1 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
Moleküldynamik
“Es gibt “nur” zwei Probleme bei MD-Simulationen:
das Kraftfeld und ausreichendes Sampling.”
Pflicht
Vorlesung 2 Kraftfelder
Heute (V4):- MD- Algorithmen
- Behandlung der langreichweitigen elektrostatischen WW
- Simulation bei konstanter Temperatur
Kür
Vorlesung 5 statistische Mechanik, Freie Energie-RechnungenBerechnung von Bindungskonstanten
Vorlesung 6 Anwendung von MD-Simulationen zur Proteinfaltung
2 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
Moleküldynamik (MD)
MD-Simulation ist eine der Hauptmethoden für die Untersuchung biologischer
Moleküle (Struktur, Dynamik und Thermodynamik) und ihrer Komplexe.
MD berechnet das zeitliche Verhalten eines molekularen Systems.
MD-Simulationen enthalten detaillierte Informationen über Fluktuationen und
Konformationsänderungen von Proteinen und Nukleinsäuren.
MD-Simulationen werden auch zur Strukturaufklärung in Röntgenkristallographie
und NMR-Experimenten eingesetzt.
3 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
Dynamische Prozesse in Biomolekülen
Lokale Bewegungen (0.01 to 5 Å, 10-15 to 10-1 s) • Atomare Fluktuationen• Bewegungen der Seitenketten • Bewegung der Loops
Bewegung starrer Körper (1 to 10 Å, 10-9 to 1s) • Bewegung von Helices• Domänenbewegung (hinge bending) • Bewegung von Untereinheiten
Weiträumige Bewegungen (> 5Å, 10-7 to 104 s) • Helix coil Übergänge• Dissoziation/Assoziation • Faltung und Entfaltung
4 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
Historischer Hintergrund: immer am Abgrund des gerade noch „Machbaren“
1957/1959: Einführung der MD-Methode für die Wechselwirkung von harten Kugeln
als Modell von Flüssigkeiten (Alder & Wainwright)
1964 erste Simulation mit realistischem Potential für flüssiges Argon (Rahman, 1964)
1974 erste MD-Simulation von Wasser (Stillinger and Rahman, 1974)
1977 erste MD-Simulation des Proteins BPTI (McCammon, et al, 1977).
1977 SHAKE-Algorithmus
1983 CHARMM, AMBER-Kraftfeld
1984 Freie-Energie-Rechnungen
1985 Car-Parrinello MD
1987 Gromos87-Kraftfeld
seit 1990 QM/MM Methode, z.B. für enzymatische Reaktionen
1992 Ewald-Methode
´90er Jahre: MD-Simulation auf parallelen Prozessoren größere SystemeAlder, B. J. and Wainwright, T. E. J. Chem. Phys. 27, 1208 (1957)Alder, B. J. and Wainwright, T. E. J. Chem. Phys. 31, 459 (1959)Rahman, A. Phys. Rev. A136, 405 (1964)Stillinger, F. H. and Rahman, A. J. Chem. Phys. 60, 1545 (1974)McCammon, J. A., Gelin, B. R., and Karplus, M. Nature (Lond.) 267, 585 (1977)
5 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
program md einfaches MD program
call init Initialisierung
t = 0
do while (t.lt.tmax) MD Schleife
call force(f,en) berechne die Kräfte
call integrate(f,en) integriere
Bewegungsgleichungen
t = t + delta
call sample berechne Mittelwerte
enddo
stop
end
Ein einfaches Moleküldynamik-Programm
nach [Frenkel, Smit 1996]
6 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
subroutine init Initialisierung
sumv=0
sumv2=0
do i=1,npart
x(i)= lattice_pos(i) platziere Teilchen auf Gitter (oder lese Koordinate ein)
v(i)=(ranf()-0.5) ordne Zufallsgeschwindigkeiten zu
sumv=sumv+v(i) Geschwindigkeit des CMS
sumv2=sumv2+v(i)**2 kinetische Energie
enddo
sum=sumv/npart Geschwindigkeit des CMS
sumv2=sumv2/npart mittlere quadrierte Geschwindigkeit
fs=sqrt(3*temp/sumv2) Skalierungsfaktor für Geschwindigkeiten – warum?
do i=1,npart setze gewünschte kinetische Energie und setze
v(i)=(v(i)-sumv)*fs - Geschwindigkeit des Massenschwerpunkts = 0
xm(i)=x(i)-v(i)*dt Position bei vorherigem Zeitschritt
enddo - (für Integrationsalgorithmus)
return
end
Initialisierung eines MD-Programms
nach [Frenkel, Smit 1996]
7 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
Verwendung von PBC erlaubt es, Simulationen mit
relativ kleiner Teilchenzahl durchzuführen, wobei
die Teilchen Kräfte wie in Lösung erfahren.
