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– 40 – Den Bauch abfrieren Eine neue Methode ohne operativen Eingriff verspricht den dauerhaft flachen Bauch: Einfach die bösen Fettzellen ordentlich unterkühlen, den Rest macht der Körper von allein. Auch die Kosten sind überschaubar. Also machen wir den heroischen Selbstversuch: Wirkt das wirklich, und wie fühlt es sich an? Text: Dirk Ruschmann // Fotos: Nik Hunger Bikini-Figur

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Page 1: Den Bauch abfrieren - The Gentlemen's Clinic · – 40 – Den Bauch abfrieren Eine neue Methode ohne operativen Eingriff verspricht den dauerhaft flachen Bauch: Einfach die bösen

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Den Bauch abfrierenEine neue Methode ohne operativen Eingriff verspricht den dauerhaft flachen Bauch: Einfach die bösenFettzellen ordentlich unterkühlen, den Rest macht der Körper von allein. Auch die Kosten sind überschaubar. Also machen wir den heroischen Selbstversuch: Wirkt das wirklich, und wie fühlt es sich an?

Text: Dirk Ruschmann // Fotos: Nik Hunger

Bikini-Figur

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Der Bauch, das ewige Problem. Drei, vier Mal flachtrainiert in den letzten Jahren – und drei, vier Mal den Kampf wieder verloren gegen die Bequemlichkeit. Oder die Grillabende. Der Bauch-mach-was!-Index (BMI) zeigt die Rückschritte genauso unbarmherzig wie die optische Kontrolle im Spiegel. In der Schwimm-halle war ich lange nicht mehr.

Zumindest die Korrektur des Prob-lems kann ich unbeobachtet vorneh-men. Die Zürcher Gentlemen’s Clinic wirbt mit einem Piktogramm auf ihrer Website: Es zeigt eine durchgestrichene Frauensilhouette; daneben steht «It’s a man’s world». Klar, wer sich bei Behand-lungen das Händchen halten lassen möchte, dessen Frau wird diskret einge-schleust. Für die anderen stehen zur Be-ruhigung Gin und Whisky im Warte-zimmer bereit, das sich «Lounge» nennt.

Zur Voruntersuchung empfängt Dr. Werner Gallenkämper, ein freund-licher Herr und erfahrener Schönheits-

chirurg. Als es an die Sichtprüfung der Problemzone (ich bin mittlerweile aus-gezogen) geht, attestiert er meinem Oberkörper «eigentlich eine schöne Struktur». Nicht schlecht, der Mann ist also kompetent. Leider schwebt das «eigentlich» unheilvoll im Raum. Tat-sächlich: Dank dem Umfang meiner Fettschicht sei ich an der Grenze zum Absaugungs-Kandidaten. Eigentlich schon jenseits der Grenze.

Problemzone. Absaugen ... die Idee hat natürlich was: hinlegen, den Doktor ein wenig herumstochern lassen, mit strandtauglichem Oberkörper wieder aufstehen. Aber das wäre ein Eingriff, eine Invasion; da zucke ich zurück. Scho-nender und günstiger geht es mit einer neuen Methode namens Cryolipo, ge-nauer Kryolipolyse. Das klingt nicht umsonst nach den Kryo-Schlafkammern im Raumschiff Enterprise: Die Problem-zonen werden runtergekühlt auf

Vor der Unterkühlung kann man sich im gediegenen Wartezimmer, der «Lounge», einen Beruhigungsschluck aus der Schrankkoffer-Bar genehmigen. Oder sich dank der ausliegenden Fachlitera-tur für Männer weiterbilden.

Gentlemen’s only ist das Motto der Gentlemen’s Clinic im Zürcher Seefeld. Frauen sind nicht zugelassen.

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«Cryoman» (er wurde speziell für das dickere Gewebe der Männer entwickelt), der immer wieder kurz die Pumpe an-wirft, um das Vakuum zu halten – beina-he döst man ein. Eine Stunde dauert die Behandlung. Diese Zeit braucht das Käl-te-Killerkommando für seine tödliche Arbeit: Erst zum Ende der Stunde sind die Fettzellen endlich mürbe gefroren.

Anschliessend lasse ich die «Love Handles» abfrieren; jene seitlichen Pols-ter auf der Hüfte, die mit Training nur schwer angreifbar sind. Dafür genügt eine weitere Stunde, weil der Applikator einen Bruder auf der anderen Seite des Cryoman hat. Beide arbeiten parallel.

Klopfmassage. Jeweils im Anschluss an die Liegezeit gibts an den Tiefkühl zonen eine Massage mit einem Plastikkugel-kopf. Auch an den Folgetagen, empfiehlt Amherd, solle man immer wieder den Bauch ein wenig massieren. Das helfe beim Abbau der toten Zellen. Zwei Be-handlungen pro Tag nehme ihre Klinik vor, sagt Mitgründerin Yuan Yao, «Ten-denz steigend». Auffällig sei der hohe Anteil an jungen Männern, darunter vie-le Sportler – die kleine Makel aus ihren Körpern herausmodellieren wollen.

