Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur
Fakultät Wirtschaftswissenschaften
Prof. Rüdiger Wink
Seminar Innovations- und Technologiemanagement
WS 2013/14
Crowdfunding
als (un)geeignete Finanzierungsalternative technologischer Innovationen
von: Ackermann, Erik
Matrikel-Nr.: 62482
Studiengang: 13BWM
Adresse: Einertstraße 8
04315 Leipzig
Leipzig, 15.03.2014
II
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ............................................................................................................. II
Abkürzungsverzeichnis ................................................................................................... III
Anhang ............................................................................................................................ IV
Anhangsverzeichnis ......................................................................................................... V
Verzeichnis der Internetquellen ................................................................................... XIV
Literaturverzeichnis ....................................................................................................... XV
Persönliche Korrespondenz ........................................................................................ XVII
Eidesstattliche Erklärung ........................................................................................... XVIII
1. Einführung in die Problemstellung ........................................................................ 1
1.1 Problemstellung, Ziel und Aufbau der Arbeit .................................................... 1
1.2 Abgrenzung grundlegender Begriffe .................................................................. 2
2. Anforderungen an erfolgreiches Crowdfunding .................................................... 3
2.1 Kenntnis der grundlegenden Erfolgsfaktoren .................................................... 4
2.2 Kenntnis der Antriebskräfte innerhalb der Crowd ............................................. 5
2.3 Kenntnis der Chancen und Risiken des Konzeptes ............................................ 6
2.4 Kenntnis der allgemeinen Rahmenbedingungen ................................................ 8
3. Charakter und Finanzierung technologischer Innovationen .................................. 9
3.1 Charakterisierung und Besonderheiten .............................................................. 9
3.2 Konventionelle Finanzierungsformen .............................................................. 11
3.3 Crowdfunding als unkonventionelle Finanzierungsform ................................. 12
4. Resümee und Ausblick ........................................................................................ 14
4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse ................................................................... 14
4.2 Zukunftspotential von Crowdfunding in der Finanzierung .............................. 14
III
Abkürzungsverzeichnis
BaFin Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
Bsp. Beispiel(e)
bzw. beziehungsweise
d. h. das heißt
EU Europäische Union
F.A.Z. Frankfurter Allgemeine Zeitung
ggf. gegebenenfalls
i. d. R. in der Regel
o. ä. oder ähnliche(s)
o. g. oben genannt(e)
s. siehe
sog. sogenannte
u. a. unter anderem
u. U. unter Umständen
U.S.A. United States of Amerika
v. vom
VermAnlG Vermögensanlagengesetz
vgl. vergleiche
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1. Einführung in die Problemstellung
Als Hinführung zum Thema soll zunächst eine Eingrenzung des Problems dienen. Dar-
über hinaus werden Ziel und Aufbau der Arbeit erläutert sowie essentielle Begriffe von-
einander abgegrenzt.
1.1 Problemstellung, Ziel und Aufbau der Arbeit
Das Thema Crowdsourcing hat sich in den vergangenen acht Jahren zu einem echten
Trend entwickelt, dies spiegeln auch die Suchanfragen im Internet wider (s. Anhang 1).
Ebenso die artverwandten Begriffe Crowdfunding und Crowdinvesting entwickeln sich
aktuell im Bereich der Finanzierung zu vielversprechenden Alternativen1. Doch wer
steckt hinter der „Crowd“ und warum ist diese bereit verschiedenste Aufgaben zu über-
nehmen oder gar Projekte zu finanzieren? Speziell im Bereich der Innovationsfinanzie-
rung divergieren die Interessen der Finanzmarktakteure mit der herkömmlichen Innova-
tionslogik. Während Investoren an hohen, wiederkehrenden, schnellen und vor allem
sicheren Renditen interessiert sind, können Innovationen oft nur schwer hinsichtlich
ihrer Kosten und ihres ökonomischen Erfolgs kalkuliert werden. Insbesondere techno-
logische Innovationen weisen aufgrund ihrer erhöhten Komplexität einige Besonderhei-
ten auf, welche eine konventionelle Finanzierung erschweren.2 Die Frage, inwieweit
sich die o. g. Formen des Crowdsourcing zur Finanzierung technologischer Innovatio-
nen eignen, soll im Anschluss erörtert werden.
Ziel dieser Arbeit ist es die grundlegenden Begriffe des Crowdsourcing zu erläutern und
von ähnlichen Konzepten abzugrenzen. Zudem sollen die Besonderheiten technologi-
scher Innovationen herausgestellt werden. Schwerpunkt der Arbeit ist die daraus fol-
gende Auseinandersetzung mit der Frage, inwieweit Crowdsourcing respektive Crowd-
funding zur Finanzierung technologischer Innovationen geeignet ist. Das Ergebnis die-
ser Erörterung soll jedoch nicht beurteilen, ob in Zukunft eine gänzliche Tauglichkeit
oder Untauglichkeit besteht. Es soll lediglich Indikatoren aufzeigen, welche für oder
gegen eine Eignung dieses Konzepts zur Finanzierung derartiger Innovationen stimmen.
1 Vgl. SOMMER, S. (2013), S. 3; ZWINGE, T. (2012), S. 18.
2 Vgl. HIRSCH-KREINSEN, H. (2008), S. 7 ff.
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Im Folgenden werden wesentliche, zum Verständnis beitragende Begriffe voneinander
abgegrenzt. Anschließend soll auf einige Faktoren, die an erfolgreiches Crowdfunding
gebunden sind, hingewiesen werden. In diesem Zusammenhang werden auch die An-
triebskräfte innerhalb der „Crowd“ näher erläutert. Weiterhin wird auf bedeutende
Chancen und Risiken des Konzeptes eingegangen. Zudem werden die wichtigsten Rah-
menbedingungen in Deutschland dargelegt. Nach der Klärung der Frage, was eine tech-
nologische Innovation überhaupt darstellt und durch welche Besonderheiten diese ge-
kennzeichnet ist, soll kurz auf deren konventionellen Finanzierungsmöglichkeiten ein-
gegangen werden. Danach wird in dieser Hinsicht das Potenzial des Crowdfunding als
Finanzierungsalternative diskutiert. Im Ergebnis soll eine Empfehlung stehen, die An-
haltspunkte aufzeigt, welche Besonderheiten technologischer Innovationen mit dem
Konzept des Crowdsourcing bzw. Crowdfunding vereint oder vielmehr getrennt be-
trachtet werden sollten.
