dorothea flechsig ...laubt, kommt dorothea flechsig nach hause. nach hause, das ist ein kleines...

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10 COBURG STADT DONNERSTAG, 20. OKTOBER 2011 VON UNSEREM REDAKTIONSMITGLIED CHRISTIANE LEHMANN Coburg — Wenn es ihre Zeit er- laubt, kommt Dorothea Flechsig nach Hause. Nach Hause, das ist ein kleines Paradies im Probst- grund, wo ihre Eltern leben. Die kleine Villa mit Vestblick umge- ben von Rosenrankbögen, klei- nen lauschigen Plätzchen un- term Pavillon, im Gartenhäus- chen, am Molchteich trägt die Handschrift des Coburger Künstlers Erhard Flechsig und seiner Frau, die diese Idylle er- schaffen haben. Kein Wunder also, dass Toch- ter Dorothea immer wieder gern aus Berlin anreist und sich hier heimisch fühlt. Bei ihrem jüngs- ten Besuch hatte sie eine Menge Neuigkeiten im Gepäck. Die freischaffende Autorin hat näm- lich im Frühjahr einen eigenen Verlag gegründet und jetzt er- schien ihr Buch „Petronella Glücksschuh“, das bisher nur als Hörbuch erhältlich war. Auch der zweite Band ihrer Erfolgsge- schichte von der Fledermaus „Sandor“ ist veröffentlicht – als Download, E-book, Hörbuch und als Buch. Die 43-Jährige steckt voller Ideen und Tatendrang. Sie ar- beitet bereits am zweiten Buch von Petronella Glücksschuh und hat nächste Woche Termin mit einem Filmproduzenten in Hamburg, der die Geschichte von „Sandor“ verfilmen möch- te. „Nicht als Zeichentrick, son- dern als richtigen Film mit einer animierten Fledermaus“, freut sich die Künstlerin, die selbst auch eine Filmproduktionsfirma gegründet hat und Kurzfilme mit Kindern dreht. Ihr jüngstes Projekt war ein Film über Cy- ber-Mobbing, das jetzt die Poli- zei in Brandenburg zur Gewalt- prävention einsetzt. Gute Freunde „Ich habe das große Glück, viele gute, kreative Freunde zu ha- ben“, sagt Dorothea Flechsig. Dazu zählt die Schauspielerin und Synchronsprecherin Korne- lia Boje, der Illustrator Christian Puille oder auch Nikolas Ale- xander Böll (Synchronsprecher von Ben Affleck, William Bald- win und Prince), mit dem sie schon ihre ersten Hörbücher im Keller aufgenommen hat. Seit 2009 erfindet und be- schreibt die Kinderbuchautorin ihre eigenen Geschichten. „Da steckt ganz viel Herzblut drin“, wie sie sagt. Petronella Glücks- schuh erlebt zum Beispiel das, was Dorothea Flechsig in ihrer Kindheit rund um Niederfüll- bach alles so gemacht hat: Schät- ze suchen, Tiere erforschen, mit dem Hund durch die Gegend streunen… „Mir geht es darum, Kindern die Natur nahe zu brin- gen, aber eben auch auf die all- täglichen Sorgen und Ängste, auf schwierige Situationen aufmerk- sam zu machen. „Kinder werden oft vernachlässigt, wenn es um Werte wie Gemeinschaft, Tole- ranz, Freundschaft und Verant- wortung geht“, beschreibt sie die Idee, die hinter ihren Ge- schichten steht. Die Abenteuer von „Sandor“ und seinem Freund zeigen auf erlebnisreiche Weise, wie sich Werte im Alltag leben und pfle- gen lassen. Ohne Zeigefinger „Ich will aber auf keinen Fall mit dem Zeigefinger auf Missstände aufmerksam machen“, sagt sie selbstbewusst. Im persönlichen Gespräch mit Kindern wird das auch schnell deutlich. Dorothea Flechsig geht in Schulen, hält Lesungen, unterrichtet kreati- ves Schreiben. Und spätestens dann, wenn sie erzählt, dass sie auch Geschichten von Prinzessin Lillifee schreibt und beim Kin- derkanal für „Kikaninchen“ re- cherchiert und textet, hat sie die Kinder gänzlich in ihren Bann gezogen. Gerne würde sie auch in Co- burg ihre Bücher vorstellen und hat bereits Kontakt mit der Buchhandlung Riemann aufge- nommen. Und zusammen mit dem Va- ter? Wäre da nicht auch mal eine Lesung denkbar? Dorothea Flechsig denkt nach und schmunzelt. „Warum nicht“, sagt sie. Ansatzpunkte gibt es einige. Ob über Gedichte, die sie schreibt – ganz ernsthafte – und von denen sie sich durch- aus vorstellen könnte, dass ihr Vater die in Mundart vorträgt. Petronella in Mundart Oder warum nicht mal zusam- men in eine Schule gehen und ih- re Geschichten in Mundart vor- tragen lassen. Der Gedanke muss noch reifen. Erhard Flech- sig lacht seine Tochter an. „Doch, ich könnte mir das schon auch gut vorstellen“, sagt er und lacht. Im Garten unter den selbstgeschmiedeten Rosen- rankbögen nimmt er sie in den Arm und Vater und Tochter lä- cheln in die Kamera. Vielver- sprechend. Könnten sich gut vorstellen, mal eine gemeinsame Lesung in Coburg zu organisieren: Die Kinderbuchautorin Dorothea und ihr Vater, Mundartdichter Erhard Flechsig. Foto: Christiane Lehmann Nachtbad von Dorothea Flechsig Der Wind streicht übers Feld Die Gräser wippen leise Er kommt ans Haus Klopft an – ich öffne ihm Als erste Tropfen fallen schleich ich mich hinaus Ich gehe zu ihm Haarspitzen kitzeln im Gesicht Regen kühlt die geröteten Schultern Er streichelt mein Haar Singt leise in mein Ohr Barfuß laufe ich zum Waldrand durchs hohe Gras Am See hat das Augenlicht über die Dunkelheit gesiegt Nur der Wind und ich Der See atmet auf und vernascht durstig die Trop- fen Ich bade Mit jedem Atemzug werde ich leichter Wasser Die Sterne über mir Sie tuscheln alte Geschichten Millionen Tropfen umhüllen kühl die brennende Haut und tragen sie wellenartig da- von Die Last Die Not Die Sorge Coburg von Erhard Flechsig Kümmt hinter’m Barch die Sunna rauf dou wacht dann unner Stadtla auf. I’s am Oumt dann widder dunk’l, hot dös Gewörch aufköhrt und dös Gerump’l. Hot er’s noch sein Schatz drin funna, hot ar dös Stadtla lieb gewunna. Gedicht u u uuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuu u u uuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuu AUTOREN Dorothea Flechsig wandelt auf Vater Erhards künstlerischen Spuren. Als Schriftstellerin hat sie sich bundesweit einen Namen gemacht und jetzt den Verlag „Glücksschuh“ gegründet. Wenn die Tochter mit dem Vater…

