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WGM-STEUERNEWS
JUNI 2017
07.Juli 2017
Inhalt
STEUERRECHT ................................................................................................................................................. 5
ENTSCHEIDUNGEN .......................................................................................................................................... 5
1. Ausgleichszahlung zur Abfindung des Versorgungsausgleichs ............................................................... 5
2. Keine Haftung des Geschäftsführers bei ausdrücklich fehlender Zustimmung des
vorläufigen Sachwalters .................................................................................................................................. 5
3. Begriff “Lieferung gegen Entgelt” ................................................................................................................ 5
4. Umsatzsteuerliche Behandlungen von Lieferungen in und aus einem Konsignationslager ................... 6
5. Steuerliche Berücksichtigung eines vom Arbeitnehmer selbst getragenen
Nutzungsentgelts
bei Anwendung der Fahrtenbuchmethode ..................................................................................................... 6
6. Steuerliche Berücksichtigung von selbst getragenen Kraftstoffkosten bei Anwendung
der 1 %-Regelung .............................................................................................................................................. 7
7. Beförderung von Waren über einen Freihafen in einem Mitgliedstaat ..................................................... 7
8. Pauschale Einkommensteuer auf Geschenke unterliegt Abzugsverbot .................................................. 8
9. Zum Vorliegen eines Steuerstundungsmodells i.S.d. § 15b EStG ............................................................ 8
10. Berichtigung des Vorsteuerabzugs infolge erfolgreicher Insolvenzanfechtung .................................... 8
VERWALTUNG/GESETZGEBUNG .................................................................................................................... 9
11. Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück ............................. 9
12. Einkommensteuerrechtliche Behandlung von Vorsorgeaufwendungen ................................................ 9
AUFSÄTZE ...................................................................................................................................................... 10
13. Disquotale Gewinnausschüttungen bei der GmbH ................................................................................ 10
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122 14. Die Besteuerung von Sanierungsgewinnen in laufenden Verfahren ..................................................... 10
15. Das neue Energie- und Stromsteuerrecht – Was ändert sich für Unternehmen? ................................ 11
16. Welche Steuergestaltungsmodelle sollen durch die neue Anti-Hybrid-Richtlinie
bekämpft werden? ......................................................................................................................................... 11
17. Der Standardfall einer risikoarmen Bau- und Montagebetriebsstätte – Die (un)widerlegbare
Vermutung der BsGaV ................................................................................................................................... 12
18. Einkommensteuertarif 2017 und 2018 ................................................................................................... 12
19. Schätzung von Besteuerungsgrundlagen nach § 162 AO wegen Nichtabgabe der
Steuererklärung .............................................................................................................................................. 12
ARBEITSRECHT .............................................................................................................................................. 13
ENTSCHEIDUNGEN ........................................................................................................................................ 13
1. Arbeitsbefreiung für Betriebsratstätigkeit - Betriebsratssitzung zwischen zwei
Nachtschichten .............................................................................................................................................. 13
2. Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG und Wahrung der Ausschlussfrist ........................... 14
3. Personalgespräch während einer Arbeitsunfähigkeit .............................................................................. 14
4. Rechtsmissbräuchliche Verwendung befristeter Arbeitsverträge .......................................................... 14
5. Auslegung vorformulierter Arbeitsverträge .............................................................................................. 15
6. Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern bei den Schwellenwerten in § 38 BetrVG ............................ 15
7. Auslegung einer Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag – Gleichstellungsabrede ............................... 16
8. Außerordentliche Kündigung aufgrund fehlerhafter Angabe im XING-Profil?........................................ 16
9. Freigestelltes Betriebsratsmitglied – Anpassung der Vergütung an die betriebsübliche
berufliche Entwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer .................................................................................. 16
10. Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 AGG – Nichtverlängerung der vertraglich vereinbarten
Wochenarbeitszeit ......................................................................................................................................... 17
11. Fehlende Information über die Sozialplanprivilegierung nach § 112a Abs. 2 S. 1 BetrVG –
Widerspruchsfrist ........................................................................................................................................... 18
12. Zum Vorliegen eines befristeten Arbeitsvertrags – Vertragsauslegung .............................................. 19
13. Durchführung einer Gesamtbetriebsvereinbarung nach Betriebsübergang ......................................... 19
14. Widerrufsvorbehalt in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ................................................................. 20
15. Regelung einer Altersgrenze in einer Betriebsvereinbarung ................................................................. 20
16. Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung bei Änderung der im Betrieb geltenden
Entlohnungsgrundsätze ................................................................................................................................. 20
17. Ordentliche betriebsbedingte Änderungskündigung – Änderung des
Anforderungsprofils ....................................................................................................................................... 21
18. Zur Zulässigkeit einer Feststellungsklage des Arbeitgebers bei Befristung eines
Arbeitsvertrags ............................................................................................................................................... 21
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122 19. Anwendung einer anderen Vergütungsstruktur nach Kündigung einer
Betriebsvereinbarung ..................................................................................................................................... 22
20. Geltung eines Haustarifvertrags nach Verschmelzung ......................................................................... 22
21. Angaben zum Beendigungszeitpunkt im Arbeitszeugnis bei Prozessbeschäftigung ......................... 22
22. Berücksichtigung von Arbeitnehmern mit Sonderkündigungsschutz bei einer
Massenentlassung ......................................................................................................................................... 22
23. Zweckbefristung wegen Betriebsschließung? ....................................................................................... 23
24. Equal pay: Tatsächlich ausgeübte Tätigkeit entscheidend für das Vergleichsentgelt ........................ 23
25. Verlust des gesetzlichen Unfallversicherungsschutzes durch Falschabbiegen
auf dem Weg zur Arbeit ................................................................................................................................. 23
26. Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer Altersgrenzenregelung .................................... 24
27. Vergütung für Umkleidezeiten als Bestandteil der Arbeitszeit.............................................................. 24
28. AGB-Widrigkeit der Beschränkung einer Witwenrente auf die „jetzige“ Ehefrau .................................. 25
29. Der Betriebsrat kann (ungeschwärzte) Vorlage individueller Zielvereinbarungen
verlangen ........................................................................................................................................................ 25
30. Keine Aussetzung des Kündigungsschutzverfahrens bei verwaltungsgerichtlicher
Überprüfung der Zustimmung des Integrationsamts zur Kündigung ......................................................... 25
VERWALTUNG/GESETZGEBUNG .................................................................................................................. 26
31. Wichtige rentenpolitische Gesetzesvorhaben beschlossen ................................................................. 26
32. Sozialversicherungsrechtliche Änderungen bei Eintritt von Arbeitslosigkeit und
Urlaubsabgeltung ........................................................................................................................................... 26
AUFSÄTZE ...................................................................................................................................................... 26
33. Freie Fahrt für AGG-Hopper? ................................................................................................................... 26
34. Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitgebers auf unwahre und unberechtigte
Mobbingvorwürfe ........................................................................................................................................... 27
35. Arbeitsrechtliche Beweisverwertungsverbote und unternehmensinterne Untersuchungen ............... 27
36. Vollständige Digitalisierung von Personalakten: Rechtslage, Risiken und
Sicherheitsvorkehrungen bei der Vernichtung von Unterlagen mit Schriftformerfordernis ...................... 28
37. Datenschutz im Arbeitsverhältnis ........................................................................................................... 28
38. Economy on demand: Sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse in
Dreieckskonstellationen? .............................................................................................................................. 28
39. Der “neue” Beschäftigtendatenschutz nach § 26 BDSG n.F. ................................................................. 29
40. Tarifliche und betriebliche Ausdehnung der Überlassungsdauer in der Leiharbeit ............................. 29
BILANZRECHT UND BETRIEBSWIRTSCHAFT .............................................................................................. 29
VERWALTUNG/GESETZGEBUNG .................................................................................................................. 29
1. Erhöhung der Schwellenwerte bei der Abschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter ........................ 30
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122 2. Die Übertragung von Pensionsverpflichtungen im Rahmen von
Unternehmenstransaktionen (Teil 1 und Teil 2) ........................................................................................... 30
3. Unternehmensbewertungen im Kontext der Neuregelung des § 8d KStG ............................................. 31
4. Anwendung von Unternehmensbewertungsmethoden bei der Strategiebeurteilung ............................ 31
5. Informationsvermittlung durch Quartalsberichterstattung – wachsender Trend
zur Quartalsmitteilung ................................................................................................................................... 31
WIRTSCHAFTSRECHT ................................................................................................................................... 32
ENTSCHEIDUNGEN ........................................................................................................................................ 32
1. Verlegung der Zweigniederlassung eines niederländischen Unternehmens
innerhalb Deutschlands ................................................................................................................................. 32
2. Erklärung eines Widerrufs ......................................................................................................................... 32
3. Wettbewerbliche Eigenart eines patentgeschützten Erzeugnisses ........................................................ 33
4. BGH-Rechtsprechung zu „Sanieren oder Ausscheiden“ auch auf KG anwendbar ................................. 33
5. Erfindung eines Gesellschafters: Andienungspflicht aufgrund ergänzender Auslegung des
Gesellschaftsvertrages .................................................................................................................................. 33
6. Handelsvertreterausgleich – Umsatzsteigerungen mit Altkunden ......................................................... 34
7. Entlassung eines Insolvenzverwalters ...................................................................................................... 34
VERWALTUNG/GESETZGEBUNG .................................................................................................................. 34
8. Mehr Verbraucherschutz im Zahlungsverkehr und Erleichterungen bei
Anschlussfinanzierungen .............................................................................................................................. 34
AUFSÄTZE ...................................................................................................................................................... 35
9. Weitere Hürden für E-Mail-Werbung ......................................................................................................... 35
10. Entwicklung des Übernahmerechts 2016/2017 ..................................................................................... 35
11. Zweifelsfragen des neuen Transparenzregisters .................................................................................. 36
12. Welche Sanierungsbeiträge leisten Banken in der Unternehmenskrise? ............................................. 36
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122 STEUERRECHT
ENTSCHEIDUNGEN
1. Ausgleichszahlung zur Abfindung des Versorgungsausgleichs
1. Eine Ausgleichszahlung für den Ausschluss des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs konnte
im Jahr 2006 bei dem Verpflichteten steuerlich nicht berücksichtigt werden.
2. Eine Ausgleichszahlung für den Ausschluss des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs im
Wege des Splittings oder des Quasi-Splittings war im Jahr 2006 bei dem Verpflichteten dem Grunde
nach als Werbungskosten abziehbar.
3. Deren Abzug ist nur bis zur Höhe des sozialversicherungsrechtlichen Höchstausgleichs möglich
und zusätzlich begrenzt auf den künftig der Besteuerung unterliegenden Anteil der Rente bei Ren-
tenbeginn.
BFH, Urteil vom 23.11.2016 – X R 41/14
Weitere Informationen: https://der-betrieb.owlit.de/document.aspx?query=GENERALSEARCH%23all_docid_reldoc%3ARS1239118%09isvalid%3ATrue
2. Keine Haftung des Geschäftsführers bei ausdrücklich fehlender Zustimmung des vorläufigen
Sachwalters
Das FG Münster hat mit im Rahmen eines Verfahrens über die AdV entschieden, dass ein GmbH-
Geschäftsführer nicht für solche Steuerschulden haftet, deren Zahlung der Sachwalter im vorläufi-
gen Insolvenzverfahren ausdrücklich nicht zugestimmt hat.
FG Münster, Beschluss vom 03.04.2017 (7 V 492/17 U)
Weitere Informationen: http://www.justiz.nrw.de/nrwe/fgs/muenster/j2017/7_V_492_17_U_Beschluss_20170403.html
3. Begriff “Lieferung gegen Entgelt”
TENOR
Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November
2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem sind dahin auszulegen, dass die Übertragung
des Eigentums an einem unbeweglichen Gegenstand, die, wie die im Ausgangsverfahren in Rede
stehende, zur Begleichung von Steuerrückständen von einem Mehrwertsteuerpflichtigen zugunsten
des Fiskus oder einer Gebietskörperschaft eines Mitgliedstaats vorgenommen wird, keine der Mehr-
wertsteuer unterliegende Lieferung eines Gegenstands gegen Entgelt darstellt.
EuGH, Urteil vom 11.5.2017 – C-36/16, Posnania Investment
Weitere Informationen: http://betriebs-berater.ruw.de/steuerrecht/urteile/Begriff-Lieferung-gegen-Entgelt-32812
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122 4. Umsatzsteuerliche Behandlungen von Lieferungen in und aus einem Konsignationslager
Abschnitt 1a.2 Abs. 6 S. 1 UStAE sieht vor, dass ein Lieferant, wenn er Waren zunächst in ein “Kon-
signationslager” verbringt und der Abnehmer diese Waren aus dem Lager entnimmt, mehrere Steuer-
tatbestände anzumelden haben soll: Eine Lieferung im Ursprungsland in Form des Verbringens
(Art. 32, Art. 138 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL), einen fiktiven innergemeinschaftlichen Erwerb im
Inland (§§ 1 Abs. 1 Nr. 5, 1a Abs. 2, 3d S. 1 UStG) und eine steuerpflichtige Lieferung im Inland (§ 3
Abs. 7 S. 1 UStG). Die Umsatzsteuer gem. § 15 Abs. 1 Nr. 3 UStG aus dem innergemeinschaftlichen
Erwerb sollte für den Steuerausländer vollumfänglich als Vorsteuer abzugsfähig sein. Letztlich aber
steht die aus Sicht der Finanzverwaltung generell zwingende Anknüpfung an den Übergang der Ver-
fügungsmacht für die Bestimmung des Lieferorts einer Vereinfachung entgegen (vgl. Abschn. 3.12
Abs. 3 S. 7 UStAE). Der BFH widerspricht dieser Auffassung: Lieferungen, bei denen bei Beginn der
Versendung der spätere Abnehmer bereits feststeht und bei denen die Lagerung die Versendung nur
für kurze Zeit unterbricht, gelten am Ort des Transportbeginns als ausgeführt (BFH, 20.10.2016 – V
R 31/15). Der BFH hat klargestellt, dass er seine Rechtsprechung eng verstanden wissen möchte
(BFH, 16.11.2016 – V R 1/16). Ob eine Lieferung an einen feststehenden Abnehmer erfolge, sei allein
danach zu beurteilen, ob ein verbindlicher Kaufvertrag zwischen Lieferer und Abnehmer erst nach
Einlagerung der Waren geschlossen sei. Hiervon sei nicht auszugehen, wenn der Abnehmer nicht
von vornherein verpflichtet sei, die Waren abzunehmen und die Ware auch erst nach der Entnahme
aus dem Lager zu bezahlen sei. Letztlich ist im anhand der Umstände des Einzelfalls und der ver-
traglichen Vereinbarungen zu klären, ob die Lieferung im Inland als ausgeführt gilt oder nicht. Mit
ihrer Verfügung ordnet die OFD Frankfurt nunmehr an, dass bis zur Veröffentlichung der vorgenann-
ten Entscheidungen im Bundessteuerblatt Verfahren ausländischer Unternehmer gem. § 363 AO
ruhend zu stellen sind.
OFD Frankfurt, Verfügung vom 23.2.2017 – S 7100a A – 004 – St 110
Weitere Informationen: http://betriebs-berater.ruw.de/steuerrecht/collection/Warenlieferungen-in-und-aus-Konsignationslagern-32876
5. Steuerliche Berücksichtigung eines vom Arbeitnehmer selbst getragenen Nutzungsentgelts bei
Anwendung der Fahrtenbuchmethode
AMTLICHE LEITSÄTZE
1. Leistet der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber für die Nutzung eines betrieblichen Kfz zu privaten
Fahrten und zu Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte ein Nutzungsentgelt,
mindert dies den Wert des geldwerten Vorteils aus der Nutzungsüberlassung (Anschluss an Senats-
urteil vom 7. November 2006 VI R 95/04, BFHE 215, 252, BStBl II 2007, 269).
