangen wird.
Am weitesten verbreitet sind Brennstoffzellen, die als Elektrolyt eine pro- ■
tonenleitfähige Polymermembran (Proton Exchange Membrane, PEM) ver-
wenden. Dieser Typ wird im Niedertemperaturbereich betrieben (ab 60 °C
bis maximal etwa 200 °C) und kann ausschließlich Wasserstoff verarbeiten.
Deshalb muss bei Verwendung eines kohlenstoffhaltigen Brennstoffs eine
vorgeschaltete Reformierung erfolgen. PEM-Brennstoffzellen eignen sich
für schnelle Lastwechsel. Der elektrische Leistungsbereich erstreckt sich von
wenigen Watt in portablen Anwendungen bis zu etwa 250 kW für mobile
Anwendungen (Hauptaggregate und Hilfsaggregate) und Blockheizkraft-
werke.
Für portable Anwendungen sind Brennstoffzellen, die Alkohole (Methanol ■
oder Ethanol) ohne Reformierung direkt nutzen, am aussichtsreichsten. Es
handelt sich um modifizierte PEM-Systeme, die im Niedertemperaturbe-
reich um 100 °C betrieben werden. Vorteile gegenüber Batterien sind die
höhere Energiedichte und die gute Verfügbarkeit des Brennstoffs sowie
kurze Auf ladezeiten. Ein Hauptproblem bei diesen Zelltypen ist der Brenn-
stoff-Durchtritt durch die Membran, welcher die Leistungsfähigkeit beein-
trächtigt.
Schmelzkarbonat-Brennstoffzellen (Molten Carbonate Fuel Cell, MCFC) ver- ■
wenden als Elektrolyt eine Karbonatschmelze und werden bei etwa 650°C
betrieben. Vorteile der MCFC sind die Möglichkeit der gleichzeitigen Erzeu-
gung von Prozessdampf, ihr hoher Gesamtwirkungsgrad und geringe Anfor-
derungen an die Reformierung von kohlenstoffhaltigen Brennstoffen. Das
55
Eine einführende Darstellung fi ndet sich
beispielsweise bei Zahoransky (2007).
132
Wasserstoff-Tankstelle von TOTAL in
Berlin-Spandau
Haupteinsatzgebiet der MCFC wird im stationären Bereich, in Blockheizkraft-
werken und Industrieanlagen gesehen. Zur Verbesserung der Systeme sind
Materialien erforderlich, die eine höhere Widerstandsfähigkeit gegenüber
der Karbonatschmelze bei gleichzeitig geringeren Kosten aufweisen.
Generell wird Brennstoffzellen ein enormes Potenzial zugesprochen. Wettbe-
werbsfähig sind sie jedoch erst in Nischen- oder Spezialanwendungen, bei-
spielsweise im militärischen Bereich, in der Raumfahrt oder im Freizeitmarkt.
Der Marktdurchbruch von Brennstoffzellen wurde wiederholt vorhergesagt, ist
auf breiter Basis allerdings bislang nicht erfolgt. Fortschritte müssen bei der
Wirtschaftlichkeit, der Lebensdauer, der Leistungsfähigkeit, der Zuverlässig-
keit der Systemkomponenten und beim Betriebsverhalten (z. B. bei Kaltstarts)
gemacht werden.56 Daher sind weitere Verbesserungen bei der Zell- und Stack-
technik und bei der Entwicklung effizienter und kostengünstiger Katalysatoren
erforderlich. Auch die Brenngasaufbereitung (z. B. Biogas) ist ein aktuelles
Forschungsthema. Zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit, und um alternative
Anwendungsbereiche beispielsweise für Mikrobrennstoffzellen zu erschließen,
müssen außerdem Produktionsverfahren optimiert oder völlig neu entwickelt
werden.
Bei Brennstoffzellen, die mit Erdgas oder Alkohol betrieben werden, ist die
Brennstoffbereitstellung vergleichsweise unproblematisch. Anders stellt sich
die Situation im Falle von Wasserstoff dar. Ganz abgesehen von der Frage der
Herstellung erfordert der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft Umstellungen der
© C
EP B
erlin
133
technischen Infrastruktur. Auch bei der Verteilung und Speicherung von Was-
serstoff besteht daher erheblicher Forschungsbedarf.
Wissenschaft
In Berlin findet in verschiedenen wissenschaftlichen Einrichtungen For-
schung zu Brennstoffzellen oder Wasserstofftechnologien statt. Schwerpunkte
liegen dabei auf PEM-Brennstoffzellen und bei der chemischen Wasserstoff-
speicherung und -freisetzung. Daneben gibt es einige weitere Aktivitäten.
An der TU Berlin konzentriert sich die Wasserstoff- und Brennstoffzellen-
forschung auf das Institut für Chemie. Die drei Fachgebiete Technische Che-
mie / Mehrphasen-Reaktionstechnik (Prof. Reinhard Schomäcker), Anorga-
nische Chemie / Festkörperchemie (Prof. Martin Lerch) und Analytische Chemie
(Prof. Thorsten Ressler) waren zusammen mit der Abteilung Anorganische Che-
mie des FHI (Prof. Robert Schlögl) an einem DFG-Projekt zur Dampfreformierung
von Methanol beteiligt. Als Speichermedium wird auch Ammoniak untersucht.
Das Institut hat den Bereich Ende des Jahres 2007 bei der Wiederbesetzung des
Fachgebietes Technische Chemie personell gestärkt. Der Forschungsschwerpunkt
des neuen Fachgebietsleiters, Prof. Peter Strasser, sind PEM-Brennstoffzellen.
Außerdem werden an der TU Berlin im Fachgebiet Energiesysteme unter Leitung
von Prof. Georg Erdmann ökonomische Fragestellungen der Wasserstoffwirt-
schaft und des Brennstoffzelleneinsatzes in mobilen und stationären Anwen-
dungen untersucht (z. B. im Rahmen des CEP-Projekts).
Am Max-Volmer-Laboratorium der TU Berlin werden in der Arbeitsgruppe
von Prof. Peter Hildebrandt zusammen mit anderen Forschergruppen grund-
legende Aspekte von Photosynthesezellen erforscht. Auch am Institut für
Biologie der HU Berlin werden in einer Arbeitsgruppe unter Leitung von Frau
Prof. Bärbel Friedrich Möglichkeiten der biologischen Wasserstoff-Gewinnung
nach dem Vorbild der bakteriellen Photosynthese sowie biologische Brenn-
stoffzellen erforscht. Beide Institute sind Mitglieder im Sonderforschungs-
bereich 498 ›Protein-Kofaktor-Wechselwirkungen in biologischen Prozessen‹
der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Der Sonderforschungsbereich ist
an der FU Berlin angesiedelt, von deren Seite das Institut für Experimental-
physik (Professor Dietmar Stehlik) und das Institut für Chemie (Professor Wolf-
ram Saenger, Prof. Ernst-Walter Knapp) beteiligt sind.
An der FHTW Berlin und der TFH Berlin sind Wasserstoff- und Brennstoffzel-
lentechnologien in die Lehre integriert.
Am Fraunhofer IZM werden in der Abteilung High Density Interconnect
& Wafer Level Packaging in der Arbeitsgruppe um Dr. Robert Hahn Mikro-
brennstoffzellen entwickelt. Das IZM ist Mitglied des Fraunhofer-Teams Direkt-
Ethanol-Brennstoffzellen, in dem die entsprechenden Forschungskapazitäten
der Fraunhofer-Gesellschaft gebündelt sind. Das IZM arbeitet zusammen mit
Industriepartnern im Rahmen des Verbundprojektes ProZell57 an der Entwick-
lung einer geschlossenen Fertigungs- und Produktionskette für die Herstellung
von planaren Mikrobrennstoffzellen. Außerdem ist das IZM am BMBF-geför-
56
Zu Forschungsbedarf und Innovati-
onstrends bei Brennstoffzellen und
Wasserstofftechnologien vgl. genauer:
Europäische Kommission, General-
direktion Forschung (2003); BMWi (2005);
Strategierat Wasserstoff Brennstoffzelle
(2007).
57
Homepage: www.pro-zell.de.
134
derten Verbundprojekt PemGen58 beteiligt, das die Entwicklung einer PEM-
Mikrobrennstoffzelle mit einem Wasserstoffmikrogenerator zum Ziel hat.
Am WIAS wird ein vom BMBF gefördertes Projekt zur Modellierung, expe-
rimentellen Untersuchung und Simulation für Direkt-Methanol-Mikrobrenn-
stoffzellen (PEM-FC) koordiniert. Das IZM ist ebenfalls Partner in diesem Ver-
bundprojekt, an dem weitere acht deutsche Forschungseinrichtungen beteiligt
sind.59
Am HMI werden in der Abteilung Solare Energetik unter Leitung von
Prof. Helmut Tributsch Platin-freie Katalysatoren für PEM-Brennstoffzellen ent-
wickelt. Mitarbeiter der von Prof. John Banhart geleiteten Abteilung Werkstoffe
untersuchen gemeinsam mit dem Zentrum für Sonnenenergie- und Wasser-
stoff-Forschung (ZSW) in Ulm den Wasserfluss in Brennstoffzellen mit Hilfe von
Neutronen und Synchrotronstrahlung.
In der Abteilung Anorganische Chemie des FHI unter Leitung von Prof.
Robert Schlögl und in der von Prof. Markus Antonietti geleiteten Abteilung
Kolloidchemie des MPI für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam
wurde gemeinsam mit drei weiteren Max-Planck-Instituten an der Entwick-
lung von Katalysatoren für die Dampfreformierung von Methanol gearbeitet.
Die Abteilung von Prof. Antonietti beschäftigt sich außerdem mit nanostruk-
turierten Membranen für Brennstoffzellen. In der Gruppe von Prof. Schlögl
wird über die naturwissenschaftliche Forschung hinaus unter dem Dach des
EnerChem-Forschungsverbunds an einer Road-map zur Markeinführung von
Brennstoffzellen und an der Erstellung eines Überblicks über nationale und
internationale Kooperationen und Netzwerke gearbeitet. In der Abteilung
›Theorie‹ unter Leitung von Prof. Matthias Scheffler werden in der Arbeitsgruppe
›Electrochemistry and fuel-cells‹ die Eigenschaften von PEM-Elektrolyten und
die katalytischen Eigenschaften von Platinpartikeln theoretisch erforscht. Wie
oben bereits erwähnt, unterhält das FHI auch Kooperationen mit dem Institut
für Chemie der TU Berlin.
Die Fachgruppe ›Gase, Gasanlagen‹ der von Dr. Thomas Schendler geleiteten
Abteilung ›Chemische Sicherheitstechnik‹ der BAM hat verschiedene Untersu-
chungen zur Sicherheitstechnik des Wasserstoffantriebs durchgeführt.
In Brandenburg gibt es keine wissenschaftliche Einrichtung, die einen aus-
gewiesenen Forschungsschwerpunkt auf dem Gebiet der Brennstoffzellen hat.
Die Aktivitäten des MPI für Kolloid- und Grenzflächenforschung wurden bereits
erwähnt. Das ATB forscht zum Biogaseinsatz in Brennstoffzellen. An der BTU
Cottbus und der FH Brandenburg bestehen Kompetenzen zur Anwendung von
Brennstoffzellen in Energieversorgungssystemen.
Wirtschaft
Mehrere Unternehmen in Berlin besitzen Kompetenzen bei Brennstoff-
zellen.
Die S & R Schalt- und Regeltechnik GmbH beschäftigt sich seit 1996 mit
der Entwicklung von Brennstoffzellensystemen für stationäre Anwendungen.
135
Aktueller Entwicklungsstand ist ein Brennstoffzellen-Mini-BHKW mit einer
elektrischen Leistung von 1-5 kW und einer thermischen Leistung von 2-10
kW. Es handelt sich um eine PEM-Brennstoffzelle mit einem vorgeschalteten
Erdgas- oder Heizöl-Dampfreformer. Vorgängermodelle wurden in mehreren
Feldtests erprobt. S & R arbeitet bei der Entwicklung überregional mit verschie-
denen wissenschaftlichen Einrichtungen und Unternehmen mit Schwerpunkt
in Sachsen zusammen. Ein weiteres Geschäftsfeld ist die Gebäudeautomation.
Die Brennstoffzellenaktivitäten wurden zu Beginn des Jahres 2008 in eine
eigene Gesellschaft, die inhouse engineering GmbH, ausgelagert.
Die Heliocentris Fuel Cells AG geht auf eine Ausgründung aus dem HMI Mitte
der 1990er Jahre zurück. Über 30 Mitarbeiter entwickeln und fertigen heute
am Standort Berlin Adlershof Lehr- und FuE-Systeme zur Brennstoffzellen-
technologie für Ausbildungseinrichtungen, Universitäten, Forschungsinsti tute
und Unternehmen. In diesem Segment ist Heliocentris mit über 50 be lieferten
Ländern einer der weltweiten Marktführer. Eine weitere Niederlassung befin-
det sich in Vancouver (Kanada). Im Jahre 2007 hat das Unternehmen sein
Geschäftsfeld erweitert und bietet nunmehr, basierend auf umfangreichen
Partnerschaften mit anderen Brennstoffzellenunternehmen, Systemintegrati-
onsleistungen für industrielle Kunden an. Beispielsweise liefert Heliocentris ein
Brennstoffzellensystem mit einer Leistung von 32 kW für einen Hybrid-Bus, der
in einem Pilotprojekt in Mecklenburg-Vorpommern eingesetzt werden wird.
Das Unternehmen unterhält vor allem im Rahmen von Diplomarbeiten Kon-
takte zur FHTW Berlin und zur TFH Berlin.
Die Staxon Consulting GbR wurde von zwei ehemaligen Mitarbeitern des
Fritz-Haber-Instituts gegründet. Die Kernkompetenz des Unternehmens liegt
bei PEM-Brennstoffzellen und deren Fertigungstechnologien. Die Firma betreibt
Produktentwicklung bis zur Prototypenreife. Das Konzept der in Vergusstechnik
produzierten PEM-Brennstoffzellen und Stacks im Leistungsbereich 25 W – 10
kW erlaubt eine kompakte Bauweise und einen hohen Automatisierungsgrad
des Montageprozesses. In Berlin werden nach erfolgreichem Abschluss der
Prototypenphase keine Brennstoffzellen mehr hergestellt, da für die Serienfer-
tigung eine Kooperation mit der Schunk GmbH in Hessen eingegangen wurde.
Beratungsleistungen im Brennstoffzellenbereich werden auch weiterhin von
Staxon Consulting GbR ange boten.
Die Pronova Analysentechnik GmbH und Co. KG ist Spezialist für Gasanaly-
sentechnik, hat aber auch Erfahrung bei der Systemintegration von Brennstoff-
zellen. Für einen Hybridbus wurde von der Firma eine Brennstoffzelle angefer-
tigt. Außerdem hat sie die Druckgasbetankung der Wasserstoff-Tankstelle der
TOTAL Deutschland GmbH in Berlin-Spandau entwickelt. Basis ist die Herstel-
lung von Wasserstoff durch Wasserelektrolyse mit anschließender Verdichtung
auf den notwendigen Fülldruck.
Die Ammonit Messtechnik GmbH ist am BMBF-geförderten Verbundprojekt
ZiLuZell60 beteiligt, das die Entwicklung einer mit Zink betriebenen Mikrobrenn-
stoffzelle zum Ziel hat.
58
Vgl. www.mikrobrennstoffzellen-
zukunft.de / hauptnavigation-1 / ein-
fuhrung / projekte / pemgen / .
59
Homepage: www.wias-berlin.de / pro-
jects / mikrodmfc.
60
Homepage: www.ziluzell.de.
136
Die BORSIG Process Heat Exchanger GmbH ist Partner in einem Verbundvorha-
ben zum Einsatz von Grubengas mit niedrigen Methangehalten in Hochtempe-
ratur-Brennstoffzellen. Sie ist an der Entwicklung einer Demonstrationsanlage
zur Grubengaskonditionierung und von Anlagenkonzepten für großtechnische
Anwendungen beteiligt.
Die Enertrag AG, die über 300 Windkraftanlagen betreibt, untersucht im
Rahmen des brandenburgischen GA-Netzwerks ›Mineralölwirtschaft / Bio kraft-
stoffe‹ die Erzeugung von Wasserstoff aus überschüssigem Windstrom.61
Demonstrationsprojekte
Die Energieversorger Bewag und VEAG (heute Vattenfall) haben mit den
Partnern Hamburgische Electricitäts-Werke (heute Vattenfall), E.ON AG und
EDF (Frankreich) im Heizwerk Treptow Berlin eine PEM-Brennstoffzelle in der
Leistungsklasse von 250 kW mit Erdgas betrieben. Die Brennstoffzelle für das
Versuchsprojekt, das der Gewinnung von Betriebserfahrung diente, wurde von
den Firmen Alstom und Ballard geliefert. In 36 Monaten Betriebszeit zeigte
sich, dass bis zur Markteinführung noch Entwicklungsbedarf besteht. Eben-
falls am Standort des Heizwerks Treptow wurde von 2004 bis 2007 in einem
Versuchsprojekt das Betriebsverhalten einer MCFC-Brennstoffzelle des Unter-
nehmens MTU CFC getestet. Die mit Methanol oder Erdgas betriebene Anlage
erzeugte bis zu 220 kW Strom und 130 kW Wärme.62 Das Projekt, an dem auch
die E.ON AG beteiligt war, wurde mit Mitteln des BMWi gefördert und wissen-
schaftlich von der TU Berlin begleitet. Die Anlage wurde im Frühjahr 2007 auf
Grund von Alterungserscheinungen des Stacks stillgelegt. Ab Mitte 2008 soll
der Betrieb der Anlage mit einem neuen Stack wieder aufgenommen werden.
In mehreren Ein- und Mehrfamilienhäusern sowie öffentlichen Gebäuden in
Berlin und Brandenburg, beispielsweise in der Landesvertretung Nordrhein-
Westfalen, wurden außerdem Brennstoffzellen-BHKW unterschiedlicher Her-
steller erprobt.63
Die Unternehmen Aral, BMW, Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), Daimler, Ford,
GM / Opel, StatoilHydro, Linde, TOTAL, Vattenfall Europe und Volkswagen sind an
der Clean Energy Partnership (CEP) beteiligt. Erklärtes Ziel dieses in Europa ein-
maligen Demonstrationsprojekts ist es, Alltagstauglichkeit und Systemfähigkeit
von Wasserstoff als Energieträger im Verkehr zu erproben und technologisch
zu erschließen. Dazu gehören der Einsatz dieses Energieträgers in 17 Pkw mit
Verbrennungsmotoren oder Brennstoffzellen, der Aufbau der erforderlichen
Infrastruktur für die dezentrale Erzeugung von Wasserstoff sowie seine Vertei-
lung, Lagerung und Bereitstellung. Die erste Wasserstofftankstelle wurde von
Aral im Rahmen der CEP errichtet, eine weitere wird von TOTAL betrieben. Beide
Tankstellen liefern flüssigen Wasserstoff, der angeliefert wird, und gasförmigen
Wasserstoff, der vor Ort mittel Elektrolyse oder Dampfreformierung erzeugt wird.
Überschüssiger Wasserstoff wird in stationären Brennstoffzellen, die von Vatten-
fall und TOTAL installiert wurden, verwertet. Die erste Phase des Projekts lief bis
Ende 2007. Im Jahr 2008 wird im Rahmen des ›Nationalen Entwicklungsplans
137
zum Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie‹ die
zweite Phase der CEP anlaufen. An dieser beteiligt sich Aral nicht mehr und
stellt daher den Betrieb der Wasserstofftankstelle ein. Dafür treten der Mine-
ralölkonzern Shell und die Hamburger Hochbahn als Partner in das Projekt ein.
Im EU-Projekt HyFLEET:CUTE wird der Einsatz von mit Wasserstoff betrie-
benen Bussen im öffentlichen Nahverkehr getestet. Die TOTAL-Tankstelle in
Berlin-Spandau ist Teil dieses weltweiten Versuchsprojekts, für das in Berlin
14 Wasserstoff-betriebene Busse von MAN mit Verbrennungsmotoren und ein
Wasserstoff-Hybridbus mit Brennstoffzelle unterwegs sind. In anderen am Pro-
jekt beteiligten Städten werden Busse von Daimler mit Brennstoffzellen ein-
gesetzt. Von den Berliner Unternehmen sind Vattenfall, die Berliner Verkehrs-
betriebe (BVG) und die MVV Consulting GmbH beteiligt.64 Die MVV Consulting,
eine hundertprozentige Tochter der MVV Energie Gruppe, nimmt im Projekt
eine koordinierende Rolle wahr. Die Busse werden an der TOTAL-Tankstelle in
Berlin-Spandau betankt, wo sich das Wasserstoffkompetenzzentrum der BVG
befindet. Die technologische Forschung der an beiden Demonstrationspro-
jekten beteiligten Unternehmen findet nicht in Berlin statt, das Projekt wird
aber von der TU Berlin wissenschaftlich begleitet.
Netzwerke und Verbände
Derzeit gibt es kein institutionelles Kooperations-Netzwerk für Brennstoff-
zellen- und Wasserstofftechnologie mit regionalem Fokus auf Berlin-Branden-
burg. Eine Koordinierungsstelle für Wasserstoff in Berlin wurde jedoch mitt-
lerweile zu Anfang des Jahres 2008 eingerichtet.65 Die Interviewpartner waren
schon aufgrund der Überschaubarkeit der Szene gut informiert über die Aktivi-
täten der anderen Akteure in der Region.
Einige überregionale Verbände und Netzwerkorganisationen haben ihren Sitz
in Berlin:
Der Deutsche Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verband e.V. (DWV) vertritt ■
die Interessen von 76 Firmen und 212 persönlichen Mitgliedern der Branche
in Deutschland.
Die Fördergesellschaft Erneuerbare Energien e.V. (FEE) unterhält eine bun- ■
desweite Arbeitsgruppe ›Biogene Gase – Brennstoffzellen‹ und eine Arbeits-
und Forschungsgemeinschaft ›Brennstoffzellen, Brenngase und –flüssig-
keiten‹ Ostdeutschland mit Beteiligung von Forschungseinrichtungen und
kleinen und mittelständischen Unternehmen.
H2gate, eine privatwirtschaftlich organisierte Plattform und Forum zur ■
Kommunikation über erneuerbare Energien sowie Wasserstoff- und Brenn-
stoffzellen-Technologien, veranstaltet seit nunmehr vier Jahren in Ham-
burg einen Wasserstoff- und Brennstoffzellenstammtisch, der zum Infor-
mationsaustausch zwischen den Teilnehmern aus Wirtschaft, Wissenschaft
und Politik dient.66 Im Februar 2008 fand eine Veranstaltung dieses Formats
zum ersten Mal in Berlin statt.
61
Vgl. Ministerium für Wirtschaft Branden-
burg (2008).
62
Weitere Informationen zu den Brenn-
stoffzellenprojekten von Vattenfall
fi nden sich unter http: / / www.
innovation-brennstoffzelle.de / .
63
Genaueres zu diesen Pilotprojekten
fi ndet sich im Internetauftritt der
Initiative Brennstoffzelle:
www.initiative-brennstoffzelle.de.
64
Mehr Informationen zum Projekt fi nden
sich unter www.global-hydrogen-bus-
platform.com. Vgl. auch Eberwein / Erd-
mann / Niemeyer (2008).
65
Homepage: www.element-1.org.
66
Homepage: www.h2gate.com.
138
Der Projektträger VDI / VDE Innovation + Technik GmbH unterhält ein vom ■
BMBF gefördertes Informationsserviceportal für Mikrobrennstoffzellen67 und
koordiniert von der Hauptstadt aus eine Reihe von Forschungsprojekten.
Die Initiative Brennstoffzelle (IBZ) ist ein Zusammenschluss von elf Unter- ■
nehmen mit dem Ziel, die Markteinführung von Brennstoffzellen auf Erd-
gasbasis zur dezentralen Strom- und Wärmeversorgung voranzutreiben.
Als einziges originär Berliner Unternehmen ist die Deutsche Energieagentur
Mitglied in diesem Verbund. Die Unternehmen MVV Energie, Vaillant und
Viessmann unterhalten zwar Niederlassungen in Berlin, steuern ihre Aktivi-
täten in der IBZ aber nicht von der Hauptstadt aus.
Profil und Empfehlungen
Berlin ist derzeit kein Schwerpunkt der Wasserstoff- und Brennstoffzellen-
forschung in Deutschland. Die Wissenschaft in anderen Regionen wie Stuttgart
(DLR, ZSW), Freiburg (ISE) oder Jülich (FZJ) ist deutlich sichtbarer. Zwar findet an
verschiedenen wissenschaftlichen Einrichtungen in Berlin sowohl grundlagen-
als auch anwendungsorientierte Forschung statt, eine gemeinsame Ausrich-
tung der Aktivitäten ist jedoch nicht vorhanden. Die Bündelung der Kräfte und
die Konzentration auf ein gemeinsames Thema würden zweifellos die Konkur-
renzfähigkeit des Standorts stärken.
Auch die Unternehmenslandschaft ist relativ inhomogen. Keiner der großen
Brennstoffzellenhersteller hat seinen Sitz in der Region. Ein gewisser Schwer-
punkt lässt sich in Berlin zwar bei den PEM-Brennstoffzellen ausmachen, die
wenigen Unternehmen zielen aber auf unterschiedliche Marktsegmente. Daher
ist das Synergiepotenzial als gering einzuschätzen. Der Nutzen eines rein regio-
nalen Netzwerks wurde von den Interviewten bezweifelt, da für die Umset-
zung von Verbundprojekten Kompetenzen erforderlich sind, die nur außerhalb
der Region vorhanden sind.
In anderen Regionen Deutschlands ist demgegenüber die Vernetzung zwi-
schen Wirtschaft und Wissenschaft und die gemeinsame strategische Ausrich-
tung der Aktivitäten weiter fortgeschritten. Beispiele sind die Landesinitiative
Brennstoffzelle in Niedersachen, in der rund 23 Unternehmen und wissen-
schaftliche Einrichtungen vertreten sind, das Kompetenz-Netzwerk Brennstoff-
zelle und Wasserstoff in Nordrhein-Westfalen mit etwa 300 Mitgliedern, das
Kompetenz-Netzwerk Brennstoffzellen-Initiative (BZI) in Baden-Württemberg
mit rund 50 Mitgliedern, die Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Initiative Hes-
sen mit knapp 40 Mitgliedern und die Landesinitiative Brennstoffzellen- und
Wasserstofftechnologie in Hamburg mit über 40 Mitgliedern. Internationale
Konkurrenz besteht vor allem in Japan und den USA, die massiv in die Brenn-
stoffzellenforschung investieren.
Als großer Pluspunkt für Berlin wurden von den Befragten die Demonstra-
tionsprojekte Clean Energy Partnership und HyFLEET:CUTE bewertet. Diese ver-
leihen Berlin eine in Europa herausragende Position. Kritisiert wurde jedoch
der geringe Nutzen, den Berlin aus diesen Projekten zieht. Als Grund wurde
139
unter anderem die mangelhafte Unterstützung durch Teile der Berliner Verwal-
tung genannt. Derzeit engagiert sich vor allem die Senatsverwaltung für Wirt-
schaft, Technologie und Frauen für das CEP-Projekt, eine einheitliche Linie exi-
stiert jedoch nicht. Auch von der politischen Leitungsebene sollte nach Ansicht
der Experten die Unterstützung optimaler signalisiert werden, um Position und
Öffentlichkeitswirksamkeit Berlins im Bereich der Wasserstoff- und Brenn-
stoffzellentechnologien zu verbessern. Als positives Beispiel wurde Hamburg
genannt, das seine Aktivitäten intern abgestimmt und sich durch die Gründung
der so genannten ›Landesinitiative Brennstoffzellen- und Wasserstofftechno-
logie‹ auf dem Gebiet etabliert hat. In Berlin gibt es nach Kenntnis des Autors
nicht einmal einen Webauftritt, mittels dessen man sich einen Überblick über
Projekte und Akteure in der Region verschaffen könnte.
Die Bundesregierung hat ein Nationales Wasserstoff- und Brennstoffzellen-
Innovationsprogramm aufgelegt, in dessen Rahmen 100 Mio. Euro Fördergelder
über zehn Jahre bis 2015 zur Verfügung gestellt werden.68 Brennstoffzellen-
forschung stellt gleichzeitig einen Schwerpunkt im Themenbereich ›Energie‹
im 7. Forschungsrahmenprogramm der EU dar. Berlin sollte den Hauptstadt-
bonus nutzen, um einen Anteil dieser Fördermittel in die Region zu holen.
Demonstrationsprojekte wie die Clean Energy Partnership eignen sich dazu
besonders. Allein durch den Mittelzufluss kann ein positiver Wachstums- und
Image effekt erzielt werden. Wünschenswert wäre jedoch, wenn über das Ende
der Demonstrationsprojekte hinaus ein Beitrag zur nachhaltigen Stärkung der
regionalen Wirtschaft geleistet werden könnte. Dazu sollte versucht werden,
einzelne in der Region produzierende Branchen – etwa die Bahnindustrie oder
die Windkraftindustrie – in die Projekte einzubinden. Dies gilt auch für inno-
vative kleine und mittlere Unternehmen.
Eine zentrale Rolle kommt dabei der neu gegründeten Koordinierungsstelle
für Wasserstoff zu. Diese könnte neben der Akquisition und Betreuung von Pro-
jekten stärker als bisher versuchen, die Einbindung von kleinen und mittleren
Unternehmen aus der Region zu ermöglichen, ohne dabei in Konkurrenz zu
den etablierten Netzwerkorganisationen zu treten. Wenig zielführend ist es,
verschiedene, möglicherweise konkurrierende Netzwerke nebeneinander zu
unterhalten.
5.3 Turbomaschinen
Innovationstrends
Bei den Turbomaschinen lassen sich drei für die Region Berlin-Brandenburg
relevante Bereiche unterscheiden:
Turbinentriebwerke für die Luftfahrt, ■
Gas- und Dampfturbinen für die Energieerzeugung und ■
Turbokompressoren (oder Turboverdichter). ■
67
Homepage: www.mikrobrennstoff-
zellenzukunft.de.
68
Vgl. BMVBS / BMBF / BMWi (2006).
140
Letztere arbeiten in Umkehrung des Turbinenprinzips und dienen der För-
derung und Verdichtung von Gasen unter Aufwendung von Energie. Der
Name Gasturbine rührt vom gasförmigen Arbeitsmedium her. Der verwendete
Brennstoff kann gasförmig, flüssig oder fest sein. Gasturbinen in Kraftwer-
ken, in der Industrie oder in Luftfahrtantrieben dienen der Energiewandlung
und besitzen üblicherweise einen vorgeschalteten Turboverdichter. Turbinen-
triebwerke, Gasturbinen für stationäre Anwendungen und Turbokompressoren
sind trotz ihrer unterschiedlichen Anwendungsgebiete konzeptionell ver-
wandt.
Nach den Vorhersagen der Internationalen Energieagentur69 werden in
absehbarer Zukunft fossile Brennstoffe einen hohen Anteil am Energiemix
haben. Ein großer Teil dieser Energieträger wird in Gasturbinen zur Erzeugung
von elektrischer Energie und von Vortrieb eingesetzt. Auch Biokraftstoffe kom-
men als Treibstoff in Frage. Daher haben bereits geringe Effizienzsteigerungen
der Turbinen einen signifikanten Einfluss auf Wirtschaftlichkeit und CO2-Aus-
stoß. Die Steigerung des Wirkungsgrades der Turbinen ist daher wichtigstes,
wenn auch nicht alleiniges Ziel der gegenwärtigen Entwicklung. Insbesondere
gilt es neben Kohlendioxidemissionen auch die Entstehung anderer Schad-
stoffe, vor allem von Stickoxiden, zu vermeiden.