Die Koordinaten der „Kopien“ gehen aus denen
der Teilchen in der zentralen Box durch einfache
Translationen hervor.
Kräfte auf die zentralen Teilchen werden durch
Wechselwirkungen innerhalb der Box sowie mit
den Nachbarboxen berechnet.
Der cut-off wird so gewählt, daß ein zentrales
Teilchen nicht gleichzeitig mit einem anderen
zentralen Teilchen und dessen Kopie wechsel-
wirkt.
Für eine kubische Box: cut-off < box/2
periodische Randbedingungen (PBC)
nach [Frenkel, Smit 1996]
Bsp. 2-dimensionale Box.
Zentrale Box ist von 8
Nachbarn umgeben.
8 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
Wiederholung: Molekülmechanik-Kraftfeld
)(0)(6
)(
12
)(
)(
2)(0
)()(
)(
2)(0
)(
)(
2)(0
)(
4
1
cos(12
22
ijpairs ij
ji
ijpairs ij
ij
ij
ij
ijkltorsions
ijklijklijkl
ijkangles
ijkij
ijk
ijbonds
ijij
ij
ESvdWtorsbendstretch
r
r
B
r
A
nk
krr
k
EEEEEE
9 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
subroutine force(f,en) Initialisierung
en=0
do i=1,npart
f(i)= 0 setze Kräfte auf 0
enddo
do i=1,npart-1
do j=i+1,npart Schleife über alle Paare
xr=x(i)-x(j) berechne Distanz zwischen Teilchen i und j
xr=xr-box*nint(xr/box) periodische Randbedingungen
r2=xr**2
if (r2.lt.rc2) then überprüfe, ob Distanz < cut-off
r2i=1/r2
r6i=r2i**3
ff=48*r2i*r6i*(r6i-0.5) Lennard-Jones Potential
f(i)=f(i)+ff*xr Update der Kräfte
f(j)=f(j)-ff*xr
en=en+4*r6i*(r6i-1)-ecut Update der Energie
endif
enddo
enddo
return
end
Berechnung der Kräfte
nach [Frenkel, Smit 1996]
10 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
Es gibt N*(N-1) Paar-Wechselwirkungen. Nicht alle müssen bei jedem Iterations-
schritt berechnet werden! Spaare Zeit mit Nachbarliste, die Buch führt, welche
Teilchen in benachbarten Zellen liegen (links) bzw. in äußerer Kugelschale
(rechts).
Bei Schritt i+1 braucht nur überprüft zu werden, ob Teilchen aus diesen Zellen
nun innerhalb des cut-off liegen. Skaliert mit N.
Alle n Schritte ist Neuberechnung der Nachbarliste nötig. Skaliert mit N2.
Nachbarlisten bringen Speedup
[Frenkel,Smit 1996]
Zell-Liste Verlet-Liste
11 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
1,0,
!1
1
!
1
101
001
00
0
n
n
ndef
n
n
n
v
xxx
xxxf
nxR
xRxxx
xfxf
mit
Satz von Taylor
Eine Funktion f sei in einem Intervall [x0-, x0+] (n+1)-mal differenzierbar.