2. Ein negativer geldwerter Vorteil (geldwerter Nachteil) kann aus der Überlassung eines Dienstwa-
gens zur Privatnutzung auch dann nicht entstehen, wenn das vom Arbeitnehmer zu zahlende Nut-
zungsentgelt den Wert der privaten Dienstwagennutzung und der Nutzung des Fahrzeugs zu Fahrten
zwischen Wohnung und Arbeitsstätte übersteigt.
3. Soweit das Nutzungsentgelt den Wert der privaten Dienstwagennutzung und der Nutzung des
Fahrzeugs zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte übersteigt, kann es auch nicht als Wer-
bungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abgezogen werden
BFH , Urteil vom 30.11.2016 , VI R 49/14 ECLI:DE:BFH:2016:U.301116.VIR49.14.0
Weitere Informationen: http://betriebs-berater.ruw.de/steuerrecht/urteile/Steuerliche-Beruecksichtigung-eines-vom-Arbeitnehmer-selbst-getragenen-Nutzungsentgelts-bei-Anwendung-der-Fahrtenbuchmethode-32077
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6. Steuerliche Berücksichtigung von selbst getragenen Kraftstoffkosten bei Anwendung der 1 %-
Regelung
AMTLICHE LEITSÄTZE
1. Leistet der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber für die außerdienstliche Nutzung, d. h. für die Nut-
zung zu privaten Fahrten und zu Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte, eines
betrieblichen Kfz ein Nutzungsentgelt, mindert dies den Wert des geldwerten Vorteils aus der Nut-
zungsüberlassung (Anschluss an Senatsurteil vom 7. November 2006 VI R 95/04, BFHE 215, 252,
BStBl II 2007, 269).
2. Nichts anderes gilt, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen der privaten Nutzung einzelne (individuel-
le) Kosten (hier: Kraftstoffkosten) des betrieblichen PKW trägt. Der Umstand, dass der geldwerte
Vorteil aus der Kfz-Überlassung nach der 1 %-Regelung ermittelt worden ist, steht dem nicht entge-
gen.
3. Eine vorteilsmindernde Berücksichtigung der für den betrieblichen PKW getragenen Aufwendun-
gen beim Arbeitnehmer kommt allerdings nur in Betracht, wenn er den geltend gemachten Aufwand
im Einzelnen umfassend darlegt und belastbar nachweist
BFH , Urteil vom 30.11.2016 , VI R 2/15 ECLI:DE:BFH:2016:U.301116.VIR2.15.0
Weitere Informationen: http://betriebs-berater.ruw.de/steuerrecht/urteile/Steuerliche-Beruecksichtigung-von-selbst-getragenen-Kraftstoffkosten-bei-Anwendung-der-1--Regelung-32078
7. Beförderung von Waren über einen Freihafen in einem Mitgliedstaat
TENOR
1. Art. 61 Unterabs. 1 und Art. 71 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.
November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in der durch die Richtlinie
2007/75/EG des Rates vom 20. Dezember 2007 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass
die Bezugnahme auf “[ein] Verfahren oder [eine sonstige] Regelung im Sinne” des Art. 156 Freizonen
umfasst.
2. Art. 71 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 in der durch die Richtlinie 2007/75 geänderten Fassung ist
dahin auszulegen, dass bei der Entziehung einer Ware aus der zollamtlichen Überwachung innerhalb
einer Freizone weder Einfuhrmehrwertsteuertatbestand noch -anspruch eintreten, wenn die Ware
nicht in den Wirtschaftskreislauf der Europäischen Union überführt wurde, was festzustellen Sache
des vorlegenden Gerichts ist.
3. Art. 71 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2006/112 in der durch die Richtlinie 2007/75 geänderten
Fassung ist dahin auszulegen, dass dann, wenn eine Zollschuld gemäß Art. 203 der Verordnung
(EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaf-
ten in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1791/2006 des Rates vom 20. November 2006 geänderten
Fassung entsteht und es aufgrund der im Ausgangsverfahren gegebenen Umstände ausgeschlossen
ist, dass sie zum Entstehen einer Mehrwertsteuerschuld führt, eine Anwendung von Art. 204 des
Zollkodex allein zu dem Zweck, den Eintritt des Steuertatbestands dieser Steuer zu rechtfertigen,
nicht in Betracht kommt.
EuGH, Urteil vom 1.6.2017 – C-571/15, Wallenborn Transports
Weitere Informationen: http://online.ruw.de/suche/?OK=suchen&i_q=BBL2017-1365-3
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8. Pauschale Einkommensteuer auf Geschenke unterliegt Abzugsverbot
AMTLICHER LEITSATZ
Die Übernahme der pauschalen Einkommensteuer nach § 37b EStG für ein Geschenk unterliegt als
weiteres Geschenk dem Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG, soweit bereits der Wert des
Geschenks selbst oder zusammen mit der übernommenen pauschalen Einkommensteuer den Be-
trag von 35 EUR übersteigt.
BFH, Urteil vom 30.3.2017 – IV R 13/14
Weitere Informationen: http://juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bfh&Art=en&nr=34678
9. Zum Vorliegen eines Steuerstundungsmodells i.S.d. § 15b EStG
AMTLICHE LEITSÄTZE
1. Für die Annahme eines Steuerstundungsmodells i.S. des § 15b Abs. 1 EStG ist Voraussetzung,
dass auf ein vorgefertigtes Konzept i.S. des § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG zurückgegriffen wird. Das blo-
ße Aufgreifen einer bekannten Gestaltungsidee führt nicht ohne Weiteres zur Annahme eines Steu-
erstundungsmodells.
2. Das vorgefertigte Konzept muss von einer vom Steuerpflichtigen verschiedenen Person (Anbie-
ter/Initiator) erstellt worden sein. Charakteristisch ist insoweit die Passivität des Investors/Anlegers.
3. Setzt der Investor/Anleger eine von ihm selbst oder dem in seinem Auftrag tätigen Berater entwi-
ckelte oder modifizierte und individuell angepasste Investition um, liegt kein vorgefertigtes Konzept
vor.
4. Beruhen Investitionen nicht auf einem vorgefertigten Konzept, sondern auf einer individuellen Ge-
staltung, so sind sie weder von § 15b EStG erfasst, noch als vom Gesetz missbilligte Gestaltung
i.S. des § 42 Abs. 1 AO zur Vermeidung der Verlustverrechnungsbeschränkung des § 15b EStG anzu-
sehen.
BFH , Urteil vom 17.1.2017 , VIII R 7/13
Weitere Informationen: http://betriebs-berater.ruw.de/steuerrecht/urteile/Zum-Vorliegen-eines-Steuerstundungsmodells-i.-S.-des--15b-EStG-32730
10. Berichtigung des Vorsteuerabzugs infolge erfolgreicher Insolvenzanfechtung
AMTLICHE LEITSÄTZE
1. Zahlt ein Gläubiger des Insolvenzschuldners Beträge, die er vor Insolvenzeröffnung vom Insol-
venzschuldner vereinnahmt hat, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens infolge einer erfolgreichen
Insolvenzanfechtung in die Insolvenzmasse zurück, hat der Insolvenzverwalter im Zeitpunkt der
Rückzahlung den Vorsteuerabzug gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 i.V. m. § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG zu
berichtigen.
2. Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs führt zum Entstehen einer Masseverbindlichkeit i. S. des
§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO.
BFH, Urteil vom 29.3.2017 – XI R 5/16
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Weitere Informationen: http://betriebs-berater.ruw.de/steuerrecht/urteile/Berichtigung-des-Vorsteuerabzugs-infolge-erfolgreicher-Insolvenzanfechtung-32869
VERWALTUNG/GESETZGEBUNG
11. Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück
Zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für Absetzungen für Abnutzung von Gebäuden (§7 Abs.4-
5a EStG) ist es in der Praxis häufig erforderlich, einen Gesamtkaufpreis für ein bebautes Grundstück
auf das Gebäude, das der Abnutzung unterliegt, sowie den nicht abnutzbaren Grund und Boden auf-
zuteilen. Nach der höchstrichterlichen Rspr. ist ein Gesamtkaufpreis für ein bebautes Grundstück
nicht nach der sog. Restwertmethode, sondern nach dem Verhältnis der Verkehrswerte oder Teilwer-
te auf den Grund und Boden einerseits sowie das Gebäude andererseits aufzuteilen (vgl. BFH vom
10.10.2000 – IX R 86/97 , BStBl.II 2001 S.183 = DB 2001 S.459 ). Die obersten Finanzbehörden von
Bund und Ländern stellen eine Arbeitshilfe als Datei zur Verfügung, die es unter Berücksichtigung der
höchstrichterlichen Rspr. ermöglicht, in einem typisierten Verfahren entweder eine Kaufpreisauftei-
lung selbst vorzunehmen oder die Plausibilität einer vorliegenden Kaufpreisaufteilung zu prüfen.
Zusätzlich steht eine Anleitung für die Berechnung zur Aufteilung eines Grundstückskaufpreises zur
Verfügung.
Weitere Informationen: WGM-Homepage / Steuern 31.05.2017 – D1 – Anleitung-Berechnung-Grundstueckskaufpreis-Anleitung
12. Einkommensteuerrechtliche Behandlung von Vorsorgeaufwendungen
Das BMF hat im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder zum Sonderausgaben-
abzug für Beiträge nach §10 Abs.1 Nr.2, 3 und 3a EStG Stellung genommen.
Im Einzelnen geht das BMF auf folgende Punkte ein:
- Sonderausgabenabzug für Altersvorsorgeaufwendungen nach §10 Abs. 1 Nr.2 EStG (Basis-
versorgung)
- Sonderausgabenabzug für sonstige Vorsorgeaufwendungen nach §10 Abs.1 Nr.3 und 3a
EStG
- Gemeinsame Regelungen
- Günstigerprüfung nach §10 Abs.4a EStG
Das Schreiben ist ab dem Zeitpunkt seiner Bekanntgabe im BStBl. auf alle offenen Fälle anzuwen-
den. Abweichend hiervon gelten die Rn.57, 90 und 184 erstmals für den Vz.2017. Teil A des BMF-
Schreibens vom 19.08.2013 (IV C 3 – S-2221/12/10010:004 / IV C 5 – S-2345/08/0001, BStBl. I
2013 S.1087 = DB2013 S.1936) wird zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieses Schreibens im BStBl.
aufgehoben. Weitere Informationen: WGM-Homepage / Steuern 31.05.2017 – D2 – einkommenssteuerrechtliche-Behandlung-von-Vorsorgeaufwendungen
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122 AUFSÄTZE
13. Disquotale Gewinnausschüttungen bei der GmbH
Disquotale bzw. inkongruente Gewinnausschüttungen können in der Beratungspraxis ein wesentli-
ches Gestaltungsinstrument darstellen, sind aber sowohl im Hinblick auf die zivilrechtlichen Grund-
lagen als auch in Bezug auf die steuerliche Wirksamkeit problematisch. Die Folgen von „verunglück-
ten“ disquotalen Gewinnausschüttungen können die Gesellschafter in ertragsteuerlicher Sicht be-
sonders hart treffen. Eine ausführliche Befassung mit der Thematik ist daher Voraussetzung für jeg-
liche Gestaltungsberatung im Zusammenhang mit vom allgemeinen Verteilungsmaßstab abwei-
chenden Gewinnausschüttungen. Das Urteil des FG Köln vom 14.09.2016 bietet Anlass, sich mit den
bereits seit Jahren bestehenden zivilrechtlichen und steuerlichen Rechtsunsicherheiten in Bezug auf
inkongruente Gewinnausschüttungen erneut auseinanderzusetzen. Dabei steht das Urteil im Ein-
klang mit der ständigen FG-Rspr. und bietet dennoch „Neues“ im Hinblick auf die steuerliche Zuläs-
sigkeit von sog. satzungsdurchbrechenden inkongruenten Gewinnverteilungsbeschlüssen. Es bleibt
abzuwarten, wie der BFH hier entscheidet. Die von der kapitalmäßigen Beteiligung abweichende Ge-
winnausschüttung (disquotale oder inkongruente Ausschüttung) bietet sich häufig als Gestaltungs-
mittel an, um einen Ausgleich für sonstige Leistungen der Gesellschafter für die Gesellschaft und
Vermögensverschiebungen zwischen den Gesellschaftern zu erreichen oder gezielt steuerliche Vor-
teile (insb. Verlustvorträge) auszunutzen. Darüber hinaus können inkongruente Gewinnausschüttun-
gen auch im Rahmen von Unternehmensfinanzierungen und Transaktionen eine bedeutende Rolle
spielen, wenn z.B. eine bevorzugte Berücksichtigung bei Gewinnen durch den Investor erreicht wer-
den soll. Schließlich stellen inkongruente Gewinnausschüttungen eine tragende Säule bei sog. Tra-
cking Stocks dar, bei denen im Rahmen von Vermögensnachfolgemodellen das Gewinnbezugsrecht
der Gesellschafter nicht in Abhängigkeit vom Ergebnis des gesamten Unternehmens, sondern in
Abhängigkeit vom Ergebnis eines bestimmten Unternehmenssegments ausgestaltet wird.
Weitere Informationen: Der vollständige Artikel kann in der WGM-Geschäftsstelle abgerufen werden.
14. Die Besteuerung von Sanierungsgewinnen in laufenden Verfahren
Seit der Veröffentlichung der Entscheidung des Großen Senats am 08.02.2017 war unklar, ob und
unter welchen Voraussetzungen die Finanzverwaltung für laufende Besteuerungsverfahren Vertrau-
ensschutz gewähren wird. Der Beitrag zeigt die Auswirkung der Entscheidung des GrS 1/15 vom
28.11.2016 auf laufende Besteuerungsverfahren auf und schildert die umfangreichen gesetzlichen
Neuregelungen auf der Basis des BT-Beschlusses vom 27.04.2017. Dabei werden erste Einschät-
zungen zu den wesentlichen Aspekten der Änderungen für Zwecke der ESt, KSt und GewSt gegeben
und das Problembewusstsein für unions- und verfassungsrechtliche Fragestellungen geweckt. Ab-
gerundet wird die Darstellung durch Erläuterungen zum BMF-Schreiben vom 27.04.2017 zur Gewäh-
rung von Vertrauensschutz. Am 07.02.2017 hatte der BFH in einer PM den Beschluss des Großen
Senats vom 28.11.2016 vorgestellt, wonach der sog. Sanierungserlass gegen den Grundsatz der
Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt. Am 08.02.2017 erfolgte die Veröffentlichung der Ent-
scheidungsgründe. Ab diesem Zeitpunkt war unklar, ob und unter welchen Voraussetzungen die
Finanzverwaltung für laufende Besteuerungsverfahren Vertrauensschutz gewähren wird. Der Verfas-
ser hat dazu bereits die Auffassung vertreten, dass die Finanzverwaltung für diese besondere Situa-
tion Vertrauensschutz – nicht nur – in gesetzlicher Ausprägung der §176 Abs.2 , §130 Abs.2 AO und
des §2 Abs.3 Steuerauskunftsverordnung gewähren muss.
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122 Weitere Informationen:
Der vollständige Artikel kann in der WGM-Geschäftsstelle abgerufen werden.
