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Digitale Transformation von Geschäftsmodellen erfolgreich gestalten
Daniel Schallmo · Joachim Reinhart Evelyn Kuntz
Trends, Auswirkungen und Roadmap
Schwerpunkt Business Model InnovationDaniel R. A. Schallmo Hrsg.
Schwerpunkt Business Model Innovation
Reihe herausgegeben vonDaniel Schallmo, Hochschule Ulm, Ulm, Deutschland
Innovative Geschäftsmodelle sind für den Erfolg eines Unternehmens entscheidend, da das Unternehmensumfeld einem ständigen Wandel unterliegt. Eine höhere Transparenz der Leistungen von Unternehmen, Preiswettbewerbe, geringere Differenzierungsmög-lichkeiten ausschließlich mit Produkten und Dienstleistungen und die unzureichende Nutzung von Potenzialen im technologischen Bereich sind einige Beispiele für Auslöser, denen sich Unternehmen ausgesetzt sehen.
In den letzten Jahren hat die Innovation von Geschäftsmodellen in Theorie und Praxis eine hohe Aufmerksamkeit erlangt.
Im Rahmen der Reihe „Schwerpunkt Business Model Innovation“ werden aktuelle wissenschaftliche Ansätze durch neue Erkenntnisse, z. B. Instrumente, Beispiele, Best Practices und Studien, ergänzt. Damit soll ein neuer Standard in der unternehmerischen Praxis sowie der Managementliteratur gesetzt werden.
Die Leserinnen und Leser erhalten somit aktuelle Ergebnisse aus Theorie und Praxis zu dem Themenfeld Business Model Innovation und werden darin unterstützt, ihr Wissen und Können zu erweitern und zielgerichtet einzusetzen.
Weitere Bände in der Reihe http://www.springer.com/series/15098
Daniel Schallmo · Joachim Reinhart Evelyn Kuntz
Digitale Transformation von Geschäftsmodellen erfolgreich gestaltenTrends, Auswirkungen und Roadmap
Daniel SchallmoHochschule Ulm Ulm, Deutschland
Joachim Reinhartarborsys GmbH Neu-Ulm, Deutschland
Evelyn KuntzUniversität Ulm Ulm, Deutschland
Schwerpunkt Business Model Innovation ISBN 978-3-658-20214-9 ISBN 978-3-658-20215-6 (eBook)https://doi.org/10.1007/978-3-658-20215-6
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V
Schlagworte wie Digitalisierung, Industrie 4.0, Collaboration Tools, Cloud-Compu-ting, Big Data und zahlreiche weitere sind derzeit häufig in den Medien zu finden und beschäftigen Unternehmen unterschiedlicher Branchen und Größen gleichermaßen.
Von Fluch und Segen zugleich ist die Rede, denn die (neuen) Technologien gefährden bestehende Geschäftsmodelle wie z. B. aus der Automobilindustrie, dem Maschinenbau, dem Handel und dem Handwerk. Andererseits eröffnen die neuen Technologien neue Chancen, da z. B. Prozesse schneller durchgeführt werden und somit Kosten eingespart werden können.
Mit der vorliegenden Publikation adressieren wir insbesondere mittelständische Unternehmen und zeigen konkrete Wege auf, wie die Chancen neuer Technologien genutzt werden können. Das Buch besteht aus drei Kapiteln, die jeweils aufeinander auf-bauen:
Kapitel1Technologische Trends
Kernfragen: • Welche technologischen Trends
führen zur Digitalisierung?
• Was ist unter Digitalisierung zuverstehen?
Kapitel 2Auswirkungen auf
Unternehmen
Kernfragen: • Wie wirkt sich die Digitali-
sierung auf Unternehmen aus?
• Welche Beispiele für die digitale Transformation von Geschäfts-modellen gibt es?
Kapitel 3Roadmap für die digitale
Transformation vonGeschäftsmodellen
Kernfragen: • Wie erfolgt die digitale
Transformation von Unternehmen?
• Welche Instrumente und Schritte sind zur Umsetzung derdigitalen Transformation notwendig?
Zunächst stellen wir die wichtigsten technologischen Trends und Treiber der Digita-lisierung vor (Kap. 1) und diskutieren anschließend deren mögliche Auswirkungen auf
Vorwort
VI Vorwort
Unternehmen und unterschiedliche Bereiche ihres Geschäftsmodells (Kap. 2). Dazu gehören:
• Kundensegmente, Kundenkanäle und Kundenbeziehungen• Produkte, Dienstleistungen und Nutzenversprechen• Ressourcen, Fähigkeiten und Prozesse• Partner, Partnerkanäle und Partnerbeziehungen• Umsätze und Kosten
Die aus Praxis und Wissenschaft entwickelte Roadmap zeigt eine Vorgehensweise zur Umsetzung der Digitalen Transformation von Geschäftsmodellen in fünf Schritten auf. Mit dieser Vorgehensweise lassen sich die Potenziale der Digitalisierung systematisch heben (Kap. 3).
Wir wünschen allen Leserinnen und Lesern interessante Anregungen und viel Erfolg bei der Digitalen Transformation ihrer Geschäftsmodelle.
Ulm im Frühjahr 2018
Daniel SchallmoJoachim Reinhart
Evelyn Kuntz
VII
Was diese Ausarbeitung beinhaltet:
• Definitionen der Begriffe Digitalisierung, digitale Transformation und Geschäftsmodell.• Auswirkungen der digitalen Transformationen auf Geschäftsmodelle mit Beispielen• Eine Roadmap für die erfolgreiche digitale Transformation Ihres Geschäftsmodells
An welche LeserInnen sich dieses Buch richtet:
• Fach- und Führungskräfte mittelständischer Unternehmen aus den Bereichen Geschäfts-leitung, Innovationsmanagement, Strategieplanung, Marketing und Vertrieb sowie Busi-ness Development
• Wissenschaftler, Lehrende und Studierende aus den Bereichen Innovationsmanage-ment, strategisches Management, Technologiemanagement und Entrepreneurship.
Nutzen dieses Buches für die LeserInnen:
• Die Leser und Leserinnen erhalten eine Übersicht zu aktuellen Technologietrends und deren Auswirkung auf Geschäftsmodelle. Somit ist es möglich zu bewerten, welche Technologietrends das eigene Geschäftsmodell beeinflussen.
• Sie erhalten ebenfalls die Darstellung einer Vorgehensweise, um in fünf Schritten erfolgreich die digitale Transformation im eigenen Unternehmen umzusetzen.
Überblick über dieses Buch
IX
1 Technologische Trends . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1 Trends, Treiber und Zukunftsfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1.1.1 Konzentration auf Menschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.1.2 Smarte Maschinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91.1.3 Enabler-Technologien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
1.2 Definition Digitalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221.3 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
2 Auswirkungen auf Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252.1 Definition Geschäftsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252.2 Auswirkungen auf Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
2.2.1 Kundendimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262.2.2 Nutzendimension: Leistungen und Nutzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322.2.3 Wertschöpfungsdimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402.2.4 Partnerdimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 462.2.5 Finanzdimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
2.3 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 532.3.1 Digitale Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 532.3.2 Preis-Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
3 Eine Roadmap für die digitale Transformation von Geschäftsmodellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 593.1 Definition digitale Transformation von Geschäftsmodellen . . . . . . . . . . . . . 593.2 Roadmap zur digitalen Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
3.2.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 613.2.2 Digitale Realität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
Inhaltsverzeichnis
X Inhaltsverzeichnis
3.2.3 Digitale Ambition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 683.2.4 Digitale Potenziale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 703.2.5 Digitaler Fit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 743.2.6 Digitale Implementierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
3.3 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
XI
Dr. Daniel Schallmo ist Ökonom, Unternehmensberater, Autor und gefragter Redner. Er ist Professor an der Hoch-schule Ulm und leitet das privatwirtschaftliche Institut für Business Model Innovation. Er ist ebenso Gründer und Gesell-schafter des Beratungsunternehmens Dr. Schallmo & Team GmbH mit der Kernmarke gemvini (siehe www.gemvini.de). In diesem Rahmen unterstützt er Unternehmen bei der Beant-wortung unterschiedlicher Fragestellungen.
Daniel Schallmo verfügt über mehrere Jahre Praxiserfah-rung, die er in Unternehmen der verarbeitenden Industrie, des Handels, der Medien, der Unternehmensberatung und des Bauwesens gewonnen hat. Er ist sowohl in der Manage-mentausbildung als auch in Bachelor- und Masterstudien-gängen für die Themengebiete Design Thinking, Strategie-, Geschäftsmodell-, Prozess- und Innovationsmanagement als Dozent tätig und war Gastprofessor an der Deutschen Uni-versität in Kairo, Ägypten.
Kontakt: [email protected]
Joachim Reinhart ist Ökonom und ein erfahrener Stratege. Mit der Digitalisierung beschäftigt er sich seit 1992 aktiv in unterschiedlichen Positionen bei der Deutschen Telekom AG (z. B. Future Research, Strategie, Produktmanagement) und als Unternehmensberater. Er unterstützt mittelständische Unternehmen und Start-ups bei der digitalen Transformation, mit maßgeschneiderten Businessplänen und deren Umsetzung. Seine Branchenschwerpunkte sind insbesondere Informations- und Telekommunikationstechnologie und Dienstleistungen. Er verantwortet den Geschäftsbereich Strategie der arborsys
Über die Autoren
XII Über die Autoren
GmbH und ist ehrenamtlich Juror der Bayerischen Business-planwettbewerbe (BayStartUp) sowie Initiator des mittlerweile seit 2009 bestehenden Arbeitskreises für Innovationsmanage-ment. Seit 2015 ist er außerdem Associate Partner des Instituts für Business Model Innovation (siehe www.ifbmi.net).
Kontakt: [email protected]
Evelyn Kuntz Bachelor of Science in Wirtschaftsinformatik, studiert zurzeit im Master in Nachhaltiger Unternehmensfüh-rung an der Universität Ulm, mit den Schwerpunkten Unter-nehmensführung und Controlling sowie Technologie- und Ressourcenmanagement. Frau Kuntz arbeitete bereits bei einem weltweit agierenden Informations- und Telekommuni-kationsunternehmen, wie auch im Logistikbereich des welt-weit größten Chemiekonzerns. Aktuell ist sie als Junior Business Analyst in den Bereichen Strategiearbeit und Opti-mierung bei der Unternehmensberatung SimmCon GmbH in München tätig (siehe www.simmcon.de).