Bei Kraftwerksturbinen konnten in den vergangen Jahrzehnten bereits
erhebliche Fortschritte erzielt werden.70 Moderne Gas- und Dampfturbinen-
Kraftwerke erreichen elektrische Wirkungsgrade bis zu 60 Prozent. Dennoch
kommt der Verbesserung der Komponenten- und Anlageneffizienz weiterhin
hohe Bedeutung zu. Dazu müssen die bestehenden Technologien (Kühlung,
Hochtemperaturmaterialien, Verbrennung, Aerodynamik usw.) weiterent-
wickelt, gleichzeitig aber auch innovative Ansätze wie neue Gasturbinenzyklen
verfolgt werden. Zusätzlich entstehen durch die Einspeisung regenerativer
Energien aus volatilen Quellen ins Netz höhere Anforderungen an die Last-
wechsel- und Teillastflexibilität der Turbinen. Eine besondere Herausforde-
rung stellt die Einführung von CO2-armen Kraftwerkstechnologien dar. Diese
haben Auswirkungen auf die Brennstoffzusammensetzung (z. B. Wasserstoff)
und das Arbeitsmedium der Turbinen. Die Erhöhung der Brennstoffflexibilität
zum Einsatz weniger reiner oder biogener Brennstoffe ist ebenfalls ein aktuelles
Forschungsthema.
Bei Turbokompressoren sind die Anforderungen an CO2-arme Kraft-
werkstechnologien ebenfalls für einen großen Teil des Innovationsbedarfs
verantwortlich. Die Luftzerlegung, sowie Abscheidung, Transport und Ver-
pressung von Kohlendioxid mit Hilfe von Kompressoren verursachen einen
großen Teil des Wirkungsgradverlusts in diesen Kraftwerken (vgl. Kapitel
5.4). Dafür ist die Entwicklung größerer, effizienter Verdichter, die auf die
spe ziellen Anforderungen der Prozesse und Gase abgestimmt sind, von gro-
ßer Be deutung. Weitere Themen wie die Verflüssigung von Biomasse (vgl.
Kapitel 5.1.3), die in Zusammenhang mit neuen Energietechnologien stehen,
werden ebenfalls an Relevanz gewinnen. Aber auch in den klassischen Ein-
69
International Energy Agency (2007).
70
Vgl. AG Turbo (o. J.); BMWi (2007b).
71
Anteil des Luftstroms in einem
Zweistrom-Strahltriebwerk, der außen
an der Turbine vorbeigeführt wird im
Verhältnis zum Luftstrom, der durch die
Brennkammer geführt wird.
141
Montage der weltweit leistungsstärksten
Gasturbine in Berlin-Moabit
satzbereichen von Turbokompressoren geht die Entwicklung kontinuierlich
weiter.
Bei den Flugzeugtriebwerken spielen die Verringerung des Treibstoff-
verbrauchs sowie Fragen der Schadstoff- und Lärmemissionen die zentrale
Rolle. Dazu werden je nach Hersteller verschiedene Konzepte verfolgt, z. B.
die Erhöhung des Bypass-Verhältnisses,71 die Zwischenschaltung eines Getrie-
bes zwischen Turbine und Verdichter (geared fan) oder eines außerhalb des
Turbinenge häusese liegenden Propellers (open rotor, propfan). Die Nutzung
der Abwärme der Turbinen ist ein weiterer Ansatzpunkt, um die eingesetzte
Energie besser zu nutzen. Größere Aufmerksamkeit sollte nach Angaben der
Interviewpartner außerdem der Betrachtung des Gesamtsystems gewidmet
werden, beispielsweise den Auswirkungen des steigenden Verbrauchs an elek-
trischer Energie im Flugzeug auf die Anforderungen an die Turbinentechnologie
und umgekehrt.
Bei Turbomaschinen besteht folglich ein hoher Innovationsdruck. Zwi-
schen den drei genannten Teilbereichen gibt es einige Synergiepotenziale. Dies
betrifft beispielsweise übergreifende Fragen der Material- und Produktions-
wissenschaften und den Einsatz von Simulationswerkzeugen zur Vermeidung
aufwendiger Tests. Die Regelung und Zustandsüberwachung einschließlich
der Weiterentwicklung der dazu notwendigen technischen Komponenten
(z. B. Sensoren) ist ein weiteres Thema von gemeinsamer Relevanz. Gleiches
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142
gilt für die Steigerung der Zuverlässigkeit und die Haltbarkeit der Anlagen.
Ebenso wichtig wie die genannten Produktinnovationen sind Prozessinnova-
tionen, insbesondere bei Fertigungsverfahren. Diese Anforderungen machen
in zunehmendem Maße die Zusammenarbeit verschiedener Fachdisziplinen
erforderlich, die nach Meinung der befragten Experten noch nicht immer aus-
reichend erfolgt.
Wissenschaft
In Berlin konzentriert sich die Forschung zu Turbomaschinen auf die TU
Berlin. Im Fachgebiet Experimentelle Strömungsmechanik am Institut für Strö-
mungsmechanik und Technische Akustik werden Strömungsphänomene expe-
rimentell und theoretisch untersucht. Die Gasturbinentechnik bildet einen
Schwerpunkt. Erforscht wird die Beeinflussung von Verbrennungsvorgängen
zur Senkung der Geräusch- und Schadstoffemissionen und zur Steigerung des
Wirkungsgrads von Turbomaschinen. In einem aktuellen Projekt wird eine
Mikrogasturbine im Leistungsbereich von 100 W entwickelt. Das Fachgebiet
unterhält Kooperationen mit in- und ausländischen Forschungseinrichtungen
und mit Partnern aus der Industrie, z. B. Vattenfall, Siemens, Alstom und Rolls-
Royce Deutschland.
Das Fachgebiet Luftfahrtantriebe der TU Berlin wird seit Oktober 2006 von
Prof. Dieter Peitsch geleitet. In Forschung und Lehre liegt ein Schwerpunkt
naturgemäß auf Turbinentriebwerken, es werden jedoch auch bodengebun-
dene thermische Strömungsmaschinen untersucht. Hauptforschungsgebiete
sind die Umweltwirkung von Flugtriebwerken, instationäre Effekte auf das
Betriebsverhalten und die Optimierung des Gesamtsystems. Aus einer studen-
tischen Initiativgruppe heraus wurde eine Kleingasturbine für Forschungs- und
Lehrzwecke entwickelt. Verschiedene Industriekontakte, beispielsweise zu
Rolls-Royce Deutschland, Siemens Power Generation und AneCom AeroTest,
bestehen.
Am Fachgebiet Verbrennungskraftmaschinen der TU Berlin wird in einigen
Projekten numerisch und experimentell an der Weiterentwicklung von Klein-
gasturbinen gearbeitet. Das Fachgebiet verfügt über einen Kleingasturbinen-
prüfstand.
Daneben werden einzelne Forschungsprojekte am Institut für Werkstoffwis-
senschaften und -technologien der TU Berlin durchgeführt, beispielsweise zu
Hochtemperaturanwendungen und Superlegierungen für Turbinenschaufeln.
Das Fachgebiet Energieverfahrenstechnik und Umwandlungstechniken regene-
rativer Energien hat Kompetenzen bei biogenen Brennstoffen, die zukünftig
beim Betrieb von Turbinen an Bedeutung gewinnen könnten. ›Effiziente Gas-
turbinen‹ ist einer von fünf Forschungsclustern, den die TU Berlin innerhalb
des IZE definiert hat. Insgesamt wurden über zehn Fachgebiete vom klassischen
Turbinenbau bis zu den Material-, Prozess-, und Produktionswissenschaften
ausgemacht, die einen Beitrag zur Clusterbildung liefern können. Dabei soll
eine enge Kooperation mit der BTU Cottbus erfolgen. Ein Antrag auf Einrichtung
143
eines Exzellenzclusters ›Eco-Efficient Power Engines‹ in der zweiten Runde der
Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder war allerdings nicht erfolgreich.
Die Abteilung Triebwerksakustik des DLR in Berlin befasst sich mit Maßnah-
men zur Reduzierung von Triebwerkslärm, mit der Verminderung turbulenz-
bedingter Reibungsphänomene sowie mit der Untersuchung und Beeinflus-
sung von instationären Prozessen in Brennkammern. Der Schwerpunkt liegt
auf Turbinentriebwerken, jedoch bestehen auch Kompetenzen bei der Lärm-
minderung von stationären Strömungsmaschinen wie Ventilatoren und Kom-
pressoren. Zum Fachgebiet Experimentelle Strömungsmechanik der TU Berlin
bestehen enge Kontakte. Beide Einrichtungen sind Mitglieder im DFG-Sonder-
forschungsbereich 557 ›Beeinflussung komplexer turbulenter Scherströmungen‹
und in der DFG-Forschergruppe 486 ›Verbrennungslärm‹ (vgl. Kapitel 3.4).
An der TFH Berlin stehen den Studenten des Studiengangs Maschinenbau
zwei Dampfturbinen und eine Gasturbinenanlage in dem von Prof. Theo Bra-
cke geleiteten Labor für ›Konventionelle und erneuerbare Energie‹ für Ausbil-
dungszwecke zur Verfügung.
In der Bundesanstalt für Materialprüfung (BAM) werden in der Abteilung
Werkstofftechnik unter anderem die Eigenschaften von Hochtemperaturwerk-
stoffen erforscht, wie sie für Gasturbinen benötigt werden.
In Brandenburg beschäftigen sich der von Prof. Heinz-Peter Berg geleitete
Lehrstuhl ›Verbrennungskraftmaschinen und Flugantriebe‹ und der von Prof.
Christoph Egbers geleitete Lehrstuhl ›Lehrstuhl Aerodynamik und Strömungs-
lehre‹ am Institut für Verkehrstechnik der BTU Cottbus mit Turbomaschinen für
mobile Anwendungen. Außerdem wurde eine Juniorprofessur ›Modellierung
und Optimierung, insbesondere im Bereich Aeroakustik‹, und eine Gastpro-
fessur ›Triebwerksdesign‹ eingerichtet. Der Lehrstuhl ›Metallkunde und Werk-
stofftechnik‹ unter Leitung von Prof. Christoph Leyens hat einen Fokus auf die
Luftfahrt, die Verkehrstechnik und die Energietechnik und insofern werkstoff-
wissenschaftliche und fertigungstechnische Kompetenzen im Bereich der Tur-
bomaschinen.
Wirtschaft
Die Unternehmenslandschaft im Bereich der Turbomaschinen ist in Berlin-
Brandenburg durch Niederlassungen weniger großer Konzernen geprägt. Allein
in Berlin sind über 3.300 Personen beschäftigt.
Siemens Power Generation (PG) ist derzeit nach General Electric der welt-
weit zweitgrößte Produzent für Gasturbinen. Das Unternehmen fertigt in Berlin
Gasturbinen für den internationalen Markt. Sowohl die Zahl der Beschäftigten
als auch der Umsatz im Werk in Berlin-Moabit zeigen in den letzten Jahren eine
positive Entwicklung. Derzeit sind dort etwa 2.300 Mitarbeiter beschäftigt. Im
Jahr 2007 wurden 41 Gasturbinen angefertigt, für 2008 beträgt das Ziel 55 Anla-
gen. Neben Fertigung, Montage und Inbetriebsetzung gehört der Service, mit
dem im Jahr 2007 nahezu die Hälfte des Umsatzes von 712 Mio. Euro gemacht
wurde, zum Geschäft des Werks. Das Engineering für die Gasturbinenentwick-
144
lung findet in Orlando (Florida) und am Hauptsitz des Unternehmens in Mühl-
heim / Ruhr statt, wo außerdem Dampfturbinen produziert werden. Von der
Engineering-Abteilung in Berlin werden hauptsächlich produktionstechnische
Fragen bearbeitet. Außerdem werden Prototypen gebaut. Mit der Neustruktu-
rierung des Konzerns wurde die Sparte zum Jahresbeginn 2008 in die Division
Siemens Fossil Power Generation eingegliedert. Siemens PG unterhält Kontakte
zu zahlreichen Universitäten in Deutschland, darunter zur TU Berlin und zur
BTU Cottbus. Mit dem amerikanischen Unternehmen Chromalloy unterhält Sie-
mens ein Joint Venture – die Turbine Airfoil Coating and Repair GmbH (TACR) –
die auf dem Gebiet der Beschichtung und Reparatur von Gasturbinenschaufeln
tätig ist und ca. 300 Mitarbeiter in Berlin beschäftigt.
Die MAN Turbo AG mit Stammsitz in Oberhausen ist Teil der MAN Gruppe.
Das Unternehmen verfügt über eine breite Produktpalette, die Einzelmaschi-
nen (Kompressoren, Expander, Gas- und Dampfturbinen) aber auch kom-
plette Maschinenstränge umfasst. Am Standort Berlin-Tegel ist das Kompe-
tenzzentrum des Konzerns für Raffinerien angesiedelt. Es werden Verdichter
unterschiedlicher Leistungsklassen gefertigt. Der Schwerpunkt in Forschung,
Entwicklung und Fertigung liegt auf Getriebekompressoren mit bis zu zehn
Stufen, bei denen das Unternehmen ein weltweites Alleinstellungsmerkmal
besitzt. Die in Berlin gefertigten Kompressoren finden Einsatz beispielsweise in
Luftzerlegungsanlagen und in Anwendungen für die Öl- und Gasindustrie oder
für industrielle Gase. Auch bei einem der weltweit größten Projekte zur CO2-
Verpressung werden Getriebekompressoren von MAN Turbo eingesetzt. Dabei
wird Kohlendioxid aus einer Kohlevergasungsanlage in North Dakota über 330
km in einer Pipeline nach Kanada transportiert, um dort die Förderausbeute
eines Ölfeldes zu erhöhen. In Berlin sind rund 430 Mitarbeiter beschäftigt – mit
wachsender Tendenz. Der Umsatz liegt in der Größenordnung von 100-200
Mio. Euro. Der Standort unterhält Kooperationen mit der TFH Berlin und dem
Produktionstechnischen Zentrum, einer gemeinsamen Einrichtung der TU Berlin
und des Fraunhofer-Instituts für Produktionsanlagen und Konstruktionstech-
nik, sowie mit weiteren Forschungseinrichtungen in Deutschland.
Die ALSTOM Power Service GmbH ist Teil des Alstom-Konzerns, der nach
eigenen Angaben etwa 20 Prozent aller Energieerzeugungsanlagen weltweit
erstellt. Das Berliner Werk, ehemals Teil von Bergmann-Borsig und ABB, hat
sich auf den Service für Dampf- und Gasturbinen spezialisiert, auch Genera-
toren werden gewartet. Daneben gehören Serviceleistungen für ganze Kraft-
werke, der Upgrade und Retrofit von Kraftwerksanlagen zum Geschäft des
Unternehmens. Der Betrieb in Berlin hat sich in den letzten Jahren von einer
verlängerten Werkbank der Neufertigung zu einem Standort mit eigener Ser-
vice- und Ersatzteilfertigung entwickelt, an dem Verfahren und Prozesse kon-
tinuierlich weiterentwickelt werden. Dazu kooperiert das Unternehmen auch
mit wissenschaftlichen Einrichtungen aus der Region, insbesondere mit der
FHTW Berlin. Außerdem befindet sich das Prüfzentrum für ›Zerstörungsfreie
Prüfungen‹ sowie das Logistikzentrum für Alstom Power Service am Standort.
145
Ca. 10 Mio. Euro wurden während der letzten drei Jahre in verschiedene Groß-
maschinen und -anlagen investiert. In diesem Zeitraum hat die Mitarbeiterzahl
um 20 Prozent zugenommen, derzeit sind rund 290 Mitarbeitern und 30 Auszu-
bildende beschäftigt bei einem Umsatz von ca. 40 Mio. Euro im Jahr 2007.
Neben den Niederlassungen dieser großer Konzerne finden sich in Berlin
einige Fertigungsbetriebe und Entwicklungsdienstleister wie die KST Kraft-
werks- und Spezialteile GmbH, die atech GmbH, die Gesellschaft für Entwick-
lung und Versuch mbH (GEVA) und die Ingenieurberatung Turbomaschinen
Berlin. Die Heinkel Umwelttechnik + Energieanlagen GmbH bietet Stromaggre-
gate auf Gasturbinentechnik im Leistungsbereich bis zu 5 MW an.
In Brandenburg liegt der Schwerpunkt auf der Entwicklung und Produk-
tion von Turbinentriebwerken für die Luftfahrt. Die MTU Maintenance Berlin-
Brandenburg GmbH hat ihren Sitz in Ludwigsfelde. Neben Wartungs- und
Servicearbeiten für Triebwerke der kleinen und mittleren Leistungsklasse eines
kanadischen und eines amerikanische Herstellers wird in Ludwigsfelde auch
das Triebwerk des neuen Militärtransporters A400M montiert. Der Standort ist
auch das Kompetenzzentrum des MTU-Konzerns für die Instandhaltung von
Industriegasturbinen. MTU beschäftigt über 500 Mitarbeiter in Brandenburg.72
Rolls-Royce Deutschland Ltd & Co. KG beschäftigt nach Firmenangaben
in Deutschland an zwei Standorten mehr als 2.000 Mitarbeiter. In Dahlewitz
entwickelt und fertigt Rolls-Royce Triebwerke der BR700 Familie für zivile und
militärische Anwendungen. Am Standort ist die Errichtung eines Zentrums zur
Durchführung von Tests an Gasturbinenkomponenten mit einem Investitions-
volumen von 50 Mio. Euro und 100 Mitarbeitern geplant. Der Geschäftsbereich
Energie von Rolls-Royce ist nicht in Deutschland angesiedelt, es werden also
hier keine stationären Gasturbinen gefertigt. Das Unternehmen unterhält an
den Universitäten in Cottbus, Dresden, Darmstadt und Karlsruhe so genannte
University Technology Centres (UTC) zur Intensivierung gemeinsamer Forschungs-
aktivitäten. Eine enge Partnerschaft besteht außerdem mit dem DLR Köln und
der Universität Hannover. Rolls-Royce und MAN Turbo haben außerdem ihre
Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer PTI und der RWTH Aachen intensiviert
und sich an der gemeinsamen Kooperationsinitiative TurPro beteiligt.
Einige produktionsnahe Dienstleister und Zulieferer wie Atena Enginee-
ring GmbH, KRAUSS GmbH oder AneCom AeroTest GmbH mit Kompetenzen im
Turbomaschinenbereich haben sich in Brandenburg angesiedelt. In Wildau
wurde 2003 ein Technologiepark, das Zentrum für ›Luft und Raumfahrt‹, in
Betrieb genommen, dessen Ziel es ist, die regionale Branchenentwicklung zu
fördern.
Netzwerke und Verbände
Ein regionales Netzwerk mit speziellem Fokus auf den Turbomaschinenbe-
reich besteht nicht. Kooperationen zwischen Wirtschaft und Wissenschaft fin-
den überwiegend auf bilateraler Ebene oder im Rahmen von Einzelprojekten
statt.
72
Quelle für Mitarbeiterzahl: Deutsche Bank
Research (2005).
146
Die Unternehmen MAN Turbo und Alstom Power Service sind Mitglieder im
›Innovationsnetzwerk Berliner Metall- und Elektroindustrie‹, das die Innovati-
onspotenziale in Berlin ansässiger Unternehmen der Branchen stärken und die
regionale Vernetzung zwischen Unternehmen und Wissenschaft forcieren will.
Fast alle der im Luftfahrtbereich tätigen Unternehmen sowie die BTU Cottbus
und die Technische Fachhochschule Wildau sind Mitglieder in der Berlin-Bran-
denburg Aerospace Alliance e.V., einer Interessensvereinigung der regionalen
Luft- und Raumfahrtindustrie. Die AG Turbo ist ein vom BMWi geförderter,
bundesweiter Forschungsverbund von Hochschulen, Forschungseinrichtungen
und Industrie, der seit über 20 Jahren besteht. In ihm sind Siemens PG, MTU,
Rolls-Royce, MAN Turbo und Alstom Power organisiert. Von den wissenschaft-
lichen Einrichtungen der Region gehören die TU Berlin, die BAM, das WIAS,
das DLR und die BTU Cottbus zur AG Turbo. Nach eigenen Angaben hat der
Forschungsverbund in den vergangenen 20 Jahren wesentlich zur führenden
Position Deutschlands in der Turbinentechnologie beigetragen. Ziel ist die Wei-
terentwicklung emissionsarmer und Ressourcen schonender Turbomaschinen
für Kraftwerke. Schwerpunkt der gegenwärtigen Forschungsarbeiten ist die
Entwicklung von Turbomaschinen für CO2-arme Kraftwerke.
Profil und Empfehlungen
Bei den Turbomaschinen besteht im Raum Berlin-Brandenburg sowohl in
der Wirtschaft als auch in der Wissenschaft eine klare Stärke. Mit Siemens PG,
Rolls-Royce, MAN Turbo, Alstom Power Service und MTU sind fünf führende
Konzerne der Branche in der Region vertreten, von denen die drei erstgenann-
ten Produktionsstätten unterhalten. Bei MTU und Alstom liegt der Schwerpunkt
auf dem Service- und Wartungsgeschäft und bei der Montage. Die Region ver-
fügt damit über die vermutlich höchste Dichte an Turbomaschinenherstellern
in Europa, die Branche ist von herausragender wirtschaftlicher Bedeutung für
Berlin und Brandenburg. Einige Zulieferer und Ingenieurdienstleister gibt es
zwar, die regionale wirtschaftliche Verflechtung der Niederlassungen der Groß-
konzerne ist jedoch eher gering.
In der Wissenschaft hat die Region nach Meinung der Experten das Poten-
zial, um mit anderen bedeutenden universitären Forschungsstandorten wie
Stuttgart, Aachen, Karlsruhe, Hannover, Darmstadt oder Dresden konkurrieren
zu können. Der Fokus liegt forschungsseitig auf Turbinentriebwerken für die
Luftfahrt und Gasturbinen für die Energieerzeugung. Insgesamt ist die Region
nach Selbsteinschätzung der Wissenschaft in der Lage, Fragestellungen ganz-
heitlich zu erarbeiten, also den gesamten Lebenszyklus von der Entwicklung
grundlegender Konzepte bis zur Produktionstechnik und zum Betrieb abzu-
decken. Ob das Angebot der Hochschulen tatsächlich den Bedürfnissen der
Turbomaschinenherstellern in der Region entspricht, bleibt zu prüfen.
Nach Angaben der Unternehmen entwickelt sich die Branche in Berlin posi-
tiv: Umsatz und Beschäftigtenzahl nehmen durchweg zu. Besondere Wachs-
tumschancen bestehen für einige Unternehmen, insbesondere für MAN Turbo,
147
falls Technologien zur CO2-Abscheidung und -Verpressung in größerem Stil ein-
geführt werden (vgl. Kapitel 5.4).
Die Unternehmen beurteilen den Standort Berlin ähnlich wie die Unter-
nehmen aus anderen energierelevanten Bereichen des Verarbeitenden Gewer-
bes: Vorteile bestehen bei den Arbeits- und Grundstückskosten sowie bei der
Flexibilität der Arbeitszeiten. Die Qualität der Infrastruktur wird als kein ent-
scheidender Standortfaktor gesehen, teilweise allerdings negativ eingeschätzt
(für Schwertransporte, soweit kein unkomplizierter Zugang zu Binnenhäfen
wie im Fall von Siemens besteht). Wie auch in anderen Branchen werden
Genehmigungsverfahren von den meisten Befragten als lang und kompliziert
empfunden; sie sind daher ein Standortnachteil Berlins. Ebenfalls als unzu-
reichend beurteilt wird der Zugang zu Fördermitteln des Landes. Trotz des
großen kulturellen Angebots hat die Hauptstadt nach Ansicht aller Befragten
ein Imageproblem: Die überwiegende Wahrnehmung Berlins als Dienstlei-
stungsstandort, das niedrige Niveau der Schulausbildung, die als vergleichs-
weise hoch wahrgenommene Kriminalität und andere Faktoren erschweren es,
erfahrene und qualifizierte Fachkräfte vor allem aus dem süddeutschen Raum
nach Berlin abzuwerben. Hinzu kommt, dass es in der Region an gewachsenen
Strukturen im Maschinenbau und somit an möglichen beruflichen Alternativen
für Arbeitnehmer mangelt. Obwohl die Unternehmen fast immer selbst aus-
bilden, besteht daher ein Mangel an qualifizierten Facharbeitern, der größer
ist als in anderen Regionen. Zur Verbesserung dieser Situation sind in erster
Linie Politik und Verwaltung gefragt. Einige der interviewten Repräsentanten
der Großkonzerne in Berlin empfanden außerdem den Zugang zu Fördermit-
teln des Landes als unzureichend, was im konzerninternen Wettbewerb einen
Nachteil für den Standort darstellt und längerfristig sogar zu einer Verlagerung
von Produktionskapazitäten beitragen könnte.
Der Vernetzungsgrad zwischen Wirtschaft und Wissenschaft ist unterschied-
lich hoch. Die Tatsache, dass beispielsweise Rolls-Royce zwar ein University
Centre an der BTU Cottbus unterhält, nicht jedoch an der TU Berlin, deutet dar-
auf hin, dass das Kooperationspotenzial in einigen Fachgebieten noch nicht
ausgeschöpft ist. Die gegenwärtige Situation ist zweifellos auch personellen
Umbrüchen geschuldet, die den allmählichen Ausbau von Kooperationen erst
für die nahe Zukunft erwarten lassen. Hinzu kommt in Berlin nach Ansicht der
Wissenschaft eine teils unzureichende finanzielle und infrastrukturelle Ausstat-
tung der Institute im Vergleich zu konkurrierenden Forschungsstandorten, die
es erschwert, gegenüber der Industrie in Vorleistung zu gehen. Defizite beste-
hen ebenfalls bei einigen als wenig kooperationsfreundlich empfundenen
Hochschulregularien (z. B. im Patentbereich), die die Flexibilität zur schnellen
Reaktion der Forschung auf Industriebedürfnisse verringern. Ein inzwischen
durch Neuberufungen und Gründung des IZE vermutlich behobenes Problem
wird in der mangelnden Kommunikation der einzelnen Fachgebiete innerhalb
der Universität gesehen.
148
Verbundprojekte sind im Turbomaschinenbereich nach Auskunft der Befragten
aufgrund des erforderlichen Volumens nur unter Beteiligung der etablierten
Konzerne denkbar. Allerdings besteht zwischen den Unternehmen der Bran-
che ein hoher Konkurrenzdruck. Deshalb und aufgrund kartellrechtlicher
Bestimmungen werden direkte Forschungs- und Entwicklungskooperationen
zwischen den großen Turbomaschinenherstellern in der Region Berlin als pro-
blematisch eingeschätzt. Auch wird das Synergiepotenzial zwischen mobilen
und stationären Anwendungen in der Region als eher gering beurteilt, das
Interesse an weiteren organisierten Vernetzungsaktivitäten ist daher verhalten.
Gemeinsame Interessen und Aktivitäten der Unternehmen bestehen aber im
Bereich der Ausbildung.
Auf bilateraler Ebene unterhalten jedoch alle interviewten Unternehmen
Kontakte zu Lehrstühlen, die sich mit Turbomaschinen, Materialwissenschaften,
Produktionstechnik oder anderen für Fertigungs- oder Serviceleistungen wich-
tigen Gebieten beschäftigen. Die in der Region ansässigen Konzerne sind auch
ohne die Unterstützung von Intermediären in der Lage, Kontakte zu den Hoch-
schulen zu pflegen und Forschungskooperationen zu initiieren. Allerdings
wird die Wissenschaftslandschaft in der Region zum Teil als unübersichtlich
empfunden. Um den Transfer zwischen Wirtschaft und Wissenschaft zu ver-
einfachen sollte daher besser kommuniziert werden, welches branchenrele-
vante Know-how verfügbar ist. Hauptsächlich sollten sich Intermediäre darauf
konzentrieren, Kooperationmöglichkeiten für KMU mit den Großkonzernen zu
eröffnen, um mehr Wertschöpfung in der Region zu ermöglichen. Die Chancen
für KMU werden in erster Linie in den Bereichen Maintenance, Vorrichtungsbau
sowie Mess- und Regelgerätebau gesehen.
5.4 Kraftwerke
5.4.1 Konventionelle Großkraftwerke
Innovationstrends
Elektrischer Strom wird in Deutschland zu 59 Prozent aus Steinkohle,
Braunkohle oder Erdgas erzeugt,73 der Großteil in Großkraftwerken mit etlichen
hundert Megawatt Leistung. Auf absehbare Zeit werden fossile Energieträger
den Energiemix dominieren. Besonders in den neuen wirtschaftlichen Wachs-
tumsregionen werden weltweit zahlreiche neue Kraftwerke in der Leistungs-
klasse von mehreren hundert Megawatt gebaut. Auch in Deutschland besteht
ein hoher Erneuerungsbedarf. Die Verringerung der Kohlendioxidemissionen
von Kraftwerken kann daher einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz
leisten. Klimaneutral jedoch sind nur erneuerbare Energieträger oder die Kern-
energie. Kernkraftwerke werden an dieser Studie nicht weiter diskutiert, da
weder in Berlin noch in Brandenburg entsprechende Kompetenzen vorhanden
sind. Schwerpunktmäßig werden in diesem Kapitel technische Innovationen
149
bei Großkraftwerken behandelt,74 einige Ausführungen zum Kesselbau sind in
Kapitel 5.5 zu finden.
Ein Weg zur Verbesserung der Klimabilanz von Kraftwerken, der meist auch
wirtschaftlich vorteilhaft ist, besteht in der Verbesserung ihres Wirkungsgrades.
Bei Gasturbinenkraftwerken betrifft dies vor allem Effizienzsteigerungen der
Gas turbine und des nachgeschalteten Dampfprozesses in modernen Kombi-
kraftwerken. Der Forschungsbedarf bei Gasturbinen wurde bereits in Kapi-
tel 5.3 dargelegt. Bei Dampfkraftwerken kann eine Wirkungsgradverbesserung
vorrangig durch eine Erhöhung der Dampftemperaturen auf bis zu über 700 °C
erzielt werden. Dazu besteht vor allem bei den Hochtemperaturwerkstoffen
und den Fertigungs- und Fügetechnologien hoher Forschungsbedarf, aber
auch bei Sensorik, Dichtungstechnik usw. Bei Braunkohlekraftwerken besteht
eine weitere Möglichkeit zur Wirkungsgradsteigerung durch die Vortrocknung
des Brennstoffs.
Doch auch effizientere Kraftwerke stoßen weiterhin eine erhebliche Menge
Kohlendioxid aus. Einen möglichen Ausweg stellt die Entwicklung CO2-armer
Kraftwerke dar, deren Einführung von Seiten der Energiewirtschaft bis zum Jahr
2020 anvisiert wird. In diesen Kraftwerken soll Kohlendioxid aufgefangen und
anschließend unterirdisch eingelagert werden (z. B. in salzhaltigen Wasser-
schichten), so dass die Emission in die Atmosphäre vermieden wird.
Drei Verfahren werden derzeit favorisiert:
Beim Oxyfuel-Verfahren erfolgt die Verbrennung mit Sauerstoff, so dass ■
das Rauchgas fast ausschließlich aus Wasserdampf und Kohlendioxid be -
steht.
Beim IGCC-Verfahren (engl. Integrated Gasification Combined Cycle) wird der ■
Brennstoff in ein Synthesegas umgewandelt, das hauptsächlich aus Was-
serstoff besteht. Mit diesem wird ein integrierter Gas- und Dampfturbinen-
prozess betrieben.
Bei der chemischen Rauchgaswäsche wird das CO ■ 2 mittels eines Lösungsmit-
tels aus dem Rauchgas herausgewaschen.
Alle drei CCS-Verfahren (engl. Carbon Dioxide Capture and Storage) haben spe-
zifische Vor- und Nachteile. Gemeinsam ist ihnen jedoch, dass sie zu erheb-
lichen Wirkungsgradverlusten führen und bei den momentanen Preisen für
CO2-Zertifikate unwirtschaftlich sind. Derzeit sind lediglich Pilotanlagen in
Betrieb, der Forschungsbedarf ist in allen Bereichen erheblich. Auch tech-
nische Fragen des Transports und der Lagerung des anfallenden Kohlendioxids
sind bei Weitem nicht gelöst, außerdem ist deren gesellschaftliche Akzeptanz
noch nicht erreicht. Die Weiterentwicklung der Technologien und der Bau von
Demonstrationskraftwerken werden von Seiten der EU und des Bundes intensiv
gefördert.