1.2 Abgrenzung grundlegender Begriffe
Der Neologismus3 Crowdsourcing wurde erstmals im Jahr 2006 durch JEFF HOWE und
MARK ROBINSON im Technologie-Magazin Wired verwendet4. Einerseits kommt da-
rin der Begriff „Outsourcing“ zum Ausdruck, welcher im Allgemeinen die Auslagerung
bestimmter Unternehmensaufgaben an externe Dienstleister versteht. Hierdurch werden
Einsparpotentiale realisiert und das entlastete Management kann sich auf die Kernkom-
petenzen der Unternehmung konzentrieren. Andererseits verwendet HOWE den Begriff
„Crowd“, welcher für ihn gleichbedeutend mit einer unbestimmt großen Anzahl von
potentiellen freiwilligen Internetnutzern ist. In der Kombination wird also die Auslage-
rung bestimmter Aufgaben an eine unbestimmt große Anzahl von i. d. R. Internetnut-
zern verstanden. Typischerweise erfolgt dies in Form eines öffentlichen Aufrufs über
eine internetbasierte Plattform bzw. Website durch den Akteur.5
Ein weiterer, in diesem Zusammenhang bedeutsamer Begriff, der oftmals fälschlicher-
weise analog verwendet wird, ist Open Innovation. Hierunter versteht man die Öffnung
des Innovationsprozesses von Unternehmen nach außen. Im Rahmen dieser Strategie
3 Unter Neologismus wird eine Wortneuschöpfung verstanden. In diesem Fall
die Komposition der Wörter „Crowd“ und „Outsourcing“. 4 Vgl. HAMMON, L. V. (2013), S. 62 f.
5 Vgl. SOBCZAK, S. u. a. (2010), S. 15 f.
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wird ebenfalls ein Personenkreis von Externen zur Problemlösung herangezogen6. We-
sentliche Unterschiede sind die Tatsachen, dass der Personenkreis im Vorfeld festgelegt
und überschaubar sein kann. Die Auslagerung des Innovationsprozesses erfolgt somit
nicht zwangsläufig durch einen öffentlichen Aufruf. Crowdsourcing wiederum ist nicht
allein auf den Innovationsprozess beschränkt sondern kann in vielen anderen Bereichen
zum Einsatz kommen (s. Anhang 2), wie beispielsweise im Bereich der Finanzierung.7
Das Crowdfunding beschäftigt sich mit eben diesem Bereich. Eine undefiniert große
Anzahl von i. d. R. Internetnutzern (Crowd) stellt Mittel zur Finanzierung (Funding)
verschiedenster Projekte bereit. Diese sogenannte „Schwarmfinanzierung“ unterstützt
meist Projekte, welche keine finanziellen Mittel durch Banken o. ä. Geldgeber erhalten
aufgrund eingeschränkter Renditen oder fehlender Sicherheiten8. Häufig kommt diese
Form der Finanzierung in der Kultur- und Kreativbranche zum Einsatz9. Grundsätzlich
ist dieses Finanzierungskonzept auch außerhalb des Internets denkbar, wie das früheste
Beispiel beweist (s. Anhang 3). Allerdings ermöglichen die technischen Gegebenheiten
des Internets eine erheblich einfachere und effektivere Umsetzung. Hauptsächlich las-
sen sich je nach Art des Engagements des Geldgebers vier verschiedene Ausprägungen
unterscheiden (s. Anhang 4).
Hierbei soll eine spezielle Ausprägung, aufgrund der Erwähnung im weiteren Verlauf
der Arbeit, hervorgehoben werden. Beim Crowdinvesting, der Eigenkapital-basierten
(Equity-based) Form des Crowdfunding, wird der Geldgeber Miteigentümer an einem
Unternehmen. Er partizipiert an der Gewinnausschüttung und Wertsteigerung des Un-
ternehmens oder erhält eine ähnlich geartete Erfolgsbeteiligung.10
2. Anforderungen an erfolgreiches Crowdfunding
Trotz des enormen Potentials, welches Crowdsourcing u. a. im Innovationsmanagement
offenbart, ist es keinesfalls als Selbstläufer zu betrachten. Auch die Finanzierungsform
Crowdfunding setzt elementare Kenntnisse für eine erfolgreiche Umsetzung voraus.
6 Vgl. SOBCZAK, S. u. a. (2010), S. 17 f.
7 Vgl. im Internet: ROSKOS, M. (2011); HAMMON, L. V. (2013), S. 70 ff.
8 Vgl. SOBCZAK, S. u. a. (2010), S. 71 f.
9 Vgl. DORNBUSCH, F. u. a. (2011), S. 97.
10 Vgl. BECK, R. (2012), S. 7 f., 16.
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2.1 Kenntnis der grundlegenden Erfolgsfaktoren
Nicht jedes Projekt eignet sich gleichermaßen für eine Finanzierung mithilfe der Crowd
(s. Anhang 5). Unabhängig davon, ob das Vorhaben über eine internetbasierte Plattform
beworben wird oder nicht, lassen sich folgende Faktoren festhalten, die über Erfolg oder
Misserfolg entscheiden können. Diese Liste ist keineswegs abschließend, fasst jedoch
die grundlegenden Erfolgsfaktoren für die weitere Erörterung zusammen.
