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Umwelt
Die Auslegung der Definitionen der in den Anhängen I und II der UVP-Richtlinie aufgeführten Projektkategorien
Schutzvermerk: Diese Leitlinien begründen für die Mitgliedstaaten oder
Projektträger keinerlei Verpflichtung. Die endgültige Auslegung des Unionsrechts
obliegt allein dem Gerichtshof der Europäischen Union.
Inhaltsverzeichnis
1 EINLEITUNG ......................................................................................................... 5
2 VORGEHENSWEISE BEI DER AUSLEGUNG DER IN DEN
ANHÄNGEN I UND II DER UVP-RICHTLINIE AUFGEFÜHRTEN
PROJEKTKATEGORIEN ............................................................................................ 8
2.1 Verfügbare Informationsquellen ............................................................................... 8
2.2 Der Begriff „Projekt“ ................................................................................................. 9
2.3 Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs abgeleitete Grundsätze ......................... 11
2.4 Screening ................................................................................................................ 13
2.5 Das Verhältnis zwischen UVP-und SUP-Richtlinie.................................................... 17
2.6 Das Verhältnis zwischen UVP-und IE-Richtlinie ....................................................... 18
3 DIE EINZELNEN PROJEKTKATEGORIEN ...................................................19
3.1 Einleitung................................................................................................................ 19
3.2 Projekte des Anhangs I gemäß Artikel 4 Absatz 1 der UVP-Richtlinie ...................... 20
Anhang I Nummer 1: ............................................................................................................. 20
Anhang I Nummer 2 .............................................................................................................. 20
Anhang I Nummer 3 .............................................................................................................. 21
Anhang I Nummer 4 .............................................................................................................. 22
Anhang I Nummer 5 .............................................................................................................. 22
Anhang I Nummer 6 .............................................................................................................. 23
Anhang I Nummer 7 .............................................................................................................. 26
Anhang I Nummer 8 .............................................................................................................. 29
Anhang I Nummer 9 .............................................................................................................. 30
Anhang I Nummer 10 ............................................................................................................ 32
Anhang I Nummer 11 ............................................................................................................ 33
Anhang I Nummer 12 ............................................................................................................ 33
Anhang I Nummer 13 ............................................................................................................ 34
Anhang I Nummer 14 ............................................................................................................ 34
Anhang I Nummer 14 ............................................................................................................ 34
Anhang I Nummer 15 ............................................................................................................ 35
Anhang I Nummer 16 ............................................................................................................ 35
Anhang I Nummer 17 ............................................................................................................ 35
Anhang I Nummer 18 ............................................................................................................ 37
4
Anhang I Nummer 19 ............................................................................................................ 37
Anhang I Nummer 20 ............................................................................................................ 37
Anhang I Nummer 21 ............................................................................................................ 39
Anhang I Nummer 22 ............................................................................................................ 39
Anhang I Nummer 23 ............................................................................................................ 39
Anhang I Nummer 24 ............................................................................................................ 39
3.3 Projekte des Anhangs II gemäß Artikel 4 Absatz 2 der UVP-Richtlinie ..................... 42
Anhang II Nummer 1 Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischzucht ................................. 42
Anhang II Nummer 2 Bergbau ............................................................................................... 48
Anhang II Nummer 3 Energiewirtschaft ................................................................................ 49
Anhang II Nummer 4 Herstellung und Verarbeitung von Metallen ...................................... 51
Anhang II Nummer 5 Mineralverarbeitende Industrie ......................................................... 52
Anhang II Nummer 6 Chemische Industrie (nicht durch Anhang I erfasste Projekte) .......... 53
Anhang II Nummer 7 Nahrungs- und Genussmittelindustrie ................................................ 54
Anhang II Nummer 8 Textil-, Leder-, Holz- und Papierindustrie ........................................... 55
Anhang II Nummer 9 Verarbeitung von Gummi ................................................................... 55
Anhang II Nummer 10 Infrastrukturprojekte ........................................................................ 55
Anhang II Nummer 11 Sonstige Projekte .............................................................................. 61
Anhang II Nummer 12 Fremdenverkehr und Freizeit ........................................................... 62
Anhang II Nummer 13 ........................................................................................................... 64
4 VERZEICHNIS DER RECHTSSACHEN ..........................................................68
5
1 Einleitung
Die Richtlinie 2011/92/EU1 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten
öffentlichen und privaten Projekten (UVP-Richtlinie) soll sicherstellen, dass Projekte,
bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, vor der
Genehmigung einer angemessenen Prüfung unterzogen werden. Vor jeder
Entscheidung über die Durchführung eines solchen Projekts müssen die möglichen
Auswirkungen, die es bau- oder betriebsbedingt auf die Umwelt haben kann,
ermittelt und bewertet werden. Die Richtlinie stellt außerdem sicher, dass die
Umweltbehörden und die Öffentlichkeit an umweltbezogenen
Entscheidungsverfahren beteiligt werden. Insbesondere muss Mitgliedern der
betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit gegeben werden, zu einem Vorschlag
Stellung zu nehmen, wenn alle Optionen noch offen stehen, das heißt, bevor die
zuständige Behörde endgültig über einen Genehmigungsantrag entscheidet. Bei der
Genehmigung eines Projekts ist die zuständige Behörde verpflichtet, die Ergebnisse
der Konsultationen zu berücksichtigen und die Öffentlichkeit insbesondere über die
Maßnahmen zu unterrichten, mit denen Auswirkungen auf die Umwelt vermieden,
verringert oder ausgeglichen werden sollen. Die Öffentlichkeit muss über die
Genehmigungsentscheidung informiert werden und kann diese gerichtlich anfechten.
Im Jahr 2014 wurde die UVP-Richtlinie geändert.2 Die Änderungen sollen einen
besseren Schutz der Umwelt bewirken und zugleich – im Einklang mit den
Bestrebungen der Europäischen Kommission um eine intelligentere Regulierung –
den aus den Rechtsvorschriften der EU resultierenden Verwaltungsaufwand
verringern; die in den Anhängen I und II der Richtlinie aufgeführten Projektkategorien
bleiben davon unberührt. Die für den vorliegenden Leitfaden relevanten Änderungen
werden hierin erläutert. Der Leitfaden kann die Mitgliedstaaten somit dabei
unterstützen, die geänderte Richtlinie wie vorgeschrieben bis zum 16. Mai 2017 in
nationales Recht umzusetzen.
In den Anhängen I und II der Richtlinie sind die in ihren Anwendungsbereich
fallenden Projekte aufgeführt. Bei den Projekten des Anhangs I handelt es sich um
solche, die erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben und die grundsätzlich
einer systematischen Prüfung unterzogen werden sollten (Artikel 4 Absatz 1 der UVP-
Richtlinie). Die Projekte des Anhangs II haben nicht unter allen Umständen
zwangsläufig erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt; sie sollten einer Prüfung
1 Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die
Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABl. L 26 vom 28.1.2012, S. 1. 2 Richtlinie 2014/52/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014, ABl. L 124 vom
25.4.2014, S. 1.
6
unterzogen werden, wenn sie nach Auffassung der Mitgliedstaaten möglicherweise
erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben (Artikel 4 Absatz 2 der UVP-
Richtlinie). Nach Artikel 4 Absatz 2 der UVP-Richtlinie kann die Feststellung der
voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen anhand einer
Einzelfalluntersuchung, durch die Festlegung von Schwellenwerten oder Kriterien
oder durch eine Kombination dieser beiden Methoden erfolgen, wobei die in
Anhang III der Richtlinie genannten Auswahlkriterien zu berücksichtigen sind. Die
Mitgliedstaaten haben einen gewissen Ermessensspielraum bei der Festlegung
bestimmter Projektarten, die einer Prüfung zu unterziehen sind, bzw. bei der
Festlegung der anzuwendenden Kriterien und/oder Schwellenwerte. Dieser
Spielraum wird jedoch durch Artikel 2 Absatz 1 der UVP-Richtlinie begrenzt, der
festlegt, dass Projekte, bei denen unter anderem aufgrund ihrer Art, ihrer Größe oder
ihres Standortes mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer
Prüfung in Bezug auf ihre Auswirkungen zu unterziehen sind.3
Der Begriff „Projekt“ ist in Artikel 1 der UVP-Richtlinie definiert. Jedoch enthält die
UVP-Richtlinie von sehr wenigen Ausnahmen abgesehen keine Begriffsbestimmungen
oder sonstige Beschreibungen der in den Anhängen I und II aufgeführten
Projektkategorien.4 Auf bestimmte Begriffsbestimmungen, die in anderen EU-
Richtlinien oder in internationalen Übereinkommen enthalten sind, wird in den
Anhängen der UVP-Richtlinie ausdrücklich verwiesen; sie werden in Abschnitt 3
dieses Leitfadens unter den entsprechenden Projektkategorien behandelt. Die bei
der Anwendung der UVP-Richtlinie gesammelte Erfahrung zeigt, dass es in der Praxis
schwierig sein kann, zu entscheiden, ob einzelne Projekte in ihren
Anwendungsbereich fallen. Auf diese Problematik wurde in den 20035 und 20096
veröffentlichten Berichten der Kommission über die Anwendung und Wirksamkeit
der UVP-Richtlinie eingegangen.
Der vorliegende Leitfaden soll dazu beitragen, die Unsicherheiten in Bezug auf die
Auslegung und den Anwendungsbereich bestimmter in der UVP-Richtlinie
aufgeführter Projektkategorien auszuräumen. Zu diesem Zweck wird auf nützliche
Informationsquellen, insbesondere Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union
(Gerichtshof), von den Mitgliedstaaten angewandte Schwellenwerte und Kriterien, in
3 Rechtssache C-72/95, Kraaijeveld und andere, Randnr. 50; C-2/07, Abraham und andere, Randnr. 37; C-
75/08, Mellor, Randnr. 50; C-427/07, Kommission/Irland, Randnr. 41. 4 Zu den Ausnahmen gehören Flughäfen (Anhang I Nummer 7 Buchstabe a) und Schnellstraßen
(Anhang I Nummer 7 Buchstabe b). 5 Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Anwendung und den
Nutzeffekt der UVP-Richtlinie (Richtlinie 85/337/EWG, in der Fassung der Richtlinie 97/11/EG) – Die Erfolge der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der UVP-Richtlinie, KOM(2003) 334 endgültig, 23.06.2003 [http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1422441617501&uri=CELEX:52003DC0334]. 6 Bericht der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und
Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Anwendung und Wirksamkeit der UVP-Richtlinie (Richtlinie 85/337/EWG in der Fassung der Richtlinien 97/11/EG und 2003/35/EG), KOM(2009) 378 endgültig, 23.7.2009, [http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:52009DC0378].
7
anderen Richtlinien enthaltene Begriffsbestimmungen sowie relevante Leitfäden,
verwiesen. Das vorliegende Dokument bezieht sich auf alle in den Anhängen I und II
der UVP-Richtlinie aufgeführten Projektkategorien. Auslegungshinweise werden
jedoch nur für diejenigen Kategorien bereitgestellt, die Gegenstand von Erwägungen
des Gerichtshofs waren oder für die relevante Informationen zur Verfügung stehen.
Bei der Bestimmung des Anwendungsbereichs einzelner Projektkategorien sollten die
Leser unbeschadet der Auslegung in diesem Leitfaden den umfassenden
Anwendungsbereich und weitreichenden Zweck der Richtlinie sowie ihr
übergeordnetes Ziel – nämlich die Sicherstellung des Schutzes der Umwelt und der
Lebensqualität – berücksichtigen.
Das Verfahren zur Feststellung, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die in
Anhang II der UVP-Richtlinie aufgeführten Projekte erforderlich ist („Screening“),
wird in diesem Leitfaden nicht detailliert untersucht oder erörtert. Ziel des Leitfadens
ist es, die zuständigen nationalen Behörden und Interessenträger bei der
Entscheidung der Frage zu unterstützen, ob ein bestimmtes Projekt unter die UVP-
Richtlinie fällt, und nicht, eine Entscheidung darüber vorwegzunehmen, ob Projekte
des Anhangs II einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen sind.7
Der vorliegende Leitfaden wurde von der Generaldirektion Umwelt der Europäischen
Kommission in Zusammenarbeit mit Experten der Mitgliedstaaten für die
Umweltverträglichkeitsprüfung und die strategische Umweltprüfung (SUP)
ausgearbeitet. Er bringt die Ansichten der Kommissionsdienststellen zum Ausdruck
und ist nicht verbindlich. Der Leitfaden ist nicht als endgültig zu verstehen, sondern
er kann auf der Grundlage künftiger Erfahrungen mit der Umsetzung der UVP-
Richtlinie und im Lichte künftiger Rechtsprechung geändert werden. Es muss betont
werden, dass die Auslegung der Richtlinie letztlich dem Gerichtshof obliegt.
7 Ein von der Kommission herausgegebener Leitfaden zum Screening kann auf der Website der
Kommission zur Umweltverträglichkeitsprüfung abgerufen werden [http://ec.europa.eu/environment/eia/eia-support.htm].
8
2 Vorgehensweise bei der Auslegung der in den
Anhängen I und II der UVP-Richtlinie aufgeführten
Projektkategorien
2.1 Verfügbare Informationsquellen
Maßgeblich für die endgültige Auslegung des Unionsrechts sind ausschließlich die
Entscheidungen des Gerichtshofs. Der Gerichtshof hat sich in der Vergangenheit
häufig mit Rechtssachen befasst, die die UVP-Richtlinie betrafen; in einer Reihe von
Fällen ging es dabei um Fragen der Definition, der Beschreibung oder des
Anwendungsbereichs einzelner in den Anhängen I und II aufgeführter
Projektkategorien. Einen Überblick über die wichtigsten Urteile des Gerichtshofs im
Zusammenhang mit den Bestimmungen der konsolidierten UVP-Richtlinie bietet die
Publikation der Kommission „Environmental Impact Assessment of Projects — Rulings
of the Court of Justice“.8
In den Urteilen des Gerichtshofs werden einige allgemeine Grundprinzipien genannt,
die für die Auslegung der in der UVP-Richtlinie aufgeführten Projektkategorien sowie
für die Auslegung des Begriffs „Projekt“ selbst von Nutzen sein können. Diese
Grundsätze werden unter Abschnitt 2.3 erörtert. Die aus der Rechtsprechung des
Gerichtshofs abgeleiteten zusätzlichen Informationen zu einzelnen Projektkategorien
werden in Abschnitt 3 dargelegt.
Die UVP-Richtlinie nimmt ausdrücklich Bezug auf andere Richtlinien und
internationale Übereinkommen. Wo dies der Fall ist, stellen sie verbindliche Quellen
für Definitionen dar, die bei der Auslegung der Projektkategorien in den Anhängen I
und II zu berücksichtigen sind.
Angesichts des breiten Spektrums von Sektoren, die unter die UVP-Richtlinie fallen,
gibt es überdies eine Vielzahl von anderen Richtlinien und Leitfäden auf EU-Ebene,
die sich mit Tätigkeiten befassen, die unter die Anhänge I und II fallen, oder die
Definitionen von Begriffen enthalten, die in den genannten Anhängen vorkommen.
Aus diesen Quellen stammende Begriffsbestimmungen sind für die Zwecke der UVP-
Richtlinie nicht notwendigerweise in vollem Umfang anwendbar. Der Zweck und der
Bezugsrahmen der verschiedenen Richtlinien müssen sorgfältig bedacht werden, da
verschiedene Rechtsakte unterschiedliche Ziele haben können, die wiederum den
8 Environmental Impact Assessment of Projects — Rulings of the Court of Justice (2013),
[http://ec.europa.eu/environment/eia/pdf/eia_case_law.pdf].
9
Anwendungsbereich und die Bedeutung der in ihnen enthaltenen
Projektklassifzierungen und Definitionen beeinflussen können. Die Klassifizierung
eines bestimmten Projekts in einer Richtlinie legt somit nicht zwangsläufig genau
fest, wie dieselbe Projektart im Rahmen einer anderen Richtlinie auszulegen ist.9 Wie
der Gerichtshof festgestellt hat (siehe zum Beispiel die Rechtssache C-227/01,
Kommission/Spanien), müssen Rechtsvorschriften der Union nach dem
Zusammenhang und dem Zweck der Regelung ausgelegt werden, zu der sie gehören.
In der Praxis können sektorspezifische Rechtsvorschriften und sonstige Leitfäden
jedoch oft aufschlussreiche Hinweise bieten; dies gilt insbesondere, aber nicht
ausschließlich, für eher technische Fachbegriffe.10
2.2 Der Begriff „Projekt“
In Artikel 1 Absatz 2 der UVP-Richtlinie ist „Projekt“ definiert als
„die Errichtung von baulichen oder sonstigen Anlagen,
sonstige Eingriffe in Natur und Landschaft einschließlich derjenigen zum
Abbau von Bodenschätzen“.
In der Rechtsprechung des Gerichtshofs wird der Begriff „Projekt“ breit ausgelegt.11
Gleichwohl vertritt der Gerichtshof in Bezug auf diesen Begriff und insbesondere die
Frage, was einen „Eingriff in Natur und Landschaft“ darstellt, die Auffassung, dass die
Verlängerung einer bestehenden Betriebsgenehmigung für einen Flughafen, wenn sie
nicht mit Arbeiten oder Eingriffen zur Änderung des materiellen Zustands des
Standorts einhergeht, nicht als „Projekt“ eingestuft werden kann.12
Der Begriff „Anlage“ ist in der UVP-Richtlinie nicht definiert. Eine Begriffsbestimmung
findet sich zwar in der Richtlinie über Industrieemissionen13 (IE-Richtlinie), doch wird
diese Definition für die Zwecke der UVP-Richtlinie als nicht geeignet angesehen.
„Anlage“ im Sinne der IE-Richtlinie bezeichnet „eine ortsfeste technische Einheit, in
der eine oder mehrere der in Anhang I oder Anhang VII Teil 1 [der Richtlinie
2010/75/EU] genannten Tätigkeiten sowie andere unmittelbar damit verbundene
Tätigkeiten am selben Standort durchgeführt werden, die mit den in den genannten
Anhängen aufgeführten Tätigkeiten in einem technischen Zusammenhang stehen und
9 Siehe Rechtssache C-486/04, Kommission/Italien, Randnummern 43 und 44.
10 In der Rechtssache C-127/02 („Waddenzee“-Fall) wendete der Gerichtshof die in der UVP-Richtlinie
enthaltene Definition von „Projekt“ auf einen Fall an, der im Zusammenhang mit der Habitat-Richtlinie stand. Der in diesem Leitfaden vertretene Ansatz steht in Einklang mit der Herangehensweise des Gerichtshofs in dieser Rechtssache. 11
Rechtssache C-72/95, Kraaijeveld und andere. 12
Rechtssache C-275/09, Brussels Hoofdstedelijk Gewest und andere, Randnr. 24; C-121/11, Pro-Braine und andere, Randnr. 31. 13
Richtlinie 2010/75/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung), ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17.
„Projekt“
10
die Auswirkungen auf die Emissionen und die Umweltverschmutzung haben können“
(Artikel 3 Absatz 3 der IE-Richtlinie). Demgegenüber ist der Anwendungsbereich in
der UVP-Richtlinie breiter gefasst. Mobile Anlagen – auch wenn sie in der UVP-
Richtlinie nicht ausdrücklich erwähnt sind – unterliegen ebenso ihren Bestimmungen
wie temporäre Anlagen14. Wenn mobile oder temporäre Anlagen die Merkmale (und
die damit verbundenen Auswirkungen) von Projektkategorien der Anhänge I und II
der UVP-Richtlinie aufweisen, sind sie den Anforderungen der Richtlinie
unterworfen.15 Im Fall einer mobilen Anlage, die an einen anderen Ort transportiert
wird, ist außerdem zu prüfen, ob eine erneute Umweltverträglichkeitsprüfung
erforderlich ist.
Darüber hinaus gibt es Arten von Tätigkeiten, die die Merkmale von mehr als einer
der in der UVP-Richtlinie aufgeführten Projektkategorien aufweisen. Diese
Tätigkeiten können, je nach ihren technischen Merkmalen, ihrer Art oder ihrem
Ergebnis, aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden; ein Beispiel hierfür sind
Biogas oder Biokraftstoff betreffende Projekte.16 Die Praxis zeigt, dass je nach
Umfang eines Biogasprojekts verschiedene Projektkategorien relevant sein können,
zum Beispiel:
Anhang I, Nummer 9 oder 10 oder Anhang II, Nummer 11 Buchstabe b (in beiden Fällen entsteht das Biogas bei der Behandlung von Abfall);
Anhang II, Nummer 3 Buchstabe a (Nutzung von Biogas für die Stromerzeugung);
Anhang II, Nummer 10 Buchstabe a (die Biogasanlage kann Teil eines Projekts zur Anlage einer Industriezone sein).
Die Definition des Begriffs „Projekt“ wurde durch den Gerichtshof ergänzt, der
festgestellt hat, dass auch Abbrucharbeiten in den Anwendungsbereich der Richtlinie
85/337 fallen und somit ein „Projekt“ im Sinne ihres Artikels 1 Absatz 2 darstellen
können (Rechtssache C-50/09, Randnummern 86-107). Der Gerichtshof kam zu dem
Schluss, dass Abbrucharbeiten nicht vom Anwendungsbereich der nationalen
Rechtsvorschriften zur Umsetzung der UVP-Richtlinie ausgenommen werden dürfen.
Gestützt auf die Rechtsprechung und zur Sicherstellung eines hohen Schutzniveaus
für die Umwelt sieht die geänderte UVP-Richtlinie vor, dass die Screening-Verfahren
und die Umweltverträglichkeitsprüfungen die Auswirkungen des gesamten in Frage
stehenden Projekts, soweit relevant, einschließlich der Abrissphase berücksichtigen
14
Des Weiteren schließt Anhang II Nummer 13 Buchstabe b explizit Projekte des Anhangs I ein, die ausschließlich oder überwiegend der Entwicklung und Erprobung neuer Verfahren oder Erzeugnisse dienen und nicht länger als zwei Jahre betrieben werden. 15
Mobile Anlagen sollten für die Zwecke der UVP-Richtlinie unter anderem in Bezug auf ihren Standort beurteilt werden. 16
Aus Herstellungssicht kann Biogas entweder das Haupterzeugnis einer Tätigkeit oder ihr Nebenprodukt sein. Aus baulicher und wartungstechnischer Sicht gilt zudem, dass die Biogaserzeugung Infrastruktur erfordert, zum Beispiel Rohrleitungen und Lagermöglichkeiten. Um festzustellen, ob ein Biogasprojekt unter die UVP-Richtlinie fällt, muss es daher gründlich und unter Berücksichtigung aller relevanten Aspekte geprüft werden.
11
müssen (Anhang II.A, Nummer 1 Buchstabe a und Anhang IV, Nummer 1 Buchstabe b
sowie Nummer 5 Buchstabe a).
2.3 Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs17 abgeleitete
Grundsätze
Der Zweck der UVP-Richtlinie
In seinen Entscheidungen zur UVP-Richtlinie hat der Gerichtshof stets den
wesentlichen Zweck der Richtlinie hervorgehoben, der nach Artikel 2 Absatz 1 darin
besteht, dass die Projekte, „bei denen unter anderem aufgrund ihrer Art, ihrer Größe
oder ihres Standortes mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist,
einer Genehmigungspflicht unterworfen und einer Prüfung in Bezug auf ihre
Auswirkungen auf die Umwelt unterzogen werden“.
Wie der Gerichtshof in der Rechtssache C-420/11, Leth, Randnr. 28, festgestellt hat,
geht aus Artikel 1 Absatz 1 und den Erwägungsgründen 1, 3, 5 und 6 der Richtlinie
85/337 hervor, dass Gegenstand dieser Richtlinie die Umweltverträglichkeitsprüfung
bei öffentlichen und privaten Projekten ist, um eines der Ziele der Gemeinschaft im
Bereich des Schutzes der Umwelt und der Lebensqualität zu verwirklichen. Darauf
beziehen sich nach Auffassung des Gerichtshofs auch die Angaben, die der
Projektträger nach Artikel 5 Absatz 1 und Anhang IV der UVP-Richtlinie vorlegen
muss, und die Kriterien für die Entscheidung, ob weniger bedeutsame Projekte, die
den in Anhang III angeführten Merkmalen entsprechen, einer
Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfen.
Ausgedehnter Anwendungsbereich und weitreichender Zweck
Der Wortlaut der UVP-Richtlinie weist auf ihren ausgedehnten Anwendungsbereich
und ihren weitreichenden Zweck hin.
Dies wurde vom Gerichtshof stets hervorgehoben. In der Rechtssache C-72/95,
Kraaijeveld und andere, Randnr. 31, stellte der Gerichtshof fest: „Dem Wortlaut der
Richtlinie lässt sich entnehmen, dass ihr Anwendungsbereich ausgedehnt ist und ihr
Zweck sehr weit reicht. Allein diese Feststellung müsste genügen, um Anhang II
Nummer 10 Buchstabe e der Richtlinie dahin auszulegen, dass darunter auch Arbeiten
zur Eindämmung von Wasser und zur Verhinderung von Überschwemmungen – und
somit Arbeiten an Deichen – fallen, selbst wenn dies nicht aus allen Sprachfassungen
17
Einige der Urteile, auf die in diesem Leitfaden verwiesen wird, beziehen sich auf die Richtlinie 85/337/EWG in ihrer ungeänderten Fassung, während andere sich auf die Richtlinie 85/337/EWG in der durch die Richtlinie 97/11/EG geänderten Fassung beziehen. Dessen ungeachtet wird die Auffassung vertreten, dass die diesen Entscheidungen und ihren Schlussfolgerungen zugrunde liegenden Grundsätze weiterhin gelten und bei der Auslegung der Richtlinie in ihrer geänderten Fassung nützlich sind.
