Die Bedeutung der menschlichen Komponente
im Kontext Dialyse
ILSE ZRAUNIG, DGKS, SAB-NETDialysestation Spittal/Drau
Steinschaler Dörfl, am 26.04.2014
Pflege im Wandel der Zeit
Wir – das Bindeglied zwischen Mensch und Medizin
Wie gehen wir miteinander um?
GedankenPflegekräfte pflegen ganzheitlich, menschlich, zeigen
Einfühlungsvermögen, Verständnis, sind Tröster, beobachten, erkennen und unterstützen, handeln anhand der Berufsethik, sind flexibel und streben Perfektionismus an.
Nebenbei sollen sie Theorie mit der realen Praxis verbinden, Berufspflichten erfüllen, sich der Technisierung und Schreibtischarbeit widmen, die Patientensicherheit und Qualität gewährleisten.
Gedanken
Das heutige Berufsbild der Pflege, das sozial kompetent und professionell beschrieben wird, bezieht allerdings Faktoren, die auf den Schultern der Pflege lasten nicht mit ein.
Klischees, die standhaft sind, Hierarchien und deren Machtverhältnisse, das hohe Krankenpflegeideal von der dienenden Aufopferung im Sinne Jesus Christus sind alt hergeholt und nicht mehr passend für diese Zeit!
Gedanken
Ich konnte beobachten, dass das Spektrum der Arbeit gestiegen ist, konnte aber nicht feststellen, dass sich das Image verbessert hat.
Ich frage mich, wo der Ursprung der Meinung über die Krankenpflege liegt.
Wie soll der Pflegebedarf gedeckt werden, wenn der Stellenwert der Pflege nicht angepasst wird?
WIR – das Bindeglied zwischenMensch und Medizin
Ich möchte das Bewusstsein der Wichtigkeit der Pflege wecken!
ThemenHistorische Entwicklung der PflegeDarstellung des Krankenhausalltags (Gedanken von
Patient/Innen, Pflegekräfte (PP) und Ärzt/Innen)Verbesserung der Zusammenarbeit „Kleine Ethik im Krankenhaus“
Katholische Ordenspflege Evangelische Diakonie
Pflege im 19. Jahrhundert – vier Organisationsformen
Kirchliche Tradition: Nächstenliebe, Mitgefühl,
Empfindsamkeit Selbstlose Hingabe am Dienst
für den Kranken Zurückstellen der eigenen
Bedürfnisse, Fähigkeit zur natürlichen Krankenpflege, große Liebe zur Reinlichkeit und Ordentlichkeit
Die Diakonissenpflege, christliche Berufsethik, missionarische Dienst am Nächsten
Theodor Fliedner: Verbesserung des PP Neuzeitliche Ausbildung wurde vom Arzt gelehrt Europaweit gegründet
Weltliche Mutterhausverbände
Freiberufliche Krankenpflege
Organisationsformen
Florenze Nightingale (1820 – 1910) sorgte am Kriegsschauplatz in den Lazaretten für Ordnung, Sauberkeit und gute Pflege und gründete die erste Krankenpflegeschule
als professionellen Berufsstand, qualifizierte Ausbildung für die Frauen innerhalb der Gesellschaft
Rotkreuzgesellschaft Henry Dunant (1828 - 1910) Schutz der Neutralität
Agnes Krall (1868 – 1927) Verbesserung der der Arbeitsbedingungen und Verbesserung der Löhne Verstaatlichung der Ausbildung
Sie kämpfte gegen die Unterordnung der Frauen und gegen die Bevormundung durch die Katholische Kirche.
Die „christliche Liebestätigkeit „ hinderte die Eigenständigkeit, das berufliche Selbstbewusstsein und die Entwicklung der fachlichen Kompetenz
Zusammenfassung 19. Jhd.Durch Kriege wurde die Notwendigkeit von geschultem
Pflegedienst erkannt
Ausübung der Lazarett- und Barackenpflege
Entwicklung der Krankenpflege wurde zur Aufgabe der öffentlichen Gesundheit
Gehorsam denken, das Prinzip der Unterwürfigkeit durch den Katholizismus und die damalige Sicht der Frau beschreibt das Verhältnis zwischen Mann u. Frau
Pflege im 20. Jhd. (1914 -1938)Das 20. Jhd. ist als schnell wachsend in ihren Entdeckungen
und Erkenntnissen bekannt. Zwei Weltkriege hatten Auswirkungen auf die Bevölkerung.
25. Juni 1914 - Staatliche Regelung der Pflegeausbildung Dauer der Ausbildung : 2 Jahre (1 Lehrjahr, 1 Probejahr)
Abschluss: Diplomprüfung Personen männlichen Geschlechts wurden erstmals
zugelassen.