Kontakt: [email protected]
XIII
Abb. 1.1 Der erste frei programmierbare Rechner, der Z1 von Konrad Zuse . . . . . 2Abb. 1.2 Hype-Cycle von Gartner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3Abb. 1.3 Augmented Reality im Fahrzeug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4Abb. 1.4 Augmented Reality beim Spielen, Beispiel Pokémon Go . . . . . . . . . . . . 5Abb. 1.5 Virtual-Reality-Brille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5Abb. 1.6 Gängige Elemente eines „Smart Home“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6Abb. 1.7 a Kiefertransplantat b Hörgeräte
c Gedruckte Villa des Chinesen Win Sun . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8Abb. 1.8 von 1D zu 4-D-Druck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8Abb. 1.9 Künstliche Orchideenblüte, die sich beim
Eintauchen in Wasser verformt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9Abb. 1.10 Jährlich erzeugte Datenmenge weltweit in Exabyte . . . . . . . . . . . . . . . . . 10Abb. 1.11 Big Data: Datenquellen, Datensee und Analysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11Abb. 1.12 Von der Beschreibung über die Vorhersage bis
zur Zukunftsgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11Abb. 1.13 a Empfangsroboter im Hotel Henn-na in Sosebo,
b Roboterauto Guardium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12Abb. 1.14 Autonomes Fahren in den 50er Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13Abb. 1.15 a Google Car, b Transport Pods in Milton Keynes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13Abb. 1.16 Die fünf Stufen der Automatisierung bei Kraftfahrzeugen. . . . . . . . . . . . 15Abb. 1.17 a Lieferroboter Starship, b Fahrerloses Fahrzeugsystem (FTS)
der Asys Group . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16Abb. 1.18 Internet of Things . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17Abb. 1.19 Die Zahl vernetzter Geräte steigt exponentiell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17Abb. 1.20 Illustrative Darstellung der Blockchain als Basis
für das Internet der Werte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19Abb. 1.21 Entwicklung der Rechenleistung per 1000 US$ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
Abbildungsverzeichnis
XIV Abbildungsverzeichnis
Abb. 2.1 Geschäftsmodellraster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26Abb. 2.2 Gläubige auf der Via Della Conciliazione
im Vatikan a 2005 und b 2013 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27Abb. 2.3 Vergleichbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27Abb. 2.4 Showrooming . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28Abb. 2.5 Kommunikation früher und heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30Abb. 2.6 Ein Kommunikationsnetzwerk orchestrieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31Abb. 2.7 Customer Journey . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32Abb. 2.8 Variabilität zum kleinen Preis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33Abb. 2.9 Die Funktionen von smarten Produkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35Abb. 2.10 System von Systemen am Beispiel Heizung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36Abb. 2.11 Einsparungen und einer erhöhten Produktivität
mit den neuen Papiermaschinen von Voith . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38Abb. 2.12 Evolution der Servicemodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39Abb. 2.13 Änderung von Nutzenversprechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39Abb. 2.14 Neue Technologieinfrastruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40Abb. 2.15 Entwicklung von Mobilfunkstandards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42Abb. 2.16 Vertikale Wertschöpfung und Kernprozesse heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43Abb. 2.17 Vertikale Wertschöpfung und Kernprozesse nach 2020 . . . . . . . . . . . . . . 44Abb. 2.18 Digital Twin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44Abb. 2.19 Intelligente Fabrik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45Abb. 2.20 C-Teile Management mit der „Würth-Box“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46Abb. 2.21 Klassische horizontale Wertschöpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48Abb. 2.22 Zukünftige horizontale Wertschöpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49Abb. 2.23 Anzahl Kommunikationsverbindungen pro Manager und Jahr . . . . . . . . 50Abb. 2.24 Integriertes Wertschöpfungsnetzwerk von Systemen von Systemen . . . . 50Abb. 2.25 Evolution der Preismodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52Abb. 2.26 Der Übergang vom alten zu neuen Preismodell
kann eine Finanzierungslücke entstehen lassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53Abb. 2.27 Digitale Unternehmen oder „Real-Time Enterprises“
als Ergebnis horizontaler und vertikaler Vernetzung . . . . . . . . . . . . . . . . 54Abb. 2.28 Preis-Leistungsverhältnis eines Produkts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55Abb. 2.29 Veränderungen durch Digitalisierung im Preis-Leistungsverhältnis.
Erläuterungen dazu im Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55Abb. 2.30 Auswirkungen der Digitalisierung auf Branchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56Abb. 3.1 Inkrementelle versus radikale Geschäftsmodellinnovation . . . . . . . . . . . 60Abb. 3.2 Zielgerichtete Transformation am Beispiel
von Vektoren im Kräfteparallelogramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61Abb. 3.3 Roadmap Digitale Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
XVAbbildungsverzeichnis
Abb. 3.4 Geschäftsmodellraster mit den wichtigsten Fragestellungen . . . . . . . . . . 65Abb. 3.5 Geschäftsmodellskizze eines Herstellers
von Triebwerken für Flugzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66Abb. 3.6 Wertschöpfungsstufen, Akteure und
Digitalisierungsgrad einer Branche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67Abb. 3.7 Kundenprofil mit Kundenanforderungen am
Beispiel eines Wartungsmechanikers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68Abb. 3.8 Beispiel eines Technologieradars
(hier nur Informationstechnologien). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71Abb. 3.9 Gedruckter Halter für einen Hydrauliktank von Airbus . . . . . . . . . . . . . . 72Abb. 3.10 Optionenraum für zukünftige Geschäftsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73Abb. 3.11 Scoring-Tabelle zur Bewertung von Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76Abb. 3.12 Grob skizzierte Customer Journey für einen Triebwerkshersteller . . . . . 77Abb. 3.13 Integriertes Wertschöpfungsnetz von System von Systemen . . . . . . . . . . 78Abb. 3.14 Der strategische Managementprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79Abb. 3.15 Vorgehensmodell der digitalen Transformation
von Geschäftsmodellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
1© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2018 D. Schallmo et al., Digitale Transformation von Geschäftsmodellen erfolgreich gestalten: Trends, Auswirkungen und Roadmap, Schwerpunkt Business Model Innovation, https://doi.org/10.1007/978-3-658-20215-6_1
ZusammenfassungIm ersten Kapitel zeigen wir Technologietrends und eine neue Generation von Geschäftsmodellen auf. Der folgende Abschnitt erläutert auf Basis des aktuellen Hype-Cycles von Gartner die wichtigsten Technologietrends und Treiber der Zukunft. Anschließend definieren wir im dritten Abschnitt dieses Kapitels den Begriff Digitali-sierung.
1.1 Trends, Treiber und Zukunftsfelder
Digitalisierung ist kein neues Konzept. Denn initiiert wurde diese bereits 1938 von Kon-rad Zuse in Form eines frei programmierbaren Rechners, dem Z1. Der Rechner war weit-gehend mechanisch, eine Tonne schwer und arbeitete sogar schon mit einem Binärcode (siehe Abb. 1.1).
Wagen wir nun wieder einen Sprung zurück in die Zukunft. Die Abb. 1.2 stellt den Hype-Cycle von Gartner dar (Stand August 2016). Dieser Hype-Cycle zeigt die aus über 2000 Technologien priorisierten 34 Technologietrends, die in fünf Phasen eingeordnet sind. Somit ist es möglich, einen Überblick über aktuelle Themen, Zukunftsfelder der Digitalisierung und ihre praktische Relevanz zu erhalten.
Auf der X-Achse des Hype-Cycle wird die Zeit abgebildet; d. h. die Technologien, die neu aufkommen, sind links aufgeführt. In der ersten Phase „Innovationsauslöser“ ist z. B. die Technologie Smart Dust zu finden. Auf der Y-Achse sind die Erwartungen an die Technologien abgetragen.
Typischerweise entwickelt sich eine Technologie über die Zeit weiter, indem die Erwartungen zunehmen bis diese den „Gipfel der überhöhten Erwartungen“ erreicht
Technologische Trends 1
2 1 Technologische Trends
haben, um dann im weiteren Verlauf im „Tal der Desillusionierung“ zu landen – wie im Moment z. B. „Augmented Reality“.
Einige der Technologien erreichen über den „Pfad der Erleuchtung“ am Ende das „Plateau der Produktivität“ und somit eine Verbreitung in Unternehmen. „Virtual Rea-lity“ befindet sich demnach derzeit auf dem „Pfad der Erleuchtung“. Die farbliche Markierung der einzelnen Technologien zeigt die Einschätzung von Gartner, wann die Technologien produktiv werden.
Die in den Vorjahren im Hype-Cycle enthaltenen Themen, wie „Big Data“ und „3-D-Druck“, sind mittlerweile in den Unternehmen etabliert und daher nicht mehr im aktuellen Hype-Cycle enthalten.
Auf Basis des Hype-Cycles lassen sich folgende drei Trends identifizieren (Gartner 2016a):
• Konzentration auf Menschen• Smarte Maschinen• Enabler-Technologien
Im Folgenden beschreiben wir diese Trends anhand einiger Beispiele.
Abb. 1.1 Der erste frei programmierbare Rechner, der Z1 von Konrad Zuse. (By Andrew Fogg/ndrwfgg from flickr.com)
31.1 Trends, Treiber und Zukunftsfelder
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4 1 Technologische Trends
1.1.1 Konzentration auf Menschen
Der Kern des Trends „Konzentration auf Menschen“ ist die Erwartung, dass sich Tech-nologien immer mehr an die Bedürfnisse des Menschen anpassen. Denn die Technologie verschmilzt mit dem Alltag der Menschen und zwar unabhängig davon, ob dies Zuhause oder bei der Arbeit erfolgt. Beispiele für Technologien, die diesen Trend stützen sind: Augmented und Virtual Reality, Smart Home und 4-D-Printing.
1.1.1.1 Augmented und Virtual RealityMit neuen Schnittstellen bzw. Benutzeroberflächen entsteht durch die Einblendung von Zusatzinformationen eine erweiterte Realität (die sogenannte Augmented Reality). Abb. 1.3 zeigt, wie solche Zusatzinformationen für den Fahrer eines Pkw auf der Wind-schutzscheibe dargestellt werden können.
Ein weiteres Beispiel für Augmented Reality stammt aus der Spielewelt: Pokémon Go (siehe Abb. 1.4). Sowohl beim Autofahren, beim Spielen, als auch in der Arbeitswelt wird sich diese Technologie mit der Weiterentwicklung von Endgeräten und Übertra-gungskapazitäten weiterverbreiten.
Im Unterschied zur erweiterten Realität soll Virtual Reality (VR) eine möglichst voll-ständige Einbettung (= Immersion) des Nutzers in eine virtuelle Welt erreichen. Erste Ansätze für „Virtual Reality“ entstanden bereits 1962 als Morton Heilig einen Apparat (Sensorama) entwickelte, der Bilder, Gerüche und Wind simulierte und damit das Kino revolutionieren sollte.
Aufbauend auf der Einbettung des Nutzers wird Virtual Reality in den kommenden Jahren vermutlich zunächst den Spiele- und Unterhaltungsmarkt revolutionieren und dann weitere Branchen beeinflussen. Spieler übernehmen hierbei die Rolle der „Early Adopters“, d. h. derjenigen, die eine Technologie als erstes nutzen. Die Abb. 1.5 zeigt eine aktuelle VR-Brille.
Abb. 1.3 Augmented Reality im Fahrzeug. (© Daimler AG/blog.daimler.de)
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Abb. 1.4 Augmented Reality beim Spielen, Beispiel Pokémon Go. (© iphonedigital from flickr.com)
Abb. 1.5 Virtual-Reality-Brille. (© Maurizio Pesce from flickr.com)
1.1 Trends, Treiber und Zukunftsfelder
6 1 Technologische Trends
Im industriellen Bereich werden die Einsatzgebiete hingegen erst langsam erschlos-sen. Derzeit werden in den folgenden Bereichen kommerzielle Einsatzmöglichkeiten von Virtual Reality gesehen (Ballhaus, W. et al. 2016, S. 7 ff.):
• Medizin: Behandlung von Phobien, Unterstützung bei Operationen• Luft- und Raumfahrt: Flugsimulationen, Trainings• Handel: Produktpräsentationen mit hoher Erlebniskomponente• Bildung: Simulationen, Trainings• Bau: Raum- und Gebäudesimulationen
1.1.1.2 Smart HomeSmart Home ist bereits in Teilen etabliert, indem Haushaltsgeräte, die Stereoanlage, die Heizung bis hin zur Beleuchtung zentral gesteuert werden und miteinander vernetzt sind. Abb. 1.6 zeigt die gängigen Elemente eines „Smart Home“.
