die dispositionsqualität einer rettungsleitstelle
TRANSCRIPT
Notfall & Rettungsmedizin 2•200072
Zusammenfassung
Qualitätsmanagement in der Leitstelle sollteneben quantitativen Parametern wie Zeitin-tervallen auch inhaltliche Fragestellungenbeleuchten. Bezogen auf den Notrufabfrage-und Dispositionsprozess wäre somit die Kor-relation zwischen vermuteter und tatsächli-cher Notfalllage zu untersuchen. Hierzu isteine Rückmeldung über Art und „Schwere”des Notfalls erforderlich, die von dem vor Ortagierenden Rettungsdienstpersonal an dieLeitstelle übermittelt werden muss.
Im hessischen Main-Kinzig-Kreis wurdeein für eine solche Rückmeldung erforderli-cher Minimaldatensatz definiert und in ei-nen achtstelligen Code („Rückmeldezahl”,RMZ) überführt, dieser wird der Leitstellenach jedem Primäreinsatz mitgeteilt.Von Julibis Dezember 1998 wurden bei über 90%von 14.273 Primäreinsätzen entsprechendeDaten (Indikation,Vitalfunktions-Scores,Arztbeteiligung) erfasst und ausgewertet.Dabei zeigte sich eine indikationsabhängigdifferierende Korrelation zwischen vermute-ter und rückgemeldeter Indikation (im Mittel81,9%), wobei das Ausmaß dieser Korrelati-on deutlich vom Meldeweg des Notrufs ab-hängig war. Erwartungsgemäß zeigten sichbezüglich der Art und des Ausmaßes der Vi-talfunktionseinschränkung deutliche Unter-schiede zwischen, aber auch innerhalb derIndikationsgruppen, wobei sich charakte-ristische Verteilungsprofile ergaben.
Problemstellung
Um die Qualität einer Maßnahme beur-teilen zu können, ist man auf die Ermitt-lung ihres Ergebnisses angewiesen. Die-se nicht nur aus dem Bereich des Quali-tätsmanagements stammende Binsen-weisheit führt im gesamten Bereich derMedizin und somit auch im Rettungs-dienst vernünftigerweise zur Erfassungund Auswertung von Daten [9]. EineRettungsleitstelle misst das Ergebnis ih-rer Arbeit beispielsweise in Form desZeitintervalls zwischen Eingang derMeldung und Alarmierung des Ret-tungsmittels. Wollte sie neben diesenquantitativen ebenfalls inhaltlicheAspekte der Prozessqualität beurteilen,müsste sie ermitteln, in welchem Aus-maß die von ihr getroffenen Dispositi-onsentscheidungen zeitgerecht undsinnvoll waren.
Dabei sind die im Bereich des „vorOrt agierenden”Rettungsdienstes ange-siedelten Dokumentationsinstrumentewie DIVI-Rettungsdienst- und Notarzt-einsatzprotokolle [5, 10] wegen ihrer (zu-mindest vor Einführung vernetzter on-
line-Datenerfassungsverfahren) zeitlichverzögerten Verfügbarkeit und der gro-ßen Informationsmenge als Rückmelde-instrument für eine Rettungsleitstelleeher ungeeignet. Zumal dürfte die Be-schaffung und datenschutzrechtlicheFilterung einer solchen Datenflut mit ei-nem immensen zeitlichen und techni-schen Aufwand verbunden sein.
„Die derzeitigen Dokumentationsmittelsind als Rückmeldeinstrument für die
Leitstelle ungeeignet.”
Aus der Sicht eines Leitstellensach-bearbeiters ist eine Information seitensdes am Einsatzort tätigen Rettungs-teams erforderlich, inwieweit die an-hand des Meldebildes gestellte Einsatz-indikation und die vermutete „Notfall-schwere” der Realität entsprach und so-mit die Dispositionsentscheidung ange-messen war. Hierzu ist eine zeitnahe Er-fassung und Weiterleitung dieser Infor-mation unabdingbar, damit sie den zu-vor disponierenden Einsatzsachbearbei-
Originalien: Rückmeldezahl zur DispositionsqualitätNotfall & Rettungsmedizin2000 · 3 :72 – 80 © Springer-Verlag 2000
W. Lenz1,2 · M. Luderer1 · G. Seitz1 · M. Lipp3
1Gesundheitsamt des Main-Kinzig-Kreises, Sachgebiet Rettungsdienst/Zentrale Leitstelle2Main-Kinzig-Kliniken gGmbH, Kreiskrankenhaus Schlüchtern3Klinik für Anästhesiologie der Johannes Gutenberg-Universität, Mainz
Die Dispositionsqualitäteiner Rettungsleitstelle*Qualitätsmanagement mit der „Rückmeldezahl”
*Die Autoren danken den Mitarbeitern derZentralen Leitstelle in Hanau und der ret-tungsdienstlichen Leistungserbringer imMain-Kinzig-Kreis für die äußerst konstruk-tive Zusammenarbeit.
Dr.W. LenzÄrztlicher Leiter Rettungsdienst,Main-Kinzig-Kreis, Amt 53 ZL/RD,Postfach 1353, 36373 Schlüchtern,E-Mail: [email protected]
Schlüsselwörter
Rückmeldesystem · Qualitätsmanagement ·Rettungsleitstelle · Dispositionsmanage-ment · Rettungsdienst
RedaktionK. H. Lindner, Innsbruck
Chr. K. Lackner, München
ter noch erreichen und seinen persönli-chen Erfahrungshorizont nutzbringenderweitern kann.Aus Sicht eines Leitstel-len- und Rettungsdienstträgers bietet ei-ne derartige Datenerfassung die Mög-lichkeit, die Sensitivität (Anteil korrektvorhergesagter Real-Indikationen) undpositive Prädiktion (Anteil bestätigterVerdachts-Indikationen) zu ermitteln,daraufhin erforderlichenfalls den Pro-zessablauf (Abfragestrategie, Dispositi-onsleitlinien,Alarmierungskriterien) zumodifizieren und erneut zu evaluieren.Bei der Beurteilung der Daten muss al-lerdings der „Input Notfallmeldung” inForm von Meldeweg und -qualität mit-erfasst und berücksichtigt werden, uminterne von externen Faktoren mög-lichst differenzieren zu können.