15. Das neue Energie- und Stromsteuerrecht – Was ändert sich für Unternehmen?
Am 15.2.2017 hat das Bundeskabinett den Entwurf eines “Zweiten Gesetzes zur Änderung der Ener-
giesteuer- und des Stromsteuergesetzes” beschlossen. Mit den geplanten Änderungen des Energie-
steuer- und des Stromsteuergesetzes sollen zwar schwerpunktmäßig europarechtliche Vorgaben
umgesetzt werden, für die Praxis gehen damit jedoch eine Reihe weiterer, tiefgreifender Änderungen
einher. Der nachfolgende Beitrag möchte betroffenen Unternehmen einen ersten Überblick über die
wichtigsten geplanten Änderungen geben. Über den Entwurf dieses “Zweiten Gesetzes zur Änderung
des Energiesteuer- und des Stromsteuergesetzes” hat der Deutsche Bundestag am 23.3.2017 in
erster Lesung beraten und diesen an den federführenden Finanzausschuss überwiesen.
Hintergrund der geplanten Gesetzesänderung ist die Umsetzung zwingender Vorgaben des EU-
Rechts. Dies betrifft insbesondere den Bereich des europäischen Beihilferechts, der eine Anglei-
chung des nationalen Rechts der Mitgliedstaaten erforderlich macht. Die Bundesregierung hat diese
Gelegenheit genutzt, um punktuell weitere Änderungen des Energie- und Stromsteuerrechts vorzu-
nehmen. Zugleich werden die Regelungen über Öffnungsklauseln, Definitionen und Ermächtigungs-
grundlagen an die Erfordernisse der neueren technischen Entwicklungen angepasst. Das geplante
Gesetz dient weiter der Umsetzung eines Gesetzesauftrages des Deutschen Bundestages, der die
Besteuerung von Erd- und Flüssiggaskraftstoffen betrifft. Weitere Informationen: Der vollständige Artikel kann in der WGM-Geschäftsstelle abgerufen werden.
16. Welche Steuergestaltungsmodelle sollen durch die neue Anti-Hybrid-Richtlinie bekämpft wer-
den?
Hybride Gestaltungen gehören zu den wichtigsten Aufbauelementen von Steuergestaltungsmodel-
len, um doppelte Abzüge von Betriebsausgaben (“double dips”) oder doppelte Nichtbesteuerungen
von Einkünften (“weiße Einkünfte”) zu erzielen. Jede Änderungsinitiative, die sich dem entgegenzu-
stellen versucht, darf sich der vollen Aufmerksamkeit der Steuergestaltungsberater sicher sein. Die
Empfehlungen im Abschlussbericht 2015 zu BEPS-Aktionspunkt 2 (“Neutralisierung der Effekte hyb-
rider Gestaltungen”) sollen nun auf EU-Ebene durch eine neue Anti-Hybrid-Richtlinie, mit der die Anti-
BEPS-Richtlinie geändert wird, Realität werden. Der ECOFIN-Rat hat am 21.2.2017 eine politische
Einigung über den Inhalt des diesbezüglichen Richtlinienvorschlags erzielt, was dafür spricht, dass
mit der baldigen Annahme der Richtlinie durch den Rat stark zu rechnen ist. Der nachfolgende Bei-
trag soll sich deshalb damit befassen, welche Steuergestaltungen künftig mit gesetzlichen Gegenre-
aktionen rechnen müssen. Weitere Informationen: Der vollständige Artikel kann in der WGM-Geschäftsstelle abgerufen werden.
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17. Der Standardfall einer risikoarmen Bau- und Montagebetriebsstätte – Die (un)widerlegbare
Vermutung der BsGaV
Die neuen Verwaltungsgrundsätze für die Gewinnaufteilung zwischen Stammhaus und Betriebsstät-
te gehen davon aus, dass Betriebsstätten regelmäßig lediglich vergleichsweise geringe Routinege-
winne zuzuordnen sind. Im vorliegenden Artikel werden die Vermutungen der Finanzbehörde unter-
sucht, welche vom Steuerpflichtigen widerlegt werden müssen, um eine abweichende Gewinnauftei-
lung zu rechtfertigen. Im Fokus stehen hierbei die für Bau- und Montagebetriebsstätten relevanten
Sonderregelungen. Mit Veröffentlichung der Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung (BsGaV)
sehen sich Verrechnungspreispraktiker einer Reihe von Herausforderungen ausgesetzt. In diesem
Zusammenhang sind insbesondere die Absenkung der Anforderungen an die Begründung einer Be-
triebsstätte, die Einführung zusätzlicher Dokumentationspflichten sowie die Nutzung unbestimmter
Rechtsbegriffe bereits ausführlich diskutiert worden. Am 22.12.2016 wurden die Verwaltungsgrund-
sätze-Betriebsstättengewinnaufteilung (VWG BsGa) veröffentlicht, welche die Regelungen der
BsGaV konkretisieren und veranschaulichen sollen. Erste überschlägige Bestandsaufnahmen der
VWG BsGa zeigen das Fortbestehen vieler Problemfelder. Der vorliegende Beitrag veranschaulicht,
dass die oft holzschnittartigen Beispiele und Musterlösungen in der Praxis jedoch nicht zu einer Ver-
besserung der Rechtssicherheit führen. Vielmehr wird es dem Steuerpflichtigen durch die Aufstel-
lung widerlegbarer Vermutungen erschwert, seine Verrechnungspreise nach individuellen Wert-
schöpfungsbeiträgen auszurichten.
Weitere Informationen: Der vollständige Artikel kann in der WGM-Geschäftsstelle abgerufen werden.
18. Einkommensteuertarif 2017 und 2018
Der Verfasser informiert in seinem Beitrag über die aktualisierten und künftigen Tarifkoeffizienten
des Einkommensteuertarifs in den Jahren 2017 sowie 2018 und zeigt, wie sich die Grenzsteuersätze
und -funktionen dabei geringfügig verändern. Ziel des kleinen Beitrags ist es, den Einkommensteu-
ertarif mit Hilfe der aktuellen und künftigen Tariffunktionen und Koeffizienten a, b, c in den Jahren
2017 sowie 2018 transparent zu machen. Mit dem beschlossenen Tarif erfolgt die verfassungsrecht-
lich notwendige Anhebung des steuerlichen Grundfreibetrags und mit dem Ziel des Abbaus der so-
genannten “kalten Progression” wird wiederum eine Rechtsverschiebung der übrigen Tarifeckwerte
vorgenommen. Weitere Informationen: Der vollständige Artikel kann in der WGM-Geschäftsstelle abgerufen werden.
19. Schätzung von Besteuerungsgrundlagen nach § 162 AO wegen Nichtabgabe der Steuererklä-
rung
Eine Schätzung soll in sich schlüssig sein; ihre Ergebnisse sollen wirtschaftlich vernünftig und mög-
lich sein. Ziel der Schätzung ist es deshalb, diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, die die
größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben. Dabei ist das FA grds. gehalten, diejenigen
Erkenntnisse, deren Beschaffung und Verwertung ihm zumutbar und möglich sind, auszuschöpfen.
Eine Schätzung ist aber nicht schon deswegen rechtswidrig, weil sie von den – später bekannt ge-
wordenen – tatsächlichen Verhältnissen abweicht; solche Abweichungen sind notwendig mit einer
Schätzung verbunden, die in Unkenntnis der wahren Gegebenheiten erfolgt. Die Unsicherheit, die
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122 einer Schätzung anhaftet, kann daher nicht zulasten der Finanzverwaltung gehen, weil der Stpfl.
durch seine Säumigkeit den Anlass für die Schätzung gegeben hat. Es ist i.d.R. ermessensgerecht,
wenn sich das FA bei steuererhöhenden Besteuerungsgrundlagen an der oberen, bei steuermindern-
den Besteuerungsgrundlagen an der unteren Grenze des unter Berücksichtigung aller Umstände in
Betracht kommenden Schätzungsrahmens ausrichtet, weil der Stpfl. durch die Nichtabgabe seiner
Erklärung möglicherweise Einkünfte verheimlichen will (vgl. BFH vom 18.12.1984 – VIII R 195/82 ,
BStBl.II 1986 S.226 = RS0744227 , und vom 20.12.2000 – I R 50/00, BStBl.II 2001 S.381 = DB 2001
S.1130 ).
Weitere Informationen: Der vollständige Artikel kann in der WGM-Geschäftsstelle abgerufen werden.
ARBEITSRECHT
ENTSCHEIDUNGEN
1. Arbeitsbefreiung für Betriebsratstätigkeit - Betriebsratssitzung zwischen zwei Nachtschichten
ORIENTIERUNGSSÄTZE
1. Nach § 37 Abs. 2 BetrVG sind nicht freigestellte Mitglieder des Betriebsrats zur Durchführung
erforderlicher Betriebsratstätigkeit ohne Entgeltminderung von der Arbeitsleistung zu befreien. Dies
gilt nicht nur, soweit Betriebsratstätigkeiten während der Arbeitszeit zu erledigen sind, sondern auch
dann, wenn die Betriebsratstätigkeit außerhalb der Arbeitszeit wahrzunehmen und dem Betriebs-
ratsmitglied deswegen die Arbeitsleistung davor oder danach unmöglich oder unzumutbar ist. Auch
in diesem Fall besteht ein Anspruch auf Befreiung von der Arbeitsleistung unter Fortzahlung des
Arbeitsentgelts.
2. Nach §5 Abs. 1 ArbZG steht dem Arbeitnehmer nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit regel-
mäßig eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden zu. Die in dieser Vorschrift zum
Ausdruck kommende Wertung ist bei der Beurteilung, ob einem Betriebsratsmitglied die Arbeitsleis-
tung wegen einer außerhalb seiner persönlichen Arbeitszeit bevorstehenden Betriebsratssitzung
unzumutbar ist, zu berücksichtigen. Das gilt unabhängig davon, ob Zeiten der Betriebsratstätigkeit
als Arbeitszeit iSv. § 2 Abs. 1 ArbZG zu betrachten sind. Deshalb ist ein Betriebsratsmitglied, das
zwischen zwei Nachtschichten an einer Betriebsratssitzung teilzunehmen hat, berechtigt, seine Ar-
beit vor dem Ende einer Schicht einzustellen, wenn nur dadurch eine ununterbrochene Erholungszeit
von elf Stunden am Tag gewährleistet ist, in der weder Arbeitsleistung noch Betriebsratstätigkeit zu
erbringen ist.
BAG, Urteil vom 18.01.2017 – 7 AZR 224/15
Weitere Informationen: https://derbetrieb.owlit.de/document.aspx?hitnr=0&t=636318225893820602&url=rn%3aroex%5e%5efile%3a%2f%2fR%7c%2f03%2f02%2f01%2frsv%2frsv_collection%2fce%2f1%2fce15bf09a467187775fc8bd579bfeb80.xml&ref=hitlist_hl
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2. Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG und Wahrung der Ausschlussfrist
Die Ausschlussfrist für die Geltendmachung eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot
beginnt im Fall der Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs nach §15 Abs.4 Satz 2 AGG mit dem
Zugang der Ablehnung. Einer tatsächlichen Kenntnisnahme des Ablehnungsschreibens bedarf es
nicht. Für den Zugang reicht es aus, dass das Ablehnungsschreiben in den Machtbereich des Be-
werbers gelangt.
LAG Hessen, Urteil vom 01.11.2016 – 8 Sa 301/16
Weitere Informationen: https://der-betrieb.owlit.de/document.aspx?query=GENERALSEARCH%23all_docid_reldoc%3ARS1233084%09isvalid%3ATrue
3. Personalgespräch während einer Arbeitsunfähigkeit
ORIENTIERUNGSSÄTZE
Aus unterschiedlichen Gründen kann sich Gesprächsbedarf mit einem Arbeitnehmer während des-
sen Arbeitsunfähigkeit ergeben. Dies gilt insb. bei längeren Arbeitsunfähigkeitszeiten oder wenn
bspw. eine Befristung während der Arbeitsunfähigkeit endet und die Fortführung des Arbeitsverhält-
nisses geregelt werden muss. Ob in letzterem Fall ein Arbeitnehmer während seiner Arbeitsunfähig-
keit für ein Personalgespräch im Betrieb erscheinen muss, hatte das BAG nunmehr zu entscheiden.
Demnach gilt folgender Grundsatz: Eine Arbeitsunfähigkeit bedeutet zwar kein Kontaktverbot, ein
Arbeitnehmer muss aber nur ausnahmsweise im Betrieb erscheinen.
BAG, Urteil vom 02.11.2016 – 10 AZR 596/15
Weitere Informationen: https://der-betrieb.owlit.de/document.aspx?query=GENERALSEARCH%23all_docid_reldoc%3ARS1227482%09isvalid%3ATrue
4. Rechtsmissbräuchliche Verwendung befristeter Arbeitsverträge
ORIENTIERUNGSSÄTZE
1. Ein nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1 ZPO zustande gekommener Vergleich rechtfertigt die Befris-
tung eines Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG in der Regel nicht, da das Gericht am
Abschluss des Vergleichs regelmäßig nicht verantwortlich mitwirkt.
2. Die Gerichte dürfen sich bei der Befristungskontrolle nicht auf die Prüfung des geltend gemachten
Sachgrunds beschränken. Sie sind vielmehr aus unionsrechtlichen Gründen verpflichtet, durch Be-
rücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls auszuschließen, dass Arbeitgeber missbräuchlich auf
befristete Arbeitsverträge zurückgreifen und durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge in
Wahrheit einen dauerhaften Beschäftigungsbedarf decken. Die dazu gebotene zusätzliche Prüfung
ist im deutschen Recht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB)
vorzunehmen. Die Bestimmung der Schwelle eines institutionellen Rechtsmissbrauchs hängt maß-
geblich von der Gesamtdauer der befristeten Verträge sowie der Anzahl der Vertragsverlängerungen
ab. Ist danach die Prüfung eines institutionellen Rechtsmissbrauchs veranlasst, sind weitere Um-
stände zu berücksichtigen. Dabei können Unterbrechungen des Arbeitsverhältnisses gegen einen
Rechtsmissbrauch sprechen.
3. Eine langfristige Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses kann die Annahme “aufeinanderfolgen-
der Arbeitsverträge” ausschließen. In diesem Fall sind im Rahmen der Rechtsmissbrauchsprüfung
nur die Dauer des Arbeitsverhältnisses und die Zahl der Vertragsverlängerungen nach der Unterbre-
chung in die Rechtsmissbrauchsprüfung einzubeziehen. Eine Unterbrechung von zwei Jahren
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122 schließt regelmäßig aufeinanderfolgende Arbeitsverhältnisse und damit einen Rechtsmissbrauch
aus.
BAG, Urteil vom 21.3.2017 – 7 AZR 369/15
Weitere Informationen: http://betriebs-berater.ruw.de/arbeitsrecht/urteile/Rechtsmissbraeuchliche-Verwendung-befristeter-Arbeitsvertraege-32816
5. Auslegung vorformulierter Arbeitsverträge
ORIENTIERUNGSSÄTZE
1. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn so aus-
zulegen, wie sie von einem durchschnittlichen nicht rechtskundigen Arbeitnehmer verstanden wer-
den.
2. Enthält ein vom Arbeitgeber vorformulierter Arbeitsvertrag zu einzelnen, im Arbeitsvertrag in Be-
zug genommenen tariflichen Bestimmungen selbst Regelungen, kann das aus Sicht des durch-
schnittlichen Arbeitnehmers so zu verstehen sein, dass insoweit allein die Bestimmungen im Ar-
beitsvertrag für das Arbeitsverhältnis maßgeblich sein sollen. Er darf davon ausgehen, dass ande-
renfalls der Arbeitgeber diese Bestimmung nicht in den Vertrag aufgenommen, sondern es bei der
Bezugnahme auf die Tarifregelung belassen hätte. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Klausel als
bloße Ausformulierung einer bereits aufgrund der Bezugnahmeklausel anwendbaren Tarifregelung
ohne eigenständigen Regelungsgehalt zu verstehen ist.