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Abb. 1.6 Gängige Elemente eines „Smart Home“
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Durch die Vernetzung kann die eigene Wohnung z. B. die Stimmung der anwesenden Nutzer erkennen und entsprechend darauf mit Licht und Musik reagieren. Die Sicherheit innerhalb der Wohnung erhöhen einerseits Produkte aus der e-Health-Kategorie, anderer-seits Einbruchabwehrsysteme. Smart Home steht damit für ein intelligentes, automati-siertes Zuhause, für mehr Sicherheit, Lebensqualität und niedrigere Kosten.
Eine Veranschaulichung zu Smart Home„Smart Home“ ist, wenn meine Fitnessapp und meine Waage per Datenabgleich feststellen, dass mein Körpergewicht über dem Soll liegt. Daraufhin sperrt mein Kühlschrank automatisch die anstehenden Bierlieferungen, Herd und Mikrowelle verweigern zu kalorienhaltige Gerichte und mein Wagen riegelt Kurzfahrten ab. Meine Krankenkasse schließt einen Vertrag im Fitnessstudio für mich ab und mein persönlicher digitaler Assistent bestellt passende Sportkleidung.
Und: meine Familie und meine Krankenkasse werden permanent über meine Fort-schritte informiert.
1.1.1.3 4-D-PrintingDer 4-D-Druck ist eine Weiterentwicklung des 3-D-Drucks (= „Additive Fertigung“), der bereits in vielen Unternehmen etabliert ist und vor allem zur Fertigung von Model-len, Prototypen oder Werkzeugen eingesetzt wird. Da das 3D-Druckerfahren flexibel ist, lassen sich damit maßgeschneiderte Produkte kostengünstig und unkompliziert herstellen. Weitere Vorteile sind etwa ein geringes Gewicht, eine hohe Stabilität und ein individuelles Design.
Die Möglichkeiten reichen von der ersten gedruckten Villa des Chinesen Win Sun, über Medikamente, Kiefertransplantate (gedruckt und transplantiert bei einer 83-jährigen Patientin) bis hin zu Hörgeräten. Die drei Beispiele sind in Abb. 1.7 dargestellt.
Hörgeräte werden seit einigen Jahren weltweit praktisch ausschließlich in 3-D-Druck-verfahren hergestellt (Launer, S. 2015, S. 33 f.).
Weitere Beispiele finden sich insbesondere in der Produktion. Automobil- und Flug-zeughersteller rechnen damit, in den kommenden Jahren rund 10 % bis 20 % der Pro-dukte und Bauteile mit 3-D-Druck wieder selbst herzustellen.
Im Gegensatz zum 3-D-Druckverfahren versteht man unter 4-D-Druck die additive Fertigung intelligenter Materialien, die eigenständig, ohne Mensch und Maschine und nur aufgrund externer Reize ihrer Umwelt, ihren Zustand oder ihre Form verändern. Abb. 1.8 visualisiert den Unterschied zwischen 3-D und 4-D.
Die möglichen Anwendungsbereiche sind vielfältig und reichen von intelligenten Karbonfasern in der Automobilbranche, bei denen sich Fertigungsteile am Montageband selbst zusammenbauen, bis zu Materialien, die auf sich ändernde Zustände von Produkten oder deren Umgebung reagieren, um Fehler zu vermeiden oder frühzeitig vor Fehlern zu warnen. Die Abb. 1.9 zeigt eine an der Harvard Universität entwickelte künstliche Orchi-deenblüte, die sich beim Eintauchen in Wasser selbstständig verformt (Z_punkt 2016).
1.1 Trends, Treiber und Zukunftsfelder
8 1 Technologische Trends
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Abb. 1.8 von 1D zu 4-D-Druck
Abb. 1.7 a Kiefertransplantat (© Image courtesy of 3D Systems and Xilloc) b Hörgeräte (© shut-terstock) c Gedruckte Villa des Chinesen Win Sun (© picture alliance/Photoshot)
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Für die kommenden Jahre wird für das 4-D-Druckverfahren ein jährliches Wachstum von 40 % prognostiziert, eine breite Marktdurchdringung der Technologie erwartet man in etwa 10 Jahren.
1.1.2 Smarte Maschinen
Grundlage des Trends „Smarte Maschinen“ ist die Entwicklung künstlicher Intelligenz auf der Basis von sehr hohen Datenmengen in Kombination mit der Weiterentwicklung maschinellen Lernens (z. B. neuronale Netze). Mit dem Fortschritt des maschinellen Ler-nens ändern sich auch Herangehensweisen und Lösungsansätze von Unternehmen. Bei-spiele für Technologien, die diesen Trend stützen, sind:
• Big Data und Analytics• Autonome Systeme.
1.1.2.1 Big Data und AnalyticsDie jährlich erzeugte digitale Datenmenge wurde für 2015 weltweit auf rund 8600 Exa-byte prognostiziert und soll sich bis 2020 auf rund 40.000 Exabyte verfünffachen (Gantz, J. und Reinsel, D. 2012). Ein Exabyte entspricht einer Milliarde Gigabyte; einer Million
Abb. 1.9 Künstliche Orchideenblüte, die sich beim Eintauchen in Wasser verformt. (© A.S. Gladman and J.A. Lewis, Wyss Institute für Biologically Inspired Engineering, Harvard University)
1.1 Trends, Treiber und Zukunftsfelder
10 1 Technologische Trends
Terabyte; Tausend Petabyte. Die Entwicklung und Prognose des weltweit generierten Datenvolumens ist in Abb. 1.10 dargestellt.
Zum VergleichIm Jahr 2001 war die T-Systems GmbH laut eigenen Angaben der größte Rechenzen-trumsverbund Europas mit einer Speicherkapazität von 2,1 Petabyte. Das entspricht 2100 Terrabyte (TB). 10-TB-Festplatten sind auf dem Markt bereits zu kaufen, den Speicherplatz von 2 Petabyte würde man heute (Stand: Januar 2017) für den Preis einer E-Klasse erhalten.
Auch wenn „Big Data“ kein neuer Trend mehr ist, bleibt er dennoch relevant. Die Beherrschung großer, unstrukturierter und stark wachsender Datenmengen ist für die meisten Unternehmen unverzichtbar.
Wie Datenquellen, Rohdaten und Analysen zusammenhängen, zeigt Abb. 1.11. Aus verschiedenen externen und internen Datenquellen speist sich der wachsende „Daten-see“. Die Kunst ist es, diese Daten zu analysieren und die gewonnenen Erkenntnisse intelligent zu verwerten.
Die Auswertung und Analyse großer Datenmengen erlaubt es, Vergangenes besser zu verstehen und somit die Zukunft zu gestalten. Die vier Stufen von der Beschreibung über die Diagnose und die Vorhersage bis hin zur Zukunftsgestaltung sind in Abb. 1.12 beschrieben. Insbesondere die letzten beiden Stufen sind interessant, da hiermit messbare Mehrwert für Nutzer erzielt werden können: „Predictive Analytics“ (Vorhersage) ermit-telt „was passieren wird“ und „Prescriptive Analytics“ (Zukunftsgestaltung) beschreibt
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Prognose zum weltweit generierten Datenvolumen (in Exabyte)
Abb. 1.10 Jährlich erzeugte Datenmenge weltweit in Exabyte. (Statista 2016)
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Erkenntnisse
Abb. 1.11 Big Data: Datenquellen, Datensee und Analysen. (Vergleiche Porter und Heppelmann 2015 S. 59)
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Abb. 1.12 Von der Beschreibung über die Vorhersage bis zur Zukunftsgestaltung. (Vergleiche Gartner 2016b)
1.1 Trends, Treiber und Zukunftsfelder
12 1 Technologische Trends
wie etwas beeinflusst werden kann, damit ein gewünschter Zustand eintritt. Die jeweiligen Anwendungsfelder sind vielseitig und werden bereits in der Praxis eingesetzt. In München und New York wird z. B. eine Software zur Prävention von Verbrechen angewendet, die Einbrüche in bestimmten Stadtteilen bis auf die Straßen genau vorhersagen soll.
Versandhändler wie z. B. Amazon arbeiten daran, die Wünsche ihrer Kunden zeitlich schon vor der Bestellung zu kennen – so können sie Waren versenden, bevor der Kunde sie bestellt hat. Ziel von Amazon ist eine Trefferquote von ca. 80 %. Trefferquote als Kenn-zahl ist dabei definiert als Zustandekommen eines Vertrags zwischen Kunde und Händler. Andere Beispiele sind Wertpapieranalysen, Maschinenauslastung und Survivalanalysen, d. h. die Berechnung der Wahrscheinlichkeit des Ausfalls von mechanischen Elementen zu einem bestimmten Zeitpunkt oder innerhalb eines bestimmten Zeitraums.
1.1.2.2 Autonome SystemeFortschritte in Sensorik, Motorik, Maschinenlernen und Wissensrepräsentation lassen autonome Systeme wie Industrieroboter lernfähig und Pflegeroboter geschickter werden. In der Chirurgie übernehmen Roboter bereits die Rolle der Chirurgen, in Hotels unter-stützen sie im Service und am Empfang (siehe Abb. 1.13a).
Zudem verändern autonome Waffen unser Leben. Ein Beispiel dafür ist das Roboter-auto in Abb. 1.13b. Es soll die Grenze zwischen dem Gazastreifen und Israel bewachen. Das Fahrzeug kann dabei autonom reagieren und „gewaltsame Methoden“ anwenden, um „Bedrohungen“ zu eliminieren (Stöcker, C. 2015).
Von besonderem Interesse sind jedoch autonome Autos, die schon längere Zeit in den Köpfen und auf dem Papier existieren. Abb. 1.14 visualisiert die Vision eines autonomen Fahrzeugs aus den 50er Jahren. Die Entwicklung autonomer Fahrzeuge kann mehrere Branchen und zahlreiche Lebensbereiche betreffen. Auf der einen Seite werden z. B. laut Untersuchungen 90 % der Verkehrsunfälle von Menschen verursacht. Autonome Fahr-zeuge könnten diese Zahl deutlich reduzieren. Dazu kämen weniger Staus, geringere
Abb. 1.13 a Empfangsroboter im Hotel Henn-na in Sosebo (© Huis Ten Bosch), b Roboterauto Guardium (© israeldefense.co.il)
13
Emissionen und eine Zeitersparnis. Auf der anderen Seite stehen z. B. die Arbeitsplätze von Berufskraftfahrern auf dem Spiel (Heutger, M. und Kückelhaus, M. 2014, S. 4).
Eines der bekanntesten Projekte im Bereich der autonomen Fahrzeuge ist Google’s selbstfahrendes „Bubble Car“, das in Abb. 1.15a gezeigt wird. Das Fahrzeug besitzt kein Lenkrad und keine Pedale, nur einen Start- und Notfallknopf. Es wird von einem elektri-schen Motor angetrieben und kann ca. 40 km/h erreichen.