Dann gilt in diesem Intervall die Taylorentwicklung:
12 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
Taylor-Entwicklung der Teilchenkoordinate r(t)
Dies ist der Verlet-Algorithmus. Die Geschwindigkeiten kommen nicht vor,
können aber aus der Trajektorie berechnet werden:
2
42
43
2
43
2
2
2
!32
,!32
tm
tttttt
tOtm
tttttt
tOt
tm
tttttt
tOt
tm
tttttt
Frrr
Frrr
rF
vrr
rF
vrr
bzw.
ergibtSummation
2
3
2
2
tOt
ttttt
tOtttttt
rrv
vrr
bzw.
ergibt nSubtraktio
Integration der Bewegungsgleichungen
13 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
t
ttttt
m
tt
m
tt
tt
t
ttt
t
ttttt
t
ttttt
rrrF
Fv
rrrrv
rrv
2
2
2
2
sAlgorithmuVerletausda
Leap-frog (“Bocksprung-“) Algorithmus
Für den update der Geschwindigkeiten gilt:
tt
tttt
t
ttttt
t
ttttt
2
2
2
vrr
rrv
rrv
gilt
mit
Leap-frog Algorithmus
14 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
subroutine integrate(f,en) integriere Bewegungsgleichungen
sumv=0
sumv2=0
do i=1,npart MD Schleife
xx=2*x(i)-xm(i)+delt**2*f(i) Verlet-Algorithmus
v(i)=(xx-xm(i))/(2*delt) Geschwindigkeit
sumv=sumv+v(i) Geschwindigkeit des CMS
sumv2=sumv2*v(i)**2 totale kinetische Energie
xx(i)=xx update Positionen
enddo
temp=sumv2/(3*npart) aktuelle Temperatur
etot=(en+sumv2)/(2*npart) Gesamtenergie pro Teilchen
return
end
Integriere die Bewegungsgleichungen
nach [Frenkel, Smit 1996]
15 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
Leap-frog und Verlet-Algorithmen sind am gebräuchlichsten in typischen
MD-Simulationspaketen. Sie benötigen lediglich die ersten Ableitung der
Energie nach den Teilchenkoordinaten, also die Kräfte auf die Atome.
In Simulationen im NVE-Ensemble (also bei konstanter Teilchenzahl N,
konstantem Volumen V und konstanter Energie E) bleibt die Energie bei
Verwendung von Simulationszeitschritten t 0.5 fs erhalten.
Bei Einfrieren der Bindungslängen (“SHAKE-Algorithmus”) kann man sogar
bis t 2.0 fs verwenden.
Es existieren kompliziertere Algorithmen, die höhere Ableitungen der
Energie verwenden. Diese Algorithmen erlauben es, längere Zeitschritte bis
ca. t 5.0 fs zu verwenden.
Allerdings ist der Aufwand, die höheren Ableitungen zu berechnen,
gewöhnlich grösser als die Einsparung durch die kleinere Anzahl an
Schritten.
Algorithmen für MD
16 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
MD-Simulationen haben mehrere Aufgaben
* Generierung von Konformationen,
Suche im Konformationsraum
* Dynamische Simulation von Systemen im Gleichgewicht
* Nicht-Gleichgewichts-Simulationen
Moleküldynamik
17 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
Dynamik während 200 ps (gesamte Simulation dauert 10 ns)
De Groot & Grubmüller, Science 294, 2353-2357 (2001)
18 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
Empirische Kraftfelder beschreiben die nichtgebundene Wechselwirkung
meistens durch 2 Terme:
- ein Lennard-Jones-Potential C12/r12 - C6/r
6
- die Coulombsche Wechselwirkung aller Teilchen miteinander mittels ihrer
Punktladungen qi
Der Lennard-Jones Term fällt sehr schnell mit zunehmender Entfernung ab und
kann guten Gewissens für r 1 nm vernachlässigt werden.
Die elektrostatische Wechselwirkung fällt jedoch nur mit r-1 ab.
Die Verwendung einer Abschneidefunktion (cut-off) führt daher oft zu Artefakten.
1 1 ,
12
N Ni j
i j i j
q qU
r
Langreichweitige elektrostatische Wechselwirkung
19 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
- Aufheizung des Systems durch Austritt dipolarer Gruppen mit Vorzugsrichtung
und Wiedereintritt mit beliebiger Orientierung
- strukturelle + dynamische Abweichung von experimentellen Daten!
Zu große “Ordnung” des Systems, da jede cut-off-Sphäre quasi von Vakuum
umgeben ist. Probleme bei Equilibrierung von kritischen Systemen, die z.B. viele
polare Gruppen enthalten, deren Ladungen in der Lösung durch Gegenionen
abgesättigt werden, wie DNA-Lösungen oder Biomembranen.
