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DIE VARROA- MILBE Ein gefährlicher Bienenparasit

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DIE VARROA-MILBEEin gefährlicher Bienenparasit

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Die Varroa-Milbe | Einleitung 3

Die Arbeit von Honigbienen ist für uns Menschen immens wichtig. Sie leisten eine bedeutende Hilfe bei der Bestäubung vieler Nutzpflanzen und tragen so zur Nahrungsmittelproduktion bei. Ein großer Anteil unserer Lebensmittelproduktion basiert auf der Unterstützung durch Bienen und andere Bestäuber. Und deshalb gilt: Die Bienengesundheit muss geschützt und verbessert werden.

In den letzten 50 Jahren ist zwar die Anzahl der Honigbienenvölker weltweit gewachsen, doch in einigen Regionen der Welt hat der schlechte Gesundheitszustand der Kolonien besorgniserregende Ausmaße angenommen. Einer der Hauptverantwortlichen, wenn nicht der größte Feind der Honigbiene, ist eine kleine Milbe namens Varroa destructor. Zur Bekämpfung der Milbe stehen derzeit nur wenige Mittel zur Verfügung. Die erhält-lichen Wirkstoffe und Maßnahmen können, kombiniert mit guter imkerlicher Praxis, den Einfluss dieses Schädlings eindämmen.

Einleitung3 Honigbienen – Kleine Insekten, große Leistung5 Varroose Der Befall von Bienenvölkern6 Verbreitung der Varroa-Milbe7 Milbenwanderung

Biologie8 Die Biologie des Parasiten8 Körperbau 9 Milben-Geschlechter

10 Sinneswahrnehmungen der Milbe11 Die Fortpflanzung der Varroa destructor12 Eiablage in der Brutzelle

Begattung der Milben-Weibchen13 Entwicklungsstadien der Varroa-Milbe14 Nach dem Schlüpfen der Biene15 Die Übertragung von Viren16 Viren bei Honigbienen

Infektion19 Infektion mit der Varroa-Milbe

Bekämpfung21 Die Bekämpfung der Varroa-Milbe

Diagnostik24 Maßnahmen zur Bekämpfung

Chemische Verfahren während der Brutzeit26 Chemische Verfahren außerhalb der Brutzeit27 Biotechnische Verfahren

Ausblick28 Ausblick auf einige aktuelle Forschungsansätze29 Varroa-Gate Technologie30 Weitere Forschungsansätze

Ist ein Artikel oder ein Bildmotiv mit diesem Zeichen gekennzeichnet, steht Ihnen Bild- oder Textmaterial zum Download unter dem jeweils angeführten Link zur Verfügung.

Nutzen Sie unser Angebot für Ihre Varroa- Schulungen.

HonigbienenKleine Insekten, große Leistung

INHALT

Die Varroa-MilbeEin gefährlicher Bienenparasit

Þ 1

Die Varroa-Milbe | Einleitung 5

VarrooseDer Befall von Bienenvölkern

Bildmaterial zum Download unter www.beecare.bayer.de/varroa

Rechts: Varroa-Milben in verschiedenen Entwicklungsstadien in den Brutwaben eines Bienenvolks

Links:Adulte Biene mit Varroa-Milbe und Symptomen des Flügel-deformationsvirus (DWV)

Sie ist winzig und doch höchst gefährlich: Die Milbe Varroa destructor ist der größte Feind der Westlichen Honigbiene (Apis mellifera). Der Parasit hat sich mittlerweile in großen Teilen der Welt ausgebreitet; ausgenom-men Australien. Vor allem Europa und Nordamerika verzeichnen einen starken Milbenbefall. Und der Schädling bedroht die Bienengesundheit in Europa und Nordamerika maßgeblich: Ohne menschliche Hilfe stirbt dort ein von Milben befallenes Bienenvolk in der Regel innerhalb von drei Jahren aus.

Neben der Bedrohung durch die Varroa-Milbe selber besteht auch die Gefahr von Sekundärinfektionen, die sich ebenfalls stärker ausbreiten und die Bienenvölker zusätzlich schwächen: Ähnlich wie die Zecke übertragen die kleinen Parasiten Krankheiten, die für erwachsene Bienen und ihren Nachwuchs oft tödlich enden.

Forscher haben im Kampf gegen die Milbe eine schwierige Aufgabe. Denn trotz vielversprechender Ansätze gibt es bislang keine einfach einzuset-zenden und nachhaltigen Behandlungen gegen den Bienenparasiten. Und der Durchbruch in der Züchtung Varroa-resistenter Linien der Westlichen Honigbiene ist bislang noch nicht gelungen.

Die Varroa-Milbe | EinleitungDie Varroa-Milbe | Einleitung 76

Verbreitung der Varroa-Milbe

Heimisch ist die Varroa-Milbe ursprünglich in Asien. Sie wurde das erste Mal vor 100 Jahren auf der Insel Java in Indonesien entdeckt. Der niederländische Zoologe Anthonie Cornelis Oudemans nannte sie Varroa jacobsoni. Ursprünglich befiel die Milbe die Asiatische Honig-biene (Apis cerana). Diese konnte sich über Jahrtausende erfolgreich an den Parasiten anpassen: Durch ausgeprägtes Putzverhalten im Stock und andere Verhaltensweisen bekämpfen die Bienen die Milben und begrenzen so den Schaden am Volk.

Als europäische Siedler die Westliche Honigbiene (Apis mellifera) nach Asien brachten, befiel die Varroa-Milbe auch diese. Mit den infizierten Völkern wurde der Parasit dann nach Europa eingeschleppt. Dort breitet sich die Milbe seit den 1970er-Jahren immer weiter aus.

Neue genetische Untersuchungen zeigen, dass Varroa jacobsoni 18 genetisch unterschiedliche Typen umfasst, die zwei Hauptgruppen zugeordnet werden: Varroa jacobsoni und Varroa destructor. Der neu identifizierte Typ Varroa destructor richtet großen Schaden in Euro-pa und Nordamerika an, denn die Westliche Honigbiene verfügt über keine ausreichenden Abwehrfunktionen. Das Gleichgewicht zwischen Parasit und Wirt muss sich in diesen Teilen der Welt offensichtlich noch einstellen.

Mittlerweile bevölkert die Milbe viele Regionen der Welt: China und Russland verzeichnen die Parasiten ebenso wie Mitteleuropa und Nord- sowie Südamerika. Sogar Neuseeland und Hawaii vermelden in den 2000ern einen Befall. Bislang ist nur Australien verschont geblieben, vor allem durch intensive Kontroll- und Quarantänemassnahmen.