Mittlerweile haben die autonomen Fahrzeuge von Google rund 2,4 Mio. km Testfahr-ten zurückgelegt (Google 2016). Nahezu alle Automobilhersteller und einige IT-Unter-nehmen arbeiten ebenfalls an autonomen Fahrzeugen. So etwa die britische RDM Group,
Abb. 1.14 Autonomes Fahren in den 50er Jahren. (© Computer History Museum, Mercedes Benz)
Abb. 1.15 a Google Car. (© smoothgroover22 by flickr.com), b Transport Pods in Milton Keynes. (© rdmgroup.co.uk)
1.1 Trends, Treiber und Zukunftsfelder
14 1 Technologische Trends
die ihre Fahrzeuge seit Anfang 2015 mit 2-, 6- oder 20-Personen-Kabinen in Milton Keynes im Testeinsatz haben (siehe Abb. 1.15).
Ein weiteres Beispiel ist GuideConnect des deutschen Herstellers von landwirtschaftli-chen Traktoren und Maschinen Fendt. GuideConnect verbindet zwei Traktoren über Satell-itennavigation zu einer Einheit. Eines der zwei Fahrzeuge führt unbemannt dieselbe Arbeit aus, wie das mit dem Fahrer besetzte Fahrzeug (Heutger, M. und Kückelhaus, M. 2014, S. 12).
Die weiteren Entwicklungsstufen von autonomen Kraftfahrzeugen mit Personentrans-port werden in Abb. 1.16 erläutert.
Zwei weitere Beispiele aus der Logistik stellt Abb. 1.17 vor. Zum einen der Lieferro-boter „Starship“, der von dem Paketzulieferer Hermes seit August 2016 getestet wird und zum anderen ein fahrerloses Fahrzeugsystem (siehe Abb. 1.17b), das als Förder mittel innerhalb von Lagerhallen eingesetzt wird.
Die Produktion kann durch die Möglichkeiten der Digitalisierung im besonderen Maße profitieren. Ein Beispiel sind die PULSE-Lösungen, die von der Asys Group GmbH aus Dornstadt bei Ulm angeboten werden. Dabei handelt es sich um Technologien zur Infor-mationssammlung und -bereitstellung, die aus einer Softwarelösung und passenden Devices wie z. B. einer Smartwatch bestehen. Die Software sammelt Meldungen einer Produktionslinie und sortiert sie nach Dringlichkeit. Das Ergebnis ist eine Aufgabenliste für den Operator direkt am Handgelenk auf seiner Smartwatch (siehe Abb. 1.17b). Hier wird z. B. aufgelistet, wie viele Leiterplatten noch im Belader sind und wann neue nach gelegt werden müssen. Wenn eine neue Meldung eingeht, etwa ein Maschinenstopp, vib riert die Uhr und weist den Operator darauf hin, dass sein Einsatz dringend erforderlich ist. Ebenso gibt es Warnungen und Hinweise, dass ein Maschineneingriff in einer bestimmten Zeit ansteht. So können Stopps verhindert werden und die Linie wird produktiver.
Weil PULSE Daten sammelt und zusammenbringt, können auch Fahrerlose Trans-portsysteme (FTS) mit Roboterfunktionen oder externe Systeme wie Lagerschränke in die Softwarelösung eingebunden werden. Die FTS erfahren über PULSE, wann sie Material oder Werkzeuge an der Linie abholen oder zuführen müssen. Die Trockenla-gerschränke melden, sobald das Material abholbereit ist. Für den Fall, dass kein Auftrag für das FTS besteht, kann es sich z. B. einen Reinigungsaufsatz holen und autonom die Anlagen und Hallen säubern.1
1.1.3 Enabler-Technologien
Im Zentrum des Trends „Enabler-Technologien“ stehen Technologien, welche die Leis-tung und den Einsatz von Plattformen hin zu immer komplexer werdenden Ökosystemen revolutionieren. Sie legen das Fundament für völlig neue Geschäftsmodelle. Beispiele für Technologien, die diesen Trend stützen, sind:
1Vgl. www.asys.de.
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1.1 Trends, Treiber und Zukunftsfelder
16 1 Technologische Trends
• Internet der Dinge• Internet der Werte: Blockchain• Computing Power.
1.1.3.1 Internet der DingeBeim Trend „Internet der Dinge“ sollen unter anderem immer kleinere, eingebettete Computer Menschen unterstützen, ohne sie abzulenken oder aufzufallen. So werden z. B. miniaturisierte Computer, sogenannte Wearables, mit unterschiedlichen Sensoren direkt in Kleidungsstücke eingearbeitet. Mit dem Internet der Dinge (bzw. dem Inter-net of Things) soll generell die Informationslücke zwischen der realen und der virtuel-len Welt minimiert werden: In der realen Welt haben Dinge einen bestimmten Zustand (z. B. „Kühlschrank ist leer“). Diese Zustandsinformation muss aber für die Weiterver-arbeitung im Netzwerk zur Verfügung stehen. Solche Informationen können z. B. zur Früherkennung von Wartung und Austausch von Verschleißteilen verwendet werden oder zur Reduktion des Energieaufwandes eines Hauses (siehe Abschn. 1.1.1.2, Smart Home). Idealerweise kommunizieren dann Maschinen mit Maschinen, um Menschen die Kon-zentration auf andere Aufgaben zu ermöglichen. Abb. 1.18 veranschaulicht das Prinzip.
Auch wenn dem Internet of Things (IoT) das „Tal der Desillusionierung“ noch bevor-steht, wird für die kommenden Jahre ein exponentielles Wachstum erwartet. Schon heute sind weltweit über 6,4 Mrd. Geräte miteinander vernetzt (ohne PC, Smartphone etc.).
Nach Schätzungen von Gartner sollen es bis zum Jahr 2020 rund 21 Mrd. werden, wie Abb. 1.19 zeigt.
1.1.3.2 Internet der Werte: Blockchain2
Die Blockchain ist bekannt als Basistechnologie der Bitcoins, der bekanntesten digi-talen Währung. Es handelt sich bei der Blockchain um ein universelles Logbuch für
Abb. 1.17 a Lieferroboter Starship. (© Starship Technologies), b Fahrerloses Fahrzeugsystem (FTS) der Asys Group (© Asys Group)
2Der folgende Text ist eine interpretative Zusammenfassung von Neef, A. (2016).
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Das Internet der Dinge wird bis 2020 alltäglichAnzahl der weltweit mit dem Internet verbundenen Geräte
(ohne PCs, Smartphones und Tablets)
Consumer Business: Cross-Industry Business: Vertical-Specific
Abb. 1.19 Die Zahl vernetzter Geräte steigt exponentiell. (Vergleiche Gartner 2015)
1.1 Trends, Treiber und Zukunftsfelder
18 1 Technologische Trends
Transaktionen jeder Art. Dahinter steckt eine auf zahlreiche Rechner verteilte und ver-schlüsselte Datenbank, die es erlaubt, Transaktionen zwischen Unternehmen, Behörden und Privatpersonen digital zu dokumentieren, zu authentifizieren3 und sicherzustel-len, dass die Dokumentation später nicht verändert werden kann (Extance, A. 2015). Indem die Blockchain wirtschaftliche Transaktionen fälschungssicher registriert, sorgt sie für maximale Transparenz. Jede Transaktion kann prinzipiell von jedem der an einer Blockchain beteiligten Rechner verifiziert werden. Die Blockchain führt ihrer Idee nach alle Aktenordner der Welt in einem universellen Logbuch zusammen. Im Folgenden stellen wir mehrere Beispiele für Anwendungen vor (Abb. 1.20).
Die Finanz-BlockchainDie Finanz-Blockchain ist neutral in Bezug auf die von ihr erfassten Inhalte. Bitcoins und andere „Kryptowährungen“ sind nur eine Anwendung unter vielen.
Besonders naheliegende Anwendungen der Blockchain sind im Finanzbereich zu fin-den. Als „Peer-to-Peer“ Infrastruktur erlaubt sie Transaktionen ohne Intermediäre wie z. B. Banken und Börsen: Eine Geldüberweisung aus den USA nach Europa dauert bei traditionellen Finanzinstituten zum Teil noch mehrere Tage. Mit Blockchain-Technologie wäre die Transaktion in weniger als einer Sekunde erledigt – und nahezu kostenfrei.
Die Blockchain der VerträgeDie Erbringung von Leistungen wird im Anwendungsfeld von Verträgen an Bedingungen geknüpft, deren Erfüllung über die Blockchain verifiziert wird. Sie stellt damit die Ein-haltung von Verträgen als „Trust Platform“ automatisiert sicher:
• Regeln werden festgeschrieben, die die Entschädigung eines Landwirts z. B. aufgrund von Wetterdaten in Echtzeit auslöst.
• Verspätungen bei Flügen oder Bahnfahrten lassen sich ähnlich versichern.• Autos werden bei Mietzahlung „freigeschaltet“; bei Ausbleiben der Zahlung verwei-
gern sie den Zugang.
Die Datengrundlage für solche „Smart Contracts“ liefern Sensoren, die Daten (etwa zur Wetterlage) automatisiert und in Echtzeit in die Blockchain schreiben. Smart Contracts werden somit eine Schlüsselrolle im Internet der Dinge spielen (Neef, A. 2016, S. 11).
Die biografische BlockchainDer digitale Lebensalltag jedes Einzelnen wird in der biografischen Blockchain abgebil-det und transparent nachvollziehbar. Anwendungsbeispiele sind:
3d. h. zu gewährleisten, dass die Interaktion tatsächlich so wie dokumentiert stattgefunden hat.
191.1 Trends, Treiber und Zukunftsfelder
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20 1 Technologische Trends
• Gesundheits-Blockchain: Wer sich nicht gesund ernährt oder zu wenig bewegt, hat die Kosten unmittelbar zu tragen.
• Kompetenz-Blockchain: Noten, Ausbildungsgänge und Weiterbildungsmaßnahmen werden dokumentiert. Bewerber öffnen dem Arbeitgeber ihre biografische Block-chain.
Die Blockchain zielt auf eine neue Evolutionsstufe des Internets ab. Während das World Wide Web für ein Internet der Informationen steht und mit dem „Web 2.0“ das Internet der sozialen Beziehungen entstand, steht die Blockchain für ein Internet der Werte (Neef, A. 2016, S. 8).
1.1.3.3 Computing PowerUm die schiere Menge an Daten einerseits zu bewältigen und andererseits zu erzeugen, kam bisher das Mooresche Gesetz zu Hilfe und erweiterte die Rechnerleistung in den letzten Jahrzehnten exponentiell.4
Moore sprach ursprünglich noch von der Komponentenanzahl auf einem integrierten Schaltkreis. Heute ist von der Transistoranzahl auf einem integrierten Schaltkreis die Rede, die sich alle eineinhalb bis zwei Jahre verdoppelt. Das Mooresche Gesetz ist kein Naturgesetz, sondern eine Faustregel, die erstaunlich lange Gültigkeit hatte. Die Ver-doppelung der Transistoren hat sich zuletzt verlangsamt, doch alternative Technologien sind z. B. mit Quanten- und DNA-Computern in der Entwicklung und geben Anlass zu der Hoffnung, dass das kostengünstige Wachstum der Rechnerleistung ununterbrochen weitergeht.