Sorgfältige Planung und Projektpräsentation
Das Projektvorhaben bedarf einer präzisen Planung, da eine Finanzierungsrunde i. d. R.
nur einmal für ein bestimmtes Vorhaben stattfindet. Dabei ist vor allem die Akquirie-
rung der ersten Geldgeber aufwändig und erfordert eine hohe Sorgfalt. Oft sind dies die
Gründer selbst sowie Freunde und Familienangehörige. Auch projektbezogene Kontakte
sind als erste Geldgeber geeignet. Ein weiterer wichtiger Aspekt der Planungsphase ist
die Entwicklung einer Kommunikationsstrategie. Ein kurzer Video-Clip, der das Projekt
und die Initiatoren vorstellt, sollte die Grundlage der Kommunikation bilden. Gerade
auf Crowdfunding-Plattformen sind die potentiellen Geldgeber eher dazu geneigt Pro-
jekte mit kurzen, prägnanten Video-Clips zu unterstützen anstelle von Projekten mit
langwierigen Konstruktionsplänen in Textform.11
Vorhandensein einer Vielzahl potentieller Geldgeber
Eine elementare Voraussetzung ist das Vorhandensein einer Crowd, d. h. einer entspre-
chend hohen Anzahl von Unterstützern. Schätzungsweise beteiligt sich nur etwa ein
Prozent der Crowd finanziell an einem Projekt12
. Eine neue Crowd im Vorfeld aufzu-
bauen, kann sich je nach Projekt als schwierig erweisen. Deswegen lohnt es sich im
Einzelfall auf eine bewährte bzw. erfahrene Crowd einer spezialisierten Internetplatt-
form zurückzugreifen. Weltweit existieren nach Angaben von MASSOLUTION etwa
500 Crowdfunding-Plattformen zu den verschiedensten Fachgebieten, circa 20 davon in
Deutschland13
. Sollte die Entscheidung für die Nutzung einer spezialisierten Plattform
ausfallen, dann muss diese Plattform auf das Fachgebiet des Vorhabens fokussiert sein.
Nur in dem Fall ist die Wahrscheinlichkeit gegeben das entsprechende Fachpublikum
sowie begeisterungsfähige Unterstützer innerhalb der Crowd vorzufinden.14
11
Vgl. DORNBUSCH, F. u. a. (2011), S. 71, 73. 12
Vgl. GLOCKNER, S. u. a. (2012), S. 14. 13
Vgl. im Internet: LUBBADEH, J. (2013). 14
Vgl. DORNBUSCH, F. u. a. (2011), S. 72, 73.
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Regelmäßige Kommunikation mit potentiellen Geldgebern
Entscheidend für die Akquise weiterer Unterstützer respektive das Halten vorhandener
Geldgeber ist die dauerhafte Kommunikation mit der Crowd. Mithilfe von Bildern, Fil-
men oder Posts15
via Twitter, Facebook, E-Mail-Newsletter o. ä. kann der aktuelle Pro-
jektfortschritt kommuniziert werden. Insbesondere durch den Einsatz von Social Media
kann eine hohe Anzahl von potentiellen Unterstützern erreicht werden. Gleichzeitig
werden dadurch vorhandene Geldgeber motiviert das Projektvorhaben ihrerseits zu
kommunizieren und ggf. im Social Web zu teilen (Multiplikatorwirkung).16
Sofern das Projektvorhaben vollständig über eine Crowdfunding-Plattform abgewickelt
wird, muss sich der Initiator über weitere spezifische Erfolgsfaktoren im Klaren sein.
Diese werden im Anschluss der Arbeit im Rahmen eines idealtypischen Ablaufprozes-
ses schematisch dargestellt und ergänzt (s. Anhang 6).
2.2 Kenntnis der Antriebskräfte innerhalb der Crowd
Um den Erfolg eines Projektvorhabens nachhaltig zu sichern, muss es eine Vielzahl von
Personen begeistern können. Schließlich ist das Ziel die Finanzierung des Vorhabens
sicherzustellen. Speziell die deutsche Mentalität ist von Zurückhaltung und partieller
Risikofreudigkeit geprägt, wodurch dieser Aspekt besonders bedeutsam ist17
. Eine Ziel-
gruppe innerhalb der Crowd lässt sich relativ unproblematisch durch persönliches Inte-
resse für ein Projekt begeistern. Diese Gruppe stellen meist die künftigen Nutzer dar,
welche vordergründig intrinsisch18
motiviert handeln. Eine andere Zielgruppe (bspw.
renditeorientierte Geldgeber) kann möglicherweise durch den Reiz einer Gegenleistung
stimuliert werden. Durch die unterschiedlich gearteten Gegenleistungen (vgl. Anhang 4)
können potentielle Geldgeber extrinsisch19
motiviert werden ein bestimmtes Vorhaben
finanziell zu unterstützen.20
Die Identifikation von sogenannten Multiplikatoren inner-
halb dieser Zielgruppen der Crowd ist maßgeblich für weiteren Erfolg. Hierbei kann es
sich um prominente Persönlichkeiten, renommierte Wissenschaftler oder einfache Mo-
deratoren/Administratoren von Internetforen und Social Media Gruppen handeln. Diese
15
Als Posts (oder Postings) werden Mitteilungen von Internetnutzern in Webforen,
Blogs, Social Media Kanälen o. ä. bezeichnet. 16
Vgl. DORNBUSCH, F. u. a. (2011), S. 72. 17
Vgl. GELFERT, H.-D. (2005), S. 38 f. 18
Intrinsisch Motivierte handeln aus eigenem Antrieb heraus (z. B. Interesse). 19
Extrinsisch Motivierte handeln infolge äußerer Umstände (z. B. Geld). 20
Vgl. HAMMON, L. V. (2013), S. 181-185.
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einflussreichen Schlüsselpersonen sollten in solchem Maß für das Projektvorhaben be-
geistert werden, dass sie in ihren eigenen Netzwerken als Protagonisten agieren und das
Vorhaben bewerben. Zudem helfen sie Vertrauen innerhalb der Crowd aufzubauen.21
Die Grundlage für die Gewinnung einer Internetgemeinschaft bildet jedoch das Online
Involvement eines jeden Individuums. Dabei handelt es sich um den Grad, in welchem
Maß eine Person mit dem Internet vertraut und geschult ist. Empirische Studien belegen
bspw. die Förderlichkeit von Konsumverhalten im Internet, wenn der Umgang mit die-
sem Kommunikationsmittel vertraut ist. Insbesondere das Investieren von Geld in ein
Projektvorhaben erfordert diese Expertise, da die erforderlichen Zahlungstransaktionen
i. d. R. internetbasiert stattfinden. Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, dass der
Projektinitiator seriös und vertrauenswürdig auftritt. Eine Kurzvorstellung im Rahmen
des bereits erwähnten Video-Clips ist dahingehend förderlich. Denn gerade in der Um-
gebung des Internets wird tendenziell ein höheres Risiko wahrgenommen als außerhalb
dieses Mediums. Letztlich spielt natürlich auch die individuelle Kreativitäts- und Inno-
vationsneigung, auf die nicht näher eingegangen werden soll, eine Rolle sich an derarti-
gen Crowdsourcing- bzw. Crowdfunding-Prozessen zu beteiligen.22
2.3 Kenntnis der Chancen und Risiken des Konzeptes
Chancen aus Sicht des Projektinitiators
Jede Finanzierung, die über Crowdfunding realisiert wird, ist gleichermaßen als wirk-
sames Marketing-Instrument zu betrachten. Durch eine Vielzahl von Geldgebern steigt
der Bekanntheitsgrad des Projektes. Gleichzeitig ist es ein positives Signal für den künf-
tigen Absatzmarkt, wenn eine hohe Anzahl von Unterstützern generiert werden kann.