73
Vgl. Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen
e.V. (2008).
74
Die Darstellung geht auf die Angaben
der Interviewpartner und auf folgende
Veröffentlichungen zurück: BMWi /
BMU / BMBF (2007); BMWi (2007b) ;The
European Technology Platform for Zero
Emission Fossil Fuel Power Plants (2006).
150
Braunkohlekraftwerk Schwarze Pumpe in
Brandenburg (Vattenfall Europe AG)
Wissenschaft
An der TU Berlin bilden die Diagnose von Fehlfunktionen beim Kraftwerks-
betrieb und fortschrittliche Kraftwerke einschließlich CO2-Abscheidung einen
Forschungsschwerpunkt am Fachgebiet Energietechnik und Umweltschutz. Am
Fachgebiet Experimentelle Strömungsmechanik werden Untersuchungen zur
Schadstoffverteilung um Kraftwerke durchgeführt. Kompetenzen bestehen am
Fachgebiet auch bei Turbinen für CO2-freie Kraftwerke mit Schwerpunkt auf dem
IGCC-Verfahren. An der HU Berlin wird an der mathematische Modellierung und
Optimierung von Kraftwerkssystemen gearbeitet. Die für Kraftwerke relevanten
Forschungsaktivitäten im Turbomaschinenbereich in Berlin und Brandenburg
sind detaillierter in Kapitel 5.3 dargestellt.
Abgesehen von den Turbomaschinen ist die Forschung an Kraftwerks- und
CCS-Technologien in Brandenburg deutlich intensiver als in Berlin. An der BTU
Cottbus gibt es einen Lehrstuhl Kraftwerkstechnik, der von Prof. Hans Joachim
Krautz geleitet wird. An diesem werden effiziente und emissionsarme Ener-
gieumwandlungstechnologien erforscht mit besonderer Berücksichtigung der
Senkung der Kohlendioxidemissionen von Braunkohlekraftwerken. Am Lehr-
stuhl Energieverteilung und Hochspannungstechnik unter Leitung von Prof.
Harald Schwarz wird der Eigenenergiebedarf von Kraftwerken untersucht.
Vattenfall hat bereits im Jahr 2006 einen Kooperationsvertrag mit der BTU Cott-
© V
atte
nfal
l Eur
ope
AG
151
bus geschlossen. Das BMBF hat außerdem im Rahmen der Innovationsinitia-
tive ›Neue Länder-Unternehmen-Region‹ eine Förderzusage über 3,24 Mio.
Euro an die BTU Cottbus vergeben, um dort eine Nachwuchsforschergruppe
zur Kraftwerkstechnik einzurichten. Das Projekt trägt den Titel ›Innovatives
Forschungsvorhaben zum CO2-armen Kraftwerk unter Einbezug regionaler und
überregionaler KMU zur kooperativen Forschung, Entwicklung und Vermark-
tung innovativer Kraftwerkstechnologien‹.75
Das GFZ Potsdam ist wissenschaftlich am europäischen Forschungsprojekt
CO2SINK beteiligt, in dem die Speicherung von Kohlendioxid in einem unterir-
dischen salinen Aquifer im brandenburgischen Ketzin erprobt wird. Die Koor-
dination des Projektes erfolgt durch das GFZ.76
Wirtschaft
In Berlin gibt es zahlreiche Kraftwerke, die der Strom- und Wärmever-
sorgung dienen und von den Energieversorgern, allen voran von Vattenfall,
betrieben werden. In Brandenburg liegt der Schwerpunkt auf der Braunkohle-
verstromung. Detaillierte Ausführungen dazu wurden bereits in Kapitel 4.2.3
dieser Studie gemacht.
Vattenfall ist das Unternehmen, das die Entwicklung neuer Kraftwerkstech-
nologien in der Region am intensivsten vorantreibt. Der Konzern kooperiert
mit der BTU Cottbus bei der Entwicklung eines CO2-armen Kraftwerks auf Basis
des Oxyfuel-Verfahrens. Eine gemeinsame Testanlage ist bereits in Jänschwalde
in Betrieb. Derzeit wird eine Pilotanlage am Standort Schwarze Pumpe errich-
tet, die eine thermische Leistung von 30 Megawatt haben wird.77 Vattenfall ist
außerdem Partner im CO2SINK-Projekt.
Die CCS-Demonstrationsprojekte der anderen großen Stromversorger sind
nicht in der Region lokalisiert. RWE setzt auf die IGCC-Technologie, forscht aber
ebenfalls an der Rauchgaswäsche. An dieser arbeitet auch E.ON in Kooperation
mit Siemens. Allein Siemens hat für CCS-Technologien (inklusive IGCC) ein For-
schungs- und Entwicklungsbudget von 500 Mio. Euro bereitgestellt.78
Neben Vattenfall und den Turbomaschinenbauern sind einige weitere
Unternehmen in Berlin ansässig, die Komponenten für Kraftwerke fertigen
oder Dienstleistungen erbringen. Ein Beispiel ist die Magwen Valves and Actu-
ators GmbH, ein Hersteller von Spezialarmaturen und Ventilen für Kraftwerke,
Erdöl- und Erdgasanlagen. Das Unternehmen hat Ende 2007 seinen Firmensitz
nach Berlin verlegt und die Fertigung auf dem Gelände des ehemaligen CNH-
Werkes in Berlin Spandau aufgenommen.79 Für Brandenburg gibt außerdem
der Internetauftritt des GA-Netzwerks Energiewirtschaft / Energietechnologie
(EWET), innerhalb dessen eine Arbeitsgruppe ›Kraftwerkstechnologien‹ besteht,
weiteren Aufschluss.
Profil und Empfehlungen
Abgesehen vom Turbomaschinenbereich findet in Berlin verhältnismäßig
wenig Forschung zu modernen Kraftwerkstechnologien statt. Die BTU Cottbus
75
Vgl. BTU Cottbus (2008).
76
Homepage: www.co2sink.org.
77
Vgl. Vattenfall Europe AG (2006).
78
Vgl. Der Tagesspiegel (2007).
79
Vgl. Doll (2007).
152
ist deutlich forschungsstärker. Außerdem favorisiert Vattenfall das Oxyfuel-Ver-
fahren für CO2-arme Kraftwerke, zu dem in Berlin nach derzeitigem Erkenntnis-
stand nur wenige wissenschaftliche Kompetenzen vorhanden sind. Vattenfall
konzentriert seine diesbezüglichen Kooperationsaktivitäten auf die BTU Cott-
bus. Da Verbundprojekte zu Kraftwerkstechnologien nicht ohne die Beteiligung
der großen Konzerne möglich sind, dürfte für Berlin die entscheidende Frage
sein, ob Vattenfall bereit ist, seine Zusammenarbeit mit der TU Berlin zu inten-
sivieren und ob forschungsseitig die erforderlichen Kompetenzen ausgebaut
werden können.
Eine Bündelung der Kompetenzen in Berlin und Brandenburg und eine
gemeinsame Abstimmung der Forschungsaktivitäten wäre zweifellos für beide
Seiten vorteilhaft. Andere Regionen haben bereits Schritte in diese Richtung
unternommen, beispielsweise Bayern und Baden-Württemberg in der Ini-
tiative ›Kraftwerke des 21. Jahrhunderts‹ und Nordrhein-Westfalen mit dem
›Kompetenz-Netzwerk Kraftwerkstechnik NRW‹. Allerdings sind die Kraftwerks-
sparten der großen Konzerne nicht in der Region Berlin-Brandenburg ansässig,
d.h. Kompetenzen für den Bau kompletter Kraftwerke sind unternehmenssei-
tig nicht vorhanden. Neben den Turbomaschinen ist daher in Hinblick auf die
Stärkung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit insbesondere der Zuliefer- und
Servicebereich von Bedeutung. Mit der Gründung des brandenburgischen GA-
Netzwerkes EWET und der Arbeitsgruppe ›Kraftwerkstechnologien‹ innerhalb
des Netzwerks wurde bereits ein Schritt unternommen, um die Vernetzung der
Akteure in der Region zu verbessern. Es könnte als Kern dienen, um auch den
kleinen und mittleren Unternehmen vermehrt Kooperationschancen zu eröff-
nen.
5.4.2 Blockheizkraftwerke und Kraft-Wärme-Kopplung
Innovationstrends
Bei der Stromerzeugung fällt immer ein gewisser Anteil der eingesetzten
Energie als Wärme an. Beispielsweise besitzen moderne Steinkohlekraft-
werke einen elektrischen Wirkungsgrad von etwa 45 Prozent, d.h. mehr als
die Hälfte der chemischen Energie des eingesetzten Brennstoffes wird nicht in
elektrische Energie umgewandelt. Kann die entstehende Wärme genutzt wer-
den, so erhöht sich der Wirkungsgrad des Kraftwerks signifikant, die Energie
wird effizienter genutzt. Man spricht von Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Da
der Wärmetransport über weite Entfernungen nicht lohnt, findet KWK derzeit
vorrangig in Ballungsgebieten zu Heizzwecken Anwendung. Eine weitere Mög-
lichkeit besteht in der Verwendung als Prozesswärme.
Die Einspeisung von Strom aus KWK wird finanziell gefördert, gestaffelt
nach Leistung, Alter und Modernisierungsgrad der Anlagen. Bei der Nutzung
von Abwärme aus biogenen Brennstoffen und beim Einsatz einiger innovativer
Technologien wird ein zusätzlicher Bonus gezahlt. Gesetzliche Grundlage ist
das 2002 in Kraft getretene Gesetz für die Erhaltung, die Modernisierung und
153
den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK-Gesetz) und das Erneuerbare-
Energien-Gesetz. Die geplante Novellierung des KWK-Gesetzes ist Teil des Inte-
grierten Energie- und Klimaprogramms der Bundesregierung und hat das Ziel,
den Anteil von KWK am Stommarkt auszubauen.
Ganze Stadtviertel lassen sich mit Fernwärme versorgen, die aus Groß-
kraftwerken der oberen Leistungsklassen stammt. Zu den Kraftwerken selbst
wurden bereits Ausführungen gemacht. Die Techniken zur Verteilung der Fern-
wärme sind seit langem etabliert, es wird aber weiterhin an Fragestellungen
wie der optimierten Fahrweise von Fernwärmeanlagen, dem Leitungsbau, dem
Einsatz regenerativer Energien, der Rücklaufkühlung, der Nutzung von Fern-
wärme zur Kühlung usw. geforscht.
Um auch Gebiete versorgen zu können, in denen eine Versorgung mit Fern-
wärme aus wirtschaftlichen oder anderen Gründen nicht gewollt ist, kommen
dezentrale Blockheizkraftwerke (BHKW) kleinerer Leistungsklassen in Frage.
Diese werden mit Kolbenmotoren oder Turbinen betrieben, auch Brennstoff-
zellen sind prinzipiell geeignet. Aufgrund des absehbaren Ausbaus der dezent-
ralen Energieversorgung wird diese Technik anwenderseitig zweifellos weiter
an Bedeutung gewinnen.
Forschungsbedarf besteht beispielsweise bei der Regelung und bei der
Netzeinbindung der Anlagen (z. B. als Teil eines virtuellen Kraftwerks, vgl.
Kapitel 5.6.1), bei alternativen Formen der Abwärmenutzung von BHKW (vgl.
Kapitel 5.5) oder zum Einsatz biogener Brennstoffe. Fortschritte bei Mikrotur-
binen (vgl. Kapitel 5.3) und bei Brennstoffzellen (vgl. Kapitel 5.2) die alle für
den Einsatz in BHKW geeignet sind, können ebenfalls zur Effizienzsteigerung
beitragen. Auch bei Kolbenmotoren (vgl. Kapitel 5.10) besteht weiterer Ent-
wicklungsbedarf, da diese für den Einsatz in BHKW speziellen Anforderungen
genügen müssen. Ein weiteres Feld ist die Entwicklung von Mikro-BHKW mit
wenigen Kilowatt Leistung zur Versorgung kleinerer Wohneinheiten, bei denen
vor allem ein Wirtschaftlichkeitsproblem besteht. Hoher Entwicklungsbedarf
besteht auch bei effizienten Wärmespeichern. Da diese vor allem für einzelne
Gebäude oder für den Verbund einiger Wohneinheiten von Bedeutung sind,
werden sie in dem gebäudespezifischen Kapitel 5.11 behandelt.
Wissenschaft
In den wissenschaftlichen Einrichtungen der Region Berlin-Brandenburg
findet nach Kenntnis des Autors keine direkte technologische Forschung zu
KWK oder zu BHKW statt. Schnittmengen bestehen zu verschiedenen Feldern
wie alternativen Formen der Abwärmenutzung (insbesondere Kühlung), dem
Gebäudebereich, der Netzintegration dezentraler Erzeuger, biogenen Brenn-
stoffen und Verbrennungsmotoren. Über die Aktivitäten in diesen Bereichen
geben die entsprechenden Kapitel der vorliegenden Studie Aufschluss.
154
Wirtschaft
Der Schwerpunkt bei BHKW und KWK liegt in Berlin nicht auf der Herstel-
ler- oder Forschungsseite, sondern auf der Anwenderseite. Berlin verfügt über
eine Reihe von KWK-Heizkraftwerken mit Leistungen von mehreren hundert
Megawatt, die größtenteils von Vattenfall betrieben werden, und mit 580.000
angeschlossenen Wohnungen über das größte Fernwärmenetz in Deutsch-
land.80 Laut Berliner Energieagentur sind in Berlin außerdem 250 Anlagen zur
dezentralen KWK im Einsatz. Diese werden größtenteils von Wohnungsbauge-
sellschaften, Contracting-Unternehmen und den Energieversorgern, die auch
selbst im Contracting-Geschäft tätig sind, betrieben.
Die Energieversorger und Wohnungsbaugesellschaften, in deren Besitz sich
die Nah- und Fernwärmenetze in Berlin überwiegend befinden, betreiben
abgesehen von Vattenfall, der GASAG und einigen kleineren Firmen wie BTB
nach Kenntnis des Autors nur in geringem Umfang Forschung und Entwicklung
zum Thema, mit Ausnahme von verschiedenen Demonstrations- und Vorzeige-
projekten. Die GASAG führt derzeit einen Feldversuch zum Einsatz eines Mikro-
BHKW durch. Es handelt sich um ein mit einem Stirling-Motor betriebenes
Modell eines neuseeländischen Herstellers mit einer elektrischen Leistung
von 1 kW und einer thermischen Leistung von 7,5 kW. Eine interessante Option
stellt außerdem die Nutzung von Fern- oder Nahwärme zu Kühlzwecken dar
(vgl. Kapitel 5.5). Einige Netze zur Kälteversorgung werden in Berlin betrieben,
beispielsweise am Potsdamer Platz von Vattenfall oder in Berlin-Adlershof
von BTB.
Einer der wenigen Hersteller von Blockheizkraftwerken in der Hauptstadt
ist die S & R Schalt- und Regeltechnik GmbH, die ein Brennstoffzellen-BHKW
entwickelt hat (vgl. Kapitel 5.2). Die SES Energiesysteme GmbH wurde 1998
gegründet. Sie entwickelt und projektiert Blockheizkraftwerke und Netzersatz-
anlagen als Klein KWK-Kompaktmodule in Containerbauweise oder als Raum-
installation und fertigt seit 2004 eigene BHKW-Module und Anlagen im elek-
trischen Leistungsbereich von 20 kW bis 2MW. Am Fertigungsstandort der SES in
Rackwitz (Sachsen) befindet sich ein Modulprüfstand. Die upb GmbH konzipiert
in Deutschland BHKW im mittleren Leistungsbereich von 50 kW bis 280 kW, die
in Lettland, dem Sitz der Muttergesellschaft, gefertigt werden. Neben Erdgas
können die Anlagen auch für Bio-, Deponie- und Klärgase ausgelegt werden.
Die Heinkel Umwelttechnik + Energieanlagen GmbH konzipiert und fertigt in
Berlin stationäre Diesel- oder Gasstromerzeuger von 10 kW bis 5 MW sowie
transportable Stromerzeuger bis zwei MW. Außerdem gibt es in der Region ver-
schiedene Beratungs- und Planungsbüros, die in dem Gebiet tätig sind.
Profil und Empfehlungen
Ob Bedarf an einer stärkeren Vernetzung der Unternehmen und der Wis-
senschaft in der Region besteht, ist nicht bekannt. Organisierte Netzwerke der
Hersteller oder Anwender von BHKW- und Fernwärmetechnik gibt es in der
Region Berlin nicht, abgesehen vom Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung
155
e.V. (B.KWK), der die Interessen von Unternehmen und Privatpersonen aus der
Branche vertritt.
Besondere wissenschaftliche Kompetenzen sind nicht vorhanden, Anla-
genproduktion findet in der Region nur in geringem Umfang statt. Allerdings ist
das Anwendungspotenzial in Berlin enorm. Ein Ziel sollte sein, dieses Potenzial
weiter zu erschließen. Dazu könnte eine Intensivierung der Vernetzung zwi-
schen den wenigen Herstellern, den Dienstleistern und den Anwendern (z. B.
Wohnungsbaugesellschaften) hilfreich sein. Dadurch könnte nicht nur dem
Klimaschutzgedanken Genüge getan, sondern auch die in der Region ansässi-
gen Unternehmen gestärkt werden. Es empfiehlt sich, die Forschungsförderung
auf Schnittmengen mit denjenigen Themen zu konzentrieren, bei denen in der
Region gute Kompetenzen vorhanden sind, also beispielsweise Netzeinbin-
dung, Abwärmenutzung usw.
5.5 Nutzung von Hoch- und Niedertemperaturwärme, Kesselbau
Innovationstrends
In diesem Kapitel werden zusammenfassend einige Prozesse und Verfah-
ren zur Nutzung von Wärme in verschiedenen Temperaturbereichen und aus
unterschiedlichen Quellen behandelt. Die direkte Nutzung von Sonnenenergie
und die Geothermie wurden bereits in den separaten Kapiteln 5.1.2 und 5.1.3
erläutert.
Niedertemperaturwärme stammt aus unterschiedlichen Quellen. Bei-
spielsweise kann es sich um solare oder geothermische Wärme, Abwärme von
Anlagen, Abwasser oder ähnliches handeln. Die untere Grenze des Niedertem-
peraturbereiches wird durch die mindestens erforderliche Temperatur zur Nut-
zung für Wärm- und Heizzwecke vorgegeben. Eine eindeutig definierte obere
Schranke existiert nicht. Technisch am anspruchsvollsten ist die Umwandlung
der Niedertemperaturwärme im Temperaturbereich bis zu 200 °C in mecha-
nische und elektrische Energie oder in Kälte.81 Die Rückführung der in der
Abluft von Gebäuden enthaltenen Energie mit Hilfe von Wärmetauschern kann
bereits als Stand der Technik betrachtet werden. Zum Gebäudebereich finden
sich weitere Ausführungen in Kapitel 5.11. Die Wärme aus Abwasser kann ähn-
lich wie bei der Nutzung oberflächennaher geothermaler Quellen mit Hilfe von
Wärmepumpen zurückgewonnen werden.
Thermisch betriebene Kälteanlagen stellen eine Alternative zu üblichen
Kompressoranlagen dar. In beiden Fällen wird der Kühleffekt durch Verdamp-
fung eines Kältemittels bei niedrigem Druck erzielt. Statt eines Verdichters, der
das Kältemittel bei hohem Druck wieder verflüssigt, wird bei Absorptions- und
Adsorptionskälteanlagen ein Sorptionsmittel eingesetzt, welches das Kältemit-
tel auf dem niedrigen Druckniveau aufnimmt. Auf hohem Druckniveau wird
das Kältemittel durch Wärmezufuhr wieder ausgetrieben. Dadurch kann auf
den Verdichter verzichtet und ein großer Teil der sonst erforderlich elektrischen
80
Vgl. Senat von Berlin (2006).
81
Vgl. TU Berlin (o. J.), Niedertemperatur-
wärme.
156
Energie eingespart werden. Die eingesetzte Wärme muss dazu nicht notwen-
digerweise im Niedertemperaturbereich liegen, ganz im Gegenteil ist die Rege-
neration des Kältemittels bei hohen Temperaturen sogar einfacher. Vattenfall
betreibt beispielsweise in der Energiezentrale am Potsdamer Platz mehrere
Absorptionskältemaschinen, die die Abwärme eines Heizkraftwerks nutzen.
Das größte Potenzial der Technologie wird allerdings im Bereich der solaren
Kühlung gesehen, bei der die erforderliche Wärme mit Hilfe von Solarkollek-
toren gewonnen wird. In diesem Fall ergänzen sich Klimatisierungsbedarf
und Wärmeangebot hervorragend. Auch der Einsatz von Fernwärme zu Kühl-
zwecken im Sommer ist eine wirtschaftlich interessante Option, an der auch
Vattenfall arbeitet. Sorptionskälteanlagen sind bereits auf dem Markt verfügbar,
und verschiedene Demonstrationsprojekte haben – unter anderem in Berlin –
die Machbarkeit der solargestützten Kälteerzeugung gezeigt (vgl. Kapitel 5.1.2).
Das Hauptproblem liegt in der geringen Wirtschaftlichkeit der Technologie ver-
glichen mit Kompressionskältemaschinen sowie bei Gewicht und Größe der
Anlagen. Weitere Fortschritte bei den Sorptionsmaterialen, bei der Steuerung
und Regelung, bei den Wärmetauschermaterialien und beim Stoffübergang
sind erforderlich.
Abwärme in höheren Temperaturbereichen fällt bei vielen Prozessen in
Industrie und Gewerbe sowie im Verkehr an. In einigen Fällen ist sie direkt
nutzbar, beispielsweise zur Erzeugung von Dampf, mit dem eine Turbine betrie-
ben wird. Auch die besonders effizienten Kombikraftwerke nutzen die heißen
Abgase der Gasturbine in einer zweiten Stufe zum Betrieb einer Dampfturbine.
Aber auch in der chemischen und petrochemischen Industrie fallen vergleichs-
weise hohe Abwärmemengen an. Besonders intensiv werden derzeit alterna-
tive Konzepte zur Nutzung von Abwärme, die in Abgasen von Kolbenmotoren
in stationären oder mobilen Anwendungen enthalten ist, untersucht. Dazu
kommen spezielle Dampfprozesse wie der Kalina-Kreisprozess oder der Organic
Rankine Cycle (ORC) Prozess in Frage, die im relevanten Temperatur bereich von
200 °C – 500 °C vergleichsweise effizient arbeiten. Keines dieser Systeme ist bis
heute in die Serienfertigung gegangen. Dies belegt, dass weiterhin großer Ent-
wicklungsbedarf vorhanden ist. Außerdem werden grundsätzlich andere Kon-
zepte zur Nutzung von Temperaturdifferenzen wie Thermoelektrika (›Seebeck-
Effekt‹ zur direkten Wandlung von Abgaswärme in elektrische Energie) verfolgt.
Auch in der Luftfahrt werden Konzepte zur Nutzung der heißen Triebwerksgase
untersucht, beispielsweise von der MTU Aero Engines im Rahmen des Claire –
Clean Air Engine Projektes.
Im Kesselbau sind nach Angaben der Befragten die Innovationszyklen lang,
da Zuverlässigkeit und Langlebigkeit bei den Kunden im Vordergrund stehen.
Dennoch wird kontinuierlich an der Verbesserung des Schnellstartverhaltens
der Anlagen, des Wirkungsgrads und der Reaktionsfähigkeit auf Lastschwan-
kungen gearbeitet.82 Verbesserte Materialien und Komponenten (z. B. Wärme-
tauscher) und Fortschritte bei Steuerungs- und Regelungsmöglichkeiten kön-
nen dazu einen Beitrag leisten.
157
Wissenschaft
Grundlegende Kompetenzen zur Wärmenutzung bestehen an einigen Fach-
bereichen und Instituten der TU Berlin, der BTU Cottbus und der Fachhoch-
schulen. Der Forschungsschwerpunkt am Fachgebiet ›Maschinen- und Energie-
anlagentechnik‹ der TU Berlin liegt auf Absorptionskälteanlagen und solarem
Kühlen. Grundlegende Absorptionsmechanismen, der Thermosyphon generator
und Vakuumhaltesysteme gehören zum Forschungsspektrum. Das Fachgebiet
unterhält Kontakte und Kooperationen mit allen anderen Forschungseinrich-
tungen in Deutschland, die sich mit solarer Kühlung beschäftigen, und mit
Industriepartnern, darunter SK Sonnenklima, Vaillant, Vattenfall und Viess-
mann. Das Fachgebiet ist durch die Beteiligung an einem EU-Projekt mit 32
Teilnehmern auch international vernetzt. Im Rahmen des IZE der TU Berlin
wurde ein Cluster ›Nutzung von Niedertemperaturwärme‹ eingerichtet, dessen
Leiter Prof. Felix Ziegler ist.
Die beiden Fachgebiete ›Kraftfahrzeuge‹ und ›Verbrennungskraftmaschi-
nen‹ der TU Berlin waren an der Entwicklung der SteamCell der Amovis GmbH
beteiligt. Die Fachgebiete ›Montagetechnik und Fabrikbetrieb‹, ›Energieverfah-
renstechnik und Umwandlungstechniken regenerativer Energien‹, ›Schienen-
fahrzeuge‹ und ›Entwurf und Betrieb maritimer Systeme‹ sowie Frau Prof. Petra
Bittrich vom Fachbereich 1 der FHTW Berlin haben gemeinsam an der Erstel-
lung einer Studie83 gearbeitet, in der die Einsatzmöglichkeiten der SteamCell
bei Schiffen, Bahnen und Blockheizkraftwerken untersucht wurden. Potenziale
bestehen danach in allen drei mobilen und stationären Bereichen, Blockheiz-
kraftwerke sind aber aufgrund des Innovationsbonus im Erneuerbaren-Ener-
gien-Gesetz besonders geeignet für einen schnellen Markteinstieg.
Am Fachgebiet Verfahrenstechnik am Fachbereich Ingenieurwesen / Wirt-
schaftsingenieurwesen der TFH Wildau wird unter anderem zur Stoff- und
Wärmeübertragung geforscht (insbesondere zu Maßnahmen zur Wärme- und
Stoffübertragung in strukturierten Rohren). Der Fachgebietsleiter Prof. Udo
Hellwig ist außerdem Geschäftsführer der ERK Eckrohrkessel GmbH in Berlin.
Wirtschaft
Einige innovative Unternehmen aus der Region, die sich mit der Nutzung
von Wärme und Abwärme beschäftigen, werden im Folgenden kurz vorgestellt.
Die SK Sonnenklima hat in Kooperation mit der TU Berlin eine Absorpti-
onskältemaschine mit rund 10 kW Leistung zur Nutzung von Niedertempera-
turwärme entwickelt. Die InvenSor GmbH stellt Adsorptionskältemaschinen im
Leistungbereich 5 kW bis 50 kW Kälte her, die mit der Abwärme von energie-
und prozesstechnischen Anlagen betrieben werden.
Die Berliner Wasserbetriebe erproben in einigen Projekten (Sporthalle,
Schwimmbäder, Bundesministerium für Umwelt) die Nutzung von Abwasser-
wärme mittels Wärmepumpen.
Die Amovis GmbH ist ein junges Berliner Engineering-Unternehmen mit
40 Mitarbeitern aus dem Automotive-Bereich. Das Unternehmen hat in
82
Vgl. zu Entwicklungstrends z. B. den
Internetauftritt der ERK Eckrohrkessel
GmbH: www.eckrohrkessel.com.
83
Clemens et al. (2007).
158
Zusammenarbeit mit der TU Berlin ein System entwickelt, das die Abwärme
von Motoren nutzt und als mechanische oder elektrische Energie zur Verfügung
stellt. Mögliche Einsatzgebiete sind Schiffe, Bahnen, Blockheizkraftwerke und
Kraftfahrzeuge. Diese so genannte SteamCell ist aus einem Verbundprojekt (Zero
Emission Engine) entstanden, das über längere Zeit durch das Land Berlin und
die TSB gefördert wurde. Sie kann als Hilfsaggregat (engl. auxiliary power unit,
APU) die Stromversorgung im Fahrzeug gewährleisten und / oder mechanische
Energie in den Antrieb einkoppeln. Zu Grunde liegt ein Kalina-Kreisprozess.
Kooperationen laufen mit BMW im Kfz-Bereich (Projekt ›Turbosteamer‹) und
mit Voith Turbo im Bereich der Schienenfahrzeuge. Außerdem gibt es in der
Region Akteure, die im Bereich der Thermoelektrika aktiv sind.
Wie in Kapitel 4.2.2 bereits dargelegt wurde, ist den Zahlen der Statistik-
ämter zufolge ein signifikanter Anteil der deutschlandweit Beschäftigten im
Kesselbau für industrielle Anwendungen und Kraftwerke in Berlin-Branden-
burg tätig. Kessel für Großkraftwerke werden in der Region nicht gebaut.
Eines der Unternehmen der Branche ist die BORSIG Process Heat Exchanger
GmbH. Der Betrieb in Berlin stellt Apparate für die chemische und petroche-
mische Industrie her. Zur Produktpalette des international führenden Unter-
nehmens gehören Prozessgas-Abhitzekessel für den Hochtemperatur- und
Hochdruckbereich, Tunnel- und Linearspaltgaskühler für die Ethylenproduk-
tion, Dampftrommeln und Speisewasservorwärmer sowie Kratzkühler. BORSIG
hat Kontakte zu zahlreichen Unternehmen der Petrochemie und der Energie-
branche und unterhält verschiedene Forschungskooperationen mit wissen-
schaftlichen Einrichtungen in Deutschland. Insgesamt hat die BORSIG Gruppe
etwa 450 Mitarbeiter. Im Jahr 2008 hat die in Malaysia ansässige KNM Group
Berhad die BORSIG Gruppe übernommen.84
Die ERK Eckrohrkessel GmbH aus Berlin-Kreuzberg erbringt Engineering-
Dienstleistungen im Bereich der Industriekesseltechnik und der thermischen
Energietechnik. Außerdem vergibt das Unternehmen Lizenzen an Hersteller
zum Bau des Eckrohrkesselsystems der Firma. Dabei handelt es sich um Indus-
triekessel für Dampf, Heißwasser und Thermoöle, die von ERK bis zu Dampflei-
stungen von 216 t / h, Dampfdrücken von 136 bar und Heißdampftemperaturen
von 525 °C ausgelegt werden können. Sowohl mobile als auch stationäre
Anwendungen und verschiedene Brennstofftypen werden abgedeckt. Mit den
Lizenznehmern werden regelmäßige Treffen durchgeführt, die dem Erfah-
rungsaustausch dienen. Das Unternehmen kooperiert mit verschiedenen wis-
senschaftlichen Einrichtungen und Unternehmen – z. B. mit der TFH Wildau,
der TU Berlin, der FHTW Berlin, der TU München und der TU Hamburg-Harburg.
Außerdem befasst sich das Unternehmen mit der Optimierung von Industrial
Power Tubes85 zur Wärmeübertragung.
Die Viessmann Werke GmbH & Co KG fertigen an den beiden Standorten Ber-
lin und Mittenwalde Niedertemperatur- und Brennwertkessel, Niederdruck-
und Hochdruck-Heißwassererzeuger bis 19,5 MW Leistung sowie Niederdruck-
und Hochdruck-Dampferzeuger bis 25 t / h. Abhitzekessel für die Nutzung von
159
Abwärme aus Heizkraftwerken und Gasturbinen oder aus industriellen Pro-
zessen gehören ebenfalls zur Produktpalette des Unternehmens. Im Jahr 2005
waren in Berlin 355 Mitarbeiter beschäftigt und in Mittenwalde 289.86
Einige weitere Unternehmen wie die Schneider International GmbH oder
die Stabotec GmbH, die selbst Kessel fertigen oder Komponenten zuliefern, sind
in der Hauptstadt ansässig.
Über die in Brandenburg ansässigen Unternehmen liegen kaum Erkennt-
nisse vor. Einige der relevanten Firmen finden sich im Internetauftritt des
GA-Netzwerks Energiewirtschaft / Energietechnologie (EWET). Ein Beispiel ist die
La Mont GmbH in Wildau, ein Ingenieurbüro, das sich mit industriellen Wär-
meübertragern zur Dampf- und Heißwassererzeugung befasst und auch mit
einer Niederlassung in Berlin-Kreuzberg vertreten ist.