In MD-Simulationen von DNA mit cut-off wird z.B. während ns Simulation keine
stabile Konformation gefunden; große Abweichung von Kristallstrukturen.
- prinzipielles “Problem” bei Berücksichtigung der langreichweiten Elektrostatik:
die empirischen Kraftfelder wurden ursprünglich in den ’80er und ’90er Jahren alle
in Simulationen mit cut-off geeicht. Die Übereinstimmung beispielsweise der
Diffusionskonstante von Wasser mit dem Experiment wird daher durch Einschalten
der langreichweitigen Elektrostatik nicht besser, sondern geringer.
Cut-off Artefakte
20 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
Bei dieser Methode stellt man sich das System unendlich weit in drei
Dimensionen fortgesetzt, also periodisch, vor. Die Summationsmethode der
gesamten Wechselwirkung in Kristallen wurde in den ‘20er Jahren von Ewald
entwickelt.
Der entscheidende Schritt ist, den kritischen Term r-1 in zwei rasch
konvergierende Terme zu zerlegen.
Ewald-Summe
21 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
Die Fehlerfunktion erf(x) ist definiert Für die entsprechende
als das Integral über eine Gaußverteilung Fehlerfunktion erfc(x) gilt:
mit dem Mittelwert 0 und der Varianz ½.
Mit erfc(x) + erf(x) =1 zerlegt man nun 1/r in zwei Terme:
Für r fällt erfc(r) schnell ab.
Der erste Term konvergiert daher im reellen Raum schnell.
erf(r)/r ist eine stetige Funktion. Ihre Fouriertransformierte fällt daher schnell ab.
r
rerf
r
rerfc
r
1
2
da
2)(1)(
0
2
2
dte
dtexerfxerfc
t
x
t x
t dtexerf0
22
Ewald-Summe
22 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
N
ji
jiji
m qqV
U,
2
2 i2/exp
2
1
0m m
rrmm
N
ji n nji
njiji
r
r
rerfcqqU
, ,,
,,
2
1
.0UUUU mrEwald
Der Coulomb-Term wird damit in drei Terme zerlegt:
(a) Eine Summe im reellen Raum, die die Coulomb-Wechselwirkungen zwischen
benachbarten Atomen innerhalb eines cut-off Radius beschreibt
(b) Eine Summe im reziproken Raum, die die Wechselwirkung mit dem restlichen
System beschreibt:
Hierbei ist V das Volumen der Simulationsbox, m = (l, j, k) ein Vektor im reziproken
Raum, und
Ewald (2)
23 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
N
iiqU
1
20
(c) Die Selbst-Energie der artifiziell hinzugefügten Gegenladungen:
Mittels des Wertes von kann man den Anteil von direkter und reziproker Summe
verschieben.
In der Praxis benutzt man einen cut-off von ca. 1nm für den reellen Raum.
Ewald (2)
24 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
Eine physikalische Interpretation dieses Vorgehens ist oben dargestellt:
Die Punktladungen werden in der direkten Summe ergänzt durch Gaußfunktionen
mit umgekehrtem Vorzeichen, so dass sich die integrierte Ladungsdichte aufhebt.
Die Wechselwirkung dieser hinzugefügten Gaußfunktionen wird dann im reziproken
Raum berechnet.
Ewald (3)
25 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
Es gibt weitere Techniken - Particle-Mesh-Ewald, eine vor allem für größere Systeme sehr effiziente
Variante der ursprünglichen Ewald-Summe - Fast-Multipole-Methode
- Reaktionsfeld-Methoden, nur für isotrope Systeme wie Flüssigkeiten ...
die alle in bestimmten Bereichen Vorteile bieten.
Es stehen damit eine Reihe von zuverlässigen Methoden zur Berücksichtigung
langreichweitiger elektrostatischer Effekte in Simulationen zur Verfügung.
Wichtig:
Durch Verwendung einer künstlichen Periodizität werden die strukturellen,
dynamischen und vermutlich thermodynamischen Eigenschaften der Systeme
verändert!
Dies muß jedoch nicht von Nachteil sein, sofern man die relative Größe dieser
Effekte kennt und evtl. bei der (Neu-) Parametrisierung von Kraftfeldern
berücksichtigt.
