Deutschsprachige Literatur von Aufklärung bis
Romantik
Levan Tsagareli
Weimarer Klassik (Fortsetzung)
Vorlesung 6
Inhalt:
Schillers Klassik Biographisches Historische und ästhetisch-philosophische
Schriften Schillers Lyrik Schillers Dramatik
Der reife Schiller (1786-1805) Krankheit, Schulden, persönliche
Enttäuschungen → verließ Mannheim In Leipzig und Dresden mit den neuen
Freunden (1785-1787) Seit 1787 in Weimar Seit 1789 in Jena Schwere Krankheit und Armut Seit 1794 Zusammenarbeit mit Goethe
an einer neuen Zeitschrift Die Horen → Freundschaft, aber: Gegensatz der Denkarten
Grundsätzlicher Wandel: Aufgabe der Positionen seiner Jugend, Entdeckung der Welt der Antike
Historische Schriften Quellenstudium für Don Karlos → intensivere Beschäftigung mit
der Geschichte Geschichte des Abfalls der vereinigten Niederlande (1787-88) Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (1790-92) Berühmte Antrittsvorlesung an der Universität Jena (1789): Was
heißt und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte? Ziel des wahren Gelehrten = die Bedeutung der Geschichte für
die eigene Gegenwart zu erkennen; “universal” – Entwicklung der Menschheit zur Menschlichkeit
Das Überwiegen des Allgemeinen auf Kosten des Besonderen und Individuellen
Die Aufgabe des Dichters: “das Individuelle und Lokale zum Allgemeinen zu erheben.”
Ästhetisch-philosophische Schriften Kantlektüre → ästhetische Theorie: Über Anmut und Würde (1793):
Anmut = Synthese von Pflicht und Neigung → schöne Seele Der moralisch freie Mensch erhebt sich durch die Beherrschung
der Triebe zur “Würde” Sinne, Natur, reale Welt < Vernunft, Geist, Idee
Über die ästhetische Erziehung des Menschen (1793-94): ästhetische Hauptschrift: Sinnlicher Trieb ↔ Formtrieb
Über naïve und sentimentalische Dichtung (1795): “naiv” – antike Dichter (Realisten) “sentimental” – moderne Dichter (Idealisten), Goethe –
Ausnahme! Der moderne, sentimentalische Dichter reflektiert über die
verlorene Einheit mit der Natur. Da er reflektierend den Gegenstand immer auf das Ideal bezieht, wird seine Darstellung immer entweder satirisch oder elegisch sein.
Lyrik (1795-1798) Ideenlyrik / Gedankenlyrik Mitreißender Rhythmus,
verkündender Enthusiasmus Herz ↔ Vernunft, Gefühl ↔
Geist An die Freude – eine visionäre
Hymne: Humanitätsbotschaft der deutschen Klassik (→ Beethovens 9. Symphonie: http://www.youtube.com/watch?v=4pbMUEHvoAo&feature=related → Klimts Beethofen Fries)
Ideenballaden – die größte Popularität als Lyriker: Ring des Polykrates
DramaDon Karlos (1787)
- das wichtigste Werk der Übergangszeit
Familiale Liebestragödie + politisches Freiheitsmotiv
Träger der freiheitlichen Humanitätsidee – Marquis de Posa (der erhabene Held und Märtyrer)
Selbstüberwindung → Triumph der moralischen Idee
Der stoische Held, die glanzvolle Rhetorik ← Barock
Blankvers, Idee der Humanität → Hochklassik
Wallenstein (1799) - Trilogie Prolog: Rückkehr der hohen
Tragödie, Distanz der Kunst von der Wirklichkeit (Versform): “Ernst ist das Leben, heiter ist die Kunst”.
Feldherr Wallenstein (1583-1634) – unumschränkter Oberherr über das kaiserliche Heer, wegen des Hochverrats angeklagt und ermordet
Machtmensch zwischen Idealität und Verbrechen (Natur)
Die Größe Wallensteins = Größe einer Naturkraft
Ein großer Verbrecher > ein kleiner Bürger
Geist ↔ Natur
Maria Stuart (1799/800) Die letzten Tage im Leben der
Titelfigur Freiheit ↔ Notwendigkeit Die äußeren Ereignisse – spärlich,
Schwerpunkt – in den seelischen und gefühlsmäßigen Vorgängen der beiden Antagonistinnen, Königin Elisabeth und Maria Stuart
Inhaltlich und formal in besonders hohem Maße durch den Geist der Weimarer Klassik geprägt: der Aubau – tektonisch und symmetrisch
Abweichung von den historischen Quellen
Sieg über Maria = Elisabeths moralische Niederlage
Triumph der Freiheit des menschlichen Geistes über die politische Macht und über die Natur
Jungfrau von Orleans (1800/1801)
Geschichte + Legende, Märchen (übernatürliche Züge - Symbolik)
Innere Geschichte von Jeanne d’Arch (1412-1431)
Abweichung von der geschichtlichen Überlieferung: Liebe und deren Überwindung, der verklärende Tod auf dem Schlachtfeld
Die Protagonistin erhebt sich \ber die eigene Natur, verzichtet auf irdisches Sinnenglück und bejaht im Glauben an die Idee triumphierend den Tod.
Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder. Ein Trauerspiel mit Chören (1803)
Der nicht-realistische Charakter von Schillers klassischem Stil
Die Forderung nach “Illusion” / “Nachahmung der Natur” – unvereinbar mit der idealen Kunst
Einführung des Chors → Kunstcharakter des Werkes → Distanz (→ Brechts Verfremdungs-Theorie)
Eine Tragödie im Stil der Griechen: Chor, Schicksal, analytische Technik des Aufbaus
Wilhelm Tell (1803-1804) Tyrannenmord und bewaffneter
Aufstand Freiheit – von einem Volk getragen
– aber: mehr moralisch als politisch: Das Volk lehnt sich gegen moralische Vergehen der fremden Herrscher
Familie – als die älteste und naturgegebene Form menschlichen Zusammenlebens – höchster Wert des Stückes
Der naturmythische Zustand – moralisches Gut – Bilder der schweizerischen Landschaft
Wahrheit der Idee > Wahrheit der empirischen Wirklichkeit
Danke für die Aufmerksamkeit!