die nervösen einflüsse auf die augenmuskeln

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Die nerviisen Einfliisse auf die hugenmuskeln. Von ~:)rof. Dr. ~ARTIN BARTELS~ Dortmund. Mit 1 Textabbildung. In einem neuen Schem~* ist versucht, ~11enervSsen ]~inflfisse a.uf die Augemnuskeln darzustellen. ]~s ist lediglich eine seit Jahrzehnten we%er entwickelte Erg~nzung friiherer derartiger Abbi]dungen. Die letzte finder sich in Gra, efes Arch. 144, S. 7 (194]). Die hier dargeste]]ten Ein- wirkungen auf die 5{uskeln sind nun keineswegs in ibxer Art und St~rke gleich, manche noch unbestimmt oder nut auf wenige Beobachtungen ge- stiitzt ;und vor allem in der Tierreihe, auch der S/~ugetiere, yon durehaus versehiedener Bedeutung. Eine :Einwirkung Mlein zieht sieh dureh die gesamte Tierreihe gleichmiiBig hin, n~mlich die des Gleichgewichts- organes (Vestibulum), und zwar ist die Wirkung ffir die Muskeln gleieh, ob dieses Gleichgewichtsorgan einfach oder kompliziert gebaut ist. Die einfache offene Otocyste de r tKrebse wirkt ebenso gesetzgebencl and rieh- tunggebend auf die Augenmuskeln und damit a uf die Augenbewegung and Augenstellung, wie das hochkomplizierte Vestibnlum der Fische and VSgel. Diese besitzen bekanntlich noch einen Otolith mehr als die Menschen. Denn ~lle Tiere, die sich fortwghrend in alien Ebenen wech- selnd bewegen, bed/irfen zur sehnellen l:~egulierung der Augenstelhmg am meisten eines solchen feinempfindlichen Apparates, um ein Bliek- objekt nicht aus den Augen zu verlieren. Nur die Eule hat, yon alien Tieren allein, soweit wit bisher wissen, keinerlei vestibulare Augen- bewegungen, einfach deshalb, weft ihre Augen trotz des Besitzes ~ugerer Augenmuskeln in tier Orbita nnbeweglich verwachsen sind. In der Tierreihe sonst wirkt ] ede ]%eizung eines Ohrappargtes auf die Muskeln fiir die Seitenwendung haCk der Gegenseite, also vom rechten Appar~t Blickwendung naeh links. Im Schema ist dieses dutch Sehwfirzung der reehten tI~lfte des Vestibulum and der linken Seitenwender dar- gestellt. Aueh beim Krebs ist dieses sehon festgestellt durch Bewegung der Otolithen. Verliert ein Krebs seinen Otolithen, so legt er ihn sich selbst in seiner offenen Otoeyste aus irgendwelehem greifbaren 3/[aterial neu an. ~{an bot ihm dafiir eisenhaltigen Stoff nnd konnte nun mit einem Magnet jede Bewegung der Otolithen verfolgen. * Die Abbildung geh6rte eigentlieh sehon zu der Arbeit Graefes Arch. 147, It. 3. Aus ~uBerenGriindenkonnte sic nieht Iriih gefiug fertiggestelltwerden. Die Namensbezeiehnungender Abbildung sind im Text jeweilsin Klammern gesetzt.

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Page 1: Die nervösen Einflüsse auf die Augenmuskeln

Die nerviisen Einfliisse auf die hugenmuskeln.

Von ~:)rof. Dr. ~ARTIN BARTELS~ Dor tmund.

Mit 1 Textabbildung.

In einem neuen Schem~* ist versucht, ~11e nervSsen ]~inflfisse a.uf die Augemnuskeln darzustellen. ]~s ist lediglich eine seit Jahrzehnten we%er entwickelte Erg~nzung friiherer derartiger Abbi]dungen. Die letzte finder sich in Gra, efes Arch. 144, S. 7 (194]). Die hier dargeste]]ten Ein- wirkungen auf die 5{uskeln sind nun keineswegs in ibxer Art und St~rke gleich, manche noch unbestimmt oder nut auf wenige Beobachtungen ge- stiitzt ;und vor allem in der Tierreihe, auch der S/~ugetiere, yon durehaus versehiedener Bedeutung. Eine :Einwirkung Mlein zieht sieh dureh die gesamte Tierreihe gleichmiiBig hin, n~mlich die des Gleichgewichts- organes (Vestibulum), und zwar ist die Wirkung ffir die Muskeln gleieh, ob dieses Gleichgewichtsorgan einfach oder kompliziert gebaut ist. Die