Milbenwanderung

Verbreitung der Milbe in den markierten Ländern mit dem Jahr des Erstfunds im entsprechenden Jahrzehnt.

2000er

Kein VorkommenKeine Angaben

1980er

Quelle: modifiziert nach Webster TC, Delaplane KS 2001, Mites of Honey Bee, (ECPA)

1970er 1960er 1950er Erster Fund

// Die parasitische Varroa-Milbe kommt ursprünglich aus Asien. Von dort aus hat sie sich mittlerweile in Richtung Westen beinahe auf der ganzen Welt verbreitet – und bedroht dort die Westliche Honigbiene.

// Einzig in Australien ist die Milbe bisher noch nicht gesichtet worden.

Þ 1

Die Varroa-Milbe | BiologieDie Varroa-Milbe | Biologie 98

Die Biologie des Parasiten Körperbau

Varroa destructor bedeutet „zerstörerische Milbe“: Der Name des Parasiten ist bezeichnend – dabei ist das Spinnentier kaum mehr als einen Millimeter lang und kann weder sehen noch hören. Der Körper der Milbe besteht aus vier Beinpaaren sowie den stechend-saugenden Mundwerkzeugen. Ihre Umgebung nimmt die Milbe über zahlreiche Rezeptoren in Sinneshärchen wahr, die über den ganzen Körper verteilt sind. Durch ihre flache Form und Haftborsten kann sich die Varroa-Milbe optimal am Bienenkörper festhalten. Mit den Mundwerkzeugen sticht sie dann in die „Bienenhaut“ (cuticula) und saugt die blutähnliche Flüssigkeit der Biene, die sogenannte Hämolymphe.

// Körperbau: Idiosoma (hinterer Körperabschnitt) und Gnathosoma (Kopfteil).

// Die Milbe hat vier Beinpaare sowie stechend-saugende Mundwerkzeuge.

// Mit Haaren an der Ober- und Unterseite ihres Körpers haftet sich die Milbe an die Honigbiene.

// Der Parasit saugt die Hämolymphe adulter Bienen und der Bienenbrut.

Milben-Geschlechter

Männliche und weibliche Milben unterscheiden sich deutlich von- einander: Die Männchen haben eine rundere Körperform und sind gelblichweiß gefärbt. Sie sind außerdem mit einer Größe von 0,7 bis 0,9 Millimetern deutlich kleiner als die Weibchen. Diese messen rund 1,1 Millimeter in der Länge und 1,6 Millimeter in der Breite. Zudem sind sie stark sklerotisiert, haben also eine härtere Cuticula mit bräunlicher Färbung.

Auch die Mundwerkzeuge sind deutlich ausgeprägter als bei den Männchen. So können nur die Weibchen die Haut der Bienen und ihrer Brut durchdringen, während die Männchen ohne Verletzungen nicht an die Hämolymphe als Nahrung gelangen. Die männlichen Milben befin- den sich in der Brutzelle und ernähren sich von der Bienenbrut an einem Futterloch, das die weibliche Milbe geschaffen hat. Daher können auch nur die Weibchen außerhalb der Brutzellen überleben. Die Funktion der männlichen Milben beschränkt sich auf die Begattung der Weibchen.

Morphologie des Weibchens• 1,1 mm lang und 1,6 mm breit• flacher Körper • stark sklerotisiert = mechanischer Schutz • braune Färbung • Haftlappen (Apotelen)

am letzen Beinglied (Tarsen)• zwei Zähne am Ende der Kieferklaue

Morphologie des Männchens • kleiner als das Weibchen • 0,7 mm lang und 0,9 mm breit• gelblich-weiß gefärbt• rundliche Körperform• lebt nur in den verdeckelten Zellen

auf der Bienenbrut

Bildmaterial zum Download unter www.beecare.bayer.de/varroa

Varroa-Weibchen rechts oben, Varroa-Männchen links unten im Bild

Die Varroa-Milbe | BiologieDie Varroa-Milbe | Biologie 1110

Sinneswahrnehmungen der Milbe

Die Varroa-Milbe orientiert sich, ohne zu sehen oder zu hören – sie kannlediglich zwischen hell und dunkel unterscheiden. Dagegen sind die Rezeptoren an ihren Sinneshärchen sehr ausgeprägt: Die Milbe ist sehr empfänglich für Wärmeunterschiede, Feuchtigkeit und chemische Reize. Um sich im Bienenstock zurechtzufinden, nutzt der Parasit seinen aus-geprägten Tastsinn und spürt dabei selbst leichteste Vibrationen. Die Vorderbeine setzt er ähnlich wie Insekten ihre Fühler ein: Er tastet seine Umgebung ab. Forschungen haben zudem gezeigt, dass die Varroa- Milbe über ein Sinnesorgan in einer kleinen Grube auf den Vorderbeinen riecht und schmeckt. Mithilfe der sensiblen Wahrnehmungssensoren findet sie den richtigen Weg zu den Brutzellen im Bienenstock.

Der Parasit befällt sowohl adulte Bienen als auch ihre Brut. Die Varroa- Weibchen können auch außerhalb der Brutzellen überleben, indem sie sich an den adulten Bienen festsaugen. Der Parasit pflanzt sich aber ausschließlich in den geschlossenen Brutzellen der Bienen fort. Kurz vor dem Verdeckeln dringen die Varroa-Weibchen in die Brutzellen ein und wandern zum Boden der Zelle – sie verstecken sich zum Schutz vor den brutpflegenden Bienen unter den Bienenlarven. Dort liegen sie im Futter-saft der Bienenbrut. Ist dieser aufgebraucht, sticht die Varroa-Milbe die Bienenlarve und beginnt zu saugen. Der Parasit hat seinen Lebensraum und die Nahrung stark an seinen Wirt angepasst.