Netzwerke und Verbände
Einige Unternehmen der Region, die sich mit der Nutzung von thermischer
Energie befassen, sind Mitglied im Brandenburger GA-Kooperationsnetzwerk
Energiewirtschaft / Energietechnologie (EWET). Weitere institutionalisierte regio-
nale Netzwerke der Branche gibt es nicht, jedoch unterhalten etliche der Unter-
nehmen Geschäftsbeziehungen und Forschungskooperationen untereinander
sowie mit wissenschaftlichen Einrichtungen in der Region und überregional.
Profil und Empfehlungen
Bei der Nutzung der Abwärme von Verbrennungsmotoren hat Berlin durch
die Entwicklung der SteamCell bei Amovis GmbH eine führende Rolle. Die
Entwicklung sollte weiter beobachtet, das Unternehmen gegebenenfalls bei
Markteinführung und Erschließung neuer Anwendungsfelder wie Blockheiz-
kraftwerke unterstützt werden. Falls die SteamCell in Serienfertigung geht,
sollte versucht werden, die Produktion in unmittelbarer Nähe zur Forschungs-
und Entwicklungskompetenz in Berlin anzusiedeln.
An der solaren Kühlung bzw. am Kühlen mit Abwärme arbeiten in Deutsch-
land nur wenige Forschungsinstitute. Das Fachgebiet Maschinen- und Energie-
anlagentechnik der TU Berlin beabsichtigt nach eigenen Angaben zukünftige
Entwicklungsprojekte stärker auf Unternehmen der Region zu fokussieren.87 Im
Rahmen der Kooperation mit der SK Sonnenklima ist dies bereits geschehen.
Der solaren Kühlung wird ein enormes Marktpotenzial zugesprochen, falls es
gelingt, die technischen Hürden zu nehmen und wirtschaftlich konkurrenz-
fähig zu werden. Die Entwicklung sollte deshalb trotz der in Berlin geringen
Besetzung genau beobachtet und, falls erforderlich, durch geeignete Maß-
nahmen unterstützt werden. Derzeit ist ein Pilotprojekt in Planung, bei dem
die Abwärme einer Anlage in Kombination mit solarer Wärme zu Kühlzwecken
genutzt werden soll.
Der Kesselbau hat eine verhältnismäßig starke Position in der Region.
Soweit die bekannten Unternehmen nicht in direkter Konkurrenz stehen, sind
sie untereinander durch Geschäftsbeziehungen oder andere Kooperationen
84
Vgl. BORSIG GmbH (2008).
85
Bei Industrial Power Tubes handelt es
sich um Rohrkörper mit einer anwen-
dungsspezifi sch gestalteten Oberfl ächen-
geometrie (Quelle: La Mont GmbH).
86
Viessmann Werke Berlin GmbH & Co KG
(2005).
87
Vgl. TU Berlin (o. J.), Niedertemperatur-
wärme.
160
vernetzt. Weiterer Vernetzungsbedarf besteht daher nicht. Die Rahmenbedin-
gungen sind jedoch an einigen Stellen verbesserungsbedürftig. Dies betrifft
beispielsweise die Verkehrsinfrastruktur (Schwerlastverkehr), Genehmigungs-
verfahren oder das schlechte Image Berlins als Industriestandort. Die Forde-
rungen der Unternehmen ähneln hier denen aus anderen Bereichen des Ver-
arbeitenden Gewerbes, insbesondere des Turbomaschinenbaus.
Geprüft werden sollte außerdem, ob weiteres Potenzial für Kooperations-
projekte zwischen den Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen in
der Region besteht, die sich mit Prozessen befassen, bei denen große Mengen
Wärmeenergie beteiligt sind. Dies betrifft nicht nur die hier genannten Bereiche
sondern ebenso BtL-Verfahren, Gasturbinen sowie die Heiz- und Klimatechnik.
Ein Anknüpfungspunkt zwischen den Gebieten könnten beispielsweise effi-
ziente Systeme zur Wärmeübertragung sein. Um dies zu klären, wird die Durch-
führung entsprechender fachspezifischer Gesprächskreise empfohlen.
5.6 Transport, Verteilung und Speicherung von Energie
5.6.1 Elektrische Netze
Innovationstrends
Der Großteil des Geschäfts der führenden europäischen Hersteller von Gerä-
ten zum Transport und zur Verteilung von elektrischer Energie – Siemens, ABB,
Alstom oder Areva – hat sich in die aufstrebenden Schwellenländer, allen voran
China und Indien, verschoben. Dennoch stellen sich neue Anforderungen an
die elektrischen Energieversorgungsnetze auch in den entwickelten Regionen
Europas und Nordamerikas, in denen die Stromnetze generell einen guten Aus-
bauzustand haben.
Das hat mehrere Gründe:88
Erstens steigt der Verbrauch an elektrischer Energie auch hierzulande weiter ■
an.89
Zweitens ergibt sich durch den wachsenden Anteil erneuerbarer Energien ■
und von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen ein Trend zur Dezentralisierung
der elektrischen Versorgungsnetze.
Drittens muss der elektrische Strom über größere Entfernungen transportiert ■
werden. Dafür ist zum einen die Liberalisierung des Strommarktes verant-
wortlich, zum anderen der Ausbau der Windkraft, da dieser überwiegend
lastfern erfolgt und sich auf die norddeutschen Bundesländer konzentriert.
Die Deutsche Energieagentur geht davon aus, dass bei einem möglichen
Ausbau der Windenergie an Land auf 26,2 GW und Offshore auf 9,8 GW
bis zum Jahr 2015 in Deutschland 850 Kilometer Hochspannungstrasse mit
380 kV Übertragungsspannung neu gebaut und weitere 392 Kilometer aus-
gebaut werden müssen.90
161
Viertens wohnt der Windenergie ebenso wie dem Solarstrom eine sto- ■
chastische Komponente inne, die die Aufrechterhaltung der Netzstabilität
erschwert.
Fünftens stellt die wachsende Urbanisierung in vielen Regionen der Welt ■
größere Anforderungen an die Zuverlässigkeit der Versorgung mit elek-
trischer Energie.
Verschiedene Technologien stehen bereits zur Verfügung, um diesen Heraus-
forderungen gerecht zu werden. Beispielsweise lassen sich große Entfernungen
oder Verbindungen über See durch Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung
(HGÜ) sehr effizient überbrücken. In Ballungsräumen eignen sich für hohe
Übertragungskapazitäten besonders unterirdisch verlegte gasisolierte Leitun gen.
In Deutschland spielen allerdings nicht nur Fragen der technischen und
ökonomischen Machbarkeit eine Rolle. Beim Ausbau der Netzinfrastruktur
müssen gleichermaßen gesellschaftliche Widerstände berücksichtigt werden.
Diese lassen sich zum Teil durch die Ertüchtigung der vorhandenen Netze
umgehen, durch die der Neubau von Leitungen vermieden werden kann. Zum
Beispiel ermöglichen so genannte FACTS (engl. Flexible AC Transmission Systems)
durch ihre hohe Dynamik größere Übertragungskapazitäten bei gleichzeitiger
Gewährleistung der Netzstabilität. Eine andere Möglichkeit zur Erhöhung der
Netzleistung besteht im Freileitungsmonitoring, wie es aktuell von der E.ON
Netz GmbH erprobt wird. Dabei werden die Leistungsgrenzen der Freileitungen
in Abhängigkeit von variablen Umgebungsparametern wie Windgeschwindig-
keit und Temperatur besser genutzt.91
Die Dezentralisierung der Stromerzeugung wird sich nicht allein durch Aus-
bau und Steigerung der Übertragungsleistung der Netze bewältigen lassen. Über
alle Spannungsebenen gut ausgebaute Netze sind eine Grundvoraussetzung.
Benötigt werden jedoch auch neue Konzepte. Eine Möglichkeit sind Teilnetze,
die dezentral gesteuert und über Knotenpunkte verknüpft werden. Durch die
dezentrale Erzeugung werden sich beispielsweise Leistungsflüsse umkehren:
statt von den Übertragungsnetze in die Verteilungsnetze in die andere Rich-
tung. Um diese Situation zu meistern, wird der Aufbau von großräumigen
Automatisierungs- und Schutzsystemen sowie ein Echtzeit-Sicherheitsmanage-
ment erforderlich sein. Dies erfordert die jederzeitige genaue Kenntnis des
Betriebszustandes des Netzes und die informationstechnische Aufbereitung
der Zustandsdaten, um die Komplexität aus unterschiedlichen, teils volatilen
Energieerzeugungsanlagen und schwankendem Bedarf zu beherrschen. Dazu
muss das Netz intelligenter werden, man spricht vom so genannten Smart Grid.
Auf Erzeugerseite wird dies ergänzt durch Bildung so genannter virtueller Kraft-
werke, zu denen sich mehrere kleinere Produzenten zusammenschließen, um
durch Abstimmung ihres Einspeiseverhalten wirtschaftliche Vorteile erzielen zu
können. Zunehmend wird das so genannte Demand Side Management zum
Einsatz kommen, also die Steuerung des Verbrauchsprofils der Abnehmer zur
Abfederung von Lastspitzen.
88
Die Darstellung in diesem Kapitel
beruht neben den Experteninterviews
auf folgenden Quellen: Franz (2006);
Europäische Kommission (2007b);
Energietechnische Gesellschaft im VDE
(2007).
89
Vgl. Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen
e.V. (2008).
90
Vgl. Deutsche Energie-Agentur (2005).
91
Vgl. E.ON Netz GmbH (2007).
162
Überspannungstest im Siemens-Prüffeld
in Berlin
Diese Entwicklungen werden ohne eine verstärkte Integration von Methoden
der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) in elektrische Netze nicht
möglich sein. Dazu gehört die Modellierung und Simulation der zunehmend
komplexeren Netze. Weiterentwicklungen bei der zu Grunde liegenden Hard-
ware der Leitungsnetze sind jedoch genauso eine Grundvoraussetzung. Hoch-
spannungstechnik und leistungselektronische Betriebsmittel müssen in der
Lage sein, den Anforderungen eines heterogenen, dezentralen, flexiblen und
leistungsfähigen Netzes gerecht zu werden. Zum Beispiel müssen Isolierstoffe
verbessert, innovative Schaltanlagen, Steuerelemente und Sensoren entwickelt
und höhere Blindleistungen bereitgehalten werden. Mit der technologischen
Entwicklung wird die Entwicklung neuer Geschäfts- und Tarifmodelle einher-
gehen.
Schließlich ist aufgrund der Volatilität der Energiequellen Wind und Sonne
die Speicherung von elektrischer Energie ein Thema von zunehmender Bedeu-
tung, und zwar nicht nur für die elektrischen Netze. Die direkte Speicherung in
supraleitenden Materialen oder Kondensatoren ist zwar möglich, in großtech-
nischem Maßstab arbeiten aber nur Pumpspeicherkraftwerke wirtschaftlich.
Deren Ausbaukapazitäten sind in Deutschland weitgehend erschöpft. Alterna-
tiven könnten Druckluftspeicher oder die Umwandlung in Wasserstoff sein, die
zur Zeit in Pilotprojekten erforscht werden. Auch die elektrochemische Speiche-
rung ist eine Option. Dafür kommen nicht nur große Batterien im Megawatt-
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ress
ebild
163
bereich in Frage, sondern auch alternative Konzepte wie die Nutzung der Spei-
cherkapazitäten von Elektrofahrzeugen, die ans Netz angeschlossen werden.
Wissenschaft
Die Forschung zu elektrischen Netzen findet schwerpunktmäßig an der TU
Berlin statt, an der die Elektrotechnik eine lange Tradition hat. Aber auch die
Technischen Fachhochschulen verfügen über Kapazitäten. Dennoch ist die Elek-
trotechnik an einigen anderen deutschen Hochschulen wie der RWTH Aachen
oder der TU München stärker vertreten als in Berlin.92 Immerhin hat sich die TU
Berlin vor kurzem personell auf dem Gebiet verstärkt. Insbesondere werden
am Fachgebiet ›Energieversorgungsnetze und Integration erneuerbarer Ener-
gien‹, das seit September 2007 von Prof. Kai Strunz geleitet wird, schwerpunkt-
mäßig die Infrastruktur-Integration erneuerbarer Energie und die Optimierung
heterogener Energiesysteme erforscht.
Schwerpunkte am Fachgebiet Hochspannungstechnik unter Leitung von
Prof. Wilfried Kalkner sind unter anderem die Zuverlässigkeitsanalyse elek-
trischer Energieversorgungsnetze, Untersuchungen zur elektromagnetischen
Verträglichkeit von elektrischen Vorrichtungen und die Eigenschaften von
Materialien für Hochspannungsanwendungen. In jüngster Zeit durchgeführte
Projekte betrafen Teilentladungs-Messungen zur Wicklungsdiagnose an rotie-
renden elektrischen Maschinen, die sensorgestützte Diagnose der Wicklungs-
einspannkraft bei Leistungstransformatoren und die Zustandsbewertung von
Mittelspannungs-Kabelanlagen. Aufgrund der anstehenden Emeritierung des
Leiters wird das Fachgebiet voraussichtlich gegen Ende des Jahres 2008 neu
besetzt werden. Das derzeit vakante Fachgebiet Leistungselektronik an der TU
Berlin wird nach Auskunft der TU Berlin zeitnah wiederbesetzt werden. Außer-
dem wird ein Fachgebiet außerhalb der Elektrotechnik für das Thema Energie-
speicherung umgewidmet werden.
Die drei genannten Fachgebiete – Netze, Hochspannungstechnik und Leis-
tungselektronik – bilden den Kern des Clusters ›Netze und funktionale Ener-
giespeicherung‹ innerhalb des Innovationszentrums Energie der TU Berlin.
Grundlagen aus diesen Gebieten werden im Rahmen des Bachelor-Studien-
gangs Elektrotechnik vermittelt. Für das Masterstudium erfolgt in der Speziali-
sierungsrichtung ›Elektrische Energietechnik‹ eine vertiefte Ausbildung.
Zusätzlich bestehen relevante Kompetenzen in anderen Fachbereichen. Das
DAI-Labor der TU Berlin unter der Leitung von Prof. Sahin Albayrak hat sich als
Teil eines Konsortiums am E-Energy Wettbewerb des BMWi beteiligt, und zwar
mit der Aufgabe, entsprechende Komponenten, Systeme und Software lösungen
zu entwickeln. Am Fachgebiet Energiesysteme werden aus sozio ökonomischer
Perspektive verschiedene Projekte, zum Beispiel zur agentenbasierten Simu-
lation von Energiespeichern für netzabhängige Energieressourcen und zum
Demand Side Management durchgeführt.
Im Studiengang Elektrotechnik an der TFH werden vertiefte Lehrinhalte u.a.
zu elektrischen Netzen, Leistungselektronik, Isolierstofftechnik, elektrischer
92
Vgl. z. B. Berghoff et al. (2008). In diesem
neuesten Forschungsranking des CHE
hat die TU Berlin zwar den Sprung auf
den Spitzenplatz in Elektrotechnik und
Informationstechnik geschafft. Nach
Ansicht der Befragten beruht dies aber
auf der starken Position der Informatik,
was unter anderem die zahlreichen
Stiftungsprofessuren in diesem Fach be-
legen. Der Bereich Elektrotechnik wurde
in der Vergangenheit an der TU Berlin
eher verkleinert.
164
Sicher heit, elektromagnetischer Verträglichkeit (EMV) und Hochspannungs-
technik vermittelt. Für die praxisbezogene Ausbildung stehen den Studenten
die Einrichtungen im Labor ›EMV und Hochspannungstechnik‹ zur Verfügung,
dessen Leiter Prof. Friedrich-Wilhelm Veuhoff ist. Weitere zwei Professoren
befassen sich mit Hochspannungstechnik. Kontakte zum Schaltwerk und zum
Dynamowerk der Siemens AG sowie zu Vattenfall bestehen hauptsächlich über
Diplomarbeiten. Direkte Forschungskooperationen erfolgen vor allem mit
kleineren Ingenieurbüros in Berlin.
An der FHTW Berlin können sich Studenten des Studiengangs Elektrotechnik
auf elektrische Energietechnik spezialisieren. Im ›Labor für Elektrische Anla-
gen und Geräte‹ erfolgt die praktische Ausbildung zu Themen wie compu-
tergestützte Planung und Betrieb von Elektroenergieanlagen, Stromrichtern,
Gleich-, Wechsel- und Drehstromnetzen, intelligentes Energiemanagement
und Integration regenerativer Energieanlagen. Die Labors sind prinzipiell auch
für Forschungs- und Weiterbildungsaufgaben nutzbar. Erforscht werden z. B.
elektrische Speichersysteme für den Nahverkehr (Prof. Norbert Klaes).
An den außeruniversitären Forschungsinstituten in Berlin findet nach den
vorliegenden Informationen keine nennenswerte Forschung zu elektrischen
Netzen, Hochspannungstechnik oder Leistungselektronik statt.
In Brandenburg wird an der BTU Cottbus am Lehrstuhl Energieverteilung
und Hochspannungstechnik unter Leitung von Prof. Harald Schwarz an Ener-
gieübertragungs- und -verteilnetzen, an der elektromagnetischen Verträglich-
keit von großen Systemen und Anlagen sowie an der Hochspannungstechnik
geforscht. Der Lehrstuhl Dezentrale Energiesysteme und Speichertechnik ist zur-
zeit nicht besetzt. Außerdem gibt es an der FH Lausitz ein Lehrgebiet Energie-
und Hochspannungstechnik, das von Prof. Kathrin Lehmann geleitet wird.
Wirtschaft
Auf die große Bedeutung der Hersteller von Geräten der Elektrizitätserzeu-
gung und -verteilung (DL 31) innerhalb des Verarbeitenden Gewerbes in Berlin
wurde bereits in Kapitel 4.2.1 hingewiesen. Unter diesen Betrieben sind die
Hersteller von Elektrizitätsverteilungs- und -schalteinrichtungen die dominie-
rende Gruppe. Traditionsreichstes und größtes Unternehmen der Branche in
der Hauptstadt ist die Siemens AG. Im Schaltwerk Berlin (Siemens Power Trans-
mission and Distribution, PTD) wird Schalt-, Schutz- und Stationsleittechnik
für Hochspannungs- und Mittelspannungsnetze gefertigt. Die Produktpalette
umfasst unter anderem gasisolierte Schaltanlagen, elektrisch betätigte Schal-
ter für große Leistungen (Schütze) und Überspannungsableiter. Das Schalt-
werk ist das unternehmensinterne Technologiezentrum für die Entwicklung
und Herstellung dieser Geräte und verfügt über Prüf- und Versuchsfelder. Die
Forschungs- und Entwicklungszentrale zu elektrischen Netzen befindet sich
jedoch am Hauptsitz der Sparte in Erlangen.
Im Messgerätewerk (Siemens Power Transmission and Distribution, PTD)
werden Hardwarekomponenten für Netzleit-, Schutz-, Stations- und Fern-
165
wirktechnik sowie Messtechnik für die private und öffentliche Energieversor-
gung gefertigt. Im Messgerätewerk und im Schaltwerk sind insgesamt 2.930
Mitarbeiter tätig.93 Auch im Siemens-Röhrenwerk werden einige Produkte für
Energieverteilungsanlagen im Nieder- und Mittelspannungsbereich gefertigt.
Ein weiterer traditionsreicher Betrieb in Berlin ist die Converteam GmbH.
Hauptprodukt des Werks in Berlin-Marienfelde, das ehemals Teil des AEG-
Konzerns und der französischen Alstom-Gruppe war, sind Stromrichter für
rotierende Anlagen, wie sie in Turbinen, Generatoren, elektrischen Antrieben
oder Walzwerken benötigt werden. Converteam ist führender Lieferant für Fre-
quenzumrichter und Schaltanlagen für Windkraftanlagen.94 Das Unternehmen
forscht unter anderem am Einsatz von supraleitenden Materialien in Windge-
neratoren. Der Konzern hat seinen Hauptsitz in Frankreich und ist heute im
Besitz eines Konsortiums englischer Banken und Investoren. Im Berliner Werk
sind rund 650 Mitarbeiter beschäftigt.
Neben den Werken der internationalen Konzerne konnte sich in Berlin
eine Reihe kleinerer Hersteller etablieren. Ein Beispiel ist skytron energy, ein
Hersteller und Entwickler von elektronischer Messwerterfassungs-, Regelungs-
und Visualisierungstechnik sowie von Leistungselektronik für die Erzeugung
erneuerbarer Energien. Außerdem bietet das Unternehmen Dienstleistungen
für Messwerterfassungs- und Visualisierungstechnik im Bereich der erneuer-
baren Energien an.
Von großer Bedeutung sind außerdem die in der Region ansässigen Elek-
trizitätsversorgungsunternehmen (vgl. Kapitel 4.2.3). Sie verfügen über lang-
jährige Erfahrung im Netzbetrieb und über einen breiten Bestand an Daten
zur Nutzung und Auslastung der Netze. Insbesondere Vattenfall betreibt
selbst Forschung und Entwicklung und kooperiert dazu mit wissenschaft-
lichen Einrichtungen in der Region und überregional. Verschiedene Themen
wie Brennstoffzellen, intelligente Netzwerke oder die Einbindung von Wind-
kraft werden bearbeitet. Beispielsweise hat Vattenfall Ende 2007 in Berlin-
Hohenschönhausen ein Pilotprojekt mit 500 intelligenten Stromzählern (smart
metering) angestoßen.95 Die GASAG steigt mit der geplanten Einführung von
Mikro-Block heizkraftwerken ebenfalls ins Geschäft mit der dezentralen Strom-
versorgung ein (vgl. Kapitel 5.4.2). Die BTB verfügt außerdem über langjährige
Erfahrung im Betrieb von Netzen mit dezentralen Erzeugern im großstädtischen
Umfeld. Die ENERTRAG AG betreibt in der Uckermark ein Kombikraftwerk mit
Windkraft- und Biogasanlagen. Dabei ist der Einsatz von Wasserstoff zur Ver-
ringerung von Spitzen bei der Stromeinspeisung vorgesehen.
Netzwerke und Verbände
In Berlin sind mehrere Verbände aus der Branche ansässig oder unterhal-
ten hier Vertretungen. Der BDEW Bundesverband der Energie- und Wasser-
wirtschaft e.V. ist der Interessenverband der Energie- und Wasserversorger in
Deutschland. Einige Mitglieder des Elektrotechnischen Vereins e.V. (ETV), des
Zentralverbands Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V. (ZVEI), der in Ber-
93
Quelle für Mitarbeiterzahlen: Der Tages-
spiegel (2007b).
94
Vgl. Brandt 2006, S. 36–37.
95
Vgl. rg (2007).
166
96
Homepage:
http: / / neuk.iset.uni-kassel.de.
97
Homepage: www.e-energie.info.
lin eine Landesstelle und ein Hauptstadtbüro unterhält, und des VDI beschäf-
tigen sich mit netztechnischen Fragen; eine spezielle Fokussierung auf das
Thema besteht allerdings nicht.
Das Konrad Zuse Institut und die BTU Cottbus waren Mitglieder im Netzwerk
›Energie und Kommunikation‹. Dieser Verbund aus zehn Forschungseinrich-
tungen und fünf Unternehmen wurde im Rahmen der Initiative ›Netzwerke
Grundlagenforschung erneuerbare Energien und rationelle Energieanwen-
dung‹ des BMBF bis Jahresende 2006 gefördert.96 Ziel war es, den Vernetzungs-
grad von Hochschuleinrichtungen und Unternehmen mit außeruniversitären
Forschungseinrichtungen zu erhöhen, wobei eine thematische Ausrichtung auf
die Optimierung des Einsatzes dezentraler Energieversorgungssysteme durch
Einbindung moderner Kommunikationstechniken bestand.
Profil und Empfehlungen
Durch die Liberalisierung des Marktes und die fortschreitende Dezentralisie-
rung der Strukturen nimmt der Innovationsdruck im Bereich der elektrischen
Energieversorgungsnetze zu. Aufgrund der unsicheren Rahmenbedingungen
und aus ökonomischen Gründen ist in Deutschland allerdings derzeit noch
eine gewisse Investitionszurückhaltung zu beobachten. Die Entwicklung neuer
Hardwarekomponenten für dezentrale Netze mit einem wachsenden Anteil an
volatilen Erzeugern, die Einbindung moderner Informations- und Kommuni-
kationstechnik, Technologien zur Energiespeicherung und nicht zuletzt die Ent-
wicklung neuer Geschäftsmodelle stehen dennoch weit oben auf der Agenda.
Da der Forschungs- und Entwicklungsbedarf mittlerweile erkannt worden ist,
kann mit einer Zunahme der Fördermittel gerechnet werden.
Berlin hat sich bislang als Forschungsstandort im Bereich der elektrischen
Netze nicht ausgezeichnet. Führend in Deutschland ist die RWTH Aachen. Da
das Gebiet erst in den letzten Jahren an Aktualität gewonnen hat, ist es jedoch
forschungsseitig generell in Deutschland nicht stark vertreten. Die Vorausset-
zungen, das Thema dezentralere Elektrizitätsnetze in der Region stärker zu
besetzen, sind daher günstig. Die TU Berlin hat sich bereits durch die Beru-
fung für das Fachgebiet ›Energieversorgungsnetze und Integration erneuerbarer
Energien‹ personell verstärkt, eine Professur für Energiespeicherung ist in Pla-
nung. Innerhalb des IZE wurde ein Cluster ›Netze und funktionale Energie-
speicherung‹ gegründet, in das auch Wissenschaftler mit sozioökonomischer
Ausrichtung oder aus dem Bereich Energiewandlung eingebunden werden
sollen. An den Fachhochschulen bestehen weitere Kompetenzen. Die wichtige
Querschnittswissenschaft Informatik und Mathematik in Berlin haben einen
anerkannt guten Ruf, die Bereitschaft dieser Disziplinen, das Thema aufzugrei-
fen ist gegeben. Die BTU Cottbus hat das Thema ebenfalls besetzt.
Auch die Tatsache, dass aktiv forschende Energieversorgungsunternehmen
in der Region ansässig sind, stellt einen großen Vorteil für die Entwicklung des
Technologiefelds dar. Dazu kommen Unternehmen, die über relevante Kom-
petenzen verfügen, z. B. aus der Wind- und der Solarbranche. Ein Konsortium,
167
in dem neben Vattenfall auch Berliner Informatiker und der Solarverein Berlin
e.V. vertreten sind, hat sich im Jahr 2007 am E-Energy Wettbewerb des BMWi
beteiligt. An dem Projektantrag waren außerdem Wissenschaftler der BTU Cott-
bus beteiligt. Dieses Verbundvorhaben soll die Modernisierungspotenziale der
Informations- und Kommunikationstechnologien innerhalb der Wertschöp-
fungskette der Stromversorgung erschließen.97 Zu diesem Zweck soll die Ein-
führung des medienbruchfreien elektronischen Geschäfts- und Rechtsverkehrs
sowie die Integration von digitalen Technologien in das Elektrizitätsversor-
gungssystem erprobt werden.
Das Konsortium war in der ersten Runde des Wettbewerbs erfolgreich und
zählte zu den zwölf Finalisten. Eine Förderzusage in der Endrunde wurde
nicht erteilt. Die länder- und institutionenübergreifende Kooperation ist den-
noch sehr zu begrüßen und sollte intensiviert werden. Eine Basis, die für eine
zukünftige gemeinsame Projektarbeit genutzt werden sollte, wurde trotz der
letztlich nicht erfolgreichen Bewerbung gelegt. Die Zusammenarbeit von Bran-
denburg und Berlin ist auch deshalb vorteilhaft, weil die Metropolregion und
das ländliche Brandenburg sich gegenseitig ergänzen. In Berlin wird – nicht
zuletzt durch das Contracting-Geschäft – der Anteil dezentraler Stromerzeu-
gungsanlagen weiter zunehmen, wie unter anderem der Feldversuch zur Ein-
führung eines Mikro-BHKW durch die GASAG belegt. In Brandenburg hat die
Windkraft einen hohen Anteil an der Elektrizitätserzeugung; gleichzeitig finden
sich Biogas-, Solaranlagen und Braunkohle-Großkraftwerke, also ein breiter
Energiemix von volatilen und konventionellen Energiequellen.
Die Großunternehmen in der Region sind aus eigenen Ressourcen in der
Lage, Projekte zu initiieren und mit wissenschaftlichen Einrichtungen zusam-
menzuarbeiten. Zukünftige Maßnahmen Dritter sollten daher zum einen
darauf abzielen, auch außerhalb von Großprojekten Kooperationsmöglich-
keiten für kleine und mittlere Unternehmen mit den Niederlassungen der
Konzerne, insbesondere mit dem Schaltwerk von Siemens, zu eröffnen. Als ein
mögliches Thema wurde die Sensortechnik genannt. Das E-Energy Projekt zeigt
andererseits, dass ein derart komplexes, aber auch besonders potenzialreiches
Problem wie die dezentrale Elektrizitätsversorgung, das alle Stufen der Wert-
schöpfungskette betrifft, nicht allein mit Akteuren aus der Region angegan-
gen werden kann. Dies belegt bereits die Tatsache, dass die Forschungs- und
Entwicklungsabteilungen der großen Hersteller nicht in der Region angesiedelt
sind; der Hauptsitz der Netzsparte von Siemens ist in Bayern. Es ist kaum zu
erwarten, dass die Großkonzerne allein durch die Beteiligung an Verbundpro-
jekten mit Energieversorgern oder wissenschaftlichen Einrichtungen in Berlin-
Brandenburg nennenswerte Produktionskapazitäten in die Region verlagern
werden. Deshalb sollte bei der Initiierung von Verbundprojekten Wert darauf
gelegt werden, dass kleine und mittlere Unternehmen mit hoher Wertschöp-
fung in der Region eingebunden werden.
168
5.6.2 Öl und Gas
Innovationstrends
Zu Fragen des Transports, der Verteilung und der Speicherung von Öl und
Gas liegen nur wenige Erkenntnisse bezüglich regionaler Kompetenzen und
Entwicklungspotenziale vor. Betrachtet werden ausschließlich leitungsgebun-
dene Systeme. Außerdem werden in diesem Kapitel einige allgemeine Aspekte
der Öl- und Gasindustrie behandelt. Bei den Versorgungsnetzen für Öl und Gas
ist die Einbindung von Informations- und Kommunikationstechnologien wei-
ter fortgeschritten als bei den Elektrizitätsnetzen, was auch damit zusammen-
hängt, dass die Leckage-Detektion und der Import über weite Entfernungen
schon früh erhöhte Anforderungen an Überwachung, Steuerung und Regelung
der Netze gestellt haben. Bei den Gasnetzen hat die Deregulierung, zum Bei-
spiel durch die Vorgaben der Bundesnetzagentur zum Zweivertragsmodell von
2006, neue Anforderungen gestellt, die Lösungen erfordern. Weiterhin stellt die
Einspeisung von Biogas Herausforderungen bezüglich Verdichtung, Regelung,
Messung, Konditionierung und Vermischung des Gases.98 Auch die Frage, wie
sich der Transport in den Leitungsnetzen möglichst energieeffizient gestalten
lässt, spielt eine wichtige Rolle. Hier hat die Steuerung der Transportanlagen
einen wesentlichen Einfluss.
Wissenschaft
Zu Transport- und Verteilnetzen für Gas und Öl wird an den wissenschaft-
lichen Einrichtungen in Berlin keine technologische Forschung durchgeführt.
Am Fachgebiet Energiesysteme der TU Berlin liegt der Forschungsschwerpunkt
zwar auf Stromnetzen, zu Öl und Gas bestehen jedoch ebenfalls einige Kom-
petenzen. Das Fachgebiet Explorationsgeologie an der TU Berlin, das von Prof.
Wilhelm Dominik geleitet wird, begleitet die Untersuchungen der Berliner
GASAG am Gasspeicher Ruhleben wissenschaftlich.