Besonders junge Unternehmen haben die Chance durch eine erfolgreiche Finanzie-
rungsrunde das Interesse von professionellen Venture Capital Gesellschaften23
zu we-
cken um eine Anschlussfinanzierung sicherzustellen. Darüber hinaus kann der Projekt-
initiator mittels Crowdfunding im Gegensatz zu alternativen Finanzierungsmöglichkei-
ten in relativ kurzer Zeit hohe Geldbeträge generieren. Dies ist umso wahrscheinlicher,
wenn eine interessierte Crowd bereits existiert und leicht zu adressieren ist.
21
Vgl. DORNBUSCH, F. u. a. (2011), S. 72. 22
Vgl. HAMMON, L. V. (2013), S. 163-178. 23
Firmen, die sich auf das Bereitstellen von Wagniskapital spezialisiert haben.
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Generell ist zu bemerken, dass Crowdfunding eine Finanzierung überhaupt erst ermög-
lichen kann. Da es in Deutschland noch weitgehend ungeregelt ist, lässt es dem Initiator
viel Spielraum zur Ausgestaltung, was sich wiederum positiv auf die Vielfältigkeit der
einzelnen Projekte auswirkt und die Crowd langfristig motiviert.24
Risiken aus Sicht des Projektinitiators
Die enorme Aufmerksamkeit einer Crowdfunding-Runde kann jedoch auch Nachteile
mit sich bringen. Speziell Projekte mit sensiblen Informationen oder innovativen Ideen
sind der Gefahr der Nachahmung und Imitation ausgesetzt. Deswegen ist nicht jedes
Projekt pauschal geeignet für diese Form der Finanzierung (vgl. Anhang 5). Inwieweit
technologische Innovationen mit Projektcharakter von den diskutierten Faktoren betrof-
fen sind, wird im nachfolgenden Teil der Arbeit berücksichtigt. Projektinitiatoren müs-
sen sich der Tatsache bewusst sein, dass theoretisch Jeder, auch die Konkurrenz, ein
Vorhaben finanziell unterstützen kann und somit Zugang zu möglicherweise sensiblen
Daten erhält. Da die Projektbeteiligung teils mit geringen Geldbeträgen möglich ist,
besteht die Gefahr von „Spaßinvestoren“, welche kein nachhaltiges Interesse am eigent-
lichen Vorhaben aufweisen. Problematisch ist dies vor allem für junge Unternehmen
beim Crowdinvesting, da sämtliche Geldgeber turnusmäßig über die Unternehmensent-
wicklung informiert werden müssen und dies mit nicht zu unterschätzenden Kosten ein-
hergeht25
. Die Tatsache, dass es für die potentiellen Geldgeber zum Totalverlust des
eingesetzten Kapitals kommen kann, erfordert Transparenz über die Verwendung des
eingesammelten Kapitals durch den Initiator. Er hat die Pflicht zur Kenntlichmachung,
wofür das eingesammelte Geld eingesetzt wird und was damit geschieht, wenn das Pro-
jekt eine unerwartete Entwicklungsrichtung einschlägt. Grundsätzlich sollten die Kosten
einer Crowdfunding-Runde angemessen im Verhältnis zum erwarteten Kapitalzufluss
stehen, da sonst alternative Finanzierungsmöglichkeiten effizienter genutzt werden
könnten. Hierbei sind die Kosten für den Aufbau einer Internetgemeinschaft gemeint,
sofern der Initiator nicht schon ausreichend vernetzt ist. Letztendlich sollte niemals der
Einfluss der Crowd unterschätzt werden. Sobald sich Projektziele ändern oder Projekte
unerwartet entwickeln, birgt dies ein gewisses Konfliktpotential, wenn sich die Crowd
bspw. als unangemessen beteiligt, entlohnt, involviert o. ä. wahrnimmt.26
24
Vgl. DORNBUSCH, F. u. a. (2011), S. 77; SOMMER, S. (2013), S. 3. 25
Vgl. BECK, R. (2012), S. 26 ff. 26
Vgl. DORNBUSCH, F. u. a. (2011), S. 77 ff.
Seite | 8
2.4 Kenntnis der allgemeinen Rahmenbedingungen
Da Crowdfunding hierzulande noch recht jung ist und der Markt mit dieser aufstreben-
den Finanzierungsalternative bislang wenig Erfahrung gesammelt hat, leitete die Euro-
päische Kommission Ende vergangenen Jahres eine öffentliche Konsultation ein27
. Ziel
ist es das Potential und die Risiken abzuwägen um den Mehrwert möglicher Maßnah-
men der EU auf nationaler Ebene einschätzen zu können. Derzeit gibt es für das Crowd-
funding noch keine spezialgesetzlichen Regelungen in Deutschland. Dies resultiert zum
einen aus der Neuartigkeit der Finanzierungsform. Zum anderen ist das deutsche Finan-
zierungssystem sehr stark durch öffentliche Finanzierung geprägt. Dennoch greifen ein-
schlägige gesetzliche Rahmenbedingungen wie das Kreditwesengesetz oder das Ver-
mögensanlagengesetz (VermAnlG). Beispielsweise besteht nach dem VermAnlG eine
Prospektpflicht, sobald eine Finanzierung die Summe von 100.000 Euro innerhalb von
12 Monaten übersteigt. Die Erstellung eines solchen Wertpapierprospektes ist mit er-
heblichem Aufwand sowie Kosten verbunden und wird anschließend durch die Bundes-
anstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) geprüft. Ebenso zu berücksichtigen ist
das Patentrecht in Deutschland. Demnach lässt sich eine bloße Projektpräsentation pa-
tentrechtlich nicht schützen28
. Im Rahmen der Veröffentlichung eines Projektes mittels
Crowdfunding ist dies ein wichtiger Aspekt, der je nach Art des Projektes über die
Wettbewerbsfähigkeit entscheiden kann. In den U.S.A. ist Crowdfunding bereits in ei-
nem fortgeschrittenen Stadium. Die Gründe für diese positive Entwicklung sollen im
Anhang berücksichtigt werden (s. Anhang 7).
