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INNOVATION
Innovationen verbinden
DELTASPOT®-
PUNKTSCHWEISSEN VON HOCHFESTEN
AMAG TOPFORM®UHS BLECHEN
Die hochfesten
AlZnMg(Cu)-Legie-
rungen der 7xxx-Serie
sind in Luftfahrt-
Produkten und in Sportartikeln
fest etabliert. Auch die Automo-
bilindustrie hat das Leichtbau-
Potenzial dieser Legierungsklasse
mit einer Zugfestigkeit von bis zu
700 MPa erkannt und evaluiert,
ob diese in Fahrzeugkarosserien
in reiner Aluminiumbauweise, in
Materialmischbauweise oder in
Leichtmetalltüren und -klappen
einsetzbar sind.
Die AMAG weist seit Jahrzehn-
ten eine sehr hohe Kompetenz
auf dem Gebiet der hoch- und
höchstfesten Aluminiumlegie-
rungen auf und hat sich zum Ziel
gesetzt, einen wichtigen Beitrag in
der Entwicklung von Legierungen
und Prozessen zu leisten, damit
Legierungen der 7xxx-Familie mit
ihrem hohen Leichtbaupotential
auch in der Automobilbranche
Anwendung finden.
Damit die Konstrukteure beden-
kenlos Legierungen dieser Legie-
rungsfamilie einsetzen, müssen
einige werkstoffbedingte Pro-
zessanpassungen vorgenommen
werden. Die hohe Festigkeit dieser
Legierungen geht einher mit
geringerem Umformvermögen bei
Raumtemperatur als bei Legierun-
gen der 5xxx- oder 6xxx-Serie. Die
üblichen Verfahren und Schichten
zur Oberflächenpassivierung von
Struktur- und Außenhautblechen
können nicht eingesetzt werden.
Üblicherweise sind auch Maßnah-
men zum Korrosionsschutz und
neue Lösungen für die Fügetech-
nik nötig.
AMAG forscht gemeinsam mit
Partnern an all diesen &emen
und hat auch schon über Ergeb-
nisse aus den Entwicklungsarbei-
ten und konkrete Lösungsvor-
schläge berichtet. Beispielsweise
kann das Halbwarmumformen
von 7xxx-Legierungen bei etwa
200°C als besonders geeignete
Herstellroute von Umformtei-
len eingestuft werden [1]. Das
Blech wird dabei ausgehend
vom höchstfesten T6-Zustand
umgeformt und erhält die hohe
Festigkeit auch nach der Formge-
bung noch weitgehend.
Im vorliegenden Beitrag soll
speziell auf das �ema „metall-
urgisches Fügen“ durch Punkt-
schweißen eingegangen werden.
Bislang wurden in Fahrzeugkaros-
serien bei Struktur- und Anbau-
teilen bevorzugt Legierungen
der naturharten 5xxx- und der
aushärtbaren 6xxx-Legierungsfa-
milien eingesetzt. Bei reiner Alu-
miniumbauweise waren bis vor
kurzem hauptsächlich die Verfah-
ren Laserschweißen, Flow-Drill-
Schrauben, MIG-Schweißen, Voll-
stanznieten, Halbhohlstanznieten
und Kleben im Serieneinsatz.
Kleben wird bevorzugt auch in
Mischbauweisen genutzt, um eine
galvanische Trennung z. B. ge-
genüber Stahl zu bewirken. Beim
fertigungstechnisch interessanten
Aluminiumpunktschweißen traten
bisher aber einige Herausforde-
rungen bezüglich Prozessstabilität
und Qualität auf, nämlich die
geringere Widerstandserwärmung
wegen der hohen elektrischen
Leitfähigkeit der Aluminiumle-
gierungen sowie die variierenden
Oberflächenzustände der Alumi-
niumbauteile in Abhängigkeit von
Oxidschicht oder Oberflächenbe-
handlung. Besonders die Neigung
der Kupferelektroden, rasch an
den Kontaktstellen mit Alumini-
um Anlegierungserscheinungen
zu zeigen, sorgte für schwankende
Qualität der Schweißlinsen sowie
oberflächliche Schweißspritzer
und ließ einen wirtschaftlichen
Einsatz des Punktschweißens in
einer Großserie kaum zu. Dazu
kam auch die bei den mittel- und
hochfesten Aluminiumlegierun-
gen bekannte Rissgefahr, die nur
mittels speziell abgestimmter
Elektrodenkraft-Zeit-Verlauf-Re-
gelung und dem entsprechender
Anlagen zu beherrschen ist.