12
klar hervorgeht." In der Rechtssache C-227/01, Kommission/Spanien, Randnr. 46,
betonte der Gerichtshof abermals den ausgedehnten Anwendungsbereich und den
weitreichenden Zweck der Richtlinie.
Einheitliche Auslegung, verschiedene Sprachfassungen
In der Rechtssache C-72/95, Kraaijeveld und andere, vertrat der Gerichtshof unter
Verweis auf frühere Rechtsprechung die Auffassung, dass die Auslegung einer
unionsrechtlichen (zum damaligen Zeitpunkt gemeinschaftsrechtlichen) Vorschrift
einen Vergleich der Sprachfassungen erfordere. Falls diese Fassungen voneinander
abweichen, verlange das Erfordernis einer einheitlichen Auslegung, dass die fragliche
Bestimmung anhand der allgemeinen Systematik und des Zwecks der Regelung
ausgelegt wird, zu der sie gehört (Randnr. 28).18 In dem konkreten Fall kam der
Gerichtshof zu dem Schluss, dass der Begriff „Flusskanalisierungs- und
Stromkorrekturarbeiten“ in Anhang II Nummer 10 Buchstabe e der Richtlinie
85/337/EWG (vor der Änderung durch die Richtlinie 97/11/EG) dahin auszulegen ist,
dass darunter auch bestimmte Arten von Arbeiten an einem Deich an Wasserwegen
fallen (Randnr. 35).
Auf diese Thematik wurde erneut im Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-
227/01, Kommission/Spanien, Bezug genommen. Der Gerichtshof stellte fest, dass im
Rahmen der betreffenden Klage nicht darüber entschieden zu werden brauche, ob
alle Sprachfassungen von Anhang I Nummer 7 der Richtlinie 85/337 einen dem
Begriff „Strecken“ (in der spanischen Fassung „vías“) entsprechenden Begriff für
„Eisenbahn-Fernverkehrsstrecken“ verwenden. Ebenso wenig sei es notwendig,
darüber zu entscheiden, ob die zur Durchführung der Bestimmung erlassene
spanische Regelung, soweit sie den Begriff Linien („líneas“) verwendet, mit der
Richtlinie vereinbar ist. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sei vielmehr klar,
dass die Notwendigkeit einer einheitlichen Auslegung des Gemeinschaftsrechts
gebietet, dass im Falle von Abweichungen zwischen den verschiedenen
Sprachfassungen einer Bestimmung die fragliche Bestimmung anhand der
allgemeinen Systematik und des Zwecks der Regelung ausgelegt wird, zu der sie
gehört (Randnr. 45).
Nach Auffassung des Gerichtshofs verlangen die einheitliche Anwendung des
Unionsrechts und der Gleichheitsgrundsatz außerdem, dass die Begriffe einer
Vorschrift des Unionsrechts, die für die Ermittlung ihres Sinns und ihrer Bedeutung
nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, unter
Berücksichtigung des Regelungszusammenhangs und des mit der Regelung verfolgten
Zwecks auszulegen sind (Rechtssache C-287/98, Linster und andere, Randnr. 43;
18
Dieser Grundsatz entspricht der allgemeinen Praxis des Gerichtshofs und ist nicht spezifisch für die UVP-Richtlinie.
13
Rechtssache C-260/11, Edwards und Pallikaropoulous, Randnr. 29; Rechtssache C-
531/13, Kornhuber und andere, Randnr. 21).
2.4 Screening
Die in Anhang II der Richtlinie aufgeführten Projekte werden nicht automatisch einer
Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen. Die Mitgliedstaaten können im Einzelfall
oder anhand von Schwellenwerten und/oder Kriterien, die sich zum Beispiel auf die
Größe, den Standort (insbesondere die ökologische Empfindlichkeit des
geografischen Raums) und die potenziellen Auswirkungen (betroffene Fläche, Dauer)
beziehen, über eine Prüfung dieser Projekte entscheiden. Das Verfahren zur
Feststellung, ob ein in Anhang II aufgeführtes Projekt einer Prüfung zu unterziehen
ist, wird als Screening19 bezeichnet.
Bei der Festlegung von Schwellenwerten oder der Beurteilung der Auswirkungen von
Projekten sollten die in Anhang III der Richtlinie aufgestellten relevanten
Auswahlkriterien beachtet werden. Insbesondere sollte das Screening-Verfahren
nicht nur auf ein einziges Kriterium (z. B. die Größe) ausgerichtet sein, sondern es
sollten alle in Anhang III aufgeführten relevanten Auswahlkriterien berücksichtigt
werden (z. B. Größe und Standort des Projekts).
Die Mitgliedstaaten können also, wie in Erwägung 10 der UVP-Richtlinie dargelegt,
„Schwellenwerte oder Kriterien festlegen, um zu bestimmen, welche dieser Projekte
wegen der Erheblichkeit ihrer Auswirkungen auf die Umwelt einer Prüfung
unterzogen werden sollten; die Mitgliedstaaten sollten nicht verpflichtet sein,
Projekte, bei denen diese Schwellenwerte nicht erreicht werden bzw. diese Kriterien
nicht erfüllt sind, in jedem Einzelfall zu prüfen.“
Die in den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten festgelegten Schwellenwerte und
Kriterien sollten klare rechtliche Vorgaben in Bezug auf die Notwendigkeit einer
Umweltverträglichkeitsprüfung enthalten. Zum Beispiel legen manche Länder
Ausschlussschwellenwerte fest, unterhalb derer eine Prüfung nicht erforderlich ist.
Andere legen Schwellenwerte und Kriterien mit Richtwertcharakter fest, die zwar
keine rechtliche Verpflichtung begründen, die jedoch herangezogen werden können,
um im Einzelfall zu entscheiden, ob eine Prüfung erforderlich ist. Welches Verfahren
ein Mitgliedstaat auch anwendet, um festzustellen, ob ein bestimmtes Projekt einer
Prüfung zu unterziehen ist – sei es durch gesetzgeberische Bestimmung oder
Einzelfalluntersuchung –, das Ziel der Richtlinie darf nicht beeinträchtigt werden.
19
Weitere Informationen zum Screening-Verfahren sind dem 2001 herausgegebenen Leitfaden
„Guidance on EIA – Screening“ zu entnehmen [http://ec.europa.eu/environment/archives/eia/eia-
guidelines/g-screening-full-text.pdf.]. (Eine deutsche Übersetzung wurde 2001 vom Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie, Mecklenburg-Vorpommern, angefertigt [www.staedtebauliche-klimafibel.de/pdf/screening.pdf].)
14
Was die Bezugsgrößen betrifft, die für Schwellenwerte verwendet werden, so lässt
sich feststellen, dass in der Mehrzahl der Mitgliedstaaten u. a. folgende Parameter
verwendet werden20:
– bei Kraftwerken: Leistung in MW;
– bei Deponien nicht gefährlicher Abfälle: Gesamtvolumen (m3) oder
Volumen/Tag, Tonnen/Tag oder Gesamtkapazität in Tonnen;
– bei Einkaufszentren: Fläche in Hektar oder m2 (Erschließungsfläche,
Bruttogeschossfläche);
– bei Straßen: Straßenlänge (in km).
Die Änderung der UVP-Richtlinie im Jahr 2014 hatte Neuerungen für das Screening
zur Folge; der Ansatz für die Festlegung von Schwellenwerten und die Beurteilung
der Auswirkungen von Projekten blieb jedoch unverändert. Die Änderungen in Bezug
auf das Screening umfassen Folgendes: Erstens, Screening-Entscheidungen
(„positive“ wie „negative“) müssen begründet werden und die wesentlichen Gründe
für das Erfordernis oder das Nichterfordernis einer Prüfung angeben. Dies folgt aus
den Rechtssachen C-87/02, Kommission/Italien, und C-75/08, Mellor. Zweitens
wurde der Anhang III mit den Auswahlkriterien, auf die in Artikel 4 Absatz 3 der UVP-
Richtlinie Bezug genommen wird, aktualisiert. Drittens wurde ein neuer Anhang II.A
eingefügt, der eine Aufstellung der Informationen enthält, die der Projektträger der
zuständigen Behörde im Rahmen des Screening-Verfahrens vorlegen muss.
Höhe der Schwellenwerte — Art der zu berücksichtigenden Kriterien
Die UVP-Richtlinie räumt den Mitgliedstaaten einen Ermessensspielraum bei der
Festlegung von Schwellenwerten und/oder Kriterien gemäß Artikel 4 Absatz 2
Buchstabe b der Richtlinie ein. Dieser Spielraum wird jedoch dadurch begrenzt, dass
Artikel 2 Absatz 1 die Mitgliedsstaaten verpflichtet, Projekte, bei denen unter
anderem aufgrund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standortes mit erheblichen
Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Untersuchung ihrer
Auswirkungen zu unterziehen (C-244/12, Salzburger Flughafen, Randnummern 29-30;
C-531/13, Kornhuber und andere, Randnummern 40-41). Die Kriterien und
Schwellenwerte sollen die Beurteilung der konkreten Merkmale eines Projekts
erleichtern, damit festgestellt werden kann, ob es der Prüfungspflicht unterliegt.
Ein Mitgliedstaat, der die Schwellenwerte und/oder Kriterien so festlegt, dass in der
Praxis eine ganze Klasse von Projekten von vornherein von der Pflicht zur
Untersuchung ihrer Auswirkungen ausgenommen ist, überschreitet die Grenzen des
20
Der am 12.11.2012 vorgelegte IMPEL-Bericht („The implementation of the Environmental Impact Assessment on the basis of precise examples“) vergleicht die in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Zusammenhang mit der UVP durchgeführten Screening-Verfahren für vier verschiedene Arten von Projekten: Wärmekraftwerke, Deponien, Einkaufszentren und Straßenbauprojekte [http://impel.eu/wp-content/uploads/2013/01/IMPEL-EIA-Report-final.pdf].
15
ihm eingeräumten Ermessensspielraums, sofern nicht aufgrund einer pauschalen
Beurteilung aller Projekte dieser Klasse davon auszugehen ist, dass bei ihnen nicht
mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist.21 Ein Mitgliedstaat
überschreitet den Ermessensspielraum, über den er nach Artikel 2 Absatz 1 und
Artikel 4 Absatz 2 der UVP-Richtlinie verfügt, auch dann, wenn er nicht alle in
Anhang III aufgeführten relevanten Auswahlkriterien berücksichtigt.22
In der Rechtssache C-332/04, Kommission/Spanien, hatte sich zum Beispiel die
spanische Regierung dadurch, dass sie die Umweltverträglichkeitsprüfung für
Städtebauprojekte auf Projekte in nichtstädtischen Gebieten begrenzt hatte, auf die
Anwendung des Standortkriteriums beschränkt. Dies ist nur eines der drei in
Artikel 2 Absatz 1 der UVP-Richtlinie aufgeführten Kriterien; die beiden anderen
Kriterien, nämlich die Art und die Größe eines Projekts, wurden von Spanien nicht
beachtet.
Insofern die spanischen Rechtsvorschriften Umweltverträglichkeitsprüfungen nur für
Städtebauprojekte außerhalb von städtischen Gebieten vorsahen, hatte es Spanien
außerdem unterlassen, das Kriterium des Standorts in vollem Umfang anzuwenden.
Tatsächlich gehören die in Anhang III Nummer 2 Buchstaben g und h der UVP-
Richtlinie aufgeführten „Gebiete mit hoher Bevölkerungsdichte“ und „historisch,
kulturell und archäologisch bedeutende Landschaften“ zu den Auswahlkriterien, auf
die in Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie verwiesen sind. Diese Kriterien müssen von
den Mitgliedstaaten bei der Durchführung einer Einzelfalluntersuchung oder bei der
Festlegung von Schwellenwerten oder Kriterien im Sinne des Artikels 4 Absatz 2 zur
Bestimmung, ob ein Projekt einer Prüfung unterzogen werden sollte, berücksichtigt
werden. Diese Auswahlkriterien beziehen sich überwiegend auf städtische Gebiete.23
In der Rechtssache C-244/12, Salzburger Flughafen, Randnummer 48, befasste sich
der Gerichtshof mit den Maßnahmen eines Mitgliedstaats gemäß Artikel 4 Absatz 2
Buchstabe b der Richtlinie 85/337 in der durch die Richtlinie 97/11 geänderten
Fassung in Bezug auf Projekte des Anhangs II. Der Gerichtshof stellte hierzu fest, dass
die Bestimmungen von Artikel 2 Absatz 1 sowie von Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe a
und Absatz 3 der UVP-Richtlinie unmittelbare Wirkung haben, wenn ein
Mitgliedstaat einen mit den Verpflichtungen aus Artikel 2 Absatz 1 und Artikel 4
Absatz 3 der Richtlinie unvereinbaren Schwellenwert festlegt. Das bedeutet, dass die
zuständigen nationalen Behörden sicherstellen müssen, dass zunächst geprüft wird,
ob die betreffenden Projekte möglicherweise erhebliche Auswirkungen auf die
21
Rechtssache C-392/96, Kommission/Irland, Randnr. 53; Rechtssache C--72/95, Kraaijeveld und andere, Randnr. 53; Rechtssache C-435/97, WWF und andere, Randnr. 38; Rechtssache C-392/96, Kommission/Irland, Randnr. 75; Rechtssache C-66/06, Kommission/Irland, Randnr. 65; Rechtssache C-427/07, Kommission/Irland, Randnr. 42. 22
Rechtssache C-392/96, Kommission/ Irland, Randnummern 65, 72; Rechtssache C-66/06, Kommission/Irland, Randnr. 64; Rechtssache C-255/08, Kommission/Niederlande, Randnummern 32-39; Rechtssache C-435/09, Kommission/Belgien, Randnummern 52, 55. 23
Rechtssache C-332/04, Kommission/Spanien, Randnummern 75-79.
16
Umwelt haben, und wenn ja, sodann eine Umweltverträglichkeitsprüfung
durchgeführt wird.
Abschließend ist zu betonen, dass die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 4 Absatz 3 der
UVP-Richtlinie verpflichtet sind, bei der Festlegung entsprechender Kriterien oder
Schwellenwerte die in Anhang III der Richtlinie aufgeführten relevanten
Auswahlkriterien zu berücksichtigen.24
Mehrstufiges Genehmigungsverfahren
Der Gerichtshof hat auf die Schwierigkeiten im Zusammenhang mit Projekten
verwiesen, die einem mehrstufigen Genehmigungsverfahren unterliegen25, und die
Notwendigkeit betont, solche Projekte insgesamt zu prüfen. Wenn ein mehrstufiges
Genehmigungsverfahren vorgesehen ist, bei dem zunächst eine
Grundsatzentscheidung ergeht und sodann eine Durchführungsentscheidung
getroffen wird, die nicht über die in der Grundsatzentscheidung festgelegten
Vorgaben hinausgehen darf, ist die zuständige Behörde unter bestimmten
Umständen verpflichtet, eine Umweltverträglichkeitsprüfung für ein Projekt
durchzuführen, auch nachdem der Bauvorbescheid erteilt wurde, wenn für die
vorbehaltenen Punkte später eine Genehmigung erteilt wird.26 Diese Prüfung muss
umfassender Natur sein und all jene Aspekte des Projekts einbeziehen, die noch nicht
beurteilt wurden oder die einer erneuten Prüfung bedürfen.
Ausschluss von Projektaufteilungen und „Salamitaktik“27
In seiner die UVP-Richtlinie betreffenden Rechtsprechung hat der Gerichtshof immer
wieder betont, dass der Zweck der Richtlinie nicht durch die Aufteilung von Projekten
umgangen werden darf. Wenn mehrere Projekte zusammengenommen erhebliche
Auswirkungen auf die Umwelt im Sinne des Artikels 2 Absatz1 der UVP-Richtlinie
haben können, sollten ihre Auswirkungen auf die Umwelt insgesamt geprüft werden.
Projekte müssen insbesondere dann gemeinsam betrachtet werden, wenn sie
miteinander verknüpft sind, aufeinander folgen oder sich ihre Umweltauswirkungen
überschneiden (siehe in dem Zusammenhang Rechtssache C-142/07, Ecologistas en
Acción-CODA, Randnr. 44; Rechtssache C-205/08, Alpe Adria, Randnr. 53). Um eine
Umgehung der Unionsvorschriften durch eine Aufsplitterung von Projekten, die
24
Rechtssache C-66/06, Kommission/Irland, Randnr. 62; Rechtssache C-255/08, Kommission/Niederlande, Randnr. 33; Rechtssache C-435/09, Kommission/Belgien, Randnr. 53; Rechtssache C-531/13, Kornhuber und andere, Randnr. 42. 25
Rechtssache C-201/02, Wells; Rechtssache C-508/03, Kommission/Vereinigtes Königreich; Rechtssache C-290/03, Barker. 26
Rechtssache C-508/03, Kommission/Vereinigtes Königreich, Randnummern 103 bis 106. 27 Bei der Salamitaktik wird ein bestimmtes Projekt in verschiedene Teilprojekte getrennt, die für sich genommen die festgelegten Schwellenwerte nicht überschreiten und bei Prüfungen im Einzelfall keine erheblichen Auswirkungen haben, d. h. keine Umweltverträglichkeitsprüfung erfordern. Zusammengenommen hätten sie jedoch sehr wohl erhebliche Umweltauswirkungen. (Siehe KOM(2003) 334 endgültig [http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:52003DC0334]).
17
zusammengenommen erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben könnten, zu
verhindern, müssen außerdem die kumulativen Wirkungen solcher in sachlichem und
zeitlichem Zusammenhang stehender Projekte berücksichtigt werden (Rechtssache C-
244/12, Salzburger Flughafen, Randnr. 21).
In seiner Rechtsprechung trat der Gerichtshof für eine weite Auslegung der UVP-
Richtlinie ein und wies Bestrebungen, ihren Anwendungsbereich zu beschränken,
zurück. In der Rechtssache C-227/01, Kommission/Spanien, stellte der Gerichtshof
fest, dass ein sich über eine längere Entfernung erstreckendes Projekt nicht in
mehrere aufeinander folgende kürzere Abschnitte aufgeteilt werden kann, um
sowohl das Projekt als Ganzes als auch die sich aus dieser Aufteilung ergebenden
einzelnen Abschnitte den Vorschriften der Richtlinie zu entziehen (Randnr. 53). Wäre
das möglich, wäre die Wirksamkeit der Richtlinie möglicherweise ernsthaft in Frage
gestellt, da dann die betreffenden Behörden nur ein sich über eine längere
Entfernung erstreckendes Projekt in mehrere aufeinander folgende kürzere
Abschnitten aufzuteilen brauchten, um es den Vorschriften der Richtlinie zu
entziehen (Randnr. 53).
Eine ähnliche Situation ergibt sich, wenn für ein Projekt, das grundsätzlich nicht der
Prüfpflicht unterliegt, keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wurde,
dieses Projekt jedoch eine Änderung oder Erweiterung erfährt, die unter die Anhänge
der Richtlinie fällt. Dies war die Sachlage in der Rechtssache C-2/07, Abraham und
andere. Der Gerichtshof vertrat in diesem Fall die Auffassung, dass „Änderungen
eines Flugplatzes mit einer Start- und Landebahngrundlänge von 2 100 m und mehr
somit nicht nur Arbeiten sind, die eine Verlängerung der Bahn zum Gegenstand
haben, sondern vielmehr alle Arbeiten an Gebäuden, Anlagen oder der Ausrüstung
dieses Flugplatzes, sofern sie, insbesondere aufgrund ihrer Art, ihres Umfangs und
ihrer Merkmale, als Änderung des Flugplatzes selbst anzusehen sind. Das gilt
insbesondere für Arbeiten, die dazu bestimmt sind, die Aktivitäten des Flugplatzes
und den Luftverkehr erheblich zu steigern“ (Randnr. 36). Der Gerichtshof gründete
seine Entscheidung in dieser Rechtssache auf das Erfordernis einer
Gesamtbewertung und das Ziel, die Wirksamkeit der UVP-Richtlinie sicherzustellen.
2.5 Das Verhältnis zwischen UVP-und SUP-Richtlinie
In ihrem Bericht über die Anwendung und Wirksamkeit der UVP-Richtlinie28 stellte
die Kommission 2009 fest, dass es rein theoretisch nicht zu Überschneidungen mit
der Richtlinie 2001/42/EG über die strategische Umweltprüfung (SUP) für bestimmte
28 Bericht der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und
Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Anwendung und Wirksamkeit der UVP-
Richtlinie (Richtlinie 85/337/EWG in der durch die Richtlinien 97/11/EG und 2003/35/EG geänderten
Fassung) (KOM(2009) 378 endgültig, 23.7.2009) [http://eur-lex.europa.eu/legal-
content/DE/TXT/?uri=CELEX:52009DC0378].
18
öffentliche Pläne und Programme (SUP-Richtlinie) kommen dürfte. Es habe sich
jedoch herausgestellt, dass bei der Anwendung der beiden Richtlinien in bestimmten
Bereichen durchaus Überschneidungsmöglichkeiten29 bestehen. Da sich
insbesondere Pläne, Programme und Projekte nicht immer klar voneinander
abgrenzen, könnten Zweifel aufkommen, ob der Prüfgegenstand die Kriterien für die
Anwendung entweder der UVP- oder der SUP-Richtlinie oder beider Richtlinien
erfüllt. Hier seien die Definitionen einiger Projektkategorien, die oft die
Flächennutzung betreffen, nicht klar, was zu Verwechslungen mit der SUP-Richtlinie
führen könnte.
Die Mitgliedstaaten haben unterschiedliche Ansätze gewählt, um das Problem der
potenziellen Unwirksamkeit aufgrund von Verfahrensüberschneidungen zu lösen.
Viele Mitgliedstaaten vertreten jedoch oft die Auffassung, dass ihnen die Erfahrung
fehlt, um etwaige Überschneidungsprobleme zu identifizieren und ordnungsgemäß
zu prüfen. Aus diesem Grunde haben einige wenige Mitgliedstaaten empfohlen, die
beiden Richtlinien zu konsolidieren. Viele Mitgliedstaaten haben betont, dass jeder
Richtlinienprozess beibehalten und weiterhin separat ablaufen sollte, da es sich um
einander ergänzende Verfahren handelt, die als solche verschiedene Phasen und
Prozesse betreffen. Die Mitgliedstaaten haben auch verlangt, dass Leitfäden erstellt
werden.
Im Jahr 2005 gab die GD Umwelt eine Studie über das Verhältnis zwischen der SUP-
Richtlinie und der UVP-Richtlinie in Auftrag.30 Darin werden Beispiele für mögliche
Ansätze vorgestellt, wie sich die beiden Prüfungen verbinden lassen und wie
gemeinsame Verfahren durchgeführt werden können, die speziell darauf
ausgerichtet sind, die Anforderungen beider Richtlinien gleichzeitig zu erfüllen.
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass nach Artikel 11 der SUP-Richtlinie die
Umweltprüfungen gemäß dieser Richtlinie die Anforderungen der UVP-Richtlinie
sowie anderer Rechtsvorschriften der Union unberührt lassen. Um den Vorschriften
zu entsprechen, müssen die Mitgliedstaaten somit sicherstellen, dass sie die
Anforderungen beider Richtlinien erfüllen, wenn beide anzuwenden sind.
2.6 Das Verhältnis zwischen UVP-und IE-Richtlinie
Die UVP-Richtlinie und die Richtlinie über Industrieemissionen (IE-Richtlinie)
betreffen manchmal dieselben Arten von Tätigkeiten. Es ist jedoch zu beachten, dass
zwischen den Zielen, den Anwendungsbereichen, den Klassifizierungssystemen und
den Schwellenwerten der beiden Richtlinien durchaus Unterschiede bestehen.
29
Beispielsweise wenn Großprojekte aus Teilprojekten bestehen; Projekten, bei denen Änderungen der
Flächennutzungspläne erforderlich sind; Pläne und Programme, die verbindliche Kriterien für die anschließende Projektgenehmigung enthalten; und der hierarchische Zusammenhang von SUP und UVP („tiering“). 30
Imperial College London Consultants (August 2005), „The relationship between the EIA and SEA Directives“, [http://ec.europa.eu/environment/archives/eia/pdf/final_report_0508.pdf].
19
Die IE-Richtlinie regelt die integrierte Vermeidung und Verminderung der
Umweltverschmutzung infolge industrieller Tätigkeiten. Sie sieht auch Vorschriften
zur Vermeidung und, sofern dies nicht möglich ist, zur Verminderung von Emissionen
in Luft, Wasser und Boden und zur Abfallvermeidung vor, um ein hohes Schutzniveau
für die Umwelt insgesamt zu erreichen (Artikel 1 der IE-Richtlinie). Die UVP-Richtlinie
hingegen zielt darauf ab, in geeigneter Weise nach Maßgabe eines jeden Einzelfalls
die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Projekts auf Mensch, Fauna
und Flora, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft, Sachgüter und kulturelles Erbe
und die Wechselbeziehung zwischen den genannten Faktoren zu identifizieren, zu
beschreiben und zu bewerten (Artikel 3 der UVP-Richtlinie).