Im Fall der Nutzung einer Crowdfunding-Plattform ist es für den Initiator unerlässlich
sich mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Plattform vertraut zu machen, so-
fern er denn einen Fundingvertrag mit der Plattform erhält. Je nach Art der Plattform
kann eine Lizenzierung der BaFin notwendig sein. Hinzu kommen die Provision für
eine erfolgreiche Finanzierungsrunde und die variierende Ausprägung des Anleger-
schutzes der potentiellen Geldgeber. Insbesondere beim Crowdinvesting werden die
Beteiligungsverträge häufig als Musterverträge durch die Plattform offeriert. Dies er-
fordert eine zusätzliche kritische Prüfung durch den Initiator. Hierbei ist ebenfalls zu
klären, wer im Fall einer Insolvenz haftet.
27
Vgl. im Internet: EUROPÄISCHE KOMMISSION (Hrsg.) (2013). 28
Vgl. im Internet: DEUTSCHES PATENT- UND MARKENAMT (Hrsg.) (2013).
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Stille Beteiligungen der Crowd werden gegenüber institutionellen Gläubigern höchst-
wahrscheinlich nachrangig behandelt werden.29
3. Charakter und Finanzierung technologischer Innovationen
Technologische Innovationen haben im Vergleich zu anderen Innovationen einige spe-
zifische Merkmale, welche es insbesondere in der Finanzierung zu berücksichtigen gilt.
Im folgenden Teil der Arbeit sollen diese Spezifika herausgestellt werden. Zum anderen
soll analysiert werden, inwieweit eine Finanzierung mittels Crowdfunding realisierbar
ist. Darüber hinaus werden herkömmliche Finanzierungsformen technologischer Inno-
vationen angedeutet.
3.1 Charakterisierung und Besonderheiten
Unter einer technologischen Innovation wird, vereinfacht dargestellt, die Erneuerung
oder Veränderung einer Technologie basierend auf dem Wissen aus naturwissenschaft-
lich-technischen Disziplinen verstanden. Technologische Innovationen können in Form
von neuartigen Produkt-, Prozess- oder Informationstechnologien auftreten. Das bedeu-
tet ein Produkt kann infolge einer neuartigen Funktion bzw. Technologie innerhalb des
Produktes als innovativ bezeichnet werden. Zudem kann der eigentliche Herstellungs-
prozess des Produktes eine Neuheit darstellen. Darüber hinaus kann die Art der Infor-
mationserzeugung respektive des Informationsaustausches eine Innovation offenbaren.
Diese letzte Form kann unmittelbar oder mittelbar in einem Produkt enthalten sein, d. h.
sie kann mit innovativen Produkt- und Prozesstechnologien kombiniert auftreten. Gene-
rell kann ein enger Zusammenhang zwischen den drei Formen nachgewiesen werden.30
Die nachfolgenden Besonderheiten treffen im Einzelfall nicht auf die Gesamtheit der
technologischen Innovationen zu, entfalten jedoch im Hinblick auf eine mögliche
Crowdfunding-Eignung besondere Relevanz.
Ein wesentlicher Aspekt, in dem sich technologische Innovationen von anderen Innova-
tionen abgrenzen, ist die ausgeprägte Informationsasymmetrie zwischen dem Innovator
und einem Außenstehenden. Das mangelnde, für die Beurteilung von Innovationsvorha-
ben notwendige Kontextwissen hat zur Folge, dass der Außenstehende auf die Korrekt-
heit und Konsistenz der Informationen des Innovators vertrauen muss. Somit ist dieser
29
Vgl. SCHMITT, C. u. a. (2013), S. 1452 ff.; DORNBUSCH, F. u. a. (2011), S. 79. 30
Vgl. MITRITZIKIS, N. (2004), S. 30 f.
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abhängig von der möglicherweise unzureichenden Expertise des Innovators.31
Eine rei-
ne Produktinnovation wie bspw. atmungsaktive Schuhe weist i. d. R. eine geringer aus-
geprägte Informationsasymmetrie auf. So bedarf es bei der Erläuterung einer Laserkor-
rektur der Sehkraft einem viel höheren Informationsgehalt seitens des Außenstehenden
um die Technologie beurteilen zu können. Zunehmend kürzere Innovationszyklen und
steigende Komplexität der Technologien erhöhen die Ausprägung der Informationsun-
gleichheit zu Lasten Außenstehender32
. Derartige Innovationen erfordern somit einen
hohen Erklärungsaufwand. Ein weiterer wichtiger Aspekt im Innovationsmanagement
ist die Sensibilität der Informationen, die vor allem bei neuartigen Technologien einher-
geht. Diese Daten sind überaus empfindlich und unterliegen strenger Geheimhaltung.