Änderung und Verbesserung des Berufsbildes und dem Bild der Frau durch Frauen aus der Gesellschaft (weltlicher Einfluss)
Schleichende politische Entwicklung
Pflege im 20. Jhd. (1938 - 1950)28. September 1938: Einführung der reichseinheitlichen
Regelung der KrankenpflegeausbildungStaatlich anerkannte Krankenpflegeschulen und Prüfungen
nach vorgeschriebenem LehrbuchDurch den nationalsozialistischen Staat entstand eine
absolut verinnerlichte Gehorsamspflicht, worin auch die Beteiligung an der Vernichtung von Menschen stand.
Das österreichische Rote Kreuz war nach dem 2. Weltkrieg weisend für ein Krankenpflegediplom ohne NS Beeinflussung.
Pflege im 20. Jahrhundert In den 50er und 60er Jahren galt Pflege als Dienst am
Nächsten, der schönste Frauenberuf, die wertvollste Helferin des Arztes, mit ganzem Einsatz für den Kranken, denn dies macht das Leben lebenswert.
Die Krankenschwester ist die helfende Hand, die die Seele tröstet, mit mütterlichem Verständnis, die Ganzheitlichkeit des Menschen sieht, sich mit Kranken identifiziert und besondere innere Werte aufweist.
Sittenzeugnis wird durch den Pfarrer ausgestellt (in den 70iger Jahren nicht mehr zwingend notwendig)
70er-Jahren: Ansprechen der Belastung im Arbeitsalltag Konfrontation mit Leid und Tod
80er-Jahren: Realistisches Bild der Pflege mit Licht und Schattenseiten, Beruf mit Verantwortung
Pflege im 20. Jhd.1957: neues Krankenpflegegesetz: Einführung eines dritten Jahres als Berufspraktikum
Annäherung an den ärztlichen Wissensbereich, um ein besseres gegenseitiges Verständnis zu erzielen
1997: heute gültige GuKG: Berufsbild wurde verändertEs beinhaltet auch die gesundheitsförderndenund präventiven Maßnahmen zur Erhaltung der Gesundheit und Verhütung von Krankheit
Durch den mitverantwortlichen Tätigkeitsbereich ist die Zusammenarbeit mit dem Arzt deklariert
Dieses Gesetz umfasst mehr Vorgaben: größeres Tätigkeitsfeld, Dokumentationspflicht mit erhöhtem Administrationsbedarf.
§ 20 GuKG: Intensivpflege, Anästhesiepflege und Pflege bei Nierenersatztherapie
Zusammenfassung 20. Jhd.Die Krankenpflege hat nur sehr langsam eine Stellung in der
Gesellschaft und Politik erhalten.
Das Bild der liebenden Frau, die mit etlichen Belastungen im Arbeitsalltag konfrontiert ist, wird trotz gesetzlichen Anpassungen nur schrittweise gewürdigt.
Das Statusgefälle zwischen Arzt und Pflegepersonal ist nach wie vor in der Hierarchie spürbar. Das göttliche Dienen wurde zum ärztlichen Dienen umformuliert.
Die schleichende Verbesserung der Meinung über die Frau ist verursachend für die langsame Wertschätzung in der Pflege.
Nephrologische Pflege - einst Spezielle nephrologische Pflege wurde 1915 beschrieben
Kontrolle der Ein- und AusfuhrKontrolle der Verdauungstätigkeit
Überwachen der eiweißarmen Ernährung
Ruhigstellen des urämischen Patienten
Nephrologische Pflege - einst
Rotating Drum
(Glasgow 1965)
2-3 min RR- messen bei 12 Std Dialyse
Ruhigstellen des urämischen Patienten
Aktueller Status im 21. Jhd. Wachsende Kosten des Gesundheitssystems- PP als
größte Berufsgruppe - Kostenverursacher Gesellschaft will nicht mit Pflegebedürftigkeit konfrontiert
werden Im Beziehungsdreieck Arzt- Patient- Gesellschaft , spielen
PP eine untergeordnete Rolle, medizinische Dominanz - mangelnde Transparenz der pflegerischen Konzepte tragen dazu bei
Schreckensbilder und Fehlerprozesse - bevorzugt im Blickfeld der Öffentlichkeit
In den Medien: Darstellung des Pflegealltags – realitätsfernMedien werden für Gesundheitsprävention und Aufklärung
benötigt
Gedanken zum KrankenhausalltagWir sind Kundendienstleister am Patienten.Für PP und Ärzte handelt sich der Tagesablauf um
tägliche Routine, für Patient = Ausnahmesituation (Auswahl des KH oft schwierig, z. B. Versicherung)
Es ist wichtig uns bewusst zu machen Der Patient braucht das Personal und umgekehrt.
Die Berufsgruppen sind im hohen Maße auf eine gut funktionierende Kooperation angewiesen
Grundsätzlich ist festzuhaltenDas Konfliktpotential in der Abteilung ist sehr groß.Konflikte zwischen den Berufsgruppen.Konflikte innerhalb einer Berufsgruppe.