Wirtschaft
Im Bereich Öl und Gas entwickelt und vertreibt die PSI AG in Berlin Pro-
dukte für den Weltmarkt. Kerngeschäft des Konzerns sind Softwarelösungen für
Energieversorger, Industrie (Maschinen- und Anlagenbau, Automobilindustrie,
Metallverarbeitung, Logistik) und Infrastrukturbetreiber (Telekommunikation,
Verkehr, Umweltschutz, Public Safety, IT-Service). Im Geschäftsjahr 2006 wurde
mit konzernweit über 1.000 Mitarbeitern ein Umsatz von 117 Mio. Euro erzielt.
Bei Systemen zur Steuerung, Überwachung und Datenerfassung komplexer
Netzinfrastrukturen für Energieversorger (Elektrizität, Gas, Öl, Wasser) ist PSI
nach eigenen Angaben führend. Lösungen für Analyse, Simulation, Handel
und Vertrieb sowie Kommunikation gehören ebenso zum Produktspektrum wie
die Wartung der gelieferten Hard- und Software. In Berlin sind die Firmen-
zentrale, der Geschäftsbereich Öl und Gas sowie die Logistiksparte angesiedelt,
nicht jedoch der Geschäftsbereich elektrische Energie.
98
Vgl. Klinski (2006).
99
Vgl. Kerzendorf (2007).
169
Erdgasspeicher der GASAG in Berlin
Ansonsten sind nur wenige Industriebetriebe bekannt, die in Berlin Produkte
für die Öl- und Gasindustrie herstellen. Die BORSIG Membrane Technology
GmbH ist Mitglied der Borsig-Gruppe und stellt Membranen für die chemische,
die petrochemische sowie die Öl- und Gasindustrie her, die zur Gasrückge-
winnung, -separation und -konditionierung auch in Verteilnetzen eingesetzt
werden können. Größter Produktionssstandort ist Gladbeck, Firmensitz Berlin.
Das Unternehmen unterhält Forschungskooperationen mit dem Leibniz-Institut
für Katalyse, Außenstelle Berlin, und ist an der Berliner PolyAn GmbH beteiligt,
die unter anderem Trennmembranen für petrochemische Prozesse herstellt.
Die BORSIG ZM Compression GmbH, die Turbo- und Kolbenverdichter für Kraft-
werke, Erdgasförderung, -transport und -tankstellen herstellt, hat ihren Sitz
ebenfalls in Berlin, ihren Hauptstandort allerdings in Sachsen. Die Magwen
Valves and Actuators GmbH fertigt Spezialarmaturen und Ventile unter anderem
für Erdöl- und Erdgasanlagen (vgl. Kapitel 5.4). Die CAM Chemieanlagenbau
GmbH baut Tanks und Behälter für Öl und Gas, aber auch für Klärwerke.
Das Gasverteilnetz in der Region Berlin-Brandenburg wird von der NBB
Netzgesellschaft Berlin-Brandenburg mbH & Co. KG betrieben. Dieses Unter-
nehmen ist eine Ausgründung der Gasversorger GASAG AG und EMB Erdgas
Mark Brandenburg GmbH, an welcher wiederum die GASAG über eine Mehr-
heitsbeteiligung verfügt. Forschung und Entwicklung wird vorrangig von den
beiden Versorgern betrieben. Die EMB hat die Federführung bei der Errichtung
einer Biogas-Großanlage in Rathenow. Der Hauptteil des dort produzierten
Bioerdgases soll in das Netz der GASAG eingespeist werden (vgl. Kapitel 5.1.3).
Das in Berlin ansässige Contracting-Unternehmen Greenvironment GmbH plant
den Bau eines Biogas-Mikronetzes in Hessen.99
© G
ASAG
Ber
liner
Gas
wer
ke A
G
170
100
ZVEI (2007).
101
Vgl. VDE Verband der Elektrotechnik Elek-
tronik Informationstechnik e.V. (2008).
Profil und Empfehlungen
An den wissenschaftlichen Einrichtungen Berlins findet derzeit nur sehr
wenig Forschung zu Öl und Gas statt. Eine Ausnahme stellt Wasserstoff dar (vgl.
Kapitel 5.2). Abgesehen von den Energieversorgungsunternehmen, die ihren
Sitz in der Region haben, und der Softwarebranche ist auch die Unterneh-
mensseite verhältnismäßig schwach besetzt. Potenzial für regionale Verbund-
projekte ist nach derzeitigem Erkenntnisstand kaum vorhanden. Als mögliche
zukunftsträchtige Themen für die Entwicklung des Feldes in der Region wur-
den unter anderem Membrantechnologien und Katalysatoren benannt. Dieses
Bild muss allerdings vorläufig bleiben, erforderlich wären detaillierte Unter-
suchungen, insbesondere für Brandenburg.
5.7 Elektrische Antriebe
Innovationstrends
Die elektrische Antriebstechnik bietet ein hohes Energieeinsparpotenzial.
Allein in der Industrie, in der zwei Drittel des Stromverbrauchs auf elektrische
Antriebe entfallen, könnte der Energieverbrauch durch den Einsatz effizienterer
Antriebe um 27 Mrd. kWh gesenkt werden, was elf Kraftwerksblöcken der 400
MW-Klasse entspricht.100 Sparsamere Lösungen wie drehzahlgeregelte Antriebe
sind verfügbar, dringen am Markt aber nur langsam durch. Bei der Weiter-
entwicklung steht die Energieeffizienz der Motoren dennoch auch weiterhin
im Vordergrund. Wirkungsgradverbesserungen lassen sich beispielsweise durch
optimierte Werkstoffe und durch Anpassungen in Bauform oder Regelung
erreichen. Die Beiträge der Leistungselektronik, der Sensortechnik, der Mess-
wertverarbeitung und der Simulation sind hier besonders gefragt. Höhere
Ansprüche an die Energieeffizienz werden zukünftig nicht nur an Antriebe
in der Industrie, sondern auch im Verkehr (Elektrofahrzeuge, Hybridantriebe,
Schienenfahrzeuge) und im Bau (Öl-, Umwälz-, Zirkulationspumpen) gestellt.
Im Haushalt (weiße Ware) schätzt der Verband der Elektrotechnik Elektronik
Informationstechnik (VDE) das Einsparpotenzial durch effizientere elektrische
Kleinelektromotoren auf 8,2 TWh.101
Wissenschaft
In Berlin befassen sich verschiedene Fachbereiche der Technischen Hoch-
schulen mit elektrischen Maschinen. Mit der Leistungselektronik und der
Hochspannungstechnik sind weitere relevante Disziplinen an der TU Berlin und
an den Fachhochschulen vertreten, welche bereits in Kapitel 5.6.1 vorgestellt
wurden. An der TU Berlin wurden bis zur Emeritierung seines langjährigen
Leiters Prof. Rolf Hanitsch am Fachgebiet Elektrische Maschinen / Regenerative
Energietechnik nicht nur Forschungsarbeiten zu elektrischen Antrieben durch-
geführt, sondern auch zu Windkraft- und Solarenergieanlagen. Seit 2006 leitet
Prof. Uwe Schäfer das Fachgebiet, das nunmehr die Bezeichnung Elektrische
171
Antriebstechnik trägt. Der Forschungsschwerpunkt liegt bei Antrieben für Stra-
ßenfahrzeuge, insbesondere bei Hybridantrieben. Zurzeit wird am Aufbau
eines Prüfstandes für Hybridantriebe gearbeitet. Weitere Arbeitsgebiete am
Fachgebiet sind unter anderem Windgeneratoren mit Permanentmagneten,
Mittelspannungs-Antriebe und die Modellierung von Energiespeichersystemen
(Batterien, Superkondensatoren) für Antriebssysteme.
Die TFH Berlin verfügt über ein Elektrotechnik-Labor, in dem die praktische
Ausbildung der Studenten zu Regel- und Steuerungstechnik, Leistungselekt-
ronik, elektrischen Maschinen, Antriebstechnik erfolgt. Das Labor wird von
Prof. Till Hühns geleitet, der auf das Gebiet Elektrische Maschinen und Anla-
gen berufen wurde. Weitere vier Professoren an der TFH Berlin befassen sich
schwerpunktmäßig mit elektrischen Antrieben und Maschinen. Durch Diplom-
arbeiten und kleinere Forschungskooperationen bestehen Kontakte zu Siemens
und Ingenieurbüros in der Region.
An der FHTW Berlin werden die Studierenden im Labor für Elektrische
Antriebstechnik und Leistungselektronik‹ praktisch zu den Grundlagen elek-
trischer Maschinen, zu leistungselektronischen Bauelementen und Messver-
fahren geschult. Anwendungsorientierte Forschung, beispielsweise zu Schie-
nenfahrzeugen, wird im Labor ebenfalls betrieben.
In Brandenburg werden an der BTU Cottbus am Lehrstuhl Elektrische Maschi-
nen und Antriebstechnik, der kommissarisch von Prof. Gerhard Lappus gelei-
tetet wird, theoretisch und experimentell elektrische Antriebsysteme erforscht
und entwickelt. An der FH Brandenburg gibt es ein Labor Elektrische Maschinen
und Antriebe / Leistungselektronik, das von Prof. M. Krumm geleitet wird.
Wirtschaft
Wie bereits in Kapitel 4.2.2 ausgeführt wurde, ist ein großer Teil der in der
elektrischen Energietechnik tätigen Arbeitskräfte in Berlin mit der Herstellung
von Elektromotoren, Generatoren und Transformatoren (Wirtschaftsklasse
DK 31.10 ) beschäftigt. Größter Hersteller von elektrischen Maschinen ist die
Siemens AG. Im Dynamowerk (Siemens Automation and Drives, A&D) pro-
duzieren 650 Mitarbeiter Großantriebe. Einsatzgebiet für die Synchron- und
Asynchronmotoren sind beispielsweise Verdichter in der Öl- und Gasin dustrie
oder für Hochofengebläse, Antriebe für Erz- und Zementmühlen, Schiffe,
U-Boote, Walzgerüste und Förderanlagen.
Die Automotive-Sparte der Continental AG produziert und entwickelt in
Berlin elektrische Antriebe und Komponenten für zukünftige Hybrid- und
Elektrofahrzeuge. Der Standort ist Zentrum für die Hybrid-Aktivitäten des Auto-
mobilzulieferers, es wird am Batterie- und Energiemanagement der Systeme
gearbeitet. Continental kooperiert bei der Entwicklung mit großen Auto-
mobilkonzernen wie Daimler und BMW und ist mit der ZF Friedrichshafen AG
eine strategische Partnerschaft eingegangen. Enge Kontakte bestehen zur TFH
Berlin. In Berlin werden auch Kompressormotoren, Lenkungs aktuatoren und
Kleinmotoren für die Automobilindustrie hergestellt. Ende 2007 hat die Brose-
172
Gruppe die Elektromotoren-Sparte der Continental AG übernommen.102 Die
Aktivitäten im Hybridbereich in Berlin sind von der Transaktion nicht betrof-
fen.
Daneben gibt es in der Hauptstadt einige kleine und mittlere Unternehmen,
die elektrische Antriebe oder Komponenten herstellen. Ein Beispiel ist die MEN-
ZEL Elektromotoren GmbH, die Elektromaschinen und Transformatoren für die
Industrie bis zum Leistungsbereich von 10.000 kW fertigt und liefert. Im Werk
Berlin sind 60 Mitarbeiter beschäftigt. Die PowerTronic Drive Systems GmbH
produziert AC- und DC-Elektromotoren für verschiedenste Anwendungen. Die
transresch Antriebssysteme Berlin GmbH fertigt Stromrichter für die Antriebs-
technik. Die Baumer Hübner GmbH stellt Geräte zur Erfassung der Drehzahl
oder der Position in der Antriebstechnik her.
Bei der weißen Ware ist die Bosch Siemens Hausgeräte GmbH (BSH) das
größte produzierende Unternehmen. Das Waschmaschinenwerk in Berlin-
Spandau stand 2006 kurz vor der Schließung. Nach längeren Verhandlungen
einigten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmervertreter auf die Fortführung der
Produktion mit reduzierter Belegschaft. Diese Arbeitsplätze sind bis 2010 garan-
tiert.103
Profil und Empfehlungen
Zwar ist Berlin forschungsseitig bei den elektrischen Antrieben momentan
nicht gleichermaßen sichtbar wie beispielsweise die RWTH Aachen, jedoch
dürfte aufgrund der wissenschaftlichen Kompetenzen und der zahlreichen
in der Region ansässigen Unternehmen Entwicklungspotenzial vorhanden
sein. Zwischen dem Siemens-Dynamowerk und den Hochschulen bestehen
Kontakte, das Potenzial für gemeinsame Forschungsprojekte mit der TU Ber-
lin wurde allerdings als eher gering eingeschätzt. Organisierte Netzwerke sind
nicht bekannt, einige Verbände aus dem Bereich der Elektrotechnik wie ZVEI
oder VDE unterhalten Vertretungen in Berlin. Zum weiteren Vernetzungsbedarf
liegen keine belastbaren Erkenntnisse vor, da im Rahmen der vorliegenden
Studie nur wenige Interviews mit Repräsentanten der Sparte geführt wurden.
Deshalb sollten Gesprächskreise durchgeführt werden, um das Potenzial für
Verbundprojekte zu sondieren. Insbesondere sollte geprüft werden, welches
Kooperationspotenzial im Hybrid-Bereich vorhanden ist, da hier Kongruen-
zen zwischen der TU Berlin und Continental bestehen. Außerdem besteht bei
diesem Thema ein enger Anschluss an das Kompetenzfeld Verkehr, in dem
Berlin beachtliche Stärken hat (vgl. Kapitel 5.10). Schließlich sollte die Unter-
nehmenslandschaft in Berlin und Brandenburg, die nur in Teilen bekannt ist,
genauer eruiert werden.
173
5.8 Informations- und Kommunikationstechnologie
Innovationstrends
In der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) ist der Energie-
begriff in dreierlei Hinsicht von Bedeutung.
Die Hardware muss zuverlässig mit elektrischer Energie versorgt werden. Vor 1.
allem bei portablen Geräten ist die Entwicklung sicherer und unkompli-
ziert nachladbarer Speichersysteme mit hohen Energiedichten eine wichtige
Voraussetzung, um der ständige Zunahme ihrer Leistungsfähigkeit und ihres
Stromverbrauch gerecht zu werden.
Die zunehmende Verbreitung der IKT geht mit einem unerwünschten Anstieg 2.
des Stromverbrauchs einher. Der gesamte Energieverbrauch von Internet,
Computer, Handys usw. lässt sich nur schwer ermitteln. Das Bundesum-
weltministerium geht beispielsweise davon aus, dass das Internet zwei
Prozent und die IKT acht Prozent des Stromverbrauchs in Deutschland aus-
machen. Weltweit ist die IKT für etwa genauso viel Treibhausgasemissionen
verantwortlich wie der Flugverkehr.104 Eine Studie105 im Auftrag des ameri-
kanischen Chipherstellers AMD kommt zu dem Schluss, dass im Jahr 2005
weltweit etwa 14 GW elektrische Leistung allein für den Betrieb von Servern
erforderlich waren, mit wachsender Tendenz. Diesem Trend kann durch die
Entwicklung sparsamer Geräte entgegengewirkt werden (Energieeffi zienz
in der IKT). Wie andere Studien von IBM106 und Symantec107 zeigen, steht
allerdings bei den Betreibern von Rechenzentren und IT-Infrastrukturein-
richtungen nicht der Klimaschutzgedanke im Vordergrund. Vielmehr sind es
die steigenden Energiekosten, die Unternehmen zunehmend zum Einsatz
von energieeffizienten Produkten und Methoden, so genannter grüner IT,
zwingen. Die Innovationstrends gehen in Richtung sparsamer Hardware
(neue CPU, Ersatz älterer Hardware, bessere Systembalance) und effizi-
enterer Ausnutzung der Ressourcen (Serverkonsolidierung, Virtualisierung,
Applikationsebene). Auf der Ebene der Infrastruktur kann beispielsweise
bei Rechenzentren durch verbesserte Auslegung der Gebäude, Optimie-
rung der Verkabelung oder intelligente Kühlkonzepte der Energieverbrauch
gesenkt werden.108
Andererseits lässt sich der Energieverbrauch in vielen Bereichen durch den 3.
Einsatz moderner IKT senken (Energieeffizienz durch IKT). Beispiele sind
Videokonferenzen statt Flugreisen, Ersatz von Experimenten durch Simu-
lationen, energieeffiziente Steuerung von Motoren, Anlagen, Gebäuden,
und Verkehr. Als Querschnittstechnologie ist die IKT heute in praktisch allen
technischen Bereichen unverzichtbar.
Wissenschaft
In Berlin wird am Fraunhofer IZM in der Abteilung High Density Intercon-
nect & Wafer Level Packaging an Konzepten zur Stromversorgung von tragbaren
102
Vgl. Brose Fahrzeugteile GmbH & Co. KG
(2007).
103
Vgl. Brönstrup (2006).
104
Vgl. Fiete (2007).
105
Koomey (2007).
106
IBM Deutschland GmbH (2007).
107
Symantec Corporation (2007).
108
Vgl. Brill (2007); Markoutsakis (2008).
174
elektronischen Geräte geforscht (Mikrobrennstoffzellen, Mikrobatterien, photo-
voltaische Mikromodule, piezoelektrische Generatoren, vgl. Kapitel 5.2).
Forschung zur Energieeffizienz in der IKT findet in Berlin nur in geringem
Umfang statt. An der TU Berlin wird zur Zeit eine Konzeptstudie zur Energieef-
fizienz der gebäudetechnischen Infrastruktur in Rechenzentren erstellt. Ent-
wickelt werden sollen innovative systemtechnische, gebäudetechnische und
anlagentechnische Konzepte zum Problem Kühlung und Abwärmenutzung.
Das Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung befasst sich
unter anderem mit Nachhaltigkeitsaspekten der zunehmenden Verbreitung der
IKT. Das Borderstep Institut für Innovation und Nachhaltigkeit gGmbH hat im
Auftrag des BMU eine Studie109 zum ›Zukunftsmarkt energieeffiziente Rechen-
zentren‹ erstellt, die Energieeffizienzpotenziale in Rechenzentren untersucht
und die Wettbewerbsfähigkeit der EU und Deutschlands bei energieeffizienten
Rechenzentren bewertet. Derzeit arbeitet das Institut an der Erstellung einer
Best-Practice Broschüre ›Energieeffiziente Rechenzentren‹.
Die Arbeitsgruppe ›Leistung und Energie, Prüfstellenwesen‹ der Physika-
lisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) arbeitet mit dem Heise-Verlag aus Han-
nover bei der Entwicklung eines Energieverbrauchpasses für IT-Komponenten
zusammen.
Die Berliner Forschung hat keinen speziellen Fokus auf Energieeffizienz
durch IKT. Einzelne Projekte an den mathematischen Forschungsinstituten WIAS
und ZIB sowie die Beteiligung der TU Berlin am E-Energy Projekt des BMWi
(vgl. Kapitel 5.6.1) zeigen jedoch, dass das Thema forschungsseitig verstärkt
aufgegriffen wird.
Aktivitäten der wissenschaftlichen Einrichtungen in Brandenburg auf dem
Gebiet sind nicht bekannt, es wurden für die vorliegenden Studie jedoch auch
keine spezifischen Recherchen durchgeführt.
Wirtschaft
Unternehmen in Berlin, die Stromquellen für Geräte der IKT herstellen oder
entwickeln, sind nicht bekannt.
Aufgrund der expandierenden Märkte haben inzwischen viele Unterneh-
men der Elektronikbranche die grüne IT als Geschäftsfeld für sich entdeckt.
Praktisch alle großen Hard- und Softwarehersteller sind auf dem Gebiet tätig.110
Insgesamt ist davon auszugehen, dass in der Region nur wenige Aktivitäten
auf dem Feld stattfinden. Eine erschöpfende Sichtung der Unternehmens-
landschaft wurde für diese Studie allerdings nicht durchgeführt. In Berlin ist
keiner der großen Hersteller von Unterhaltungs- und Gebrauchselektronik mit
Produktionsstätten vertreten. Einige kleinere Unternehmen, die sich mit grüner
IT befassen, sind bekannt. Ein Beispiel ist der Bladeserver Hersteller Cluster Labs
GmbH, der eine Fertigungslinie in Berlin-Pankow hat. Nach Firmenangaben
steht die Energieverbrauchsreduzierung der Server im Mittelpunkt der Produkt-
entwicklung. Außerdem bietet der Hersteller eine fernsteuerbare Stromleiste
und Software zur Senkung des Energieverbrauchs an.
175
Anwenderseitig hat der zweitgrößte Web-Hoster in Europa, die Strato AG, in
seinen Rechenzentren in Berlin und Karlsruhe nach eigenen Angaben den
Energieverbrauch pro Kunden um 30 Prozent senken können. Dieses Ergeb-
nis wurde durch den Einsatz sparsamer Hardware, durch gebäudetechnische
Maßnahmen bei der Kühlung und auf Applikationsebene durch den Einsatz
effizienter Software (z. B. eines neuen Spamfilters, an dessen Entwicklung die
HU Berlin beteiligt war) erreicht. Außerdem hat das Unternehmen e-shelter
2007 in Berlin-Spandau ein Datacenter errichtet, in dem nach Firmenangaben
ebenfalls höchste Effizienz-Maßstäbe verwirklicht wurden.
Verschiedene Unternehmen in Berlin befassen sich mit Energieeffizienz
durch IKT. Die Aktivitäten der PSI AG, die Softwarelösungen für Energieversorger,
Industrie und Infrastrukturbetreiber entwickelt, wurden bereits in Kapitel 5.6.2
vorgestellt. Auch einige kleinere Unternehmen sind in dem Feld tätig, zum Bei-
spiel die deZem GmbH, die 2003 als universitäre Ausgründung entstand und
sich auf die Entwicklung von Hard- und Software für die Visualisierung von
Energieverbrauchsdaten in der Produktion und in Gebäuden spezialisiert hat.
Die Gesellschaft zur Förderung angewandter Informatik e.V. – GFaI e.V. war
zusammen mit der RWTH Aachen an der Erstellung eines Frameworks betei-
ligt, mit dem die Entwicklung verschiedener Softwaresysteme der Energie- und
Umwelttechnik effizienter realisiert werden kann.
Profil und Empfehlungen
Bei der Entwicklung von Systemen für die Energieversorgung von tragbaren
Geräten der IKT sind gute Kompetenzen am IZM in Berlin vorhanden. Das IZM
ist regional und überregional vernetzt. Ob weiterer Vernetzungsbedarf besteht,
ist nicht bekannt, da im Rahmen der vorliegenden Studie keine Interviews mit
Vertretern des IZM geführt wurden. Da das IZM bereits mit Industriepartnern an
der Kommerzialisierung seiner Entwicklungen arbeitet (z. B. im Verbundprojekt
ProZell, vgl. Kapitel 5.2), sollte geprüft werden, ob bei erfolgreicher Umsetzung
der Projekte durch Ausgründungen oder Ansiedlungen entsprechende Produk-
tionskapazitäten in der Region aufgebaut werden können.
Welche Chancen sich durch das zu erwartende Marktwachstum der grünen
IT für Berlin und Brandenburg auftun werden, kann derzeit nicht abgeschätzt
werden. Hier sollten die Ergebnisse der TU-Studie zur Energieeffizienz in Rechen-
zentren abgewartet werden. Falls sich das Thema als tragfähig erweisen sollte,
wird längerfristig eine Kooperation mit einem der großen IT-Konzerne erfolgen
müssen, da sich diese in jüngster Vergangenheit alle auf dem Feld positio-
niert haben und über starke Marktpositionen verfügen. Außerdem wurde das
Feld in anderen Regionen Deutschlands bereits besetzt. Insbesondere ist eine
Gruppe um die TU Dresden und die Unternehmen AMD, Infineon und T-Mobile
unter die zwölf Finalisten in der ersten Runde des Spitzenclusterwettbewerbs
des BMBF gelangt. Ziel ihres Projekts ›Energy Efficiency Innovations from Silicon
Saxony‹ ist die Schaffung der technologischen Voraussetzungen, die Energieef-
fizienz der Datenverarbeitung, -speicherung und -übertragung um den Fak-
109
Fichter (2007).
110
Die großen IT-Konzerne wie Cisco, IBM,
Hewlett-Packard, Dell, Sun Microsystems
oder Fujitsu Siemens haben verschiedene
Initiativen angestoßen. AMD, APC, Dell,
Hewlett-Packard, IBM, Intel, Microsoft,
Sun Microsystems u.a. haben sich zu der
Entwicklungs- und Informationsplatt-
form ›Green Grid‹ zusammengeschlossen.
Dell, Electronic Data Systems Corporation,
Google, Hewlett-Packard, Intel, Lenovo,
Microsoft, PG&E und der World Wildlife
pfl egen außerdem ihr grünes Image mit
der Initiative ›Climate Savers Computing‹.
Cisco hat ein eigenes Informations-
portal eingerichtet (www.gruene-it.
org), ähnlich wie das Unternehmen
Sun Microsystems, welches sich schon
seit längerem mit der Energie effi zienz
von Serversystemen beschäftigt (www.
openeco.org).
176
tor 10 zu verbessern.111 Die endgültige Förderentscheidung steht im September
2008 an. Von diesem starken Cluster muss sich in Berlin auf geeignete Weise
abgrenzen. Die Chancen für Berlin dürften eher im Bereich der Infrastruktur
(z. B. Rechenzentren) als im Bereich der Herstellung (Hardware) liegen.
Der Einsatz von IKT zur Verbesserung der Energieeffizienz von Anlagen und
Geräten ist ein wichtiges Querschnittsthema, dass die Wissenschaft in der Region
stärker aufgreifen sollte. Wichtige Themen wie dezentrale elektrische Netze las-
sen sich sonst kaum bearbeiten. Gleiches gilt für die Gebäudeleittechnik, die
Automatisierungstechnik, den Verkehr. In allen energiebezogenen Bereichen
wird die IKT zunehmend von Bedeutung sein. Die Berliner Informatik verfügt
grundsätzlich über hervorragende wissenschaftliche Kompetenzen. Dieses Asset
gilt es zur Stärkung des möglichen Kompetenzfelds Energie zu nutzen.
IKT / Medien ist ein Kompetenzfeld innerhalb der Innovationsstrategie des
Landes Berlin (vgl. Kapitel 2.2). Etwa 3.700 Firmen und 31.000 sozialversi-
cherungspflichtig Beschäftigte arbeiten in der IKT-Branche. Zahlreiche Inno-
vationsnetzwerke haben sich etabliert, bislang allerdings nicht spezifisch
zum Thema IKT und Energie.112 Das Kompetenzfeldmanagement, an das sich
die Empfehlungen in erster Linie richten, wird von der Senatsverwaltung für
Wirtschaft, Technologie und Frauen im Rahmen der Berliner Landesinitiative
›Projekt Zukunft‹ wahrgenommen. Energieeffizienz wird im Masterplan für
den IT-Standort nicht als Handlungsfeld benannt. Trotzdem wurde das Thema
bereits aufgegriffen, wie die oben genannten Projekte belegen. Sollte es zur
Etablierung eines Kompetenzfelds Energie kommen, sollten die Aktivitäten der
beiden Felder bei Querschnittsthemen eng abgestimmt werden, um Synergie-
potenziale optimal nutzen zu können.
5.9 Lichttechnik
Innovationstrends
Der Anteil der elektrischen Beleuchtung am Gesamtstromverbrauch lag
2005 bei 9,5 Prozent.113 Das Einsparpotenzial ist groß, da die Hälfte der heute
installierten Beleuchtung auf veralteter, ineffizienter Technik beruht.114 Neue
sparsame Technik steht vielfach zur Verfügung, Hauptproblem ist die geringe
Ersatzrate. Die Lichttechnik hat sich in den letzten Jahren zunehmend zu einer
Hochtechnologie und einem Hightech-Marktsegment entwickelt. Klassische
Glühlampen werden in Deutschland kaum noch produziert. Der Trend geht
zu Energiesparlampen mit höherer Lichtausbeute, intelligenter Lichtsteuerung
und Leuchtdioden (LED). Entwicklungsbedarf besteht hier ebenso wie bei orga-
nischen Leuchtdioden (OLED) oder effizienten Vorschaltgeräten.115 Dafür sind
Prozess- ebenso wie Produktinnovationen erforderlich. Auch das Potenzial
der Tageslichtnutzung in Gebäuden, die ebenfalls zur Lichttechnik zählt, ist bei
Weitem noch nicht ausgeschöpft.
177
Wissenschaft
In Berlin findet in verschiedenen Einrichtungen lichttechnische Forschung
statt. Prof. Heinrich Kaase war bis zu seiner Emeritierung Anfang des Jahres
2008 Leiter des Fachgebietes Lichttechnik der TU Berlin, einem von lediglich vier
Universitätsinstituten (Berlin, Darmstadt, Ilmenau, Karlsruhe) in Deutschland
auf dem Gebiet. Am Fachgebiet hat die Lichtmesstechnik einen hohen Stel-
lenwert. Außerdem gehören die Nutzung von Solarstrahlung, Beleuchtungs-
technik, physikalische Grundlagen und elektronische Vorschalttechnik von
Licht quellen zum Forschungsspektrum. Das Fachgebiet ist an verschiedenen
Verbundprojekten mit regionalen und überregionalen Partnern aus Wissen-
schaft und Wirtschaft beteiligt, beispielsweise zur Tageslichtnutzung, zur ener-
gieeffizienten Beleuchtung und zur dezentralen drahtlosen Datenerfassung in
Gebäuden.116 Ein eigener Schwerpunktsstudiengang Lichttechnik besteht nicht.
Lehrleistungen für die Studiengänge Elektrotechnik, Architektur, Gebäudetech-
nik, Gestaltungstechnik und Wirtschaftsingenieurwesen und für einige wei-
tere Studienrichtungen werden erbracht. Seit April 2008 wird das Fachgebiet
von Prof. Stephan Völker geleitet, der zuvor Mitarbeiter am L-LAB in Pader-
born, einem Forschungsinstitut für Lichttechnik und Mechatronik, war. Seine
Arbeitsschwerpunkte lagen dort im Bereich Kontrastwahrnehmung unter
mesopischen Bedingungen, Entwicklung und Validierung von dynamischen
Wahrnehmungsmodellen, psycho-pysiologische Bewertung von Scheinwer-
fern unter den Aspekten der Verkehrssicherheit.117
An der FHTW Berlin werden im Studiengang ›Technisches Gebäudemanage-
ment‹ lichttechnische Grundlagen beispielsweise zu Schalt- und Dimmapplika-
tionen von Leuchtmitteln vermittelt. Im Labor für solares Bauen, das von Prof.
Friedrich Sick geleitet wird, werden im Rahmen der praktischen Ausbildung der
Studenten auch Aspekte der Tageslichtnutzung gelehrt. Der Laborleiter forscht
aktiv auf diesem Gebiet. Prof. Peter Marx von der TFH Berlin, der seinen For-
schungs- und Arbeitsschwerpunkt auf dem Gebiet der Lichttechnik hatte, ist
nach seiner Emeitierung weiterhin beratend tätig.
In Brandenburg wird am Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerfor-
schung in Potsdam an organischen Leuchtdioden geforscht (vgl. Kapitel 3.3.3).
Außerdem stellt Lichttechnik einen Arbeitsschwerpunkt von Prof. Heiko Stei-
niger vom Fachbereich Informatik / Elektrotechnik / Maschinenbau der FH Lau-
sitz dar. Die Entwicklung großflächiger OLED für Beleuchtungszwecke ist ein
Arbeitsgebiet an der TFH Wildau in der Arbeitgruppe von Prof. Sigurd Schrader
(Bereich Physikalische Technik). Die Arbeiten umfassen die Herstellung und
Charakterisierung von neuartigen Ladungstransport-, Emitter- und Elektro-
denmaterialien sowie von Passivierungsschichten. Weitere Einrichtungen in
Brandenburg, die schwerpunktmäßig an lichttechnischen Fragestellungen
forschen, sind nicht bekannt, allerdings wurde die Wissenschaftslandschaft in
Brandenburg im Bereich der Lichttechnik im Rahmen der vorliegenden Studie
nicht intensiv gesichtet.
111
Vgl. Technische Universität Dresden
(2008).
