Bundesarbeitskreis der Seminar- und Fachleiter/innen e.V.
Neue Ansätze in den Fachdidaktiken3. Fachdidaktik-Kongress des BAK
19. – 21.11.2009 in Leipzig
Workshop W 8
Lesekompetenz – ein Schlüssel zur Welt
Referent: Werner Lang (FL Staatliches Studienseminar für GHS/RLP)
Mail: [email protected]
Lesekompetenz –ein Schlüssel zur Welt„Die guten Leutchen wissen nicht, was eseinen für Zeit und Mühe gekostet, um Lesen zu lernen. Ich habe achtzig Jahre dazu gebraucht und kann noch jetzt nicht sagen, dass ich am Ziele wäre.“
Goethe
Workshop 2009 LeipzigWorkshop 2009 Leipzig
Lesekompetenz –ein Schlüssel zur Welt
Lesen ist die Grundkompetenz für das 21. Jahrhundert. Nur wer ausreichende
Lese- und Informationskompetenz besitzt, wird beruflich bestehen und am gesellschaft-
lichen Leben aktiv teilnehmen können.Andreas Schleicher, 2007
• Learning by Doing
• Theoriegeleitete Reflexion• Theoretische Untermauerung
• Aus der Unterrichtspraxis
www.wl-lang.de
Workshop 2009 Leipzig
Das Literacy-Konzept umfasst„Basiskompetenzen, die in modernen Gesellschaften für eine befriedigende
Lebensführung in persönlicher und wirtschaftlicher Hinsicht sowie für eine
aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben notwendig sind.“
Lesen zu können heißt, „geschriebene Texte zu verstehen, zu
nutzen und über sie zu reflektieren, um eigene Ziele zu erreichen, das eigene
Wissen und Potenzial weiterzuentwickeln und am gesellschaftlichen Leben
teilzunehmen“
„Reading Literacy“ (PISA, 2000)
Lesekompetenz – ein Schlüssel zur Welt
Pisa-Konzeption der Reading Literacy:• Lesen als basales Kulturwerkzeug (Gesellschaftliches, politisches, wirtschaftliches und kulturelles Leben)• Ziel: Lesen zur Bewältigung alltäglicher Aufgaben nutzen
• Lesen als Prozess der Enkulturation• Lesen als subjektive Erfahrung• Ziel: Lesen als ästhetischen Erfahrung mit Literatur Lesen zur Bewältigung von Entwicklungsaufgaben nutzen Lesebereitschaft aufbauen Bereitschaft, sich affektiv auf den Leseprozess einzulassen
Lesekompetenz – ein Schlüssel zur Welt
Eine Kompetenz
• ist selbstständig und intentional erarbeitet• umfasst eine mittlere Anwendungsgröße, die auch für das Leben außerhalb der Schule wichtig ist• ist bereichsspezifisch erworben• ist dort auf neue Bereiche transferierbar• muss aktives Wissen benutzen• neben die kognitive Grundausstattung treten
– die emotionale Beteiligung und– die innere Bereitschaft zum kompetenten Agieren
Willenberg 2007
Der Kompetenzbegriff
Lesekompetenz – ein Schlüssel zur Welt
Lesekompetenz – ein Schlüssel zur Welt
Gelingende Leseprozesse
• Lautieren ist kein Lesen! aber: Ohne Lautieren kein Lesen!
• Lesemotivation (-intention)
• Externes Wissen (Alltags- und Weltwissen)
• Strukturelles Wissen (Sprachwissen auf Wort-, Satz- und Textebene)
• Lesestrategien
Lesen als Sinnentnahme
Lesen als Sinn-bildung -gebung
Lesekompetenz – ein Schlüssel zur Welt
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Ehct ksras! Das ghet wicklirh!