Bei Überschneidungen von Projektkategorien der UVP-Richtlinie mit
Tätigkeitskategorien in Anhang I der IE-Richtlinie müssen diese anhand der
allgemeinen Systematik und des Zwecks der UVP-Richtlinie ausgelegt werden. Den
Mitgliedstaaten steht es frei, die in Anhang I der IE-Richtlinie festgelegten
Schwellenwerte im Zusammenhang mit der UVP-Richtlinie zu verwenden, sofern sie
den ihnen durch Artikel 2 Absatz 1 der UVP-Richtlinie eingeräumten
Ermessensspielraum nicht überschreiten. Dies verlangt, dass die Projekte, bei denen
unter anderem aufgrund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standortes mit erheblichen
Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Prüfung in Bezug auf ihre
Auswirkungen unterzogen werden.
3 DIE EINZELNEN PROJEKTKATEGORIEN
3.1 Einleitung
Die in den Anhängen I und II genannten Projekte müssen unter Berücksichtigung des
Begriffs „Projekt“ (Artikel 1 Absatz 2) und der allgemeinen Zielsetzung der UVP-
Richtlinie (Artikel 2 Absatz 1) ausgelegt werden. Die Interpretationen der
Projektkategorien in diesem Leitfaden stützen sich auf den Zweck der Richtlinie, auf
die Erfahrung, die bei ihrer Anwendung gesammelt wurde, und auf die Auslegungen
des Gerichtshofs.
Die Ausführungen in diesem Abschnitt sollen zu einem besseren Verständnis der
Projektkategorien beitragen. Sie stützen sich, wie oben erwähnt, zum überwiegenden
Teil auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs, auf Richtlinien der EU, internationale
Übereinkommen und Leitfäden der Europäischen Kommission. Sofern in der UVP-
Richtlinie explizit auf solche Begriffsbestimmungen Bezug genommen wird, ist dies
unter der entsprechenden Projektkategorie klar angegeben.31 Im Falle sonstiger
Begriffsbestimmungen wird dem Leser empfohlen, sorgfältig zu prüfen, ob diese als
31
In Anhang I Nummer 7 Buchstabe a der UVP-Richtlinie wird zum Beispiel auf die Definition des Begriffs „Flugplatz“ im Abkommen von Chicago von 1944 zur Errichtung der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation verwiesen.
20
solche im Rahmen der UVP-Richtlinie angewendet werden können. Wie sich aus den
Feststellungen in Abschnitt 2 dieses Leitfadens ergibt, müssen dazu die Ziele der
verschiedenen Rechtsakte berücksichtigt werden.
Zu beachten ist ferner, dass die Definitionen in diesem Leitfaden kein umfassendes
Glossar aller in der UVP-Richtlinie enthaltenen Begriffe darstellen sollen. Auf lange
technische Beschreibungen industrieller Verfahren wurde bewusst verzichtet. Der
Leser wird diesbezüglich auf die potenziell nützlichen Quellen von Definitionen
außerhalb der Vorschriften zur Umweltverträglichkeitsprüfung, wie im Text
angegeben, verwiesen.
Die Ausführungen in diesem Abschnitt folgen der Reihenfolge in den Anhängen der
UVP-Richtlinie, doch enthalten sie nicht zu allen Projektkategorien nähere Angaben.
Die vorgelegten Interpretationen erheben außerdem nicht den Anspruch auf
Vollständigkeit. Trotzdem können die Informationen nützlich sein, um auch
Projektkategorien, die nicht näher erläutert sind, besser zu verstehen.
3.2 Projekte des Anhangs I gemäß Artikel 4 Absatz 1 der UVP-
Richtlinie
Nach Artikel 2 Absatz 1 und Artikel 4 Absatz 1 der UVP-Richtlinie und unbeschadet
der Ausnahmefälle gemäß Artikel 2 Absatz 4 müssen Projekte, die unter Anhang I der
Richtlinie fallen, als solche und vor der Genehmigung einer systematischen Prüfung in
Bezug auf ihre Umweltauswirkungen unterzogen werden.32 Daraus folgt, dass die
Mitgliedstaaten in dieser Hinsicht keinen Ermessensspielraum haben.
Es ist ferner zu beachten, dass der Anwendungsbereich der UVP-Richtlinie
eingeschränkt würde, wenn im Zusammenhang mit Projektkategorien des Anhangs I,
bei denen keine Schwellenwerte vorgesehen sind, Schwellenwerte angewendet
werden.33
Anhang I Nummer 1:
Raffinerien für Erdöl (ausgenommen Unternehmen, die nur Schmiermittel aus Erdöl
herstellen) sowie Anlagen zur Vergasung und zur Verflüssigung von täglich
mindestens 500 Tonnen Kohle oder bituminösem Schiefer
Anhang I Nummer 2
a) Wärmekraftwerke und andere Verbrennungsanlagen mit einer
Wärmeleistung von mindestens 300 MW
32
Siehe diesbezüglich die Rechtssache C-465/04, Kommission/Irland, Randnr. 45, und Rechtssache C-255/05, Kommission/Italien, Randnr. 52. 33
Siehe Rechtssache C-435/09, Kommission/Belgien, Randnummern 86 und 88.
21
Bei der Auslegung dieser Projektkategorie muss die Entscheidung des Gerichtshofs in
der Rechtssache C-431/92, Kommission/Deutschland, berücksichtigt werden.
Nach Anhang I Nummer 2 der Richtlinie sind Projekte von Wärmekraftwerken mit
einer Wärmeleistung von mindestens 300 MW einer Prüfung zu unterziehen. Diese
Vorschrift ist dahingehend auszulegen, dass solche Projekte geprüft werden müssen,
unabhängig davon, ob sie eigenständig ausgeführt werden, einer bestehenden
Anlage hinzugefügt werden oder mit dieser in einem engen funktionellen
Zusammenhang stehen. Ein solches Projekt kann also, selbst wenn es mit einer
bestehenden Anlage in Zusammenhang steht, nicht in die unter Nummer 13 des
Anhangs II aufgeführte Kategorie „Änderung oder Erweiterung von Projekten des
Anhangs I“ (Nummer 12 in der noch nicht durch die Richtlinie 97/11/EG geänderten
Fassung34) eingestuft werden. Der Grundsatz, der in diesem Urteil zum Ausdruck
kommt, wurde durch die Änderungen, die mit der Richtlinie 2003/35/EG35 eingeführt
wurden, in die UVP-Richtlinie integriert. Danach unterliegt „jede Änderung oder
Erweiterung von Projekten, die in diesem Anhang aufgeführt sind, wenn sie für sich
genommen die Schwellenwerte, sofern solche in diesem Anhang festgelegt sind,
erreicht“ (Anhang I Nummer 24) einer obligatorischen
Umweltverträglichkeitsprüfung.
Es kann nützlich sein, auf die IE-Richtlinie Bezug zu nehmen, in der eine
„Feuerungsanlage“ definiert ist als „jede technische Einrichtung, in der Brennstoffe im
Hinblick auf die Nutzung der dabei erzeugten Wärme oxidiert werden“.
b) Kernkraftwerke und andere Kernreaktoren einschließlich der
Demontage oder Stilllegung solcher Kraftwerke oder Reaktoren (36) (mit
Ausnahme von Forschungseinrichtungen zur Erzeugung und Bearbeitung
von spaltbaren und brutstoffhaltigen Stoffen, deren Höchstleistung 1 kW
thermische Dauerleistung nicht übersteigt).
Anhang I Nummer 3
a) Anlagen zur Wiederaufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe;
b) Anlagen
i) mit dem Zweck der Erzeugung oder Anreicherung von Kernbrennstoffen;
34
Richtlinie 97/11/EG des Rates vom 3. März 1997 zur Änderung der Richtlinie 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABl. L 73 vom 14.3.1997, S. 5. 35
Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten, ABl. L 156 vom 25.6.2003, S. 17. 36
Kernkraftwerke und andere Kernreaktoren gelten nicht mehr als solche, wenn der gesamte Kernbrennstoff und andere radioaktiv kontaminierte Komponenten auf Dauer vom Standort der Anlage entfernt wurden.
Anhang I Nummer 2
Anhang I Nummer 3
22
ii) mit dem Zweck der Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe oder
hochradioaktiver Abfälle;
iii) mit dem Zweck der endgültigen Beseitigung bestrahlter
Kernbrennstoffe;
iv) mit dem ausschließlichen Zweck der endgültigen Beseitigung
radioaktiver Abfälle;
v) mit dem ausschließlichen Zweck der (für mehr als 10 Jahre geplanten)
Lagerung bestrahlter Kernbrennstoffe oder radioaktiver Abfälle an einem
anderen Ort als dem Produktionsort.
Anhang I Nummer 4
a) Integrierte Hüttenwerke zur Erzeugung von Roheisen und Rohstahl
Integrierte Hüttenwerke sind große Industrieanlagen, die durch ein Geflecht
voneinander abhängiger Material- und Energieströme zwischen den verschiedenen
Produktionseinheiten gekennzeichnet sind (einschließlich Sinteranlagen,
Pelletierungsanlagen, Kokereien, Hochofenwerke und Sauerstoffblasstahlwerke mit
anschließendem Gießen).
b) Anlagen zur Gewinnung von Nichteisenrohmetallen aus Erzen,
Konzentraten oder sekundären Rohstoffen durch metallurgische Verfahren,
chemische Verfahren oder elektrolytische Verfahren
Nichteisenmetalle werden aus verschiedenen Primär- und Sekundärrohstoffen
hergestellt. Primärrohstoffe werden aus Erzen gewonnen, die abgebaut und dann
weiter behandelt werden, bevor sie zu Rohmetall verarbeitet werden. Die
Behandlung der Erze erfolgt in der Regel in der Nähe der Abbaustätten.
Sekundärrohstoffe, die zur Herstellung von Nichteisenmetallen verwendet werden,
umfassen Schrott, abgeschöpftes Material, Gicht- oder Filterstäube, Schlacken und
Rückstände.
Anhang I Nummer 5
Anlagen zur Gewinnung von Asbest sowie zur Be- und Verarbeitung von Asbest und
Asbesterzeugnissen: bei Asbestzementerzeugnissen mit einer Jahresproduktion von
mehr als 20 000 t Fertigerzeugnissen; bei Reibungsbelägen mit einer
Jahresproduktion von mehr als 50 t Fertigerzeugnissen; bei anderen
Verwendungszwecken von Asbest mit einem Einsatz von mehr als 200 t im Jahr.
Anhang I Nummer 4
Anhang I Nummer 5
23
Asbest ist in der gesamten Europäischen Union seit dem 1. Januar 2005 verboten.37
Anhang I Nummer 6
Integrierte chemische Anlagen, d. h. Anlagen zur Herstellung von Stoffen unter
Verwendung chemischer Umwandlungsverfahren im industriellen Umfang, bei
denen sich mehrere Einheiten nebeneinander befinden und in funktioneller
Hinsicht miteinander verbunden sind und die Folgendem dienen:
a) der Herstellung von organischen Grundchemikalien;
b) der Herstellung von anorganischen Grundchemikalien;
c) der Herstellung von phosphor-, stickstoff- oder kaliumhaltigen
Düngemitteln (Einnährstoff- oder Mehrnährstoff);
d) der Herstellung von Ausgangsstoffen für Pflanzenschutzmittel und von
Bioziden;
e) der Herstellung von Grundarzneimitteln unter Verwendung eines
chemischen oder biologischen Verfahrens;
f) der Herstellung von Explosivstoffen.
Die Projektkategorie „integrierte chemische Anlagen“ gliedert sich in sechs
Unterkategorien, die den in Anhang I Nummer 4 der IE-Richtlinie aufgeführten
Kategorien nahezu entsprechen.38 Die in Anhang I der IE-Richtlinie aufgeführten
organischen und anorganischen Chemikalien können auch für die Zwecke der UVP-
Richtlinie als eine nicht erschöpfende Aufzählung verwendet werden:
Zu den organischen Chemikalien gehören: a) einfache Kohlenwasserstoffe (lineare
oder ringförmige, gesättigte oder ungesättigte, aliphatische oder aromatische); b)
sauerstoffhaltige Kohlenwasserstoffe, insbesondere Alkohole, Aldehyde, Ketone,
Carbonsäuren, Ester und Estergemische, Acetate, Ether, Peroxide und Epoxide; c)
schwefelhaltige Kohlenwasserstoffe; d) stickstoffhaltige Kohlenwasserstoffe,
insbesondere Amine, Amide, Nitroso-, Nitro- oder Nitratverbindungen, Nitrile,
Cyanate, Isocyanate; e) phosphorhaltige Kohlenwasserstoffe; f) halogenhaltige
37
Richtlinie 1999/77/EG der Kommission vom 26. Juli 1999 zur sechsten Anpassung von Anhang I der Richtlinie 76/769/EWG des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für Beschränkungen des Inverkehrbringens und der Verwendung gewisser gefährlicher Stoffe und Zubereitungen (Asbest). 38
Es ist darauf hinzuweisen, dass die UVP-Richtlinie nur integrierte Anlagen erfasst, die eine Untergruppe der unter die IE-Richtlinie fallenden Anlagen bilden. Darüber hinaus bestehen einige Unterschiede bei den Beschreibungen. Erstens: In der UVP-Richtlinie wird auf organische und anorganische „Grundchemikalien“ Bezug genommen, während die IE-Richtlinie auf den lediglich der Klarstellung dienenden begrifflichen Zusatz „Grund-“ verzichtet. Zweitens: Anhang I Nummer 6 Buchstabe d der UVP-Richtlinie betrifft die „Herstellung von Grundarzneimitteln unter Verwendung eines chemischen oder biologischen Verfahrens“, während sich die IE-Richtlinie auf die „Herstellung von Pflanzenschutzmitteln oder Bioziden“ bezieht (Anhang I Nummer 4.4).
24
Kohlenwasserstoffe; g) metallorganische Verbindungen; h) Kunststoffe (Polymere,
Chemiefasern, Fasern auf Zellstoffbasis); i) synthetische Kautschuke; j) Farbstoffe und
Pigmente; k) oberflächenaktive Stoffe und Tenside.
Zu den anorganischen Chemikalien gehören: a) Gase wie Ammoniak, Chlor und
Chlorwasserstoff, Fluor und Fluorwasserstoff, Kohlenstoffoxide,
Schwefelverbindungen, Stickstoffoxide, Wasserstoff, Schwefeldioxid, Phosgen; b)
Säuren wie Chromsäure, Flusssäure, Phosphorsäure, Salpetersäure, Salzsäure,
Schwefelsäure, Oleum, schwefelige Säuren; c) Basen wie Ammoniumhydroxid,
Kaliumhydroxid, Natriumhydroxid; d) Salze wie Ammoniumchlorid, Kaliumchlorat,
Kaliumkarbonat, Natriumkarbonat, Perborat, Silbernitrat; e) Nichtmetalle,
Metalloxide oder sonstige anorganische Verbindungen wie Kalziumkarbid, Silicium,
Siliciumkarbid.
„Integriert“, „nebeneinander“ und „in funktioneller Hinsicht miteinander verbunden“
Die ersten Hinweise zur Auslegung der Begriffe „integriert“, „nebeneinander“ und „in
funktioneller Hinsicht miteinander verbunden“ lieferte die Rechtsprechung (siehe
Rechtssache C-133/94, Kommission/Belgien). Der Gerichtshof stellte fest, dass die
Frage, „ob eine chemische Anlage integriert ist, weder von der
Verarbeitungskapazität noch von der Art der chemischen Stoffe ab[hängt], die in
diesem Anlagentyp verarbeitet werden; sie hängt vom Bestehen von
Produktionseinheiten ab, die untereinander verbunden sind und funktionell eine
einzige Produktionseinheit bilden.“ Es ist darauf hinzuweisen, dass diese Definition
vor der Änderung des Anhangs I Nummer 6 durch die Richtlinie 97/11/EG zur
Anwendung kam.39
Maßgeblich für die Auslegung des Begriffs „Integration“ wäre somit, dass
verschiedene Produktionseinheiten vorhanden sind und eine Verbindung zwischen
verschiedenen Teilen einer chemischen Anlage besteht. Diese funktionelle
Verbindung dürfte in erster Linie über einen Prozessablauf gegeben sein, d. h. die
verschiedenen Einheiten der Anlage dienen einem gemeinsamen Zweck, indem sie
Zwischenprodukte oder Einsatzstoffe (Vorprodukte, Hilfsmittel etc.) für andere
Einheiten herstellen. Sie tragen somit zur Herstellung eines Fertigerzeugnisses (oder
von Fertigerzeugnissen) bei, obwohl ein Teil der in der Anlage hergestellten
Zwischenprodukte oder Einsatzstoffe auch in Verkehr gebracht werden kann.
Zusätzlich kann eine Verbindung über die Infrastruktur (z. B. zu Energiezwecken)
bestehen, doch stellt dies allein noch keine funktionelle Verbindung dar.
Der Begriff „nebeneinander“ bedeutet gemeinhin „Seite an Seite“ oder „in enger
räumlicher Nähe zueinander“. In Anbetracht des weitreichenden Zwecks der
Richtlinie scheint es jedoch nicht notwendig zu sein, dass sich eine
39
Anhang I Nummer 6 der Richtlinie 85/337/EWG vor der Änderung bezog sich auf „Integrierte chemische Anlagen“.
Anhang I Nummer 6
25
Produktionseinheit in unmittelbarer räumlicher Nähe zu einer anderen befindet, da
Vorprodukte in einem anderen Teil der Anlage hergestellt und über eine Pipeline, ein
Förderband oder ein anderes Transportmittel zum Fertigungs- oder
Weiterverarbeitungsbereich befördert werden können. Solche offensichtlich in
unmittelbarem Zusammenhang miteinander stehenden Tätigkeiten sind in
funktioneller Hinsicht mit den anderen in der Anlage stattfindenden Tätigkeiten
verbunden und könnten Auswirkungen auf die Umwelt haben.
„Herstellung im industriellen Umfang“
Anhang I Nummer 6 enthält keine quantitativen Kapazitätsschwellen, sondern nur
einen Verweis auf den „industriellen Umfang“ der Herstellung.
Anhang I der IE-Richtlinie sieht vor, dass die Kommission Leitlinien zur Auslegung des
Begriffs „industrieller Maßstab“ in Bezug auf die in dem Anhang beschriebenen
Tätigkeiten der chemischen Industrie erstellt.
„Chemische Umwandlungsverfahren“
Anhang I Nummer 6 nimmt Bezug auf die Herstellung von Stoffen unter Verwendung
„chemischer Umwandlungsverfahren“ im industriellen Umfang. Der Begriff
„chemische Umwandlungsverfahren“ impliziert, dass während des
Produktionsprozesses eine Umwandlung durch eine oder mehrere chemische
Reaktionen stattfindet. Dasselbe gilt auch für biotechnologische oder biologische
Verfahren, die meistens mit einer chemischen Umwandlung verbunden sind (z. B.
Fermentierung). Tätigkeiten, die nur eine physikalische Weiterverarbeitung
darstellen (z. B. einfaches Vermischen oder Vermengen von Stoffen, die chemisch
nicht miteinander reagieren, Entwässern, Verdünnen, Umpacken von Säuren/Basen),
würden nicht hierunter fallen.
Im Vergleich dazu definiert die IE-Richtlinie in Anhang I Nummer 4 den Begriff
„Herstellung“ im Sinne der chemischen Industrie als „die Herstellung der [unter
dieser Nummer] genannten Stoffe oder Stoffgruppen durch chemische oder
biologische Umwandlung im industriellen Umfang.“
Verwendung des Begriffszusatzes „Grund-“
Mit dem Begriffszusatz „Grund-“40 werden nicht nur solche Chemikalien bezeichnet,
die eine weitere Verarbeitung erfordern, sondern auch bestimmte chemische
Enderzeugnisse (wie synthetischer Kautschuk, Farbstoffe und Pigmente, Polymere
und synthetische Fasern), die auf andere als chemische Weise weiterverarbeitet
werden können (und in diesem Sinne ein Grunderzeugnis darstellen). Auch die
40
Es wird darauf hingewiesen, dass bei der Beschreibung der Tätigkeiten in Anhang I Nummer 4 der Richtlinie 2010/75/EU über Industrieemissionen der Begriffszusatz „Grund-“ nicht mehr verwendet wird.
Anhang I Nummer 6
26
Herstellung von Chemikaliengemischen könnte als Herstellung von
„Grundchemikalien“ betrachtet werden. So fällt zum Beispiel Biodiesel, der
hauptsächlich aus einer Mischung von Estern besteht, unter den Begriff „chemische
Grunderzeugnisse“, da sich dies auf die Herstellung von Estern bezieht.
Enderzeugnisse, die nicht als „chemische“ Erzeugnisse betrachtet werden können,
fallen dagegen nicht unter den Begriff. Die Herstellung von Reifen aus Gummi und
anderen Stoffen verlangt zwar eine gewisse chemische Weiterverarbeitung, doch
entsteht dabei kein „chemisches Grunderzeugnis“.
Anhang I Nummer 7
(a) Bau von Eisenbahn-Fernverkehrsstrecken und Flugplätzen mit einer
Start- und Landebahngrundlänge von 2 100 m und mehr;
Bei der Auslegung des Erfassungsbereichs dieser Projektkategorie in Bezug auf
„Eisenbahn-Fernverkehrsstrecken“ muss die Entscheidung des Gerichtshofs in der
Rechtssache C-227/01, Kommission/Spanien, berücksichtigt werden.
In seinem Urteil kam der Gerichtshof zu dem Schluss, dass ein Projekt zum Bau einer
zusätzlichen Eisenbahnstrecke von 13,2 km Länge, wovon über einen Abschnitt von
7,64 km eine neue Trasse anzulegen ist, und die Teil einer 251 km langen
Eisenbahnlinie ist, in den Anwendungsbereich von Anhang I Nummer 7 fällt. Anhang I
Nummer 7 ist demnach so zu verstehen, dass er sich auch auf den zweigleisigen
Ausbau einer bereits vorhandenen Eisenbahnstrecke bezieht. Ein solcher Ausbau
kann nicht als bloße Änderung eines früheren Projekts angesehen werden.
Das Projekt war Teil des als „Mittelmeer-Korridor“ bekannten größeren Projekts, das
eine 251 km lange Eisenbahnlinie zwischen Valencia und Tarragona entlang der
spanischen Küste betraf. Die spanische Regierung vertrat die Auffassung, dass die
Prüfpflicht nur für den betreffenden Streckenabschnitt galt und dessen Länge nicht
als „Eisenbahn-Fernverkehrstrecke“ gemäß Anhang I Nummer 7 der Richtlinie 85/337
eingestuft werden könne. Der Gerichtshof wies diese Argumentation
uneingeschränkt mit der Begründung zurück, dass die Wirksamkeit der Richtlinie
ernsthaft in Frage gestellt wäre, wenn „die betreffenden nationalen Behörden nur ein
sich über eine längere Entfernung erstreckendes Projekt in mehrere aufeinander
folgende kürzere Abschnitte aufzuteilen brauchten, um sowohl das Projekt als Ganzes
als auch die sich aus dieser Aufteilung ergebenden einzelnen Abschnitte den
Vorschriften dieser Richtlinie zu entziehen“.
In seinem Urteil stellte der Gerichtshof daher fest, dass es auf den Umstand, dass sich
das Projekt nur auf einen kurzen Abschnitt einer Fernverkehrsstrecke bezieht, nicht
ankomme. Da die neue Strecke unbestreitbar geeignet sei, neue erhebliche
Belästigungen zu verursachen, sei es nicht notwendig, konkrete negative
Anhang I Nummer 7
27
Auswirkungen nachzuweisen – die Möglichkeit negativer Auswirkungen genüge, um
festzustellen, dass das Projekt unter die Bestimmungen von Anhang I fällt.41
Was den Begriff „Flugplätze“ betrifft, so enthält die UVP-Richtlinie eine klare
Definition. In Fußnote 1 der Richtlinie heißt es: „,Flugplatz' im Sinne dieser Richtlinie
ist ein Flugplatz gemäß der Begriffsbestimmung des Abkommens von Chicago von
1944 zur Errichtung der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (Anhang 14).“
Diesem Abkommen zufolge bezeichnet der Begriff „Aerodrom“ (Flughafen) „ein
abgegrenztes Gebiet auf dem Land oder einem Gewässer (einschließlich Gebäuden,
Anlagen und Ausrüstung), das entweder ganz oder teilweise für die Ankunft, den
Abflug und die Bewegungen von Luftfahrzeugen am Boden bestimmt ist“.