112
Vgl. Projekt Zukunft (o. J.).
113
Verband der Elektrizitätswirtschaft e.V.
(2007).
114
Vgl. ZVEI (2007).
115
Vgl. VDE Verband der Elektrotechnik
Elektronik Informationstechnik e.V.
(2008).
116
Vgl. TU Berlin (o. J.), Jahresbericht.
117
Vgl. den Internetauftritt des L-Labs:
http: / / www.l-lab.de / DE / Mitarbeiter /
MAvoelker.jsp.
178
Wirtschaft
Die Lichttechnik ist für die Region Berlin-Brandenburg ein wichtiger Wirt-
schaftsfaktor mit rund 4.000 Arbeitsplätzen.118 Allein in der Herstellung von
Lampen und Leuchten sind in Berlin nach Angaben des Statistischen Landes-
amtes in fünf Betrieben rund 2.100 Mitarbeiter beschäftigt.119 Die OSRAM GmbH
mit Hauptsitz in München, eine hundertprozentige Tochter der Siemens AG,
ist der größte Betrieb der Branche in der Region und der weltweit zweitgrößte
Lam penhersteller hinter Philips. Im Zuge der Neustrukturierung des Konzerns
Ende 2007 wurde Osram in den Industriesektor des Konzerns eingegliedert.
Das Produktspektrum in der Hauptstadt umfasst Beleuchtung für Automobile
und Displays, Hochdruckentladungslampen und Glasvorerzeugnisse. Osram
be schäftigt in Entwicklung und Produktion rund 2.150 Mitarbeiter, von denen
jedoch nicht alle in der Lampenherstellung tätig sind. Beispielsweise gehört
zum Werk auch eine Maschinenentwicklungsabteilung, die direkt der Zentrale
untersteht.
Der international tätige Leuchtenhersteller Semperlux AG hat seine Zentrale
in Berlin. Hier sind 120 der weltweit 460 Mitarbeiter beschäftigt, und zwar in
Forschung und Entwicklung, Produktion, Vertrieb und Verwaltung. Der Umsatz
des deutschen Teils des Unternehmens lag 2007 bei fast 29 Mio. Euro. Das Pro-
duktportfolio umfasst Leuchten für den Außen- und den Innenbereich.
Die Franz Sill GmbH Berlin entwickelt und produziert Leuchten und Strah-
lersystem ebenfalls für den Außen- und Innenbereich sowie Vorschaltgeräte.
Einige kleinere Unternehmen wie die EPIGAP GmbH und die OSA optolight
GmbH stellen Leuchtdioden her. Außerdem sind mehrere Lichtplanungsbüros
wie L-PLAN LICHTPLANUNG und führende Messgerätehersteller wie die X-Rite
GmbH OPTRONIK oder die LMT Lichtmesstechnik GmbH in Berlin ansässig. Da -
rüber hinaus unterhält die TÜV Rheinland Group in Berlin die TÜV Fahrzeug-
Lichttechnik GmbH, die alle lichttechnischen Einrichtungen an Fahrzeugen
nach internationalen Vorschriften und Normen prüft.
Netzwerke und Verbände
In Berlin gibt es einige Netzwerke und Verbände im Bereich der Lichttech-
nik. Der Verein zur Förderung des Fachgebiets Lichttechnik der TU Berlin dient
dem Erfahrungsaustausch und will Forschungs- und Entwicklungsarbeiten
zwischen dem Fachgebiet und den Vereinsmitgliedern initiieren und unterstüt-
zen. OSRAM, Semperlux, Sill und weitere Unternehmen und Privatpersonen aus
Berlin sind dem Verein beigetreten. Insgesamt sind 44 Privatpersonen und 58
Unternehmen Vereinsmitglieder, darunter auch der Weltmarktführer Philips.
Die Deutsche Lichttechnische Gesellschaft e.V. mit Sitz in Berlin versteht sich
als technisch-wissenschaftliche Heimat ihrer rund 2.300 an Licht interessierten
Mitglieder. Sie führt Veranstaltungen und Fortbildungen durch, erstellt Publi-
kationen und will zwischen Forschung und Praxis vermitteln. Die Fachverbände
Elektroleuchten und Elektrische Lampen des ZVEI, die die Interessen der Lichti-
ndustrie in Deutschland vertreten, haben ihren Sitz nicht in Berlin.
179
Der Verein Optec-Berlin-Brandenburg (OpTecBB) e.V. ist ein vom BMBF geför-
dertes Kompetenznetzwerk auf dem Gebiet der optischen Technologien. In
Zusammenarbeit mit den Partnern des Quadriga-Prozesses war er an der Erar-
beitung des Masterplans für die Entwicklung des Kompetenzfeldes Optische
Technologien beteiligt.120 Darin werden zwei Handlungsfelder ›Stadt des Lichts‹
und ›Diodenlaser und Leuchtdioden‹ ausgewiesen. Schwerpunkte wurden bei
der Entwicklung von Halogenmetalldampflampen in Verbindung mit neu-
artigen elektronischen Vorschalt- und Sensortechniken, bei energieeffizienten
Beleuchtungskonzepten und bei Leuchtdioden gesetzt. Die Lichttechnik stellt
folgerichtig auch einen ausgewiesenen Schwerpunkt innerhalb von OpTecBB
dar, an dessen Ausbau gearbeitet wird. Beispielsweise wird im Netzwerk der-
zeit ein Pilotprojekt zur innovativen Beleuchtung mit LED unter Beteiligung von
regionalen Unternehmen und Forschungseinrichtungen entwickelt.
Profil und Empfehlungen
Die Ausgangssituation zur Weiterentwicklung des Gebiets Lichttechnik ist in
Berlin gut, diese sollte zielgerichtet vorangetrieben werden. Nahezu die gesamte
Wertschöpfungskette ist in der Region abgedeckt. Das Fachgebiet Lichttechnik
der TU Berlin ist mit Unternehmen vernetzt, Kontakte zu anderen wissenschaft-
lichen Instituten bestehen. Durch den personellen Umbruch am Fachgebiet hat
sich allerdings eine veränderte Situation ergeben. Der neue Leiter sollte verstärkt
in regionale Aktivitäten eingebunden werden. Bei den optischen Technologien
besteht mit OpTecBB bereits eine Netzwerkorgani sation, die sich das Ziel gesetzt
hat, das Feld der Lichttechnik weiterzuentwickeln. Weitere Netzwerktätigkeiten
sollten von dieser Stelle ausgehen. Bei der Tageslichtnutzung in Gebäuden
bestehen ebenfalls Kompetenzen. Diese könnten in die Entwicklung des Feldes
energieeffizientes Bauen (vgl. Kapitel 5.11) einfließen.
5.10 Verkehr und Motoren
Innovationstrends
Der Verkehr hat mit rund 28 Prozent einen größeren Anteil am Endenergie-
verbrauch in Deutschland als die Industrie.121 Über ordnungspolitische Maß-
nahmen zur Senkung des Energieverbrauchs von Kraftfahrzeugen wird derzeit
intensiv diskutiert. Die Reduktion der Kohlendioxidemission von Neuwagen auf
durchschnittlich 130 Gramm pro Kilometer bis 2012 durch verbesserte Motoren-
technik ist erklärtes, wenn auch umstrittenes Ziel der EU-Kommission. Weitere
zehn Gramm sollen durch Effizienzverbesserung bei den Fahrzeugkomponen-
ten und Einsatz von Biokraftstoffen eingespart werden.122 Auch in der Luft- und
Schifffahrt und im schienengebundenen Verkehr sind weitere Effizienzstei-
gerungen möglich. Durch die geplanten ordnungspolitischen Vorgaben, aber
auch durch steigende Treibstoffpreise und den durch die Klimaschutzdebatte
bewirkten Bewusstseinswandel hat der Innovationsdruck auf die Hersteller in
118
Quelle: Internetauftritt des Verbandes
Deutscher Architekten- und Ingenieur-
vereine e.V.
119
Exakter in sieben fachliche Betriebsteile
und fünf Betrieben.
120
OpTecBB e.V. et al. (2006).
121
Verband der Elektrizitätswirtschaft e.V.
(2007).
122
Europäische Kommission (2008b).
180
jüngster Zeit zweifelsohne zugenommen. Zum Forschungs- und Entwicklungs-
bedarf zur Steigerung der Energieeffizienz im Verkehr existiert umfangreiche
Literatur, deren Darstellung den Rahmen der vorliegenden Studie übersteigen
würde.123 Deswegen werden im Folgenden lediglich einige Punkte angespro-
chen, die von den Interviewten als besonders wichtig für die Region genannt
wurden.
Ein wesentlicher Beitrag kann trotz des bereits sehr hohen Entwicklungs-
standes auch in Zukunft durch Verbesserungen in der Motorentechnologie
erwartet werden. Maßnahmen zur Verbesserung des Wirkungsgrads stehen
dabei immer in engem Zusammenhang mit Fragen der Vermeidung von Schad-
stoffen (insbesondere Stickoxide und Partikel). Dies trifft auch auf Wasserstoff-
und Erdgasmotoren zu. Bei den Verbrennungsmotoren ist weniger ein großer
technologischer Durchbruch zu erwarten als vielmehr ein kontinuierlicher Fort-
schritt durch viele Verbesserungen. Ein Beispiel stellen effiziente Brennverfah-
ren wie die Homogeneous Charge Compression Ignition (HCCI) dar, die Vorteile
des Otto- und des Dieselmotors vereinen. Durch den Einsatz von synthetischen
Kraftstoffen aus Biomasse oder fossilen Quellen (Biomass to Liquid Krafstoffe,
Designer Fuels, vgl auch Kapitel 5.1.3) ist es möglich, die Eigenschaften von
Kraftstoff und Motor besser aufeinander abzustimmen. Man spricht von Ko -
evolution von Motor und Kraftstoff.
Hilfsaggregate (engl. auxiliary power unit, APU) wie die SteamCell oder
Thermogeneratoren (vgl. Kapitel 5.5) könnten die Energieverluste minimie-
ren, indem sie die Abwärme des Hauptantriebs nutzen. Auch der Einsatz von
Brennstoffzellen als APU wird untersucht. Hybridantriebe zur Rekuperation
von Bremsenergie sind bereits in Serienmodellen erhältlich. Forschungsbedarf
besteht bei diesen weiterhin, z. B. bei der Anpassung des Gesamtantriebs-
systems. Auch die Komponenten müssen optimiert werden, insbesondere die
Speichersysteme. Dies gilt natürlich umso mehr für Fahrzeuge mit Brennstoff-
zellen oder mit batterieelektrischem Antrieb, für die die Entwicklung leistungs-
fähiger und kostengünstiger Elektroenergiespeicher mit hoher Kapazität (z. B.
Lithium-Ionen Akkus) die wesentliche Voraussetzung für eine breitere Markt-
durchdringung darstellt. Mehr zum Forschungs- und Entwicklungsbedarf bei
elektrischen Antrieben findet sich in Kapitel 5.7. Nur die Antriebskomponenten
der Fahrzeuge zu betrachten greift allerdings zu kurz. Ebenso wichtig ist die
Optimierung des Gesamtsystems, etwa im Hinblick auf Energiemanagement
und Gewicht. Über das einzelne Fahrzeug hinaus kann die intelligente Planung
und Steuerung des Verkehrs durch Telematik und Logistik indirekt erheblich zur
Reduktion des Kraftstoffverbrauchs beitragen. Beispielsweise lassen sich durch
bessere Koordinierung des Straßen-, Schienen-, Luft-, und Seeverkehrs Leer-
fahrten oder Staus vermeiden. Auch hier besteht erheblicher Forschungs- und
Entwicklungsbedarf.
In der Luftfahrt stellen die Triebwerke einen, wenn auch nicht den einzigen
Ansatzpunkt zur Verbesserung der Energiebilanz dar. Dazu finden sich detail-
lierte Ausführungen in Kapitel 5.3.
181
Die Tätigkeitsschwerpunkte der Unternehmen und wissenschaftlichen Einrich-
tungen aus dem Verkehrsbereich in der Region Berlin-Brandenburg sind gut
dokumentiert, wenn auch nicht mit speziellem Fokus auf Energieeffizienz.
Einen Überblick über die Branche liefert der Report ›Verkehr und Mobilität in
Berlin-Brandenburg‹124 aus dem Jahr 2008. Deshalb werden im Folgenden
lediglich exemplarisch einige wissenschaftliche Einrichtungen und Unterneh-
men vorgestellt, deren Aktivitäten besonders energierelevant sind.
Wissenschaft
Am Fachgebiet Verbrennungskraftmaschinen der TU Berlin werden derzeit
verschiedene Forschungsprojekte, u.a. zu Otto- und Dieselmotoren und Tur-
boladern, durchgeführt. Zur Ausstattung gehören dynamische und stationäre
Prüfstände, ein Turboladerprüfstand und ein Durchflussprüfstand. Neben der
Aufladung und Motorsteuerung bilden insbesondere die Motorprozesssimula-
tionen einen Forschungsschwerpunkt. Das Fachgebiet unterhält Kontakte zu
verschiedenen Industrieunternehmen wie IAV, Vattenfall Heat, Amovis, Daimler
und Bombardier. Aufgrund der bevorstehenden Emeritierung des derzeitigen
Fachgebietsleiters Prof. Helmut Pucher steht eine Neubesetzung an.
Am Fachgebiet Kraftfahrzeuge der TU Berlin, das von Prof. Volker Schind-
ler geleitet wird, stellt das Energiemanagement der Fahrzeuge einen der For-
schungsschwerpunkte dar. Das Fachgebiet war an einem Projekt zur Einbin-
dung einer APU ins Bordnetz beteiligt und an der Entwicklung des sparsamen,
dreirädrigen Kleinfahrzeugs mit Erdgasmotor ›Clever‹. Weiterhin wurde eine
Studie zur Versorgung des europäischen Marktes mit synthetischen Kraftstoffen
aus Biomasse erstellt. Das Fachgebiet Elektronische Mess- und Diagnosetechnik
der TU Berlin unter Leitung von Prof. Clemens Gühmann hat ebenfalls einen
Fokus auf der Automobiltechnik, z. B. der Regelungstechnik für Fahrzeug-
antriebe. Den Hauptschwerpunkt am Fachgebiet Elektrische Antriebstechnik
stellen Hybridantriebe dar (vgl. Kapitel 5.7).
Einen Schwerpunkt an der TU Berlin bildet außerdem die Schienenver-
kehrstechnik, mit der sich drei Fachgebiete am Institut für Land- und Seever-
kehr befassen. Besondere Kompetenzen sind an der TU Berlin und anderen
Berliner Forschungseinrichtungen darüber hinaus in der Verkehrstelematik, der
Logistik und der Luftfahrt vorhanden. In allen Bereichen spielen Fragen des
effizienten Energieeinsatzes eine wichtige Rolle. Lehrinhalte aus den genann-
ten Fachgebieten werden in den Bachelor- und Master-Studiengängen des
Verkehrswesens und des Maschinenbaus vermittelt.
Die FHTW Berlin hat einen Schwerpunkt auf der Fahrzeug- und Motoren-
technik. Insgesamt acht Professoren lehren und forschen auf dem Gebiet (vgl.
Kapitel 3.2.2). Die FHTW Berlin bietet auch einen Studiengang Fahrzeugtechnik
an. An der TFH Berlin besteht keine Schwerpunktbildung im Bereich Fahrzeug-
oder Motorentechnik, entsprechende praktische und theoretische Kenntnisse
werden jedoch im Rahmen einiger Studiengänge (z. B. Maschinenbau, Com-
123
Vgl. z. B. für den Automobilbereich
Schindler / Sievers (Hg.) (2007).
124
TSB / FAV (2008).
182
125
TSB / FAV (2008).
126
Vgl. Doll (2008).
127
Quelle: Internetauftritt der Daimler AG.
128
Quelle: Internetauftritt des BMW-Motor-
radwerks: www.bmw-werk-berlin.de.
129
IHK Berlin (2007b).
munication Systems) vermittelt. Geforscht wird an der TFH beispielsweise zum
Energiemanagement von Fahrzeugen.
In Brandenburg bestehen relevante Forschungsschwerpunkte an der BTU
Cottbus, insbesondere am Lehrstuhl Fahrzeugtechnik und -antriebe und am
Lehrstuhl Verbrennungskraftmaschinen und Flugantriebe. An der TFH Wildau,
der FH Lausitz und der FH Brandenburg bestehen ebenfalls einige Kompetenzen
zu Verbrennungsmotoren und Verkehrssystemen.
Wirtschaft
Im Bereich Verkehr und Mobilität sind in der Hauptstadtregion rund 50.000
Menschen beschäftigt.125 Neben zahlreichen KMU sind auch mehrere Weltkon-
zerne mit Produktionsstätten vertreten. Einige dieser Unternehmen werden im
Folgenden kurz vorgestellt.
Die Bombardier Transportation ist im Bereich der Bahntechnik tätig und
hat ihre weltweite Zentrale in Berlin. Zu den 400 Mitarbeitern in der Haupt-
stadt kommen weitere 1.900 im Werk Hennigsdorf – dem größten Standort
des Unternehmens in Europa.126 Dort findet die Endmontage von Zügen für den
Nah-, Regional- und Fernverkehr sowie von U-Bahnen statt. Außerdem befin-
den sich am Standort ein Test- und Inbetriebnahmezentrum sowie ein Engi-
neeringzentrum. Bombardier unterhält über Diplom- und Studienarbeiten,
aber auch über Kooperationsprojekte Kontakte zur TU Berlin, insbesondere zu
den Fachgebieten Schienenverkehrstechnik, Experimentelle Strömungsmecha-
nik sowie Fahrzeugtechnik.
Die Stadler Pankow GmbH fertigt am Standort Berlin mit rund 550 Mitar-
beitern Straßenbahnen und Niederflurtriebzüge für den Nah- und S-Bahn-
verkehr.
Bei Kraftfahrzeugantrieben hat die IAV GmbH aus Berlin hervorragende Kom-
petenzen. Sie wurde 1983 als An-Institut der TU Berlin gegründet und arbei-
tet weiterhin mit dieser Hochschule zusammen. Gesellschafter sind Hersteller
und Zulieferer aus dem Automobilbereich. Das Unternehmen ist ein führender
Engineering-Dienstleister für die Automobilindustrie mit Kernkompetenzen in
der Antriebsstrang-, Elektronik- und Fahrzeugentwicklung. Inzwischen hat es
weltweit über 3.000 Mitarbeiter.
Im Berliner Werk der Daimler AG werden Maybach Typ 12-Motoren, V12-
Biturbo-Benzin-, V6- und V8-Dieselmotoren für die Marke Mercedes-Benz,
Komponenten und Teile für Mercedes-Benz und smart, Tauschmotoren sowie
Neumotoren in Klein- und Sonderserien für Mercedes-Benz Pkw und Trans-
porter gefertigt.127 Am Standort Berlin-Marienfelde sind 3.100 Mitarbeiter
beschäftigt. Motoren werden dort nicht entwickelt, jedoch Komponenten und
Zubehör.
Im BMW-Motorradwerk Berlin-Spandau sind rund 2.100 Personen beschäf-
tigt. Es ist der weltweit einzige Produktionsstandort für BMW-Motorräder.
Außerdem werden in Berlin Komponenten für Automobile gefertigt. Die Motor-
rad-Entwicklungsabteilung befindet sich allerdings in München.128
183
Die Aktivitäten der Continental AG, die in Berlin an Hybridantrieben forscht,
werden in Kapitel 5.7 beschrieben.
Die im Bereich der Luftfahrtantriebe tätigen Unternehmen Rolls-Royce
Deutschland und MTU sowie einige Zulieferer und Dienstleister werden in
Kapitel 5.3 vorgestellt. Weitere Unternehmen aus dem Bereich lassen sich dem
Internetauftritt der Berlin-Brandenburg Aerospace Alliance e.V. entnehmen.
Außerdem sind in Berlin etliche Verkehrsunternehmen ansässig, die selbst
Forschung und Entwicklung betreiben und als potenzielle Anwender von
innovativen Verkehrstechnologien große Bedeutung haben. Die Deutsche Bahn
AG mit ihren verschiedenen Tochtergesellschaften ist mit 18.900 Beschäftigten
der größte Arbeitgeber in Berlin.129 Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) betreiben
mit 11.300 Mitarbeitern den größten Teil des öffentlichen Personennahverkehrs.
Im Bereich der Luftfahrt ist die Deutsche Lufthansa AG mit 4.900 Beschäftigten
das größte Unternehmen in Berlin (Unternehmenssitz ist Köln). Rund 2.000
Beschäftigte hat die Air Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG in der Hauptstadt.
Daneben gibt es eine Reihe weiterer kleiner Verkehrsunternehmen in der
Region.
Netzwerke, Verbände und Projekte
Berlin hat eine lange Tradition als Testfeld für neue Kraftstoffe und Antriebs-
systeme. Bereits in den 1970er und 1980er Jahren wurde der Einsatz von
Methanol als emissionsarmer Kraftstoff für Ottomotoren getestet. In den 1980er
Motorenentwicklung bei der IAV GmbH
in Berlin
© IA
V Gm
bH
184
Jahren haben Daimler-Benz und BMW mit Unterstützung des BMFT in Berlin
am Wasserstoffantrieb gearbeitet (Wasserstoff-Verbrennungsmotoren). Wich-
tige Erkenntnisse sind in der Speichertechnologie gewonnen worden (Speicher
für flüssigen und gasförmigen Wasserstoff, Metallhydridspeicher). Auch die
Erarbeitung von Sicherheitsrichtlinien profitiert nach wie vor von den damals
gewonnenen Erkenntnissen.
Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit sind das vom BMU geförderte Pro-
jekt ›TUT – Tausend Umwelt-Taxis für Berlin‹, mit dem die Einführung erdgas-
betriebener Taxi-Fahrzeuge forciert wurde, oder das TELLUS-Projekt, dessen Ziel
die umweltverträgliche und nachhaltige Gestaltung des Stadtverkehrs war. Die
Fachgebiete Verbrennungskraftmaschinen sowie Energieverfahrenstechnik und
Umwandlungstechniken regenerativer Energien der TU Berlin, die IAV und wei-
tere Industriepartner waren an dem mit Landes- und EU-Mitteln geförderten
Projekt zur ›Homogeneous Charge Compression Ignition‹ (HCCI) beteiligt. Amovis
GmbH und TU Berlin waren Partner in einem Projekt zur Einbindung der Steam-
Cell APU in das Bordnetz eines Fahrzeugs. Die zweite Phase der Clean Energy
Partnership (CEP), die die Systemfähigkeit von Wasserstoff als Energieträger im
Verkehr erprobt, startet im Jahr 2008. Das Demonstrationsprojekt wurde bereits
vorgestellt (Kapitel 5.2). Am EU-Projekt ›Railenergy‹, das 2006 begann und eine
Reduktion des Energieverbrauchs im Eisenbahnverkehr um mindestens sechs
Prozent zum Ziel hat, sind verschiedene Partner aus der Region mit einem Pro-
jektvolumen von 5,4 Mio. beteiligt.130 Weitere Projekte sind in Vorbereitung.
Als vorbildhaft kann auch die 2005 in Berlin-Tempelhof eingerichtete Ver-
kehrsregelungszentrale gelten, die dabei hilft, den Verkehr flächendeckend
zentral zu überwachen und zu steuern. Am gleichen Standort wird von Siemens
eine Verkehrsmanagementzentrale131 betrieben, in der die Verkehrsdaten auf-
bereitet werden. Das Bild der Verkehrslage wird den Verkehrsteilnehmern zur
Verfügung gestellt und hilft beispielsweise Staus und Baustellen zu umfahren.
Wesentlich beteiligt an der Umsetzung der meisten Projekte waren ver-
schiedene Netzwerkorganisationen, allen voran der Forschungs- und Anwen-
dungsverbund Verkehrssystemtechnik Berlin (FAV), der 1997 gegründet wurde.
Er betreut ein Netzwerk aus Unternehmen, Forschungseinrichtungen und
Betreibern der Region aus dem Bereich Verkehr und Mobilität und initiiert
Verbundprojekte und Kooperationen auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene.
Der FAV ist ein Bereich der TSB Innovationsagentur Berlin GmbH. Das Netzwerk
›automotive BerlinBrandenburg‹ richtet sich speziell an die Automobilzulieferer
der Hauptstadtregion. Es wird im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe ›Verbes-
serung der regionalen Wirtschaftsstruktur‹ gefördert. Das NEMO-Netzwerk ›eco
optimized public transportation‹, das vom Standort Adlershof der TSB gemanagt
wird, hat sich die Energieoptimierung der Fahrweise im schienengebundenen
öffentlichen Personennahverkehr zum Ziel gesetzt. Das Exzellenznetzwerk
EURNEX, das vom FAV koordiniert wird, hat die Integration der europäischen
Eisenbahnforschung in den EU-Staaten und Russland zum Ziel. Die Berlin-
Brandenburg Aerospace Alliance e.V. bündelt die Interessen der regionalen
185
Luft- und Raumfahrtindustrie. Weitere Netzwerke und Projekte aus dem Ver-
kehrsbereich finden sich in dem erwähnten Report ›Verkehr und Mobilität in
Berlin-Brandenburg‹.
Profil und Empfehlungen
›Verkehr und Mobilität‹ ist ein Kompetenzfeld innerhalb der Innovations-
strategie des Landes Berlin. Das Management wird durch den FAV wahrgenom-
men. Der Bereich ist nach Einschätzung der Strategieverantwortlichen dabei,
sich zu einem Cluster in der Region Berlin-Brandenburg zu entwickeln.132 Die
Frage der Wettbewerbsfähigkeit der Region im Verkehrsbereich stellt sich vor
diesem Hintergrund nicht. Vielmehr gilt es, innerhalb des Clusters den Blick auf
die energierelevanten Kompetenzen zu fokussieren und zu klären, wie sich das
Verhältnis zwischen einem möglichen zukünftigen Kompetenzfeld ›Energie‹
und energierelevanten Aktivitäten im Cluster ›Verkehr und Mobilität‹ gestal-
ten könnte. Die strategische Entwicklung wurde bislang nicht mit besonderem
Augenmerk auf Energie vorangetrieben. Der Masterplan133 aus dem Jahre 2005,
der die Strategie zur Entwicklung des Bereichs beschreibt, betont den Aspekt
der ›Nachhaltigen Mobilität‹. In der Fortschreibung des Masterplans134 wird
diese als querschnittlich zu den thematischen Handlungsfeldern betrachtet.
Für das Handlungsfeld Kraftfahrzeugtechnik werden im Masterplan von
2005 explizit innovative Antriebstechnik, Clean Energy Kraftstoffe und Antriebe
als thematische Schwerpunkte genannt. Für die weiteren Handlungsfelder
(Schienenverkehrstechnik, Logistik, Verkehrstelematik, Luft- und Raumfahrt)
lassen sich folgende Aussagen zu energierelevanten Aspekten treffen:
In der Schienenverkehrstechnik gehört die Region Berlin-Brandenburg zu
den führenden Standorten in Deutschland. Als energierelevante Kooperations-
themen, die speziell für die Hauptstadt Berlin von Bedeutung sein könnten,
wurden von den Interviewpartnern Aerodynamik sowie Heiz- und Klimatech-
nik genannt.
In der Luftfahrttechnik kommt der Verbesserung der Turbinentechnologie
eine zentrale Rolle zu. Interviews zu anderen energierelevanten Aspekten der
Luft- und Raumfahrttechnik und zur Verkehrstelematik / Verkehrslogistik wur-
den nicht geführt. Deshalb können dazu keine weiteren Aussagen getroffen
werden.
Bei energierelevanten Aspekten der Kraftfahrzeugtechnik und bei Ver-
brennungsmotoren wurde die Region von den Befragten als kompetent ein-
geschätzt. Berlin verfügt über umfassendes Ingenieur-Know-how und gute
Forschungs- und Entwicklungskompetenzen. Allerdings befinden sich weder
Forschungsabteilungen noch – mit Ausnahme der beiden Werke von Daim-
ler und BMW – Produktionsstätten der großen Automobilkonzerne in Berlin-
Brandenburg. Daher gibt es wenig Großserienproduktion und dementspre-
chend wenig Know-how für die Serienentwicklung. Der Automobilsektor in
der Region ist eher kleinteilig strukturiert, und die Wertschöpfungsketten sind
nicht vollständig geschlossen. Außerdem wird die Forschungsstärke anderer
130
Vgl. TSB / FAV (2008), S. 35.
131
Homepage: www.vmzberlin.de.
132
Vgl. TSB / FAV (2008), S. 4.
133
TSB / FAV et al. (2005).
134
TSB / FAV / Zukunftsagentur Brandenburg
(2007).
186
Wissenschaftsstandorte (z. B. Aachen, Stuttgart, Graz) von den Befragten als
größer eingeschätzt.
Die zitierten Projekte belegen jedoch, dass Themen wie sparsame Brenn-
verfahren, alternative Treibstoffe, Koevolution von Kraftstoff und Motor, Ener-
giemanagement im Fahrzeug, energieeffiziente Fahrweisen usw. auch ohne
explizite Schwerpunktsetzung in der strategischen Ausrichtung für die Kom-
petenzfeldentwicklung bereits aufgegriffen wurden und kompetent bearbei-
tet werden können. Folgerichtig haben diese Punkte explizit Eingang in die
Fortschreibung des Masterplans gefunden. Als prioritäre Maßnahmen wird
die Etablierung eines Kfz-Engineering-Zentrums genannt, in dem Forscher
aus Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen gemeinsam
arbeiten. Schwerpunkte sollen in der Fahrzeugtechnik sowie bei der Antriebs-
und Motorentechnik und neuen Kraftstoffen liegen. Erste Schritte zur Realisie-
rung des Kfz-Engineering-Zentrums wurden eingeleitet. Außerdem soll Berlin
als Testfeld für Clean Energy Antriebe und Biokraftstoffe gestärkt werden.
Mit einer Steigerung der Forschungsanstrengungen der Industrie und einer
Intensivierung der Forschungsförderung von Seiten der öffentlichen Hand ist zu
rechnen. Innerhalb der Hightech-Strategie für den Klimaschutz135 des BMBF stellt
klimaverträgliche Mobilität bereits einen Schwerpunkt dar. Das neue Verkehrs-
forschungsprogramm der Bundesregierung hat die Schwerpunkte ›Intelligente
Logistik‹, ›Mobilität im 21. Jahrhundert‹ sowie ›Intelligente Verkehrsinfrastruk-
tur‹ und soll ebenfalls die Förderung von intelligentem Verkehrs management
und alternativen Antrieben und Kraftstoffen vorantreiben. Für die Umsetzung
des Programms sind von 2008 bis 2011 etwa 300 Mio. Euro vorgesehen.136 Auch
im 7. Forschungsrahmenprogramm der EU wurden entsprechende Schwer-
punkte bei Umwandlungstechnologien für feste, flüssige und gasförmige
Brennstoffe für den Verkehrssektor sowie beim umwelt schonenden Land-,
See- und Luftverkehr gesetzt.
Um einen angemessenen Anteil dieser Forschungsausgaben für Berlin-
Brandenburg zu sichern und die Branche in der Region langfristig zu quali-
fizieren, stellt die Stärkung der Wissenschaft einen der wichtigsten Bausteine
dar. Dies betrifft die finanzielle wie die personelle Ausstattung einiger Institute.
Insbesondere sollte der Lehrstuhl ›Verbrennungskraftmaschinen‹, der eine zen-
trale Rolle bei der Weiterentwicklung des Feldes spielt, nach der Emeritierung
seines derzeitigen Leiters umgehend wiederbesetzt werden. Prinzipiell werden
von Seiten der Unternehmen Wissenschaftler gewünscht, die über eine große
Nähe zur Industrie verfügen und deren Kompetenzen mit den Bedürfnissen der
Branche in der Region möglichst kongruent sind.
Da die Vernetzung von Wissenschaft und Unternehmen in der Branche
weit fortgeschritten ist und einen hohen Institutionalisierungsgrad erreicht
hat, bietet es sich an, die energierelevanten Themen aus dem Verkehrsbe-
reich innerhalb der etablierten Netzwerkorganisationen fortzuführen. Diese,
insbesondere der FAV, verfügen über gute Branchenkenntnis und langjährige
Erfahrung bei der Bildung von Verbünden aus Wirtschaft und Wissenschaft und
187
135
Vgl. BMBF (2007).