3. Ein durchschnittlicher nicht rechtskundiger Arbeitnehmer kann allein der Vereinbarung einer Pro-
bezeit in einem vom Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag nicht entnehmen, dass in der Probe-
zeit die zweiwöchige Kündigungsfrist des § 622 Abs. 3 BGB gelten soll, wenn in einer anderen Klau-
sel des Arbeitsvertrags unter der Überschrift “Beendigung des Arbeitsverhältnisses” eine längere
Kündigungsfrist festgelegt ist, aus der nicht ersichtlich wird, dass diese einzige ausdrückliche Kün-
digungsfristenregelung erst nach Ablauf der Probezeit gelten soll.
BAG, Urteil vom 23.3.2017 – 6 AZR 705/15
Weitere Informationen: http://betriebs-berater.ruw.de/arbeitsrecht/urteile/Auslegung-vorformulierter-Arbeitsvertraege-32817
6. Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern bei den Schwellenwerten in § 38 BetrVG
ORIENTIERUNGSSÄTZE
1. Leiharbeitnehmer sind bei der Feststellung der für die Anzahl freizustellender Betriebsratsmitglie-
der maßgeblichen Belegschaftsstärke im Entleiherbetrieb mitzurechnen, wenn sie zu dem regelmä-
ßigen Personalbestand des Betriebs zählen. Dies ergibt die normzweckorientierte Auslegung des
§ 38 Abs. 1 BetrVG. Die Vorschrift bezweckt – wie die Regelungen in § 9 BetrVG zur Größe des Be-
triebsrats – die sachgerechte Erfüllung der betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben des Betriebs-
rats, deren Umfang typischerweise von der Anzahl regelmäßig beschäftigter Arbeitnehmer geprägt
wird. Der Arbeitsaufwand des Betriebsrats wird nicht nur durch die Stammbelegschaft, sondern
maßgeblich auch durch Leiharbeitnehmer bestimmt.
2. Für die Anzahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer ist die Personalstärke maßgeblich, die
für den Betrieb im Allgemeinen kennzeichnend ist. Für die entsprechende Feststellung ist eine rück-
blickende Betrachtung anzustellen, für die ein Zeitraum zwischen sechs Monaten bis zwei Jahren als
angemessen erachtet wird, als auch eine Prognose, bei der konkrete Veränderungsentscheidungen
zu berücksichtigen sind. Werden Arbeitnehmer nicht ständig, sondern lediglich zeitweilig beschäf-
tigt, kommt es für die Frage der regelmäßigen Beschäftigung darauf an, ob sie normalerweise wäh-
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122 rend des größten Teils eines Jahres, d. h. länger als sechs Monate, beschäftigt werden. Das gilt auch
für Leiharbeitnehmer, wenn Leiharbeit längerfristig als Instrument zur Deckung des Personalbedarfs
im Betrieb genutzt wird.
BAG, Beschluss vom 18.1.2017 – 7 ABR 60/15
Weitere Informationen: http://betriebs-berater.ruw.de/steuerrecht/urteile/Beruecksichtigung-von-Leiharbeitnehmern-bei-den-Schwellenwerten-in--38-BetrVG-32818
7. Auslegung einer Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag – Gleichstellungsabrede
AMTLICHE LEITSÄTZE
1. Kommt es in Arbeitsverhältnissen mit einer Bezugnahmeklausel, die vor dem 01.01.2002 verein-
bart worden ist (“Altvertrag”) und als Gleichstellungsabrede auszulegen ist, nach dem 31.12.2001 zu
einer Arbeitsvertragsänderung, hängt die Beurteilung, ob es sich hinsichtlich dieser Klausel um einen
Alt- oder Neuvertrag handelt, davon ab, ob die Klausel zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen
Willensbildung der Parteien des Änderungsvertrages gemacht worden ist.
2. Das in einer Änderungskündigung enthaltene Angebot auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses
über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus mit konkreten Änderungen der Arbeitsbedingungen er-
fasst die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag nicht, wenn sich die Änderungen nicht erkennbar
darauf beziehen sollen. Durch eine schlichte Annahme oder Vorbehaltsannahme des Angebotes wird
die Bezugnahmeklausel nicht selbst zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung ge-
macht.
LAG Düsseldorf, Urteil vom 28.2.2017 – 14 Sa 852/16
Weitere Informationen: http://betriebs-berater.ruw.de/arbeitsrecht/urteile/Auslegung-einer-Bezugnahmeklausel-im-Arbeitsvertrag--Gleichstellungsabrede-32820
8. Außerordentliche Kündigung aufgrund fehlerhafter Angabe im XING-Profil?
Im sozialen Netzwerk XING mit einem Profil präsent zu sein, wird im Wirtschaftsleben vielfach als
berufliche Notwendigkeit angesehen. Dass bei der Gestaltung eines derartigen Profils arbeitsrecht-
lich folgenreiche Gefahren drohen, zeigt der vorliegende Fall. Obwohl er zugunsten des Arbeitsneh-
mers entschieden wurde, verdeutlicht er doch das Risikopotenzial bei der Gestaltung eines solchen
Profils.
LAG Köln, Urteil vom 07.02.2017 – 12 Sa 745/16
Weitere Informationen: http://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/koeln/lag_koeln/j2017/12_Sa_745_16_Urteil_20170207.html
9. Freigestelltes Betriebsratsmitglied – Anpassung der Vergütung an die betriebsübliche berufliche
Entwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer
ORIENTIERUNGSSÄTZE
1. Nach § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG darf das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats ein-
schließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen
werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwick-
lung. Vergleichbar i. S. v. § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG sind Arbeitnehmer, die im Zeitpunkt der Amts-
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122 übernahme ähnliche, im Wesentlichen gleich qualifizierte Tätigkeiten ausgeführt haben wie der
Amtsträger und dafür in gleicher Weise wie dieser fachlich und persönlich qualifiziert waren. Bei der
Beurteilung der Vergleichbarkeit ist nicht auf den Zeitpunkt der Freistellung, sondern auf den Zeit-
punkt der Übernahme des Betriebsratsamts abzustellen.
2. Vergütungserhöhungen vergleichbarer Arbeitnehmer, die das Betriebsratsmitglied ohne sein Man-
dat nicht beanspruchen könnte, haben bei der Bemessung der Vergütung nach § 37 Abs. 4 BetrVG
außer Betracht zu bleiben. Daher kann ein Betriebsratsmitglied, das bei der Amtsübernahme bereits
die höchste Steigerungsstufe der höchsten tariflichen Vergütungsgruppe erreicht hat, einen An-
spruch auf eine Vergütungserhöhung, die die regelmäßigen Tariferhöhungen übersteigt, nach § 37
Abs. 4 BetrVG nur erwerben, wenn ein Aufstieg der bei Amtsübernahme vergleichbaren Arbeitnehmer
in den Kreis der außertariflichen Mitarbeiter betriebsüblich ist.
3. Die Betriebsparteien können konkretisierende betriebliche Vereinbarungen zu § 37 Abs. 4 BetrVG
– z. B. zur Ermittlung vergleichbarer Arbeitnehmer – treffen. Solche Regelungen müssen sich aller-
dings im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben in § 37 Abs. 4 BetrVG und § 78 Satz 2 BetrVG bewegen.
BAG, Urteil vom 18.1.2017 – 7 AZR 205/15
Weitere Informationen: http://betriebs-berater.ruw.de/arbeitsrecht/urteile/Freigestelltes-Betriebsratsmitglied--Anpassung-der-Verguetung-an-die-betriebsuebliche-berufliche-Entwicklung-vergleichbarer-Arbeitnehmer-32879
10. Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 AGG – Nichtverlängerung der vertraglich vereinbarten Wo-
chenarbeitszeit
ORIENTIERUNGSSÄTZE
1. Nach § 95 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 SGB IX hat der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung in
allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berüh-
ren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören. Das Unter-
richtungs- und Anhörungsrecht nach dieser Bestimmung soll die Schwerbehindertenvertretung in die
Lage versetzen, auf eine sachdienliche Behandlung hinzuwirken, wenn die spezifischen Belange ei-
nes schwerbehinderten Menschen oder der schwerbehinderten Beschäftigten als Gruppe für die
Entscheidung des Arbeitgebers erheblich sind.
2. Unterlässt es der Arbeitgeber entgegen § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX, die Schwerbehindertenvertre-
tung zu beteiligen, ist dies ein Indiz i. S. v. § 22 AGG, das mit überwiegender Wahrscheinlichkeit da-
rauf schließen lässt, dass der/die schwerbehinderte Arbeitnehmer/in wegen seiner/ihrer Schwerbe-
hinderung benachteiligt wurde.
3. Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen die in § 7 Abs. 2 TzBfG bestimmte Verpflichtung, einen Ar-
beitnehmer, der ihm den Wunsch nach einer Veränderung von Dauer und Lage seiner vertraglich
vereinbarten Arbeitszeit angezeigt hat, über entsprechende Arbeitsplätze zu informieren, die im Be-
trieb oder Unternehmen besetzt werden sollen, ist demgegenüber kein Indiz i. S. v. § 22 AGG, das mit
überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lässt, dass der/die schwerbehinderte Arbeit-
nehmer/in wegen seiner/ihrer Schwerbehinderung benachteiligt wurde.
4. Streiten die Parteien darüber, ob der Arbeitgeber dem/der Arbeitnehmer/in nach § 15 Abs. 1 AGG
zum Ersatz eines Vermögensschadens in Form entgangenen Gewinns (§ 252 BGB) – hier: entgan-
genen Arbeitsentgelts – verpflichtet ist, trifft den/die Arbeitnehmer/in die Darlegungs- und Beweis-
last für die haftungsausfüllende Kausalität. Die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast hinsicht-
lich der haftungsausfüllenden Kausalität wird durch § 22 AGG nicht abgeändert.
5. Ein Arbeitnehmer, der einen Anspruch auf entgangenen Gewinn in Form entgangenen Arbeitsent-
gelts nach § 15 Abs. 1 AGG darauf stützt, er sei vom Arbeitgeber bei der Vergabe zusätzlicher Wo-
chenarbeitsstunden unter Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des AGG nicht berücksichtigt
worden, muss deshalb darlegen und ggf. beweisen, dass alle Voraussetzungen für eine vertragliche
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122 Aufstockung seiner Wochenarbeitszeit vorgelegen haben und die Anhebung der wöchentlichen Ar-
beitszeit ausschließlich deshalb unterblieben ist, weil der Arbeitgeber bei der Vergabe der Wochen-
arbeitsstunden nach einem Grund i. S. v. § 1 AGG, z. B. der (Schwer-)Behinderung differenziert hat.
6. Dem/r Anspruchsteller/in kommt dabei im Rahmen von § 15 Abs. 1 AGG aber eine Beweiserleich-
terung zugute, wenn nach der Lebenserfahrung eine tatsächliche Vermutung oder Wahrscheinlich-
keit dafür besteht, dass bei diskriminierungsfreiem Vorgehen des Arbeitgebers eine vertragliche
Aufstockung der Wochenarbeitszeit erfolgt wäre.
BAG, Urteil vom 26.1.2017 – 8 AZR 736/15
Weitere Informationen: http://betriebs-berater.ruw.de/arbeitsrecht/urteile/Schadensersatz-nach--15-Abs.-1-AGG--Nichtverlaengerung-der-vertraglich-vereinbarten-Wochenarbeitszeit-32880
11. Fehlende Information über die Sozialplanprivilegierung nach § 112a Abs. 2 S. 1 BetrVG – Wi-
derspruchsfrist
ORIENTIERUNGSSÄTZE
1. Die einmonatige Widerspruchsfrist nach § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB wird nur durch eine ordnungs-
gemäße Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB in Lauf gesetzt.
2. Die Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB ist teleologisch auf das Widerspruchsrecht nach
§ 613a Abs. 6 BGB ausgerichtet. Sie soll den Arbeitnehmern eine ausreichende Wissensgrundlage
verschaffen, um eine sachgerechte Entscheidung darüber treffen zu können, ob sie dem Übergang
ihres Arbeitsverhältnisses auf den neuen Inhaber widersprechen wollen.
3. Aus § 613a Abs. 5 BGB folgt in der Regel keine Verpflichtung, die Arbeitnehmer im Einzelnen über
die wirtschaftliche und finanzielle Lage des neuen Inhabers zu unterrichten.
4. Eine Unterrichtung über die wirtschaftliche Lage des neuen Inhabers ist aber dann erforderlich,
wenn dessen wirtschaftliche Notlage offensichtlich ist, wie z. B. bei einem bereits eingeleiteten In-
solvenzverfahren.
5. Zu den wirtschaftlichen Folgen i. S. v. § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB gehören auch die ökonomischen
Rahmenbedingungen des Betriebsübergangs, sofern diese zu einer so gravierenden Gefährdung der
wirtschaftlichen Absicherung der Arbeitnehmer bei dem neuen Inhaber führen, dass sie als ein we-
sentliches Kriterium für einen möglichen Widerspruch der Arbeitnehmer gegen den Übergang ihrer
Arbeitsverhältnisse anzusehen sind.
6. Die Sozialplanprivilegierung des neuen Inhabers nach § 112a Abs. 2 Satz 1 BetrVG ist eine mit
dem Betriebsübergang verbundene veränderte rechtliche Situation, die nach § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB
im Unterrichtungsschreiben mitgeteilt werden muss, weil sich hieraus wirtschaftliche Folgen für die
betroffenen Arbeitnehmer ergeben.
7. Eine fehlende Information über die Sozialplanprivilegierung des neuen Inhabers nach § 112a
Abs. 2 Satz 1 BetrVG führt dazu, dass die einmonatige Widerspruchsfrist nach § 613a Abs. 6 Satz 1
BGB nicht in Lauf gesetzt wird. Dieser Mangel der Unterrichtung begründet aber kein zeitlich unbe-
grenztes Widerspruchsrecht, das ggf. bis zur Grenze der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB)
ausgeübt werden könnte. Vielmehr tritt mit dem Ablauf des Privilegierungszeitraums von vier Jahren
seit der Gründung des neuen Inhabers eine rechtliche Zäsur ein. Danach besteht kein wechselseiti-
ger Bezug mehr zwischen der Verpflichtung, über eine Sozialplanprivilegierung des Erwerbers nach
§ 112a Abs. 2 BetrVG zu unterrichten und dem Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB. Dies
führt dazu, dass mit Ablauf des Privilegierungszeitraums nach § 112a Abs. 2 Satz 1 BetrVG dieser
Unterrichtungsfehler kraft Gesetzes geheilt ist und im Hinblick auf diesen Unterrichtungsfehler ent-
sprechend § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB eine Widerspruchsfrist von einem Monat anläuft.
8. Die im Fall der nicht ordnungsgemäßen Unterrichtung über die Sozialplanprivilegierung des neuen
Inhabers geltende einmonatige Widerspruchsfrist entsprechend § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB beginnt
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122 mit Ablauf des Privilegierungszeitraums von vier Jahren seit der Gründung des neuen Betriebsinha-
bers. Gründung i. S. v. § 112a Abs. 2 Satz 1 BetrVG ist gemäß § 112a Abs. 2 Satz 3 BetrVG der Zeit-
punkt der Aufnahme der Erwerbstätigkeit, die nach § 138 AO dem Finanzamt mitzuteilen ist. Diese
ist jedenfalls mit der Übernahme des Betriebes anzunehmen.