Vor dem Hintergrund der Gefahr einer Imitation und der Tatsache, dass die Patentier-
barkeit in Deutschland diversen Einschränkungen unterliegt, ist dieser Aspekt umso
wichtiger. Beispielsweise sind Innovationen aus dem Bereich der Biotechnologie gänz-
lich vom Patentschutz ausgenommen33
. Weiterhin können technologische Innovationen
u. U. mehrere Anbieter erfordern. Zum Beispiel schmälert sich der Nutzen von Techno-
logien, welche das kontaktlose Bezahlen per Funk ermöglichen, sofern entsprechende
Endgeräte wie Debitkarten oder Mobilfunkgeräte diese nicht unterstützen. Auch innova-
tive Mobilfunknetzanbieter sind auf die Hersteller von Mobilfunkgeräten angewiesen
um einen Nutzen zu generieren. Hierbei kann eine weitere Besonderheit zum Ausdruck
kommen. Technologische Innovationen setzen u. U. Netzeffekte voraus. Das bedeutet
es muss zunächst eine kritische Masse an Nutzern erreicht werden um einen volkswirt-
schaftlichen Nutzen generieren zu können. Im Fall des kontaktlosen Bezahlens per Funk
entsteht hierbei ein fundamentales Problem. Die Einzelhändler und Handelspartner
werden ihre Einrichtungen erst mit entsprechenden Terminals ausstatten, wenn ausrei-
chend viele Endgeräte und vor allem Nutzer dieser Technologie am Markt verfügbar
sind. Das bloße Besitzen eines fähigen Endgeräts impliziert noch lange nicht die Nut-
zung der Technologie. Und umgekehrt werden die Nutzer erst gewillt sein ein unterstüt-
zendes Endgerät zu erwerben, wenn sich die Technologie im Handel durchgesetzt hat.34
Im Allgemeinen investieren Handelsunternehmen heutzutage hohe Summen in techno-
logische Innovationen.
31
Vgl. ROCKEL, J. (2013). 32
Vgl. im Internet: VISSER, C. (2013). 33
Vgl. im Internet: DEUTSCHES PATENT- UND MARKENAMT (Hrsg.) (2013). 34
Vgl. ALBERS, S. (2001), S. 513 ff.
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Wird dabei auf die falsche Technologie gesetzt, die sich im Markt nicht behaupten
kann, ist die wirtschaftliche Tragweite im Vergleich zu herkömmlichen Innovationen
um ein Vielfaches höher.35
Nicht zuletzt können technologische Innovationen einen
nachhaltigen Einfluss auf die Gesellschaft erzeugen wie kaum eine andere Innovation.
Das Internet bspw. hat sich innerhalb der Gesellschaft dergestalt etabliert, dass völlig
neuartige Kommunikations- und Arbeitsformen entstanden sind.36
Eine Vielzahl von
Innovationen wie der elektronische Briefverkehr basieren auf dieser Technologie.
3.2 Konventionelle Finanzierungsformen
Das deutsche Finanzierungssystem ist in hohem Maß durch öffentliche Finanzierungs-
mittel geprägt. Speziell für die Forschung und Entwicklung existieren verschiedenartige
Zuschüsse im Rahmen von Förderprogrammen auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene.
Relevante Beträge auf Bundesebene werden vor allem durch das Forschungs-, Verteidi-
gungs- und Wirtschaftsministerium veranlasst. Die Grundlagenforschung kann zudem
durch institutionelle Einrichtungen wie das Max-Planck-Institut oder die Fraunhofer
Gesellschaft unterstützt werden. Trotz dieser umfangreichen öffentlichen Finanzie-
rungsgrundlage besteht das Problem, dass mit zunehmender Anzahl an Förderprogram-
men die Komplexität des Systems steigt. In der Folge profitieren nur diejenigen Unter-
nehmen davon, welche im Vorfeld Beratungsleistungen in Anspruch nehmen oder mit
dem System vertraut sind. Alternativ steht das zumeist unzureichende Eigenkapital der
Innovatoren zur Verfügung. Das Fremdkapital traditioneller Finanzintermediäre wie
Banken ist kaum zu akquirieren, da schlichtweg die Sicherheiten fehlen und Rentabili-
tätsaussichten nur begrenzt prognostiziert werden können. Selbst auf Wagniskapital
spezialisierte Institutionen wie Venture Capital Gesellschaften und auch Business Angel
fordern valide Nachweise zukünftiger Erträge und konzentrieren sich eher auf bereits
eingeführte Produkte am Markt oder größere Projektvorhaben. Zumal auch für diese Art
von Kapitalgebern Technologieexpertise erforderlich ist.37
Im Endeffekt stehen innova-
tive Gründungsvorhaben im Technologiebereich vor einer Herausforderung hinsichtlich
ihrer Finanzierung. Die Erschließung von Finanzierungsalternativen könnte den Rück-
gang technologiebezogener Gründungen abschwächen.
35
Vgl. BÜCHNER, M.-G. (1999), S. 5 f. 36
Vgl. im Internet: INNOVATIONSINDIKATOR (Hrsg.) (2013). 37
Vgl. BECK, R. (2012), S. 29-33, 127 f.
Seite | 12
3.3 Crowdfunding als unkonventionelle Finanzierungsform
Nun stellt sich die Frage, inwieweit das Crowdfunding als Finanzierungsalternative für
technologische Innovationen infrage kommt. Nachdem die Bedingungen für erfolgrei-
ches Crowdfunding sowie die Besonderheiten technologischer Innovationen ausführlich
dargestellt wurden, soll an dieser Stelle eine abschließende Zusammenführung beider
Schwerpunkte der Arbeit erfolgen.
Grundsätzlich hat jeder Initiator eines Crowdfunding-Projektes die Möglichkeit sein
Vorhaben so präzise wie möglich im Vorfeld zu planen und der Crowd optimal zu prä-
sentieren. Unabhängig von Branche und Nutzung einer Crowdfunding-Plattform trägt
ein seriöser Auftritt des Initiators zur Schaffung von Vertrauen innerhalb der Gemein-
schaft potentieller Geldgeber bei. Aufgrund bislang fehlender Spezialregelungen für
Crowdfunding besteht viel Spielraum zur Ausgestaltung eines Projektvorhabens. Der
Kreativität und Überzeugungsarbeit des Initiators sind dabei keine Grenzen gesetzt.
Theoretisch kann mittels dieser aufstrebenden Finanzierungsalternative die Gründung
eines innovativen Unternehmens im Technologiebereich überhaupt erst ermöglicht wer-
den. Zumindest können horrende Summen innerhalb eines kurzen Zeitraumes mobili-
siert werden, sofern die Crowd von einer Idee überzeugt werden kann. Ebenfalls positiv
zu bemerken ist, dass vor allem Personen aus dem wissenschaftlich-technischen Bereich
als Schlüsselpersonen fungieren können um das Vorhaben innerhalb der Crowd zu be-
werben. Die Personen handeln dabei intrinsisch motiviert, also aus eigenem Interesse
heraus.