Echt erstaunlich
Lesekompetenz – ein Schlüssel zur Welt
• Schlüsselwörter• Unterstreichen - Markieren - an den Rand schreiben• Stilles Lesen• Trockenkurse und Learning by Doing• Modell einer vollständigen Handlung
Bsp.: Informierendes Lesen / Umgang mit Sachtexten Motivation, Interesse (einen Grund zum Lesen haben, sich auf den Text einstellen) Erstes Verstehen (still lesen, Begriffe klären, Fragen stellen) Informationen entnehmen (zielgerichtetes Arbeiten, methodische Aufbereitung, Lesen mit dem Stift) Informationen bewerten (inhaltliche Reflexion) Informationen nutzen, verarbeiten (ein Produkt herstellen und präsentieren) Arbeitsergebnis und –prozess reflektieren (inhaltlich und methodisch)
Lesekompetenz – ein Schlüssel zur Welt
Lesestrategien und Arbeitstechniken• Vorwissen aktivieren (z.B. Mind-Map/Wissenslandkarten))• Wichtiges unterstreichen oder markieren• Unterverstandenes unterstreichen oder markieren• Unverstandenes klären
(Nachdenken/Nachfragen/Nachschlagen)• Schwierige Abschnitte wiederholt (langsam) lesen• Überfliegend lesen• Text mit Randnotizen versehen• Bildliche Vorstellungen entwickeln / Eine Skizze machen• Überschriften zu Abschnitten/Kapiteln formulieren• Exzerpieren• Stichwortzettel oder Spickzettel erstellen• Exzerpiertes oder Unterstrichenes strukturieren• Wichtiges mündlich und schriftlich zusammenfassen• Fragen zum Text formulieren• Fragen zum Text beantworten• Einen Multiple-choice-Test entwerfen oder bearbeiten• Gelesenes aufbereiten und präsentieren• Text bewerten• Stellung zum Text beziehen
Lesekompetenz erwerben – in allen FächernLesestrategien und Arbeitstechniken
Lesekompetenz – ein Schlüssel zur Welt
Leseverstehen in den KMK-Standards
Lesekompetenz – ein Schlüssel zur Welt
Die Stufen der Lesekompetenz
• InformationsentnahmeWörter/Informationen im Satzzusammenhang identifizieren
Kernpunkte einer Geschichte erkennen
• Textnahe LektüreLeerstellen füllen, Schlussfolgerungen ziehen
Schwierige Textstellen fokussieren
• VerknüpfungenWissen aktivieren (Alltags-/Welt-/Textwissen)
Emotionen öffnen
Verknüpfungen herstellen zwischen Textabschnitten
• Mentales ModellIndividuelles mentales Modell bilden
Gerüst des Textes entwickeln
Forschungsprojekt DESI
Inhaltliche Ergänzungen
Lesekompetenz – ein Schlüssel zur Welt
Flexible Nutzung unvertrauter komplexer Texte
Detailliertes Verständnis komplexer Texte
Integration von Textelementen und Schluss-folgerungen
Herstellen einfacher Verknüpfungen
Oberflächliches Verständnis einfacher Texte
PISA / Baumert, 2005
Reflek-tieren-des Lesen
Analyt.-inter-pretie-rendes Lesen
Informat.entneh-mendes Lesen
VERA
Lesekompetenz – ein Schlüssel zur Welt
BereicheSchwierig-keitsstufenEntfaltungsniveau
A Informations- entnehmendes Lesen => Textoberfläche
B Analytisch-inter- pretierendes, ver- knüpfendes Lesen => Textbasis
C Reflektierendes und bewertendes Lesen => Mentale Modelle
3. Elaboration(Reflektieren und Beurteilen)
Implizierte („versteckte“) Informationen lokalisieren, entdecken, erschließen
Detailverstehenbei unvertrautenThemen
Kritisch zum TextStellung nehmen
2. Erweiterung(Zusammenhänge herstellen)
Explizite Informationen lokalisieren, Beziehungen zwischen ihnen erkennen,
Textteile integrieren,Belege und Beispiele fürs Argumentieren finden
TextmerkmaleBewerten,Schlussfolgerungen ziehen
1. Basis(Wiedergeben)
ExpliziteInformationenlokalisieren
Auffällige Haupt-Gedanken wiedergeben,Texte gliedern bzw. zusammenfassen
Verbindung zu Alltags-wissen herstellen,Beispiele finden
Kompetenzhandbuch für den DeutschunterrichtHeiner Willenberg (Hrsg.)
Der Aspekt zunehmender Selbstständigkeit im Denken und Handeln der Schüler wird über die Stufenfolge (A,B,C) definiert.Der Aspekt unterschiedlicher inhaltlicher Komplexität der gestellten Lernaufgaben wird über das angestrebte Entfaltungsniveau definiert.
Kompetenzraster
Lesekompetenz – ein Schlüssel zur Welt
Informationen ermitteln, textbezogen interpretieren und bewerten (PISA 2000).EIN BEISPIEL:
Wenn jemand an einer Bushaltestelle steht und den Fahrplan liest
- dabei herausfindet, dass der Bus in zehn Minuten kommt
- dabei überlegt, dass die zehn Minuten reichen, um noch eine Zeitung zu kaufen und dieses auch tut,
- anschließend beschließt, demnächst einen Brief an die Verkehrsbetriebe zu schreiben und auf die Unübersicht- lichkeit und die kleine Schriftgröße des Planes hinzuweisen,
dann besitzt die hier beschriebene Person Lesekompetenz, denn sie hat den vorhandenen Text verstanden, genutzt und bewertet, um eigene Ziele zu erreichen.