9. Diese Rechtsfolgen gelten allerdings nur bezogen auf die fehlende Information über die Sozial-
planprivilegierung des neuen Inhabers und lassen die Auswirkungen sonstiger Mängel der Unterrich-
tung auf den Lauf der Widerspruchsfrist nach § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB unberührt.
BAG, Urteil vom 15.12.2016 – 8 AZR 612/15
Weitere Informationen: http://betriebs-berater.ruw.de/arbeitsrecht/urteile/Fehlende-Information-ueber-die-Sozialplanprivilegierung-nach--112a-Abs.-2-S.-1-BetrVG--Widerspruchsfrist-32881
12. Zum Vorliegen eines befristeten Arbeitsvertrags – Vertragsauslegung
ORIENTIERUNGSSÄTZE
Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 TzBfG liegt ein auf bestimmte Zeit geschlossener Arbeitsvertrag (befristeter
Arbeitsvertrag) vor, wenn seine Dauer kalendermäßig bestimmt ist (kalendermäßig befristeter Ar-
beitsvertrag) oder sich aus Art, Zweck oder Beschaffenheit der Arbeitsleistung ergibt (zweckbefriste-
ter Vertrag). Eine Befristung erfordert aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit eine un-
missverständliche Einigung darüber, dass das Arbeitsverhältnis bei Fristablauf (kalendermäßige
Befristung) oder bei Zweckerreichung (Zweckbefristung) enden soll. Ob eine solche Einigung vor-
liegt, ist durch Auslegung zu ermitteln.
BAG, Urteil vom 15.2.2017 – 7 AZR 291/15
Weitere Informationen: http://betriebs-berater.ruw.de/arbeitsrecht/urteile/Zum-Vorliegen-eines-befristeten-Arbeitsvertrags--Vertragsauslegung-32882
13. Durchführung einer Gesamtbetriebsvereinbarung nach Betriebsübergang
ORIENTIERUNGSSÄTZE
Bei einer identitätswahrenden Übertragung eines Betriebs auf einen anderen Rechtsträger gilt der
Inhalt einer Gesamtbetriebsvereinbarung normativ weiter, wenn der Erwerber den Betrieb unverän-
dert fortführt und der Gegenstand der Gesamtbetriebsvereinbarung bei ihm nicht normativ geregelt
ist. Setzt der Inhalt der Gesamtbetriebsvereinbarung allerdings die Zugehörigkeit zu dem bisherigen
Unternehmen zwingend voraus, kann dies einer weiteren Geltung entgegenstehen.
BAG, Beschluss vom 24.1.2017 – 1 ABR 24/15
Weitere Informationen: http://betriebs-berater.ruw.de/arbeitsrecht/urteile/Durchfuehrung-einer-Gesamtbetriebsvereinbarung-nach-Betriebsuebergang-32883
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122 14. Widerrufsvorbehalt in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
ORIENTIERUNGSSÄTZE
1. Nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die
Angabe der Revisionsgründe. Entscheidet das Berufungsgericht über mehrere Streitgegenstände mit
eigenständiger Begründung, muss die Revision zu jedem Streitgegenstand begründet werden. Fehlt
zu einem Streitgegenstand eine den Anforderungen des § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO entsprechen-
de Begründung, ist die Revision insoweit unzulässig.
2. Ein in einer allgemeinen Geschäftsbedingung enthaltener Widerrufsvorbehalt unterliegt neben
einer Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB der Ausübungskontrolle nach § 315 Abs. 1 BGB. Die
widerrufliche Leistung muss nach Art und Höhe angegeben sein. Die Vertragsklausel muss außer-
dem die Richtung angegeben, aus welchem Grund der Widerruf möglich sein soll.
BAG, Urteil vom 24.1.2017 – 1 AZR 774/14
Weitere Informationen: http://betriebs-berater.ruw.de/arbeitsrecht/urteile/Widerrufsvorbehalt-in-Allgemeinen-Geschaeftsbedingungen-32884
15. Regelung einer Altersgrenze in einer Betriebsvereinbarung
AMTLICHE LEITSÄTZE
1. Betriebsparteien sind berechtigt, eine Altersgrenze für die Befristung von Arbeitsverhältnissen zu
regeln, die auf das Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung abstellt.
2. Eine solche Betriebsvereinbarung muss aus Gründen des Vertrauensschutzes Übergangsregelun-
gen für die bei Inkrafttreten der Betriebsvereinbarung bereits rentennahen Arbeitnehmer vorsehen.
BAG , Urteil vom 21.2.2017 , 1 AZR 292/15
Weitere Informationen: http://betriebs-berater.ruw.de/arbeitsrecht/urteile/Regelung-einer-Altersgrenze-in-einer-Betriebsvereinbarung-32653
16. Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung bei Änderung der im Betrieb geltenden Entlohnungs-
grundsätze
AMTLICHE LEITSÄTZE
Führt ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber ohne Beteiligung des Betriebsrats Maßnahmen durch,
die eine Änderung der im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätze bewirken, können davon be-
troffene Arbeitnehmer nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung eine Vergütung auf der
Grundlage der zuletzt mitbestimmungsgemäß eingeführten Entlohnungsgrundsätze verlangen. Die
Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung trägt allerdings keinen Anspruch auf eine Vergütung, wenn
diese Entlohnungsgrundsätze bereits mitbestimmungswidrig eingeführt wurden.
BAG, Urteil vom 24.1.2017 – 1 AZR 772/14
Weitere Informationen: http://online.ruw.de/suche/?OK=suchen&i_q=BBL2017-1395-1
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17. Ordentliche betriebsbedingte Änderungskündigung – Änderung des Anforderungsprofils
ORIENTIERUNGSSÄTZE
1. Die Bindungswirkung nach § 559 Abs. 2 ZPO entfällt, wenn die Feststellungen des Landesarbeits-
gerichts unklar, lückenhaft oder widersprüchlich sind. Solche Mängel sind auch ohne Verfahrensrüge
i. S. v. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b, § 559 Abs. 1 Satz 2 ZPO von Amts wegen zu berücksichti-
gen.
2. Die Gestaltung des Anforderungsprofils für einen Arbeitsplatz unterliegt grundsätzlich der freien
“unternehmerischen” Disposition. Die Vorgabe kann von den Arbeitsgerichten nur auf Willkür und
offenbare Unrichtigkeit hin überprüft werden. Sind allerdings die betreffende Organisationsentschei-
dung und der Kündigungsentschluss des Arbeitgebers praktisch deckungsgleich, weil der Arbeit-
nehmer dem neuen Anforderungsprofil nicht genügt, kann die generelle Vermutung, dass eine unter-
nehmerische Entscheidung auf sachlichen Gründen beruht, nicht unbesehen greifen. Die Entschei-
dung zur (neuen) Stellenprofilierung muss im Zusammenhang mit einer organisatorischen Maß-
nahme – ggf. im Zusammenhang mit einer Neuausrichtung der Geschäftstätigkeit – stehen, nach
deren Durchführung sich die bisherigen Anforderungen an den Stelleninhaber ändern. Es muss sich
um ein nachvollziehbares, arbeitsplatzbezogenes Kriterium für die Stellenprofilierung handeln.
BAG, Urteil vom 2.3.2017 – 2 AZR 546/16
Weitere Informationen: http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=en&nr=19295
18. Zur Zulässigkeit einer Feststellungsklage des Arbeitgebers bei Befristung eines Arbeitsver-
trags
ORIENTIERUNGSSÄTZE
1. Nach § 17 Satz 1 TzBfG muss ein Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbar-
ten Ende des befristeten Arbeitsvertrags Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass
das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung nicht beendet ist, wenn er geltend machen will, dass
die Befristung des Arbeitsvertrags unwirksam ist. Eine derartige Befristungskontrollklage, die aus-
schließlich dem Arbeitnehmer eröffnet ist, erfasst nicht nur den Streit über die Wirksamkeit der Be-
fristung, sondern – im Fall der Zweckbefristung – auch den Streit über den Eintritt der Zweckerrei-
chung und den Streit über den in der Befristungsabrede vorgesehenen Beendigungszeitpunkt.
2. § 17 TzBfG schließt in seinem Anwendungsbereich eine allgemeine Feststellungsklage des Ar-
beitgebers nach § 256 Abs. 1 ZPO aus. Der Arbeitgeber kann eine Klage auf Feststellung der Beendi-
gung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer Befristung nur dann erheben, wenn die Parteien dar-
über streiten, ob eine Befristung vereinbart wurde. Er hat nicht die Möglichkeit, mit einer allgemeinen
Feststellungsklage klären zu lassen, ob die Befristung wirksam ist oder – im Fall einer Zweckbefris-
tung – ob die Zweckerreichung eingetreten ist oder zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis auf-
grund der vereinbarten Befristung geendet hat.
BAG, Urteil vom 15.2.2017 – 7 AZR 153/15
Weitere Informationen: http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=en&az=7%20AZR%20153/15
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122 19. Anwendung einer anderen Vergütungsstruktur nach Kündigung einer Betriebsvereinbarung
AMTLICHE LEITSÄTZE
1. Wenden die Betriebsparteien in einem tarifungebundenen Unternehmen nach Kündigung einer
Betriebsvereinbarung i. S. v. § 87 I Nr. 10 BetrVG im Betrieb einvernehmlich eine andere Vergütungs-
struktur an, ohne schriftlich eine abändernde Betriebsvereinbarung zu vereinbaren, so kann darin
eine Regelungsabrede liegen, die an die Stelle der gekündigten Betriebsvereinbarung getreten ist.
Unerheblich ist, dass eine Regelungsabrede regelmäßig die Nachwirkung einer gekündigten Be-
triebsvereinbarung nicht beendet.
2. Will der Arbeitgeber sich von dieser Regelungsabrede lösen und zur älteren Vergütungsstruktur
zurückkehren, bedarf es nach § 87 I Nr. 10 BetrVG der Zustimmung des Betriebsrates.
3. Der Betriebsrat kann zu einer Eingruppierung nach § 99 II Nr. 1 BetrVG die Zustimmung verwei-
gern, wenn der Arbeitgeber unter Verstoß gegen § 87 I Nr. 10 BetrVG eine als Regelungsabrede ver-
einbarte Vergütungsstruktur nicht mehr anwendet.
LAG Niedersachsen, Teilurteil vom 30.5.2017 – 1 TaBV 76/16
Weitere Informationen: http://online.ruw.de/suche/?OK=suchen&i_q=BBL2017-1396-1
20. Geltung eines Haustarifvertrags nach Verschmelzung
„Drum prüfe, wer sich ewig bindet“ erlangt mit einer aktuellen Entscheidung des BAG eine neue Be-
deutung. Denn bei einer Verschmelzung kann sich –entgegen der bisher herrschenden Meinung in
der Literatur– ein Haustarifvertrag des übertragenden Rechtsträgers auch auf die Arbeitsverhältnis-
se des übernehmenden Rechtsträgers erstrecken.
BAG, Urteil vom 15.06.2016 – 4 AZR 805/14
Weitere Informationen: https://www.jurion.de/urteile/bag/2016-06-15/4-azr-805_14/
21. Angaben zum Beendigungszeitpunkt im Arbeitszeugnis bei Prozessbeschäftigung
Schließt sich an eine außerordentliche Kündigung eine gerichtlich erzwungene Weiterbeschäftigung
an, so stellt sich die Frage, welches Datum als Zeitpunkt für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses
im Arbeitszeugnis im Fall eines am Ende erfolglosen Kündigungsschutzbegehrens anzugeben ist.
Das BAG hat nunmehr klargestellt, dass es auf den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses und
nicht auf die tatsächliche Beschäftigungsdauer ankommt.
BAG, Urteil vom 14.06.2016 – 9 AZR 8/15
Weitere Informationen: http://www.bag-urteil.com/14-06-2016-9-azr-8-15/
22. Berücksichtigung von Arbeitnehmern mit Sonderkündigungsschutz bei einer Massenentlas-
sung
Das BVerfG hat bereits 2016 entschieden, dass die bisherige Rechtsprechung des BAG mit Art.3
Abs.1 GG unvereinbar ist, wonach Arbeitnehmer mit Sonderkündigungsschutz, deren Arbeitsverhält-
nis erst nach einer behördlichen Zulassung außerhalb der Frist des §17 Abs.1 KSchG gekündigt wird,
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122 nicht im Massenentlassungsverfahren nach §17 KSchG zu berücksichtigen sind. Das BAG hat diese
Vorgabe aus Karlsruhe nun –äußerst distanziert– umgesetzt, nicht ohne deutlich auf die sich erge-
benden Risiken für die betriebliche Praxis hinzuweisen.
BAG, Urteil vom 26.01.2017 – 6 AZR 442/16
Weitere Informationen: https://der-betrieb.owlit.de/document.aspx?query=GENERALSEARCH%23all_docid_reldoc%3ARS1234319%09isvalid%3ATrue
23. Zweckbefristung wegen Betriebsschließung?
Die Befristung von Arbeitsverhältnissen bietet in der Praxis immer wieder Anlass für Streitigkeiten.
Nunmehr hatte sich das BAG mit Einzelheiten einer Zweckbefristung wegen nur vorübergehendem
betrieblichen Bedarf an der Arbeitsleistung zu befassen. Für den Fall einer Betriebsschließung hat es
entschieden, dass die Voraussetzungen des §14 Abs.1 Satz2 Nr.1 TzBfG nur dann erfüllt sind, wenn
bereits bei Vertragsschluss feststeht, dass die vertragliche Tätigkeit für den befristet beschäftigten
Arbeitnehmer nicht mehr anfällt und ihm eine Tätigkeit an einem örtlich entfernten Betrieb, der neu
gegründet werden soll, nicht zugewiesen werden kann.
BAG,Urteil vom 21.03.2017 – 7 AZR 222/15
Weitere Informationen: https://der-betrieb.owlit.de/document.aspx?query=GENERALSEARCH%23all_docid_reldoc%3ARS1237157%09isvalid%3ATrue
24. Equal pay: Tatsächlich ausgeübte Tätigkeit entscheidend für das Vergleichsentgelt
Mit einer neuen Entscheidung zum equal pay-Anspruch hat das BAG klargestellt, dass die vom Leih-
arbeitnehmer tatsächlich ausgeübte und nicht die vertraglich vereinbarte Tätigkeit entscheidend für
das Vergleichsentgelt ist. Dies gilt sogar dann, wenn der Entleiher dem Leiharbeitnehmer die höher-
wertige Tätigkeit nicht ausdrücklich zugewiesen hat.
BAG, Urteil vom 23.11.2016 – 5 AZR 53/16
Weitere Informationen:
https://der-betrieb.owlit.de/document.aspx?query=GENERALSEARCH%23all_docid_reldoc%3ARS1230765%09isvalid%3ATrue
25. Verlust des gesetzlichen Unfallversicherungsschutzes durch Falschabbiegen auf dem Weg zur
Arbeit
Unfälle auf dem Weg nach und von der Arbeitsstelle treten häufig auf. Dabei spielen bei der Frage,
ob diese Unfälle Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung genießen, Um- und Abwege eine ent-
scheidende Rolle. Hierbei ergeben sich oftmals im konkreten Einzelfall Abgrenzungsfragen. Jüngst
entschied das BSG: Wer irrtümlich vom direkten Weg zur Arbeitsstätte abweicht, ist nur dann weiter
gesetzlich unfallversichert, wenn der Irrtum auf äußeren, mit der besonderen Art des Weges verbun-
denen Gefahren, wie z.B. schlecht beschilderte Wege, Sichtbehinderung durch Nebel oder Dunkel-
heit, beruht. Dagegen entfällt der Versicherungsschutz, wenn das irrtümliche Verfahren in der Person
des Versicherten liegt, wie z.B. Unaufmerksamkeit infolge angeregter Unterhaltung oder Telefonieren
während der Fahrt. Die Beweislast für die Gründe des „Verfahrens“ trägt der Versicherte.