Im Rettungsdienstbereich Main-Kinzig wurde als Bestandteil des im Fe-bruar 1998 vom Gesundheitsamt als Ret-tungsdienstträger begonnenen hessi-schen Modellprojekts „Ärztlicher LeiterRettungsdienst”versucht,ein Dokumen-tationsinstrument zu entwickeln undeinzuführen, das die zumeist oben er-
läuterten und in Tabelle 1 zusammenge-fassten Anforderungen in einem mög-lichst hohen Maß erfüllen sollte. DerMain-Kinzig-Kreis ist mit knapp über400.000 Einwohnern der bevölkerungs-reichste Landkreis Hessens. In der Zen-tralen (=integrierten) Leitstelle werdenjährlich ca. 50.000 Rettungsdienst- undKrankentransporteinsätze sowie ca.5.000 Feuerwehreinsätze auf 3 Notarzt-,10 Rettungs- und 150 Feuerwachen voninsgesamt 16 Einsatzsachbearbeiternrechnergestützt disponiert (Detailanga-ben s. Tabelle 2).
Methodik
Innerhalb des Leitungsteams der Zen-tralen Leitstelle (Sachgebietsleiter, Ärzt-licher Leiter Rettungsdienst, LeitenderEinsatzsachbearbeiter, EDV-Systembe-auftragter) wurde die „Rückmeldezahl(RMZ)” kreiert. Dieser (keinesfalls mitdem minimalen Notarztdatensatz„MIND”[4] zu verwechselnde) „absolu-te Minimaldatensatz” trägt in Form ei-ner achtstelligen Zahl Informationenüber Notfallart, Notfallschwere sowieüber rettungslogistische Gesichtspunk-te. Er soll bei allen Primäreinsätzen vondem jeweils ersteintreffenden Rettungs-team erhoben werden und die Situationzum Eintreffzeitpunkt beschreiben. DieRMZ wird zum Ende des Einsatzes ausHandhabungsgründen in Form jeweilseiner drei- („Rückmelde-Indikation”RMI) und einer fünfstelligen („Rück-melde-Code”, RMC) Zahl der Leitstelleübermittelt. Für die RMI wird der zurVerschlüsselung des Einsatzanlasses be-reits seit 1992 vorhandene „Indikations-schlüssel” verwendet. Der Schweregradwird über einen jeweils einstelligen, von1 bis 5 unterteilten Score bezüglich der
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W. Lenz · M. Luderer · G. Seitz · M. Lipp
The „emergency medical dispatch feedback code” – a new tool for qualitymanagement in rescue coordinationcenters?
Abstract
Quality management in a rescue coordina-tion center (RCC) not only needs an evalua-tion of quantitative parameters (such astime intervals), but also an examination ofthe correlation between suspected and realfound emergency situations. For that pur-pose it is necessary to request feedback in-formations about kind and severity of theemergency situation from the emergencymedical team working at the scene.
In the rescue area „Main-Kinzig” (Hes-sen/Germany) a short data set was createdand aquisited by the RCC at every primaryaction of the emergency medical service(EMS).This 8-digit „emergency medical dis-patch feedback code (Rückmeldezahl, RMZ)”consists of a three-digit code of activationindications, 4 scores about vital parametersand one code about the participation of phy-sicians. In the second half of the year 1998 in90% of 14.273 cases a RMZ was aquisited.The correlation between assessment by thedispatchers and the EMS teams was 81,9%and fluctuated according to the given indica-tion and the way the emergency call reachedthe RCC.The severity of emergency situa-tions differed both between and within dis-criminated indication groups, its distributionhas shown characteristical profiles.
The aquisition of a dispatch feedbackcode proved to be a supplementary parame-ter for a quality management system withinan emergency medical service area.
Keywords
Rescue coordination center · Quality man-agement system · Medical dispatch feedbacksystem
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Tabelle 1Anforderungen an ein Rückmelde-instrument für eine Rettungsleit-stelle
• Erfassung qualitativer Daten (Notfallart)• Erfassung quantitativer Daten (Notfall-
schwere)• zeitlich schnelle Verfügbarkeit• minimaler Erfassungsaufwand• maximaler Datenrückfluss• Akzeptanz bei allen Beteiligten• Datenschutz• vertretbarer Auswertungsaufwand
Tabelle 2Strukturdaten des Rettungsdienstbereichs Main-Kinzig
Main-Kinzig-Kreis (Hessen) Zentrale Leitstelle
Fläche: 1.397 km2 Typ: integriert (Rettungsdienst/Krankentransport/402.274 Einwohner (31.12.98) Feuerwehr/Katastrophenschutz)Mischbesiedlung Träger: Gesundheitsamt10 Rettungswachen 16 Mitarbeiter3 NEF-Standorte 3 Dispositionsplätze2 RTH verfügbar (Frankfurt, Fulda) Einsatzleitsystem: Siemens (X/fire)150 Feuerwehren 50.048 RD+KT-Einsätze/Jahr (1997)
4.838 Feuerwehr-Einsätze (1997)
Originalien: Rückmeldezahl zur Dispositionsqualität
Eigenschaften Bewusstsein, Atmung,Kreislauf und Verletzungsgrad codiert.Die (haus- oder not-)ärztliche Beteili-gung bei einem Einsatz und das Vorlie-gen von Sonder-kriterien wie Not-arzt nachforde-rung oder -abbestellung durch das erst-eintreffende Rettungsmittel ist unterdem Begriff „Arzt-Logistik” einstelligcodiert. Hinweise zur Struktur und Er-mittlung der RMZ sind übersichtlich inForm eines Fahrzeugaufklebers (Abb. 1)zusammengestellt.