Entwicklung der Varroa-Milbe in der BienenwabeVarroa-Milbe aufgenommen mit einem Elektronenmikroskop

Detailaufnahme der beiden Vorderbeine einer Varroa-Milbe mit dem dazwischenliegenden Mundwerkzeug

// DIE VARROA DESTRUCTOR HAT EINE GRUBE MIT EINEM

GERUCHSSINNESORGAN AUF DEN VORDERBEINEN. DAMIT

KANN SIE RIECHEN UND SCHMECKEN. DIE VORDERBEINE

NUTZT SIE WIE FÜHLER, UM DAMIT DIE UMGEBUNG

ABZUTASTEN. //

Die Fortpflanzungder Varroa destructor

Varroa-Milbe wandert in die Zelle mit Larve ein

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Vermehrung der Varroa-Milbe

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Die Varroa-Milbe | BiologieDie Varroa-Milbe | Biologie 1312

2021

19181716

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1211

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321

1. Tag nach

Verdeckelung der Brutzelle

2. Tag nach

Verdeckelungder Brutzelle

3.Tag nach

Verdeckelungder Brutzelle

4.Tag nach

Verdeckelungder Brutzelle

5.Tag nach

Verdeckelungder Brutzelle

6.Tag nach

Verdeckelungder Brutzelle

7.Tag nach Verdeckelung der Brutzelle

8.Tag nach Verdeckelung der Brutzelle

9.Tag nach Verdeckelung der Brutzelle

10.Tag nach Verdeckelung der Brutzelle 11.Tag

nach Verdeckelung der Brutzelle

12.Tag nach Verdeckelung der Brutzelle

ENTWICKLUNGDER BIENENBRUT

IN TAGEN

1. Milben-Ei

2. Milben-Ei

Eine weibliche Milbe legt bis zu 5 befruchtete Eier

3. Milben-Ei

4. Milben-Ei

Varroa-Weibchenund deren Nach-kommen dringen

in neue Brutzellen ein

Paarung

Tag nach Verdeckelung der Brutzelle

g

98

Eiablage in der Brutzelle

Die Pheromone der Bienenlarve und das Verschließen der Wabenzellen durch die Arbeiterinnen mit Wachs (Verdeckeln) aktivieren rund sechs Stunden nach dem Eindringen der Varroa ihre Eireifung – die sogenannte Oogenese. Rund 60 Stunden nach der Verdeckelung der Zelle legt die Muttermilbe dann fünf bis sechs Eier: Das erste bleibt unbefruchtet, daraus schlüpft immer ein Männchen. In Abständen von jeweils einem Tag legt die Milbe danach vier bis fünf befruchtete Eier, aus denen der weibliche Milben-Nachwuchs schlüpft. Die Nymphen sind weiß und entwickeln sich in etwa sechs Tagen über verschiedene Entwicklungs-stadien zu geschlechtsreifen Milben-Weibchen. Die Männchen brauchen etwa sieben Tage bis zur Geschlechtsreife. Die jungen Milben können sich noch nicht selber ernähren, die Muttermilbe bohrt daher für den gesamten Nachwuchs ein gemeinsames Futterloch in die Bienenpuppe. Während der Entwicklungszeit muss die Muttermilbe dieses Futterloch als einzige Nahrungsquelle aller Milben mit viel Energie aufrechterhalten.

Begattung der Milben-Weibchen

Während der Entwicklungszeit der Arbeiterinnen bleiben der Milbe 12 Tage, um sich zu vermehren – in den Zellen des männlichen Bienennachwuchses sogar 14 Tage. Die Drohnenbrut wird üblicherweise fünf- bis zehnmal häufiger befallen als die weibliche Arbeiterinnenbrut. Auch die Begattung in der Brutzelle verläuft effizient und zielgerichtet: Die Männchen warten am gemeinsamen Kotplatz auf die geschlechtsreifen Weibchen. Bevor die Biene schlüpft, sollen alle Milben-Weibchen begat-tet werden, denn nach dem Schlupf der Biene sterben die Männchen und die unbegatteten Milben-Weibchen ab. Die Paarung zeigt, dass sich die Varroa-Milben zur Ernährung und Reproduktion ihrer Art optimal an den Lebensraum der Biene angepasst haben. Während der Brutzeit der Biene kann sich der Parasitenbefall so alle drei bis vier Wochen verdoppeln.

Entwicklungsstadien der Varroa-Milbe

Das erste Entwicklungsstadium der Varroa ist eine sechsbeinige Larve, die sich voll-ständig innerhalb der Eischale entwickelt. Daraus entsteht im zweiten Entwicklungs-stadium eine achtbeinige Protonymphe, die aus dem Ei schlüpft. Sie häutet sich zum dritten Entwicklungsstadium, der Deutonymphe, aus der die neue Generation adulter Milben hervorgeht. Beide Nymphen-stadien werden gegen Ende ihrer Wachs-tumsperiode unbeweglich, dieses immobile Übergangsstadium wird als Chrysalis bezeichnet. Während die Nymphen weiß gefärbt sind, besitzen die Milbe im letzten Ruhestadium (Deutochrysalis) bereits die braune Farbe der adulten Milben-Weibchen.

// DIE DROHNENBRUT WIRD FÜNF- BIS ZEHNMAL HÄUFIGER

BEFALLEN ALS DIE ARBEITERINNENBRUT. //

Befruchtetes Ei

Weibliche Protonymphe

Weibliche Deutonymphe

Erwachsene weibliche Milbe

Unbefruchtete weibliche Milbe verbleibt in der Brutzelle und stirbt

Jungeweibliche Milbe

Unbefruchtetes Ei

Entwicklung der Varroa-Milbe

Männliche Protonymphe

Männliche Deutonymphe

Erwachsene männliche Milbe

Erwachsene männliche Milbe verbleibt in der Brutzelle und stirbt

Jungemännliche Milbe

Kurz vor dem Verdeckeln dringen die Varroa-Weibchen in die Brutzellen ein. Rund 3 Tage später legt die Muttermilbe das erste männliche Ei, gefolgt vonbis zu fünf befruchteten Eiern, aus denen die weibliche Milben schlüpfen. Je nach Entwicklungszeit der Bienenbrut verlassen ein bis zwei Tochtermilben mit der Muttermilbe die Brutzelle beim Schlüpfen der Biene.

Die Varroa-Milbe | BiologieDie Varroa-Milbe | Biologie 1514

Nach dem Schlüpfen der Biene

Eine Milbe lebt im Sommer zwei bis drei Monate – im Winter sechs bis acht Monate. Der Parasit ist allerdings stark abhängig von seinem Wirt: Ohne adulte Honigbienen und ihre Brut kann er maximal sieben Tage überleben. Die toten Milben fallen im Bienenstock einfach zu Boden.