BSG, Urteil vom 20.12.2016 – B 2 U 16/15 R
Weitere Informationen:
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https://der-betrieb.owlit.de/document.aspx?query=GENERALSEARCH%23all_docid_reldoc%3ARS1232892%09isvalid%3ATrue
26. Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer Altersgrenzenregelung
ORIENTIERUNGSSÄTZE
1. Ein Aufhebungsvertrag unterliegt als Vereinbarung über das vorzeitige Ausscheiden eines Arbeit-
nehmers aus einem Arbeitsverhältnis nicht der Befristungskontrolle. Er ist seinem Regelungsgehalt
nach auf eine alsbaldige Beendigung der arbeitsvertraglichen Beziehungen gerichtet. Das bringen
die Parteien in der Regel durch die Wahl eines zeitnahen Beendigungszeitpunkts, der sich häufig an
der jeweiligen Kündigungsfrist orientiert, und weitere Vereinbarungen wie Freistellungen, Urlaubsre-
gelungen oder Abfindungen zum Ausdruck, die typischerweise im Zusammenhang mit der Beendi-
gung des Arbeitsverhältnisses getroffen werden. Von einer befristeten Fortsetzung des Arbeitsver-
hältnisses ist dagegen auszugehen, wenn es an derartigen Absprachen fehlt und der von den Partei-
en gewählte Beendigungszeitpunkt die jeweilige Kündigungsfrist um ein Vielfaches überschreitet.
2. Der Wunsch des Arbeitnehmers nach einer nur zeitlich begrenzten Beschäftigung kann die Befris-
tung eines Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG sachlich rechtfertigen. Allein die Un-
terzeichnung des Arbeitsvertrags lässt jedoch noch nicht auf einen entsprechenden Wunsch schlie-
ßen. Entscheidend ist, ob weitere Umstände die Annahme rechtfertigen, dass der Arbeitnehmer auch
bei einem Angebot auf Abschluss eines unbefristeten Vertrags nur ein befristetes Arbeitsverhältnis
vereinbart hätte.
3. Die freie Wahlmöglichkeit des Arbeitnehmers, ein für ihn günstiges Vertragsänderungsangebot
seines Arbeitgebers anzunehmen oder das Arbeitsverhältnis unverändert fortzusetzen, ist allein kein
Sachgrund dafür, das geänderte Arbeitsverhältnis auch zu befristen. Die Befristung entspricht auch
nicht schon deshalb dem Wunsch des Arbeitnehmers, weil der Arbeitgeber das zeitlich begrenzte
Änderungsangebot mit finanziellen Vergünstigungen verbindet und dem Arbeitnehmer eine lange
Annahmefrist sowie umfangreiche Beratungen ermöglicht.
4. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann eine auf das Erreichen des Regelren-
tenalters bezogene Altersgrenzenregelung, die einzelvertraglich vereinbart ist oder kollektivrechtlich
gilt, die Befristung des Arbeitsverhältnisses i. S. v. § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG sachlich rechtfertigen.
Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer Altersgrenzenregelung ist allerdings nur
gerechtfertigt, wenn an die Stelle der Arbeitsvergütung die Möglichkeit eines dauerhaften Bezugs
von Leistungen aus einer gesetzlichen Altersversorgung tritt. Die Anbindung an eine rentenrechtliche
Versorgung bei Ausscheiden aufgrund der Altersgrenze ist damit Bestandteil des Sachgrunds. Sie
kann nicht durch eine Ausgleichszahlung des Arbeitgebers oder eine betriebliche Altersversorgung
ersetzt werden.
BAG, Urteil vom 18.1.2017 – 7 AZR 236/15
Weitere Informationen: http://betriebs-berater.ruw.de/arbeitsrecht/urteile/Beendigung-des-Arbeitsverhaeltnisses-aufgrund-einer-Altersgrenzenregelung-32995
27. Vergütung für Umkleidezeiten als Bestandteil der Arbeitszeit
AMTLICHE LEITSÄTZE
1. Die Tarifvertragsparteien sind berechtigt, die Höhe des Arbeitsentgelts zu tarifieren und hierbei
eine unterschiedliche Vergütung von Arbeitszeiten vorzusehen.
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122 2. Der Bundeslohntarifvertrag für Geld- und Wertdienste in der Bundesrepublik Deutschland (BLTV)
ist dahingehend auszulegen, dass eine Vergütung für Umkleidezeiten auch dann nicht vorgesehen
ist, wenn es sich um Teile der Arbeitszeit handelt.
3. Durch § 5 BLTV wird das Arbeitsortprinzip vergütungsrechtlich herangezogen. Dadurch stellt der
BLTV hinsichtlich der Vergütungspflicht nicht auf die Arbeitszeit im Betrieb ab, die auch Umkleide-
zeiten erfassen kann. § 5 Ziff. 2 BLTV normiert lediglich die Arbeit im Geldbearbeitungszentrum als
vergütungsrelevante Arbeitsleistung. Die vor- und nachbereitenden Tätigkeiten des Umkleidens au-
ßerhalb des konkreten Ortes der Arbeitsleistung i. S. d. § 5 Ziff. 2 BLTV sind auch als Bestandteile
der Arbeitszeit daher nicht zu vergüten.
LAG Düsseldorf, Urteil vom 28.3.2017 – 14 Sa 877/16
Weitere Informationen: http://betriebs-berater.ruw.de/arbeitsrecht/urteile/Verguetung-fuer-Umkleidezeiten-als-Bestandteil-der-Arbeitszeit-32996
28. AGB-Widrigkeit der Beschränkung einer Witwenrente auf die „jetzige“ Ehefrau
Lange war anerkannt, dass Arbeitgeber die Risiken aus der Zusage von Hinterbliebenenleistungen
durch die Eingrenzung des versorgungsberechtigten Hinterbliebenenkreises beschränken dürfen.
Seit einigen Jahren unterwirft die Rechtsprechung solche Beschränkungen allerdings einer zuneh-
mend strengen Kontrolle. So hat das BAG im Jahr 2015 an das Alter des Arbeitnehmers anknüpfen-
de Spätehenklauseln wegen Altersdiskriminierung für unwirksam erklärt (BAG vom 04.08.2015– 3
AZR 137/13, DB2015 S.3015). Mit der vorliegenden Entscheidung kassiert das BAG eine Regelung,
die den Anspruch auf Witwenrente auf die „jetzige“, d.h. zum Zeitpunkt der Zusageerteilung beste-
hende Ehe beschränkte. Grundlage ist diesmal nicht das AGG, sondern die AGB-Kontrolle.
BAG, Urteil vom 21.02.2017 – 3 AZR 297/15
Weitere Informationen: https://der-betrieb.owlit.de/document.aspx?query=GENERALSEARCH%23all_docid_reldoc%3ARS1238047%09isvalid%3ATrue
29. Der Betriebsrat kann (ungeschwärzte) Vorlage individueller Zielvereinbarungen verlangen
Zielvereinbarungen dienen Unternehmen als Mittel zur Steuerung und Evaluierung der Leistung von
Mitarbeitern. Über die Mitbestimmungspflicht bei den Grundsatzfragen besteht weitgehend Einigkeit;
gestritten wird jedoch oft um die Frage, inwieweit der Betriebsrat auch bei den Zielen und Evaluie-
rungen der einzelnen Mitarbeiter mitwirken darf und welche Informationsrechte ihm dabei zustehen.
LAG Düsseldorf, Beschluss vom 25.08.2016 – 11 TaBV 36/15
Weitere Informationen: https://der-betrieb.owlit.de/document.aspx?query=GENERALSEARCH%23all_docid_reldoc%3ARS1227200%09isvalid%3ATrue
30. Keine Aussetzung des Kündigungsschutzverfahrens bei verwaltungsgerichtlicher Überprüfung
der Zustimmung des Integrationsamts zur Kündigung
Die Aussetzung des Kündigungsschutzverfahrens nach § 148 ZPO bis zum rechtskräftigen Ab-
schluss des Widerspruchs- bzw. Klageverfahrens gegen die vom Integrationsamt erteilte Zustim-
mung zur Kündigung ist regelmäßig ermessensfehlerhaft. Dies folgt bereits aus § 88 Abs.4 SGBIX,
wonach Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Zustimmung des Integrationsamts keine
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122 aufschiebende Wirkung haben. Eine analoge Anwendung auf die behördlichen Verfahren nach dem
BEEG und dem MuSchG ist zweifelhaft. § 4 Satz 4 KSchG bewirkt aber auch hier eine Beschleuni-
gung.
LAG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 17.03.2017 – 5Ta 8/17
Weitere Informationen: https://der-betrieb.owlit.de/document.aspx?query=GENERALSEARCH%23all_docid_reldoc%3ARS1233213%09isvalid%3ATrue
VERWALTUNG/GESETZGEBUNG
31. Wichtige rentenpolitische Gesetzesvorhaben beschlossen
Der Deutsche Bundestag hat am 1.6.2017 drei wichtige rentenpolitische Gesetzesvorhaben be-
schlossen.
– Mit dem Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz soll die vollständige Angleichung der Renten in Ost-
und Westdeutschland auf den Weg gebracht werden. Die Angleichung soll 2018 beginnen und in
sieben Schritten vollzogen werden. Zum 1.7.2024 soll in Deutschland ein einheitlicher aktueller Ren-
tenwert gelten.
– Das Betriebsrentenstärkungsgesetz soll durch gezielte Maßnahmen im Arbeits-, Sozial- und Steu-
errecht auf freiwilliger Basis eine weitere Verbreitung von betrieblicher Altersvorsorge, insbesondere
in kleinen und mittleren Unternehmen und bei Geringverdienenden, erreichen.
– Mit dem Gesetz zur Verbesserung der Leistungen bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit
(EM-Leistungsverbesserungsgesetz) werden erneut wesentliche Leistungsverbesserungen für dieje-
nigen auf den Weg gebracht, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr oder nur eingeschränkt
erwerbstätig sein können. Die Gesetze sollen in ihren maßgeblichen Teilen zum 1.1.2018 in Kraft
treten.
32. Sozialversicherungsrechtliche Änderungen bei Eintritt von Arbeitslosigkeit und Urlaubsabgel-
tung
Am 10.04.2017 wurde im Bundesgesetzblatt (BGBl.2017 S.778) das Gesetz zur Stärkung der Heil-
und Hilfsmittelversorgung vom 04.04.2017 veröffentlicht. Wenngleich dieses Gesetz vorrangig Neu-
regelungen im Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zum Inhalt hat, finden
sich hierin auch Änderungen, die Auswirkungen auf die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung
von Arbeitnehmern haben, welche aus dem Beschäftigungsverhältnis bzw. aus dem Erwerbsleben
ausscheiden.
1.Unmittelbarer Eintritt von Kranken- und Pflegeversicherungspflicht bei Beginn einer Sperrzeit oder
bei Ruhen des Arbeitslosengelds wegen Urlaubsabgeltung.
2.Erweiterung der Anrechnungszeiten für Kinder auf die Vorversicherungszeit für die Krankenversi-
cherung der Rentner (KVdR).
AUFSÄTZE
33. Freie Fahrt für AGG-Hopper?
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) räumt Bewerbern, die im Einstellungsverfahren
diskriminiert worden sind, u.a. einen Entschädigungsanspruch von bis zu drei Monatsgehältern
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122 selbst für den Fall ein, dass sie bei diskriminierungsfreier Auswahl die Stelle nicht bekommen hätten.
Das nutzen sogenannte „AGG-Hopper“ aus, da es nach der Rechtsprechung für die Durchsetzung
des Anspruchs regelmäßig schon ausreicht, wenn der Arbeitgeber die Stellenausschreibung vom
Wortlaut her nicht völlig diskriminierungsfrei formuliert hat. Das BAG hat in mehreren Entscheidun-
gen darüber befunden, ob und unter welchen Voraussetzungen einer Geltendmachung des Entschä-
digungsanspruchs der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegengehalten werden kann. Die Ent-
scheidungen und vor allen Dingen die Entscheidungsgründe sind für die Unternehmen unerfreulich.
Das BAG hat sich in mehreren Entscheidungen mit der Frage der rechtsmissbräuchlichen Geltend-
machung von Ansprüchen nach §15 AGG nach erfolgloser Bewerbung befasst. Sowohl der Zeitpunkt
der ersten Entscheidungen als auch die Entscheidungsgründe selbst verwundern und legitimieren
weitgehend das Vorgehen von sog. AGG-Hoppern. Die Feststellung des BAG in den Entscheidungs-
gründen sind für Unternehmen im Rahmen von Stellenausschreibungen in Zukunft gerade deshalb
dringend zu beachten, um sich nicht per se der Gefahr einer Diskriminierungsentschädigung auszu-
setzen.
Weitere Informationen Der vollständige Artikel kann in der WGM-Geschäftsstelle abgerufen werden.
34. Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitgebers auf unwahre und unberechtigte Mobbingvorwürfe
Der Vorwurf des Mobbings wird von Arbeitnehmern schnell erhoben. Neben den berechtigten Be-
schwerden gibt es aber auch Fälle, in denen der Vorwurf auf falschen Tatsachenbehauptungen be-
ruht oder sich als unberechtigt erweist. Der bewusst unwahre oder leichtfertig zu Unrecht erhobene
Mobbingvorwurf wird regelmäßig den Angeschuldigten in Misskredit bringen, den Betriebsfrieden
stören und das Vertrauen in den Arbeitnehmer erschüttern – insbesondere, wenn der Arbeitnehmer
zeitgleich Schadenersatzforderungen geltend macht. In diesen Fällen stellt sich für den Arbeitgeber
die Frage, wie er auf die unwahren und unberechtigten Mobbingvorwürfe reagieren kann und darf.
Dieser Frage gehen die Verfasser nach. Weitere Informationen Der vollständige Artikel kann in der WGM-Geschäftsstelle abgerufen werden.
35. Arbeitsrechtliche Beweisverwertungsverbote und unternehmensinterne Untersuchungen
Die prozessuale Verwertbarkeit rechtswidrig erlangter Beweismittel oder Erkenntnisse ist häufig
Gegenstand arbeitsgerichtlicher Auseinandersetzungen. Die in diesem Zusammenhang von der
Spruchpraxis aufgestellten Vorgaben zu Beweisverwertungsverboten spielen auch bei unterneh-
mensinternen Untersuchungen (sog. Compliance-Audits) eine wichtige Rolle. Besonders bei Miss-
achtung der verfassungsrechtlich garantierten Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers läuft der
Arbeitgeber Gefahr, die Ergebnisse solcher Untersuchungen nicht arbeitsrechtlich verwerten zu kön-
nen. Es soll daher ein Problembewusstsein für die arbeitsrechtliche Compliance bei unternehmens-
internen Untersuchungen geschaffen werden. Maßnahmen zur Sicherstellung eines rechtstreuen
Verhaltens der Mitarbeiter sind heutzutage Standard in vielen Unternehmen. Insb. mittlere bis große
Unternehmen haben zu diesem Zweck umfangreiche Compliance-Organisationen implementiert.
Bestandteil derartiger „Normbefolgungsmaßnahmen“ ist neben der Instruktion und Aufklärung der
Arbeitnehmer auch immer die Verhaltenskontrolle der betreffenden Mitarbeiter. Entsprechende Kon-
trollen sind dabei kein Selbstzweck, sondern Ausfluss der Aufsichtspflicht nach §130 OWiG . Weitere Informationen
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122 Der vollständige Artikel kann in der WGM-Geschäftsstelle abgerufen werden.