einfache offene Otocyste de r tKrebse wirkt ebenso gesetzgebencl and rieh- tunggebend auf die Augenmuskeln und damit a uf die Augenbewegung and Augenstellung, wie das hochkomplizierte Vestibnlum der Fische and VSgel. Diese besitzen bekanntlich noch einen Otolith mehr als die Menschen. Denn ~lle Tiere, die sich fortwghrend in alien Ebenen wech- selnd bewegen, bed/irfen zur sehnellen l:~egulierung der Augenstelhmg am meisten eines solchen feinempfindlichen Apparates, um ein Bliek- objekt nicht aus den Augen zu verlieren. Nur die Eule hat, yon alien Tieren allein, soweit wit bisher wissen, keinerlei vestibulare Augen- bewegungen, einfach deshalb, weft ihre Augen trotz des Besitzes ~ugerer Augenmuskeln in tier Orbita nnbeweglich verwachsen sind. In der Tierreihe sonst wirkt ] ede ]%eizung eines Ohrappargtes auf die Muskeln fiir die Seitenwendung haCk der Gegenseite, also vom rechten Appar~t Blickwendung naeh links. Im Schema ist dieses dutch Sehwfirzung der reehten tI~lfte des Vestibulum and der linken Seitenwender dar- gestellt. Aueh beim Krebs ist dieses sehon festgestellt durch Bewegung der Otolithen. Verliert ein Krebs seinen Otolithen, so legt er ihn sich selbst in seiner offenen Otoeyste aus irgendwelehem greifbaren 3/[aterial neu an. ~{an bot ihm dafiir eisenhaltigen Stoff nnd konnte nun mit einem Magnet jede Bewegung der Otolithen verfolgen.

* Die Abbildung geh6rte eigentlieh sehon zu der Arbeit Graefes Arch. 147, It. 3. Aus ~uBeren Griinden konnte sic nieht Iriih gefiug fertiggestellt werden. Die Namensbezeiehnungen der Abbildung sind im Text jeweils in Klammern gesetzt.

Page 2: Die nervösen Einflüsse auf die Augenmuskeln

108 M ~ m B~a~,ns:

Eine so uusgesprochene l~ichtung der Augen nach der Gegenseite findet sieh uber nur noch bei l~eizung der Cerviealgegend (Collum) und der Stirnhirnwindung (Cortex frontalis). Die Cervicalaugenbewegung in bestimmter l~ichtung ist uber nur festgestellt bei Fischen (MAxweLl) und sp~tter bei Kaninehen (Bx~A~y). Sic 1/~l]t sieh leieht nuehweisen. Beim Kuninchen braueht man nur bei fixiertem Kopf den Rumpf hin- und herzubewegen, dann folgen die Augen, als wenn sie gesteuert wiirden. Das ist uber bisher bei keinem anderen S~ugetier nachgewiesen worden

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Bei underen liel~ sich nut feststellen, dab auf derartige Reizungen der Cervic~lgegend iiberhaulot Augenbewegungen ~uftr~ten; so bei mensch- lichen Sguglingen.

Augenbewegungen in bes~immter t~ichtung sind beim Menschen auch nur bei l~eizung bzw. Ausschalten der Stirnhirngegend (Cortex ]rontalis) festgestellt worden, bei t~eizungen des Hin~erhuuptl~ppens (Cortex occipit~lis) un4 Scheitell~ppens (Gyr. ung.) zweifelhaft. Es ist bek~nnt, dal~ bei Hunden, K~tzen und Affen auch yon anderen Hirn- gegenden bestimmte Augenbewegungen dutch l~eizung hervorgerufen wurden. Es ist bezeichnend, dul~ dies S/~ugetiere mit spontun beweg- lichen Augen sind. Andererseits hat man bei Tieren wie dem Chameleon und vcrschiedenen V6geln (Ruben, M6ven) his j e%zt keine sicheren Augen- bewegungen uuf bestimmte Hirnreizung beobachtet, trotzdem diese Tiere weitgehendst spontane Augenbewegungen besitzen. Hier ]iegen noch g/~nzlich unbekannte, komplizierte Verhgltnisse in der Entwick- lung vor. Auch D/~mmerungszittern is~ bekunntlich ullein bei S/~ugetieren mit spont~nen Augenbewegungen, wie I-Iunden und ~(utzen, hervor- zurufen~ nicht beim Kuninehen~ dem sl3ontune Augenbewegungen fehlen.

Page 3: Die nervösen Einflüsse auf die Augenmuskeln

Die nerv6sen Einflfisse auf die Augenmuske]n. 109

Andererseits ist es bei den erw/~hnten V6geln mit spontanen Augen- bewegungen nieht zu erzeugen. Es mug eine I-Iirnentwieklung in be- stimmten Graden Vorliegen, cIie neben der Entwieklung zu spontanen Augenbewegungen einhergeht bei den S~ugern, um dieses D~mmerungs- zit~ern zu ermSgliehen. Eine grebe Anzahl yon nervSsen Reizungen is~ nur allgemeiner Natur, ohne besoncIers riehtunggebend zu sein, d .h. ohne eine bestimmte Augenbewegung auszulSsen. So wirkt das Lieht (Lux) ~llgemein tonisierend (Liehttonus), wahrseheinlieh aueh die Eigenreize der Netzhaut (Irritationes proTriae retinae), die ja aueh im Dunkeln sieh uns bemerkbar machen.