Abb. 1.21 stellt die Entwicklung der Anzahl der Rechenoperationen pro Sekunde eines 1000 US$ Computers bzw. seiner Vorläufer seit 1900 dar. Auf der X-Achse sind die dazugehörenden Technologien eingetragen: zu Beginn Elektromechanik, später Röh-ren und Transistoren. Ab den 70er Jahren waren integrierte Schaltkreise von besonde-rer Bedeutung. Eine logarithmische Entwicklung der Rechenleistung pro Sekunde wird erkennbar. In 2015 wurde die Kapazität eines Mäusegehirns erreicht. Sollten wie erwar-tet geeignete Technologien nachfolgen, wird für 2025 die Kapazität eines menschlichen Gehirns prognostiziert.
Die enorme Entwicklung der Rechnerleistung führt zur „ubiquitärer Intelligenz“: leis-tungsfähigere Algorithmen und Hardware ermöglichen Maschinen das Lernen, steigern die Rechenpower in der Cloud enorm und befähigen zu vorausschauendem Handeln und – folgt man Raymond Kurzweil – führen letztlich zu dem Moment, an dem künstliche Intel-ligenz derjenigen der Menschen überlegen sein wird (Kurzweil, R. 2005).
4Das „Mooresche Gesetz“ feierte 2015 seinen 50sten Geburtstag.
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1.1 Trends, Treiber und Zukunftsfelder
22 1 Technologische Trends
1.2 Definition Digitalisierung
Generell wird mit „Digitalisierung“ aus technischer Sicht die Überführung analoger Grö-ßen in diskrete (digitale) Werte bezeichnet, um sie elektronisch zu speichern oder zu ver-arbeiten (Loebbecke, C. 2006, S. 360).
In jüngerer Zeit wird unter „Digitalisierung“ und ähnlichen Begriffen wie z. B. „Digi-tale Revolution“, „Digitale Transformation“ auch der Veränderungsprozess in Gesell-schaft und Unternehmen verstanden, der durch die Digitalisierung im obigen Sinn ausgelöst wird.
Wir verstehen hier unter Digitalisierung die intelligente Automatisierung durch Ver-netzung von Personen, Dingen und Maschinen auf Basis von Informations- und Kom-munikationstechnologien (BMWi 2015, S. 1 f.). Diese Automatisierung und Vernetzung bewirkt die Neukombination von Geschäftsmodellen, sowohl in einzelnen Bereichen als auch in ganzen Wertschöpfungsnetzen bis hin zum „Digital Enterprise“, wie wir im Fol-genden (Kap. 2 und 3 dieses Buchs) zeigen werden.
Wie bereits erwähnt, liegt der Beginn der Digitalisierung schon Jahrzehnte zurück – die Digitalisierung ist seit über 75 Jahren im Gange und die Trends werden schon seit einigen Jahren diskutiert. Nichts Neues also, nur „alter Wein in neuen Schläuchen“?
Dafür spricht, dass Schätzungen zufolge bereits rund 95 % der weltweiten Informa-tionskapazität digital sind, nach lediglich 3 % im Jahr 1993 (Hilbert, M. und López, P. 2011, S. 60–65).
Dagegen spricht jedoch, dass mittlerweile eine kritische Masse in Bezug auf die intel-ligente Vernetzung von Menschen, Dingen und Maschinen erreicht wurde und damit exponentielle Entwicklungen in Gang gekommen sind (z. B. Computing Power, Daten-mengen, Anzahl der vernetzten Geräte), die das Nebeneinander von Online und Offline verschwinden lassen: Die physikalische Welt wird digitalisiert.
Zur Veranschaulichung der Situation eine Legende über den Erfinder des SchachspielsDer König gewährte dem Erfinder des Schachspiels zum Dank einen Wunsch. Er wünschte sich Weizenkörner: Auf das erste Feld eines Schachbretts wollte er ein Korn, auf das zweite Feld das Doppelte, also zwei, auf das dritte wiederum die dop-pelte Menge, also vier und so weiter. Der König lachte und war gleichzeitig erbost über die Bescheidenheit des Mannes. Der Vorsteher der Kornkammer meldete nach mehreren Tagen ununterbrochener Arbeit, dass er diese Menge Getreidekörner im ganzen Reich nicht aufbringen könne (Giżycki, J. 1967, S. 113).
Anmerkung: Auf allen Feldern des Schachbretts kämen ≈ 18 Trillionen Weizen-körner zusammen, das entspricht ca. 730 Mrd. t. Weizen – dem 1000-fachen der der-zeitigen Weltproduktion an Weizen.
Auch bei der Digitalisierung befinden wir uns bildlich gesprochen auf einem Schach-spielbrett. Unklar ist, auf welchem der 64 Felder.
23Literatur
1.3 Zusammenfassung
Mit dem ersten Kapitel haben wir relevante Technologietrends aufgezeigt und auf Basis des Hype-Cycle von Gartner die wichtigsten Treiber der künftigen Digitalisierung erläutert. Dabei waren die Trends Konzentration auf Menschen, Smarte Maschinen und Enabler-Technologien von besonderer Bedeutung. Anschließend haben wir den Begriff Digitalisierung definiert.
Im folgenden zweiten Kapitel diskutieren wir die Auswirkungen der Digitalisierung auf Geschäftsmodelle, illustriert mit Beispielen.
Literatur
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ZusammenfassungMit diesem Kapitel zeigen wir Auswirkungen der Digitalisierung auf Unterneh-men anhand eines Geschäftsmodellrasters auf. Der folgende Abschnitt legt mit einer Definition des Begriffs „Geschäftsmodell“ die Grundlagen für den dritten Abschnitt, in dem mögliche Auswirkungen der Digitalisierung auf Unternehmen anhand der fünf Dimensionen des Geschäftsmodells beschrieben werden. Das zweite Kapitel endet mit einer Zusammenfassung und einem Ausblick.
2.1 Definition Geschäftsmodell
Um die Auswirkungen der Digitalisierung auf Unternehmen systematisch darstellen zu können, arbeiten wir mit einem Geschäftsmodellraster, das in Abb. 2.1 dargestellt ist. Anhand dieses Rasters mit seinen Dimensionen und Elementen sind die folgenden Unterkapitel gegliedert.
Ein Geschäftsmodell ist die Grundlogik eines Unternehmens, die unter anderem beschreibt, welcher Nutzen auf welche Weise für Kunden und Partner gestiftet wird (Schallmo, D. 2013, S. 119).
Das von uns hier eingesetzte Geschäftsmodell beinhaltet folgende Dimensionen und Elemente:
• Die Kundendimension beinhaltet die Kundensegmente, die Kundenkanäle und die Kundenbeziehungen.
• Die Nutzendimension beinhaltet die Leistungen und den Nutzen.
Auswirkungen auf Unternehmen 2
26 2 Auswirkungen auf Unternehmen
• Die Wertschöpfungsdimension beinhaltet die Ressourcen, die Fähigkeiten und die Prozesse.
• Die Partnerdimension beinhaltet die Partner, die Partnerkanäle und die Partnerbezie-hungen.
• Die Finanzdimension beinhaltet die Umsätze und die Kosten.
Die Zielsetzung ist, die Geschäftsmodellelemente so miteinander zu kombinieren, dass sie sich gegenseitig verstärken. Dadurch ist es möglich, Wachstum zu erzielen und gegenüber Wettbewerbern schwer imitierbar zu sein (Schallmo, D. 2013, S. 23).
2.2 Auswirkungen auf Unternehmen
2.2.1 Kundendimension
Wichtige Auswirkungen der Digitalisierung in der Kundendimension sind:
• Vergleichbarkeit• Offene Kommunikation• Neugestaltung Kundenreise (Customer Journey).
Fähigkeit
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Abb. 2.1 Geschäftsmodellraster. (Schallmo, D. 2013, S. 119)
27
2.2.1.1 VergleichbarkeitDie große Verbreitung von Smartphones in den letzten acht Jahren – siehe die Fotoauf-nahmen der Gläubigen in Abb. 2.2 bei den Papstwahlen 2005 und 2013 – gibt Konsu-menten erweiterte Informationsmöglichkeiten an die Hand.
Wer kennt das nicht: Man sieht etwas Schönes in einem Ladengeschäft und prüft anschließend online, ob es dort zu einem günstigeren Preis zu erwerben ist. Manche Personen kaufen das Produkt direkt online, noch während man im Laden steht (siehe Abb. 2.3).
Eine Vergleichbarkeit vorausgesetzt, führt dieses Verhalten zu Showrooming. In der Altersgruppe von 18 bis 24 Jahren betreiben bereits 88 % Showrooming (repräsentative Umfrage von intelliAd Media, siehe Abb. 2.4). Daher gewinnen Endkunden durch die Digitalisierung zunehmend an Macht. Für viele stationäre Händler stellt dieses Verhalten allerdings eine große Gefahr dar, weil sie sinkende Umsätze verzeichnen.
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Abb. 2.2 Gläubige auf der Via Della Conciliazione im Vatikan a 2005 und b 2013. (Beide Bilder © picture alliance/AP)
Abb. 2.3 Vergleichbarkeit. (© arborsys)
2.2 Auswirkungen auf Unternehmen
28 2 Auswirkungen auf Unternehmen
Auf diese Gefahr können Händler mit einer Änderung ihrer Leistungsversprechen an ihre Kunden reagieren, indem sie sich nicht als billigster Anbieter positionieren, sondern ihren Kunden besondere Erlebnisse bieten. Durch die Veränderung des Kaufverhaltens der Kunden im stationären Handel verlieren auch die Hersteller ihre traditionellen Ver-triebswege und sind zunehmend gezwungen, neue Vertriebswege zu erschließen. Nicht wenige eröffnen z. B. sogenannte Flagship Stores, in denen sie ihre Produkte optimal präsentieren können, die jedoch für sich alleine genommen defizitär sind.
Ein Beispiel zu ShowroomingWie weit die digitale und die physikalische Welt im Vertrieb noch auseinanderklaf-fen können, durfte einer der Autoren im Frühjahr beim Kauf eines City-Rollers für seinen Neffen zur Konfirmation erfahren. Er war beauftragt, sein Wunschmodell zu beschaffen und ist in ein lokales Sportgeschäft gegangen, in dem er ein Jahr zuvor
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Abb. 2.4 Showrooming. (Daten aus intelliAd (2014) Media in absatzwirtschaft online)
29
denselben Roller für ein anderes Kind gekauft hatte. Dort erfuhr er, dass der Roller mittlerweile eine Preissteigerung von 25 % erfahren hat. Auch für Schweizer Quali-tät erschien ihm der neue Preis gewagt. So machte er sich sein Smartphone zunutze und fand ein anderes Sportgeschäft in 60 km Entfernung, das den Roller für den alten Preis anbot. Nachdem er zwei Tage später ohnehin geschäftlich dorthin musste, wollte er den Roller persönlich abholen.
Im Geschäft angekommen, erfuhr er, dass der Roller nur im eigenen Onlineshop zum entsprechenden Preis zu haben wäre, hier im Laden würde er 30 EUR mehr kosten. Die Konsequenz: Wenn er jetzt also aus dem Laden ginge, online den Roller bestelle, bezahle er weniger und bekomme ihn auch noch ohne zusätzliche Versand-kosten nach Hause geschickt. „Kostet das ihr Unternehmen nicht mehr, als wenn ich ihn gleich mitnehme?“, fragte er die Verkäuferin. Fast 15 min dauerte die interne Dis-kussion, dann bekam er den Roller zum Online-Preis gleich mit.