In der Rechtssache C-2/07, Abraham und andere, prüfte der Gerichtshof die Frage, ob
Arbeiten an der Infrastruktur eines schon erbauten Flugplatzes, dessen Start- und
Landebahn bereits über 2 100 m lang ist, in den Anwendungsbereich von Anhang II
Nummer 12 in Verbindung mit Anhang I Nummer 7 der UVP-Richtlinie (in ihrer
ursprünglichen Fassung) fallen. Anhang I Nummer 7 der Richtlinie betrifft den „Bau
von [...] Flugplätzen mit einer Start- und Landebahngrundlänge von 2 100 m und
mehr“. Die Richtlinie enthält jedoch keine Bestimmungen zur Erweiterung eines
Flugplatzes, insbesondere, wenn bei einer solchen Erweiterung die Länge der Start-
und Landebahn nicht verändert wird. In dem fraglichen Fall betraf das Vorhaben eine
Änderung der Infrastruktur des Flugplatzes, den Bau eines Kontrollturms, neue
Abrollwege und Parkzonen sowie Arbeiten zum Ausbau und zur Verbreiterung der
Start- und Landebahnen, ohne ihre Länge zu verändern. Unter Berücksichtigung
dessen, dass ein solches Projekt erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt hätte und
die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung mit dem
Argument, die Länge der Start- und Landebahn würde nicht verändert, umgangen
würde, stellte der Gerichtshof unter Verweis auf das Erfordernis einer
Gesamtbewertung und im Hinblick auf die Sicherstellung der Wirksamkeit der
Richtlinie 85/337/EWG fest, „dass Änderungen eines Flugplatzes mit einer Start- und
Landebahngrundlänge von 2 100 m und mehr somit nicht nur Arbeiten sind, die eine
Verlängerung der Bahn zum Gegenstand haben, sondern vielmehr alle Arbeiten an
Gebäuden, Anlagen oder der Ausrüstung dieses Flugplatzes, sofern sie, insbesondere
aufgrund ihrer Art, ihres Umfangs und ihrer Merkmale, als Änderung des Flugplatzes
selbst anzusehen sind. Das gilt insbesondere für Arbeiten, die dazu bestimmt sind, die
Aktivitäten des Flugplatzes und den Luftverkehr erheblich zu steigern.“ (Randnr. 36).
Der Gerichtshof kam zu dem Schluss, dass die zuständigen Behörden die geplante
Steigerung der Aktivitäten eines Flugplatzes berücksichtigen müssen, wenn sie die
Auswirkungen der Änderungen auf die Umwelt prüfen, die an der Infrastruktur dieses
Flugplatzes vorgenommen werden sollen, damit der Zuwachs an Tätigkeit
aufgenommen werden kann. Dieser Ansatz wurde in späteren Urteilen unter Verweis
41
Rechtssache C-227/01, Kommission/Spanien, Randnr. 59: „Im Übrigen ist ein Projekt dieser Art unbestreitbar geeignet, neue erhebliche Belästigungen zu verursachen, und sei es auch nur deshalb, weil die Eisenbahnlinie für einen Verkehr mit Geschwindigkeiten von bis zu 220 km/h ausgebaut werden soll.“
28
darauf, dass die entsprechenden Bestimmungen des Anhangs II der UVP-Richtlinie in
Verbindung mit denen des Anhangs I auch Änderungen der Infrastruktur eines
vorhandenen Flugplatzes umfassen, bestätigt (Rechtssache C-275/09, Brussels
Hoofdstedelijk Gewest und andere, und Rechtssache C-244/12, Salzburger
Flughafen).
Die Rechtsprechung zeigt, wie der Gerichtshof die Bestimmung des Anhangs I
Nummer 7 Buchstabe a im Hinblick auf den Begriff „Bau“ ausgelegt hat. Der
Gerichtshof legt die Formulierung „Bau von Flugplätzen“ unter Berücksichtigung von
Arbeiten und physischen Eingriffen weit aus. So hat der Gerichtshof festgestellt, dass
der Begriff nicht nur Arbeiten an den Start- und Landebahnen eines Flugplatzes
umfasst, sondern „alle Arbeiten an Gebäuden, Anlagen oder der Ausrüstung dieses
Flugplatzes“ (Rechtssache C-2/07, Abraham und andere, Randnr. 36).
Dagegen kann die Verlängerung einer bestehenden Flughafenbetriebsgenehmigung,
ohne dass Arbeiten oder Eingriffe zur Änderung des materiellen Zustands des Platzes
stattfinden, nicht als Projekt oder Bau im Sinne der Bestimmungen eingestuft werden
(Rechtssache C-275/09, Brussels Hoofdstedelijk Gewest und andere).
b) Bau von Autobahnen und Schnellstraßen;
Die UVP-Richtlinie enthält eine klare Definition des Begriffs „Schnellstraßen“. In
Fußnote 2 heißt es, dass „Schnellstraße“ im Sinne dieser Richtlinie „eine
Schnellstraße gemäß der Begriffsbestimmung des Europäischen Übereinkommens
über die Hauptstraßen des internationalen Verkehrs vom 15. November 1975“
bezeichnet. Nach dem Übereinkommen sind Schnellstraßen „dem
Kraftfahrzeugverkehr vorbehaltene, nur über Anschlussstellen oder besondere
geregelte Kreuzungen erreichbare Straßen, auf denen insbesondere das Halten und
das Parken verboten sind“.42 Diese Definition schließt innerörtliche Straßen nicht von
vornherein aus. In dem genannten Übereinkommen ist auch der Begriff „Autobahn“
definiert, nämlich unter anderem als eine Straße, die für den Verkehr mit
Kraftfahrzeugen besonders bestimmt und gebaut ist, die keine höhengleiche
Kreuzung mit Straßen, Eisenbahn‑ oder Straßenbahnschienen oder Gehwegen hat
und die als Autobahn besonders gekennzeichnet ist.
42
Dem Übereinkommen zufolge bezeichnet „Autobahn“ eine Straße, die nur für den Verkehr mit Kraftfahrzeugen bestimmt und gebaut ist, zu der von den angrenzenden Grundstücken aus keine unmittelbare Zufahrt besteht und die
i) für beide Verkehrsrichtungen – außer an einzelnen Stellen oder vorübergehend – besondere Fahrbahnen aufweist, die durch einen nicht für den Verkehr bestimmten Geländestreifen oder in Ausnahmefällen auf andere Weise voneinander getrennt sind,
ii) keine höhengleiche Kreuzung mit Straßen, Eisenbahn- oder Straßenbahnschienen oder Gehwegen hat und
iii) speziell als Autobahn gekennzeichnet ist.
Anhang I Nummer 7
Buchstabe a
Anhang I Nummer 7
Buchstabe a
Anhang I Nummer 7
Buchstabe b
29
In der Rechtssache C-142/07, Ecologistas en Acción-CODA, stellte der Gerichtshof
fest, dass nicht alle Mitgliedstaaten Vertragsparteien dieses Übereinkommens sind
und sich dieser Verweis daher auf das Übereinkommen in der Fassung bezieht, die
bei Erlass der Richtlinie 85/337/EWG galt, also diejenige vom 15. November 1975
(Randnr. 30).
Im Einklang mit der Rechtsprechung und dem Ziel der UVP-Richtlinie sind Projekte,
die sich auf „städtische“ Straßen beziehen, als Vorhaben anzusehen, die in den
Anwendungsbereich der UVP-Richtlinie fallen (Rechtssache C-142/07, Ecologistas en
Acción-CODA, Randnummern 31 bis 37).
In seinem Urteil legte der Gerichtshof außerdem den Begriff „Bau“ weit aus, indem er
die Auffassung vertrat, dass Arbeiten zur Erneuerung einer bestehenden Straße
aufgrund ihres Umfangs und der Art, in der sie durchgeführt werden, dem Bau einer
neuen Straße gleichkommen können (Rechtssache C-142/07, Ecologistas en Acción-
CODA, Randnummer 36).
c) Bau von neuen vier- oder mehrspurigen Straßen oder Verlegung
und/oder Ausbau von bestehenden ein- oder zweispurigen Straßen zu vier-
oder mehrspurigen Straßen, wenn diese neue Straße oder dieser verlegte
und/oder ausgebaute Straßenabschnitt eine durchgehende Länge von
10 km oder mehr aufweisen würde.
Anhang I Nummer 8
a) Wasserstraßen und Häfen für die Binnenschifffahrt, die für Schiffe
mit mehr als 1 350 t zugänglich sind;
b) Seehandelshäfen, mit Binnen- oder Außenhäfen verbundene
Landungsstege (mit Ausnahme von Landungsstegen für Fährschiffe) zum
Laden und Löschen, die Schiffe mit mehr als 1 350 t aufnehmen können.
Die Praxis zeigt, dass die Mitgliedstaaten in der Regel sowohl Binnen- als auch
Seehäfen unter diese Projektkategorie fassen.
Was den in dieser Definition verwendeten Kapazitätsparameter betrifft (Schiffe mit
mehr als 1 350 t), so kann darunter die Tragfähigkeit (Deadweight) verstanden
werden.
Die Tragfähigkeit ist das maximale Gesamtzuladungsgewicht eines Schiffs,
einschließlich Ladung, Fahrgäste, Brennstoff usw.; sie wird durch eine seitliche
Lademarke am Schiffsrumpf angezeigt, die nicht im Wasser verschwinden darf, wenn
das Schiff im Wasser liegt.
Anhang I Nummer 8
30
Anhang I Nummer 9
Abfallbeseitigungsanlagen zur Verbrennung, chemischen Behandlung (gemäß der
Definition in Anhang I Nummer D9 der Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle43) oder
Deponierung gefährlicher Abfälle wie in Artikel 3 Nummer 2 der genannten
Richtlinie definiert.
Das Ziel der Abfallrahmenrichtlinie (Richtlinie 2008/98/EG) ist der „Schutz der
Umwelt und der menschlichen Gesundheit [...], indem die schädlichen Auswirkungen
der Erzeugung und Bewirtschaftung von Abfällen vermieden oder verringert, die
Gesamtauswirkungen der Ressourcennutzung reduziert und die Effizienz der
Ressourcennutzung verbessert werden“ (Artikel 1).
Die Richtlinie 2008/98/EG hebt die frühere Richtlinie 2006/12/EG über Abfälle sowie
die Richtlinien 75/439/EWG und 91/689/EWG über Altöl bzw. gefährliche Abfälle auf.
Die Abfallrahmenrichtlinie, die seit dem 12. Dezember 2010 gilt, hat neue
Bestimmungen eingeführt, die im Einklang mit der Abfallhierarchie (Artikel 4) die
Vermeidung, die Wiederverwendung und das Recycling von Abfall fördern sollen.
Zentrale Begriffe, namentlich die Definitionen von Abfall (Artikel 3 Absatz 1),
Verwertung und Beseitigung, werden erläutert. Die Richtlinie legt außerdem
geeignete Verfahren für Nebenprodukte (Artikel 5) und für Abfälle fest, die nicht
mehr als Abfälle anzusehen sind (Artikel 6). Ein Leitfaden44 zu den wichtigsten
Anforderungen der Abfallrahmenrichtlinie steht zur Verfügung.
„Abfall“ im Sinne der Abfallrahmenrichtlinie bezeichnet „jeden Stoff oder
Gegenstand, dessen sich sein Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss“
(Artikel 3 Absatz 1).
Die Begriffe „Verwertung“ und „Beseitigung“ werden in der Abfallrahmenrichtlinie
dahingehend erweitert, dass sie nicht mehr nur die in einem Anhang aufgeführten
Verfahren umfassen. „Verwertung“ ist in Artikel 3 Nummer 15 definiert als „jedes
Verfahren, als dessen Hauptergebnis Abfälle innerhalb der Anlage oder in der
weiteren Wirtschaft einem sinnvollen Zweck zugeführt werden, indem sie andere
Materialien ersetzen, die ansonsten zur Erfüllung einer bestimmten Funktion
verwendet worden wären, oder die Abfälle so vorbereitet werden, dass sie diese
Funktion erfüllen.“ Anhang II der Abfallrahmenrichtlinie enthält eine nicht
erschöpfende Liste von Verwertungsverfahren. Dieses Konzept von Verwertung wird
als „übergreifendes Konzept“ beschrieben, das die Vorbereitung zur
Wiederverwendung, das Recycling und die sonstige stoffliche Verwertung, z. B. die
energetische Verwertung, umfasst.
43
ABl. L 312 vom 22.11.2008, S. 3.
44 http://ec.europa.eu/environment/waste/framework/pdf/guidance_doc.pdf.
Anhang I Nummer 9
31
„Beseitigung“ ist in Artikel 3 Nummer 19 der Abfallrahmenrichtlinie definiert „als
jedes Verfahren, das keine Verwertung ist, auch wenn das Verfahren zur Nebenfolge
hat, dass Stoffe oder Energie zurückgewonnen werden.“ Anhang I der
Abfallrahmenrichtlinie enthält eine nicht erschöpfende Liste von
Beseitigungsverfahren.
Der Begriff „Behandlung“ ist in Artikel 3 Nummer 14 der Abfallrahmenrichtlinie
definiert als „Verwertungs- oder Beseitigungsverfahren, einschließlich Vorbereitung
vor der Verwertung oder Beseitigung“.
Eines der Hauptziele der Abfallrahmenrichtlinie besteht darin, eine effizientere
Ressourcennutzung zu fördern, indem dazu angeregt wird, Abfall für nützliche
Zwecke zu verwenden. Hierzu sollen im Einklang mit der Abfallhierarchie bevorzugt
solche Verwertungsverfahren gefördert werden, die nicht lediglich einer sicheren
Entsorgung von Abfall dienen, sondern die dazu führen, dass Abfälle so verwendet
werden, dass sie Primärressourcen ersetzen.
Bei der Entscheidung, ob bestimmte Projekte unter diese Projektkategorie fallen,
kann auf Begriffsbestimmungen im EU-Abfallrecht Bezug genommen werden, sofern
in der UVP-Richtlinie ausdrücklich auf sie verwiesen wird (wie im Fall der Begriffe
„chemische Behandlung“ und „gefährliche Abfälle“). Als Leitprinzip sollte dabei das
allgemeine Ziel der UVP-Richtlinie dienen, das darin besteht, dass Projekte, bei denen
mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Prüfung in Bezug
auf ihre Auswirkungen unterzogen werden.
Es ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff „Beseitigung“ im Sinne der UVP-Richtlinie
so ausgelegt wird, dass er auch die „Verwertung“ einschließt. Dies wurde vom
Gerichtshof in der Rechtssache C-486/04, Kommission/Italien, bestätigt, in der er die
Auffassung vertrat, dass „der Begriff der Abfallbeseitigung im Sinne der Richtlinie
85/337 ein eigenständiger Begriff ist, dem eine Bedeutung beizumessen ist, die
geeignet ist, den [...] Zweck dieser Richtlinie in vollem Umfang zu erfüllen. Folglich
muss dieser Begriff, der nicht gleichbedeutend ist mit dem der Abfallbeseitigung im
Sinne der Richtlinie 75/442, in einem weiten Sinne dahin verstanden werden, dass er
die Gesamtheit der Vorgänge umfasst, die entweder zur Beseitigung der Abfälle im
engen Wortsinn oder zu deren Verwertung führen“ (Randnr. 44). Somit umfasst diese
Projektkategorie a) Müllverbrennungsanlagen und b) Anlagen für die chemische
Behandlung, wie in Anhang I Nummer D9 der Abfallrahmenrichtlinie definiert, auch
wenn dabei Abfälle einer Verwertung zugeführt werden.
In der Abfallrahmenrichtlinie wird der Begriff „Verbrennung“ verwendet, aber nicht
definiert. Nach Artikel 3 Nummer 40 der IE-Richtlinie bezeichnet
„Abfallverbrennungsanlage“ „jede ortsfeste oder nicht ortsfeste technische Einheit
oder Anlage, die zur thermischen Behandlung von Abfällen mit oder ohne Nutzung der
Verbrennungswärme mittels Verbrennung durch Oxidation von Abfällen und anderen
thermischen Behandlungsverfahren wie Pyrolyse, Vergasung und Plasmaverfahren
Anhang I Nummer 9
32
eingesetzt wird, wenn die bei der Behandlung entstehenden Stoffe anschließend
verbrannt werden“.
Mitverbrennung ist eine Art der Verbrennung, die in besonderen Anlagen
durchgeführt wird und die somit als eine Tätigkeit angesehen werden kann, die unter
die UVP-Richtlinie fällt.
Was die „chemische Behandlung“ betrifft, so wird in der UVP-Richtlinie ausdrücklich
auf die Definition in Anhang I Nummer D9 der Richtlinie 2008/98/EG über Abfälle
verwiesen: „Chemisch-physikalische Behandlung, die nicht an anderer Stelle in diesem
Anhang beschrieben ist und durch die Endverbindungen oder Gemische entstehen, die
mit einem der unter D1 bis D12 aufgeführten Verfahren entsorgt werden (z.B.
Verdampfen, Trocknen, Kalzinieren usw.)“.
In der Abfallrahmenrichtlinie wird der Begriff „Deponierung“ verwendet, aber nicht
definiert. Nach Artikel 2 Buchstabe g der Richtlinie 1999/31/EG ist eine „Deponie“
„eine Abfallbeseitigungsanlage für die Ablagerung von Abfällen oberhalb oder
unterhalb der Erdoberfläche (d. h. unter Tage), einschließlich
— betriebsinterner Abfallbeseitigungsanlagen für die Ablagerung der Abfälle (d. h. Deponien, in denen ein Abfallerzeuger selbst die Abfallbeseitigung am Erzeugungsort vornimmt) und
— einer auf Dauer angelegten (d. h. für länger als ein Jahr eingerichteten) Anlage, die für die vorübergehende Lagerung von Abfall genutzt wird,
jedoch ausgenommen
— Anlagen, in denen Abfälle abgeladen werden, damit sie für den Weitertransport zur Verwertung, Behandlung oder Beseitigung an einem anderen Ort vorbereitet werden können, sowie
— die in der Regel auf eine Dauer von weniger als drei Jahren begrenzte Lagerung von Abfällen vor der Verwertung oder Behandlung oder
— die auf eine Dauer von weniger als einem Jahr begrenzte Lagerung von Abfällen vor der Beseitigung“.
Bei der Definition gefährlicher Abfälle nimmt die UVP-Richtlinie Bezug auf Artikel 3
Nummer 2 der Abfallrahmenrichtlinie, worin „gefährlicher Abfall“ definiert ist als
„Abfall, der eine oder mehrere der in Anhang III [der Abfallrahmenrichtlinie]
aufgeführten gefährlichen Eigenschaften aufweist“.
Anhang I Nummer 10
Abfallbeseitigungsanlagen zur Verbrennung oder chemischen Behandlung (gemäß
der Definition in Anhang I Nummer D9 der Richtlinie 2008/98/EG) ungefährlicher
Abfälle mit einer Kapazität von mehr als 100 t pro Tag.
Anhang I Nummer 10
33
Zur Definition der Begriffe „Beseitigung“, „Abfall“, „chemische Behandlung“ und
„Verbrennung“ siehe den vorigen Abschnitt zu Anhang I Nummer 9.
Anhang I Nummer 11
Grundwasserentnahme- oder künstliche Grundwasserauffüllungssysteme mit
einem jährlichen Entnahme- oder Auffüllungsvolumen von mindestens 10 Mio. m3.
Im Zusammenhang mit dieser Projektkategorie kann der Verweis auf die
Wasserrahmenrichtlinie45 nützlich sein, in der in Artikel 2 Nummer 2 der Begriff
„Grundwasser“ definiert ist als „alles unterirdische Wasser in der Sättigungszone, das
in unmittelbarer Berührung mit dem Boden oder dem Untergrund steht“.
Anhang I Nummer 12
a) Bauvorhaben zur Umleitung von Wasserressourcen von einem
Flusseinzugsgebiet in ein anderes, wenn durch diese Umleitung
Wassermangel verhindert werden soll und mehr als 100 Mio. m3/Jahr an
Wasser umgeleitet werden;
b) In allen anderen Fällen Bauvorhaben zur Umleitung von
Wasserressourcen von einem Flusseinzugsgebiet in ein anderes, wenn der
langjährige durchschnittliche Wasserdurchfluss des Flusseinzugsgebiets,
dem Wasser entnommen wird, 2 000 Mio. m3/Jahr übersteigt und mehr als
5 % dieses Durchflusses umgeleitet werden.
In beiden Fällen wird der Transport von Trinkwasser in Rohren nicht berücksichtigt.
In Artikel 2 Nummer 13 der Wasserrahmenrichtlinie wird der Begriff „Einzugsgebiet“
definiert als „ein Gebiet, aus welchem über Ströme, Flüsse und möglicherweise Seen
der gesamte Oberflächenabfluss an einer einzigen Flussmündung, einem Ästuar oder
Delta ins Meer gelangt“.
Bei der Auslegung des Begriffs „Einzugsgebiet“ würde ein strenger Verweis auf die in
der Wasserrahmenrichtlinie enthaltene Definition den Anwendungsbereich und den
Zweck der UVP-Richtlinie im Hinblick auf die betreffenden Projekte (Anhang I
Nummer 12 und Anhang II Nummer 10 Buchstabe m) einschränken. Zum Beispiel
könnte auch die Umleitung von anderen Wasserressourcen als Einzugsgebieten, etwa
von Teileinzugsgebieten, erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben und müsste
daher einer Prüfung in Bezug auf ihre Auswirkungen unterzogen werden.
45
Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik, ABl. L 327 vom 22.12.2000, S. 1.
Anhang I Nummer 12
Anhang I Nummer 11
34
Anhang I Nummer 13
Abwasserbehandlungsanlagen mit einer Leistung von mehr als 150 000
Einwohnerwerten gemäß der Definition in Artikel 2 Nummer 6 der Richtlinie
91/271/EWG des Rates vom 21. Mai 1991 über die Behandlung von kommunalem
Abwasser
Was die Definition des in „Einwohnerwerten“ festgelegten Schwellenwerts für
Abwasserbehandlungsanlagen betrifft, so wird in Anhang I Nummer 13 der UVP-
Richtlinie explizit auf die Richtlinie über die Behandlung von kommunalem
Abwasser46 verwiesen. Nach Artikel 2 Nummer 6 dieser Richtlinie bedeutet „1 EW
(Einwohnerwert)“ die „organisch-biologisch abbaubare Belastung mit einem
biochemischen Sauerstoffbedarf in 5 Tagen (BSB5) von 60 g Sauerstoff pro Tag“.
Anhang I Nummer 14
Gewinnung von Erdöl und Erdgas zu gewerblichen Zwecken mit einem
Fördervolumen von mehr als 500 t/Tag bei Erdöl und von mehr als 500 000 m3/Tag
bei Erdgas.
Anhang I Nummer 14 gilt für Tätigkeiten, die sowohl konventionelles als auch
unkonventionelles Erdgas47, darunter Schiefergas, betreffen und den entsprechenden
Schwellenwert überschreiten. Projekte, die unter Anhang I Nummer 14 fallen und
den Schwellenwert übersteigen, müssen zwingend einer
Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden. Projekte, die unter diesem
Schwellenwert liegen, sind in der UVP-Richtlinie unter Anhang II Nummer 2
Buchstaben d und e aufgeführt.
In der Rechtssache C-531/13, Kornhuber und andere (Randnummern 23-25), kam der
Gerichtshof zu dem Schluss, dass aus dem Zusammenhang und dem Ziel von Anhang I
Nummer 14 folgt, dass sich der Anwendungsbereich dieser Bestimmung nicht auf
Aufschlussbohrungen erstreckt. Tatsächlich wird darin die Pflicht zur Vornahme einer
Umweltverträglichkeitsprüfung an die geplanten Fördermengen an Erdöl und Erdgas
geknüpft. Zu diesem Zweck sieht die Bestimmung Schwellenwerte vor, die pro Tag
überschritten werden müssen, was darauf hindeutet, dass sie auf Projekte von
46
Richtlinie 91/271/EWG des Rates vom 21. Mai 1991 über die Behandlung von kommunalem Abwasser, ABl. L 135 vom 30.5.1991, S. 40. 47 Der Begriff „unkonventionell“ bezieht sich in erster Linie auf die Merkmale der die
Kohlenwasserstoffe enthaltenden geologischen Lagerstätten oder Gesteinsformationen, die sich von konventionellen Lagerstätten unterscheiden. Diese unkonventionellen Lagerstätten erstrecken sich oft über sehr große Gebiete und sind durch einen geringen Energiegehalt bezogen auf das Gesteinsvolumen sowie durch eine geringe oder sehr geringe Permeabilität gekennzeichnet. Die wesentlichen Arten unkonventioneller fossiler Brennstoffe sind: eingeschlossenes Erdgas (Tight Gas), Schiefergas, Flözgas, Methanhydrat, Tight Oil, Schieferöl, Ölschiefer und Ölsand. [Quelle: Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen, Folgenabschätzung (SWD/2014/021 final) http://ec.europa.eu/environment/integration/energy/pdf/swd_2014_22_en.pdf].
Anhang I Nummer 13
Anhang I Nummer 14
35
gewisser Dauer abzielt, die die fortgesetzte Förderung relativ bedeutender Mengen
an Kohlenwasserstoffen ermöglichen.
Im Übereinkommen über die Umweltverträglichkeitsprüfung im
grenzüberschreitenden Rahmen48 (Espoo-Übereinkommen) ist darüber hinaus in
Anhang I Nummer 15 die Offshore-Kohlenwasserstoffförderung aufgeführt. Für diese
Projektkategorie sieht das Espoo-Übereinkommen keinen Schwellenwert vor. Somit
muss eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt
werden, wenn bei der Offshore-Kohlenwasserstoffförderung mit erheblichen,
grenzüberschreitenden nachteiligen Auswirkungen zu rechnen ist.
Anhang I Nummer 15
Stauwerke und sonstige Anlagen zur Zurückhaltung oder dauerhaften Speicherung
von Wasser, in denen über 10 Mio. m3 Wasser neu oder zusätzlich zurückgehalten
oder gespeichert werden.