Anders als die Honigbienen in Südostasien hat die Westliche Honig- biene keine ausreichenden Abwehrfunktionen gegen den eingeschlepp-ten Parasiten. Die befallenen Bienen sind durch das Saugen an der Hämolymphe geschwächt, das Immunsystem wird angegriffen. Ihre Leistung sinkt ebenso wie die Lebensdauer. Zusätzlich überträgt der Parasit beim Saugen an den Larven für die Bienen gefährliche Viren direkt in ihre Hämolymphe. Während der sensiblen Entwicklungsphase der Biene können die Viren sich in ihr ausbreiten und sie schädigen. Varroa verstärkt die Ausmaße der Infektionen, denn in der Hämolymphe wirken viele Viren sogar tödlich. Da es noch keine wirksamen Medika-mente gegen Bienenviren gibt, ist es essenziell, deren Ausbreitung über die Varroa zu kontrollieren.

Weit verbreitet ist beispielsweise das Flügeldeformationsvirus (DWV), das sowohl bei der Bienenbrut als auch bei adulten Bienen vorkom-men kann. Oft bleibt die Infektion jedoch ohne Symptome. Überträgt der Parasit das Virus aber bereits bei einer Bienenpuppe, so entwickeln sich bei dem Bienennachwuchs verkrüppelte Flügel. Die schlüpfenden Jungbienen können nicht fliegen und haben eine verkürzte Lebensdauer gegenüber gesunder Bienen.

Zudem überträgt die Milbe auch andere Viren, wie das Akute Bienen- Paralyse-Virus (ABPV), das erwachsene Bienen sowie Larven befal-len kann. Es kommt vor allem im Fettkörper und in den Speicheldrüsen der Biene vor, verursacht aber keine typischen Krankheitszeichen. Die Varroa-Milbe überträgt das ABPV dagegen direkt in die Hämolymphe der Biene. Von dort aus gelangt es in die lebenswichtigen Organe: Im Gehirn löst das Virus beispielsweise Störungen des Verhaltens, der Orientierung sowie der Entwicklung aus – diese Folgen sind für die Biene tödlich. Besonders bei den Winterbienen ist eine Infektion mit ABPV kritisch – die Winterfestigkeit wird stark beeinträchtigt.

Varroa-Milben

Brut

Bienen

Winter- bienenbrut

Winterbienen

Po

pu

lati

on

sdic

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Frühjahr Sommer Herbst Winter

Grafik: Varroa-Population

Als Gemüll eines Bienenstocks bezeichnet man abgetragene Materialien, die zu Boden fallen. Durch die Bewegungen und Aktivitäten der Honig-bienen im Bienenstock fallen viele Materialien wie Wachs, Zelldeckel, Futter oder Milben von den Bienenwaben nach unten in eine Schublade am Boden des Bienenstocks. Zur Überprüfung des Infektionsdrucks können dort die toten Milben gezählt werden (Gemülldiagnose).

// DIE VARROA-POPULATION KANN SICH WÄHREND DER

SAISON ALLE VIER WOCHEN VERDOPPELN. EINE POPULATION

VON 50 MILBEN KANN VON ANFANG FEBRUAR BIS ENDE

AUGUST AUF ETWA 3.200 TIERE ANWACHSEN – UND SO AUCH

EIN STARKES BIENENVOLK ÜBER DEN WINTER TÖTEN. //

Bienenlarve mit parasitierenden Varroa-Milben

Die Übertragung von Viren

Ü1

Die Varroa-Milbe | BiologieDie Varroa-Milbe | Biologie 1716

Viren bei Honigbienen

Virus Abkürzung Krankheitssymptome

Akutes Bienen-Paralyse-Virus

ABPV Das Virus reichert sich in den Fettkörpern und Speicheldrüsen der Bienen an, die Infektion verläuft aber in der Regel ohne typische Sympto-me. Über die Hämolymphe kann ABPV aber bis ins Gehirn der Bienen gelangen. Dann verursacht es auffälliges Verhalten, wie etwa einen starken Verflug – dem starken verfliegen in andere Bie-nenvölker. Auch die Entwicklung der Biene wird gestört und sie sterben oft nach kurzer Zeit.

Chronisches Bienen-Paralyse-Virus

CBPV Auffällige Anzeichen für die sogenannte Wald- trachtkrankheit sind schwarze Bienen ohne Haare. Die zitternden Bienen sind flugunfähig und krabbeln vor dem Flugloch herum. Über Kotausscheidungen bei auftretendem Durchfall verbreitet sich CBPV im ganzen Bienenstock.

Israelisches Akute- Bienenparalyse-Virus

IAPV Der IAPV Virus wurde erstmals 2004 in Israel entdeckt. Die Bienen die sich mit IAPV infiziert haben zittern, sind flugunfähig und sterben oft nach kurzer Zeit. Über Kotausscheidungen verbreitet sich IAPV im ganzen Bienenstock. Die Varroa-Milbe verstärkt die Ausbreitung des Virus im Bienenstock und überträgt diesen sowohl auf Puppen wie adulte Bienen.

Virus Abkürzung Krankheitssymptome

Langsames Bienen-Paralyse-Virus

SBPV Die SBPV-Infektion verursacht bei der Biene üblicherweise keine Symptome. Die Varroa- Milbe überträgt das Virus aber direkt in die Hä-molymphe, wo die Infektion tödlich wirken kann.

Flügeldeformationsvirus DWV DWV ist weit verbreitet und tritt bei Bienen in allen Entwicklungsstadien auf. Die Infektion verläuft aber ohne Krankheitssymptome. Über-trägt die Varroa-Milbe das Virus jedoch auf eine Bienenpuppe, so entwickelt der Nachwuchs verkrüppelte Flügel. Die Biene ist flugunfähig und nicht lebenstüchtig.

Sackbrut-Virus SBV SBV infiziert meistens die Bienenbrut, die das Virus über den Futtersaft aufnimmt. Erkrank-te Larven sind mit Flüssigkeit gefüllt, und der Körper verliert seine Struktur. Die Bienenbrut trocknet aus und stirbt – auf den toten Körpern bildet sich ein dunkler Schorf. Adulte Arbeite-rinnen zeigen üblicherweise keine erkennbaren Symptome einer SBV-Infektion. Sie entwickeln sich aber schneller, sammeln und fressen weni-ger Nahrung und sterben früher.

Kaschmir-Bienen-Virus KBV Die Infektion mit KBV ist für adulte Bienen schon nach kurzer Zeit tödlich. Die Varroa-Milbe ver-stärkt die Ausbreitung des Virus im Bienenstock. Auch Wespen und Hummeln können an einer KBV-Infektion erkranken. Typische Symptome der KBV Virus Infektion sind schwarze Bienen ohne Haare die nach kurzer Zeit in- oder außer-halb des Bienenstocks versterben.