Das RMZ-System wurde schrittwei-se zunächst mit den Einsatzsachbearbei-tern der Zentralen Leitstelle,dem Daten-schutzbeauftragten und schließlich mitden Rettungsdienstleitern der beteilig-ten Leistungserbringer sowie den für dieNEF-Standorte verantwortlichen Ärzteneinvernehmlich erörtert. Für das Ret-tungsdienstpersonal wurde neben demerwähnten Aufkleber ein Rundschreibenmit detaillierteren Angaben versandt;die Dateneingabemasken des Einsatz-leitrechners wurden um RMI, RMC undzwei weitere auswertungsrelevante Pa-rameter, den „Meldewegschlüssel” unddie „Stornokennzahl” (für abgebroche-ne Einsätze etc.), erweitert. Start der Er-fassung war der 1. Juni 1998, wobei dieim ersten Monat anfallenden Daten
noch nicht zur Auswertung herangezo-gen wurden.Nach Absprache war und istdie RMZ-Übermittlung Voraussetzungfür die Erteilung der abrechnungsrele-
vanten Einsatz-nummer durch dieZentrale Leitstelle,
womit ein möglichst vollständiger Da-tenrücklauf gewährleistet werden sollte.
Aus den im Einsatzleitrechner ge-speicherten Daten (Unix) wurde monat-lich eine anonymisierte RMZ-Datei(Microsoft Excel) abgefragt.Vom RMZ-System ausgeschlossen waren hierbeiSekundäreinsätze, Konsiliar- und Ent-lassungsfahrten, vorbestellte Einsätzeund patientenfreie Bereitstellungsein-sätze.
Vor der eigentlichen Auswertungmussten die Daten aufbereitet werden,da der Einsatzleitrechner fahrzeug- undnicht patientenabhängige Einsatznum-mern vergibt, folglich also z.B. ein Not-arzteinsatz mit einem Patienten zweiEinsatznummern (für NEF und RTW)beinhaltet. Durch Abgleich von Einsatz-ort und Einsatzzeit wurde jeweils eineder beteiligten Einsatznummern als„Ersteinsatz” definiert. In Einsatz-bezo-gene Auswertungen gingen entspre-chend nur Ersteinsätze ein. Für patien-tenbezogene Auswertungen wurden alleDatensätze nachträglich eintreffender
Rettungsmittel, deren erste vier RMC-Stellen vereinbarungsgemäß mit „8” co-diert sind, ignoriert. Weitere Aufberei-tungsmaßnahmen waren die Bereini-gung offensichtlicher Fehleingaben, fallseindeutig möglich durch Korrektur, an-dernfalls durch Ausschluss der Daten-sätze aus den entsprechenden Auswer-tungen.
Ergebnisse
Im Auswertungszeitraum Juli bis De-zember 1998 erfüllten 15.224 Einsätze(=„Fahrten”) bzw. 11.924 Erst-Einsätze(=„Einsatzstellen”) nach ihrer Indikati-on die RMZ-Einschlusskriterien. Bei 951Fahrten zu 636 Einsatzstellen war keinPatient (mehr) vorhanden oder die Ret-tungsmittel wurden abbestellt. Bei denverbleibenden 14.273 Einsätzen war eineverwertbare RMI 13.425-mal (94,1 %)und ein RMC 12.973-mal (90,9 %) vor-handen. Berücksichtigt man nur die be-reichseigenen (und damit über dasRMZ-System informierten) Fahrzeuge,liegt die Rücklaufquote bei 94,8 bzw.92,7%.
Von den auswertbaren Rückmelde-indikationen bezogen sich 10.646 aufErsteinsätze. Von den auswertbarenRMCs kamen 10.647 Meldungen von ei-nem ersteintreffenden Rettungsmittel.2.326 RMCs stammten von einem nach-träglich eingetroffenen Rettungsmittel(Codierung „8888X”); sie wurden ledig-lich zur Auswertung der logistischenFragestellungen herangezogen.
Tabelle 3 zeigt eine Gegenüberstel-lung der von der Leitstelle vermutetenIndikation mit der RMI. Zur besserenÜbersicht wurden die 38 Indikations-bzw. RMI-Kennzahlen zu 22 Indikati-onsgruppen zusammengefasst (dieGruppe „Verkehrsunfall” umfasst z.B. 7Indikationskennzahlen). Mittels Divisi-on der Anzahl korrekt vorausgesagterIndikationen durch die Zahl der Einsät-ze ergibt sich spaltenweise die Rückmel-dungs-bezogene Sensitivität und zeilen-weise die Verdachtsindikations-bezoge-ne Prädiktion (Vorhersagewert) der„fernmündlichen prima-vista-Diagno-stik”. Hier zeigen sich mitunter erhebli-che indikationsabhängige Unterschiede.Besonders auffällige Werte können einerdetaillierteren Analyse zugeführt wer-den; dies geschah u.a. mit der in Tabel-le 4 wiedergegebenen Betrachtung derSensitivität von Reanimationsfällen in
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Abb. 1 m RMZ-Information (Fahrzeugaufkleber)
„Keine Einsatznummer ohne RMZ!”
Abhängigkeit von ihrem Meldeweg undder Gesprächsstruktur. Die an sichschon niedrige Sensitivität (nur 86 von203 Reanimationsfällen wurden anhanddes Meldegesprächs vermutet!) ist deut-lich vom Meldeweg abhängig, wobei ei-ne größere Sensitivität dann erreicht
„Die höchste Übereinstimmung wird bei direktem Eingang
des Notrufs in der Rettungsleitstelle erreicht.”
wird, wenn die Notfallmeldung direktbei der Leitstelle eingeht und eine struk-turierte Abfrage möglich ist. Die Unter-scheidung, ob strukturiert abgefragtwerden konnte, nahmen die Einsatz-sachbearbeiter in eigenem Ermessenvor. Hierbei spielen objektive (Anruferist kein direkter Notfallzeuge) und sub-jektive (Kommunikationsproblem, Auf-regung des Anrufers etc.) Faktoren zu-sammen.