Dass der Bauch wirklich tiefge-kühlt war wie eine Fertigpizza, spürt man erst hinterher so richtig. Ich sitze längst in der Sonne beim Espresso, aber meine Flanken fühlen sich noch kalt an. Zu sehen ist ansonsten nichts. Sport wäre sofort erlaubt, aber ich warte auf den Folgetag. Allerdings zeigen sich meine Bauchmuskeln anfangs erstaunlich leis-tungsschwach, der Bauch ist zudem druckempfindlich, ähnlich wie bei einem Muskelkater, nur weiter an der Oberflä-che. Das zeigt: Einiges ist vorgefallen. Am fünften Tag lässt es nach, am siebten ist es verschwunden. Das Bauchmuskel-training funktioniert wieder wie zuvor.

Und der Erfolg? Jetzt, nach fünf Wochen, lässt sich noch nicht viel sagen. Der Bauchumfang ist immerhin schon eindreiviertel Zentimeter geschrumpft; die Flanken haben sich begradigt. An-scheinend macht es wirklich Sinn, vor dem Sommer richtig cool zu werden.

Doktor vs. Bauch: Was geht?Die Cryolipo kostet zirka 800 Franken; sie killt ein Drittel der Fettschicht im behandelten Areal. Aqualyx, die «Fett-weg-Spritze», enthält Phosphatidylcholin, eine Substanz, die im Körper vor-kommt. Hoch konzentriert, zerstört sie Fettzellen. Anwender sprechen von zwei bis vier Zentimetern Abbau; Preis: etwa 600 Franken. Liposonix erhitzt und zerstört Fettzellen per Ultraschall. Der Abbau liege deutlich über dem von Aqualyx; Kosten: rund 3000 Franken. Bei all diesen Methoden muss der Körper die toten Zellen über Monate selbst entfernen, und sie taugen eher für kleinere Problem-zonen. Nur Fettabsaugung kann grossflächig Bauchfett entfernen – und man sieht das Ergebnis sofort. Die Behandlung nimmt ein Arzt vor, meist ambulant. Kosten: etwa 6000 Franken.

Gefrierschrank-Temperatur, daran sterben die Fettzellen, der Körper trans-portiert sie danach selbsttätig via Lymphsystem ab. Das funktionierte allerdings nur bei «überschaubaren Are-alen», schränkt Gallenkämper ein. Und er kennt die Ungeduld der Männer: Die wollen sofort Resultate sehen. Die Cryo-lipo killt aber pro Behandlung nur ein Drittel der Fettzellen, zudem dauert de-ren Abtransport zwei bis vier Monate. Egal, dafür ist es kein Eingriff! Und man kann ja unterstützend wirken: mit Fit-nessstudio, FdH und Alkoholverzicht.

Am Tag X Mitte Mai bin ich etwas nervös, trotz «kein Eingriff». Man könn-te natürlich in der «Lounge» einen Gin and Tonic süffeln, aber nun habe ich vor der Behandlung drei Tage auf Alkohol verzichtet ... seltsamerweise will man sich vor der Bauch-weg-Behandlung den Bauch noch wegdiäten.

Fettzange. Martina Amherd aus Brig ist weiblich, darf aber trotzdem anwe-send sein: Die Fachfrau Gesundheit ver-misst meine Körpermitte, erst per Kneif-griff mit dem Kaliper (also known as Fettzange), dann mit Ultraschall. Und der Körperfettanteil soll bei 24,5 Prozent liegen – leicht mehr, als man bei Leicht-athletik-Sendungen im TV hört. Aber die Sportler sind ja auch noch jung.

Dann geht es schnell: Hemd aus-ziehen und hinlegen. Amherd legt ein kühles, eingeöltes Tuch auf meinen Bauch, das Gefrierbrandwunden verhin-dert. Obenauf positioniert sie den «Ap-plikator 1», für den mir auch nach langem Nachdenken kein besseres Wort einfällt. Er hat die Form eines Handstaub-saugers und saugt einen Teil des Bau-ches ein. Jenen Teil, der von Fettzellen befreit werden soll. Im Applikator senkt sich die Temperatur zügig auf drei Grad unter null, die nahe angrenzenden Bereiche haben aber auch etwas davon. Zu Anfang fühlt sich der Bauch durch den Zug, den der Applikator ausübt, leicht gezwängt an. Aber nach vier, fünf Minuten hat man sich gewöhnt. Leise Klaviermusik erklingt, gelegentlich er-tönt ein sonores Sauggeräusch des

Martina Amherd prüft, ob der «Applikator» richtig auf dem Bauch des Patienten sitzt. Die meiste Zeit liegt man aber einfach so rum und sinniert über Gott und die Welt.

Nach der Kühlstunde gibts eine Klopfmassage. Und wer richtig schön werden will, kann sich noch die «Love Handles» abfrieren lassen. Das wird von hinten erledigt.