Trübe-Flügel-Virus CWV CWV kann sich über die Stockluft im Bienen- volk ausbreiten. Varroa begünstigt zudem den Befall der Brut. Die Flügel der Bienen verlieren ihre Transparenz.

DIE VARROA-MILBE SCHÄDIGT DIE BIENE AUF VERSCHIEDENEN EBENEN:

// SIE SCHWÄCHT DAS IMMUNSYSTEM DER HONIGBIENE, WODURCH

VIRUSKRANKHEITEN VERSTÄRKT AUSBRECHEN.

// SIE ÜBERTRÄGT VIREN, WODURCH DIESE SICH SCHNELLER IM BIENENVOLK

UND ZWISCHEN VERSCHIEDENEN BIENENVÖLKERN AUSBREITEN.

// SIE ÜBERTRÄGT VIREN DIREKT IN DIE HÄMOLYMPHE DER BIENE – ZUVOR

HARMLOSE VIREN KÖNNEN DADURCH TÖDLICH SEIN.

Tabelle zum Download unter www.beecare.bayer.de/varroa

Die Varroa-Milbe | InfektionDie Varroa-Milbe | Infektion 1918

Infektion mit der Varroa-MilbeVarroa destructor nutzt den Flug der Honigbiene, um von Stock zu Stock zu gelangen. Denn Bienen aus unterschiedlichen Völkern kommen auf der Nahrungssuche immer wieder in Kontakt, sogar über mehrere Kilometer hinweg. Auch Bienenvölker, die gegen Varroa behandelt wurden, sind dadurch dem Invasionsdruck unbehandelter Völker ausgesetzt – sie können erneut befallen werden. Eine hohe Bienendichte in manchen Gebieten begünstigt die Verbreitung der Milben zusätzlich. Die Ausbreitung der Varroa-Milben – die sogenannte Milbenreinvasion – wurde lange unterschätzt.

Der Schwarm ist die natürliche Völkervermehrung der Honigbienen: Wird es in der Behausung zu eng, schwärmt etwa die Hälfte der Bienen aus, um mit der alten Königin ein neues Volk zu gründen. Dabei tragen sie die ansitzenden Varroa-Milben mit in die neue Behausung. Der Parasit vermehrt sich in der neuen Brut – und der Reproduktionskreislauf der Varroa-Milbe beginnt von vorne.

Des Weiteren können sich die Milben auch durch die Völkervermehrung der Imker verbreiten – etwa durch Brutableger, also die Entnahme der Brut zur Gründung eines neuen Volkes. Ableger können auch mit adulten Honigbienen eingerichtet werden: Beim sogenannten Kunstschwarm bildet der Imker aus Flugbienen und Königin einen neuen Bienenstock. Beim sogenannten Flugling hängt er im neuen Stock eine Brutwabe auf, aus deren Larven die Flugbienen eine neue Königin entwickeln. In beiden Fällen transportiert der Imker mit den Bienen auch Milben aus dem alten in den neuen Stock – allerdings ist der natürliche Befall mit Milben in den Ablegern geringer als im Mutterstock. Eine zusätzliche Varroa-Behandlung während der Bildung des Brutablegers oder des Kunstschwarms hilft, den Parasiten im neuen Ableger weiter zu reduzieren.

Es kann vorkommen, dass sich Bienen versehentlich verfliegen. So kommen auch Kolonien unterschiedlicher Imker miteinander in Kontakt. Der sogenannte Verflug ist für die Imker nicht kontrollierbar, da sie nicht bemerken, wenn ihre Bienen in die Nachbarschaft ausschwärmen.

KunstschwarmWirtschaftsvolk

Ableger

Königinnenversand

Flugling

Verflug

Brutableger

Räuberei

Übertragungswegeder Varroa-Milbe

Þ 1

Die Varroa-Milbe | Bekämpfung 21Die Varroa-Milbe | Infektion20

Die Hauptgefahr der Übertragung von Varroose sehen Bieneninstitute in der Räuberei: Wenn im Spätsommer bis Herbst die Nahrungsquellen knapper werden, beginnen Honigbienen, die Wintervorräte schwächerer Völker – die beispielsweise mit besonders vielen Varroa-Milben befallen sind – zu berauben. In den geschwächten Völkern finden auch die Varroa- Milben immer weniger Nahrung, daher wandern sie auf die eindringenden Bienen über. So bringen die räuberischen Bienen nicht nur Nahrung, sondern auch neue Parasiten zurück ins eigene Bienenvolk.

Noch gefährlicher ist die Räuberei für die zurückgebliebenen Bienen: Etwa zwei Drittel der Varroa-Milben sitzen in verdeckelten Brutzellen. So steigt die Anzahl der befallenen Bienen im Verhältnis zur Gesamt-population stark an. Im schlimmsten Fall stirbt das Bienenvolk, oder die Honigbienen verlassen im Herbst – der Hochsaison der Varroa-Milben – den Stock: In Notschwärmen fliegen sie mit der Königin aus und suchen sich eine neue Behausung. Die stark befallene Brut lassen sie zurück, um das Überleben ihres Bienenvolks zu sichern.

// DIE VARROA-MILBE KANN SICH DURCH KONTAKT MIT

ANDEREN BIENEN VON STOCK ZU STOCK AUCH ÜBER

MEHRERE KILOMETER HINWEG VERBREITEN. BEI DER

NATÜRLICHEN ODER IMKERLICHEN VÖLKERVERMEHRUNG

ODER DURCH RÄUBEREI GELANGT DIE VARROA-MILBE MIT

DER BIENE VON EINEM STOCK IN DEN NÄCHSTEN. DORT

BREITET SIE SICH ERNEUT AUS. // Diagnostik

Bevor er Behandlungsmaßnahmen ergreifen kann, prüft der Imker regel- mäßig, ob und wie stark seine Bienenstöcke von der Varroa-Milbe befallen sind. Er entscheidet dementsprechend die passende Vorgehensweise. Diagnosen werden aber auch während und nach der Milbenbehandlung durchgeführt, um den Erfolg der Maßnahme zu überprüfen.