Der Anteil ärztlicher Beteiligung anRettungsdiensteinsätzen in Abhängig-keit von der zurückgemeldeten Indikati-on ist in Tabelle 5 wiedergegeben. DerBegriff „Arztbeteiligung” meint die be-liebige Einbindung eines beliebigen Arz-tes in das Einsatzgeschehen und istdurch die Übermittlung einer vom Wert„1”abweichenden Arztlogistik-Ziffer de-finiert. Die notärztliche Beteiligung er-gibt sich anhand der Rückmeldung desLogistikwertes 5. Der Wert „Meldungvon Arzt” bezeichnet diejenigen Einsät-ze, bei denen der Rettungsdienst erst imRahmen eines ärztlichen Hausbesuchszum Einsatz kam (Meldewegkennziffer3). Hierbei ist feststellbar, dass etwa je-der zweite Patient mit Infarktverdachtund jeder dritte Patient mit einer neuro-logischen Symptomatik zunächst einenniedergelassenen Arzt oder den ver-tragsärztlichen Bereitschaftsdienst an-ruft und dessen Hausbesuch abwartet,bevor rettungsdienstliche Ressourcengenutzt werden.
Die Auswertung der von notärztlichbesetzten Rettungsmitteln übermittel-ten RMCs gestattet eine Aussage überden relativen Eintreffzeitpunkt des Not-arztes. So traf der Notarzt nur in 11%(243 von 2.202) der Einsätze vor demnicht arztbesetzten Rettungsmittel ein.Die 1.959 umgekehrten Fälle enthalten386 Fälle einer Notarzt-Nachforderungdurch das Rettungsmittel am Einsatzort(3,6% der Gesamteinsätze).
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Originalien: Rückmeldezahl zur Dispositionsqualität
Die Gegenüberstellung der vom je-weils ersteintreffenden Rettungsmittelerhobenen Vitalfunktions- und Verlet-zungsschwere-Scores zeigt Abb. 2 in Ab-hängigkeit von der zurückgemeldetenIndikation. Hierbei ist der prozentualeAnteil der vergebenen Punktwerte farb-codiert auf jeweils vier Säulen (Reihen-folge: Bewusstsein, Atmung, Kreislauf,Verletzung) wiedergegeben. Die in denSäulen angegebenen rautenförmigenMarkierungen beziehen sich auf den(streng genommen für Ordinalwerte un-
zulässigen) arithmetischen Mittelwertder vergebenen Punkte (rechte Skala);die Dreiecke markieren den entspre-chenden Wert aus den Einsätzen mitArztbeteiligung.
Die in Abb. 3 wiedergegebene Über-sicht der Trans-portziele doku-mentiert, dass derRettungsdienst ei-nen indikationsab-hängig differieren-den, teils erheblichen Anteil an Patien-
tenversorgungen oder -betreuungenohne konsekutive Transportleistung auf-weist und im Mittel bei 8% liegt. Wennallerdings ein Transport durchgeführtwird,dann nahezu immer in eine Klinik;Ausnahmen liegen meist im urologi-schen sowie im HNO- und unfallärztli-chen Bereich. Bei Reanimationseinsät-zen liegt der Anteil an Transporten unddamit wahrscheinlich von primär er-folgreichen Verläufen bei ca. 20%. Ein-zelne weitere Reanimationsfälle mit z.T.tödlichem Verlauf sind unter anderenDiagnosen aufgeführt,wenn sich die Re-animationspflichtigkeit erst im Verlaufder rettungsdienstlichen Anwesenheitergeben hat.
Diskussion
Zur Methodik ist zunächst grundsätz-lich anzumerken, dass es sich bei der
primären Zielset-zung der Untersu-chung um eineQualitätsmanage-ment-Maßnahmehandelt, bei der
mit möglichst wenig Aufwand relativviele prozessrelevante Informationen(möglichst dauerhaft und vollständig)erfasst werden sollen, ohne dabei aller-dings stets den hohen Standard (zeitlichbefristeter) wissenschaftlicher Untersu-chungen erfüllen zu können.