2.2.1.2 Orchestrierte Kommunikation (vgl. Henning-Thurau et al. 2014, S. 35 ff.)
Mit der zunehmenden Nutzung und Leistungsfähigkeit digitaler Endgeräte, wie z. B. Smartphones, werden digitale Medien immer bedeutender. Die Nutzung sozialer Netz-werke verändert nicht nur unsere Kommunikation, sondern auch das Beziehungsgeflecht zwischen Menschen (Z_punkt 2016 und Turkle 2012) und zwischen Menschen und Unternehmen. In der Zeit vor Social Media und Smartphones verlief die Kommunika-tion mit Kunden und Partnern zentral und gesteuert, sowohl intern als auch extern (siehe Abb. 2.5a).
Heute kommuniziert potenziell jeder mit jedem (siehe Abb. 2.5b), es wird in Netz-werken weitgehend unkontrolliert über das Unternehmen berichtet, Markenbotschaften verändert und Preise verglichen.
Unternehmen beziehen als Konsequenz daraus ihre Kunden in ihre internen Pro-zesse mit ein, wie etwa Dell mit dem Ideastorm-Programm in die Produktentwick-lung, Microsoft mit dem Microsoft Developer Network in den Kundendienst. Selbst die Produktion (über Konfiguratoren wie Shapeways) oder die Produktionsfinanzierung (z. B. über Kickstarter, Crowdfunding) arbeiten intensiv mit Kunden.
Auch Kennzahlensysteme im Marketing ändern sich. Ein Beispiel für eine neue Kennzahl ist der Influencer Score: Dabei handelt es sich um einen Wert zwischen 1 und 100, der den Einfluss einer Person darstellt. Je mehr Einfluss sie hat, desto höher ist der Score. Einfluss ist die Fähigkeit, andere zum Handeln zu bewegen. Wenn eine Person etwas in den sozialen Medien oder im echten Leben teilt und die Leute darauf reagieren, ist sie ein Beeinflusser.1 Beeinflusser wie Prominente oder Politiker können für Unter-nehmen enorm wichtig sein: Welchen Einfluss hätte ein Onlinekommentar einer bekann-ten Sängerin mit rund 90 Mio. Followern auf Ihr Unternehmen? Als Airline z. B. sollten
2.2 Auswirkungen auf Unternehmen
1Ein Beispiel für einen Influencer Score ist der Klout Score: https://klout.com/corp/score.
30 2 Auswirkungen auf Unternehmen
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Sie auf jeden Fall wissen, wenn Sie eine Beschwerde einer solchen Person behandeln und mögliche Konsequenzen für Ihr Image berücksichtigen.
Zusammenfassend verändert Digitalisierung das Kommunikationsverhalten grundle-gend. Nie zuvor waren Kunden so gut informiert, mächtig und flexibel.
Gleichzeitig ist ein Kunde nicht mehr nur Käufer, sondern auch noch Produktent-wickler, Tester, Investor und Koproduzent. Intensivere Zusammenarbeit mit Lieferanten und anderen Partnern lassen die Unternehmensgrenzen aufweichen. Alle diese Beteilig-ten (unternehmensintern und -extern) bilden ein immer komplexeres und dynamische-res Kommunikationsnetzwerk. Abb. 2.6 illustriert dieses Zusammenwirken am Beispiel eines Orchesters. Dieses zu dirigieren, ist eine der wesentlichen Herausforderungen der Digitalisierung für Unternehmen.
2.2.1.3 Customer Journey: Die Neugestaltung der Kundenreise (Edelmann, D. und Singer, M. 2016, S. 26 ff.)
Wie u. a. im vorherigen Abschnitt (siehe Abschn. 2.2.1.2) beispielhaft beschrieben, zer-stört Digitalisierung althergebrachte Kundenreisen. Wo die Macht der Kunden zunimmt, bleibt die Gegenbewegung der Unternehmen nicht aus. Mithilfe von Big Data wollen Unternehmen die Bedürfnisse ihrer Kunden im Verlauf der Customer Journey besser ver-stehen, und das Verhalten ihrer Kunden auch besser vorhersehen und beeinflussen.
In aller Kürze beschrieben, startet die Customer Journey (siehe Abb. 2.7) mit den Pha-sen „Erwägen“ und „Bewerten“, bevor sie mit dem Kauf idealerweise in den Loyalitäts-zyklus eintritt, der die Phasen „Genießen“, „Empfehlen“ und wieder „Kaufen“ enthält.
Kundenreisen sollten wegen des zunehmenden Wettbewerbs professioneller wer-den. Ein ständiges Experimentieren mit Kundenbedürfnissen, neuen Technologien und Dienstleistungen wird unerlässlich. Antworten auf folgende Fragen werden gesucht: Welche Bedürfnisse hat der Kunde in welcher Phase? Welche Aufgaben muss der Kunde
Vertrieb
Wett-bewerber
Kunden
Produktion
Händler
Lieferanten
Controlling IT
Logistik
Personal
Partner
Abb. 2.6 Ein Kommunikationsnetzwerk orchestrieren. (Bild Pixabay)
2.2 Auswirkungen auf Unternehmen
32 2 Auswirkungen auf Unternehmen
erledigen? Welche Erfahrungen möchte er machen? Welche (digitalen) Kontaktpunkte liegen vor? Welche (digitalen) Leistungen werden angeboten?
Die wichtigsten Auswirkungen der digitalen Transformation auf die Customer Jour-ney sind (Edelmann, D. und Singer, M. 2016, S. 28 ff.):
Automatisierung: Komplexe Hintergrundabläufe werden für die Kunden zu einfachen und zunehmend App-basierten, bildschirmunabhängigen Erfahrungen.
Personalisierung: Informationen aus früheren Transaktionen oder anderen Quellen wer-den für ein verzögerungsfreies Einkaufserlebnis genutzt (z. B. Empfehlungssystem von Amazon) und Erkenntnisse über Verhaltensweisen in Echtzeit gewonnen.
Kontextabhängige Interaktion: Wissen über den derzeitigen Standort des Kun-den innerhalb der Customer Journey wird genutzt, um den Kunden in die nächsten gewünschten Interaktionen mit dem Unternehmen zu verleiten.
Dauerhafte Innovation: ständiges Experimentieren und eine aktive Analyse von Kun-denbedürfnissen durch ein interdisziplinäres Team, das die gesamte Customer Journey verantwortet.
Die meisten größeren Unternehmen haben die Bedeutung von Customer Journeys und deren Digitalisierung erkannt. Entsprechend werden spätestens im Jahr 2020 rund 60 % der IT-Investitionen in Anwendungen fließen, die dem Vertrieb und den Kundenbezie-hungen (Sales and Customer Driven) zugutekommen (AT Kearney 2013).
2.2.2 Nutzendimension: Leistungen und Nutzen
Die aus unserer Sicht wichtigsten Auswirkungen der Digitalisierung in der Nutzendi-mension sind:2
2Die Reihenfolge spiegelt nicht die Bedeutung wieder.
Abb. 2.7 Customer Journey (Vergleiche Edelmann und Singer 2016, S. 28)
Start
Kaufen
Loyalitätszyklus
>
33
• Losgröße 1• Smarte Produkte• Systeme von Systemen• Wertbasierte Preise und Kosten• Geänderte Versprechen
2.2.2.1 Losgröße 1Prozessautomatisierung und additive Manufacturing ermöglichen eine neue Produktviel-falt bei entsprechenden Kosten:
Vor der Industrialisierung war die Produktvielfalt sehr hoch, das Produktionsvolumen der Handwerker pro Variante praktisch gleich eins. Mit der Industrialisierung sank die Produktvielfalt deutlich (Beispiel Ford T-Modell 1913: „die Kunden können das Auto in jeder Farbe haben, die sie möchten, Hauptsache, es ist schwarz“ [Henry Ford]). Dafür stieg das Produktionsvolumen pro Variante erheblich bis in die Mitte der 50er Jahre, wie an der Kurve in Abb. 2.8 zu erkennen ist.
Seitdem nimmt die Produktvielfalt wieder deutlich zu. Ein neuer BMW ist z. B. unter Berücksichtigung des Zubehörs de facto einmalig, ein Smartphone in Kombination mit den verfügbaren Apps hochgradig individualisierbar und 3-D-Druck erlaubt automatisiert eine vollständig individuelle Produktion.
hoch Produktvielfalt
Produktionsvolumen pro Variante
hoch
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niedrig
1913
1950er
1980er
Seit 2000er
Massenproduktion
Globalisierung/ Regionalisierung
Neue Akteure und Netzwerke
Neue Technologien
Personalisierte Produkte
Abb. 2.8 Variabilität zum kleinen Preis. (In Anlehnung an Zanker 2015, S. 3)
2.2 Auswirkungen auf Unternehmen
34 2 Auswirkungen auf Unternehmen
Die Individualisierung wird demnach eine neue Stufe erreichen, Traditionen werden gebrochen, konventionelle Wertschöpfungsketten lösen sich auf. Mit einer zunehmenden Wahlfreiheit gewinnen Mikromärkte an Bedeutung. Die dadurch entstehende Eigenverant-wortlichkeit treibt die Do-it-yourself-Ökonomie (Selbstversorgung) an (Z_Punkt 2016).
2.2.2.2 Smarte ProdukteSmarte Produkte (auch cyber-physikalische Produkte genannt) haben vier aufeinander aufbauende Funktionen (siehe Abb. 2.9):
• Überwachung: Status, Betrieb und Umfeld lassen sich mit Sensoren und anderen Datenquellen überwachen, etwa Ladestatus und Betriebsdauer eines Rasenmähers.
• Steuerung: Per Fernsteuerung oder mit Algorithmen wird das Produkt gesteuert und personalisiert. Beim Rasenmäher wäre dies z. B. die Rasenhöhe.
• Optimierung: Überwachung und Steuerung ermöglichen neue Algorithmen zur Ver-besserung der Produktleistung. Der erwähnte Rasenmäher erkennt demnach die nächste fällige Wartung am Stand der Abnutzung (siehe Kap. 1, Big Data und Analytics).
• Automatisierung: Dank der vorgelagerten Funktionen und entsprechender Algorith-men arbeitet das Produkt (weitgehend) autonom. Der Rasenmäher mäht nun selbst-ständig in Abhängigkeit des Wetterberichts und anderen lokalen Bedingungen.
2.2.2.3 Systeme von SystemenSmarte Produkte haben noch einen weiteren Aspekt: Die Branchengrenzen können sich durch die Bildung von Produktsystemen und Systemen von Systemen (Porter, M. und Heppelmann, J. 2014) auflösen. Ein System von Systemen (SoS), wie es Abb. 2.10 bei-spielhaft darstellt, ist das Ergebnis aus fünf Entwicklungsstufen. Es kann mehrere Pro-duktsysteme aufeinander abstimmen und verschiedenste Funktionen managen.
Wir erklären das Prinzip an einem Beispiel (siehe Abb. 2.10):
Erste Stufe: Das ursprüngliche Produkt. In unserem Beispiel ist dies ein Heizkörper, der heizt, oder ausgeschaltet ist.
Zweite Stufe: Ein Heizkörper mit Thermostat ist intelligenter, da er auf eine voreinge-stellte Temperatur reagiert (Überwachung).