Lesekompetenz – ein Schlüssel zur Welt
BILDUNGSSTANDARDSEs werden drei Anforderungsbereiche genannt, die wachsende kognitive Komplexität unddamit zunehmend Schwierigkeit der geistigen Aktivitäten des Lesers/der Leserinsignalisieren sollen. (Standards für den Primarbereich )
Anforderungsbereich I: Wiedergeben„In diesem Anforderungsbereich geben die Schüler/innen bekannte Informationen wieder und wenden grundlegende Verfahren und Routinen an.“
Anforderungsbereich II: Zusammenhänge herstellen„In diesem Anforderungsbereich bearbeiten die Schüler/innen vertraute Sachverhalte, indem sie erworbenes Wissen und bekannte Methoden anwenden und miteinander verknüpfen.“
Anforderungsbereich III: Reflektieren und Beurteilen„In diesem Anforderungsbereich bearbeiten die Schüler/innen für sie neue Problemstellungen, die eigenständige Beurteilungen und eigene Lösungsansätze erfordern.“
Lesekompetenz – ein Schlüssel zur Welt
Leseprobleme Studierender
•“Ich habe keine Lust zum Lesen.• Ich verstehe nicht – oder nicht vollständig –, was ich lese (Lexikon, Syntax, Abstraktion, Inhaltsbezug).• Ich kann nicht in eigenen Worten wieder- geben, was ich gelesen habe.• Ich kann mir den gelesenen Stoff nicht ein- prägen.”
Joachim Stary, Horst Kretschmer: Umgang mitwissenschaftlicher Literatur. Berlin 1994, S. 38f.
Was folgt für studentisches
Lesen?
1. Motivation stärken2. Vorwissen steigern3. Lesen, lesen, lesen! 4. Lernstrategiewissen erhöhen5. Die richtigen Texte auswählen
Leseprobleme
Wissenschaftliche Texte lesen, verstehen und verarbeiten Dr. Friedrich RostGastvortrag an der TU Berlin am 11.11.2005URL: http://friedrichrost.de/tu/lesen.pdf
Lesekompetenz – ein Schlüssel zur Welt
Und hier einige „populäre“, „tradierte“ Schul-Irrtümer:
•„Lesen heißt Sinn-Erfassung“ (Singer 1969)
•„Erst kommt die Technik des Lesens, dann die Sinnentnahme.“
•„Die Sinnentnahme kommt erst nach dem Leselehrgang in Klasse 1....nach Klasse 2 .......nach Klasse 4!“
• Ein Zeugniszitat: „Lesen: gut Sinnentnahme: keine“
Diese Zitate machen deutlich, dass Defizite im Verständnis des Lesebegriffs vorliegen.
Artikulation ohne Sinnverständnis wird im englischen Sprachraum als „barking at prints“ („Bellen zu Gedrucktem“) bezeichnet!
Lesekompetenz – ein Schlüssel zur Welt
Zum Lesen verlocken I Lesemotivation aufbauen und fördern
Buchvorstellung als Lesemotivation
Lese-CaféVorlese-Forum in der Pausenhalle
Ältere lesen den Jüngeren vor
Zu jedem Thema Bücherbox zu
SU-Thema
2 im SchuljahrGanzschriften
Prominente lesen vor
Handlungs- und produkt.-orient.
Literaturunterricht
Lesetagebuch führen
Vorlese- Mütter - Väter- Omas - Opas
Lesekisteaus Neustadt
Internetprojekt zur Leseförderung
Antolin.de
Jährlich mit allen Klassen
Lese-Wett-bewerbKlasse/Schule
Lese-konferenz
Vorlese-Sessel KlassenbüchereiGemeindebücherei
kommt in die Schule
Vorlesen durch die Lehrerin
Mehrmals im Jahr
Bücher selbst herstellen
Buchempfehlungen an der
Pinnwand
Projektwoche zum Thema Lesen
/BücherHörbücher
Vorschlagsliste für Eltern erstellen
Kinder stellen ihre Lieblingsbücher vor
1 x in 4 JahrenLesenacht oder
-nachmittag
Mindest. 1 x in 4 Jahren
Elternabend zum Thema
Leseförderung
Klasse organisiert Ausstellung zu
einem Buch
Klassen treffen sich und lesen vor
Lesekompetenz – ein Schlüssel zur Welt
Zum Lesen verlocken II Lesemotivation aufbauen und fördern
Jede KlasseLeseecke einrichten
Klasse / Flur
Wir gehen gemeinsam in die Gemeinde-
bücherei
Vorlesen durch die Kinder
gestufterLesepass
Schul-Hitliste der Bücher des Monats
Für Kinder- / Jugendzeit-
schriften werben
Lesekofferpacken
Jährlich für alle Klassen
Autoren-lesung
Schaukästen mit Büchern zu
aktuellen Themen
SchulbüchereiEin Lexikon zum
Bucherstellen
Alle 14 Tage eine Schulstunde
Bücherstunden
PrivatlektüreTischbuch
Schüler lesen im Kindergarten
vor
Lesekompetenz – ein Schlüssel zur Welt
Lesekompetenz – ein Schlüssel zur Welt
Lesekompetenz –ein Schlüssel zur
Welt
„Die guten Leutchen wissen nicht, was eseinen für Zeit und Mühe gekostet, um Lesen zu lernen. Ich habe achtzig Jahre dazu gebraucht und kann noch jetzt nicht sagen, dass ich am Ziele wäre.“
Goethe
Das Verb ›lesen‹duldet keinen Imperativ.Eine Abneigung, die esmit ein paar anderen teilt:dem Verb ›lieben‹,dem Verb ›träumen‹ …
Daniel Pennac