Bei dem RMZ-Verfahren wird die inder Leitstelle gestellte Einsatzindikationdurch das von ihr alarmierte und erst-eintreffende Rettungsmittel überprüft.Hierbei wurde auf ein Indikations-schlüsselverfahren zurückgegriffen, dasin der Leitstelle seit Jahren benutzt wird(und aufgrund der derzeitigen Erlassla-ge weiter benutzt werden muss). DieserSchlüssel beinhaltet sowohl situations-orientierte („Verkehrsunfall”) als auchkriterienorientierte („V.a.Reanimation”)und diagnoseorientierte („V.a. Infarkt”)Indikationen. Dies erschwert zum einenden Vergleich der Korrelationswertezwischen den einzelnen Indikations-gruppen und stellt zum anderen dieNutzbarkeit dieses Schlüssels für einederartige Untersuchung (vielleicht sogarfür das Dispositionsmanagementschlechthin) grundsätzlich in Frage. DieAutoren haben sich dennoch zunächstfür die Weiternutzung des allen Beteilig-ten bekannten Indikationsschlüsselsentschieden, da dessen Modifizierung
Notfall & Rettungsmedizin 2•200076
Tabelle 4Meldecharakteristik bei Einsätzen mit rückgemeldeter Reanimation
Anrufer Einsätze REA vermutet Sensitivität
1 Laie, strukturierte Abfrage möglich 28 14 50%2 Laie, strukturierte Abfrage unmöglich 97 45 46%3 Arzt, beim Patienten vor Ort 12 3 25%4 sonstiger Fachkundiger, beim Patienten 13 7 54%5 Arztpraxis/Notdienstzentrale (nicht beim Patienten) 11 4 36%6 Polizei 28 7 25%7 Nachbarleitstelle 8 2 25%8 Sonstige 6 4 67%
Summe 203 86 42%
Tabelle 5Ärztliche Beteiligung an Rettungsdienst-Einsätzen
Rückmelde- Einsätze Arzt- Meldung Notarzt Notarzt-Indikation beteiligung von Arzt nachgefordert beteiligung
insgesamt insgesamt
VU Verkehrsunfall 545 39% 1% 5% 32%AU Arbeitsunfall 247 23% 3% 1% 14%SU sonst. Unfall 1698 32% 14% 2% 7%GEW Gewalttat 184 21% 4% 0% 20%REA Reanimation 203 100% 6% 10% 100%MYO Myokardinfarkt 333 99% 52% 11% 92%CAR sonst. kardial 981 81% 44% 5% 33%KOL „Kollaps” 502 38% 9% 2% 14%DYS respiratorisch 779 74% 31% 7% 35%NRO neurologisch 961 77% 35% 5% 26%ABD abdominell 455 65% 40% 1% 4%GIB GI-Blutung 147 74% 32% 4% 24%TOX Intoxikation 287 57% 14% 7% 34%HILO „hilflose Person” 235 21% 1% 2% 7%INT sonst. internist. 1484 70% 27% 3% 18%PÄD pädiatrisch 219 57% 10% 4% 41%GYN gynäkologisch 143 36% 8% 3% 14%URO urologisch 132 58% 32% 0% 3%HNO HNO 74 45% 26% 1% 5%EINW Einweisung o.n.A. 386 73% 21% 0% 0%SON sonstige 651 70% 30% 2% 4%
Summe 10646 59% 24% 4% 22%
„Die hohe Rücklaufquote spricht für die Akzeptanz und die einfache
Handhabbarkeit des Systems.”
mit Sicherheit zu Akzeptanz- und Um-stellungsproblemen geführt hätte. Alsersten Schritt in Richtung einer vital-funktionsorientierten Einstufung vonNotfalleinsätzen haben sie ergänzendden Rückmeldecode als zusätzliche Da-tenquelle eingeführt. Er erfasst bewusstsubjektiv, aber wie Abb. 2 zeigt, dochplausibel das Ausmaß der Einschrän-kung von Bewusstsein, Atmung undKreislauf sowie den Schweregrad derVerletzung. Hierbei war uns die jeweilsgetrennte Erfassung der einzelnen Vital-funktionen sehr wichtig,weshalb bereitseingeführte und validierte Scores wieMEES oder NACA für diesen Zwecknicht praktikabel erschienen. Mögli-cherweise könnte ein aus dem Notrufab-frageprozess ermitteltes „Verdachts-RMC-Äquivalent”zukünftig den Indika-tionsschlüssel ersetzen.
Die hohe Rücklaufquote spricht fürdie Akzeptanz und die einfache Hand-
habbarkeit des Systems. Bedingt durchdie phasenweise extrem hohe Arbeitsbe-lastung der Einsatzsachbearbeiter unddurch Einbeziehung bereichsfremderRettungsmittel wird niemals ein voll-ständiger und zweifelsfrei interpretier-barer Rücklauf aller Einsätze zu erwar-ten sein. Da sich Fehlmeldungen stati-stisch über das gesamte Primäreinsatz-spektrum verteilen, erlaubt die Analyseder verbleibendenEinsätze hinrei-chend repräsentati-ve Antworten aufstruktur- und pro-zessqualitative Fragestellungen (Notfall-nachfrage, Meldewegstruktur, Disposi-tionsprozess). Insgesamt wirken die er-hobenen Daten plausibel, was einen ge-wissenhaften Umgang aller Beteiligtenmit dem System vermuten lässt.
Bei der Beurteilung der Ergebnisseeiner solchen Auswertung ist – wie
überall – Vorsicht geboten und die mul-tifaktorielle Beeinflussung der erhobe-nen Daten zu würdigen. So darf die Ab-weichung einer vermuteten Indikationvon einer real vor Ort erhobenen Dia-gnose nicht als „Versagen” der Leitstelleinterpretiert werden. Eine oft nur überUmwege, unter Zeitdruck und ohne vi-suellen Kontakt zum Betroffenen zu er-haltende Projektion einer Realität kann
niemals die diagno-stische Sicherheit er-reichen, wie sie eineBeurteilung vor Ortermöglicht. Selbst
hierbei fällt es erfahrenen Notärzten ge-legentlich schwer, noch während desEinsatzes zu einer zuverlässigen Ar-beitsdiagnose zu gelangen. Zudem lie-gen einer Vielzahl von Einsätzen multi-morbide Patienten zugrunde, bei denenmehrere Indikationsgruppen zur Aus-wahl stehen, womit eine „falsch-positive
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Abb. 2 m RMC-Vitalfunktions und Verletzungsscores bei verschiedenen Rückmelde-Indikationen. Der prozentuale Anteil der vergebenen RMC-Punktwerteist farbkodiert (1-grün – unauffällig, 2-gelb – bedroht, 3-orange – leicht gestört, 4-rot – schwer gestört, 5-blau – Totalausfall bzw. Polytrauma) auf jeweilsvier Säulen (Reihenfolge: Bewusstsein, Atmung, Kreislauf, Verletzung) wiedergegeben. Die in den Säulen angegebenen schwarzen rautenförmigen Mar-kierungen stellen den arithmetischen Mittelwert der vergebenen Punkte (rechte Skala) dar; die roten Dreiecke markieren den entsprechenden Wert ausden Einsätzen mit Arztbeteiligung
„Positiver Nebeneffekt der RMZ-Erfassung ist der Anstoß
zur Einsatznachbesprechung.”