Diese Tatsache wird jedoch dadurch relativiert, dass sich potentielle Unterstützer im
Rahmen von technologischen Innovationen oftmals auf eben diese Personen und einige
Enthusiasten beschränken. Weitere Unterstützer extrinsisch zu motivieren dürfte sich
schwierig gestalten, wenn nicht einmal die Projektidee transportiert werden kann. Dies
hat unterschiedliche Ursachen, welche auf die Besonderheiten technologischer Innova-
tionen zurückzuführen sind. Die beschriebene Informationsasymmetrie, der hohe Erklä-
rungsbedarf sowie immer kürzer werdende Innovationszyklen im Technologiebereich
erschweren es eine hohe Anzahl von Unterstützern bzw. Geldgebern von der Nachhal-
tigkeit einer Innovation zu überzeugen. Außerdem kann die Wechselwirkung zwischen
Produkt und Dienstleistung (z. B. Mobilfunkgerät und Mobilfunknetz) u. U. mehrere
Anbieter erfordern.
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Derartige Innovationen werden kaum über eine Crowdfunding-Kampagne realisierbar
sein, da einerseits die Komplexität erneut zunimmt und andererseits hohe Aufwendun-
gen für die Koordinierung mehrerer Anbieter entstehen. Demgegenüber könnte der po-
tentielle Kapitalzufluss durch die Crowd zu niedrig sein, sodass alternative Finanzie-
rungsformen die Effizienz erhöhen würden. Neuartige Technologien müssen zudem
oftmals eine kritische Masse an Nutzern erreichen, sonst kann es zu einer rückläufigen
Entwicklung kommen. Diese Tatsache setzt umso mehr wirksame Multiplikatoren oder
eine einflussreiche Crowd voraus, welche, wie eben dargelegt, nicht gewährleistet wer-
den kann. Dennoch existiert mit www.technofunding.com seit August 2013 eine Platt-
form, welche sich ausschließlich an wissenschaftliche und technologische Projekte rich-
tet38
. Die Wahrscheinlichkeit engagierte Unterstützer zu finden, ist auf einer speziali-
sierten Plattform am höchsten, auch wenn die Zahl registrierter Nutzer noch recht über-
schaubar sein dürfte. Mit Nutzung einer internetbasierten Plattform steht der Initiator
zusätzlich vor der Herausforderung die Plattformbetreiber von seinem Vorhaben zu
überzeugen und idealerweise einen Prototyp zu finanzieren. Ohne diesen als Basis wird
es schwierig dauerhaft eine anregende Kommunikation mit der Crowd zu führen. Letzt-
lich sollten die Kosten für die Vorbereitung auch in einem angemessenen Verhältnis
zum möglichen Kapitalzufluss stehen. Mithilfe eines Prototyps kann ein kurzer, präg-
nanter Video-Clip realisiert werden, der die Crowdfunding-Eignung wiederum erhöht.
Jedoch lässt sich nicht für jede innovative Technologie ein Prototyp konstruieren und
das damit verbundene Kapital auftreiben. Zumal durch ein Video-Clip die Gefahr be-
steht sensible Informationen, die der Geheimhaltung unterliegen, gegenüber der Crowd
offenzulegen. Hierbei wirkt sich die begrenzte Patentierbarkeit, speziell was Technolo-
gien betrifft, negativ auf eine Crowdfunding-Eignung aus. Hinzu kommen negierende
Aspekte wie fragwürdige Transparenz, Konfliktpotential und fehlende gesetzliche Si-
cherheit. Sofern sensible Informationen geheim gehalten werden müssen, ist es für den
Initiator nahezu unmöglich detailliert aufzuschlüsseln, wofür das eingesammelte Kapital
eingesetzt werden soll. Schließlich muss die Crowd überzeugt werden das Projekt zu
finanzieren. Zusätzliches Konfliktpotential besteht bei Technologieflops. Hierbei kann
es zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals kommen. Die fehlende gesetzliche Si-
cherheit erschwert den Aufbau von Vertrauen innerhalb der Internetgemeinschaft.
38
Vgl. im Internet: HIGGELKE, R. (2013).
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4. Resümee und Ausblick
Im abschließenden Teil der Arbeit wird das Ergebnis der Erörterung hinsichtlich der
Eignung von Crowdfunding für technologische Innovationen resümiert und das allge-
meine Potential dieser aufstrebenden Finanzierungsform verdeutlicht.
4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse
Im Endergebnis sprechen nur wenige Aspekte für eine Crowdfunding-Eignung. Zumal
einige der grundlegenden Erfolgsfaktoren für Crowdfunding hinsichtlich technologi-
scher Innovationen negiert werden müssen. Abschließend lässt sich also konstatieren,
dass innovative Technologien aufgrund ihrer Besonderheiten und der speziellen Anfor-
derungen des Crowdfunding vordergründig ungeeignet für diese Form der Finanzierung
sind. Die Kompatibilität erhöht sich dabei minimal durch Nutzung einer spezialisierten
Plattform. Mit einer Erfolgsrate von lediglich 34,72 Prozent werden Projekte aus dem
Technologiebereich auf www.kickstarter.com durch die Crowd finanziert39
. Hierbei
findet sich die Branche im hinteren Feld wieder (vgl. Anhang 5). Dennoch existiert mit
www.technofunding.com seit einem halben Jahr eine geeignete Plattform, welche zu-
nächst eine umfassende Crowd aufbauen muss. Inwieweit sich die Bedingungen für
innovative Gründungsvorhaben im Technologiebereich ändern, wenn gesetzliche Spezi-
alregelungen für das Crowdfunding verabschiedet werden, kann zum derzeitigen Stand
nicht beurteilt werden. Fakt ist aber, dass die mit einer öffentlichen Crowdfunding-
Kampagne verbundenen Nachahmungsrisiken, insbesondere bei neuartigen Technolo-
gien, gleichermaßen gesetzlich eingeschränkt werden müssten. Derzeit hat die fehlende
rechtliche Klarheit zur Folge, dass überwiegend die weniger komplexen Spenden-
basierten Formen (Lending-based) von Crowdfunding auftreten40
.
4.2 Zukunftspotential von Crowdfunding in der Finanzierung
Auch wenn das Crowdfunding nicht für alle Branchen und Projektvorhaben gleicher-
maßen gut geeignet ist, kann es zukünftig eine tragende Rolle in der Unternehmensfi-
nanzierung einnehmen.