Anhang I Nummer 16
Pipelines mit einem Durchmesser von mehr als 800 mm und einer Länge
von mehr als 40 km:
a) für den Transport von Gas, Öl, Chemikalien;
b) für den Transport von Kohlendioxidströmen für die Zwecke der
geologischen Speicherung einschließlich der zugehörigen
Verdichterstationen.
Für diese Projektkategorie sind zwei Schwellenwerte festgelegt, die sich auf den
Durchmesser und die Länge beziehen. Beide müssen kumulativ erfüllt sein, damit
Anhang I und somit die Verpflichtung zur Durchführung der obligatorischen
Umweltverträglichkeitsprüfung zur Anwendung kommt. Andernfalls kommt Anhang II
Nummer 10 Buchstabe i zur Anwendung.
Anhang I Nummer 17
Anlagen zur Intensivhaltung oder -aufzucht von Geflügel oder Schweinen mit mehr
als
a) 85 000 Plätzen für Masthähnchen und -hühnchen, 60 000 Plätzen
für Hennen;
48
Beschluss des Rates vom 27. Juni 1997 über den Abschluss des Übereinkommens über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen im Namen der Gemeinschaft (Espoo-Übereinkommen) (Vorschlag im ABl. C 104 vom 24.4.1992, S. 5; Beschluss nicht veröffentlicht).
Anhang I Nummer 16
36
b) 3 000 Plätzen für Mastschweine (Schweine über 30 kg) oder
c) 900 Plätzen für Sauen.
Die UVP-Richtlinie enthält keine Definitionen der in Anhang I Nummer 17
verwendeten Begriffe. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs49 sind
Bedeutung und Tragweite von Begriffen, die das Recht der Union nicht definiert,
entsprechend ihrem Sinn nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch und unter
Berücksichtigung des Zusammenhangs, in dem sie verwendet werden, sowie unter
Einbeziehung der mit der Regelung, zu der sie gehören, verfolgten Ziele zu
bestimmen (siehe Rechtssache C-585/10, Møller, Randnr. 25). Einige dieser Begriffe
wurden inzwischen in anderen EU-Richtlinien definiert (z. B. in der IE-Richtlinie50) und
in mehreren diesbezüglichen Urteilen des Gerichtshofs ausgelegt.
In der Rechtssache C-585/10, Møller, wurde dem Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob
der Ausdruck „Plätze für Sauen“ im Kontext der Richtlinie 96/61/EG des Rates vom
24. September 1996 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der
Umweltverschmutzung (IPPC-Richtlinie, aufgehoben durch die IE-Richtlinie) Plätze für
„Jungsauen“ (weibliche Schweine, die zwar bereits gedeckt wurden, jedoch noch
nicht geworfen haben) umfasst. Der Begriff „Sauen“ war in der IPPC-Richtlinie nicht
definiert, doch enthielt eine andere Richtlinie51 entsprechende Definitionen; diese
trafen eine Unterscheidung zwischen Sauen und Jungsauen. In Bezug auf den
gewöhnlichen Sinn des Begriffs „Sau“ stellte der Gerichtshof fest, dass damit
allgemein weibliche Schweine bezeichnet werden. Aus diesem Grund kann nach
Auffassung des Gerichtshofs, ungeachtet dessen, dass manche Begriffe in
verschiedenen Richtlinien definiert sind, der gewöhnliche Sinn dieses Begriffs durch
die Definitionen nicht ausgehöhlt werden. Der Gerichtshof kam daher zu dem
Schluss, dass der Begriff „Plätze für Sauen“ im Sinne der IPPC-Richtlinie und unter
Berücksichtigung ihres weitreichenden Zwecks dahin auszulegen ist, dass er „Plätze
für Jungsauen“ umfasst. Dieselbe Begründung kann sinngemäß bei der Auslegung des
Ausdrucks „Plätze für Sauen“ in Anhang I Nummer 17 Buchstabe c der UVP-Richtlinie
angewendet werden.
In der Rechtssache C-473/07 entschied der Gerichtshof über den Begriff „Plätze“ in
Anhang I Nummer 6.6 Buchstabe a der IPPC-Richtlinie 96/61/EG.52 Der Gerichtshof
erkannte an, dass der Begriff „Platz“ in Nummer 2 der Einleitung des Anhangs I der
49
Rechtssache C--72/95, Kraaijeveld und andere, Randnr. 38; Rechtssache C--549/07, Wallentin-Hermann, Randnr. 17; Rechtssache C--473/07 Association nationale pour la protection des eaux et rivières und OABA, Randnummern 23 und 24; Rechtssache C-585/10 Møller, Randnr. 25. 50
In Artikel 3 Nummer 24 der IE-Richtlinie ist der Begriff „Geflügel“ unter Verweis auf Artikel 2 Nummer 1 der Richtlinie 90/539/EWG des Rates vom 15. Oktober 1990 über die tierseuchenrechtlichen Bedingungen für den innergemeinschaftlichen Handel mit Geflügel und Bruteiern für ihre Einfuhr aus Drittländern definiert, ABl. L 303 vom 31.10.1990, S. 6. 51
Richtlinie 91/630/EWG des Rates vom 19. November 1991 über Mindestanforderungen für den Schutz von Schweinen (ABl. L 340 vom 11.12.1991, S. 33). 52
Jetzt Nummer 6.6 in Anhang I der IE-Richtlinie.
Anhang I Nummer 17
37
Richtlinie 96/61/EG nicht definiert ist (dasselbe gilt nunmehr für die IE-Richtlinie,
Absatz 1 der Einleitung des Anhang I). In seinem Urteil wies er jedoch darauf hin, dass
sich die in Nummer 2 der Einleitung des Anhangs I „genannten Schwellenwerte …
allgemein auf Produktionskapazitäten oder Leistungen [beziehen]“ (Randnr. 39).
Tatsächlich ist die Festlegung einer Genehmigungsschwelle nach einer
Tieräquivalente-Methode nur vertretbar, wenn sie mit dem Ziel der IPPC-Richtlinie,
die Umweltverschmutzung durch bestimmte Anlagen zu vermeiden oder zu
vermindern, in Einklang steht.
Anhang I Nummer 18
Industrieanlagen zur Herstellung von:
a) Zellstoff aus Holz oder anderen Faserstoffen;
b) Papier oder Pappe mit einer Produktionskapazität von über 20 t pro
Tag;
Anhang I Nummer 19
Steinbrüche und Tagebau auf einer Abbaufläche von mehr als 25 Hektar oder
Torfgewinnung auf einer Fläche von mehr als 150 Hektar
Anhang I Nummer 20
Bau von Hochspannungsfreileitungen für eine Stromstärke von 220 kV oder mehr
und mit einer Länge von mehr als 15 km
Diese Projektkategorie betrifft Projekte, bei denen die Schwellenwertkriterien
kumulativ erfüllt sein müssen (die also für eine Stromstärke von 220 kV oder mehr
und eine Länge von mehr als 15 km ausgelegt sind). Die Praxis zeigt, dass bestimmte
Projektkategorien unter Umständen nur eines der beiden Kriterien erfüllen, nicht
aber das andere. Solche Projekte unterliegen Anhang II Nummer 3 Buchstabe b der
UVP-Richtlinie.
Die Bestimmungen des Anhangs I Nummer 20 sowie des Anhangs II Nummer 3
Buchstabe b der UVP-Richtlinie wurden in der Rechtssache C-300/1353, Iberdrola
Distribución Eléctrica, ausgelegt. Der Gerichtshof vertrat die Auffassung, dass ein
Projekt, das nur die Erweiterung einer Umspannanlage betrifft, als solches nicht zu
den unter diese Bestimmungen fallenden Projekten gehört, es sei denn, die
Erweiterung sei Teil eines Projekts, das dem Bau einer Hochspannungsfreileitung
dient, was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist.
53
Rechtssache C-300/13, Iberdrola Distribución Eléctrica.
38
In der Rechtssache C-205/08, Alpe Adria, befasste sich der Gerichtshof mit der
Auslegung des Anhangs I Nummer 20 im Rahmen eines grenzüberschreitenden
Projekts zum Bau einer Hochspannungsfreileitung für eine Stromstärke von 220 kV
oder mehr und mit einer Länge von mehr als 15 km. Auf das Hoheitsgebiet des den
Gerichtshof anrufenden Mitgliedstaats entfiel dabei ein Abschnitt mit einer Länge
von weniger als 15 km.
Konkret betraf das fragliche Projekt die Errichtung einer 48,4 km langen
Stromfreileitung für 220 kV und eine Nennleistung von 300 MVA. Das Projekt fällt
somit unter Anhang I Nummer 20 der UVP-Richtlinie und ist folglich einer
Umweltverträglichkeitsprüfung nach Artikel 2 Absatz 1 und Artikel 4 Absatz 1 dieser
Richtlinie zu unterziehen.
Wie der Gerichtshof festgestellt hat, darf das Ziel der UVP-Richtlinie nicht durch die
Aufsplitterung eines Projekts umgangen werden. Die Nichtberücksichtigung der
kumulativen Wirkung mehrerer Projekte darf in der Praxis nicht zur Folge haben, dass
die Projekte insgesamt der Verpflichtung zur Umweltverträglichkeitsprüfung
entzogen werden, obwohl sie zusammengenommen „erhebliche Auswirkungen auf
die Umwelt“ im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 der UVP-Richtlinie haben können.
Darüber hinaus müssen die Mitgliedstaaten die UVP-Richtlinie so ausführen, dass sie
dabei in vollem Umfang den Anforderungen entsprechen, die die Richtlinie im
Hinblick auf ihr wesentliches Ziel aufstellt, das nach Artikel 2 Absatz 1 darin besteht,
dass Projekte, bei denen insbesondere aufgrund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres
Standorts mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, vor Erteilung
der Genehmigung einer Prüfung in Bezug auf ihre Auswirkungen unterzogen werden
(vgl. in diesem Sinne das Urteil in der Rechtssache Ecologistas en Acción-CODA,
Randnr. 33).
Der Gerichtshof kam in seinem Urteil zu dem Schluss, dass die UVP-Richtlinie von
einer Gesamtbewertung der Auswirkungen von Projekten auf die Umwelt ausgeht,
unabhängig davon, ob es sich möglicherweise um ein grenzüberschreitendes Projekt
handelt. Daraus folgt, dass die von Anhang I der Richtlinie 85/337 erfassten Projekte,
die sich auf das Hoheitsgebiet mehrerer Mitgliedstaaten erstrecken, der Anwendung
dieser Richtlinie nicht aus dem alleinigen Grund entzogen werden können, dass die
Richtlinie keine ausdrückliche Bestimmung über solche Projekte enthält. Eine solche
Ausnahme würde das von der Richtlinie 85/337 verfolgte Ziel stark beeinträchtigen.
Ihre praktische Wirksamkeit wäre nämlich ernsthaft in Frage gestellt, wenn die
zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats bei der Entscheidung über die Frage, ob
ein Projekt einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden muss, den in
einem anderen Mitgliedstaat durchzuführenden Teil des Projekts außer Acht lassen
dürften (vergleiche entsprechend die Rechtssache C-227/01, Kommission/Spanien,
Randnr. 53, und Rechtssache C-205/08, Alpe Adria, Randnummern 54-55).
Anhang I Nummer 20
Anhang I Nummer 20
39
Anhang I Nummer 21
Anlagen zur Lagerung von Erdöl, petrochemischen und chemischen Erzeugnissen
mit einer Kapazität von 200 000 Tonnen und mehr.
Anhang I Nummer 22
Speicherstätten gemäß der Richtlinie 2009/31/EG des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 23. April 2009 über die geologische Speicherung von
Kohlendioxid.54
Anhang I Nummer 23
Anlagen für die Abscheidung von CO2-Strömen zum Zwecke der geologischen
Speicherung gemäß der Richtlinie 2009/31/EG aus unter diesen Anhang fallenden
Anlagen oder mit einer jährlichen CO2-Abscheidung von insgesamt mindestens
1,5 Megatonnen.
Anhang I Nummer 24
Jede Änderung oder Erweiterung von Projekten, die in diesem Anhang aufgeführt
sind, wenn sie für sich genommen die Schwellenwerte, sofern solche in diesem
Anhang festgelegt sind, erreicht.
Diese Projektkategorie wurde durch die Richtlinie 2003/35/EG eingeführt.
Ursprünglich waren in der Richtlinie 85/337/EWG Änderungen bestehender Projekte
mit Ausnahme des Verweises in Anhang II Nummer 12 („Änderung von Projekten des
Anhangs I sowie Projekten des Anhangs I, die ausschließlich oder überwiegend der
Entwicklung und Erprobung neuer Verfahren oder Erzeugnisse dienen und nicht
länger als ein Jahr betrieben werden“) nicht explizit erfasst. Richtlinie 97/11/EG zur
Änderung der Richtlinie 85/337/EWG fügte Anhang II Nummer 13 ein, um
Änderungen bestehender Projekte des Anhangs I und II zu erfassen: „Die Änderung
oder Erweiterung von bereits genehmigten, durchgeführten oder in der
Durchführungsphase befindlichen Projekten des Anhangs I oder II, die erhebliche
nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt haben können.“
Richtlinie 2003/35/EG zur Änderung der Richtlinie 85/337/EWG fügte in Anhang I
Nummer 22 die nachstehende neue Kategorie ein: „Jede Änderung oder Erweiterung
von Projekten, die in diesem Anhang aufgeführt sind, wenn sie für sich genommen die
Schwellenwerte, sofern solche in diesem Anhang festgelegt sind, erreicht.“
Änderungen oder Erweiterungen von Projekten des Anhangs I, die die
Schwellenwerte überschreiten, sind danach einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu
unterziehen. Änderungen oder Erweiterungen bestehender Projekte, die unterhalb
54
ABl. L 140 vom 5.6.2009, S. 114.
Anhang I Nummer 24
40
der Schwellenwerte liegen oder für die keine Schwellenwerte bestehen, fallen unter
Anhang II.55
Die Änderungen, die der Wortlaut der UVP-Richtlinie im Laufe der Zeit in Bezug auf
die Änderung von Projekten erfahren hat, spiegeln die Rechtsprechung des
Gerichtshofs zu dieser Thematik wider. Der Gerichtshof hat sich mehrfach mit der
Frage befasst, ob ein Vorhaben als neues Projekt oder als Änderung eines
bestehenden auszulegen ist und in welcher Beziehung das Projekt dann zu den
Anforderungen des Artikels 4 Absätze 1 und 2 der Richtlinie steht.
In der Rechtssache C-431/92, Kommission/Deutschland („Großkrotzenburg“),
gelangte der Gerichtshof zu dem Schluss, dass das fragliche Projekt – die Errichtung
eines mit einer bestehenden Anlage in Zusammenhang stehenden Wärmekraftwerks
mit einer Wärmeleistung von 500 Megawatt – nicht der Nummer 12 des Anhangs II
(vor Änderung durch die Richtlinie 97/11/EG) zugeordnet werden kann, die
Änderungen von Projekten des Anhangs I betrifft und bei der die Prüfung optional ist.
Der Gerichtshof vertrat die Auffassung, dass die Bestimmung in Anhang I Nummer 2,
wonach Projekte von Wärmekraftwerken mit einer Wärmeleistung von mindestens
300 MW einer Prüfung zu unterziehen sind, dahingehend auszulegen ist, dass solche
Projekte geprüft werden müssen, unabhängig davon, ob sie eigenständig ausgeführt
werden, einer bestehenden Anlage hinzugefügt werden oder mit dieser in einem
engen funktionellen Zusammenhang stehen (Randnummern 34-36).
In der Rechtssache C-227/01, Kommission/Spanien, befand der Gerichtshof, dass
Anhang I Nummer 7 der Richtlinie (in Bezug auf „Eisenbahn-Fernverkehrsstrecken“)
so zu verstehen ist, dass diese Projektkategorie auch den zweigleisigen Ausbau einer
bereits vorhandenen Eisenbahnstrecke einschließt (Randnummer 48). Der
Gerichtshof verwies dazu auf den umfassenden Anwendungsbereich und den
weitreichenden Zweck der Richtlinie sowie auf ihr wesentliches Ziel, das darin
besteht, „dass Projekte, bei denen insbesondere aufgrund ihrer Art, ihrer Größe oder
ihres Standorts mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, vor
Erteilung der Genehmigung zwingend einer Prüfung in Bezug auf ihre Auswirkungen
unterzogen werden“ (Randnummer 47). In Randnummer 49 des Urteils heißt es
außerdem: „Ein Projekt dieser Art kann nämlich erhebliche Auswirkungen auf die
Umwelt im Sinne dieser Richtlinie haben, da es z. B. geeignet ist, die Fauna und Flora,
die Zusammensetzung der Böden oder die Landschaft nachhaltig zu beeinträchtigen
oder etwa zu beträchtlichen Lärmbelästigungen zu führen; es ist daher in den
Anwendungsbereich dieser Richtlinie einzubeziehen. Es würde einen
schwerwiegenden Verstoß gegen den mit der Richtlinie 85/337 verfolgten Zweck
bedeuten, wenn ein solches Projekt des Baus einer neuen Eisenbahnstrecke, auch
wenn sie parallel zu einer bereits vorhandenen Strecke verläuft, der Verpflichtung zur
55
Projekte des Anhangs I, für die in der Richtlinie keine Schwellenwerte festgelegt sind, werden dagegen nicht von diese Projektkategorie erfasst (Anhang I Nummer 2 Buchstabe b, Nummern 3, 4, 6, 7 Buchstabe a (Eisenbahnen) und Buchstabe b, Nummern 9, 18 Buchstabe a und Nummer 22).
Anhang I Nummer 24
41
Durchführung einer Prüfung ihrer Auswirkungen auf die Umwelt entzogen werden
könnte. Ein solches Projekt kann somit nicht als eine bloße Änderung eines früheren
Projekts im Sinne von Anhang II Nummer 12 dieser Richtlinie angesehen werden.“
Der nachstehende Kasten enthält ein Beispiel für die Erweiterung von Projekten. Das
Projekt entstammt einer Projektkategorie des Anhangs I, für die ein Schwellenwert
festgelegt ist. Das Beispiel soll verdeutlichen, unter welchen Bedingungen ein Projekt
unter Anhang I Nummer 24 beziehungsweise unter Anhang II Nummer 13 der UVP-
Richtlinie fällt.
Kasten 1 Beispiel
1. Ein bestehender Flughafen mit einer Start- und Landebahngrundlänge von mehr als
2 100 m wird umgebaut; eine neue Start- und Landebahn mit einer Länge von mehr als
2 100 m wird hinzugefügt => Anhang I Nummer 24 => UVP.
2. Ein bestehender Flughafen mit einer Start- und Landebahngrundlänge von mehr als
2 100 m wird umgebaut; eine neue Start- und Landebahn mit einer Länge von weniger als
2 100 m wird hinzugefügt und/oder die bestehende Start- und Landebahn wird auf 2 400 m
verlängert => Anhang II Nummer 13=> Screening.
3. Ein bestehender Flughafen mit einer Start- und Landebahngrundlänge von weniger als
2 100 m wird umgebaut; eine neue Start- und Landebahn mit einer Länge von mehr als
2 100 m wird hinzugefügt => Anhang I Nummer 24 => UVP.
4. Ein bestehender Flughafen mit einer Start- und Landebahngrundlänge von weniger als
2 100 m wird umgebaut; die bestehende Start- und Landebahn von weniger als 2 100 m
Länge (1 000 m) wird auf 3 100 m verlängert (die Änderung hat somit einen Umfang von
2 100 m) => Anhang I Nummer 24 => UVP.
5. Ein bestehender Flughafen mit einer Start- und Landebahngrundlänge von weniger als
2 100 m wird umgebaut; die bestehende Start- und Landebahn von weniger als 2 100 m
Länge (1 800 m) wird auf 2 400 m verlängert (die Änderung hat somit einen Umfang von
600 m) => Anhang II Nummer 13 => Screening.
42
3.3 Projekte des Anhangs II gemäß Artikel 4 Absatz 2 der UVP-
Richtlinie
Kasten 2 Die Überschriften der Projektkategorien
Anhang II Nummer 1 Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischzucht
a) Flurbereinigungsprojekte
Die Beschreibungen der unter diese Kategorie fallenden Projekte unterscheiden sich
von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat. Zur Klarstellung enthalten die Leitfäden einiger
Mitgliedstaaten Beispiele von Projekten, die unter diese Kategorie fallen. So
beschreiben einige Mitgliedstaaten diese Flurbereinigungsprojekte als „Projekte, bei
denen ländlicher Grundbesitz physisch umstrukturiert wird, einschließlich Schaffung
oder Beseitigung von Feldgrenzen und Neumodellierung des Geländes durch
Hinzufügen, Entfernen oder Umverteilen von Erde oder anderem Material.“
Einige Mitgliedstaaten haben Schwellenwerte oder Kriterien für das Screening
solcher Projekte festgelegt. Zum Beispiel unterwerfen sie Flurbereinigungsprojekte
einer Umweltverträglichkeitsprüfung, wenn die Änderung der Flurgrenzen einen
Umfang von vier Kilometern oder mehr hat, wenn Erde oder anderes Material mit
einem Volumen von 10 000 m3 oder mehr bewegt wird oder wenn eine Fläche von
100 Hektar oder mehr auf sonstige Weise umstrukturiert wird. Liegt das Projekt in
einem empfindlichen Gebiet, unterliegt es strengeren Auflagen; die Schwellenwerte
verringern sich für Änderungen an Flurgrenzen auf zwei Kilometer oder mehr, für das
Volumen an Erde oder anderem Material auf 5 000 m3 oder mehr und für die von
sonstigen Umstrukturierungen betroffene Fläche auf 50 Hektar oder mehr.
Ein weiteres Beispiel ist das Screening auf Einzelfallbasis, wenn das
Flurbereinigungsprojekt eine Fläche von mehr als 200 Hektar betrifft. Liegt das
Die Überschriften der Kategorien, zu denen die unter Anhang II fallenden Projekte
zusammengefasst sind, bilden keine eigene Projektkategorie und tragen daher nicht zu deren
Definition bei. Sie sind somit als erklärende Überschriften anzusehen, die den Zweck haben,
verwandte Projekte logisch zusammenzufassen. Der Gerichtshof erkannte dies in seinem Urteil
in der Rechtssache C-66/06, Kommission/Irland, an. Darin stellt er fest: „... es ist darauf
hinzuweisen, dass Projekte, die unter Anhang II Nummer 1 Buchstaben a bis c der UVP-Richtlinie
fallen, in der Praxis eng miteinander verwandt sind; so führt die Entwässerung von
Feuchtgebieten häufig dazu, dass naturnahe Flächen intensiv landwirtschaftlich genutzt werden“
(Randnr. 72).
Demnach darf der Umstand, dass Projekte zur „Landgewinnung am Meer“ unter der Überschrift
„Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischzucht“ aufgeführt sind, nicht so ausgelegt werden,
dass Projekte zur Landgewinnung am Meer, die in anderen Bereichen stattfinden, z. B. im
Rahmen von Städtebauprojekten, von der Prüfpflicht ausgenommen sind.
Anhang II
Nummer 1
Buchstabe a
43
Projekt in einem geschützten Gebiet, ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung
obligatorisch, wenn es eine Fläche von mehr als 100 Hektar betrifft.
In der Rechtssache C-66/06, Kommission/Irland, prüfte der Gerichtshof die von Irland
für diese Projektkategorie festgelegten Schwellenwerte. Der Gerichtshof kam zu dem
Schluss, dass der Schwellenwert von 100 Hektar im Zusammenhang mit
Flurbereinigungsprojekten und Projekten zur Verwendung von Ödland und
naturnahen Flächen zu intensiver Landwirtschaftsnutzung sowie die Schwellenwerte
von 1 000 Hektar für Flusseinzugsgebiete und 20 Hektar für betroffene Feuchtgebiete
im Zusammenhang mit wasserwirtschaftlichen Projekten in der Landwirtschaft
gemäß Nummer 1 Buchstabe c nicht geeignet sind, erhebliche Auswirkungen auf die
Umwelt, mit denen aufgrund der Art oder des Standorts der Projekte gerechnet
werden muss, zu verhindern, da die Projekte wahrscheinlich beträchtliche oder sogar
irreversible Auswirkungen auf Umweltfaktoren wie die Fauna und Flora sowie das
Natur- und Kulturerbe haben. Die durchschnittliche Feldgröße in Irland zum
damaligen Zeitpunkt belief sich auf rund 2,4 Hektar. Die Festlegung eines
Schwellenwerts von 100 Hektar für Flurbereinigungsprojekte bewirkt nach
Auffassung des Gerichtshofs daher, dass ein Projekt zur Zusammenlegung von rund
40 Feldern, das die Zerstörung zahlreicher Hecken und anderer Abgrenzungen zur
Folge hätte, ohne Umweltverträglichkeitsprüfung genehmigt werden kann, obwohl
es aufgrund seiner Art erhebliche Auswirkungen auf die Artenvielfalt hat
(Randnummern 67-70).
b) Projekte zur Verwendung von Ödland oder naturnahen Flächen zu
intensiver Landwirtschaftsnutzung
Die Entscheidung darüber, welche spezifischen landwirtschaftlichen Verfahren und
welche Arten von Flächen unter dieser Projektkategorie erfasst werden, fällt in
Anbetracht der Vielfalt an Landnutzungen und landwirtschaftlichen Verfahren in den
verschiedenen Teilen Europas zwangsläufig von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat
verschieden aus Einige Länder haben in ihre Leitfäden Aufstellungen der relevanten
landwirtschaftlichen Verfahren und Lebensräume aufgenommen, um klarzustellen,
wie diese Kategorie auszulegen ist.