Originalien: Rückmeldezahl zur Dispositionsqualität
Diskrepanz” gegeben ist; dieses Phäno-men liegt wahrscheinlich der recht nied-rigen bidirektionalen Korrelation beiden „sonstigen” internistischen Notfäl-len (73,1 bis 78,2%) zugrunde. Nicht zuvernachlässigen ist außerdem das Zeit-intervall zwischen Abfrage des Meldebil-des und Eintreffen des Rettungsdienstes,während dessen die Dynamik des Not-fallgeschehens z.B. aus einem Fall vonAtemnot einen Reanimationseinsatzentstehen lassen kann.
Reanimationseinsätze
Die Absicht, die Sensitivität bei Reani-mationsfällen zu erhöhen, war ein we-sentlicher motivierender Faktor für dieErstellung unseres RMZ-Konzepts alsInstrument zum internen Qualitätsma-nagement.Aus Sicht der Leitstelle unter-scheiden sich das Einsatzstichwort „Re-animationsverdacht” von anderen Not-arztindikationen dadurch, dass demEinsatzsachbearbeiter neben der übli-chen Alarmierung des nächstgelegenenFahrzeugs und eines arztbesetzten Ret-tungsmittels eine Reihe ergänzender
Dispositionsstrategien nahegelegt wer-den, nämlich die Alarmierung soge-nannter „Voraus-Retter” und geeignetermotivierter Ärzte in räumlicher Nähezum Notfallort [8], sowie möglichst zu-sätzlich die Anleitung des Anrufers in le-bensrettenden Sofortmaßnahmen [3, 6].Da die Nutzung und Alarmierung dieserRessourcen aus logistischen und kapa-zitiven Gründen zunächst auf den Re-animationsverdacht beschränkt bleibenmuss, ist das Erkennen einer solchen La-ge um so wesentlicher. Aus den Ergeb-nissen der Gegenüberstellung von Mel-deweg und Reanimations-Sensitivitätlassen sich mehrere Schlüsse ziehen.Ab-gesehen von unmittelbar vor Ort tätigenFachkundigen ist die Rettungsleitstellevon allen zur Verfügung stehenden In-stitutionen am meisten geeignet,um dasVorliegen einer perakuten Vitalgefähr-dung zu eruieren. Sind Abfragen durchmedizinische Laien (z.B. Polizei) vorge-schaltet, werden mitunter dispositions-relevante medizinische Angaben nichterfasst, was die ungünstige Sensitivitätbei über die Polizei eingegangenen Not-rufen erklären könnte. Im Gegensatz
hierzu dürfte sich der gleichfalls niedri-ge Wert beim Meldeweg „Arzt” eher da-durch erklären lassen, dass detaillierte-re Informationen entweder aus nach-vollziehbarem Zeitmangel des Anrufers(„schnell ein Notarzt!”) nicht genanntoder im Vertrauen auf die Fachkompe-tenz des Anrufers gar nicht erst abge-fragt werden.
„Die Rettungsleitstelle ist am meisten dazu geeignet, eine Vitalgefährdung
zu eruieren.”
Die meldewegabhängige Sensitivi-tät unterstreicht (ebenso wie der obenfestgestellte hohe Anteil von Meldungendurch hausbesuchende Ärzte) die Not-wendigkeit, die Bevölkerung regelmäßigüber die Funktion der unmittelbar beider Leitstelle auflaufenden Notrufnum-mer 112 und über potentiell lebensbe-drohliche Warnsymptome aufzuklären[2].Weiterhin ist aber festzustellen, dass(sogar relativ unabhängig von der selbsteingeschätzten Gesprächsstruktur)selbst bei direktem Notrufeingang in derLeitstelle nur etwa jede zweite Reanima-tion erkannt wird. Trotz der oben ge-nannten Erklärungsmöglichkeiten undder Tatsache,dass die Entscheidung „Re-animation oder nicht?” ungleich schwe-rer zu fällen ist als die Frage „Verkehrs-unfall oder nicht?”, legt der Sensitivitäts-wert (und außerdem der 10%ige Anteileiner primär nicht gesehenen Notarzt-indikation) dennoch einer Überprüfungund nötigenfalls Modifikation der der-zeit üblichen (und meist intuitiv modifi-zierten) Abfragetechniken nahe. Hierbeikann zum Zwecke der Erhöhung derSensitivität durchaus die Inkaufnahmeeiner Erniedrigung des Vorhersagewer-tes gerechtfertigt sein. Praktisch hat diesdazu geführt,dass mittlerweile jede Not-fallmeldung, bei der von einer bewusst-losen Person auszugehen ist,die nicht si-cher atmet, als „Verdacht auf Reanimati-on” disponiert wird. Das „Verlaufsmoni-toring” der Reanimations-Sensitivitätzeigt (zum Zeitpunkt der Manuskript-einreichung) einen deutlichen Aufwärts-trend.