39
Vgl. im Internet: KICKSTARTER (Hrsg.) (2013). 40
Vgl. DORNBUSCH, F. u. a. (2011), S. 34.
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Innovative Gründer und deren privates Umfeld können das Kapital einer Gründung
meist nicht stemmen, Banken tragen aufgrund der Risiken wenig bis gar nichts bei.
Staatliche Fördermittel sind zahlreich vorhanden, wobei auch hier einige Hürden eine
Gründung oft verhindern. Übrig bleiben Wagniskapitalgeber (Venture Capital Gesell-
schaften) und Business Angel, welche äußerst selektiv vorgehen und häufig größere
Projekte berücksichtigen. Gerade kleinere innovative Gründungsvorhaben fallen hierbei
durch das Raster des Kapitalmarktes. Auf diese Weise entsteht eine Frühphasenfinan-
zierungslücke (Early Stage Gap) während Unternehmensgründungen (s. Anhang 8).
Mittels Crowdfunding besteht eine realistische Chance zur Schließung dieser Lücke, da
Unternehmensgründungen häufig erst auf diese Weise zustande kommen. Dennoch
muss dabei berücksichtigt werden, dass Crowdfunding selten eine Anschlussfinanzie-
rung ermöglicht und keinesfalls andere Finanzierungsformen wie Business Angel erset-
zen kann.41
Darüber hinaus muss der deutsche Kapitalmarkt zunächst Erfahrungen mit
der neuartigen Finanzierungsform sammeln. Dies bestätigt auch die Legislative durch
das momentane Erörtern eines Mehrwertes von möglichen Maßnahmen. Dabei können
massive staatliche Regulierungen einer weiteren positiven Entwicklung entgegenwirken
oder einen echten volkswirtschaftlichen Nutzen durch das Schließen der Frühfinanzie-
rungslücke beitragen.
41
Vgl. SCHMITT, C. u. a. (2013), S. 1452 f.;
DORNBUSCH, F. u. a. (2011), S. 30 ff., 95 f.
IV
ANHANG
V
Anhangsverzeichnis
Anhang 1: Internet-Dynamik des Begriffs Crowdsourcing ............................................ VI
Anhang 2: Abgrenzung und Ausprägungen des Crowdsourcing................................... VII
Anhang 3: Crowdfunding-Beispiel aus dem 19. Jahrhundert ...................................... VIII
Anhang 4: Ausprägungen des Crowdfunding nach Gegenleistung ................................ IX
Anhang 5: Eignung bestimmter Branchen für Crowdfunding ......................................... X
Anhang 6: Idealtypischer Ablauf eines plattformbasierten Crowdfunding .................... XI
Anhang 7: Crowdfunding-Rahmen in den U.S.A. ......................................................... XII
Anhang 8: Frühphasenfinanzierungslücke bei Unternehmensgründungen ................. XIII
IV
V
VI
VII
VIII
IX
X
XI
XII
XIII
XIV
Verzeichnis der Internetquellen
Datum Internetquelle Titel/Thema
05.03.2014 http://www.socialnetworkstrategien.de/2011/06/
crowdsourcing-ist-nicht-gleich-open-innovation/
ROSKOS, M. (2011)
Crowdsourcing ist
nicht gleich Open
Innovation
07.03.2014 http://ec.europa.eu/internal_market/finances/crowd
funding/index_de.htm
EUROPÄISCHE KOMMISSION (Hrsg.) (2013)
Crowdfunding
08.03.2014 http://www.tagesspiegel.de/meinung/keine-angst-
vorm-tempo-technische-innovationen-kommen-
immer-schneller/7693130.html
VISSER, C. (2013)
Technische Inno-
vationen kommen
immer schneller
09.03.2014 http://www.innovationsindikator.de/im-fokus/
hebelwirkung.html
INNOVATIONSINDIKATOR (Hrsg.) (2013)
Die Hebelwirkung
neuer Ideen
13.03.2014 https://www.kickstarter.com/help/stats?ref=footer
KICKSTARTER (Hrsg.) (2013)
Kickstarter Stats
14.03.2014 http://www.heise.de/tr/artikel/Die-Masse-macht-s-
1824323.html
LUBBADEH, J. (2013)
Die Masse macht‘s
14.03.2014 http://www.patentamt.de/patent/patentschutz/
index.html
DEUTSCHES PATENT- UND MARKENAMT
(Hrsg.) (2013)
Patentschutz
14.03.2014 http://www.elektroniknet.de/halbleiter/sonstiges/
artikel/100210/
HIGGELKE, R. (2013)
Crowdfunding für
Technologie und
Wissenschaft
XV
Literaturverzeichnis
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Eine evolutorisch-kompetenzorientierte Betrachtung von Innovationssystemen, Diss.
Universität Stuttgart 2004, S. 30 f.
XVI
SCHMITT, C./DOETSCH, M. (2013): Crowdfunding: neue Finanzierungsmöglichkeit
für die Frühphase innovativer Geschäftsmodelle, in: Betriebs-Berater 2013, Heft 24,
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E-Business, Boizenburg 2010, S. 15-19, 71 f.
SOMMER, S. (2013): Der Schwarm entdeckt den Mittelstand, in: F.A.Z. v. 13.11.2013,
S. 3.
ZWINGE, T. (2012): Crowdinvesting entwickelt sich zum Mainstream-Thema, in:
Fonds und Investments 2012, Heft 11, S. 18.
XVII
Persönliche Korrespondenz
ROCKEL, J. (2013) (Projektleiter der Arbeitsgruppe Innovationsfinanzierung am
Fraunhofer MOEZ): persönliches Gespräch v. 18.12.2013.
XVIII
Eidesstattliche Erklärung
Hiermit versichere ich an Eides Statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig an-
gefertigt habe. Jede wörtliche oder sinngemäße Übernahme fremder Gedanken ist durch
die Angabe der Quelle kenntlich gemacht.
Die Arbeit hat in gleicher oder ähnlicher Form noch keiner anderen Prüfungsbehörde
vorgelegen.
Leipzig, den 15.03.2014
Erik Ackermann