Für Imker in Europa und Nordamerika gehört die Bekämpfung der Varroa-Milbe zu einer der Hauptaufgaben bei der Sicherung der Bienen- gesundheit. Besonders im Spätsommer besteht ihre wichtigste Arbeit darin, den Befall im Bienenstock einzudämmen. Nur so überleben genug Winterbienen die kalte Jahreszeit und können im nächsten Frühjahr wieder ein starkes Volk bilden.

Die Bekämpfung der Varroa-Milbe

Bildmaterial zum Download unter www.beecare.bayer.de/varroa

Einhängen eines Behandlungs-streifens zwischen den Wabengassen

Þ 1

Die Varroa-Milbe | BekämpfungDie Varroa-Milbe | Bekämpfung 2322

Zur Diagnose werden die abgefallenen Varroa-Milben auf einer Bodeneinlage gezählt. Das Foto zeigt Peter Trodtfeldt, den Bayer-Experten für Bienengesundheit, bei der Kontrolle des Milbenfalls auf einer Bodeneinlage.

Eine Diagnosemöglichkeit ist die Nutzung einer Bodeneinlage, der sogenannten Varroa-Windel. Diese flache Schublade wird unter dem Bienenstock eingesetzt. Tote Milben wie auch anderes Material aus den Waben fallen auf diese Unterlage. So können die Imker täglich die Anzahl der toten Milben bestimmen. Daraus lassen sich der Gesamtbefall des Bienenstocks abschätzen und der passende Zeitpunkt für die jeweilige Behandlungsmaßnahme wählen. Die Befallsdiagnose durch die Varroa-Windel ist sehr einfach (man be- nötigt nur einen offenen Gitterboden) und dient einer ungefähren, dafür aber kontinuierlichen Abschätzung der Varroa-Milben im Volk.

Ein anderes Verfahren ist die Puder-zucker-Methode: Etwa 500 Bienen wer-den aus dem Stock entnommen und in einem Becher mit fünf Esslöffeln Puder-zucker bestäubt und mehrfach geschüttelt. Dadurch lassen die Milben von ihrem Wirt ab, können über ein Auffangsieb vom Puderzucker getrennt und auf einem hellen Untergrund ausgezählt werden. Die Bienen werden unbeschadet in den Stock zurückgegeben. Diese Behandlung ist witterungsabhängig: Sie lässt sich optimal bei trockenem Wetter durchführen, da Pu-derzucker und Bienen vollständig trocken sein müssen.

Bei jeder Witterung ist hingegen die Auswaschmethode möglich, um den Varroa-Befall des Bienenstocks zu überprüfen. Dafür werden ebenfalls Bienen entnommen. In einem Gefäß mit Wasser und Spülmittel werden die Milben dann von den Bienen gewaschen, abgesiebt und gezählt.

VOR- UND NACHTEILE VERSCHIEDENERDIAGNOSEMÖGLICHKEITEN

• einfache Erfassung des Varroa-Befalls

• Gemüll lässt Rückschlüsse auf den Zustand des Bienenvolks zu

• kontinuierliche Beobachtung möglich

• keine Störung des Bienenvolkes bei der Diagnose nötig

• Berücksichtigung der Bienenvolksstärke möglich

• Erfassung der Milbenstärke im Bienenvolk

• Berücksichtigung der Bienen- volksstärke möglich

• Diagnose bei jeder Witterung möglich

• Erfassung der Milbenstärke im Bienenvolk

• der natürliche Totenfall der Milben ist von der Volksstärke und der Brutaktivität des Bienenvolks abhängig und muss bei der Diagnose mit einbezogen werden

• Wind und Ameisen können das Ergebnis verfälschen

• witterungsabhängig: trockenes Wetter nötig

• die Beurteilung des Befallsgrads hängt von der Brutaktivität des Bienenvolks und der Jahreszeit ab

• lebende Bienen werden für die Diagnose benötigt

• lebende Bienen werden für die Diagnose benötigt

• die Beurteilung des Befallsgrads hängt von der Brutaktivität des Bienenvolks und der Jahreszeit ab

VORTEILE NACHTEILE

VARROA-WINDEL

PUDERZUCKER

AUSWASCHEN

Tabelle zum Download unter www.beecare.bayer.de/varroa

Die Varroa-Milbe | BekämpfungDie Varroa-Milbe | Bekämpfung 2524

Um die Varroa-Milbe im Bienenstock zu behandeln, stehen verschiedene chemische oder biotechnische Möglichkeiten zur Auswahl.

Wichtig ist: Eine einzige Behandlung am Ende der Bienensaison reicht nicht aus, um das Bienenvolk vor den Parasiten zu schützen. So wird zwar die Anzahl der Milben spät im Jahr gesenkt, doch Bienen, die sich während der starken Milbenbelastung zuvor entwickelt haben, sind erheblich geschwächt – es ist nicht sicher, dass das Volk bis zum Frühjahr überlebt. Imker müssen außerdem je nach Standort und eigener Betriebsweise geeignete Verfahren kombinieren. Temperatur- und umweltabhängige Produkte zur Varroa-Behandlung eignen sich nur in bestimmten Regionen der Welt.

Maßnahmen zur Bekämpfung

// SOGENANNTE AKARIZIDE DIENEN ALS WIRKMITTEL ZUR

BEKÄMPFUNG VON MILBEN UND ZECKEN – WIRKMITTEL

SPEZIELL ZUR BEKÄMPFUNG DER VARROA-MILBE NENNT

MAN VARROAZIDE. DIE ERSTE CHEMISCHE BEHANDLUNG

IST UNMITTELBAR NACH DER LETZTEN HONIGERNTE ODER

IN DER BRUTFREIEN ZEIT DURCHZUFÜHREN. //

Chemische Verfahren während der Brutzeit

AmeisensäureEin wirksames Behandlungsmittel gegen den Parasiten ist beispielsweise die Ameisensäure: Die Flüssigkeit wird im Bienenstock verdunstet und verteilt sich dort im gasförmigen Zustand. Das saure Gas dringt sogar in die verdeckelten Zellen ein. Dort tötet die Säure die Brutparasiten und schützt somit neben den adulten Bienen ebenfalls den Bienennachwuchs. Die Ameisensäure verringert den Milbenbefall rasch. Ein entscheidender Faktor für die Behandlung ist die Temperatur: Ist die Ameisensäure durch zu hohe Außentemperaturen überdosiert, wird auch die Bienenbrut geschädigt – bei zu niedriger Dosierung wirkt sie hingegen nicht. Ameisensäure wird daher hauptsächlich von Imkern in Ländern mit gemäßigtem Klima verwendet, beispielsweise für die Hauptentmilbung Ende Juli bis Mitte September, nach der letzten Honigernte.