Dritte Stufe: Kombiniert mit einem Sender und Empfänger kann der Heizkörper fernge-steuert werden, z. B. über ein Smartphone, und ebenso Fehler melden.
Vierte Stufe: Innerhalb des Produktsystems erkennt der Heizkörper, wer sich in einem Raum aufhält und stellt sich darauf ein. Je nach Bedarf kann Energie ins Netz abgege-ben oder aus dem Netz aufgenommen werden.
352.2 Auswirkungen auf Unternehmen
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37
Fünfte Stufe: Ein System von Systemen stimmt viele Produktsysteme ab und steuert z. B. deren Energiebedarf, steuert Blockkraftwerke und Energiespeicher und kauft bzw. verkauft Energie auf dem Markt.3
Spätestens durch Systeme von Systemen entstehen neue Arten von Marktplätzen und Ökosysteme mit neuen Regeln und Wettbewerbern. Die Konsequenzen können erheblich sein und jedes Unternehmen sollte sich individuell Gedanken darüber machen, welche neuen Wettbewerber auftauchen und welche Rolle es in „seinem“ System von Systemen spielen (kann und) will: Integrator, Betreiber, Nischenplayer (Iansiti und Lakhani 2014, S. 63 ff.).
Anspruch und WirklichkeitVor kurzem hat sich einer unserer Autoren Zuhause eine „intelligente“ Heizung vom Installateur einbauen lassen. Leider funktionierte die Heizung in zwei Zimmern (ohne Fehlermeldung) nicht wie eingestellt. Der daraufhin gerufene Installateur kapitulierte schnell vor dem Problem und kontaktierte den Hersteller der Steuerung. Der stellte ein veraltetes Betriebssystem fest. Es dauerte fünf Tage bis das Update per Post (!) ankam. Nach einer umfangreichen Neuinstallation durch den Installateur funktionierte die Heizung wieder – eine Weile.
Dies ist ein Beispiel dafür, wie ein Geschäftsmodell nicht sein sollte: Die Leis-tungserbringung ist nicht durchgängig und die Partner sind nicht aufeinander abge-stimmt.
2.2.2.4 Wertbasierte Preise und niedrigere KostenEs ist keine Überraschung, dass die Digitalisierung Kosten reduziert. Der Papierma-schinenhersteller Voith beispielsweise kann seinen Kunden durch konsequente Digi-talisierung seiner Maschinen (z. B. Vernetzung von Einzelteilen und vermehrtem Datenaustausch) messbare Vorteile in Hinblick auf Verfügbarkeit und Kosten bieten (siehe Abb. 2.11).
Eine neue Maschine ist sowohl beim Umbau als auch bei Neuanlagen deutlich schnel-ler verfügbar (siehe grüne Linie). Darüber hinaus ist ihre Leistung höher und spezifische Produktionskosten für die Kunden geringer (>10 %).
Digitalisierung ermöglicht auch neue Zahlungsmodelle, die direkt am Nutzen des Kunden orientiert sind. Der Aufzughersteller Schindler ist ein Beispiel dafür: Durch die entsprechende Sensorik kann das Unternehmen seinen Kunden anstelle des Verkaufs von Aufzügen und deren Wartung den direkten Nutzen der Aufzüge abrechnen. Die Bezah-lung erfolgt nach der zurückgelegten Strecke und dem transportierten Gewicht.
2.2 Auswirkungen auf Unternehmen
3Aus dieser Sicht ergibt auch der Kauf von Nest Labs, einem Hersteller von Geräten zur Vernet-zung im Haushalt durch Google für 3 Mrd. US$ in 2014 Sinn: Google hat den Energiemarkt insge-samt im Auge (Iansiti und Lakhani 2014, S. 68).
38 2 Auswirkungen auf Unternehmen
Das Beispiel steht für eine allgemeine Entwicklung von Verträgen mit Einzeltransak-tionen (pay per piece) über Wartungsverträge (pay per hour) hin zu Ergebnissen (pay per value). Die Entwicklungsstufen der Servicemodelle fasst Abb. 2.12 zusammen.
Ergebnisbasierte Geschäftsmodelle schaffen neben Umsatzchancen und Differenzie-rungsmöglichkeiten aber auch neue Abhängigkeiten und Risiken: Beispielsweise kann sich die Bilanzstruktur ändern (siehe Abschn. 2.2.5, Finanzdimension) und die Abhän-gigkeit vom Geschäftserfolg der eigenen Kunden steigt. Infolgedessen modifizieren sich auch die notwendigen Kenntnisse und Ressourcen. Kleinere Anbieter werden z. B. inten-siver mit Banken und Versicherungen zusammenarbeiten müssen.
2.2.2.5 Geänderte VersprechenDigitalisierung bringt neue Wettbewerber hervor, die etablierte Unternehmen zwingen können, die Wertversprechen an ihre Kunden umzugestalten. Bis vor einigen Jahren war z. B. das zentrale Leistungsversprechen der großen Consumer-Elektronikhändler Saturn und Mediamarkt (beide zur Metrogruppe gehörend): „Wir bieten das breiteste Sortiment und den besten Preis“ (siehe Abb. 2.13).
Neubau Umbau
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Abb. 2.11 Einsparungen und einer erhöhten Produktivität mit den neuen Papiermaschinen von Voith. (In Anlehnung an Sieringhaus 2016)
392.2 Auswirkungen auf Unternehmen
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Prozessoutsourcing: Optimierung des Betriebs,
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1980 2015
Beispiel: Arbeitsplatzrechner und Software „pay per piece“
Beispiel: Wartungsverein-barung „pay per hour“
Beispiel: Prozess oder
Teilprozessergebnis „pay per value“
Abb. 2.12 Evolution der Servicemodelle. (Eigene Darstellung)
Früher: Breitestes Sortiment, bester Preis
Heute: Beratung, Emotion
© Mediamarkt
© Saturn © Mediamarkt
Abb. 2.13 Änderung von Nutzenversprechen. (Eigene Darstellung)
Amazon bot im Jahr 2015 rund 488 Mio. verschiedene Artikel auf seiner Webseite an (Grey, P. 2015) und liegt zudem auch in den Preisen oft unter den Angeboten der Kon-kurrenz. Mithilfe des Smartphone werden diese Fakten auch für potenzielle Kunden leicht nachvollziehbar und die Leistungsversprechen damit nicht mehr haltbar: Geiz ist geil ist „tot“, jetzt soll man bei Technik-Fragen Tech Nik fragen. Ob das reichen wird, um im Wettbewerb zu bestehen?
40 2 Auswirkungen auf Unternehmen
2.2.3 Wertschöpfungsdimension
Wichtige Auswirkungen der Digitalisierung in der Wertschöpfungsdimension sind:
• Neue Technologieinfrastruktur• Vertikale Integration.
2.2.3.1 Neue TechnologieinfrastrukturSmarte Produkte benötigen eine neue technische Infrastruktur (vergleiche dazu z. B. Porter, M. und Heppelmann, J. 2014). Diese besteht aus mehreren Blöcken (siehe Abb. 2.14): dem Produkt mit Hardware und eingebetteter Software, einer Cloud für erweiterte Software, Netzwerkkomponenten und nicht zuletzt Hard- und Software des Kunden selbst. Diese vier Blöcke sind umgeben von Sicherheitswerkzeugen sowie Anbindungen an externe Daten-quellen und andere Systeme des Anbieters.
Neu ist insbesondere die zunehmende gemeinsame Nutzung derselben IT durch Kunde und Anbieter, wie etwa durch den Fahrer im Fahrzeug und den Hersteller zur Optimierung der Nutzungsphase (z. B. Predictive Maintenance, dabei erkennen intelli-gente Systeme eine Störung, bevor sie auftritt) oder für Abrechnungszwecke.
Identität Sicherheit
Verwaltung von Nutzerprofilen, Systemzugänge, Sicherung etc.
Externe Daten-quellen
z.B. Wetter, Preise, Verkehr, Verortung
Anbindung an Unter-nehmens-systeme
z.B. ERP, CRM und PLM
Produktcloud
Produktfunktionen Datenbanken Anwendungsplattform Künstliche Intelligenz
Netzanbindung
Kommunikation zwischen Produkt undCloud
Produkt
Software Hardware (z.B. Motor, Sensoren, Aktoren etc.)
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Kunde
Hardware (z.B. Smartphone) Software (z.B. Apps)
Zunehmend gemeinsame Nutzung von Informationstechnologie
Abb. 2.14 Neue Technologieinfrastruktur. (Vergleiche dazu Porter und Heppelmann 2014, S. 39)
41
Der Kunde mit seinen Bedürfnissen und Fähigkeiten, aber auch seiner eigenen IT, sollte daher als zentraler Bestandteil der neuen IT-Infrastruktur gesehen werden. Deutli-cher wird dies am Beispiel eines Autos.
Das Produkt, beispielsweise ein Auto, besteht aus Hardware und Software. Zusätzlich zu den bisherigen mechanischen und elektrischen Komponenten enthält die Hardware Sensoren, Aktoren, Prozessoren und einen Netzwerkanschluss. Die Software umfasst ein in das Produkt eingebettetes Betriebssystem, verschiedene Anwendungen, eine Benutzer-schnittstelle und Steuerungskomponenten.
Weitere Computerprogramme laufen auf Servern des Herstellers oder anderen exter-nen Servern wie z. B. Amazon Web Services. Sie bilden die „Produktcloud“, auf die das Produkt beziehungsweise der Fahrer z. B. per Internet zugreifen kann. Diese Computer-programme umfassen meist:
• Eine Produktdatenbank: ein Big-Data-Datenbanksystem mit historischen und aktuellen Daten
• Eine Softwareentwicklungsplattform: ermöglicht die schnelle Entwicklung von Geschäfts-anwendungen
• Eine Regel- und Analyse-Engine: verwaltet Geschäftsregeln und liefert neue Erkennt-nisse für die Customer Journey, insbesondere während der Nutzung
• Anwendungen, die eingebettete Produktanwendungen überwachen, steuern und optimieren.
Um das Produkt und die Produktcloud miteinander zu verbinden, braucht es eine Netz-anbindung. Je nach Art des Produkts und der Anwendungen sind die Anforderungen an die Netzanbindung mehr oder weniger hoch. Ein Beispiel mag das verdeutlichen: Ein autonom fahrendes Fahrzeug benötigt für seine zuverlässige Steuerung im Verkehr umfangreiche Daten aus der Cloud und von anderen, schnell bewegten Fahrzeugen. Mit aktueller Netzanbindungstechnik (4G) wäre das derzeit nicht realisierbar, denn dazu ist aus heutiger Sicht 5G erforderlich. Abb. 2.15 zeigt die bisherige und zu erwartende Ent-wicklung der Mobilfunkstandards.
Die Identitäts- und Sicherheitsstruktur mit Werkzeugen zur Verwaltung von Identitä-ten und Zugängen zur Sicherung des Produkts, der Verbindungen und der Cloud-Kompo-nenten ist wesentlicher Bestandteil der Systeme. Wie mehrere Hackerangriffe in letzter Zeit unter anderem auch auf Fahrzeuge gezeigt haben, kommt der integrierten Sicherheit der Daten eine enorme Bedeutung zu.
Externe Quellen stellen Daten als Grundlage für Produktfunktionen zur Verfügung, wie z. B. Ortungsdienste, Verkehrsdaten oder Wetterprognosen, die für den Betrieb des Fahrzeugs wichtig sind.