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Page 1: Dorothea Flechsig ...laubt, kommt Dorothea Flechsig nach Hause. Nach Hause, das ist ein kleines Paradies im Probst-grund, wo ihre Eltern leben. Die kleine Villa mit Vestblick umge-ben

10 COBURG STADT DONNERSTAG, 20. OKTOBER 2011

VON UNSEREM REDAKTIONSMITGLIED

CHRISTIANE LEHMANN

Coburg — Wenn es ihre Zeit er-laubt, kommt Dorothea Flechsignach Hause. Nach Hause, das istein kleines Paradies im Probst-grund, wo ihre Eltern leben. Diekleine Villa mit Vestblick umge-ben von Rosenrankbögen, klei-nen lauschigen Plätzchen un-term Pavillon, im Gartenhäus-chen, am Molchteich trägt dieHandschrift des CoburgerKünstlers Erhard Flechsig undseiner Frau, die diese Idylle er-schaffen haben.

Kein Wunder also, dass Toch-ter Dorothea immer wieder gernaus Berlin anreist und sich hierheimisch fühlt. Bei ihrem jüngs-ten Besuch hatte sie eine MengeNeuigkeiten im Gepäck. Diefreischaffende Autorin hat näm-lich im Frühjahr einen eigenenVerlag gegründet und jetzt er-schien ihr Buch „PetronellaGlücksschuh“, das bisher nur alsHörbuch erhältlich war. Auchder zweite Band ihrer Erfolgsge-schichte von der Fledermaus„Sandor“ ist veröffentlicht – alsDownload, E-book, Hörbuchund als Buch.

Die 43-Jährige steckt vollerIdeen und Tatendrang. Sie ar-beitet bereits am zweiten Buchvon Petronella Glücksschuh undhat nächste Woche Termin miteinem Filmproduzenten inHamburg, der die Geschichte

von „Sandor“ verfilmen möch-te. „Nicht als Zeichentrick, son-dern als richtigen Film mit eineranimierten Fledermaus“, freutsich die Künstlerin, die selbstauch eine Filmproduktionsfirmagegründet hat und Kurzfilmemit Kindern dreht. Ihr jüngstesProjekt war ein Film über Cy-ber-Mobbing, das jetzt die Poli-zei in Brandenburg zur Gewalt-prävention einsetzt.