136
Vgl. BMWi (2008).
137
Vgl. The European Construction
Technology Platform (2005).
138
McKinsey & Company, Inc. (2007).
139
Vgl. die ausführlichere Darstellung in
Vogdt et al. (2005).
140
Vgl. Vogdt et al. (2005); Lang (2007).
der Aufrechterhaltung von Verflechtungen über einzelne Projekte hinaus. Der
insbesondere im Automotive-Bereich eingeschlagene Weg sollte weitergegan-
gen werden. Für die anderen Handlungsfelder sollte bei der Fortschreibung
des Masterplans für den Verkehr geprüft werden, ob es sinnvoll ist, das Thema
Energieeffizienz weiter in den Vordergrund zu rücken. Sollte es zur Entwicklung
eines Kompetenzfeldes Energie kommen, so ist eine enge Abstimmung mit den
energierelevanten Aktivitäten im Verkehrsbereich unverzichtbar.
5.11 Gebäude
Innovationstrends
Der Gebäudebestand ist in den Ländern der Europäischen Union für etwa
40 Prozent des Energieverbrauchs verantwortlich.137 Einer Studie138 des Bundes-
verbandes der Deutschen Industrie (BDI) und der Unternehmensberatung
McKinsey zufolge liegt das größte CO2-Vermeidungspotenzial in Wohngebäuden
sowie in öffentlichen und in gewerblichen Immobilien. Ein großer Teil der Ein-
sparmaßnahmen ließe sich sogar wirtschaftlich umsetzen.
Dabei ist das Einsparpotenzial bei der energetischen Sanierung des Altbau-
bestands insgesamt höher als durch die Ausreizung der letzten technischen
Möglichkeiten im Neubaubereich. Bei Neubauten ist durch gute Wärmedäm-
mung der Gebäudehülle, Vermeidung von Wärmebrücken, Lüftungsanlagen
mit Wärmerückgewinnung, Einsatz moderner Heizungsanlagen mit Brenn-
werttechnik, Kraft-Wärme-Kopplung oder erneuerbare Energien, die aktive
und passive Solarenergienutzung und anderer Möglichkeiten die Realisierung
sehr niedriger Energieverbrauchswerten technisch möglich und weitgehend
auch ökonomisch sinnvoll.139 Die energetische Sanierung des Gebäudebestands
gestaltet sich technisch und wirtschaftlich meist anspruchsvoller. Obwohl ver-
schiedene Lösungen auf dem Markt verfügbar sind, besteht Forschungsbedarf
in nahezu allen Bereichen. Beispielsweise müssen Materialien zur Wärmedäm-
mung und zur Kurz- bzw. Langzeitspeicherung von Kälte und Wärme (Vaku-
umdämmung, Latentwärmespeicher, thermochemische Speicher, Untergrund-
speicher) weiterentwickelt werden. Innovationen bei der Heiz- und Klima-
technik (Heizungspumpen, Wärmepumpen, solares Kühlen), bei der Beleuch-
tung (schaltbare Verglasungen, Licht lenkende Systeme, Leuchtmittel), bei der
Einbindung regenerativer Energien und bei der Mess-, Steuer-, Regeltechnik
sind erforderlich. In Zukunft werden bei der Ver- und Entsorgung dezentrale
Anlagen eine wichtige Rolle spielen.
Von großer Bedeutung ist außerdem die Abstimmung der Einzelmaß-
nahmen, d.h. die Betrachtung des Gesamtsystems Gebäude unter energetischen
Gesichtspunkten bereits in der Planungsphase. Für die Energiebilanz eines
Gebäudes sind nämlich die Erzeugung der Baustoffe sowie Errichtung, Abriss
und Entsorgung, also der gesamte Lebenszyklus, von Bedeutung.140 Daher trägt
beispielsweise die Entwicklung effizienter Herstellungsverfahren oder alterna-
188
tiver Baustoffe ebenso zur Energieeinsparung in der Bauwirtschaft bei wie bes-
sere Verbrauchswerte. Außerdem werden nach Ansicht der Befragten über den
energetischen Aspekt hinaus die Gesamt-Ökobilanzen für einzelne Stoffe und
Elemente wie Dämmstoffe ein wichtiges Forschungsthema werden. Aufgrund
der zunehmenden Komplexität werden Simulations-, Planungs- und Steue-
rungstools, die auf Methoden der IKT beruhen, an Bedeutung gewinnen.
Neben den technologischen Fortschritten spielen organisatorische und
rechtliche Fragen eine wichtige Rolle. Kritisiert wurde von einigen Befragten
unter anderem, dass die Belange der Handwerker durch die Industrie bei der
Entwicklung innovativer Produkte oft nicht frühzeitig genug berücksichtigt
würden. Ein bekanntes Hemmnis auf Anwenderseite ist das Mieter-Vermieter-
Problem (da der Vermieter aufgrund der derzeitigen Regelungen des Mietrechts
meist keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Nutzen aus Maßnahmen zur
energetischen Gebäudesanierung hat, führt er diese vielfach nicht aus). Eine
Möglichkeit, die Energieeinsparung auch unter wirtschaftlichen Bedingungen
attraktiv zu gestalten, bieten zum Beispiel Contractingmodelle. Auf diese nicht-
technischen Fragestellungen wird hier jedoch nicht weiter eingegangen.
Wissenschaft
Innerhalb des Innovationszentrums Energie der TU Berlin gibt es ein Cluster
›Energieeffiziente Gebäude und Städte‹, dessen Kern die vier Fachgebiete ›Bau-
physik und Baukonstruktion‹, ›Baustoffe und Bauprüfung, Bauwirtschaft und
Baubetrieb‹ sowie ›Entwerfen und Konstruieren – Massivbau‹ aus dem Institut
für Bauingenieurwesen, das Fachgebiet Maschinen- und Energieanlagentech-
nik, das Fachgebiet ›Agententechnologien in betrieblichen Anwendungen und
der Telekommunikation‹ sowie das Fachgebiet ›Heiz- und Raumlufttechnik‹
bilden. Letzteres ist zur Zeit nicht besetzt, eine Berufung wird nach Auskunft
der TU Berlin aber zeitnah erfolgen. Das IEMB Institut für Erhaltung und Moder-
nisierung von Bauwerken und die Deutsche Telekom Laboratories haben sich
ebenso wie einige Industrieunternehmen als Partner angeschlossen. Arbeits-
schwerpunkte sollen die Gebäudebestandsmodellierung zur Entwicklung eines
Energiekatasters, die energetische Modernisierung durch den Einsatz innova-
tiver Technologien, die Entwicklung leichter, material- und energiesparender
Strukturen für bauliche Anlagen, die Entwicklung und Anwendung neuer
adaptiver Baustoffe und -konstruktionen im Bereich der Energiespeicherung
und Wärmeleitung bei niedrigem Eigenenergieinhalt, die Substitution CO2- und
energieintensiver Baustoffe sowie die gebäudespezifische Kommunikation und
Information sein.141 Sprecher des Clusters ist Prof. Frank U. Vogdt, der Leiter des
Fachgebiets Bauphysik und Baukonstruktion, an dem nachhaltiges Bauen
unter Betrachtung des gesamten Lebenszyklus des Gebäudes besonders betont
wird. Untersucht werden am Fachgebiet unter anderem die Eigenschaften von
Wärmedämmungssystemen. Außerdem werden am Institut für Bauingenieur-
wesen beispielsweise alternative Betreibermodelle untersucht. Ein eigener
Studien gang mit Ausrichtung auf Energieeffizienz in Gebäuden und Städten
189
besteht an der TU Berlin nicht, relevante Lehrinhalte werden aber in bau- und
architekturwissenschaftlichen Studiengängen vermittelt.
Das IEMB Institut für Erhaltung und Modernisierung von Bauwerken e.V.,
das im Wesentlichen durch Projekte des Bundes getragen wird, ist ein For-
schungsinstitut, das satzungsgemäß der Förderung der Wissenschaft und For-
schung, der Entwicklungshilfe sowie des Verbraucherschutzes und der Bildung
verpflichtet ist. Ein Arbeitsschwerpunkt ist die Entwicklung von Konzepten
zum nachhaltigen Bauen, zur Energieeinsparung und zur Minderung der CO2-
Emissionen im Gebäudebestand und im Neubau. Die Aufgaben des Energiebe-
auftragten des Bundes, unter dessen Leitung Maßnahmen zur energetischen
Optimierung und zum Einsatz erneuerbarer Energie in den Bundesbauten
entwickelt und betreut werden, werden am IEMB wahrgenommen. Leiter des
Instituts ist Prof. Bernd Hillemeier.
An der FHTW Berlin gibt es ein Kompetenzfeld142 ›Nachhaltige Energiever-
sorgung für Gebäude‹. Das Zentrum bündelt die Aktivitäten der Professoren,
die auf dem Gebiet der regenerativen Energien und der Gebäudetechnik tätig
sind. Es umfasst die Arbeitsfelder ›Konzeption zum energie- bzw. klimage-
rechten Bauen‹, ›dynamische Gebäude- und Anlagensimulation‹, ›Planung,
Optimierung und Simulation komplexer regenerativer Energiesysteme‹, ›Sys-
temanalyse und Technikbewertung von Energiekonzepten‹, ›Netzintegration
von Regenerativen Energiesystemen in Versorgungsnetze‹, ›Einsatz solar- und
abwärmegetriebener Absorptionskältemaschinen‹, ›Solare Kühlung‹, ›Entwick-
lung von Simulationssystemen für regenerative Energiesysteme‹ sowie ›Last-
management durch Einsatz thermischer Speicher‹. Sprecher des Kompetenz-
felds ist Prof. Friedrich Sick. Weitere beteiligte FHTW-Mitarbeiter werden aktuell
auf der Webseite des Kompetenzfeldes gelistet.143 Verschiedene Forschungs-
und Modellprojekte wurden durchgeführt bzw. wissenschaftlich begleitet,
beispielsweise zu Zeolithspeichern, zur Niedrigenergiesanierung unter Einsatz
von Latentwärmespeichern und Vakuumdämmmaterialien oder zur Einbin-
dung regenerativer Energien in das Heizsystem.144 Kenntnisse zur nachhal-
tigen Gebäudeenergie-Versorgung werden in den Studiengängen vermittelt,
die sich mit regenerativen Energien und Gebäuden befassen (vgl. Kapitel 3.1).
Mehrere Labore, die zum Teil auch für Forschungsarbeiten genutzt werden,
stehen für die praktische Ausbildung der Studenten zu Themen wie solares
Bauen, elektrische und mechanische Gebäudetechnik oder Wärmedämmung
zur Verfügung.
An der TFH Berlin werden Kenntnisse zum energieeffizienten Bauen und
zum Energiemanagement von Gebäuden im Rahmen der einschlägigen Studi-
engänge an den Fachbereichen III ›Bauingenieur- und Geoinformationswesen‹
und IV ›Architektur und Gebäudetechnik‹ vermittelt. Eine besondere Ausrich-
tung auf regenerative Energien im Gebäudebereich besteht nicht, eine stärkere
Einbindung dieser Themen in die Lehre ist aber geplant. Für die praktische
Ausbildung der Studenten stehen Labors für Heizungstechnik, Klimatechnik
sowie Elektro-, Mess- und Regelungstechnik mit umfangreicher Ausstattung
141
Vgl. die Selbstdarstellung des Clusters
unter www.energie.tu-berlin.de.
142
Der Begriff ›Kompetenzfeld‹ wird an der
FHTW in einem anderen Sinn als in der
Innovationsstrategie des Landes Berlin
verwendet.
143
www. energie-kompetenz.fhtw-berlin.
de.
144
Vgl. Der Präsident der FHTW Berlin (2007).
190
zur Verfügung. Kontakte in die Wirtschaft bestehen im Rahmen von Gutachten,
Forschungs- und Diplomarbeiten.
Am Steinbeis-Forschungszentrum (SFZ) für umweltbewusstes Bauen und
Baustoffe an der Fachhochschule für Wirtschaft (FHW) Berlin werden unter der
Leitung von Prof. Hans-Volker Huth Bauabläufe, -prozesse und -materialien
auf ihre Umweltverträglichkeit überprüft. Es wurden unter anderem Systeme
zur Dämmung von Altbauten auf Grundlage von nachwachsenden Rohstoffen
entwickelt.
In Brandenburg gibt es an der BTU Cottbus, an der FH Lausitz sowie an der
FH Potsdam Studiengänge für Bauingenieurwesen und Architektur, in deren
Rahmen auch Fragen der Energieeffizienz behandelt werden. Eine besondere
Ausrichtung auf energieoptimiertes Bauen besteht an keiner dieser Einrich-
tungen. Lediglich der Lehrstuhl Stadttechnik an der BTU Cottbus beschäftigt
sich schwerpunktmäßig mit rationellem Energieeinsatz im Siedlungsbereich.
Wirtschaft
Insgesamt waren 2007 in Berlin-Brandenburg rund 162.000 Personen im
Baugewerbe beschäftigt.145 Mehrere Tausend Architekten sowie Ingenieur- und
Planungsbüros sind in Berlin ansässig, in deren täglichem Geschäft Fragen des
Energieeinsatzes in Gebäuden zumindest am Rande eine Rolle spielen. Dazu
kommen weitere spezialisierte Dienstleister wie Energieberater und Contrac-
ting-Unternehmen. Ein Überblick würde den Rahmen der vorliegenden Studie
bei Weitem übersteigen. Deshalb werden im Folgenden exemplarisch einige
Unternehmen vorgestellt, die besonders innovativ sind und sich auf rationellen
Energieeinsatz im Gebäudebereich spezialisiert haben.
Die Rubitherm Technologies GmbH aus Berlin-Marienfelde stellt Latent-
wärmespeicher (engl. Phase Change Material, PCM) auf Paraffin-Basis und auf
Basis von zyklenstabilen nicht brennbaren Salzhydraten her. Geliefert werden
die reinen, ungebundenen Speichermaterialien oder Halbzeug mit integrierten
PCM. Die Dämmstatt W.E.R.F GmbH stellt ökologische Dämmprodukte auf
Zellulosebasis her.
Verschiedene kleine und mittlere Unternehmen in Berlin entwickeln und
stellen Produkte für die Gebäudeautomation her. Beispiele sind die AUCOTEAM
Ingenieurgesellschaft für Automatisierungs- und Computertechnik mbH, die
daneben über weitere Geschäftsfelder verfügt. Die Dr. Riedel Automatisie-
rungstechnik GmbH entwickelt und produziert Hard- und Software für die
intelligente Vernetzung aller Komponenten der Gebäudetechnik zur Energie-
verbrauchsreduzierung. Die Kieback & Peter GmbH & Co. KG bietet System-
lösungen im Heizungs-, Lüftungs- und Klima-Bereich (HLK) sowie Produkte
für die Gebäudeautomation an. Alleiniges Geschäftsfeld der S & R Schalt- und
Regeltechnik GmbH ist nach Auslagerung der Brennstoffzellenentwicklung in
eine eigene Gesellschaft die Gebäudeleittechnik. Die Parabel GmbH hat eine
Schaltzentrale zur Einbindung von Solarthermie in den Heizungskreislauf von
Gebäuden entwickelt.
191
Netzwerke, Verbände und Demonstrationsprojekte
Nahezu alle Interessenverbände und berufständischen Körperschaften aus
der Bauwirtschaft nehmen in der einen oder anderen Form Stellung zu ener-
giepolitischen Fragen und informieren über rechtliche und technische Fragen,
die sich aus den steigenden Anforderungen an die Energieeffizienz in Städ-
ten und Gebäuden ergeben. Zu diesen Organisationen zählen die regionalen
Handwerkskammern, die Industrie- und Handelskammern (IHK), die Fachge-
meinschaft Bau Berlin und Brandenburg e.V., der Bauindustrieverband Ber-
lin-Brandenburg e.V., die Baukammer Berlin, die Architektenkammer Berlin,
der Bund der Berliner Haus- und Grundbesitzer-Vereine e.V., der Verband
Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e.V. (BBU) und der Bund
Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure e.V.
IHK Berlin und Handwerkskammer Berlin haben vor kurzem in einem ge -
mein samen Papier mehr Wettbewerb am Energie- und Gasmarkt gefordert.146
Einen besonderen Schwerpunkt auf die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden
legt der Landesverband der Bau- und Energieberater Berlin-Brandenburg e.V.,
die Interessenvertretung der Energieberater in der Region. Der Verband Deut-
scher Grundstücksnutzer e.V. hat im Jahr 2007 ein Energiesparprojekt aufgelegt,
in dessen Rahmen Energiesparberatung und Energiesparseminare angeboten
werden. Außerdem gibt es einige private und staatlich geförderte Initiativen,
die sich dem Thema widmen, beispielsweise die Initiative für Klimaschutz
und Beschäftigung in Berlin-Brandenburg,147 die an der Forschungsstelle für
Umweltpolitik der FU Berlin koordiniert wird, oder das Netzwerk energieeffi-
zientes Bauen in Friedrichshain-Kreuzberg, das sich als Knotenpunkt zwischen
Auftraggebern und Auftragnehmern auf den Gebieten des klimagerechten
und energiesparenden Bauens sowie der energetischen Gebäudesanierung
versteht.148 Auch die lokale Agenda 21 betreibt einige relevante Aktivitäten. Die
Geschäftsstelle des Innovationszentrums Bau e.V., einer Initiative, deren Ziel es
ist, die Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen des Bausek-
tors durch die Förderung von Innovation und Technologietransfer zu stärken,
ist an der TSB angesiedelt.
In Berlin wurden zahlreiche stadtökologische Modellvorhaben durchgeführt,
unter denen sich etliche Niedrigenergieprojekte befinden, die mit Landesmit-
teln gefördert wurden.149 Außerdem wurden von Wohnungsgesellschaften und
Privateigentümern verschiedene Niedrigenergie-Sanierungsmaßnahmen in
An griff genommen. Ein Beispiel ist das Hochhaus der Wohnungsbaugesellschaft
HOWOGE in der Schulze-Boysen-Straße, in dem der Primärenergieverbrauch
durch Dämmmaßnahmen, Verbesserungen in der Haustechnik und ein BHKW
um 34 Prozent gesenkt werden konnte.150 Auch die Wohnungsbaugesellschaft
DEGEWO wurde mehrfach mit dem KlimaSchutzPartner-Preis151 für besonders
klimaschonende Vorhaben und Projekte ausgezeichnet. In verschiedenen
Bun des bauten wurden Pilotprojekte zur Nutzung effizienter und regenerativer
Energiequellen integriert. Einige dieser Anlagen zur Nutzung von solarer Wärme,
solarem Kühlen, Photovoltaik und Kraft-Wärme-Kopplung wurden bereits
145
Amt für Statistik Berlin-Brandenburg
(2008a).
146
IHK Berlin / Handwerkskammer Berlin
(2007).
147
Homepage: www.i-kub.de.
148
Homepage: www.netzwerkbauen.de.
149
Vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwick-
lung des Landes Berlin (Hg.) (2005).
150
Vgl. Kirschner (2007).
151
Mehr Informationen zu den KlimaSchutz
Partnern Berlin sind über die IHK Berlin
erhältlich, beispielsweise über ihren
Internetauftritt: www.berlin.ihk24.de.
192
152
Vgl. Köhler / Habus / Huenges (2007).
153
Vgl. DENKMALplus Beteiligungsgesell-
schaft mbH (2008).
154
Vgl. Senat von Berlin (2006).
155
Vgl. ij (2004).
156
Verband Berlin-Brandenburgischer
Wohungsunternehmen e.V. (2007).
vorgestellt. Ein weiteres Beispiel sind die Aquiferspeicher, die der Wärme- und
Kälteversorgung der Berliner Parlamentsbauten dienen.152 Die TSB ist Partner im
EU-Projekt Eco Build, in dessen Rahmen Technologien, Markteinführungsmaß-
nahmen und politische Rahmenbedingungen für energieeffiziente Gebäude
untersucht werden. Die DENKMALplus Beteiligungsgesellschaft mbH plant, auf
dem ehemaligen GASAG-Gelände ein so genanntes Europäisches Energieforum
einzurichten. In dem CO2-neutralen Büro-Quartier soll Raum für eine private
Energieuniversität und Unternehmen geschaffen werden.153
Profil und Empfehlungen
Das Land Berlin hat die energetische Sanierung des Gebäudebestands in der
Stadt zusätzlich zu der Förderung durch den Bund vor allem in den 1990er Jah-
ren mit Eigenmitteln unterstützt und verschiedene Initiativen ergriffen, um den
Anteil der erneuerbaren Energien im Wohnungsbestand zu erhöhen.154 Trotz-
dem besteht weiterhin hoher Sanierungsbedarf. Andere Großstädte wie Ham-
burg und Wien haben kürzlich ambitionierte Klimaschutzpakete aufgelegt und
mit konkreten Förder- und Beratungsmaßnahmen und freiwilligen Selbstver-
pflichtungen unterlegt, in denen der Wohnbereich einen wichtigen Baustein
darstellt. Auch in Berlin zielen die aktuellen Debatten in Politik und Öffent-
lichkeit vorrangig auf die Erfüllung der selbstgesetzten CO2-Reduktionsziele.
Einige Wohnungsbaugesellschaften wie die Gesobau haben bereits erhebliche
Investitionen in die energetische Sanierung ihres Wohnungsbestandes ange-
kündigt,155 und der Verband der Berlin-Brandenburgischen Wohnungsunter-
nehmen e.V. hat sich bereit erklärt, den Kohlendioxidausstoß durch den Ener-
gieverbrauch für Raumwärme und Warmwasser in den Wohnungsbeständen
seiner Mitgliedsunternehmen um mindestens 30 Prozent gegenüber 1990 zu
senken.156
Die Verbesserung der Energieeffizienz im Gebäudebereich ist nicht nur
erklärtes Ziel der politischen Organe auf regionaler Ebene, sondern auch auf
EU- und Bundesesebene. Dies belegen ordnungspolitische Vorgaben wie
die EU-Gebäuderichtlinie, die Energieeinsparverordnung oder das geplante
Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz sowie verschiedene Förderprogramme
(vgl. Kapitel 2.1). Für den Erfolg der Maßnahmen ist es entscheidend, den Stand
der Technik in die breitere Anwendung zu bringen. Berlin hat einen der größ-
ten Gebäudebestände in Europa und damit ein enormes Anwendungspoten-
zial. Als Bundeshauptstadt kann Berlin zugleich eine hohe Aufmerksamkeit für
Leuchtturmprojekte erzielen. Vor diesem Hintergrund sollten die Möglichkeiten
zur Förderung innovativer regionaler Unternehmen und Technologien verstärkt
genutzt werden.
Die äußeren Bedingungen für eine entsprechende Initiative sind günstig:
Energieeffizienz und erneuerbare Energien im Gebäudebereich sowie neue
Konzepte und Prototypen für das energiesparende Bauen sind Schwerpunkte
der Forschungsinitiative ›Zukunft Bau‹, innerhalb derer das Bundesministe-
rium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) seine Bau-Forschungs-
193
aktivitäten bündelt. Innerhalb des aktuellen 5. Energieforschungsprogramms
der Bundesregierung ist das BMWi ergänzend für Technologien und Verfahren
für energieoptimiertes Bauen zuständig. Die Verbesserung von Energieeffizi-
enz und Energieeinsparungen bei Gebäuden sind außerdem ein Schwerpunkt
im 7. Forschungsrahmenprogramm der EU. Die Gründung einer gemeinsamen
Technologieinitiative zur Energieeffizienz von Gebäuden wurde bereits initiiert
(Energy Efficient Buildings Joint Technology Initiative, E2B JTI). Mit einer Inten-
sivierung der Forschungsförderung ist daher zu rechnen. Die Möglichkeiten,
durch stärkere Beteiligung an den entsprechenden EU-Gremien Einfluss auf
die Ausgestaltung der Forschungsagenda zu nehmen und dadurch die Chancen
für Berliner Akteure bei der Akquisition von Projekten zu verbessern, sollten
genutzt werden.
Nach Einschätzung der Experten sind die Berliner Hochschulen im Baube-
reich allerdings nicht so forschungsstark wie beispielsweise die TU München
oder die Universität Stuttgart. Schwerpunkte bestehen an der TU Berlin bzw.
an den Fachhochschulen bei der Lichttechnik, bei Nachhaltigkeitsfragen, in der
Heiz- und Klimatechnik sowie bei der Einbindung regenerativer Energien.
Bei den Unternehmen werden von den Interviewpartnern Stärken vor
allem bei der Regelungs- und Automatisierungstechnik gesehen. Etliche kleine
und innovative Unternehmen aus dem Bereich sind in der Region ansässig, die
oft flexibler auf Anforderungen reagieren können als die großen Konzerne. Die
Lichttechnik wurde als ein weiteres Feld identifiziert, in der die Stadt beacht-
liche Kompetenzen aufweist (vgl. Kapitel 5.9). Bei innovativen Speicher- und
Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach des
Bundeskanzleramts in Berlin
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194
Dämmmaterialien sind dagegen bislang nur wenige Aktivitäten vorhanden. Als
ein weiteres zukunftsträchtiges Feld wurde die Entwicklung neuer innovativer
Dienstleistungen benannt. Sie wurden im Rahmen dieser Studie allerdings
nicht untersucht.
Im Baubereich gibt es zahlreiche Netzwerke in Berlin und Brandenburg,
die ihren Tätigkeitsschwerpunkt auf der Anwendungsseite haben. Die inno-
vativen KMU unterhalten fast alle bilaterale Kooperationen mit wissenschaft-
lichen Einrichtungen in der Region und überregional oder beteiligen sich an
Verbundprojekten. Dennoch wurde von mehreren Befragten Interesse an einer
Intensivierung der Kooperation geäußert. Die Etablierung eines Netzwerks der
Unternehmer und Wissenschaftler aus dem Baubereich, das seinen Schwer-
punkt auf die Entwicklung innovativer Produkte für die Energieeffizienz im
Gebäudebereich und die Initiierung entsprechender Leuchtturmprojekte unter
Beteiligung Berliner Firmen legt, würde zur Entwicklung des Feldes beitragen.
Einen Anknüpfungspunkt könnten hier die Aktivitäten des Innovationszen-
trums Bau e.V. bieten.
5.12 Industrie und Gewerbe
Der Anteil der Industrie am Endenergieverbrauch im Deutschland lag im Jahr
2006 bei rund 28 Prozent; Gewerbe, Handel und Dienstleistungen kommen
zusammen auf 15 Prozent.157 Obwohl der Energieverbrauch bezogen auf die
Bruttowertschöpfung in Deutschland sinkt, besteht in allen Bereichen ein
enormes Einsparpotenzial. Dies betrifft beispielsweise die technische Erzeu-
gung von Kälte, Antriebe (insbesondere elektrische und pneumatische), die
Kompensation von Blindleistung, die Beleuchtung, die Nutzung von Abwärme
und die Verbesserung von Verfahren und Prozessen.
Die Realisierung dieses Einsparpotenzials ist unter zwei Gesichtspunkten
von Interesse. Zum einen lässt sich durch den Einsatz energieeffizienter Tech-
nologien und Verfahren die Klimabilanz von Unternehmen verbessern, zum
anderen können Kostenersparnisse und Image-Verbesserungen erzielt werden.
Dieser anwendungsbezogene Aspekt, bei dem das Unternehmen als Nachfrager
und Nutzer auftritt, ist nicht unmittelbar Gegenstand dieser Studie. Im Fokus
stehen vielmehr Unternehmen, die innovative Produkte und Dienstleistungen
zur Verbesserung der Energieeffizienz in Industrie und Gewerbe entwickeln
und herstellen. Dennoch sind aufgrund der Tatsache, dass auch die Nachfrage-
seite im Innovationsprozess eine wichtige Rolle spielt, einige Anmerkungen zu
den anwendungsnahen Aktivitäten in Berlin angebracht.
Zahlreiche Energieberater in Berlin und Brandenburg haben das Thema
Energieeffizienz in Industrie und Gewerbe als Geschäftsfeld entdeckt. Über die
Energieberater in der Region mit der Zielgruppe kleine und mittlere Unterneh-
men gibt die Beraterbörse der KfW Mittelstandsbank Auskunft.158 Außerdem
informieren IHK Berlin und Handwerkskammer Berlin ihre Mitgliedsunter-
195
nehmen und die Öffentlichkeit über Veranstaltungen und Internetauftritte.
Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Information zu anwendungsorientierten
Förderinstrumenten wie den unlängst von der KfW aufgelegten ›Sonderfonds
Energieeffizienz in kleinen und mittleren Unternehmen‹. Die Initiative Energie-
Effizienz, die unter dem Dach der Deutschen Energieagentur in Berlin angesie-
delt ist, hat ihr anfängliches Zielspektrum erweitert. Mittlerweile richtet sich ihr
Informationsangebot nicht mehr nur an private Verbraucher, sondern auch an
Industrie und Gewerbe sowie an den Dienstleistungssektor. Auch die Berliner
Energieagentur ist auf dem Feld tätig.
Die Kompetenzen der Region Berlin-Brandenburg bei Entwicklung und
Herstellung von energieffizienten Lösungen für Industrie und Gewerbe wurden
im Rahmen der vorliegenden Studie allerdings nicht näher untersucht, so dass
nur einige eher allgemeine Ausführungen gemacht werden können.
Einen Hinweis auf die Relevanz, die das Thema besitzt, liefert beispiels-
weise das 7. Forschungsrahmenprogramm der EU, in dem die Verbesserung der
Energieeffizienz sowie Energieeinsparungen bei Gebäuden, Dienstleistungen
und in der Industrie einen Schwerpunkt darstellen. Auch im aktuellen 5. Ener-
gieforschungsprogramm der Bundesregierung wird die Entwicklung von Tech-
nologien zur Verbesserung der Energieeffizienz im Produzierenden Gewerbe
gefördert.
Dies betrifft im Einzelnen159
innovative Entwicklungen für Thermoprozesse (neuartige Brennertechnik, ■
effizientere Prozessgasnutzung),
Innovationen bei der Mess-, Steuer- und Regelungstechnik zur Optimie- ■
rung von Prozessen und Fertigungsverfahren,
neue Technologien zur Reduktion des Energieeinsatzes bei mechanischen, ■
thermischen und physikalisch-chemischen Trennverfahren,
neue Technologien zur Bereitstellung von Kälte auf der Basis FCKW-freier ■
und besonders energieeffizienter Systeme,
neue Technologien zur rationellen Stromnutzung (vor allem hocheffiziente ■
Elektromotoren, Optimierung der Wärme / Kälteerzeugung mit Strom),
optimierte Energieflüsse durch neue Technologien zum verstärkten Recyc- ■
ling energieintensiver Produkte,
effizientere Techniken zur Nutzung industrieller Abwärme (neuartige Wär- ■
metauscher, Hochtemperaturwärmepumpen, Wärmespeicher).
Vergleicht man diese Themen mit den Ausführungen in dieser Studie, so erge-
ben sich verschiedene Anknüpfungspunkte (z. B. bei Verfahren zur Nutzung
von Abwärme, bei der Kälteerzeugung oder bei elektrischen Antrieben). Auch
in der Mess-, Regel- und Automatisierungstechnik gibt es Kompetenzen in
der Region. Einige Unternehmen (z. B. aus der Photovoltaikbranche) wurden
bereits genannt. Andere Beispiele sind die Pepperl+Fuchs GmbH, die in Berlin
eine Fertigungsstätte hat, oder die HEITEC AG, ein Systemhaus für Automatisie-
157
Bundesverband der Energie- und
Wasserwirtschaft e.V. (2008).
158
Im Internet unter www.kfw-berater-
boerse.de.
159
Vgl. BMWA (2005).
196
rung und Informationstechnologie, das eine Niederlassung in Berlin unterhält
und Mitglied im Nemo-Netzwerk SIVERPRO ist. Dessen Arbeitsschwerpunkt
sind sichere verteilte Produktionssysteme. In diesem Zusammenhang befasst
sich das Netzwerk auch mit der Energiegewinnung aus nachwachsenden
Rohstoffen. Die Technologiestiftung Berlin hat über einige Jahre das Netzwerk
›Intelligente Messsysteme‹ betreut, das die Kompetenzen der Unternehmen aus
der Branche bündelte.