Was den Begriff „intensiv“ im Rahmen dieser Projektkategorie betrifft, so schließt er
alle Verfahren zur signifikanten Verbesserung der Bodenqualität ein, die das Ziel
haben, die landwirtschaftliche Produktivität zu steigern oder zu „intensivieren“. Als
„Ödland“ gelten alle Flächen, die zum Zeitpunkt der Prüfung nicht landwirtschaftlich
genutzt werden. Flächen, die vorübergehend nicht bewirtschaftet werden
(Brachland, Dauergrünland), sind jedoch in der Regel den „landwirtschaftlich
genutzten Flächen“56 zuzurechnen.
56 Diese Flächen kommen für Direktzahlungen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates in Betracht. Nach Artikel 6 dieser Verordnung sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, sicherzustellen, dass
Anhang II
Nummer 1
Buchstabe b
44
Die Definition, was unter „naturnahen Flächen“ zu verstehen ist, wird in Anbetracht
dessen, dass sie sich auf den Schätzwert verschiedenartiger Flächen in der gesamten
EU bezieht, von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich ausfallen. Der Begriff
„naturnah“ weist auf einen gewissen menschlichen Einfluss hin, der (ungeachtet des
Zeitpunkts der Einflussnahme) verhindert, dass eine Fläche „natürlich“ ist, obwohl sie
weiterhin viele natürliche Eigenschaften aufweist. So fallen zum Beispiel in einem
Mitgliedstaat naturnahe Wälder aus einheimischen Bäumen und Gehölzen, die durch
natürliche Regeneration oder Stockausschlag anstatt durch Pflanzung entstanden
sind, unter diese Kategorie. In vielen Mitgliedstaaten dürfte der Begriff „naturnah“
auf einen Großteil des ländlichen Raums anwendbar sein, obwohl sich der Umfang
der Bewirtschaftung unterscheiden wird.
Die Definition, welche Flächen als „naturnah“ gelten, wird in der Praxis
möglicherweise auch davon abhängen, wie die für Biodiversität oder die Ausweisung
von Naturschutzgebieten zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten die Bedeutung
von Lebensräumen und Gebieten (oder Merkmalen) mit hohem Biodiversitätswert
für die weiträumigere Landschaft (z. B. Teiche, kleine Feuchtgebiete, alte Hecken,
Baumbestandsmuster) bewerten. Weitere potenziell relevante Umweltfaktoren
müssen unter Umständen von anderen Behörden geprüft werden, zum Beispiel von
den mit der Ausweisung von Landschaftsschutzgebieten oder dem Schutz
archäologischer Stätten befassten Behörden. Somit besteht zwar ein gewisser
Ermessensspielraum, doch sollte der Schwerpunkt auf der Ermittlung solcher Gebiete
liegen, in denen sich natürliche Bedingungen widerspiegeln und die einen inhärenten
Wert für den Naturschutz und die Umwelt haben, der durch landwirtschaftliche
Nutzungsvorhaben, die auf eine Intensivierung der landwirtschaftlichen
Bewirtschaftungsverfahren abzielen, verloren ginge. Einen wichtigen Anhaltspunkt
dafür, welche Lebensraumtypen unter den Begriff „naturnahe Flächen“ von hohem
Erhaltungswert fallen können, bieten die unter die Habitatrichtlinie57 fallenden
Lebensraumtypen sowie die Lebensräume der in der Vogelschutzrichtlinie58
ausgewiesenen Arten. Einige Mitgliedstaaten haben für diese Art von Projekten
Schwellenwerte festgelegt. Die Schwellenwerte variieren, je nachdem, ob sich die
Projekte innerhalb oder außerhalb empfindlicher Gebiete befinden.
Zum Beispiel unterliegen Projekte auf Ödland oder naturnahen Flächen einem
Screening, wenn die Fläche des von dem Projekt unmittelbar betroffenen Ödlands
oder die unmittelbar betroffene naturnahe Fläche zwei Hektar oder mehr beträgt.
Die zuständige nationale Behörde kann jedoch entscheiden, dass auch ein Projekt,
das diesen Schwellenwert nicht erreicht, erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt
diese Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand erhalten bleiben und dass als Dauergrünland genutzte Flächen als Dauergrünland erhalten bleiben. 57
Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie
der wildlebenden Tiere und Pflanzen, ABl. L 206 vom 22.7.1992, S. 7, in ihrer geänderten Fassung.
58 Richtlinie 2009/147/EG vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten,
ABl. L 20 vom 26.1.2010, S. 7.
Anhang II
Nummer 1
Buchstabe b
45
hat und daher einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen ist. Weitere
Beispiele aus den Mitgliedstaaten zeigen, dass eine Prüfung obligatorisch ist, wenn
die Projekte eine Fläche von mehr als 10 ha Ödland oder naturnaher Flächen
betreffen, sofern diese in Gebieten liegen, die nach nationalen Rechtsvorschriften
geschützt sind, während für dieselben Projekte außerhalb geschützter Gebiete das
Verfahren des Screenings angewendet wird.
c) Wasserwirtschaftliche Projekte in der Landwirtschaft, einschließlich
Bodenbe- und -entwässerungsprojekte
d) Erstaufforstungen und Abholzungen zum Zweck der Umwandlung in
eine andere Bodennutzungsart
Der Begriff „Umwandlung“ bezieht sich auf jede Flächenumnutzung.
Die von den Mitgliedstaaten für diese Projektkategorie festgelegten Schwellenwerte
weichen aufgrund ihrer unterschiedlichen Auswirkungen auf die Umwelt oftmals
voneinander ab. Zum Beispiel müssen in einem Mitgliedstaat Aufforstungen ab einer
Fläche von 20 ha und Abholzungen ab einer Fläche von 5 ha zwingend einer
Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden. In einem anderen Mitgliedstaat
erfordern Abholzungen ab einer Fläche von 20 ha eine obligatorische Prüfung und
Erweiterungen bereits genehmigter Abholzungsprojekte, die eine Fläche von 20 ha
oder mehr betreffen und um eine Fläche von 5 ha oder mehr erweitert werden
sollen, ein Screening. Es können auch noch weitere Kriterien eingeführt werden, die
ein Screening auslösen, zum Beispiel die Empfindlichkeit des Gebiets oder die Art des
Baumbestandes.
Die Flächenumnutzung an sich stellt kein Projekt im Sinne der UVP-Richtlinie dar, da
ein Projekt die Errichtung von Anlagen oder sonstige Eingriffe impliziert.
e) Anlagen zur Intensivtierhaltung (nicht durch Anhang I erfasste
Projekte)
Diese Projektkategorie umfasst Anlagen zur konzentrierten Tierhaltung in speziell zu
diesem Zweck errichteten Gebäuden oder auf Flächen, die überdacht oder im Freien
für diese Tätigkeit bestimmt sind.
Bei der Auslegung des Begriffs „intensiv“ gelten ähnliche Erwägungen wie im Fall der
intensiven Fischzucht (siehe Anhang II Nummer 1 Buchstabe f).
Da sich die unter Anhang II Nummer I Buchstabe e aufgeführte Projektkategorie auf
keine bestimmte Tierart bezieht, ist ihr Anwendungsbereich nicht auf die in Anhang I
Nummer 17 aufgeführten Tiere, d. h. Schweine und Geflügel, beschränkt. In der
ungeänderten Fassung der Richtlinie 85/337/EWG waren in Anhang II nur „Betriebe
mit Stallplätzen für Geflügel“ (Anhang II Nummer 1 Buchstabe e) sowie „Betriebe mit
Stallplätzen für Schweine“ (Anhang II Nummer 1 Buchstabe f) aufgeführt. Seit den
Änderungen durch die Richtlinie 97/11/EG bezieht sich jedoch Anhang II Nummer 1
Anhang II Nummer 1
Buchstabe e
Anhang II Nummer 1
Buchstabe d
46
Buchstabe e nicht länger auf bestimmte Tierarten, so dass es in Anbetracht des
ausgedehnten Anwendungsbereichs und des weitreichenden Zwecks der Richtlinie59
notwendig sein kann, die Haltung weiterer Tierarten in diese Kategorie
einzubeziehen.60 Die Tierarten werden dabei von den Tätigkeiten abhängen, die in
den Mitgliedstaaten konkret durchgeführt werden.
So beziehen die nationalen UVP-Rechtsvorschriften in mehreren Mitgliedstaaten
explizit die Intensivhaltung von Kälbern und Rindern in diese Kategorie ein. In
mindestens einem Mitgliedstaat umfasst diese Projektkategorie neben anderen
Arten die Haltung von Kaninchen, Enten, Gänsen und Pferden. In einem weiteren
Mitgliedstaat fallen auch Strauße und straußähnliche Vögel unter diese Kategorie.
In letzterem Fall ist ein vollständiges Screening erforderlich, wenn das Projekt
Stallplätze für 1 000 oder mehr Strauße und straußähnliche Vögel betrifft. In
demselben Mitgliedstaat sind auch Projekte mit 60 000 bis 85 000 Stallplätzen für
anderes Geflügel als Hennen einem vollständigen Screening unterworfen. Unterhalb
dieser Schwellenwerte wird ein vereinfachtes Screening durchgeführt.
Unter diese Projektkategorie fallen nur Tätigkeiten, die ein „Projekt“ im Sinne der
UVP-Richtlinie darstellen. In diesem Zusammenhang kann das Urteil des Gerichtshofs
in der Rechtssache C-392/96, Kommission/Irland, aufschlussreich sein, auch wenn
dieser Fall andere Projektkategorien betraf, nämlich Anhang II Nummer 1
Buchstaben b und d der Richtlinie 85/337/EWG vor ihrer Änderung („Projekte zur
Verwendung von Ödland oder naturnaher Flächen zu intensiver
Landwirtschaftsnutzung“ und „Erstaufforstungen, wenn sie zu ökologisch negativen
Veränderungen führen können, und Rodungen zum Zwecke der Umwandlung in eine
andere Bodennutzungsart“). In den Randnummern 80 und 81 des Urteils wertete der
Gerichtshof die Schafhaltung zwar als eine Nutzungsart, die „ungünstige
Auswirkungen auf die Umwelt haben kann“. Doch stellte er weiter fest, dass „die
Kommission nicht den Nachweis erbracht [hat], dass die in Irland praktizierte
Schafhaltung ein Projekt im Sinne von Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie darstellt.“
f) Intensive Fischzucht
Die intensive Fischzucht impliziert die Verwendung von Techniken, die die Produktion
der betreffenden Art bis zur Ernte bzw. zum Fang über das unter natürlichen
Umwelt- und Aufzuchtbedingungen mögliche Maß hinaus steigern sollen.
Typischerweise wird dabei ein Mischfuttermittel zugesetzt, um den durch die
Haltungsdichte bedingten Mangel an natürlich verfügbarer Nahrung auszugleichen.
59
Siehe die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs, zum Beispiel in der Rechtssache C-72/95, Kraaijeveld und andere, Randnr. 31. 60
Insbesondere sollte das allgemeine Ziel der Richtlinie beachtet werden, das gemäß Artikel 2 Absatz 1 darin besteht, dass Projekte, „bei denen unter anderem aufgrund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standortes mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, [...] einer Prüfung in Bezug auf ihre Auswirkungen unterzogen werden.“
Anhang II Nummer 1
Buchstabe f
47
Haltungstechniken, die auch bei nicht intensiver Zucht verwendet werden, darunter
der Einsatz von Arzneimitteln und die Belüftung des Wassers, um den Bedürfnissen
der Tiere gerecht zu werden und ihre Gesundheit und ihr Wohlergehen
sicherzustellen, können ebenfalls zur Anwendung kommen. Abfallprodukte sollten
ebenfalls auf angemessene Weise behandelt werden. Da die UVP-Richtlinie
diesbezüglich keine Angaben macht, ist darauf hinzuweisen, dass diese Kategorie
sowohl die Süßwasserfischzucht als auch die Meeresfischzucht umfassen kann.
In der Praxis haben sich Fragen zur Verwendung des Begriffs „intensive Fischzucht“,
zum Verhältnis zwischen intensiver und „extensiver Fischzucht“ sowie zum Begriff
„Aquakultur“ ergeben.
Der Begriff „Aquakultur“ bezieht sich auf die Züchtung von Wasserorganismen in
Meeres- oder Süßwasser in einem allgemeinen Sinne. Dies umfasst Algen,
Weichtiere, Krebstiere und Flossenfische. Die Begriffe „Fischzucht“ und „Aquakultur“
werden synonym verwendet, obwohl ersterer in der Regel die Züchtung von
Flossenfischen bezeichnet. Der Begriff „intensive Fischzucht“ bezieht sich somit auf
eine Untergruppe der Aquakulturtätigkeiten, bei der die erzeugte Biomasse
diejenige, die auf natürliche Weise ohne Zusatz von Futtermittel erzeugt werden
könnte, übersteigt. Viele der in Intensivhaltung gezüchteten Arten können auch
extensiv gehalten werden; dabei werden keine zusätzlichen Futtermittel verabreicht,
die Besatzdichten sind geringer und die Gehege erstrecken sich über größere
Flächen, um es den Tieren zu ermöglichen, ihren Futterbedarf auf natürlichem Weg
zu decken. Diese Methode wird oftmals bei Süßwasserfischen wie Karpfen
angewendet. Die Züchtung von Algen und Weichtieren erfolgt in der Regel in
extensiven Aquakulturen61.
In der Verordnung über den Europäischen Meeres- und Fischereifonds62 wird ein
„Fisch- und Aquakulturwirtschaftsgebiet“ definiert als „ein vom Mitgliedstaat als
solches ausgewiesenes Gebiet, das an einem Meeres-, Fluss- oder Seeufer liegt oder
Teiche oder ein Flusseinzugsgebiet umfasst und einen hohen Grad an Beschäftigung
in der Fischerei oder Aquakultur aufweist und das aus geografischer, wirtschaftlicher
und sozialer Sicht eine funktional zusammenhängende Einheit bildet“ (Artikel 3
Begriffsbestimmungen).
Einige Mitgliedstaaten wenden Schwellenwerte für diese Projektkategorie an, die
verschiedene Aspekte dieser Tätigkeit betreffen, beispielsweise die Fläche der
Zuchtanlagen (z. B. Anlagen mit einer Fläche von mehr als 5 ha), die
Gesamterzeugungsleistung (z. B. Anlagen mit einer jährlichen Erzeugungsleistung von
61
Leitlinien für nachhaltige Aquakulturtätigkeiten im Rahmen des Natura-2000-Netzes enthält der von der Kommission herausgegebene Leitfaden für Aquakultur und Natura 2000 [http://ec.europa.eu/environment/nature/natura2000/management/docs/Aqua-N2000 %20guide.pdf]. 62
Verordnung (EU) Nr. 508/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 2328/2003, (EG) Nr. 861/2006, (EG) Nr. 1198/2006 und (EG) Nr. 791/2007 des Rates und der Verordnung (EU) Nr. 1255/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates.
48
mehr als 100 Tonnen Fisch), die Erzeugungsleistung pro Hektar (z. B. Karpfenteiche
mit einer Erzeugungsleistung von mehr als 4 Tonnen Karpfen pro Hektar Teichfläche)
oder Futtermittelverbrauch (z. B. Anlagen mit einem Verbrauch von mehr als 2 000
kg Trockenfutter pro Jahr).
g) Landgewinnung am Meer.
Anhang II Nummer 2 Bergbau
a) Steinbrüche, Tagebau und Torfgewinnung (nicht durch Anhang I
erfasste Projekte);
b) Untertagebau;
c) Gewinnung von Mineralien durch Baggerung auf See oder in
Flüssen;
d) Tiefbohrungen, insbesondere:
i) Bohrungen zur Gewinnung von Erdwärme,
ii) Bohrungen im Zusammenhang mit der Lagerung von Kernabfällen,
iii) Bohrungen im Zusammenhang mit der Wasserversorgung,
ausgenommen Bohrungen zur Untersuchung der Bodenfestigkeit;
Anhang II Nummer 2 Buchstabe d der UVP-Richtlinie enthält eine Liste von
Tiefbohrungen, die jedoch lediglich als Anhaltspunkt gedacht ist. Die Verwendung
des Begriffs „insbesondere“ in der Richtlinie weist darauf hin, dass die Aufzählung
Hinweischarakter hat und nicht erschöpfend ist. Sie gilt sowohl für
Aufschlussbohrungen als auch für Bohrungen zur Gewinnung von Rohstoffen. In der
Rechtssache C-531/13, Kornhuber und andere, entschied der Gerichtshof, dass
Aufschlussbohrungen eine Form der Tiefbohrung im Sinne von Anhang II Nummer 2
Buchstabe d darstellen.
Von besonderer Wichtigkeit war die Frage nach der Definition des Begriffs
„Tiefbohrung“ im Zusammenhang mit Projekten zur Exploration und Gewinnung
unkonventioneller Kohlenwasserstoffe, vor allem Schiefergas. Die Europäische
Kommission gab dazu spezielle Leitlinien heraus, die die Anwendung der UVP-
Richtlinie auf Projekte zur Exploration und Gewinnung unkonventioneller
Kohlenwasserstoffe erläutern.63 Danach fallen Projekte im Bereich der
unkonventionellen Kohlenwasserstoffe, die von Tiefbohrungen Gebrauch machen,
unter Anhang II Nummer 2 Buchstabe d.
63
http://ec.europa.eu/environment/integration/energy/pdf/guidance_note.pdf.
Anhang II Nummer 2
49
Die Mitgliedstaaten verwenden unterschiedliche Schwellenwerte, um Tiefbohrungen
zu definieren. Einige Mitgliedstaaten haben einen allgemeinen Schwellenwert
festgelegt, bei dessen Überschreiten Bohrungen als Tiefbohrungen gelten (z. B.
300 m). Andere Mitgliedstaaten haben bei der Festlegung des Schwellenwerts die Art
der Bohrung berücksichtigt (z. B. Bohrungen zur Gewinnung von Erdwärme und
Bohrungen im Zusammenhang mit der Wasserversorgung gelten als tief, wenn sie
500 m überschreiten, während der Schwellenwert für Bohrungen im Zusammenhang
mit der Lagerung von Kernabfällen 100 m beträgt).
Die Tiefe der Bohrung sollte nicht das einzige Screening-Kriterium bei der Beurteilung
der voraussichtlichen Erheblichkeit der Umweltauswirkungen darstellen.64 Das
Screening sollte alle unter Anhang III der UVP-Richtlinie aufgeführten relevanten
Kriterien berücksichtigen. Dabei sind die Merkmale des Projekts insgesamt zu
beurteilen. Selbst ein kleines Projekt (z. B. eine Exploration oder Bohrung mit einer
Reichweite von nur wenigen Metern) kann erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt
haben, wenn es an einem Standort durchgeführt wird, an dem Umweltfaktoren wie
Fauna und Flora, Boden, Klima oder Kulturerbe schon durch kleinste Änderungen
empfindlich beeinträchtigt werden.
Die Wirksamkeit der UVP-Richtlinie wäre außerdem ernsthaft in Frage gestellt, wenn
die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats bei der Entscheidung über die Frage,
ob ein Projekt einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden muss, den in
einem anderen Mitgliedstaat durchzuführenden Teil des Projekts außer Acht lassen
dürften. Aus denselben Gründen kann die Beurteilung der Auswirkungen anderer
Projekte nicht von bestimmten Grenzen (z. B. Gemeindegrenzen) abhängen.65
Im Hinblick auf die Wirksamkeit der UVP-Richtlinie und unter Berücksichtigung des
Vorsorgegrundsatzes könnte schließlich, wie der Gerichtshof erläutert hat66, die
Auffassung vertreten werden, dass die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats
bei Zweifeln in Bezug auf das Fehlen erheblicher Auswirkungen eines Projekts dieses
einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterziehen sollten.
e) oberirdische Anlagen zur Gewinnung von Steinkohle, Erdöl, Erdgas
und Erzen sowie von bituminösem Schiefer.
Anhang II Nummer 3 Energiewirtschaft
a) Anlagen der Industrie zur Erzeugung von Strom, Dampf und
Warmwasser (nicht durch Anhang I erfasste Projekte);
64
Rechtssache C-531/13, Kornhuber und andere, Randnummern 41-47. 65
Ebd. 66
Rechtssache C-127/02, Waddenvereniging und Vogelbeschermingsvereniging, Randnr. 44.
Anhang II Nummer 2
50
b) Anlagen der Industrie zum Transport von Gas, Dampf und
Warmwasser; Beförderung elektrischer Energie über Freileitungen (nicht
durch Anhang I erfasste Projekte);
In seinem Urteil in der Rechtssache C-300/1367 vertrat der Gerichtshof die
Auffassung, dass die Erweiterung einer Umspannanlage nicht unter diese
Projektkategorie fällt, es sei denn, sie steht im Zusammenhang mit der Errichtung
von Freileitungen zur Beförderung von elektrischer Energie.
Außerdem umfasst diese Projektkategorie diejenigen Projekte, die die in Anhang I
Nummer 20 der UVP-Richtlinie festgelegten kumulativen Schwellenwerte nicht
erreichen.
c) oberirdische Speicherung von Erdgas;
d) Lagerung von brennbaren Gasen in unterirdischen Behältern;
e) oberirdische Speicherung von fossilen Brennstoffen;
f) industrielles Pressen von Steinkohle und Braunkohle;
g) Anlagen zur Bearbeitung und Lagerung radioaktiver Abfälle (soweit
nicht durch Anhang I erfasst);
h) Anlagen zur hydroelektrischen Energieerzeugung;
i) Anlagen zur Nutzung von Windenergie zur Stromerzeugung
(Windfarmen);
Die Begriffe „Windfarmen“ und „Windparks“ sind als Synonyme zu verstehen. Nach
allgemeinem Verständnis bestehen Windfarmen (Windparks) aus Windturbinen
(Windrädern). Eine Windfarm erfordert mindestens zwei Windturbinen.
Windfarm-Projekte können erhebliche Auswirkungen auf bestimmte Bereiche der
Umwelt haben, wobei die Tragweite der Auswirkungen von verschiedenen Faktoren,
wie z. B. der Empfindlichkeit des Standorts, abhängt. Insbesondere können solche
Projekte Vögel und ihre Wanderrouten beeinträchtigen sowie die Lärmbelastung für
die Umwelt erhöhen. Besondere Aufmerksamkeit sollte dem Standort von
Windfarmen und ihrer Nähe zu Natura-2000-Gebieten gewidmet werden.68
67
Rechtssache C-300/13, Ayuntamiento de Benferri v Consejería de Infraestructuras y Transporte de la Generalitat Valenciana und Iberdrola Distribución Eléctrica SAU. 68
Nützliche Hinweise dazu, wie am besten sichergestellt werden kann, dass die Errichtung von Windfarmen mit der Habitat- und der Vogelschutzrichtlinie sowie mit der UVP-Richtlinie und der SUP-Richtlinie vereinbar ist, enthält der Leitfaden „Entwicklung der Windenergie und Natura 2000“ http://ec.europa.eu/environment/nature/natura2000/management/docs/Wind_farms_de.pdf.
Anhang II Nummer 3
51
Die von den Mitgliedstaaten für diese Projektkategorie eingeführten Screening-
Schwellenwerte beruhen meist auf den folgenden Kriterien oder einer Kombination
davon:
Anzahl der Windturbinen;
Kapazität (je Turbine und/oder kumuliert);
Größe der Windturbinen.
Ein Mitgliedstaat sieht zum Beispiel vor, dass Projekte mit zwei oder mehr
Windturbinen ein Screening erfordern; in einem anderen Mitgliedstaat liegt die
Schwelle bei fünf oder mehr. In einem dritten Mitgliedstaat müssen Windfarmen mit
einer Kapazität von mehr als 1 MW einem Screening unterworfen werden. Ein
weiteres Beispiel ist die Vorschrift, dass Windfarmen mit mehr als 50 Windturbinen
oder einer Kapazität von mehr als 30 MW sowie Windfarmen, die in einem Abstand
von weniger als 2 km von einer anderen Windfarm errichtet werden, eine
vollständige Umweltverträglichkeitsprüfung erfordern. Im letzteren Fall gelten
niedrigere Schwellenwerte, wenn die Windfarm in einem geschützten Gebiet
errichtet werden soll (10 Windturbinen oder 6 MW). Alle anderen Windfarm-Projekte
mit der Ausnahme von Anlagen zur Eigenversorgung, die weniger als 100 kW
erzeugen, sind in dem betreffenden Mitgliedstaat einem Screening zu unterziehen. In
wieder einem anderen Mitgliedstaat sind die meisten Windfarmen einem
Genehmigungsverfahren gemäß der IE-Richtlinie unterworfen. Außerdem gilt ein
Schwellensystem, das auf der Höhe der Windturbinen und ihrer Kapazität beruht (so
ist z. B. bei einer Turbinenhöhe von 50 m oder mehr eine vollständige
Umweltverträglichkeitsprüfung vorgeschrieben).