Langreichweite Elektrostatik
26 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
Feller, Pastor, Rojnuckarin, Bogusz, Brooks, J.Phys.Chem. 100, 17011 (1996)Effect of Electrostatic Force Truncation on Interfacial and Transport Properties of Water
EW: Simulation mit Ewald-SummeSH: Cut-off Simulation mit potential shifting, d.h. WW mit (1-r2 / rc
2)2 skaliert
Einfluss der Elektrostatik
27 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
Elektrostatisches Potential an Grenzflächen
Wasser: Flüssigkeit - Dampf Wasser - Lipid
28 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
Es beschreibe der klassische Hamiltonian H(pN, qN) die Wechselwirkung von N
Teilchen mit den verallgemeinerten Koordinaten qN und konjugierten Impulsen pN.
Bei einer Temperatur T lautet die Zustandssumme im kanonischen Ensemble:
N! gilt, wenn die Teilchen ununterscheidbar sind. Dies ist in Simulationen nicht der
Fall, da man die Teilchen stets numerieren kann.
Die normalisierte Phasenraumdichte (pN, qN) gibt die Wahrscheinlichkeit an, das
System in einem bestimmten Punkt des Phasenraums mit den Koordinaten qN
und Impulsen pN anzutreffen. Diese Wahrscheinlichkeit ist proportional zum
Boltzmannfaktor und bestimmt die Verteilung der Zustände im Gleichgewicht.
NNNN
Nd
kT
H
NhZ qp
qp
,exp
!
13
NNNN
NN
NNNN
dkT
H
kTH
kT
H
Zqp
qpqp
qp
qp
,exp
,exp
,exp
1,
Statistische Mechanik I
29 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
Den Erwartungswert AT einer Eigenschaft A(pN, qN) bei konstanter Temperatur
erhält man aus:
Wenn das System konservativ ist, kann man den zugehörigen Hamiltonian in zwei
Teile aufteilen:
Standardausdrücke stellen die Verbindung zwischen statistischer Mechanik und
Thermodynamik her. So gilt im kanonischen Ensemble:
Für die freie Enthalpie bleibt:
Statistische Mechanik II
NNB
NNNNNN
T
NN
ddATkHZ
ddAA
qpxx
qpqpqpqp
/)(exp1
,,,
NNNN VTH qpqp ,
2
,
,
ln
lnln
N V
N V
ZU kT
T
ZS k Z kT
T
ln
F U TS
kT Z
30 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
Bislang wurden die Zustände des klassischen Systems unter den Bedingungen
N (Teilchenzahl) = konstant
V (Volumen) = konstant
E (Gesamtenergie) = konstant
simuliert.
Wenn man annimmt, daß zeitliche Mittelwerte = Ensemblemittelwerte sind, dann
entsprechen Mittelwerte über eine konventionelle MD-Simulationen den Ensemble-
Mittelwerten eines mikrokanonischen Ensembles.
Jedoch ist es oft wünschenswert, Simulationen in anderen Ensembles
durchzuführen, z.B. NVT oder NPT, in denen die Temperatur (T) und/oder der
Druck (p) konstant gehalten werden.
NVE Bedingung
31 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
Wenn man ein System mit einem großen Wärmereservoir koppelt, bekommt das
System eine Temperatur.
D.h. die Anzahl der Zustände bei Energie E gehorcht Boltzmann-Verteilung,
und die Verteilung der Geschwindigkeiten gehorcht für ein klassisches System
der Max-Boltzmann-Verteilung:
Bedingung konstanter Temperatur: Kopplung an Wärmebad
m
p
mpP
2exp
2
223
Die Varianz der kinetischen Energie eines Teilchens hängt mit dem zweiten und
vierten Moment der MB-Verteilung zusammen:
2
44
22
15
3
mpPpdp
mpPpdp
p
p
3
2
3
3152
22
22
224
22
22
m
mm
p
pp
p
p
Für die relative Varianz der
kinetischen Energie eines
Teilchens gilt somit:
32 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
Grundsätze
In einem klassischen Vielteilchensystem ist die Energie über all diejenigen
Freiheitsgrade Nf gleichverteilt, die quadratisch in den Hamiltonian
(Energiefunktion) des Systems eingehen, also z.B. die Geschwindigkeiten.