36. Vollständige Digitalisierung von Personalakten: Rechtslage, Risiken und Sicherheitsvorkehrun-
gen bei der Vernichtung von Unterlagen mit Schriftformerfordernis
Personalakten werden immer häufiger digitalisiert. Fraglich ist, ob im Rahmen dieser Digitalisierung
zumindest die wichtigsten Dokumente im Original aufbewahrt und nicht vernichtet werden sollen, da
sich der Arbeitgeber ansonsten in potentiellen Gerichtsprozessen Beweisschwierigkeiten aussetzen
könnte. Vor diesem Hintergrund liegt der Schwerpunkt dieses Beitrages auf der Beweisführung im
Prozess, wobei die in der Praxis oft vernachlässigte – zivilprozessual aber sehr bedeutsame – Diffe-
renzierung zwischen Darlegungs- und Beweislast eine zentrale Rolle spielen wird.
Weitere Informationen Der vollständige Artikel kann in der WGM-Geschäftsstelle abgerufen werden.
37. Datenschutz im Arbeitsverhältnis
Der 25.05.2018 wird ein datenschutzrechtlicher Meilenstein, denn ab diesem Datum gilt die EU-
Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) unmittelbar wie Bundesrecht. Während der Gesetzgeber
bereits begonnen hat, das BDSG an die Vorgaben der DSGVO anzupassen, gibt es jetzt schon Ant-
worten darauf, was Arbeitgeber beim Beschäftigtendatenschutz künftig beachten müssen. Die Erhe-
bung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten (Datenverwendung) ist nur zulässig,
soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Be-
troffene eingewilligt hat (§4 Abs.1 BDSG). In allen drei Stadien des Beschäftigungsverhältnisses
(Begründung, Durchführung und Beendigung) kommt es maßgeblich auf §32 BDSG (künftig §26
BDSG-E) an. Jede Datenverwendung bedarf also einer Rechtsgrundlage.
Dabei sind die Prinzipien der Datenvermeidung und Datensparsamkeit nach §3a BDSG zu beachten.
Daher lautet die erste Frage, die man sich im Datenschutz stellen muss: Ist die Datenerhebung erfor-
derlich? Nützlichkeit alleine reicht nicht aus
Weitere Informationen Der vollständige Artikel kann in der WGM-Geschäftsstelle abgerufen werden.
38. Economy on demand: Sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse in Dreiecks-
konstellationen?
Die „economy on demand“ spiegelt die im Alltag vorhandene Vernetzung in der Arbeitswelt wider.
Dienst- und Werkleistungen werden nach schneller Vermittlung durch einen Online-
Plattformbetreiber von hochqualifizierten Selbstständigen kostengünstig und auf Abruf erbracht. Auf
dem Prüfstand steht die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung dieses Modells in den verschie-
denen denkbaren vertraglichen Ausgestaltungsmöglichkeiten.
Die Digitalisierung der Arbeitswelt ist allgegenwärtig und erfordert die rechtliche Bewertung neuer, in
der Arbeitswelt vorzufindender Strukturen. Als solche sind insb.
- das „crowdworking“,
- das „scrum“ sowie
- die „economy on demand“ bzw.
- die „gig economy“
zu nennen.
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122 Bei den vorgenannten Arbeitsmodellen steht die korrekte Qualifizierung der Tätigwerdenden als Ar-
beitnehmer, Beschäftigte i.S.v. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV oder als Selbstständige im Vordergrund.
Dabei geht es auch um die Frage, ob die bestehenden gesetzlichen Normen und Abgrenzungskrite-
rien zeitgemäß sind oder ob es zur Sicherstellung eines angemessenen Schutzes der Tätigwerden-
den (weiterer) gesetzlicher Neuerungen bedarf.
Weitere Informationen Der vollständige Artikel kann in der WGM-Geschäftsstelle abgerufen werden.
39. Der “neue” Beschäftigtendatenschutz nach § 26 BDSG n.F.
Nach der Verabschiedung durch den Bundestag am 27.4.2017 und der Zustimmung des Bundesrats
vom 12.5.2017 steht das “Gesetz zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU)
2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 (Datenschutz-Anpassungs- und -
Umsetzungsgesetz EU – DSAnpUG-EU) vor seiner Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt. Teil die-
ses Artikelgesetzes ist eine Neufassung des BDSG mit einer speziellen Regelung zur Zulässigkeit der
Verarbeitung von Beschäftigtendaten (§ 26 BDSG n. F.). Der Beitrag kommentiert die am 25.5.2018
in Kraft tretende Norm.
Weitere Informationen Der vollständige Artikel kann in der WGM-Geschäftsstelle abgerufen werden.
40. Tarifliche und betriebliche Ausdehnung der Überlassungsdauer in der Leiharbeit
Eine wesentliche Neuerung des neuen AÜG ist die Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten. Sie
beschneidet die Möglichkeiten flexiblen Personaleinsatzes. Unternehmen haben es schwerer, auf
Auftragsspitzen mit dem zeitlich begrenzten Einsatz von Leiharbeitnehmern zu reagieren. Für ein
bestimmtes länger dauerndes Projekt erforderliche Spezialkräfte können nicht über einen Personal-
dienstleister gewonnen werden. In länger als 18 Monate dauernden Vertretungsfällen müssen nach-
einander mehrere Leiharbeitnehmer eingesetzt werden. Vor allem ist der Weg verbaut, längerfristig
für strukturelle und konjunkturelle Auftragsschwankungen vorzusorgen und so betriebsbedingte
Kündigungen der Stammbelegschaft zu vermeiden. Der Gesetzgeber hat das Problem gesehen und
die einschlägigen Vorschriften deshalb tarifdispositiv ausgestaltet: In Tarifverträgen der Einsatz-
branche oder in aufgrund eines solchen Tarifvertrags geschlossenen Betriebs- oder Dienstvereinba-
rungen kann eine abweichende Überlassungshöchstdauer festgelegt werden. Es werden die mit der
vorgesehenen Tarifdispositivität geschaffenen Möglichkeiten zur Ausdehnung der Überlassungs-
höchstdauer ausgelotet.
Weitere Informationen Der vollständige Artikel kann in der WGM-Geschäftsstelle abgerufen werden.
BILANZRECHT UND BETRIEBSWIRTSCHAFT
VERWALTUNG/GESETZGEBUNG
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122 1. Erhöhung der Schwellenwerte bei der Abschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter
Der Bundesrat (BR) hat in seiner 958. Sitzung am 2.6.2017 beschlossen, dem vom Deutschen Bun-
destag am 27.4.2017 verabschiedeten Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang
mit Rechteüberlassungen gem. Art. 105 Absatz 3 GG zuzustimmen (BR 366/17, Beschluss). U. a.
wird damit die Grenze zur Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter von 410 auf 800 Euro
erhöht (§ 6 Abs. 2 S. 1 EStG). Darüber hinaus erfolgt eine Anhebung der unteren Wertgrenze zur Bil-
dung eines Sammelpostens (Poolabschreibung) von 150 auf 250 Euro (§ 6 Abs. 2a S. 1 und 4 EStG).
Die Regelungen sind erstmals bei Wirtschaftsgütern anzuwenden, die nach dem 31.12.2017 ange-
schafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden (§ 52 Abs. 12 S. 3 und 5 EStG).
AUFSÄTZE
2. Die Übertragung von Pensionsverpflichtungen im Rahmen von Unternehmenstransaktionen (Teil
1 und Teil 2)
Aufgrund der finanziellen Tragweite kommt der Übertragung von Pensionsverpflichtungen im Rah-
men von Unternehmenstransaktionen nicht selten eine besondere Bedeutung zu. Eine Übertragung
ist jedoch i.d.R. nicht schrankenlos möglich. In Abhängigkeit von der Transaktionsstruktur können
etwa die Regelungen zum Betriebsübergang nach §613a BGB, die Portabilitätsbeschränkungen
durch §4 BetrAVG sowie die besonderen Haftungsbestimmungen des UmwG potenzielle Beschrän-
kungen darstellen. Unterschiedliche Rechtsbegründungsakte und Versorgungssysteme der betriebli-
chen Altersversorgung können im Kontext von Unternehmenstransaktionen weitere rechtliche Her-
ausforderungen begründen. Die genannten Problemfelder behandelt dieser Teil des Beitrags im Hin-
blick auf einen als Asset Deal ausgestalteten Unternehmenskauf sowie bei Umstrukturierungen nach
dem UmwG.
Arbeitgeberfinanzierte Zusagen der betrieblichen Altersversorgung (bAV) bieten steuerliche Vorteile
und können die Attraktivität eines Arbeitgebers für Arbeitnehmer am Arbeitsmarkt erhöhen. Sind die
Versorgungszusagen indes nicht ausfinanziert, stellen sie oftmals einen erheblichen Unsicherheits-
faktor für den Arbeitgeber und auch für potenzielle Unternehmenskäufer dar. Schließlich hängt der
Verpflichtungsumfang von der Langlebigkeit der Versorgungsberechtigten und von der Verzinsung
des der Versorgung zugedachten Deckungskapitals ab. 1 Im Rahmen von Unternehmenstransaktio-
nen wird die Übertragung der Pensionsverpflichtungen nach den Zielvorstellungen der Vertragspar-
teien jedoch regelmäßig durch zivil-, arbeits- und steuerrechtliche Vorschriften beschränkt. In Ab-
hängigkeit von der Transaktionsstruktur sind Beschränkungen durch §613a BGB , §4 BetrAVG oder
Haftungsbestimmungen des UmwG zu berücksichtigen. Im Hinblick auf eine optimale Gestaltung
dürfen auch mögliche ertragsteuerliche Folgen nicht außer Acht gelassen werden. Unterschiedliche
Durchführungswege und Rechtsbegründungsakte der bAV erhöhen zudem die rechtlichen Heraus-
forderungen bei der Transaktion. Vor diesem Hintergrund ist es Ziel dieses Beitrags, rechtliche Be-
schränkungen und Herausforderungen bei der Übertragung von Pensionsverpflichtungen im Rahmen
eines Asset Deals und bei Umstrukturierungen nach dem UmwG aufzuzeigen.
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122 Weitere Informationen
Der vollständige Artikel kann in der WGM-Geschäftsstelle abgerufen werden.
3. Unternehmensbewertungen im Kontext der Neuregelung des § 8d KStG
Durch den neuen § 8d KStG ist ein fortführungsgebundener Verlustvortrag eingeführt worden, mit
dem Ziel, auch im Fall eines schädlichen Beteiligungserwerbs nach § 8c KStG die weitere Nutzung
der steuerlichen Verluste grundsätzlich zu ermöglichen. Der nachfolgende Beitrag thematisiert be-
zogen auf Kapitalgesellschaften zunächst, weshalb im Kontext von § 8d KStG mit einer Zunahme
des Anwendungsbereichs von Unternehmensbewertungen zur Vermeidung des Untergangs des fort-
führungsgebundenen Verlustvortrags zu rechnen ist. Darauf aufbauend wird dargestellt, innerhalb
welcher gesetzlichen Restriktionen die Auswahl des Bewertungsverfahrens zielgerichtet genutzt
werden und welches Verfahren vor dem Hintergrund der “Verlustrettung” vorteilhaft sein kann.
Weitere Informationen Der vollständige Artikel kann in der WGM-Geschäftsstelle abgerufen werden.
4. Anwendung von Unternehmensbewertungsmethoden bei der Strategiebeurteilung
Strategische Entscheidungen führen zu einer Änderung des Ertrag-Risiko-Profils von Unternehmen.
Bei der Bewertung von strategischen Handlungsoptionen sind daher die Wirkungen für das zukünfti-
ge Rating zu beachten und die Implikationen der Änderungen des Ertragsrisikos auf den Kapitalkos-
tensatz zu berücksichtigen. Dies ermöglicht die Bereitstellung “angemessener Informationen” i.S.d.
§ 93 AktG. Der nachfolgende Beitrag zeigt, wie unternehmerische, strategische Handlungsoptionen
mittels Unternehmensbewertungs- und Ratingverfahren beurteilt werden können. Hierbei werden für
die Unterstützung von Entscheidungsvorbereitungen des Top-Managements und des strategischen
Controllings u. a. eine integrierte Unternehmensplanung mit der Risikoanalyse und Risikoaggregati-
on (Monte-Carlo-Simulation) sowie Ratingprognose- und Unternehmensbewertungsmethoden ver-
bunden. Im Rahmen einer modernen strategischen Unternehmensführung sollten die verschiedenen
strategischen Handlungsalternativen sowohl aus der Perspektive der Eigentümer (Unternehmens-
wert) als auch aus der Perspektive der Gläubiger (Rating) beurteilt werden. Somit hat ein strategi-
scher Unternehmensführungsansatz grundsätzlich alle Implikationen der Strategie mit ihren Konse-
quenzen für die operative Planung (Erfolgsrechnung, Bilanz und Cashflow-Rechnung) abzubilden und
zudem die Risiken, welche Planabweichungen auslösen können, zu berücksichtigen (Chancen wie
Gefahren).
Weitere Informationen Der vollständige Artikel kann in der WGM-Geschäftsstelle abgerufen werden.
5. Informationsvermittlung durch Quartalsberichterstattung – wachsender Trend zur Quartalsmit-
teilung
In Zeiten zunehmender Anforderungen an die unternehmerische Finanzberichterstattung steigt der
Aufwand für die Aufbereitung der Finanzberichte. Die Kapitalmarktteilnehmer interessieren sich für
klare und glaubwürdige Informationen über die Strategie und Leistung des Unternehmens. Dies stellt
die Unternehmen vor die Herausforderung, dem Anspruch der Stakeholder nach einer effizienten
Informationsversorgung gerecht zu werden. Der nachfolgende Aufsatz befasst sich mit der Frage, ob
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122 und wie ihnen dies im Rahmen der Quartalsberichterstattung gelingen kann. Neben einem Blick auf
die aktuelle Quartalsberichtspraxis werden die Vor- und Nachteile des neuen Berichtsformats Quar-
talsmitteilung im Vergleich zum bisherigen Format des Quartalsfinanzberichts diskutiert und prakti-
sche Hinweise zur Ausgestaltung der Quartalsmitteilung gegeben.
Weitere Informationen Der vollständige Artikel kann in der WGM-Geschäftsstelle abgerufen werden.
WIRTSCHAFTSRECHT
ENTSCHEIDUNGEN
1. Verlegung der Zweigniederlassung eines niederländischen Unternehmens innerhalb Deutschlands
AMTLICHE LEITSÄTZE
1. Der Eintragung der Verlegung der Zweigniederlassung eines niederländischen Unternehmens in-
nerhalb Deutschlands in das Handelsregister steht nicht entgegen, dass die Zweigniederlassung
identisch mit dem Unternehmen firmiert, das seinen Sitz und seine Hauptniederlassung in den Nie-
derlanden hat.
2. Solange für die Zweigniederlassung eine eigene Firma nicht gebildet wurde, ist bei der Regis-
tereintragung ein Zusatz, der die Einordnung als Zweigniederlassung ermöglicht – insoweit sind an
ausländische Unternehmen keine strengeren Anforderungen zu stellen als an inländische –, weder
wegen einer sonst fehlenden Kennzeichnungskraft noch aus dem Gesichtspunkt einer zu vermei-
denden Irreführung des Rechtsverkehrs erforderlich.