Beurteilung von Vitalfunktion undSchweregrad der Verletzungen
Die Analyse der Vitalfunktions- und desVerletzungsscores im RMC liefert einenÜberblick über den statistischen Anteil
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Abb. 3 m Transportziele bei verschiedenen Rückmelde-Indikationen (Abkürzungen s. Tabelle 3)
gefährdeter Patienten innerhalb einerIndikationsgruppe. Im Rahmen einerPlausibilitätsbetrachtung entsprechendie dargestellten Verteilungsprofile derzugeordneten Verdachtsdiagnose. Auf-fallend ist allerdings, dass der Wert 2 fürzwar unauffällige, aber doch bedrohteVitalfunktionen bzw. okkulte Verletzun-gen recht selten vergeben wird. Bei Ein-sätzen mit Arztbeteiligung werden er-wartungsgemäß im Durchschnitt„schwerere Fälle”angetroffen. DerartigeDaten können somit in die Planung vonAlarmierungsstrategien (z.B. primäreNotarztindikation) mit eingehen. DieDaten belegen allerdings, dass praktischin jeder Indikationsgruppe vital gefähr-dete Patienten vorliegen und sprechendamit eher gegen die Nutzung von „In-dikationskatalogen” als für die Anwen-dung kriterienorientierter Dispositions-strategien, bei denen nicht nur Leit-symptome ermittelt, sondern gegebe-nenfalls auch deren Ausprägung undzeitliche Entwicklung erfragt werdenmüssen [1, 7]. Solche Strategien, derenEffektivität sich dann wieder anhandder RMC-Verteilung evaluieren ließe,sollten jedoch nicht als starre „Algorith-men”, sondern besser als „Leitlinien”formuliert sein und damit den Einsatz-sachbearbeiter ermutigen, im Einzelfallvon den Vorgaben abzuweichen, wennihm das sinnvoll erscheint. Dies gilt ins-besondere für einsatz- und kommunika-tionserfahrene Disponenten, deren in-tuitives Verhalten sich durchaus positivauswirken kann [12]. Das RMZ-Systemkann auch in diesem Zusammenhanghilfreich sein,da es dem Disponierendenca. eine Stunde nach seiner Entschei-dung mitteilt, ob das intuitive Vorgehengerechtfertigt war – eine Form internenQualitätsmanagements auf der persönli-chen Ebene des Einsatzsachbearbeiters.
Transportziele
Die Untersuchung des Patientenver-bleibs ist zwar mit vergleichbaren Resul-taten auch ohne RMZ möglich. Anhandvon Leitstellen-Verdachtsindikationenhätte sie aber eine weniger valideGrundlage, die Auswertung anhand rea-ler Arbeitsdiagnosen müsste mittelsDIVI-Protokollen geschehen, bei denenzumindest derzeit weder eine vergleich-bar hohe Rücklaufquote noch ein ver-gleichbar niedriger Auswertungsauf-wand gegeben ist.Die Ergebnisse zeigen,
dass Patienten fast immer in Kranken-häuser transportiert werden, obgleichein hoher Anteil an Patienten als nichtvital bedroht eingestuft wird. Lediglichbei Abwesenheit klinischer Fachabtei-lungen (HNO, Urologie) wird in nen-nenswertem Maß auf niedergelasseneEinrichtungen ausgewichen und wohldann, wenn Praxen einen gewissen logi-stischen Komfort bezüglich Erreichbar-keit (z.B. Durchgangsärzte) und Zu-gänglichkeit bieten. Angesichts chroni-scher Engpässe in den Notaufnahmeein-heiten der Kliniken scheint hier ein bis-her weitgehend ungenutztes Entspan-nungspotential zu liegen.
Akzeptanz der RMZ
Im Hinblick auf die Akzeptanz ist fest-zustellen, dass sich das RMZ-System guteingeführt hat und mittlerweile ohnenennenswerte Belastung der Beteiligtenbenutzt wird. Wesentliche Vorausset-zung dafür war vermutlich die vorheri-ge einvernehmliche Absprache mit allenBeteiligten, sicher aber auch der sanfteErfassungsdruck durch das Prinzip„Keine Einsatznummer ohne RMZ”. Ne-ben den Vorteilen für die Datenerhe-bung und das Qualitätsmanagementscheint die Erhebung der RMZ als Ne-beneffekt einen positiven Einfluss aufdie vor Ort agierenden Rettungsteamszu haben: durch den Zwang, am Einsatz-ende nochmals die Hauptdiagnose unddie Ausprägung der Vitalfunktionen desPatienten zu rekonstruieren, wird gele-gentlich der Anstoß zu einer spontanenNachbesprechung gegeben. Außerdemkönnte der Ablauf einer strukturierten,vitalfunktionsorientierten Notfallunter-suchung gefestigt werden, was insbeson-dere „Anfängern” zugute kommen dürfte.
Problematisch ist derzeit der relativhohe Aufwand der Datenaufbereitung,weil die Zuordnung von Einsätzen zuPatienten, Fahrzeugbewegungen undEinsatzstellen derzeit nur teilautomati-siert möglich ist. Eine Verbesserung wä-re nur durch eine grundlegende Verän-derung der Einsatzleitsoftware möglich.Gleiches gilt für die derzeit noch nichtroutinemäßig durchführbare Erfassungund Auswertung von Dispositions(teil)-zeiten [11, 13, 14], deren Kenntnis zur„ganzheitlichen” Beurteilung der Pro-zessqualität in einer Leitstelle unver-zichtbar ist.
Schlussfolgerungen
Vergleicht man abschließend die ein-gangs selbst gestellten Anforderungenan ein Rückmeldeinstrument (Tabelle 1)mit den Ergebnissen der Untersuchung,lassen sich folgende Schlüsse ziehen:◗ Qualitative (RMI) wie quantitative
(RMC) Daten werden in einer fürÜbersichtsbetrachtungen hinrei-chend differenzierten Art erfasst.
◗ Die Daten sind unmittelbar nachEinsatzende und damit genügendschnell mit äußerst geringem Auf-wand zu erfassen.
◗ Der Datenrückfluss liegt mit über90% auf einem höchst zufriedenstel-lenden Niveau.
◗ Die Art und Weise von verschlüssel-ter Erfassung und Patientendaten-unabhängiger Auswertung entspre-chen den datenschutzrechtlichenVorgaben.
◗ Das System wird von allen Beteilig-ten akzeptiert und zumeist engagiertangewandt.
◗ Der Auswertungsaufwand ist zwarvertretbar, aber durchaus noch opti-mierungsfähig.