Wieweit Beliehtung bestimmter Netzhauth/tlften aueh auf be- stimmte Augenmuskeln wirkt, ist zweifelhuft. Nueh den interessunten Versuehen yon IV[~TZGE~ w/~re eine solche Wirkung mSglieh. M~TZGER wies bekunntlich nueh, dug bei Beliehtung einer Netzhuuth/~lfte sieh der Spannungszustund yon bestimmten Extremit~tenmuskeln /~ndert. Es w~re demnaeh durehaus mSglieh, dug sieh das uueh auf bestimmte Augenmuskeln uuswirkte. METZGEa hut die Wirkung auf die Extremi- t/ttenmuskulutur uber nur am K~ninehen naehgewiesen .uhd un diesem Tier w~ire der EinfluB uuf die Augenmuskulutur meines Eruchtens sehwer festzuste!len, du bei ibm die Augenmuskeln eigentlieh nur s eervieule und vestibulure Reize reugieren. Beim Menseh sind in dieser Hinsieht iiberhuupt noeh keine Beobuehtungen gemueht.

Sensible Reizungen des Orbitalinhalts im weiteren Sinn (orbita sens.), die bei Bewegungen des Augapfels uusgel6st werden, kSnnen in irgendeiner Weise uueh, abgesehen -con dem rein meehanisehen uls Nervenreiz auf die Augenmuskeln einwirken. Uber dus ,,wie" wissen wir noeh niehts. I)ag die Sp~nnungs~nderung der auBeren Augenmuskeln (musculo. sensib.) irgendwie reflektoriseh sieh bemerkbur maeht, ist wuhr- seheinlieh, du ja GO~THLIN uueh kin~sthetisehe Wirkungen festgestellt hut~; ob in irgendeiner Weise nueh bestimmter giehtung, duvon wissen wir niehts. Eine allgemeine Einwirkung geht aueh wahrseheinlieh veto Sympathicus uus uuf die .Augenmuskeln bzw. ihre Zentren im Zentrulnervensystem (Sympathicus). Ieh verweise diesbeziiglieh auf die Arbeiten yon MtrOK 1. Bei Fisehen sine[ riehtunggebend (Cutis), bei t~eizung bestimmter K0pfhautgegenden bestimmte Augenbewegungen (MAxwELL). Bei underen Tieren und Mensehen nut sehr unbestimmt 1. Beeken- und Gliederbewegungen (Pelvis membra) 15sten uueh bei Men- sehen Augenbewegungen aus, uber in unbestimmter Form.

Auf direkte H6rreize (Cochlea) sind nut vereinzelt Augenbewegungen unbestimmter Art beobuehtet worden. Die Wirkung tier versehiedenen Hirngegenden, mit Ausnuhme der oben sehon erwahnten ist in frfiheren Arbeiten 1, 2 ausftihrlieh er6rtert, Briieke (Pens), u (Corpora quadrig. ) , Zentrulgunglien ( Regio ganglo central.), Kleinhirn ( Cer ebeUum ).

Page 4: Die nervösen Einflüsse auf die Augenmuskeln

110 MAI~TIN :BAICTELS: Die nervSsen Einfltisse auf die Augenmuskeln.

Hinzu gekommen ist die Gegend des roten Kerns (Nucleu s tuber), die wahrscheinlich beim bergm/~nnischen Augenzit tern eine Rolle spielt x In der letzten Arbeit 2 ist auch ausfiihrlich auf die beim Menschen so wichtige l~olle der Verschmelzungstendenz (Fusio) n~her eingegangen, die im Gegensatz zu anderen S/s die Augenstellung reguliert. Ebeuso ist dort die Art und Blickriehtung der spontanen Augenbewegun- gen, d. h. der willkfirlielle Blick (Voluntas) erSrtert.

Aus dem Schema crgib~ sich eine noeh vor einigen Jahren nich~ ge- ahnte Mannigfaltigkeit der versehiedenen Einfliisse auf die Augenmuskeln. Vielleicht kann das Schema dazu dienen, diese im einzelnen lind ihre Beziehungen untereinander und zu den tibrigen Bewegungsorganen und den Arten der t~ortbewegung in der Tierwelt zu erforschen.

Literatur. Das Schrifttum ist gcnau angegeben in folgenden beiden ArbeitGen: 1 BA~TELS : Graefes Arch. 144, 5 (1941). - - 2 BARRELS: Graefes Arch. 147, H. 3. Im Schrifttum der ersten Arbeit mul~ erg~nzt werden: 55 DE KLEY~r U.

SeHE~K: Aeta oto-laryng. (Sehwd.) 1~, 439 (1931).