Varroaziden Neben den organischen Säuren ist auch der Einsatz von Varroaziden möglich. Diese Arzneimittel wurden speziell zur Bekämpfung von Milben entwickelt, ohne dass sie den Bienen schaden. Varroazide eignen sich speziell zur Behandlung im Spätsommer bis in den Herbst.

AmitrazDer Wirkstoff Amitraz tötet die Milben nicht direkt, sondern bewirkt eine Lähmung. Der Parasit fällt dadurch von der Biene ab und verhungert. Der Wirkstoff wird von den Bienen über einen Kunststoffstreifen aufgenommen, der zwischen die Waben des zentralen Brutraums gehängt wird. Die Honigbienen verteilen den Wirkstoff über ihre sozialen Kontakte im gesamten Bienenstock.

CoumaphosAuch Behandlungsmittel mit dem Wirkstoff Coumaphos werden über das Einhängen eines Kunststoffstreifens zwischen den Rahmen im Bienenstock verbreitet. Bienen, die mit dem Streifen in Kontakt kommen, nehmen den Wirkstoff auf. Durch ihre sozialen Kontakte geben die Bienen den Wirkstoff anschließend an alle Bienen im Stock weiter. So kommen auch die Varroa- Weibchen, die außerhalb der Brutwaben auf den Bienen leben, mit dem Wirkstoff in Kontakt und werden abgetötet.

FlumethrinProdukte, die den Wirkstoff Flumethrin enthalten, sind ein wirksames Mittel gegen Varroa-Milben. Für die Bienen sind sie gut verträglich. Der Wirkstoff ist in einen

Kunststoffstreifen eingebettet, der zwi- schen die Waben des zentralen Brutraums gehängt wird. Wenn die Bienen über die Streifen laufen, nehmen sie den Wirkstoff mit den Beinen auf und verteilen ihn durch die sozialen Kontakte gleichmäßig imBienenvolk. Beim Saugen an der Hämo- lymphe nehmen auch die Milben den Wirk-stoff auf und werden dadurch abgetötet.

Tau-FluvalinatBei Produkten mit dem Wirkstoff Tau-Fluvalinat laufen die Bienen ebenfalls über einen eingehängten Kunststoff-streifen zwischen den Waben des zen-tralen Brutraums und nehmen so den Wirkstoff auf. Das Kontaktmittel verteilt sich über die sozialen Kontakte der Honigbienen im Bienenvolk und tötet die Varroa-Milben, die auf den adulten Bienen sitzen.

Thymol Varroazide mit dem Wirkstoff Thymol werden über Schwammtuchplättchen oder Gelträger im Bienenstock verdunstet. Die Konzentration des Thymols in der Luft ist für die Bienen bedenkenlos, wirkt aber auf die Varroa-Milbe toxisch. Die Milben fallen von den Bienen ab und sterben. Die beste Wirkung erzielen thymolhaltige Produkte bei Maximaltemperaturen von 20 bis 25 Grad Celsius. Unter 15 °C ist die Wirksamkeit eingeschränkt, und bei über 30 °C sollte das Produkt nicht angewendet werden.

Die Produkte zur Bekämpfung der Varroa sind nicht in allen Ländern registriert. Die gesetzlichen Bestimmungen des jeweiligen Landes sind bei der Anwendung zu beachten.

Die Varroa-Milbe | BekämpfungDie Varroa-Milbe | Bekämpfung 2726

Chemische Verfahren außerhalb der Brutzeit

Milchsäure eignet sich für eine Sprühbehandlung: Wenn keine Brut mehr vorhanden ist, werden die Bienenvölker auf jeder Wabenseite leicht und gleichmäßig mit 15-prozentiger Milchsäure besprüht. Brutfreie Jungvölker können jederzeit behandelt werden. Da jede einzelne Wabe entnommen und von beiden Seiten besprüht werden muss, ist diese Behandlung allerdings sehr arbeitsintensiv.

Oxalsäure wird bevorzugt für die Winterbehandlung auf brutfreien Bienenvölkern eingesetzt. Die Bienen werden in der Wabengasse gleichmäßig mit Oxalsäure beträufelt, nehmen diese auf und verteilen sie im Bienenvolk. Diese Entmilbung sollte in der brutfreien Zeit abgeschlossen sein, denn nach der Behandlung darf der Honig erst im darauffolgenden Frühjahr geerntet werden.

// MIT DER ZEIT KÖNNEN DIE MILBEN AUCH RESISTENZEN

GEGEN DIE WIRKSTOFFE ENTWICKELN – DIE VARROAZIDE

HELFEN DANN NICHT MEHR. UM DEM ENTGEGENZUWIRKEN,

MÜSSEN IMKER UNTERSCHIEDLICHE MITTEL IM WECHSEL ANWENDEN. //

Zusätzlich zu der Haupt- und Rest-Entmilbung, die im Spätsommer und Winter mit chemischen Verfahren durchgeführt werden, helfen biotechnische Maßnahmen, um die Varroa-Milbe an der Vermehrung zu hindern. Sie sind jederzeit, auch während der Bienentracht ( dem Einbringen von Nektar in das Bienenvolk) möglich und benötigen keine Unterstützung von Medikamen- ten oder anderen Chemikalien. Besonders sinnvoll sind diese Maßnahmen, wie beispielswei se die Entnahme der Drohnenbrut, während des gesamten Zeitraums der Drohnenbrutaufzucht (April bis Juli). Die Drohnenbrut wird fünf- bis zehnmal stärker von Milben befallen als die Arbeiterinnenbrut.

Durch die konsequente Entnahme der Drohnenbrut kann der Befall eines Bienenvolks mit Varroa-Milben sehr stark reduziert werden. Da im Bienen-volk an anderer Stelle weitere Drohnenbrut aufgezogen wird, stehen ausreichend Drohnen zur Begattung der Jungköniginnen zur Verfügung.

Auch die Bildung von Jungvölkern ist eine mögliche Maßnahme, um die Varroa-Milben im Muttervolk zu verringern. Hier werden beispielsweise Brutwaben aus dem Muttervolk entnommen. Die enthaltenen Milben lassen sich dann im brutfreien Jungvolk, zum Beispiel mit Milchsäure, leichter abtöten – und können sich nicht mehr im Muttervolk vermehren.