Fazit für die Praxis
Das RMZ-System hat sich bewährt, wirdallgemein gut akzeptiert und weist positi-ve Begleiteffekte für den Rettungsdienst-bereich insgesamt auf.Trotz der grundlegenden Vorteile des Sy-stems muss klar dargestellt werden, dasses nur eine Komponente in einem umfas-senden rettungsdienstlichen Qualitätsma-nagementsystem sein kann. Es ersetzt kei-nesfalls umfassendere Erfassungsinstru-mente wie Rettungsdienst- und Notarzt-protokolle mit ihren dort implementiertenanerkannten und validierten Scoresyste-men, die selbstverständlich weiterhin de-zentral und möglichst auch zentral ausge-wertet werden sollten. Diese detaillierte-ren Qualitätssicherungsinstrumente kön-nen durch die RMZ unterstützt werden, in-dem diese die Zahlenbasis für die Ermitt-lung der Rücklaufquote liefern kann. Um-gekehrt können Einsatzprotokolle stich-probenartig zum Vergleich mit der RMZherangezogen werden, um den Anteil „un-auffälliger” Falscheingaben festzustellen.RMZ-basierte Einsatzdatenfilterungenkönnen außerdem Grundlage für weiter-führende Studien mit speziellen Fragestel-lungen (Reanimation, Infarkt, Insult) sein.
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Aus Sicht eines Leitstellen- und Rettungs-dienstträgers stellt die RMZ eine sinnvolleErgänzung der bisher zur Verfügung ste-henden Einsatzdaten und Auswertungsin-strumente (Hilfsfrist, räumliche und zeitli-che Notfalldichte, Rettungsmittelauslas-tung etc.) dar. Zur Beantwortung überre-gionaler und vergleichender Fragestellun-gen wäre eine weitere Verbreitung einesRückmeldesystems mit der Generierungz.B. eines einheitlichen „minimalen Rück-meldedatensatzes” wünschenswert.
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13. Workshop Maria Laach (1997) Leitstelle.Schriftenreihe zum Rettungswesen des Insti-tuts für Rettungsdienst des DRK.Verlagsgesell-schaft des DRK-LV Westfalen-Lippe, Nottuln
14. Workshop Maria Laach (1998). Leitstelle II.Schriftenreihe zum Rettungswesen des Insti-tuts für Rettungsdienst des DRK.Verlagsgesell-schaft des DRK-LV Westfalen-Lippe, Nottuln
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Hrsg.: G. Hempelmann, H.-A. Adams, P. SefrinNotfallmedizin, ains Band 3
Stuttgart, New York: Thieme, 1999. 661 S.,255 Abb., 187 Tab., (ISBN 3-13-112781-3),DM 178,–
Als Erster von vier Bänden einer geplanten Stan-dardlehrbuchreihe für das Fachgebiet Anästhesieerschien das vorliegende Buch, das die relevantenThemen der Notfallmedizin abhandelt.
Beginnend mit Kapiteln über die Grundla-gen und die allgemeine Notfallmedizin folgt einAbriß der speziellen Notfälle aller relevanten me-dizinischen Fachdisziplinen. Im Anschluß daranwird eine Übersicht über Rechtsgrundlagen, Auf-bau, Ausrüstung und Organisation des Rettungs-dienstes, sowie das Vorgehen bei Großschadens-ereignissen und Katastrophen gegeben. Der An-hang beinhaltet eine Zusammenstellung derempfohlenen Ausrüstung von Notfallkoffer undNotarzt-Einsatzfahrzeug, Tips zum Aufbau undAusrüstung einer Sondereinsatzgruppe sowie ei-nen Überblick über die gängigen Notfallmedika-mente.
Was sehr zur Übersichtlichkeit des Buchesbeiträgt, ist der „Rote Faden“ zu Beginn jedesKapitels, die Hervorhebung von „Definitionen“,„besonders wichtigen Informationen“, und „Tipsfür die Praxis“ aus dem Textverband, sowie dieab-schließende Zusammenfassung der „Kernaus-sagen“ am Ende des jeweiligen Beitrages.
Das Buch orientiert sich am momentanenStandard der Notfallmedizin im deutschsprachi-gen Raum, und wird damit seinem Anspruch alsNachschlagewerk durchaus gerecht, auch wennnicht alle aktuellen Innovationen, wie z.B. die Ver-wendung von halbautomatischen Defibrillatorendurch First-Responder, Eingang finden.
N. Golecki (Mainz)
Buchbesprechung
F. KorffInternet für Mediziner
3., aktual. u. erg. Aufl.; Berlin Heidelberg,New York: Springer, 1999. 248 S., 53 Abb.,(ISBN 3-540-66263-4), brosch. DM 39,90
Bereits in der drittenAuflage liegt jetzt dasBuch von Florian Korff„Internet für Medizi-ner“ vor. Gegenüberden ersten Auflagensind etliche Kapitel(Geschichte, Grund-lagen, Wege ins In-ternet) gestraffter,was dem Wunschdes Lesers, schnellinformiert zu wer-den, sicher entgegen kommt. Gelungen auch dieAnleitung zum Arbeiten mit Suchmaschinen undder Medline-Datenbank der National Library ofMedicine. Dieser Teil zeigt dem Einsteiger kurzund prägnant den erfolgreichen Einstieg insNetz.
Leider fällt die Qualität im Teil „Internet fürMediziner“ dann deutlich ab. Dass renommierteAdressen – wie die Cochrane Library, das Deut-sche Gesundheitsnetz (DGN) oder Medizin aktu-ell – fehlen, mag man noch damit erklären, daßdiese Sites dem Autor nicht empfehlenswert er-schienen. Daß manche der aufgelisteten Adres-sen aber schlicht und einfach schlampig recher-chiert sind, ist ärgerlich. Und die Adressenlisteam Ende wäre als Linkliste auf einem Server hilf-reicher, denn als Seitenfüller. Fazit: Der Netznovi-ze wird in der ersten Buchhälfte gut beraten, derfortgeschrittene Anwender in der zweiten Hälfteenttäuscht.
R. Merz (Heidelberg)