Die Schwellenwerte können angepasst werden, falls z. B. das Projekt in einem
geschützten Gebiet oder in der Nähe anderer Windparks angesiedelt ist. Zusätzlich
müssen bei der Prüfung der Frage, ob sogar schon wenige Windturbinen erhebliche
Auswirkungen auf die Umwelt haben können, alle relevanten Kriterien des
Anhangs III berücksichtigt werden, darunter die Entfernung zwischen Projekten und
ihre kumulierten Auswirkungen. Dies gilt insbesondere für Projekte in Gebieten, wo
sich bereits viele kleine Windfarmen (z. B. mit drei Windturbinen) in relativer Nähe
zueinander befinden.
j) Anlagen für die Abscheidung von CO2-Strömen zum Zwecke der
geologischen Speicherung gemäß der Richtlinie 2009/31/EG aus nicht unter
Anhang I dieser Richtlinie fallenden Anlagen.
Anhang II Nummer 4 Herstellung und Verarbeitung von Metallen
a) Anlagen zur Herstellung von Roheisen oder Stahl (Primär- oder
Sekundärschmelzung) einschließlich Stranggießen;
Anhang II Nummer 3
Anhang II Nummer 4
52
b) Anlagen zur Verarbeitung von Eisenmetallen durch: i) Warmwalzen,
ii) Schmieden mit Hämmern, iii) Aufbringen von schmelzflüssigen
metallischen Schutzschichten;
c) Eisenmetallgießereien;
d) Anlagen zum Schmelzen, einschließlich Legieren von
Nichteisenmetallen, darunter auch Wiedergewinnungsprodukte
(Raffination, Gießen usw.), mit Ausnahme von Edelmetallen;
e) Anlagen zur Oberflächenbehandlung von Metallen und
Kunststoffen durch ein elektrolytisches oder chemisches Verfahren;
Bei den Oberflächenbehandlungen von Kunststoffen und Metallen, die unter diese
Kategorie fallen, handelt es sich meist um wasserbasierte Verfahren, wie zum
Beispiel Plattierung, Elektroplattierung, Tauchbeschichtung, autokatalytische
Metallabscheidung, Anodisierung und Phosphatierung, einschließlich verschiedener
Vor- und Nachbehandlungsverfahren.
f) Bau und Montage von Kraftfahrzeugen und Bau von
Kraftfahrzeugmotoren;
g) Schiffswerften;
h) Anlagen für den Bau und die Instandsetzung von Luftfahrzeugen;
i) Bau von Eisenbahnmaterial;
j) Tiefen mit Hilfe von Sprengstoffen;
k) Anlagen zum Rösten und Sintern von Erz.
Das Sintern dient dazu, die Rohstoffe oder die chemische Zusammensetzung so zu
vergrößern, dass sie weiterverarbeitet werden können.
Der Hauptbindemechanismus beim Sintern von Erz beruht darauf, dass das Erz bis zu
einer Temperatur erhitzt wird, bei der das Nichterz zu schmelzen beginnt, wodurch
sich einzelne Partikel verbinden und eine Masse geschmolzener Schlacke bilden.
Anhang II Nummer 5 Mineralverarbeitende Industrie
a) Kokereien (Kohletrockendestillation);
b) Anlagen zur Zementherstellung;
c) Anlagen zur Gewinnung von Asbest und zur Herstellung von
Erzeugnissen aus Asbest (nicht durch Anhang I erfasste Projekte);
Siehe den Abschnitt zur entsprechenden Projektkategorie des Anhangs I oben
(Anhang I Nummer 5).
Anhang II Nummer 4
Anhang II Nummer 5
53
d) Anlagen zur Herstellung von Glas einschließlich Anlagen zur
Herstellung von Glasfasern;
e) Anlagen zum Schmelzen mineralischer Stoffe einschließlich Anlagen
zur Herstellung von Mineralfasern;
Einige Mitgliedstaaten nehmen Bezug auf die in der IE-Richtlinie für diese
Projektkategorie eingeführten Schwellenwerte. In der IE-Richtlinie ist diese Tätigkeit
in Anhang I Nummer 3.4 aufgeführt (Schmelzen mineralischer Stoffe einschließlich
der Herstellung von Mineralfasern mit einer Schmelzkapazität von über 20 t pro Tag).
Im Zusammenhang mit dieser Projektkategorie stellt sich häufig die Frage, ob sie
auch die Asphaltherstellung umfasst. Naturasphalt (Bitumen) ist ein mineralischer
Stoff, und daher fällt seine Herstellung in den Anwendungsbereich dieser
Projektkategorie. Asphaltbeton (eine Mischung aus Asphalt und Zuschlagstoffen) fällt
dagegen nicht unter diese Projektkategorie, da bei dem Mischvorgang aufgrund der
zu geringen Verarbeitungstemperaturen ein Schmelzen mineralischer Stoffe nicht
stattfindet. Asphalt kann außerdem durch das Raffinieren von Öl hergestellt werden,
ein Verfahren, das ebenfalls unter die UVP-Richtlinie fällt.
f) Herstellung von keramischen Erzeugnissen durch Brennen, und
zwar insbesondere von Dachziegeln, Ziegelsteinen, feuerfesten Steinen,
Fliesen, Steinzeug oder Porzellan.
Anhang II Nummer 6 Chemische Industrie (nicht durch Anhang I erfasste Projekte)
a) Behandlung von chemischen Zwischenerzeugnissen und Erzeugung
von Chemikalien;
Nach der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung
und Beschränkung chemischer Stoffe ist ein „Zwischenprodukt“ ein Stoff, der für die
chemische Weiterverarbeitung hergestellt und hierbei verbraucht oder verwendet
wird, um in einen anderen Stoff umgewandelt zu werden (nachstehend „Synthese“
genannt).
Unter Berücksichtigung des weitreichenden Anwendungsbereichs der UVP-Richtlinie
ist der Begriff „Behandlung“ so zu verstehen, dass er ein breites Spektrum von
Verfahren erfasst.
b) Herstellung von Schädlingsbekämpfungsmitteln und
pharmazeutischen Erzeugnissen, Farben und Anstrichmitteln, Elastomeren
und Peroxiden;
Der Wortlaut des Anhangs II Nummer 6 macht deutlich, dass diese Kategorie den
gesamten nicht unter Anhang I Nummer 6 erfassten Bereich der chemischen
Industrie abdeckt (d. h. alle chemischen Anlagen, die nicht als „integrierte Anlagen“
gelten). Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sollte daher nicht nur im
Anhang II Nummer 6
54
Zusammenhang mit der Herstellung gehandelter Produkte (wie chemische
Grunderzeugnisse, Schädlingsbekämpfungsmittel, pharmazeutische Erzeugnisse,
Farben und Anstrichmittel), sondern auch im Zusammenhang mit der Behandlung
chemischer Zwischenerzeugnisse69 in Betracht gezogen werden.
In Anbetracht dessen, dass die unter Anhang II Nummer 6 Buchstabe b fallenden
Projekte (End-) Erzeugnisse betreffen, die nicht notwendigerweise durch chemische
Umwandlungsverfahren hergestellt werden, erstreckt sich die UVP-Richtlinie auf die
chemische Industrie in einem weiten Sinne. Es können somit auch Anlagen in ihren
Anwendungsbereich fallen, die lediglich chemische Erzeugnisse formulieren oder die
sonstige (nicht chemische) Enderzeugnisse (z. B. Elastomere wie Reifen,
Förderbänder, Gummihandschuhe) aus chemischen Vorprodukten herstellen.
c) Speicherung und Lagerung von Erdöl, petrochemischen und
chemischen Erzeugnissen.
In einem Mitgliedstaat unterliegen Einrichtungen zur Speicherung und Lagerung von
Erdöl, petrochemischen und chemischen Erzeugnissen (Lagerhallen und Lagerplätze)
mit einer Kapazität von mehr als 5 000 t und weniger als 200 000 t einem Screening.
Anhang II Nummer 7 Nahrungs- und Genussmittelindustrie
Es wird darauf hingewiesen, dass die unter dieser Überschrift in Anhang II der UVP-
Richtlinie aufgeführten Projekte generell mit Erzeugnissen in Zusammenhang stehen
können, die zum menschlichen oder tierischen Verzehr (z. B. Futtermittel) bestimmt
sind.
a) Erzeugung von Ölen und Fetten pflanzlicher und tierischer
Herkunft;
b) Fleisch- und Gemüsekonservenindustrie;
c) Erzeugung von Milchprodukten;
d) Brauereien und Mälzereien;
e) Süßwaren und Sirupherstellung;
f) Anlagen zum Schlachten von Tieren;
g) Industrielle Herstellung von Stärken;
h) Fischmehl- und Fischölfabriken;
i) Zuckerfabriken.
69
Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), ABl. L 396 vom 30.12.2006, S. 1.
Anhang II Nummer 7
55
Anhang II Nummer 8 Textil-, Leder-, Holz- und Papierindustrie
a) Industrieanlagen zur Herstellung von Papier und Pappe (nicht durch
Anhang I erfasste Projekte);
b) Anlagen zur Vorbehandlung (Waschen, Bleichen, Mercerisieren)
oder zum Färben von Fasern oder Textilien;
c) Anlagen zum Gerben von Häuten und Fellen;
d) Anlagen zur Erzeugung und Verarbeitung von Zellstoff und
Zellulose.
Anhang II Nummer 9 Verarbeitung von Gummi
Erzeugung und Verarbeitung von Erzeugnissen aus Elastomeren
Anhang II Nummer 10 Infrastrukturprojekte
a) Anlage von Industriezonen;
Diese Projektkategorie wird von den Mitgliedstaaten in der Regel unterschiedlich
ausgelegt. Gleichwohl müssen diese Auslegungen mit dem Ziel der UVP-Richtlinie,
insbesondere mit ihrem ausgedehnten Anwendungsbereich und ihrem
weitreichenden Zweck, übereinstimmen.
In dem Bericht der Kommission aus dem Jahr 200370 wird darauf hingewiesen, dass
die Mitgliedstaaten keine konkreten Projektarten festgelegt haben, die in den
Anwendungsbereich dieser Projektkategorie fallen. Viele Mitgliedstaaten haben es
vorgezogen, im Hinblick auf die Beurteilung von Projekten zur Anlage von
Industriezonen die Projektgröße festzulegen (z. B. Flächenbedarf in Hektar). Die von
den Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellten Informationen machen außerdem
deutlich, dass zwischen ihnen kein echter Konsens in Bezug auf die Verwendung des
Begriffs „Industriezone“ besteht. Einige Mitgliedstaaten beispielsweise verwenden
bei der Definition dieser Projektkategorie den Begriff „Industrie- und Gewerbeparks“.
Als kennzeichnend für solche „Parks“ können die folgenden Merkmale angesehen
werden: Es handelt sich um von einem Projektträger erschlossene Gebiete, die über
die erforderliche Infrastruktur für eine gemeinsame gewerbliche oder wirtschaftliche
Nutzung durch mehrere Unternehmen verfügen, die durch räumliche Nähe
gekennzeichnet sind und eine operationelle oder funktionale Einheit bilden. Aus
diesen Gründen ist es fast unmöglich, eine umfassende Liste der potenziell unter
diese Kategorie fallenden Projektarten aufzustellen. Generell können unter diese
Kategorie alle Arten von Projekten fallen, die mit Hightech-Unternehmen,
Lagerhaltung und Handel sowie mit Vertriebs-/Transportunternehmen in
Zusammenhang stehen.
70
KOM(2003) 334 endgültig, 23.6.2013.
Anhang II
Nummer 10
Buchstabe a
56
Fasst man die von einigen Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellten Informationen71
zusammen, zeichnen sich jedoch einige gemeinsame Merkmale ab, die zur
Beschreibung dieser Projektkategorie verwendet werden können. So kann unter der
Anlage von Industriezonen die Bebauung (Erschließung) einer bestimmten Fläche für
die gewerbliche oder die gemeinsame gewerbliche und wirtschaftliche Nutzung
einschließlich Bereitstellung der dazu erforderlichen Infrastruktur verstanden
werden. Der Begriff „Infrastruktur“ wird weit ausgelegt und umfasst unter anderem
Straßen, Strom und andere Versorgungseinrichtungen, die das Wachstum von
Industrie und Gewerbe fördern sollen.
Bei der Anlage von Industriezonen ist es üblich, dass diese für die gleichzeitige
Nutzung durch mehrere benachbarte Unternehmen ausgelegt sind. Diese
Unternehmen können mit einer Infrastruktur für die gemeinsame gewerbliche oder
wirtschaftliche Nutzung ausgestattet werden.
Bei der Anlage von Industriezonen kann es häufiger als in anderen Bereichen zu den
in Abschnitt 1.4 erwähnten möglichen Überschneidungen zwischen der UVP-
Richtlinie und der SUP-Richtlinie kommen. Solche Projekte unterliegen zwar
Anhang II Nummer 10 Buchstabe a der UVP-Richtlinie, doch fallen Pläne und
Programme für die Anlage von Industriezonen unter die SUP-Richtlinie, wenn sie den
darin enthaltenen Kriterien entsprechen. So werden zum Beispiel Industriezonen im
Rechtssystem eines Mitgliedstaats meist als Bestandteil des Flächennutzungsplans
für ein Gebiet angesehen und einer getrennten strategischen Umweltprüfung
unterzogen.
b) Städtebauprojekte, einschließlich der Errichtung von
Einkaufszentren und Parkplätzen;
In der UVP-Richtlinie sind zwei Beispiele für Projektarten aufgeführt, die dieser
Kategorie zugeordnet werden können, nämlich Einkaufszentren und Parkplätze.
Diese stellen jedoch keine erschöpfende Liste der unter diese Kategorie fallenden
Tätigkeiten dar.
Aus den Informationen über die bestehende Praxis in den Mitgliedstaaten geht
hervor, dass die Auslegungen in Bezug auf den Anwendungsbereich dieser
Projektkategorie auseinander gehen, obwohl die Mitgliedstaaten diese Kategorie in
den meisten Fällen in einem weiten Sinn ausgelegt haben72.
Vor allem Wohnsiedlungen und Sportstadien werden häufig unter der Kategorie
„Städtebauprojekte“ erfasst. In einigen Mitgliedstaaten schließt diese Kategorie auch
Freizeitzentren und Multiplexkinos ein. Ein Mitgliedstaat fasst unter diese Kategorie
außerdem Projekte, die mit Friedhöfen, Humankrematorien, der Erweiterung von
71
Zwei Mitgliedstaaten haben in ihren nationalen UVP-Systemen weitere Klarstellungen im Zusammenhang mit der Beschreibung dieser Projektkategorie vorgenommen. 72
KOM(2003) 334 endgültig.
Anhang II
Nummer 10
Buchstabe b
57
Freizeit- und Vergnügungsparks sowie mit aufgeständerten Straßen in
Zusammenhang stehen. Ein weiteres Beispiel für Städtebauprojekte ist der Bau von
Parkplätzen für Autos, Busse oder Oberleitungsbusse, Garagenkomplexen,
Sportstadien oder Wellnesszentren (mit einer Baufläche von mehr als 0,5 ha). Ein
Mitgliedstaat führte die folgenden Schwellenwerte ein, bei deren Überschreiten eine
Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden muss: Einkaufszentren und
Supermärkte mit einer Grundfläche von mehr als 2 500 m2; eigenständige Parkplätze
mit mehr als 300 Stellplätzen; Fußballplätze und Stadien mit mehr als
2 000 Sitzplätzen; Kinokomplexe mit mehr als sechs Leinwänden; Einrichtungen der
höheren Bildung mit einer Kapazität von mehr als 500 Studierenden;
Universitätsgelände sowie Kirchen und andere Orte der Religionsausübung.
Städtebauprojekte in empfindlichen Gebieten müssen sorgfältig auf ihre
Umweltauswirkungen geprüft werden.
Bei der Auslegung des Anwendungsbereichs von Anhang II Nummer 10 Buchstabe b
müssen der ausgedehnte Anwendungsbereich und der weitreichende Zweck der
UVP-Richtlinie73 berücksichtigt werden. In seinem Urteil in der Rechtssache C-332/04,
Kommission/Spanien, befasste sich der Gerichtshof am Beispiel dieser
Projektkategorie mit den in Anhang III aufgeführten Auswahlkriterien für Projekte
des Anhangs II. Konkret ging es um die Errichtung eines Freizeitzentrums
(Kinokomplex) in einem städtischen Gebiet. Der Gerichtshof kam zu dem Schluss,
dass nationale Rechtsvorschriften, die Städtebauprojekte in städtischen Gebieten
allgemein von dieser Projektkategorie ausnehmen, eine nicht ordnungsgemäße
Umsetzung des Anhangs II Nummer 10 Buchstabe b darstellen. Aufgrund der Größe,
der Art und des Standorts des Freizeitzentrums (Kinokomplex) hätten erhebliche
Umweltauswirkungen dieses Projekts nicht von vornherein ausgeschlossen werden
können. In Bezug auf den Projektstandort ist somit festzuhalten, dass ein
Städtebauprojekt als Vorhaben gesehen werden sollte, das unabhängig vom Standort
seinem Wesen nach städtisch ist.74
Bei der Auslegung dieser Projektkategorie können also u. a. folgende Erwägungen als
Anhaltspunkte dienen:
i) Projekte, die ähnliche Merkmale wie Parkplätze und Einkaufszentren
aufweisen, können als Vorhaben angesehen werden, die Anhang II
Nummer 10 Buchstabe b unterliegen. Dies gilt zum Beispiel für Busgaragen
oder Eisenbahndepots, die zwar nicht ausdrücklich in der UVP-Richtlinie
erwähnt sind, aber ähnliche Merkmale wie Parkplätze aufweisen.
ii) Bauvorhaben wie Wohnsiedlungen, Krankenhäuser, Universitäten,
Sportstadien, Kinos, Theater, Konzerthallen und andere Kulturzentren
73
Dies hat der Gerichtshof in der Rechtssache C-72/95, Kraaijeveld und andere, festgestellt und in nachfolgenden Urteilen immer wieder betont. 74
KOM(2003) 334 endgültig.
Anhang II
Nummer 10
Buchstabe b
58
können ebenfalls in diese Kategorie einbezogen werden. Ausschlaggebend
hierfür ist, dass alle diese Projektkategorien ihrem Wesen nach städtisch sind
und ähnliche Arten von Umweltauswirkungen haben können.75
iii) Projekte, die sich mit den Begriffen „städtisch“ und „Infrastruktur“
beschreiben lassen, wie zum Beispiel die Errichtung von Wasserversorgungs-
und Abwasserentsorgungsnetzen, können ebenfalls dieser Kategorie
zugerechnet werden.
Projekte zur Verwirklichung integrierter städtischer Verkehrskonzepte (z. B. parallele
Tätigkeiten an verschiedenen Standorten zum Ausbau von Busspuren,
Straßenbahnlinien, Bus-, Straßenbahn- oder U-Bahnstationen) lassen sich ebenfalls
unter diese Projektkategorie fassen.
Die Mitgliedstaaten können in ihren nationalen Systemen für die
Umweltverträglichkeitsprüfung beschließen, dass einige der oben genannten
Projekte (z. B. Sportstadien oder Wasserversorgungsnetze76,
Trinkwasseraufbereitungsanlagen und Rohrleitungen zur Beförderung von
behandeltem Trinkwasser77) anderen Projektkategorien des Anhangs II zuzuordnen
sind. Unabhängig davon, welche Kategorie des Anhangs II als die maßgebliche
Projektkategorie angesehen wird, ist die Einhaltung der Richtlinie sichergestellt,
wenn diejenigen Projekte, die zu erheblichen Umweltauswirkungen führen, dem
Anwendungsbereich der Richtlinie nicht entgehen.
Bau von Eisenbahnstrecken sowie von intermodalen Umschlaganlagen und
Terminals (nicht durch Anhang I erfasste Projekte);
d) Bau von Flugplätzen (nicht durch Anhang I erfasste Projekte);
Diese Projektkategorie kann auch Hubschrauberlandeplätze umfassen.
e) Bau von Straßen, Häfen und Hafenanlagen, einschließlich
Fischereihäfen (nicht durch Anhang I erfasste Projekte);
In der Rechtssache C-142/07, Ecologistas en Acción-CODA, hielt es der Gerichtshof
für „nicht vertretbar“, städtische Straßen vom Anwendungsbereich der UVP-Richtlinie
auszunehmen. Was den Begriff der „Straße“ in der UVP-Richtlinie betrifft, so wird in
Bezug auf die Anwendbarkeit der Richtlinie nicht zwischen privaten und öffentlichen
Straßen unterschieden. Es wäre mit dem weiten Anwendungsbereich der Richtlinie
75
Dazu gehören Lärm und verkehrsbedingte Störungen während der Bauphase, Verkehrserzeugung während der Betriebsphase, Flächenverbrauch, Beeinträchtigung der Bodenfunktion aufgrund von Versiegelung sowie optische Auswirkungen. 76
In mindestens einem Mitgliedstaat fallen Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungsnetze unter Anhang II Nummer 10 Buchstabe j „Bau von Wasserfernleitungen“. 77
Auch wenn Aufbereitungsanlagen als Projekte im Sinne des Anhangs II Nummer 10 Buchstabe b eingestuft werden können, ist es manchmal vorzuziehen, sie als integralen Bestandteil einer anderen Projektkategorie anzusehen (z. B. Wasserspeicher oder Tiefbohrungen im Zusammenhang mit der Wasserversorgung).
59
unvereinbar, private Straßen auszunehmen. Die Anforderungen der UVP-Richtlinie
müssen in jedem Fall auch auf private Straßen angewendet werden (Rechtssache C-
427/07, Kommission/Irland, Randnr. 28).
f) Bau von Wasserstraßen (soweit nicht durch Anhang I erfasst),
Flusskanalisierungs- und Stromkorrekturarbeiten;
In der Rechtssache C-72/95, Kraaijeveld und andere, hat sich der Gerichtshof zur
Auslegung diese Projektkategorie geäußert. In seinem Urteil kommt er zu dem
Ergebnis, dass der Begriff „Flusskanalisierungs- und Stromkorrekturarbeiten“ dahin
auszulegen ist, dass darunter auch Arbeiten zur Eindämmung von Wasser und zur
Verhinderung von Überschwemmungen – und somit Arbeiten an Deichen an
Wasserwegen – fallen. Wie der Gerichtshof weiter feststellt, ist der Begriff außerdem
so auszulegen, dass darunter nicht nur die Anlage eines neuen Deichs fällt, sondern
auch die Änderung eines bestehenden Deichs durch seine Verlegung, Verstärkung
und/oder Verbreiterung, die Ersetzung eines Deichs durch einen neuen an derselben
Stelle, der unter Umständen stärker und/oder breiter ist als der bisherige Deich, oder
auch eine Kombination mehrerer dieser Sachverhalte.
Die Auslegung des Gerichtshofs, wonach Änderungen an „Flusskanalisierungs- und
Stromkorrekturarbeiten“ ebenfalls unter diese Projektkategorie fallen, muss im
Zusammenhang mit dem Zeitpunkt des Urteils gesehen werden. Zum damaligen
Zeitpunkt enthielt die UVP-Richtlinie noch keine der heutigen Projektkategorie in
Anhang II Nummer 13 Buchstabe a entsprechende besondere Bestimmung zur
Änderung von Projekten des Anhangs II (siehe Anhang II Nummer 13 Buchstabe a).
g) Talsperren und sonstige Anlagen zum Aufstauen eines Gewässers
oder zum dauernden Speichern von Wasser (nicht durch Anhang I erfasste
Projekte);
h) Straßenbahnen, Stadtschnellbahnen in Hochlage,
Untergrundbahnen, Hängebahnen oder ähnliche Bahnen besonderer
Bauart, die ausschließlich oder vorwiegend der Personenbeförderung
dienen;
Es bestehen Fragen in Bezug darauf, wie der Begriff „Hängebahnen oder ähnliche
Bahnen besonderer Bauart“ auszulegen ist und ob diese Projektkategorie
Oberleitungsbusse umfasst.
Unter Anhang II Nummer 10 Buchstabe h sollen offensichtlich Verkehrsmittel erfasst
werden, die ausschließlich oder vorwiegend der Personenbeförderung dienen und
die gewisse Infrastrukturarbeiten erfordern, damit sie an einem starren Seil oder im
Fall von Oberleitungsbussen an einer Oberleitung betrieben werden können. Obwohl
Oberleitungsbusse nicht explizit aufgeführt sind, entspricht es dem Geist der
Richtlinie, Oberleitungsbusse als „ähnliche Bahnen besonderer Bauart“ anzusehen
und Infrastrukturprojekte im Zusammenhang mit Oberleitungsbussen in die
Anhang II
Nummer 10
Buchstabe f
Anhang II
Nummer 10
Buchstabe h
60
Projektkategorie des Anhangs II Nummer 10 Buchstabe h einzubeziehen. Ein
ähnlicher Ansatz könnte für städtische Seilbahnen und Standseilbahnen verfolgt
werden.
i) Öl- und Gaspipelines sowie Pipelines für den Transport von CO2-
Strömen für die Zwecke der geologischen Speicherung (nicht durch
Anhang I erfasste Projekte);
j) Bau von Wasserfernleitungen;
Die Mitgliedstaaten legen den Begriff „Fernleitungen“ unterschiedlich aus, was auch
mit der Art der Wasserleitung zusammenhängen kann. Einige Mitgliedstaaten führen
Einzelfalluntersuchungen durch, anstatt Schwellenwerte anzuwenden.
In anderen Mitgliedstaaten wird der Begriff „Fernleitung“ quantitativ bestimmt, zum
Beispiel länger als 2 km oder länger als 20 km. Es kann auch vorkommen, dass zur
Bestimmung der Erheblichkeit der Umweltauswirkungen sowohl die Länge als auch
der Durchmesser der Leitung herangezogen werden.