Mangelnde Wertschätzung - Konflikt
Unzufriedenheitsfaktoren im Alltag
Krankenhausstrukturen – traditionell hierarchisch Mangelnde AnerkennungWenig Raum für GestaltungsmöglichkeitenAltersstruktur steigend- mangelnde RessourcenLeistungsdruck, Zeitdruck, KostendruckLange Arbeitszeiten, Überstunden, BelastungsspitzenEmotionale Überforderung (Distanz u. Nähe) Mehrarbeit durch Dokumentationspflichten
(„Kultur der Rechenschaftspflichtigkeit“)
Gedanken zum Krankenhausalltag
Konflikte innerhalb einer Berufsgruppe
Dienstpläne, Urlaube, Arbeitseinsätze, mangelnde Solidarität
Mobbing, Sexismus, Rassismus, HerabwertungMangelnde Gesprächskultur Generations – KonflikteGroße Verantwortung des PP (Entlohnung)Abwälzen von Arbeiten an Kollegen und andere Berufsgruppen
Verbesserung der Zusammenarbeit
Kommunikation intern verbessernPositive Motivation vor negativer Motivation stellen Klare Zuständigkeitsbereiche – wer tut was? Konflikte möglichst rasch ansprechen – falls keine Lösung - Vorgesetzte einschalten
Bei Konfliktgesprächen: SachlichkeitKein Bloßstellen vor Kollegen und PatientenVermeidung von persönlichen Anfeindungen, Verallgemeinerungen und Zynismus
Förderung der kollegialenVerantwortungskultur–Umgang mit Fehler
5 Schritte- konstruktiv für eine Kultur der Entschuldigung (Nancy Berlinger)
1.Anerkennung des Fehlers und der Verantwortung des Fehlers2.Präsentation einer Erklärung3.Ausdruck von Bedauern und Demut4.Realisierung von Maßnahmen, die eine Fehlerwiederholung unwahrscheinlich machen (klare Vermeidungsstrategie)
5.Form der Reparation (Kultur der Vergebung)
Es gilt auch Verantwortung vonseiten der Patienten im eigenen Gesundheitsprozess einzufordern (Handlungs- und Wissenspflichten). Patienten müssen sich an Regeln halten und können auch Fehler machen.
Kleine Ethik im Krankenhaus Was wünscht sich der Patient?
Alltag gibt Struktur und Halt – RitualePersönliche ZuwendungEigenverantwortung und Selbständigkeit der Patienten fördernHohes Sicherheitsbedürfnis – Technik , Alarme verunsichern - Patient aufklärenWunsch nach Gleichförmigkeit, kein Platzwechsel- Personal oder MaschinenwechselPatient nicht bedrängen, positive Entwicklung verstärkenMündiger Patient - Information über Befunde…
Kleine Ethik im Krankenhaus Was wünscht sich der Patient?
Auf „Kleinigkeiten“ achtenNicht was wird gemacht, sondern WIE?Höflichkeit - Frage der Arbeitskultur (Betriebsklima)Verständliche SpracheGeduld (Nachfragen, Zeit einplanen)Humor (Fähigkeit mit Unvollkommenem umzugehen)Aufmerksamkeit ( zuhören, nonverbale Signale)Menschenwürde, MenschlichkeitDer „ungeduldige Patient“ – klare Grenzen setzen!Privatsphäre (Aufklärung im Zimmer….)
Die Balance von Rechten und Pflichten
Hier arbeiten Menschen für Menschen
WirMitarbeiter und Patienten haben
Rechte und Pflichten
Zusammenfassend ist festzuhalten,dass ein
respektvoller Umgang Miteinander
Grundvoraussetzung für ein gutes Betriebsklima sind.Gute Kommunikationsabläufe, ob verbal/ nonverbal sind für
zwischenmenschliche Beziehungen essentiell.
Ob sie gelingen, hängt von der Bereitschaft des Einzelnen ab, sie zuzulassen.
Nur Mitarbeiter die sich wohlfühlen sind empfänglich für die Sorgen und Nöte unserer Patienten und fähig
Empathie aufzubauen!
Quellenverzeichnis Sedmak, Clemens: Mensch bleiben im Krankenhaus: Wien-
Graz - Klagenfurt, Styria Verlag 2013 Pietschnig, Sonja: Pflege der Zukunft, Klagenfurt 2012 Taubert, Johanna: Pflege auf dem Weg zu neuem
Selbstverständnis: Berufliche Entwicklung zwischen Diakonie und Patientenorientierung, 2. Auflage, Frankfurt am Main, Mabuse - Verlag 1994
Rieder, Kerstin: Zwischen Lohnarbeit und Liebesdienst: Belastungen in der Krankenpflege, München, Weinheim, Juventa Verlag 1999
Seidler, Eduard; Leven, Karl-Heinz: Geschichte der Medizin und der Krankenpflege, 7. Auflage, Stuttgart, Kohlhammer 2003.
Thielhorn, Ulrike: Zum Verhältnis von Pflege und Medizin, 1. Auflage, Stuttgart, Kohlhammer 1999
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!