Nun reiht sich das Widerstands-
punktschweißen in die genannte
Reihe der Aluminium-Serien-
fügetechniken ein: DeltaSpot®
von Fronius kommt bei Audi in
den Modellen TT Roadster und
TT Coupé, bei Hyundai in den
Modellen Equus und Genesis und
bei Porsche im Modell Panamera
zum Einsatz [2, 3]. Auch Tesla
Motors nutzt bei der Fertigung
der Limousine Model S das
moderne DeltaSpot® Widerstands-
punktschweißverfahren, um 2- und
3-lagige Verbindungen zwischen
Aluminiumblechen, -profilen und
-guss in großer Anzahl herzu-
stellen [4]. Elektrisches Wider-
standspunktschweißen, wie es
auch in sehr großem Ausmaß in
konventionellem Stahlrohbau von
PKW Anwendung findet, zeichnet
sich durch ebene Fügestellen und
Verzicht auf Fügehilfsmittel aus,
wie es beim Durchsetzfügen oder
Stanznieten Standard ist. Beim
Einsatz von Nieten und Schrauben
in Aluminiumblechbauweisen
stellen sich aber auch Fragen der
Kontaktkorrosion und Rezyklier-
barkeit, was auch in der Gesamt-
kostenbilanz mit zu betrachten ist.
Alle genannten Serienanwendun-
gen betreffen jedoch etablierte
AlMg- und AlMgSi-Knetlegierun-
gen sowie AlSiMg-Druckgusslegie-
rungen [4].
Nun haben sich die Firmen AMAG
und Fronius gemeinsam mit dem
Entwicklungspartner Leichtme-
tallkompetenzzentrum Ranshofen
(LKR) das Ziel gesetzt, das Punkt-
schweißverfahren DeltaSpot® auch
auf die höchstfesten Legierungen
der AlZnMgCu-Familie anwendbar
zu machen. Diese Legierungen gel-
ten bei Anwendung konventionel-
ler Schmelzschweißverfahren wie
MIG oder WIG als eingeschränkt
schweißbar, weil das große Erstar-
rungsintervall und der Kupferanteil
üblicherweise hohe Rissanfälligkeit
und großen Festigkeitsabfall in der
Naht bewirken.
DeltaSpot® Widerstands-Punkt-
schweißverfahren
Als offensichtlichstes Merkmal
zum Überwinden der typischen
Schwierigkeiten des Widerstands-
schweißens verwendet Fronius
bei DeltaSpot® das umlaufende
Prozessband (Abb. 1), um mehrere
Vorteile gleichzeitig zu generie-
ren: Jeder Punkt wird quasi mit
einer unverbrauchten Elektrode
geschweißt, da typische Anlage-
rungen der Bauteiloberflächen
nicht wie herkömmlich auf der
Elektrodenkappe, sondern auf
dem punktweise weitergeförder-
tem Prozessband stattfinden.
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Somit werden außergewöhnlich
hohe Reproduzierbarkeit und Pro-
zesssicherheit erreicht und damit
Oberflächenspritzer zum größten
Teil verhindert.
Das metallische Prozessband kann
auch in Hinblick auf Werkstoff,
Dicke und Beschichtung variiert
werden, um den Wärmeeintrag so
zu steuern, dass es trotz ver-
gleichsweise geringerer Strom-
stärken und auch bei starken
Bauteildickenunterschieden zu
anforderungsgerechter Linsenaus-
bildung und damit Tragfähigkeit
der Verbindung kommt. Dabei
können mit einem Satz Elektroden
und Prozessband zwischen 5000
und 10.000 Punkte ohne Unter-
brechung gefertigt werden, was
mit herkömmlicher Technologie
weder bei Aluminium noch ver-
zinktem Stahl selbstverständlich
ist. Auf Elektrodenkappenfräsen
kann gänzlich verzichtet werden.
Weitere Besonderheiten des
DeltaSpot®-Systems sind für das
Aluminium-Punktschweißen
ebenfalls besonders vorteilhaft:
der servomotorische Haupt-
antrieb, der sanftes Aufsetzen,
schnelles Nachsetzverhalten und
eine Steuerung der Kraft während
des Schweißprozesses ermöglicht
und damit beiträgt, Risse und
Poren zu verhindern. Durch Wahl
von Gleichstrom mit geringer
Welligkeit wird schnelles Regel-
verhalten und großer Energieein-
trag bei gleicher Schweißzeit er-
reicht, was weitere Pluspunkte für
stabile und kompakte Schweiß-
prozessfenster ergibt.
Schweißpunkteigenschaften
Um die grundlegenden Eigen-
schaften von Punktschweißungen
an AMAG TopForm® UHS Ble-
chen in der Ausführung AA7075-
T6 zu ermitteln, wurden mehrere
Serien von Scherzugproben und
Ausknöpfmuster auf ebenen,
unbeschichteten und gereinigten
Probenblechen mit 2 mm Dicke
mittels DeltaSpot® hergestellt
und ausgewertet. Dabei wurden
die Schweißparameter so lange
variiert, bis optimale Ergebnisse
vorlagen. Somit konnten Punkt-
durchmesser über den für 2 mm
Wandstärken erforderlichen
Mindestgrößen von 7,8 mm und
Scherzugkräfte im statischen
Zugversuch im Bereich 7-9 kN
erreicht werden. Direkt vergleich-
bare Daten aus der Literatur sind
nicht bekannt; als Anhaltspunkt
sollen hier die Scherzugfestigkei-
ten an gebürsteten, 2 mm dicken
mittelfesten AA6082-T6 Blechen
dienen, die mit frischen Elekt-
rodenkappen knapp über 10kN
erreichen, aber bereits nach 700
Schweißpunkten nur mehr unter
7kN Scherzugkraft aufweisen [5].