In der Wissenschaft verfügt außerdem das Produktionstechnische Zentrum
(PTZ) Berlin, in dem das Institut für Werkzeugmaschinen und Fabrikbetrieb
(IWF) der TU Berlin und das Fraunhofer Institut für Produktionsanlagen und
Konstruktionstechnik (IPK) zusammenarbeiten, über besondere Kompetenzen
in den Produktionswissenschaften.
Diese Punkte belegen, dass Kompetenzen, um innovative Produkte zur
Steigerung der Energieeffizienz in Industrie und Gewerbe zu entwickeln und
an den Markt zu bringen, in der Region Berlin-Brandenburg vorhanden sind,
wenn auch vermutlich nicht in dem Maße wie in den Kerngebieten des Maschi-
nenbaus. Das regionale Potenzial des Feldes und der Vernetzungsbedarf zwi-
schen Wissenschaft und Unternehmen können derzeit nicht beurteilt werden.
In jedem Fall handelt es sich um ein Querschnittsthema, das an Bedeutung
gewinnen wird und deshalb eine vertiefte Untersuchung lohnt.
197
6 Erkenntnisse und Empfehlungen
6.1 Aussichtsreiche energiebezogene Handlungsfelder
in Berlin-Brandenburg
Die Untersuchung hat gezeigt, dass Berlin zwar nicht zu den führenden Zen-
tren der Energieforschung in Deutschland gehört, aber in wichtigen Tätigkeits-
feldern herausragende Kompetenz besitzt. Auch bei der Produktion einiger
energietechnischer Güter nimmt Berlin im bundesweiten Vergleich einen der
vorderen Plätze ein. Vor diesem Hintergrund empfehlen die meisten befragten
Experten eine Konzentration der Innovationsförderung auf solche Bereiche, in
denen Unternehmen und Forschungseinrichtungen vergleichsweise gut aufge-
stellt sind oder die ein hohes Entwicklungspotenzial besitzen.
Zu den Spitzenregionen bei Forschung und Produktion gehört Berlin in den
Bereichen
Turbomaschinen (Kraftwerksturbinen und Turboverdichter) und ■
Photovoltaik (insbesondere Dünnschicht-Photovoltaik). ■
Umfangreiches Know-how und Produktion sind außerdem vorhanden in den
Bereichen
Antriebe (Verbrennungsmotoren, Hybridantriebe, elektrische Antriebe), ■
elektrische Netze, ■
Lichttechnik. ■
Schließlich gibt es Bereiche, die nur von wenigen Wissenschaftlern und Unter-
nehmen besetzt sind oder in denen die erwünschte Komplementarität zwi-
schen Wirtschaft und Wissenschaft fehlt, deren Akteure aber über besondere
Kompetenzen verfügen. Als entwicklungsfähig werden von der Mehrzahl der
Befragten eingeschätzt
Solarthermie, ■
Abwärmenutzung und solares Kühlen, ■
Automatisierungstechnik für energieoptimierte Gebäude, ■
Brennstoffzellen und Wasserstoff. ■
Den größten Beitrag zur Beschäftigung innerhalb des energierelevanten Pro-
duzierenden Gewerbes leistet dabei die elektrische Netztechnik (insbesondere
Komponenten wie Schalter und Schaltanlagen).
198
Die meisten genannten Bereiche sind drei Themenblöcken zuzurechnen: der
dezen tralen Energieversorgung, der Energieeffizienz in Gebäuden und der
Energie effizienz im Verkehr. In diesen Kontext gehören weitere Technologien
wie Windkraft, Blockheizkraftwerke und Energiespeicherung, die in Berlin
aller dings relativ geringe Bedeutung haben.
Auch die Region Berlin-Brandenburg insgesamt hat nach Einschätzung der
meisten Befragten das Potenzial, sich in einigen Bereichen im Wettbewerb mit
anderen Regionen zu behaupten. Technologien, die nur in Berlin oder nur in
Brandenburg vertreten sind gibt es nicht. In allen Bereichen sind mehr oder
weniger große Schnittmengen vorhanden. Die höchste Kongruenz zwischen
beiden Ländern besteht bei der Photovoltaik, mit einigem Abstand gefolgt von
den Turbomaschinen (Strahltriebwerke in Brandenburg) und den elektrischen
Netzen (inklusive virtuelles Kraftwerk und Demand Side Management). Mit den
übrigen Themen befassen sich in Brandenburg deutlich weniger Unternehmen
bzw. Wissenschaftler als in Berlin. Daher wird man diese eher in Berlin ver-
orten.
In folgenden Bereichen liegt der Schwerpunkt forschungs- bzw. anwendersei-
tig in Brandenburg
Moderne Kraftwerkstechnologien, insbesondere Braunkohle, CO ■ 2-Abschei-
dung, CO2-Speicherung; auch Kesselbau für kleinere Leistungsklassen (in
Berlin Gasturbinen und Turboverdichter für die CO2-Verpressung sowie
Kesselbau),
energetische Nutzung von Biomasse (in Berlin wissenschaftliche Kompe- ■
tenzen bei Biogas und Biokraftstoffen der 2. Generation, außerdem Engi-
neering),
Windkraft (in Berlin Zulieferer, Service, Ingenieurbüros, einige wissen- ■
schaftliche Kompetenzen),
Geothermie (in Berlin einige wissenschaftliche Kompetenzen), ■
Mineralöl- und Gaswirtschaft (in Berlin führendes Softwarehaus). ■
Spezifische Stärken und Schwächen einzelner Handlungsfelder in der Region
Berlin-Brandenburg sind in Tabelle 20 dargestellt. Dort sind auch Ansatzpunkte
zur Stärkung der Stärken bzw. zum Abbau von Schwächen in diesen Bereichen
genannt.
199
Tabelle 20: Stärken und Schwächen, Chancen und Risiken sowie Erforder-
nisse in einzelnen energiebezogenen Handlungsfeldern
Thema Stärken / Chancen Schwächen / Risiken Erfordernisse
Photovoltaik Wertschöpfungsketten in Berlin-Brandenburg weitgehend geschlossen; Ausrüster vorhanden
Bei Dünnschichttechnologie mit führend in Wissenschaft und Wirtschaft
Hohe Wachstumsdynamik, großes Marktpotenzial
Kapital für Investitionen sowie Forschungsförderung vorhanden
Im Vergleich zu Mitteldeutsch-land: weniger Produktion, geringer Vernetzungsgrad, Vorsprung bei Wissenschaft und Ausbildung wird geringer
Konkurrenz zwischen Berlin und Brandenburg
Keine Strategie zur Entwicklung des Feldes vorhanden
Konkurrenz zwischen den Unternehmen
Marktkonsolidierung und Verlagerung von Produktions-kapazitäten ins Ausland
Industrienahe Dünnschicht-Photovoltaikforschung durch Gründung eines entsprechenden Forschungsinstituts stärken
Wertschöpfungsketten schließen
Regionale Verankerung der Unternehmen und Vernetzung vorantreiben
Potenzial für Verbundprojekte bestimmen und diese initiieren
Aktivitäten mit ostdeutschen Bundesländern koordinieren
Turbo-maschinen
Bedeutender Produktions- und Forschungsstandort mit vielen Arbeitsplätzen und wachsender Tendenz
Bis auf Dampfturbinenfertigung gesamtes Produktionsspektrum vorhanden
Gute wissenschaftliche Kompetenzen vorhanden, auch in Querschnittstechnologien
Gute Marktchancen für Berliner Unternehmen bei Einführung von CCS-Technologien
Wenig Kooperation der Großkonzerne untereinander und mit KMU
Kooperation mit Wissenschaft zum Teil verbesserungsbedürftig
Konzern- und Forschungs-zentralen nicht in Berlin
Nicht der Bedeutung der Branche angemessene Wertschätzung
Wissenstransfer vereinfachen
Regionale Kooperationen der Großunternehmen mit KMU unterstützen
Elektrische Netze
Innovative Energieversorgungs-unternehmen in der Region ansässig
Viele Unternehmen und Arbeitsplätze
Kompetenzen bei wichtigen Querschnittstechnologien vor handen
Verstärkung der Wissenschafts-basis ist erfolgt
Potenzialreiches Thema wegen Dezentralisierung der Energie-versorgung und Marktlibera-lisierung
Berlin bei elektrischen Netzen und Speicherung als Wissen-schaftsstandort noch nicht etabliert
Forschungszentrum und Hauptsitz von Siemens außerhalb der Region
Förderung könnte vorrangig zu Wertschöpfung anderswo führen
Potenzial für Verbundprojekte bestimmen, diese initiieren
Maßnahmen auf dezentrale Netze konzentrieren, falls sich das Thema als tragfähig erweist
200
Thema Stärken / Chancen Schwächen / Risiken Erfordernisse
Energie-speicherung
Potenzialreiches und zunehmend wichtiges Thema
Noch nicht ausreichend besetzt in Deutschland
Nur wenige Forschungsaktivitäten in der Region
Wissenschaft stärker besetzen
Speichertechnologien erforschen und entwickeln, die zur Steigerung der regionalen Wertschöpfung beitragen können
Elektrische Antriebe
Große Hersteller und KMU in Berlin ansässig
Wenig Kooperationen zwischen Wirtschaft und Wissenschaft
Geringer Vernetzungsgrad zwischen den Unternehmen
Geringe Komplementarität
Kooperationspotenzial zwischen Wirtschaft und Wissenschaft genauer bestimmen, Koopera-tionen unterstützen
Verbren-nungsmo-toren
Umfangreiches Ingenieur-Know-how und FuE-Kompetenz zu Verbrennungsmotoren und Antrieben vorhanden
Motorenbau vorhanden
Keine FuE-Zentralen großer Motoren- oder Treibstoffhersteller in Berlin
Kooperationen zwischen Wirtschaft und Wissenschaft ausbaufähig
Berlin zu einem Zentrum für energieeffiziente Motoren und Antriebe ausbauen
Verkehr(vgl. auch Verbrennungs-motoren, Abwärme)
Etabliertes Kompetenzfeld mit zahlreichen Unternehmen und guter wissenschaftlicher Basis
Hoher Vernetzungsgrad
Zahlreiche Verbund- und Demonstrationsprojekte
Demonstrationsprojekte besitzen Ausstrahlungskraft, führen aber nicht notwendigerweise zu mehr Wertschöpfung in der Region
Weitere Projekte akquirieren mit dem Ziel, die regionale Wert schöpfung längerfristig zu steigern
Die im Masterplan entwickelten energiebezogenen Ziele in Abstimmung mit einem möglichen Kompetenzfeld Energie umsetzen
Gebäude(vgl. auch Lichttechnik)
Großes Anwendungspotenzial
Etliche produzierende KMU bei Gebäude automatisierung
Kompetenzen bei der Einbindung erneuerbarer Energien, Nachhaltigkeit
Andere Regionen sind forschungs stärker
Zum Teil geringe Ausrichtung der wissenschaftlichen Forschung auf Bedürfnisse der Unternehmen
Bei Erschließung des Anwen-dungspotenzials auf Möglich-keiten zur Einbeziehung innovativer regionaler Unter-nehmen achten
Vernetzung dieser Unternehmen untereinander und mit Anwendern stärken
Lichttechnik Große Hersteller und KMU vor Ort
Eines der wenigen lichttech-nischen Universitätsinstitute in Berlin
FuE von Osram größtenteils außerhalb
Vernetzung durch OptecBB vorantreiben
KMU stärken
Biomasse Brandenburg ist attraktiver Produktionsstandort
Pilotprojekte zu Biogas-einspeisung und BtL
Andere Regionen sind deutlich forschungsstärker
Kaum Anlagenhersteller
Berliner Akteure stärker in die brandenburgischen Netzwerke einbinden und Verbundprojekte initiieren
201
Thema Stärken / Chancen Schwächen / Risiken Erfordernisse
Kraftwerke Innovativer Energieversorger in der Region ansässig (Vattenfall)
Turbomaschinhersteller und -forschung
Kraftwerksforschung an der BTU Cottbus
Pilotprojekte für CO2-arme Kraftwerke und CO2-Verpressung
Kooperation zwischen Wirtschaft und Wissenschaft in Berlin ausbaufähig, zum Teil geringe Komplementarität
Keine gemeinsame Ausrichtung der Wissenschaft in der Region
wenig Kooperation von Vattenfall mit der TU Berlin
Kooperation von Vattenfall mit der TU Berlin verstärken
Solarthermie Bedeutender Produktionsstandort für Solarkollektoren
Bis auf Rohstoffproduktion komplette Wertschöpfungskette abgedeckt
Potenzialreiches Thema
Kaum Forschung zur Solarthermie in den wissenschaftlichen Einrichtungen der Region
Vernetzungsgrad der Unter-nehmen verbesserungsfähig
Vernetzung der Unternehmen verbessern
Wissenschaft für das Thema interessieren, insbesondere Produktionstechnik
Solares Kühlen
Wissenschaftliche Basis Wenig Produkte und Unter-nehmen
Feld weiter beobachten und unterstützen
Brennstoff-zellen und Wasserstoff
Berlin ist etabliert als Demon-strationsstandort
Grundlagen- und anwendungs-orientierte Forschung ist vor handen
Keine strategische Ausrichtung der Aktivitäten erkennbar
Industrie zu kleinteilig
Geringe Komplementarität
Andere Regionen sind in Wissenschaft und Wirtschaft stärker, besser vernetzt und vermarkten sich erfolgreicher
Sichtbarkeit des Standorts durch bessere Vermarktung erhöhen
Bei der Akquisition von Projekten auf langfristige Stärkung der regionalen Wertschöpfung und Einbindung von KMU achten
Informations- und Kommunika-tionstechno-logie
Forschung zur Energieversorgung portabler Geräte am IZM
Die Berliner IKT ist in Deutschland wissenschaftlich mit führend
Thema Energieeffizienz in der IKT ist von großen Herstellern und Forschung schon stark besetzt – in Deutschland und weltweit
Risiko, dass energiespezifische IKT-Forschungsförderung nur ge ringe regionale Wert-schöpfungseffekte hat
Ergebnisse der Studie der TU Berlin zum Thema Energie-effizienz in Rechenzentren abwarten
BHKW, Mikro-KWK
Feldversuche
Großes Anwendungspotenzial
Ingenieur-Know-how
Kaum Forschung
Kaum Anlagenbau
Produktion in der Region ansiedeln, vorhandene produzierende Betriebe unterstützen
Geothermie GFZ ist eine der führenden wissenschaftlichen Einrichtungen
Kein Anlagenbau Kein Engagement durch Berlin erforderlich
202
Thema Stärken / Chancen Schwächen / Risiken Erfordernisse
Abwärme-nutzung
(vgl. auch solares Kühlen)
Führender FuE-Standort
Ansiedlung von Produktion möglich
Pilotprojekte der BSR zur Nutzung von Abwasserwärme
Marktdurchbruch Berliner Technologien bislang nicht erfolgt
Know-how könnte abwandern, Produktion anderswo erfolgen
Keine Wärmepumpenhersteller in der Region
Feld weiter unterstützen
Produktion in Berlin ansiedeln
Kesselbau Entwicklungsbüros und bedeutende Hersteller vorhanden
Zum Teil Konkurrenz zwischen den Unternehmen
Robuste, langlebige Technik, daher lange Innovationszyklen
Synergiepotenzial mit anderen Feldern bestimmen
Öl- und Gasnetze
Führendes Softwarehaus (PSI) ansässig
Wenig Kooperationspotenzial Weiter beobachten
Wind Zulieferer, Ingenieurbüros, Betreiber
Anwendung in Brandenburg
In Berlin keine Hersteller
Wenig Forschung
Zulieferer und Servicebereichung in brandenburgische Aktivitäten einbinden
Wasserkraft Forschung zu Wellenkraftwerken an der TFH Berlin
Keine Hersteller in der Region Thema weiter beobachten
6.2 Maßnahmen zur generellen Stärkung des Technologiefelds Energie
in Berlin
Die im Rahmen der Untersuchung befragten Experten haben darüber hinaus
auf Stärken und Schwächen des Standorts Berlin hingewiesen, die alle Bereiche
des Energiesektors gleichermaßen betreffen, grundsätzlich aber auch für große
Teile des Verarbeitenden Gewerbes gelten.
Als Stärken Berlin werden danach angesehen
die Koordination der energierelevanten Forschungsaktivitäten an der TU ■
Berlin, durch die Sichtbarkeit und Effizienz des Bereichs erhöht werden,
die Präsenz wichtiger Querschnittstechnologien wie Materialwissenschaften, ■
Informatik, Mathematik, Nanotechnologie, Mikrosystemtechnik, Lasertech-
nik, Produktionstechnik,
die große Zahl von Hochschulabsolventen in den ingenieurwissenschaft- ■
lichen Studiengängen,
der Sitz großer innovativer Energieversorgungsunternehmen in der Region, ■
die Strahlkraft Berlins als politisches Entscheidungszentrum für energie- ■
relevante Leuchtturmprojekte,
vergleichsweise niedrige Lohnkosten bei hoher Flexibilität der Arbeitneh- ■
mer,
relativ geringe Mieten und Kaufpreise für Gewerbeimmobilien, ■
die hohe Anziehungskraft der Stadt auf jüngere Arbeitnehmer. ■
203
Schwächen des Standorts für energierelevante Aktivitäten sind demgegenüber
die fehlende Profilbildung innerhalb des breit gefächerten Spektrums ener- ■
giebezogener Forschungsthemen,
die wenig entwickelte Koordinierung solcher Tätigkeiten bzw. Bereiche, bei ■
denen eine starke Position im Wettbewerb erreicht werden könnte,
die im Vergleich mit den ostdeutschen Flächenländern geringen Förder- ■
quoten,
ein gewisser Startnachteil, begründet in bereits früher ergriffenen Maßnah- ■
men anderer Regionen zur Stärkung und Profilierung des Energiesektors,
das Fehlen eines strategischen Konzepts für die Entwicklung des Techno- ■
logiefelds Energie in Berlin und die ungenügende Abstimmung mit Bran-
denburg,
das Fehlen eines Programms, das auf Landesebene klare energie- und ■
klimaschutzpolitische Ziele setzt und diese mit quantitativen Maßnahmen
unterlegt,
die große Zahl teilweise konkurrierender intermediärer Organisationen. ■
die einseitige Wahrnehmung Berlins als Dienstleistungsmetropole und das ■
schlechte Image als Industriestandort,
der Fachkräftemangel, auch bedingt durch das schlechte Image Berlins und ■
mangelnde berufliche Alternativen,
die nicht immer hinreichende Berücksichtigung der Belange ansässiger ■
Betriebe (Bestandspflege),
das ungenügende organisatorische Know-how der Hochschulen bezüglich ■
Patenten und Kooperationsvereinbarungen.
Aus den Kompetenzprofilen und Entwicklungschancen der einzelnen Bereiche
einerseits, den generellen Stärken und Schwächen des Standorts andererseits
wurden übergreifende Empfehlungen abgeleitet, die in Tabelle 21 zusam-
mengefasst sind. Diese Empfehlungen richten sich an die Akteure aus Politik,
Wissenschaft und Wirtschaft, und zwar primär in Berlin.
204
Tabelle 21: Handlungsempfehlungen zur generellen Stärkung des
Technologiefelds Energie in Berlin-Brandenburg
Empfehlung Adressat
Erarbeitung einer gemeinsamen Entwicklungsstrategie für das Technologiefeld Energie in der Region Berlin-Brandenburg, Abstimmung der Aktivitäten zwischen den beiden Bundesländern
LänderWirtschaftWissenschaft
Einflussnahme auf Bundesebene, um günstigere Rahmenbedingungen für die Entwicklung regionaler Unternehmen zu schaffen, beispielsweise bei der Einspeisevergütung für Photovoltaik, bei Maßnahmen zur Verbesserung der Marktchancen von CCS-Technologien (Emissionszertifikatehandel) und bei der Ausrichtung von Förderprogrammen
Länder
Verbesserte Abstimmung der energiebezogenen Aktivitäten von Senats- und Bezirksverwaltungen, anderen Behörden und Intermediären – vor allem bei Anwendung und Förderung von innovativen Energietechnologien sowie bei Ausbildung und Wissenschaft
LänderBezirkeBerlin PartnerTSB ZAB
Beispiel gebendes Agieren bei Klimaschutz und Energiesparmaßnahmen (auch in Hinblick auf eine zielgerichtete Stimulierung des Markts in Berlin); Unterlegung der Ziele mit konkreten Maßnahmen und falls erforderlich ordnungspolitischen Eingriffen; Nutzung der Maßnahmen im Gebäudebereich und im Verkehr zur Förderung von innovativen Unternehmen und Leuchtturmprojekten
Länder
Verbesserung von Image und Wahrnehmung der Region als Standort innovativer Energieunternehmen und von Industrie generell
LänderBerlin PartnerZAB
Aufbau einer Plattform, um allen Akteuren unkomplizierten Zugang zu Informationen über energie-bezogene regionale Kompetenzen, Projekte und Aktivitäten zu verschaffen
LänderWissenschaftWirtschaft
Ermittlung und Berücksichtigung der spezifischen Standortwünsche von Unternehmen, insbesondere aus dem Maschinenbau, dem Anlagenbau und der elektrischen Energietechnik
LänderBezirke
Verbesserte Information darüber, dass Energie in den meisten Förderansätzen Berlins prinzipiell gleichberechtigt ist
Land Berlin
Intensivierung der Maßnahmen gegen den Facharbeitermangel und zur Ausbildung insgesamt (nicht nur Ingenieure, sondern auch Handwerker), um ausreichend qualifiziertes Personal bereitzustellen und von Beschäftigungseffekten in den energierelevanten Wachstumsmärkten zu profitieren
LänderUnternehmenKammern
Abstimmung der energiebezogenen Studiengänge an den Universitäten und Fachhochschulen der Region (komplementär statt konkurrierend)
Wissenschaft
Akquisition von Unternehmen zur Schließung von Wertschöpfungsketten Berlin Partner
Initiierung fachspezifischer Gesprächskreise zur Ermittlung des Potenzials und der Themen möglicher Kooperationsprojekte
IntermediäreTSBZAB
Ausbau der Vernetzung und der Kooperationen zwischen Entwicklern, Herstellern und Anwendern durch Gründung geeigneter themenspezifischer Netzwerke; rasche Realisierung gemeinsamer Strukturen von Berlin und Brandenburg
LänderIntermediäre WissenschaftWirtschaft
Initiierung von Projekten, die Sichtbarkeit und regionale Wertschöpfung im Energiebereich stärken, durch Intermediäre und Netzwerke
LänderIntermediäre
Verbesserung der Rahmenbedingungen für Kooperationen mit Hochschulen, insbesondere Vermittlung des organisatorischen Know-how zu Patenten und Kooperationsvereinbarungen
Wissenschaft
205
Empfehlung Adressat
Verstärkte Einbindung von Querschnittstechnologien wie IKT, Produktionstechnik, Materialwissen-schaften bei der Entwicklung energierelevanter Projekte
Wissenschaft Länder
Erhöhung der Kooperationsbereitschaft mit KMU und Region Großunternehmen
Gemeinsame strategische Ausrichtung der Wissenschaftslandschaft in Berlin und Brandenburg; Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen den wissenschaftlichen Einrichtungen in der Region
WissenschaftLänder
Prüfung, inwieweit Mittel und Personalausstattung der Institute verbessert werden müssen; Schließen von Lücken in Forschung und Ausbildung durch geeignete Neuberufungen (zum Beispiel bei erneuer-baren Energien und Energiespeicherung an der TU Berlin)
LänderWissenschaft
Umgehende Besetzung vakanter Professuren mit industrienahen Forschern LänderWissenschaft
Abstimmung der Aufgabenverteilung zwischen den Kompetenzfeldern bei energiebezogenen Projekten und Aktivitäten, Nutzung von Synergien mit bestehenden Kompetenzfeldern (insbesondere IKT, Verkehr, Optik)
Kompetenzfeld-management
206
Anhang
Verbände, Netzwerke und Initiativen aus dem Technologiefeld Energie
in Berlin
Organisation Web-Adresse
Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen e.V. www.ag-energiebilanzen.de
Arbeitsgemeinschaft für Wärme und Heizkraftwirtschaft - AGFW – e. V. beim VDEW
www.agfw.de
Arbeitsgemeinschaft Solare Materialien e.V. www.hmi.de / asm /
Association of European Refrigeration Compressor and Controls Manufacturers (ASERCOM) – Büro Berlin
www.asercom.org
BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. www.bdew.de
Berlin-Brandenburg Aerospace Alliance e.V. www.bbaa.de
Berliner Impulse www.berliner-impulse.de
Biogas Crops Network www.biogas-network.de
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) www.bund.net
Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. BEE www.bee-ev.de
Bundesverband Kraft –Wärme –Kopplung e.V. www.bkwk.de
Bundesverband Neuer Energieanbieter BNE e.V. www.bne-online.de
Bundesverband Solare Mobilität e.V. – Büro Berlin www.solarmobil.de
Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) e.V. www.solarwirtschaft.de
Bundesverband WärmePumpe (BWP) e. V. www.waermepumper.de
Bundesverband Windenergie BWE e.V. – Geschäftsstelle Berlin www.wind-energie.de
Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie e.V. Sektion Berlin-Brandenburg www.dgs-berlin.de
Deutsche Lichttechnische Gesellschaft e. V. www.ligt.de
Deutsche Solarthermie-Technologieplattform www.dsttp.de
Deutscher Verband Flüssiggas e.V. www.dvfg.de
Deutscher Verband für Materialforschung und –prüfung e.V. www.dvm-berlin.de
Deutscher Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verband e.V. (DWV) www.dwv-info.de
Deutsches Atomforum e.V. www.kernenergie.de
Elektrotechnischer Verein (ETV) e.V. Bezirksverein Berlin-Brandenburg im VDE www.vde-etv-berlin.de
Element 1 – Koordinierungsstelle Wasserstoff Berlin www.element-1.org
EMV-Zentrum Berlin-Brandenburg e.V. (EMZ) www.emv-zentrum.de
EnergieForum Berlin www.energieforum-berlin.de
207
Organisation Web-Adresse
Energiegarten e.V. www.energiegarten.de
Fachverband Biogas e.V. – Hauptstadtbüro www.biogas.org
Fördergesellschaft Erneuerbare Energien e.V. (FEE) www.fee-ev.de
ForschungsVerbund Sonnenergie (FVS) www.fv-sonnenergie.de
Forum für Zukunftsenergie e.V. www.zukunftsenergien.de
Gesamtverband des Deutschen Brennstoff- und Mineralölhandels e.V. (GDBM) www.gdbm.de
Gesellschaft für Energiewissenschaft und Energiepolitik e. V. (GEE) www.gee.de
Gesellschaft zur Förderung angewandter Optik, Optoelektronik, Quantenelektronik und Spektroskopie e.V. (GOS)
www.gos-berlin.de
GRE – Gesellschaft für Rationelle Energieverwendung e.V. www.gre-online.de
Industrie- und Handelskammer zu Berlin www.berlin.ihk.de
Information und Kommunikation für Erneuerbare Energien e.V. (IKEE) www.unendlich-viel-energie.de
Informationskreis Kernenergie www.kernenergie.de
Innovationsnetzwerk Berliner Metall- und Elektroindustrie www.innonetz-berlin.de
InnovationsZentrum Bau Berlin e.V. www.izb-ev.de
IZ Klima – Informationszentrum klimafreundliches Kohlekraftwerk e.V. www.iz-klima.de
Initiative für Klimaschutz und Beschäftigung in Berlin-Brandenburg www.i-kub.de
Initiativkreis Berlin-Brandenburg- Das Erdgasfahrzeug e.V. www.bb-faehrt-erdgas.de
Kerntechnische Gesellschaft e.V. (KTG) www.ktg.org
Klimaschutzrat bei der Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucher-schutz
www.berlin.de / sen / umwelt / klimaschutz / klimaschutzrat /
Landesfachverband der Bau- und Energieberater e.V. www.bauenergieberater-bb.de
Landwirtschaftliche Biokraftstoffe e.V. (LAB) www.lab-biokraftstoffe.de
MEW – Die Mittelständische Mineralöl- und Energiewirtschaft Deutschland e. V www.mineraloel-mittelstand.de
Optec-Berlin-Brandenburg (OpTecBB) e.V. www.optecbb.de
Projektstelle Lokale Agenda 21 Berlin bei der GRÜNEN LIGA Berlin e. V. www.agenda21berlin.de
RE-NEXT – renewable energies network for export and technology www.re-next.de
Solarverein Berlin-Brandenburg e.V. www.solarverein-berlin.de
TSB Technologiestiftung Berlin www.technologiestiftung-berlin.de
Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen e.V. www.ufop.de
VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. Landesvertretung Berlin Brandenburg
www.vde.com
VDMA – Verband deutscher Maschinen und Anlagenbauer e.V. Hauptstadtbüro www.vdma.de
Verband Bergbau, Geologie und Umwelt e.V. www.vbgu.de
Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie e.V. www.biokraftstoffverband.de
Verband der Deutschen Gas- und Stromhändler e.V. (EFET Deutschland) www.efet.org
208
Organisation Web-Adresse
Verband der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg e.V. www.vme-net.de
Verband deutscher Grundstücknutzer e.V. www.vdgn.de
Verein Deutscher Ingenieure Bezirksverband Berlin-Brandenburg e.V. (VDI) www.vdi-bb.de
Verein zur Förderung der Nutzung von Geothermie und weiteren Innovativen Energieformen e.V.
www.vgie.de
Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg e.V. www.uvb-online.de
Vereinigung Rohstoffe und Bergbau e. V. www.v-r-b.de
Vitako Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister e.V www.vitako.de
Wirtschaftsverband Kernbrennstoff-Kreislauf e.V. www.kernbrennstoff.de
Wirtschaftsvereinigung Bergbau e.V. www.wv-bergbau.de
ZVEI – Zentralverband Elektrotechnik und Elektronikindustrie e.V. – Landestelle Berlin www.zvei.de
Verbände, Netzwerke und Initiativen aus dem Technologiefeld Energie
in Brandenburg
Verband Web-Adresse
barum111 (Initiative der Landkreise Uckermark und Barnim) www.barum111.de
Bbpro – Förderverein Biokraftstoffe Brandenburg e.V.
Brandenburgische Energie Technologie Initiative www.eti-brandenburg.de
Bundesverband Biogene und Regenerative Kraft- und Treibstoffe e.V. www.biokraftstoffe.org
GENI Gesellschaft für Netzintegration e.V. www.geni.ag
GA-Netzwerk Kooperationsnetzwerk Energiewirtschaft / Energietechnologie (EWET)
www.ewet-bb.de
GA-Netzwerk Mineralölwirtschaft / Biokraftstoffe
Gesellschaft zur Förderung der Solarenergienutzung e.V. – Solarzentrum Frankfurt / Oder
www.solarzentrum-ffo.de
NEMO – Netzwerk Innovative Biomassenverwertung www.nemo-biomasse.de
Verband der Sanierungsgesellschaften Braunkohle / Chemie e.V. www.verband-sanierungsgesellschaften.de
Wirtschaftsverband Kohle e.V. www.wirtschafts-verband-kohle.de
209
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REGIOVERLAG
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Zum Autor
Sebastian Vogel
Studium der Physik, der Vergleichenden Literaturwissenschaft, Politikwissen-
schaft und Philosophie in Augsburg und Vermont (USA). Promotion in
Theoretischer Physik mit einer Arbeit zur selbstorganisierten Strukturbildung
auf Festkörperoberflächen.
Von 2003 bis 2007 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Theoretische
Physik der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Seit Juli 2007
Mitarbeiter der TSB Technologiestiftung Berlin im Bereich Neue Technologie-
felder.
Dieses Projekt der TSB Technologiestiftung Berlin wird ausMitteln der Investitionsbank Berlin gefördert, kofinanziertvon der Europäischen Union, Europäischer Fonds fürRegionale Entwicklung. Investition in Ihre Zukunft!
US 1 18.07.2008 9:46 Uhr Seite 1