Gute Freunde

„Ich habe das große Glück, vielegute, kreative Freunde zu ha-ben“, sagt Dorothea Flechsig.Dazu zählt die Schauspielerinund Synchronsprecherin Korne-lia Boje, der Illustrator ChristianPuille oder auch Nikolas Ale-xander Böll (Synchronsprechervon Ben Affleck, William Bald-win und Prince), mit dem sieschon ihre ersten Hörbücher imKeller aufgenommen hat.

Seit 2009 erfindet und be-schreibt die Kinderbuchautorinihre eigenen Geschichten. „Dasteckt ganz viel Herzblut drin“,wie sie sagt. Petronella Glücks-schuh erlebt zum Beispiel das,was Dorothea Flechsig in ihrerKindheit rund um Niederfüll-bach alles so gemacht hat: Schät-ze suchen, Tiere erforschen, mitdem Hund durch die Gegendstreunen… „Mir geht es darum,Kindern die Natur nahe zu brin-gen, aber eben auch auf die all-täglichen Sorgen und Ängste, auf

schwierige Situationen aufmerk-sam zu machen. „Kinder werdenoft vernachlässigt, wenn es umWerte wie Gemeinschaft, Tole-ranz, Freundschaft und Verant-wortung geht“, beschreibt siedie Idee, die hinter ihren Ge-schichten steht.

Die Abenteuer von „Sandor“und seinem Freund zeigen auferlebnisreiche Weise, wie sichWerte im Alltag leben und pfle-gen lassen.

Ohne Zeigefinger

„Ich will aber auf keinen Fall mitdem Zeigefinger auf Missständeaufmerksam machen“, sagt sieselbstbewusst. Im persönlichenGespräch mit Kindern wird dasauch schnell deutlich. Dorothea

Flechsig geht in Schulen, hältLesungen, unterrichtet kreati-ves Schreiben. Und spätestensdann, wenn sie erzählt, dass sieauch Geschichten von PrinzessinLillifee schreibt und beim Kin-derkanal für „Kikaninchen“ re-cherchiert und textet, hat sie dieKinder gänzlich in ihren Banngezogen.

Gerne würde sie auch in Co-burg ihre Bücher vorstellen undhat bereits Kontakt mit derBuchhandlung Riemann aufge-nommen.

Und zusammen mit dem Va-ter? Wäre da nicht auch mal eineLesung denkbar?

Dorothea Flechsig denkt nachund schmunzelt. „Warumnicht“, sagt sie. Ansatzpunkte

gibt es einige. Ob über Gedichte,die sie schreibt – ganz ernsthafte– und von denen sie sich durch-aus vorstellen könnte, dass ihrVater die in Mundart vorträgt.

Petronella in Mundart

Oder warum nicht mal zusam-men in eine Schule gehen und ih-re Geschichten in Mundart vor-tragen lassen. Der Gedankemuss noch reifen. Erhard Flech-sig lacht seine Tochter an.„Doch, ich könnte mir das schonauch gut vorstellen“, sagt er undlacht. Im Garten unter denselbstgeschmiedeten Rosen-rankbögen nimmt er sie in denArm und Vater und Tochter lä-cheln in die Kamera. Vielver-sprechend.

Könnten sich gut vorstellen, mal eine gemeinsame Lesung in Coburg zu organisieren: Die KinderbuchautorinDorothea und ihr Vater, Mundartdichter Erhard Flechsig. Foto: Christiane Lehmann

Nachtbadvon Dorothea Flechsig

Der Wind streicht übers FeldDie Gräser wippen leise

Er kommt ans HausKlopft an – ich öffne ihm

Als erste Tropfen fallenschleich ich mich hinaus

Ich gehe zu ihm

Haarspitzen kitzeln im GesichtRegen kühlt die gerötetenSchultern

Er streichelt mein HaarSingt leise in mein Ohr

Barfuß laufe ich zum Waldranddurchs hohe Gras

Am See hat das Augenlichtüber die Dunkelheit gesiegt

Nur der Wind und ich

Der See atmet aufund vernascht durstig die Trop-fen

Ich bade

Mit jedem Atemzugwerde ich leichter

WasserDie Sterne über mirSie tuscheln alte Geschichten

Millionen Tropfen umhüllen kühldie brennende Hautund tragen sie wellenartig da-von

Die LastDie NotDie Sorge

Coburgvon Erhard Flechsig

Kümmt hinter’m Barchdie Sunna raufdou wacht dann unner Stadtlaauf.I’s am Oumt dann widder dunk’l,hot dös Gewörch aufköhrt unddös Gerump’l.Hot er’s noch sein Schatz drinfunna,hot ar dös Stadtla lieb gewunna.

Gedicht

uu uuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuu

u uuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuu

AUTOREN Dorothea Flechsig wandelt auf VaterErhards künstlerischen Spuren. AlsSchriftstellerin hat sie sich bundesweit einenNamen gemacht und jetzt den Verlag„Glücksschuh“ gegründet.

Wenn dieTochter mitdem Vater…