Mit DeltaSpot® kann über eine
viel größere Standmenge eine
gleichmäßige Schweißpunktquali-
tät gewährleistet werden.
In analogen Versuchsreihen wur-
den auch Mischverbindungen der
zuvor verwendeten 2 mm dicken
AA7075-T6 Bleche mit solchen
aus 1,5 mm dicken AA6016-T4
hergestellt [Abb. 2]. Damit können
auch Aussagen zu solchen Alu-
miniumkombinationen gegeben
werden, in denen AA7075 zur lo-
kalen Verstärkung von bekannten
Karosserieblechen der 6000-Serie
eingesetzt und bündige Verbin-
dungsstellen benötigt werden.
Zusätzlich zu den Scherzugversu-
chen und Meißelproben wurden
auch metallografische Schliffe
angefertigt, um die Kriterien be-
züglich Poren, Lunker und Rissen
zu überprüfen. Dabei traten keine
einschränkenden Auffälligkeiten
auf. Die Untersuchungen an der
Paarung AA7075-T6 mit AA6016-
T4 lieferten je nach Prozesspara-
metern Punktdurchmesser von 6,8
bis 8,5 mm (mindestens verlangt:
6,75 mm) bzw. Scherzugkräfte von
3,5 bis ca. 6 kN – meist unter Auf-
treten der bevorzugten Bruchart
Ausknöpfen. Damit kann ein
industriell gut nutzbarer Schweiß-
bereich aufgespannt werden [6].
AMAG TopForm® UHS ent-
spricht formal der hochfesten
Aluminium-Normlegierung
7075 und wurde speziell für
die Herstellung von hochfesten
Bauteilen mittels Halbwarmum-
formung optimiert. Dies zeigt
sich in guter Verformbarkeit
bei moderaten Temperaturen
und einer geringen Neigung zu
thermisch bedingter Überalte-
rung. Die Umformung erfolgt
im hochfesten Anlieferzustand
typisch im Temperaturbereich
um 200°C mit Umformge-
schwindigkeiten entsprechend
konventioneller Kaltumformung.
Auch ohne weitere Wärmebe-
handlung nach der Umformung
ergibt sich somit eine spezifi-
sche Festigkeit im Bauteil, die
an der Spitze aller Konstrukti-
onsmetalle steht. Zielanwen-
dungen sind somit in erster Li-
nie hochfeste Bauteile, die z. B.
in Automobilen die strukturelle
Integrität der Überlebenszelle
im Crashfall sicherstellen.
AMAG TopForm® UHS
LITERATURVERZEICHNIS
[1] „Hochfeste Aluminiumbleche der 7xxx-Serie für den Automobil-Leichtbau“ AluReport 03.2012
www.amag.at
[2] A. Kreuzwieser: Einsatz der DeltaSpot Technologie beim Audi TT, 3. Internationale Konferenz – Füge-
technische Herausforderungen im modernen Automobilbau, Sattledt, 10-11/10.2012, www.fronius.com
[3] „Innovation im Widerstands-Punktschweißen bewährt sich bei Anwendern“ ALUMINIUM Vol. 87,
12-2011, Giesel Verlag
[4] D. Reckhorn: „Weld Challenges at the production of the Tesla Model S“, 3. Internationale Konferenz -
Fügetechnische Herausforderungen im modernen Automobilbau, Sattledt, 10.-11.10.2012
www.fronius.com
[5] L. Dorn: Resistance Welding, TALAT Lecture 4500, EAA - European Aluminium Association www.
alueurope.eu/talat (1994) p.19
[6] R. Gradinger, N. Sotirov, G. Rettenbacher, D. Uffelmann, C. Melzer, C. Pangerl, P. Dörner, S. Minichs-
hofer, A. Becirovic „Untersuchungen zur Schweißeignung von höherfesten AA-7075 Blechen mittels
DeltaSpot®-Widerstandspunktschweißverfahren“, Tagungsband der 7. Ranshofener Leichtmetalltage
2012, www.lkr.at
Ausblick
Weitere Untersuchungen zum
DeltaSpot®-Punktschweißen an
AA-7075-T6 Blechen werden ak-
tuell durchgeführt, um auf weitere
Aspekte, wie z. B. den Einfluss
von Korrosionsschutzbeschich-
tungen auf die Schweißeignung
und das resultierende Korrosions-
verhalten, eingehen zu können.
AluReport wird darüber berichten.
Abb. 2: Querschliff durch eine Punktschweiß-
linse mit überlagertem Mikrohärteverlauf
(oben 1,5 mm AA6016, unten 2 mm AA7075)
INNOVATION
Abb. 1: Umlaufendes Prozess-
band bei DeltaSpot®-Widerstands-
Punktschweißverfahren