Der Imker kann auch Kunstschwärme mithilfe erwachsener Bienen aufbauen. Dazu fegt er Bienen (circa 1,5 kg) vom Muttervolk in eine neue Bienenbehausung (Beute) und bildet einen Kunstschwarm. Die Varroa- Milben sitzen zu dieser Zeit größtenteils in der Brut und weniger auf den erwachsenen Tieren – so ist der Befall der Kunstschwärme automatisch gering. Die neu gebildeten Jungvölker haben außerdem noch keine Brut und können vom Imker entmilbt werden.

Biotechnische Verfahren

Entnahme der Drohnenbrut

Ein leeres Rähmchen ohne Mittelwand, der Baurahmen, wird hierfür wiederholt in die Randzone des oberen Brutraums gehängt (dies bezeichnet den Bereich, in dem auf Bienen-waben die Brutaufzucht der Bienen erfolgt). Alle zwei bis drei Wochen wird die verdeckelte Drohnenbrut entnommen und ausgeschnitten.

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Die Varroa-Milbe | AusblickDie Varroa-Milbe | Ausblick 2928

Züchtung Varroa-resistenter Bienenpopulationen

Hilfe zur Selbsthilfe: Eine langfristige Lösung gegen das Milbenproblem ist die Züchtung Varroa-resistenter Bienenpopulationen. Erste Veranlagungen für eine Resistenz zeigen einige Völker bereits: Honigbienen mit dem sogenannten Varroa-sensitives Hygiene (VSH)-Verhalten erkennen den Befall der Varroa-Milben in den verdeckelten Brutwaben und entfernen die infizierte Bienenpuppe mit dem Parasiten. Die Varroa-Milbe kann sich nicht mehr im Bienenstock vermehren. Dieses Verhalten war zunächst nur von der Asiatischen Honigbiene bekannt. Auf Grundlage dieser Beobachtungen wollen Forscher die Fähigkeit zur Verteidigung durch gezielte Zucht auch bei den europäischen Honig-bienenpopulationen stärken und so langfristig Abhilfe gegen den Parasiten schaffen. Die Forschungen der Arista Bee Research Stiftung sind vielversprechend und könnten die Bienengesundheit in Zukunft maßgeblich verbessern – dafür bedarf es aber noch einiger Jahre. Forscher und Imker müssen daher auch weiterhin kontinuierlich an neuen Behandlungen zur Bekämpfung der Varroa-Milbe arbeiten.

Ausblick auf einige aktuelle Forschungsansätze

Honigbiene Apis mellifera Varroa-resistente Honigbiene Entwicklung vom Ei bis zur erwachsenen Honigbiene mit Varroa-Milbe

Varroa-sensitives Hygiene (VSH)-Verhalten

Königin legt Eier . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Larve

. . . . . . . Varroa-Milbe wandert in die Zelle mit Larve ein

. . . . . . . . . . . . . Vermehrungder Varroa-Milbe

. . . . . . . Arbeiterin öffnet die Zelle

. . . . . . . . . Arbeiterin entferntdie Puppe mit Milben

. . Erwachsene Weibchen

. . Erwachsene Männchen

. . . . . . . . . . . . . . . . . . Ei

. . . . . . . . . Protonymphe

. . . . . . . . . Deutonymphe

Arbeiterin füttert die Larve . . . .

Varroa-Milbe wandert in die Zelle mit Larve ein . . . . . . . . . .

Junge Biene mit Varroa-Milbeschlüpft aus der Zelle . . . . . . . . . . .

Verpuppung . . . . . . . . . . . . . . . . .

Vermehrung der Varroa-Milbe . .

Arbeiterin schließt die Zelle . . . .

Larve wächst zu voller Größe . . .

Illustration zum Download unter www.beecare.bayer.de/varroa

Künftig könnte die Biene selbst die Varroazide im Bienenstock verteilen: Bayer-Forscher arbeiten an der Entwicklung des sogenannten Varroa- Gates. Dabei handelt es sich um einen gelochten Kunststoffstreifen mit eingebettetem Wirkstoff zum Schutz vor Varroa-Milben, den der Imker am Einflugloch des Stocks anbringen kann. Schlüpfen die Bienen durch die-ses Eingangstor, bleibt das Mittel an den Beinen oder Härchen hängen. Der Streifen soll immer automatisch neuen Wirkstoff nachliefern – immer so viel wie nötig. Er wirkt dann über mehrere Wochen. Dadurch können die Imker ihre Bienen nicht nur im Stock schützen, sondern auch einer Milbenreinvasion von außen vorbeugen.

Varroa-Gate Technologie

Modell Varroa-Gate

Grafik zum Download unter http://aristabeeresearch.org/de/varroa-resistenz/

Die Varroa-Milbe | Ausblick30

Weitere Forschungsansätze

Besonders wichtig ist es auch, den Parasiten durch ein intensives Monitoring der Varroa-Milbe besser kennenzulernen. In Langzeitbeobachtungen können Forscher bedeutende Fakten und Zahlen über die Milbenpopulation sowie die Wirksamkeit der aktuellen Bekämpfungsmethoden sammeln. Anhand der Ergebnisse können sie Maßnahmen zur Varroa-Behandlung weiterhin optimieren und ergänzen. Wissenschaftler konnten sogar erste Sexuallockstoffe, sogenannte Pheromone, ausmachen, mithilfe derer sie zukünftig gezielt natürliche und synthetische Varroa-zide entwickeln könnten. Derzeit erforschen und testen Experten die Pheromone im Labor. Andere Maßnahmen – wie etwa eine Sterilisation der männlichen und weib- lichen Milben oder eine Hitzebehandlung – zielen darauf ab, die Bienenvölker vor der Varroa-Milbe zu schützen.

IMPRESSUM

REDAKTIONBayer CropScience AGAlfred-Nobel-Straße 5040789 Monheim am [email protected]

Peter TrodtfeldBayer Bee Health Expert

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GESTALTUNGageko . agentur für gestaltete kommunikation

DRUCKHH Print Management Deutschland GmbH

ILLUSTRATIONENSeite 7, 29: BayerSeite 11, 28: Arista Bee ResearchSeite 13, 14, 18: ageko

BILDMOTIVESeite 1, 2, 4, 8, 10 (links), 14, 21, 22, 27, 31: BayerSeite 5: Werner Mühlen, Landwirtschaftskammer NRWSeite 9, 15: Bettina Ziegelmann Seite 10 (rechts): BASF SESeite 18: Shutterstock

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