In jedem Fall sollten bei der Festlegung von Schwellenwerten oder der Beurteilung
der Auswirkungen von Projekten zum Bau von Wasserfernleitungen die in Anhang III
der Richtlinie aufgestellten relevanten Auswahlkriterien berücksichtigt werden. Das
Screening-Verfahren sollte nicht nur auf der Länge des Bauvorhabens beruhen,
sondern es sollten alle in Anhang III aufgeführten relevanten Kriterien, wie zum
Beispiel die Standortkriterien, beachtet werden.
k) Bauten des Küstenschutzes zur Bekämpfung der Erosion und
meerestechnische Arbeiten, die geeignet sind, Veränderungen der Küste
mit sich zu bringen (zum Beispiel Bau von Deichen, Molen, Hafendämmen
und sonstigen Küstenschutzbauten), mit Ausnahme der Unterhaltung und
Wiederherstellung solcher Bauten;
l) Grundwasserentnahme- und künstliche
Grundwasserauffüllungssysteme, soweit nicht durch Anhang I erfasst;
Zur Auslegung des Begriffs „Grundwasser“ wird auf die Erläuterung im
Zusammenhang mit der Projektkategorie des Anhangs I Nummer 11 oben verwiesen.
In der Rechtssache C-263/08, Djurgården-Lilla Värtans Miljöskyddsförening, befasste
sich der Gerichtshof mit der vorstehenden Projektkategorie und verwies in dem
Zusammenhang auf den weiten Anwendungsbereich und den weitreichenden Zweck
der Richtlinie. Er stellte fest, dass Nummer 10 Buchstabe l des Anhangs II dahin
auszulegen ist, dass darunter alle Grundwasserentnahme- und künstlichen
Grundwasserauffüllungssysteme zu verstehen sind, die nicht durch Anhang I der
Richtlinie erfasst sind, und zwar unabhängig von ihrem Zweck. Daraus folgt, dass
auch Systeme erfasst sind, die keine spätere Verwendung des Wassers einschließen
(Randnr. 30). Der Gerichtshof kam zu dem Schluss, dass „ein Projekt wie das im
Anhang II
Nummer 10
Buchstabe j
Anhang II
Nummer 10
Buchstabe l
61
Ausgangsverfahren fragliche, das die Ableitung von in einen Stromleitungstunnel
eindringendem Wasser und die Einleitung von Wasser in den Grund oder das Gestein,
um eine etwaige Grundwasserabsenkung auszugleichen, einschließlich der Errichtung
und Unterhaltung von Anlagen zur Ableitung und Einleitung betrifft, unabhängig von
der endgültigen Bestimmung des Grundwassers und insbesondere unabhängig von
einer späteren Verwendung des Grundwassers unter Nummer. 10 Buchstabe l des
Anhangs I der Richtlinie 85/337 fällt“ (Randnr. 31).
m) Bauvorhaben zur Umleitung von Wasserressourcen von einem
Flusseinzugsgebiet in ein anderes, soweit nicht durch Anhang I erfasst.
Zur Auslegung des Begriffs „Flusseinzugsgebiet“ wird auf die Erläuterung der
Projektkategorie des Anhangs I Nummer 12 in diesem Leitfaden verwiesen.
Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Herstellung von Kunstschnee oder Kunsteis
unter Entnahme und Umleitung von Wasser können vor der Entscheidung, ob sie
unter Anhang II Nummer 10 Buchstabe l oder m fallen, einem Screening unterworfen
werden. Projekte im Zusammenhang mit Skipisten gemäß Anhang II Nummer 12
Buchstabe a bleiben hiervon unberührt.
Anhang II Nummer 11 Sonstige Projekte
a) Ständige Renn- und Teststrecken für Kraftfahrzeuge;
Die Prüfung der unter diese Kategorie fallenden Projekte kann von der Länge oder
dem Standort der Rennstrecke abhängen. Entsprechend ist in einem Mitgliedstaat
eine Umweltverträglichkeitsprüfung für ständige Renn- und Teststrecken für
Kraftfahrzeuge obligatorisch, wenn die Strecke länger als 2 km ist, während ein
Screening durchgeführt wird, wenn der Standort in einem geschützten Gebiet liegt,
z. B in einem Natura-2000-Gebiet, einem Nationalpark oder einem von der UNESCO
zum Weltnatur- oder Weltkulturerbe erklärten Gebiet.
b) Abfallbeseitigungsanlagen (nicht durch Anhang I erfasste Projekte);
Zur Auslegung des Begriffs „Abfall“ wird auf die Erläuterung im Zusammenhang mit
der Projektkategorie des Anhangs I Nummer 9 oben verwiesen.
Zur Auslegung des Begriffs „Abfallbeseitigung“ siehe die Erläuterung im
Zusammenhang mit der Projektkategorie des Anhangs I Nummer 10 oben.
Wie der Gerichtshof in seinem Urteil in der Rechtssache C-121/11, Pro Braine und
andere, festgestellt hat, umfasst diese Projektkategorie auch Abfalldeponien.
Bei der Stilllegung oder Sanierung von Deponien ist mit erheblichen Auswirkungen
auf die Umwelt zu rechnen (zum Beispiel durch die Errichtung von physischen
Anlagen oder die Behandlung von Sickerwässern und/oder Deponiegasen wie
Methan). Diese Auswirkungen sollten normalerweise im Bericht der
Anhang II
Nummer 10
Buchstabe m
Anhang II
Nummer 11
Buchstabe a
Anhang II
Nummer 11
Buchstabe b
62
Umweltverträglichkeitsprüfung berücksichtigt sein, der im Rahmen der
ursprünglichen Genehmigung der Deponie ausgearbeitet wurde. Ist das nicht der Fall,
sollte vor der Stilllegung oder Sanierung der Deponie entweder ein Screening oder
eine vollständige Prüfung durchgeführt werden. Diese Verfahren können ein
Bestandteil der nach Artikel 13 der Richtlinie 1999/31/EG über Abfalldeponien
vorgeschriebenen Schlussabnahme und Berichterstattung sein oder damit kombiniert
werden.
c) Abwasserbehandlungsanlagen (nicht durch Anhang I erfasste
Projekte);
d) Schlammlagerplätze;
Die Behandlung und Entsorgung von Schlamm kann als eine unter diese
Projektkategorie fallende Tätigkeit angesehen werden.
e) Lagerung von Eisenschrott, einschließlich Schrottwagen;
f) Prüfstände für Motoren, Turbinen oder Reaktoren;
g) Anlagen zur Herstellung künstlicher Mineralfasern;
h) Anlagen zur Wiedergewinnung oder Vernichtung von
explosionsgefährlichen Stoffen;
i) Tierkörperbeseitigungsanlagen.
Anhang II Nummer 12 Fremdenverkehr und Freizeit
a) Skipisten, Skilifte, Seilbahnen und zugehörige Einrichtungen;
Die Schwellenwerte für diese Projektkategorie beruhen hauptsächlich auf der
Projektgröße (z. B. Grundfläche, Länge der Skipisten oder Beförderungskapazität der
Skilifte und Seilbahnen pro Stunde).
So werden in einem Mitgliedstaat Skipisten, die länger als 1,5 km sind oder sich über
eine Fläche von mehr als 5 Ar (rund 2 Hektar) erstrecken, einer
Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen. Mechanische Lifte, ausgenommen
Skilifte und Einseilbahnen mit fester Verbindung und einer schrägen Länge von
höchstens 500 m, werden ab einer maximalen Beförderungskapazität von mehr als
1 800 Fahrgästen pro Stunde geprüft. In einem anderen Mitgliedstaat sind Skipisten
und Beschneiungsanlagen einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterworfen, wenn
das Projekt eine unbebaute Fläche von 2 Hektar oder mehr in Anspruch nimmt.
Außerhalb unbebauter Gebiete muss eine Prüfung durchgeführt werden, wenn das
Projekt eine Fläche von 4 Hektar oder mehr in Anspruch nimmt. Unterhalb dieser
Schwellenwerte sind Projekte zur Errichtung von Skipisten und Beschneiungsanlagen
einer Einzelfalluntersuchung unterworfen. Skilifte unterliegen einer Prüfung, wenn
Anhang II
Nummer 12
Buchstabe a
63
sie mehr als 1 500 Fahrgäste pro Stunde befördern können. Unterhalb dieser
Schwelle wird eine Einzelfalluntersuchung durchgeführt.
In einem anderen Mitgliedstaat sind die Schwellenwerte niedriger. Skipisten, Skilifte,
Seilbahnen und zugehörige Einrichtungen sind einer Umweltverträglichkeitsprüfung
unterworfen, wenn sie eine Fläche von mehr als 1 Hektar in der Nähe bebauter
Gebiete oder mehr als 0,5 Hektar außerhalb bebauter Gebiete in Anspruch nehmen.
Für Projekte in geschützten Gebieten ist eine Prüfung ungeachtet der
Schwellenwerte zwingend vorgeschrieben.
In einem weiteren Mitgliedstaat wurde darüber hinaus die Höhe als alternatives Kriterium eingeführt. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung wird folglich durchgeführt, wenn die Fläche des Bauvorhabens 1 Hektar oder die Höhe eines Gebäudes oder einer anderen Struktur 15 Meter übersteigt.
b) Jachthäfen;
c) Feriendörfer und Hotelkomplexe außerhalb von städtischen
Gebieten und zugehörige Einrichtungen;
d) ganzjährig betriebene Campingplätze;
e) Freizeitparks.
Die Projektkategorie „Freizeitparks“ gehört zu denjenigen Kategorien, über die kaum
Informationen zu finden sind. Die meisten Mitgliedstaaten haben diese
Projektkategorie gemäß der Definition in der UVP-Richtlinie in nationales Recht
umgesetzt und keine nähere Bestimmung (z. B. im Hinblick auf die Projektgröße oder
den Zweck) vorgenommen.
Wie bereits festgestellt, geht aus dem Wortlaut der UVP-Richtlinie hervor, dass sie
einen ausgedehnten Anwendungsbereich hat und ihr Zweck sehr weit reicht.78 Somit
kann diese Projektkategorie Freizeitparks umfassen, die in Bezug auf Zweck, Größe,
Standort, Umfang der Bodenversiegelung und erwarteter Besucherzahl sehr
unterschiedlich sind.
Bei der Entscheidung der Frage, ob ein bestimmtes Projekt unter Anhang II
Nummer 12 Buchstabe e fällt, wird empfohlen, Folgendes zu berücksichtigen:
i) Die thematische Ausrichtung bzw. der Zweck des Freizeitparks ist in
der UVP-Richtlinie nicht festgelegt. Unter diese Projektkategorie fallende
Parks können zum Beispiel Erholungs-, Bildungs- oder Informationszwecken
dienen. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass die Projektkategorie
„Freizeitpark“ in Anhang II Nummer 12 unter der Überschrift
„Fremdenverkehr und Freizeit“ genannt ist. So ist zum Beispiel ein Park, der
78
Siehe die Rechtssachen C-72/95, Kraaijeveld und andere, und C-227/01, Kommission/Spanien.
Anhang II
Nummer 12
Buchstabe e
64
ein bestimmtes Motto oder eine oder mehrere Attraktionen hat, wie etwa
ein Vergnügungspark, als Freizeitpark anzusehen. Flächen, die auf der
Grundlage eines bestimmten Sachthemas oder im Zusammenhang mit
diesem zu einer Freizeitattraktion ausgebaut werden sollen, sind ebenfalls
dieser Projektkategorie zuzurechnen. Dazu zählen beispielsweise
Wasserparks und zoologische Gärten79.
ii) Sportstadien fallen eigentlich unter Anhang II Nummer 10
Buchstabe b „Städtebauprojekte“. Bestimmte Mitgliedstaaten können jedoch
im Rahmen ihrer nationalen UVP-Systeme entscheiden, dass Sportstadien
der Kategorie „Freizeitparks“ zuzuordnen sind. Unabhängig davon, welche
Kategorie des Anhangs II als die maßgebliche Projektkategorie angesehen
wird, ist die Einhaltung der Richtlinie sichergestellt, wenn solche Projekte
dem Anwendungsbereich der Richtlinie nicht entgehen.
iii) Anhang II Nummer 12 Buchstabe e kann auch Golfplätze umfassen.
In einigen Mitgliedstaaten sind Projekte im Zusammenhang mit Golfplätzen stets
einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen, während in anderen eine
Prüfung oberhalb bestimmter Schwellenwerte vorgesehen ist; die Schwellenwerte
können sich auf die durch das Projekt in Anspruch genommene Fläche oder die
Anzahl der Löcher beziehen (z. B. 10 ha in einem Mitgliedstaat, 45 ha in einem
anderen, oder 18 Löcher). Ein weiteres Beispiel ist die Vorschrift, Golfplätze mit 9
Löchern oder mehr einem Screening zu unterziehen.
Anhang II Nummer 13
a) Die Änderung oder Erweiterung von bereits genehmigten, durchgeführten oder in der Durchführungsphase befindlichen Projekten des Anhangs I oder Anhangs II, die erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt haben können.
Änderungen bestehender Projekte waren in der Richtlinie 85/337/EWG mit
Ausnahme der „Änderung von Projekten des Anhangs I sowie Projekten des
Anhangs I, die ausschließlich oder überwiegend der Entwicklung und Erprobung
neuer Verfahren oder Erzeugnisse dienen und nicht länger als ein Jahr betrieben
werden“ (Anhang II Nummer 12) nicht ausdrücklich erfasst.
79
In Artikel 2 der Richtlinie 1999/22/EG des Rates vom 29. März 1999 über die Haltung von Wildtieren in Zoos (ABl. L 94 vom 9.4.1999, S. 24) sind Zoos definiert als „dauerhafte Einrichtungen, in denen lebende Exemplare von Wildtierarten zwecks Zurschaustellung während eines Zeitraums von mindestens sieben Tagen im Jahr gehalten werden; ausgenommen hiervon sind Zirkusse, Tierhandlungen und Einrichtungen, die die Mitgliedstaaten von den Anforderungen der Richtlinie ausnehmen, weil sie keine signifikante Anzahl von Tieren oder Arten zur Schau stellen und die Ausnahme die Ziele der Richtlinie nicht gefährdet“.
65
Durch die Richtlinie 97/11/EG wurde die Richtlinie 85/337/EWG dahingehend
geändert, dass in den Anhang II Nummer 13 Änderungen bestehender Projekte des
Anhangs I oder II aufgenommen wurden: „Die Änderung oder Erweiterung von
bereits genehmigten, durchgeführten oder in der Durchführungsphase befindlichen
Projekten des Anhangs I oder II, die erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die
Umwelt haben können.“
In der am 25. Juni 2005 in Kraft getretenen Richtlinie 2003/35/EG zur Änderung
unter anderem der Richtlinie 85/337/EWG wurde unter Nummer 22 eine neue
Anhang-I-Kategorie80 eingefügt, die jede Änderung oder Erweiterung von Projekten
des Anhangs I umfasst, wenn diese für sich genommen die Schwellenwerte, sofern
solche in Anhang I festgelegt sind, erreicht. Solche Änderungen sind somit gemäß
Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu
unterziehen. Änderungen oder Erweiterungen bestehender Projekte, die nicht in
Anhang I Nummer 22 erfasst sind, unterliegen Anhang II Nummer 13. (Siehe
Kasten 1).
Die Entwicklung des Wortlauts der UVP-Richtlinie in Bezug auf die Änderung von
Projekten spiegelt die diesbezügliche Rechtsprechung des Gerichtshofs wider.
Der Gerichtshof hat sich mehrfach mit der Frage befasst, ob ein Projekt als neues
Projekt oder als die Änderung eines bestehenden anzusehen ist und wie dann
die Anforderungen gemäß Artikel 4 Absätze 1 und 2 der Richtlinie auf das Projekt
anzuwenden sind.
Als „bereits genehmigt“ im Sinne des Anhangs II Nummer 13 gelten Projekte, für die
eine Genehmigung erteilt wurde.
In der Rechtssache C-2/07, Abraham und andere, kam der Gerichtshof zu dem
Schluss, dass Anhang II Nummer 12 in Verbindung mit Anhang I Nummer 7 der UVP-
Richtlinie (in ihrer ursprünglichen Fassung)81 dahingehend verstanden werden muss,
dass er auch Änderungen eines schon erbauten Flugplatzes erfasst. Änderungen
eines Flugplatzes mit einer Start- und Landbahngrundlänge von 2 100 m und mehr
sind somit nicht nur Arbeiten, die eine Verlängerung der Bahn zum Gegenstand
haben, sondern alle Arbeiten an Gebäuden, Anlagen oder der Ausrüstung dieses
Flugplatzes, sofern sie, insbesondere aufgrund ihrer Art, ihres Umfangs und ihrer
Merkmale, als Änderung des Flugplatzes selbst anzusehen sind. Das gilt insbesondere
80
Aus Anhang I Nummer 22 wurde nach der Änderung der UVP-Richtlinie durch die Richtlinie
2009/31/EG Anhang I Nummer 24.
81 Nummer 12 des Anhangs II der Richtlinie 85/337/EWG hatte folgenden Wortlaut:
„Änderung von Projekten des Anhangs I sowie Projekten des Anhangs I, die ausschließlich oder überwiegend der Entwicklung und Erprobung neuer Verfahren oder Erzeugnisse dienen und nicht länger als ein Jahr betrieben werden.“ Dieser Wortlaut entspricht teilweise dem Wortlaut des Anhangs II Nummer 13 der geltenden UVP-Richtlinie.
Anhang II Nummer 13
66
für Arbeiten, die dazu bestimmt sind, die Aktivitäten des Flugplatzes und den
Luftverkehr erheblich zu steigern.82
In der Rechtssache C-72/95, Kraaijeveld und andere, stellte der Gerichtshof fest, dass
der Ausdruck „Flusskanalisierungs- und Stromkorrekturarbeiten“ in Anhang II
Nummer 10 Buchstabe e der Richtlinie 85/337/EWG (vor deren Änderung durch die
Richtlinie 97/11/EG) dahin auszulegen ist, dass darunter nicht nur die Anlage eines
neuen Deichs fällt, sondern auch die Änderung eines bestehenden Deichs durch seine
Verlegung, Verstärkung und/oder Verbreiterung, die Ersetzung eines Deichs durch
einen neuen an derselben Stelle, der unter Umständen stärker und/oder breiter ist
als der bisherige Deich, oder auch eine Kombination mehrerer dieser Sachverhalte
(Randnummer 42). Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die UVP-Richtlinie zum
Zeitpunkt des Urteils des Gerichtshofs den Anhang II Nummer 13 noch nicht enthielt.
Der Gerichtshof legte aus diesem Grund die Änderung im Kontext der
übergeordneten Projektkategorie, nämlich Anhang II Nummer 10 Buchstabe e, aus.83
Im Zusammenhang mit Anhang II Nummer 13 kann sich die Frage ergeben, wie
Sanierungsarbeiten auszulegen sind und ob solche Maßnahmen gegebenenfalls unter
diese Kategorie fallen. Sanierungsvorhaben können zwei Kategorien zugeordnet
werden.
Die erste Kategorie umfasst jene Fälle, bei denen sich die Sanierung auf die
Erneuerung abgenutzter oder verschlissener Teile beschränkt. Diese Art von
Maßnahme könnte als umfangreichere Wartung betrachtet werden. Nach der
Sanierung befindet sich das Projekt zwar in einem dem Neuzustand vergleichbaren
guten Zustand, doch unterscheidet es sich weder in seiner Art noch in seiner Größe
vom ursprünglichen Projekt. Von zwei Ausnahmen abgesehen, fällt diese Art der
Sanierung nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie.
i) Die erste Ausnahme betrifft die mögliche Verwendung neuer Materialien als
Ersatz für die ursprünglichen, selbst wenn sich die Kapazität des Netzes im Rahmen
der Sanierung nicht ändert. Zum Beispiel könnten statt Eisen-, Kupfer- oder Tonrohre
Zement- oder Kunststoffrohre verwendet werden. Streng genommen, sollte dies als
Änderung des ursprünglichen Projekts angesehen werden.
ii) Die zweite Ausnahme tritt ein, wenn die zur Durchführung des
Sanierungsvorhabens erforderlichen Arbeiten selbst eine ungewöhnliche Belastung
(im Sinne der Screening-Kriterien in Anhang III) darstellen. So kann es zum Beispiel
notwendig sein, einen geschützten Lebensraum zu zerstören, um Zugang zu
unterirdischen Installationen wie Rohrleitungen zu erhalten. Sofern die Habitat-
Richtlinie betroffen ist, käme hier die Prüfung gemäß Artikel 6 zur Anwendung.
82
Rechtssache C-2/07, Abraham und andere, Randnummern 33, 34, 36, 40, Urteil – Teil 2. Diese Auslegung wird keinesfalls dadurch in Frage gestellt, dass die UVP-Richtlinie 97/11 die Nummer 12 in Anhang II der UVP-Richtlinie 85/337 durch eine neue Nummer 13 ersetzt hat. 83
Anhang II Nummer 12 Buchstabe e entspricht nunmehr Anhang II Nummer 12 Buchstabe f.
Anhang II Nummer 13
67
Lebensräume, die nach einzelstaatlichem Recht geschützt sind, können unter
Umständen in einer schwächeren Position sein, und hier könnte tatsächlich die UVP-
Richtlinie geltend gemacht werden, wenn nämlich eine Änderung an dem
ursprünglichen Projekt vorgenommen wird (z. B. Verwendung anderer Arten von
Rohrleitungen).
Die zweite Kategorie von Sanierungsvorhaben kann gewisse Reparaturen und
Instandsetzungsarbeiten (siehe oben) umfassen, doch besteht ihr wesentliches
Merkmal darin, dass sie ein Projekt verändern oder auf irgendeine Weise erweitern.
Zum Beispiel kann ein Abwassersystem ausgebaut werden, es können Pumpwerke
hinzugefügt oder seine Kapazität gesteigert werden. Dies käme einer Änderung oder
Erweiterung gleich, so dass das Projekt in den Anwendungsbereich der Richtlinie fiele
und ein Screening erforderlich würde. Das bedeutet gleichwohl nicht, dass
zwangsläufig eine vollständige Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden
muss. Dies hinge vom Einzelfall ab und müsste unter Berücksichtigung der in
Anhang III aufgeführten Screening-Kriterien geprüft werden.
b) Projekte des Anhangs I, die ausschließlich oder überwiegend der
Entwicklung und Erprobung neuer Verfahren oder Erzeugnisse dienen und nicht
länger als zwei Jahre betrieben werden.
68
4 Verzeichnis der Rechtssachen Gerichtshof der Europäischen Union
Rechtssache C-431/92, Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen
Bundesrepublik Deutschland, EU:C:1995:260
Rechtssache C-133/94, Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen
Königreich Belgien, EU:C:1996:181
Rechtssache C-72/95, Kraaijeveld und andere, EU:C:1996:404
Rechtssache C-392/96, Kommission gegen Irland, EU:C:1999:431
Rechtssache C-435/97, WWF und andere, EU:C:1999:418
Rechtssache C-287/98, Linster und andere, EU:C:2000:468
Rechtssache C-227/01, Kommission gegen Spanien, EU:C:2004:528
Rechtssache C-87/02, Kommission gegen Italien, EU:C:2004:363
Rechtssache C-127/02, Waddenvereniging und Vogelbeschermingsvereniging,
EU:C:2004:482
Rechtssache C-201/02, Wells, EU:C:2003:502
Rechtssache C-290/03, Barker, EU:C:2006:286
Rechtssache C-508/03, Kommission gegen Vereinigtes Königreich,
EU:C:2006:287
Rechtssache C-332/04, Kommission gegen Spanien, EU:C:2006:180
Rechtssache C-255/05, Kommission gegen Italien, EU:C:2007:406
Rechtssache C-66/06, Kommission gegen Irland, EU:C:2008:637
Rechtssache C-2/07, Abraham und andere, EU:C:2008:133
Rechtssache C-142/07, Ecologistas en Acción-CODA, EU:C:2008:445
Rechtssache C-427/07, Kommission gegen Irland, EU:C:2009:30
Rechtssache C--549/07, Wallentin-Hermann, EU:C:2008:771
Rechtssache C--473/07, Association nationale pour la protection des eaux et
rivières und OABA, EU:C:2009:30
Rechtssache C-75/08, Mellor, EU:C:2009:279
69
Rechtssache C-205/08, Alpe Adria Energia, EU:C:2009:767
Rechtssache C-255/08, Kommission gegen Niederlande, EU:C:2009:630
Rechtssache C--263/08, Djurgården-Lilla Värtans Miljöskyddsförening,
EU:C:2009:631
Rechtssache C-50/09, Kommission gegen Irland, EU:C:2011:109
Rechtssache C--275/09, Brussels Hoofdstedelijk Gewest und andere,
EU:C:2011:154
Rechtssache C-435/09, Kommission gegen Belgien, EU:C:2011:176
Rechtssache C-585/10, Møller, EU:C:2011:847
Rechtssache C-121/11, Pro Braine und andere, EU:C:2012:225
Rechtssache C-260-11, Edwards und Pallikaropoulous, EU:C:2013:221
Rechtssache C-420/11, Leth, EU:C:2013:166
Rechtssache C-244/12, Salzburger Flughafen, EU:C:2013:203
Rechtssache C-531/13, Kornhuber und andere, EU:C:2015:79