OLG Düsseldorf , Urteil vom 22.2.2017 , I-3 Wx 145/16
Weitere Informationen: http://betriebs-berater.ruw.de/wirtschaftsrecht/urteile/Verlegung-der-Zweigniederlassung-eines-niederlaendischen-Unternehmens-innerhalb-Deutschlands-32811
2. Erklärung eines Widerrufs
AMTLICHE LEITSÄTZE
a) Für die Erklärung eines Widerrufs nach § 355 Abs. 1 BGB a. F. braucht der Verbraucher das Wort
“widerrufen” nicht zu verwenden. Es genügt, wenn der Erklärende deutlich zum Ausdruck bringt, er
wolle den Vertrag von Anfang an nicht gelten lassen.
b) In der Anzeige der Verteidigungsbereitschaft im Rechtsstreit liegt keine Widerrufserklärung. Eine
im Prozess ausgesprochene Anfechtung einer Vertragserklärung wegen arglistiger Täuschung kann
dagegen als Widerruf ausgelegt werden.
BGH, Urteil vom 12.1.2017 – I ZR 198/15
Weitere Informationen: http://www.iww.de/quellenmaterial/id/194261
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122 3. Wettbewerbliche Eigenart eines patentgeschützten Erzeugnisses
AMTLICHE LEITSÄTZE
a) Einem (zuvor) patentgeschützten Erzeugnis kann wettbewerbliche Eigenart zukommen. Dabei
können nicht nur solche Merkmale eines derartigen Erzeugnisses wettbewerbliche Eigenart begrün-
den, die von der patentierten technischen Lösung unabhängig sind. Einem Erzeugnis ist im Hinblick
auf den (früheren) Patentschutz seiner Merkmale die wettbewerbliche Eigenart nicht von vornherein
zu versagen und es dadurch schlechter zu stellen als andere technische Erzeugnisse, die nicht unter
Patentschutz standen (Festhaltung BGH, 22.1.2015 – I ZR 107/13, GRUR 2015, 909 – Exzenterzäh-
ne).
b) Der wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz sieht keinen allgemeinen Nachahmungsschutz einer
technisch bedingten Produktgestaltung vor, sondern dient der Absicherung eines konkreten Leis-
tungsergebnisses vor Nachahmungen, die im Einzelfall aufgrund eines unlauteren Verhaltens des
Mitbewerbers zu missbilligen sind. Damit können die formgebenden technischen Merkmale eines
Erzeugnisses als Herkunftshinweis dienen, auch wenn sie zur Monopolisierung der Warenform als
dreidimensionale Marke ungeeignet sind.
BGH, Urteil vom 15.12.2016 – I ZR 197/15
Weitere Informationen: http://www.rechtsprechung-im-inter-net.de/jportal/portal/t/19ke/page/bsjrsprod.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=10908&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE301362017&doc.part=L&doc.price=0.0&doc.hl=1#focuspoint
4. BGH-Rechtsprechung zu „Sanieren oder Ausscheiden“ auch auf KG anwendbar
Nachdem der BGH mit seinen Urteilen zu „Sanieren oder Ausscheiden“ für die GbR und die OHG ent-
schieden hat, dass sanierungsunwillige Gesellschafter unter bestimmten Voraussetzungen aufgrund
ihrer gesellschafterlichen Treuepflicht aus sanierungsbedürftigen Gesellschaften ausgeschlossen
werden können, wenn sie sich nicht an Sanierungsmaßnahmen beteiligen, erklärt das OLG Karlsruhe
die vom BGH entwickelten Kriterien auch für die KG für anwendbar, wenn gewährleistet ist, dass die
Sanierungsbeiträge der Kommanditisten auf deren Hafteinlage begrenzt bleiben. Das OLG Karlsruhe
setzt damit die insgesamt sanierungsfreundliche Tendenz in der Rechtsprechung fort.
OLG Karlsruhe, Urteil vom 22.04.2016 – 4 U 226/15
Weitere Informationen: https://der-betrieb.owlit.de/document.aspx?docid=DB1240016
5. Erfindung eines Gesellschafters: Andienungspflicht aufgrund ergänzender Auslegung des Ge-
sellschaftsvertrages
1. Macht der Gesellschafter, der wie ein Geschäftsführer in die Leitung der Gesellschaft eingebunden
ist, im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit eine Erfindung, kann für ihn nach den Gesamtumständen
die Pflicht bestehen, diese Erfindung der Gesellschaft (entschädigungslos) anzudienen, wenn die
Leitungsfunktion des Gesellschafters auch den technischen Bereich betraf, die Erfindung dem Ge-
schäftsgegenstand der Gesellschaft zuzuordnen ist und die Erfindung überwiegend auf Mitteln, Er-
fahrungen und Vorarbeiten des Unternehmens beruhte (im Streitfall bejaht).
2. Verstößt der Gesellschafter in dem in Nr. 1 genannten Fall gegen die ihn treffende Andienungs-
pflicht und meldet die Erfindung im eigenen Namen als Patent an, steht der Gesellschaft ein An-
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122 spruch auf Übertragung der Anmeldung bzw. des aufgrund dieser Anmeldung erteilten Patents –
ggf. Zug um Zug gegen Zahlung der Kosten für die Anmeldung und Aufrechterhaltung des Schutz-
rechts – zu.
OLG Frankfurt/M. ,Urteil vom 13.04.2017 – 6 U 69/16
Weitere Informationen: https://der-betrieb.owlit.de/document.aspx?docid=DB1240671
6. Handelsvertreterausgleich – Umsatzsteigerungen mit Altkunden
LEITSATZ DER REDAKTION
Als “wesentliche Erweiterung der Geschäftsverbindung” eines Handelsvertreters sind auch diejeni-
gen Umsatzsteigerungen bei Altkunden anzusehen, die einen Prozentsatz von mehr als 50 % errei-
chen.
OLG , Urteil vom 16.2.2017 , 11 U 88/16
Weitere Informationen: http://betriebs-berater.ruw.de/wirtschaftsrecht/urteile/Handelsvertreterausgleich--Umsatzsteigerungen-mit-Altkunden-32897
7. Entlassung eines Insolvenzverwalters
AMTLICHER LEITSATZ
Ein Insolvenzverwalter ist zu entlassen, wenn nachträglich bekannt wird, dass er im Zuge seiner Be-
stellung vorsätzlich Umstände verschwiegen hat, die geeignet waren, ernsthafte Zweifel an seiner
Unabhängigkeit zu begründen, und eine Bestellung zum Verwalter nicht zuließen.
BGH , Beschluss vom 4.5.2017 , IX ZB 102/15
Weitere Informationen: http://betriebs-berater.ruw.de/wirtschaftsrecht/urteile/Entlassung-eines-Insolvenzverwalters-32975
VERWALTUNG/GESETZGEBUNG
8. Mehr Verbraucherschutz im Zahlungsverkehr und Erleichterungen bei Anschlussfinanzierungen
Der Bundestag hat am 1.6.2017 das Gesetz zur Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie
beschlossen. Damit wird eine EU-Richtlinie zum Zahlungsdiensterecht in deutsches Recht umge-
setzt. Das Gesetz ermöglicht im Interesse von Verbraucherinnen und Verbrauchern mehr Wettbe-
werb unter Zahlungsdienstleistern und macht bargeldloses Bezahlen sicherer. Ulrich Kelber, Parla-
mentarischer Staatssekretär: “Mit dem heute beschlossenen Gesetz schaffen wir ein Ärgernis für
viele Verbraucher ab: Händler dürfen zukünftig keinen Aufpreis mehr von ihren Kunden verlangen,
wenn diese online oder offline mit gängigen Karten oder per SEPA-Überweisungen und Lastschriften
bezahlen. Hinzu kommt ein stärkerer Verbraucherschutz bei nicht autorisierten Zahlungen. Wurde
beispielsweise die Kreditkarte entwendet, können Zahler derzeit noch mit 150 Euro an den Schäden
beteiligt werden. Dieser Betrag wird jetzt auf 50 Euro reduziert.” Außerdem kann eine vorsätzliche
oder grob fahrlässige Pflichtverletzung des Kunden in diesem Zusammenhang nicht mehr ohne wei-
teres angenommen werden. Die Bank wird stärker in die Pflicht genommen und muss unterstützen-
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gen.
Auch bei einer Fehlüberweisung müssen Banken den Kunden in Zukunft stärker dabei unterstützen,
das Geld zurück zu bekommen. Mit dem Gesetz wird jetzt auch die Bank des Empfängers verpflich-
tet, die notwendigen Informationen mitzuteilen, damit der Überweisende sein Geld zurück erhält. In
Deutschland war schon bisher ein bedingungsloses Erstattungsrecht bei Lastschriften binnen acht
Wochen üblich. Dieses bislang in den Geschäftsbedingungen der Banken verankerte Recht wird jetzt
gesetzlich geregelt und europaweit eingeführt. An das Gesetz zur Umsetzung der Zweiten Zahlungs-
diensterichtlinie angefügt wird eine Ergänzung zur Umsetzung der Richtlinie zu Wohnimmobilienkre-
diten. Damit soll auf die Kreditwürdigkeitsprüfung bei echten Abschnittsfinanzierungen und Um-
schuldungen zwischen Darlehensgeber und Darlehensnehmer verzichtet werden.
AUFSÄTZE
9. Weitere Hürden für E-Mail-Werbung
Werbe-E-Mails sind ein effektives Marketinginstrument. Ohne Einwilligung stellt das Zusenden ge-
genüber einem Unternehmen allerdings einen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeüb-
ten Gewerbebetrieb dar. In einem aktuellen Urteil befasst sich der BGH mit den Anforderungen, die
an eine wirksame Einwilligung zu stellen sind, und der Reichweite des Unterlassungsanspruchs,
wenn eine solche nicht vorliegt. Für Unternehmen ist die Entscheidung von hoher praktischer Rele-
vanz – nicht zuletzt auch wegen ihrer datenschutzrechtlichen Implikationen, da der BGH davon aus-
geht, dass sich ein Werbetreibender im Interesse der Erfüllung bestehender Unterlassungspflichten
über einen etwaigen Widerspruch des Betroffenen zur Speicherung einer betroffenen E-Mail-Adresse
bzw. Information von Werbepartnern hinwegsetzen darf und wohl auch muss. Die Rechtsprechung
hat sich in den letzten Jahren intensiv mit den Anforderungen an eine rechtskonforme Werbung via
E-Mail beschäftigt und die gesetzlichen Voraussetzungen überwiegend streng bzw. restriktiv ausge-
legt. Der VI. Senat des BGH hat in einer Entscheidung vom 14.03.2017 1 die Anforderungen an E-
Mail-Werbung nochmals verschärft und zentrale Grundaspekte in den Blick genommen, die nament-
lich Vorgaben für eine rechtskonforme Einwilligungserklärung und den Umfang von Unterlassungs-
pflichten betreffen.
Weitere Informationen: Der vollständige Artikel kann in der WGM-Geschäftsstelle abgerufen werden.
10. Entwicklung des Übernahmerechts 2016/2017
Aktuelle Themen des Rechts der börsennotierten Unternehmen, einschließlich der Auseinanderset-
zung mit sog. “Activist Shareholders”
In Fortsetzung des Beitrags von Hasselbach/Pröhl aus BB 19/2016, 1091 ff., geben die Autoren ei-
nen Überblick über die wichtigsten Entwicklungen am deutschen Übernahmemarkt im Jahr 2016 und
gehen dabei auch auf erste Trends des Jahres 2017 ein. Der Beitrag berücksichtigt Angebotsverfah-
ren nach dem WpÜG und Entwicklungen im deutschen Markt für Unternehmensübernahmen bis ein-
schließlich 31.5.2017. Der allgemein unsicherer werdenden und immer stärker polarisierten Weltlage
entsprechend, waren auch die besonders im Licht der öffentlichen Wahrnehmung stehenden Trans-
aktionen mit deutschen börsennotierten Unternehmen im Jahr 2016 in nicht unerheblichem Umfang
von politischer bzw. regulatorischer Aufmerksamkeit und durch verhältnismäßig aggressiv auftre-
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122 tende Aktionäre oder Investoren geprägt. Hinzu treten zahlreiche Neuregelungen seitens des Ge-
setzgebers, die erhebliche Auswirkungen auf die Transaktionspraxis haben.
Weitere Informationen: Der vollständige Artikel kann in der WGM-Geschäftsstelle abgerufen werden.
11. Zweifelsfragen des neuen Transparenzregisters
Mit der aktuellen Neufassung des Geldwäschegesetzes wird ein völlig neuartiges Register geschaf-
fen: das Transparenzregister. Dieses wird verschiedene Angaben (insbesondere Name und Wohnort)
zu den wirtschaftlich Berechtigten von Kapital- und eingetragenen Personengesellschaften erfassen.
Wirtschaftlich Berechtigte sind die hinter den Gesellschaften stehenden natürlichen Personen, die
über substanzielle Kapital- oder Stimmrechtsbeteiligungen oder sonstige Kontrollmöglichkeiten ver-
fügen, auch wenn sie nicht unmittelbare Gesellschafter sind. Um das Transparenzregister auf aktuel-
lem und aussagekräftigem Stand zu halten, werden v.a. die Gesellschaften und deren Anteilseigner,
mitunter aber auch die wirtschaftlich Berechtigten selbst in die Pflicht genommen. Diesen werden
verschiedene Informationspflichten auferlegt, die teilweise bereits mit Inkrafttreten der Neuregelun-
gen, spätestens aber bis zum 01.10.2017 erstmals zu erfüllen sind – anderenfalls drohen empfindli-
che Bußgelder. Der Beitrag vermittelt einen knappen Überblick über das neue Transparenzregime
und zeigt damit verbundene Zweifelsfragen anhand praktisch relevanter Konstellationen auf. Vo-
raussichtlich am 26.06.2017 tritt das Geldwäscherichtlinie-Umsetzungsgesetz in Kraft, mit dem die
Vierte EU-Geldwäscherichtlinie in nationales Recht umgesetzt wird. Kernstück des Artikelgesetzes
ist die komplette Neufassung des Geldwäschegesetzes (GwG n.F.), die insb. einen neuartigen legis-
latorischen Baustein zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung implementiert:
das sog. Transparenzregister, das Identität und Wohnort der „wirtschaftlich Berechtigten“ – d.h. der
hinter gesellschaftsrechtlichen Strukturen stehenden natürlichen Personen – insb. von KapGes.,
eingetragenen PersGes. und Stiftungen erfassen und zugänglich machen soll.
Weitere Informationen: Der vollständige Artikel kann in der WGM-Geschäftsstelle abgerufen werden.
12. Welche Sanierungsbeiträge leisten Banken in der Unternehmenskrise?
In der Krise eines Unternehmens kommt den finanzierenden Banken regelmäßig eine Schlüsselstel-
lung zu. Natürlich kann eine nachhaltige Sanierung letztlich nur unternehmerisch-gestaltend vom
Management bewirkt werden. Und natürlich müssen alle, Gesellschafter wie Stakeholder (Lieferan-
ten, Arbeitnehmer, Warenkreditversicherer etc.), in angemessener Weise Sanierungsbeiträge leisten.
Klar ist aber auch: Weder die Gesellschafter noch andere Gläubigergruppen eines insolvenzbedroh-
ten Unternehmens sind erfahrungsgemäß allein in der Lage, die zur kurzfristigen Überwindung seiner
Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung erforderlichen Sanierungsbeiträge in ausreichendem
Maß bereitzustellen – sei es, dass die notwendige Finanzkraft fehlt, sei es, dass der heterogene
Kreis der Stakeholder nicht schnell genug organisiert werden kann. Ohne die Mitwirkung der Banken
wird daher nur selten eine Unternehmenssanierung Erfolg haben. Grund genug, das Verhalten der
Banken im Sanierungsprozess näher zu beleuchten und die wesentlichen – unternehmensseitig
nicht immer alle bekannten – Sanierungsbeiträge richtig einzuordnen.
Weitere Informationen: Der vollständige Artikel kann in der WGM-Geschäftsstelle abgerufen werden.