Für die mittlere kinetische Energie pro Freiheitsgrad gilt:
Tkmv Bi 2
1
2
1 2
Die Klammer ... bedeutet eine zeitliche Mittelung über die Konfigurationen des
Systems z.B. während einer MD-Simulation.
In einer MD-Simulation kann man diese Beziehung bequem zur Berechnung der
Temperatur des Systems heranziehen.
N
i fB
ii
Nk
tvmtT
1
2
33 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
Schwankung der Temperatur
In Analogie zur Schwankung der kinetischen Energie pro Teilchen gilt damit für die
Schwankung der instantanen Temperatur im kanonischen Ensemble Tk
Np
pp
N
pN
pNppNNpN
T
TT
TNVTk
NVTkNVTk
NVTk
Tk
3
21
1
32
22
224
222
222224
2
22
2
2
2vmTkB
34 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
Zu bestimmten Intervallen wird die Geschwindigkeit eines zufällig ausgewählten
Teilchens neu aus einer Maxwell-Boltzmann-Verteilung der Geschwindigkeiten
zugeteilt, entsprechend einer stochastischen Kollision dieses Teilchens mit einem
Solvensmolekül eines imaginären Bads.
Problem: die stochastischen Kollisionen stören die dynamischen Eigenschaften in
unrealistischer Weise. Die Geschwindigkeits-Autokorrelationsfunktion fällt zu
schnell ab. Dieser Thermostat ist nicht geeignet um dynamische Eigenschaften wie
Diffusionskoeffizienten zu simulieren. Alle statischen Eigenschaften werden aber
korrekt berechnet.
Andere Verfahren (Nosé-Hoover) erlauben es, sowohl thermodynamische wie
dynamische Eigenschaften methodisch sauber zu berechnen.
m
kT
m
kTP
2exp
2
2/3 2pp
Andersen-Thermostat
35 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
Protokoll für Moleküldynamik-Simulationen
generiere Koordinaten
minimiere Struktur (EM)
ordne Anfangsgeschwindigkeiten zu
Aufwärmphase (MD)
Equilibrierung (MD)
Produktionslauf (MD)
Analyse
Temperatur OK?
Skaliere Geschwindigkeiten
JaNein
36 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
Mittlere Energie
RMS-Unterschied zwischen
2 Strukturen
RMS-Fluktuationen
(diese hängen mit den
kristallographischen B-
Faktoren zusammen)
Analyse von Trajektorien
N
iiEN
E1
1
221
2 1 ii
iii rr
NrrRMS
f
avei
fi
f
flucti rr
NRMS
21
22
3
8 fluctii RMSB
37 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
Newtonsche Physik verteilt die Energie gleichmäßig über alle vibrationelle Moden
(Gleichverteilungs-Theorem).
Betrachte jedoch harmonischen Oszillator, dessen Eigenzustände gequantelte
Energieabstände h haben.
Für Moden mit relativ großen Frequenzen, d.h.
Anwendungsbereich von Newton-Dynamik
1Tk
h
B
sind bei Raumtemperatur fast alle Zustände im Grundzustand.
Wie rechts gezeigt, ist MD daher
nicht gut geeignet um die
Vibrationen von Bindungen und
Bindungswinkeln zu simulieren.
Hierzu sind quantenmechanische
Methoden notwendig. [Schlick]
38 4. Vorlesung SS 2004
Computational Chemistry
MD-Simulation ist eine etablierte und mittlerweile sehr robuste Simulationstechnik.
Ständig neue Anwendungsgebiete
(a) durch Beschleunigung der Algorithmen,
(b) durch Zunahme der Prozessorgeschwindigkeit,
(c) durch Parallelisierung der Programme.
Ausgangspunkt ist gewöhnlich Röntgenkristallstruktur eines Biomoleküls
oder eine modellierte Struktur.
Wichtig sind- sorgfältige Konstruktion der Startkonfiguration- sinnvolle Wahl von Kraftfeld und Simulationsbedingungen- sorgfältige Equilibrierung des Systems- analysiere nur Eigenschaften des Systems für die Sampling OK ist.
Zusammenfassung