Eine Anbindung an andere Unternehmenssysteme stellt Daten der smarten Produkte und deren Nutzung anderen Unternehmensprogrammen wie PLM, ERP und CRM zur Verfügung und bezieht auf der anderen Seite für eine erweitere und bedienerfreundliche Anwendung Informationen von diesen. Ein Beispiel wäre die Freischaltung des Produkts für den Nutzer nach bestätigtem Zahlungseingang.
2.2 Auswirkungen auf Unternehmen
42 2 Auswirkungen auf Unternehmen
Die neue Technologieinfrastruktur ist die Grundlage zur Bildung smarter Produkte, von Produktsystemen und Systemen von Systemen (siehe Abb. 2.10). Allerdings ist ihr Aufbau komplex und erfordert erhebliche finanzielle Investitionen, wie auch neue Mit-arbeiterqualifikationen (z. B. Softwareentwickler, Data Scientists, Security-Spezialisten und Systems Engineers).
Mit der Entwicklung smarter Produkte und von Produktsystemen wandeln sich auch klas-sische Unternehmen immer mehr zu IT-Unternehmen. Aufgrund des begrenzten Pools an Nachwuchstalenten werden Unternehmen insbesondere um Entwickler werben. Verschärft wird dieser Mangel durch die Priorisierung von Third-Platform-Technologien, weil in diesem Bereich Entwickler noch schwieriger zu finden sind als für andere Bereiche (Golden, B. 2015).
2.2.3.2 Vertikale IntegrationDie klassische vertikale Wertschöpfungskette von heute besteht aus den drei Kernprozessen:
• Marketing und Vertrieb (CRM)• Leistungserstellung (ERP)• Innovations- und Produktmanagement (PLM)
sowie den Supportprozessen. Unter Supportprozessen verstehen wir Prozesse, die kei-nen direkten Kundennutzen generieren wie z. B. Personal, Finanzen, IT. Oft werden diese Prozesse klar strukturiert und voneinander abgegrenzt, wie in Abb. 2.16 dargestellt.
2G – 1992• Voice • Messages
3G – 2002 • Data • Positioning
4G – today • Video
Conferencing• 3D Graphics
5G – 2020 • Automation
Control• Things 2.0
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GPRS max53,64 bit/s
UMTS max384 Kbit/s
LTE max 100Mbit/s
max 10Gbit/s
> 500 ms
Kap
azitä
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≈ 170 ms 10 ms Latenzzeit < 1 ms
Abb. 2.15 Entwicklung von Mobilfunkstandards. (Eigene Darstellung. Angaben zu Latenzzeiten und Kapazitäten: Wikipedia (2017): Next Generation Mobile Networks)
43
Schon seit Jahrzehnten werden die Kernprozesse weiter automatisiert und optimiert. Trotzdem ist in den meisten Unternehmen der Digitalisierungsgrad der Prozesse und Prozessschritte eher gering, die Anzahl der Schnittstellen ebenso.
Der aktuelle Digitalisierungsschub bewirkt einen deutlich höheren Digitalisie-rungsgrad (und damit Automatisierungsgrad) der einzelnen Prozesse. Wenn mehr Pro-zessschritte digitalisiert sind, können diese Informationen auch anderen Prozessen zur Verfügung gestellt werden, womit die Anzahl der Schnittstellen steigt (siehe Abb. 2.17). Bereichsgrenzen (Silos) werden zunehmend kontraproduktiv und lösen sich auf.
Der nächste große Sprung zum „Real Time Enterprise“ wird durch die vertikale Ver-netzung plus horizontale Vernetzung erreicht (siehe beiden folgenden Abschnitte).
Im Folgenden stellen wir drei Beispiele zur Digitalisierung und Vernetzung (Digital Twins, Digitale Fabrik und Logistik) vor:
Digital Twins
Beim Design Thinking steht der Kunde mit seinen Wünschen und Bedürfnissen im Mit-telpunkt. Lösungen und Produktideen werden dabei in Form von Prototypen möglichst früh sicht- und kommunizierbar gemacht – nach dem Motto: „Ein Bild sagt mehr als 1.000 Worte, ein Prototyp sagt mehr als 1.000 Bilder.“ Auf diese Weise erzeugt Design Thinking praxisnahe Ergebnisse (Hasso-Plattner-Institut 2016). Zudem lässt sich Design Thinking hervorragend digitalisieren.
2.2 Auswirkungen auf Unternehmen
Manueller AnteilDigitaler Anteil
Prozessschritt 35% digitalisiert (Beispiel)
Silo-struktur
▪
▪
▪
wenig Schnitt-stellen
Digitali-sierungs-grad eher gering.
Produkt- und Innova-tionsmanagement-prozess
Marketing und Vertriebsprozess
Leistungserstellungs-prozess
Supportprozesse (z.B. HR, Einkauf, F&A)
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Abb. 2.16 Vertikale Wertschöpfung und Kernprozesse heute. (Eigene Darstellung)
44 2 Auswirkungen auf Unternehmen
Prototypen digital in Zusammenarbeit mit Kunden und Lieferanten zu entwickeln, ist nur ein weiterer logischer Schritt. Produkte werden virtuell entwickelt und dann real pro-duziert. Auf diese Weise entstehen Zwillinge eines Produkts: Der digitale Zwilling des realen (siehe Abb. 2.18).
Das Konzept der „Digital Twins“ geht jedoch noch einen Schritt weiter. Das reale Produkt beim Kunden ist mit Sensoren ausgestattet, der digitale Zwilling im Unterneh-men dient als Visualisierung von Status und Betriebsbedingungen des realen Produkts, auch wenn es geografisch weit entfernt ist.
Manueller AnteilDigitaler Anteil
Prozessschri� 89% digitalisiert (Beispiel)
Produkt- und Innova-tionsmanagement-prozess
Marketing und Vertriebsprozess
Leistungserstellungs-prozess
Prozess-struktur
Sehr viele Schnitt-stellen
Supportprozesse (z.B. HR, Einkauf, F&A)
Vert
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▪
▪
▪
Abb. 2.17 Vertikale Wertschöpfung und Kernprozesse nach 2020. (Eigene Darstellung)
Abb. 2.18 Digital Twin. (© General Electric)
45
Der Nutzen für Unternehmen ist dabei vielseitig: von der Wartung und Weiterent-wicklung über Life-Cycle-Management bis hin zur Optimierung der Kundenbeziehungen auf Basis der vom realen Produkt erzeugten Daten (Management der Customer Journey). Auch sind komplexe Prognosen und intelligente Wartungssystemplattformen möglich, die wiederum die Produktivität verbessern.
Digitale Fabrik
Ein weiterer Baustein der Digitalisierung ist die digitale Fabrik (auch intelligente Fabrik genannt). Ihr Ziel ist vor allem Effizienzsteigerung. Kern der digitalen Fabrik ist die Vernetzung von Maschinen, Teilen und Menschen einer einzelnen Fabrik bis hin zur Vernetzung von allen Fabriken eines Unternehmens, wie z. B. bei General Electric (siehe Abb. 2.19). Wie in der Abbildung dargestellt, sind Maschinen sind mit zahlreichen Sensoren ausgestattet, die riesige Datenmengen, unter anderem auch für Predictive Ana-lytics liefern und gleichzeitig mit Informationssystemen jeder anderen Fabrik des Unter-nehmens verknüpft sind (siehe das Beispiel Papiermaschinen von Voith in Abb. 2.11).
2.2 Auswirkungen auf Unternehmen
> > >
>> > >
>
>
Tausende Variablen an Daten alle
Millisekunden
Verknüpft mit einer integrierten Digital-
kontrolle und Informa-tionssystemen mit
jeder Fabrik des Unter-nehmens weltweit
>
>
Tausende Sensoren sammeln Echtzeitdaten
> > >>>>
Abb. 2.19 Intelligente Fabrik. (Eigene Darstellung)
46 2 Auswirkungen auf Unternehmen
Freier Zugriff
Öffnen per Knopfdruck
iBin-Modul, RFID kompatibel
Einschubfach für VDA-Falt-Etikett
2-stufige Frontklappe
Abb. 2.20 C-Teile Management mit der „Würth-Box“. (© Würth)
Auf dem Weg zur digitalen Produktion wird die Weiterentwicklung des 3-D-Drucks und anderer dezentraler Produktionstechnologien den Weg vom virtuellen Design hin zur physikalischen Realisierung verkürzen.
Logistik
Ein weiteres Beispiel ist die Schrauben-Box von Würth für das C-Teile-Management (siehe Abb. 2.20). Sie erlaubt mit einer integrierten Kamera, diverser Sensoren und Ver-netzung die Bestandsüberwachung in Echtzeit.
Sie ermöglicht automatisierte Bestellungen durch drahtlose Vernetzung mit der Warenwirtschaft, Inventur auf Knopfdruck und letztendlich nahezu vollständige Transpa-renz über das Verbrauchsverhalten.
2.2.4 Partnerdimension
Die Bedeutung von Partnern für Unternehmen steigt mit den Auswirkungen der Digitali-sierung. Zwei Beispiele sollen dies verdeutlichen:
47
• Horizontale Integration• Integriertes Wertschöpfungsnetz
2.2.4.1 Horizontale IntegrationDie klassische Wertschöpfungskette mit Zulieferern, Hersteller, Handel und Kunde(n) ist in der Abb. 2.21 dargestellt und zeigt die bisherige horizontale Integration auf.
Doch auch hier lösen sich die klaren Grenzen zunehmend auf, wie Abb. 2.22 zeigt. Kunden und Lieferanten werden z. B. in den Produkt- und Innovationsmanagementpro-zess integriert und Subunternehmer erbringen Leistungen direkt beim Kunden usw.
Händler werden zum Teil nicht mehr benötigt und z. B. durch Onlineshops oder Flag-ship Stores der Hersteller ersetzt.
Das eigene Angebot weiterzuentwickeln reicht alleine aber nicht aus. Es muss ein Netzwerk ausgebaut bzw. das bestehende Netzwerk der Zulieferer, Distributoren und Entwickler von verwandten Produkten und Dienstleistungen gestärkt werden, um die Angebote eines Unternehmens erweitern und ergänzen zu können. Von diesem Ansatz profitieren Technologiekonzerne wie Apple und Microsoft seit Jahren. Aber auch klassi-sche Branchen können Erfolge erzielen:
Adidas z. B. lässt Sportschuhe seit 2017 in der „Speedfactory“ in Ansbach nahezu komplett automatisiert herstellen. Denn die bisherige, kostenoptimierte, komplexe und auf viele Länder verteilte Fertigungsstruktur wird durch die noch günstigere Fertigung durch eine automatisierte, intelligente Fabrik inklusive 3-D-Druck obsolet. Außerdem verkürzt sich der Produktionsprozess von Adidas-Sportschuhen von mehreren Mona-ten auf fünf Stunden nach Bestellung (Weitzenbürger, G. 2016). Entwickelt wurde die Speedfactory durch die Zusammenarbeit von Adidas mit anderen branchenfremden Part-nern wie Johnson Controls (Automobilzulieferer), KSL (Keilmann Roboterfertigungsan-lagen) und Forschungsinstituten.
Andere Möglichkeiten, sein Netzwerk zu erweitern, um einen maximalen Kundennut-zen zu gewährleisten, gibt es mehrere: Joint Ventures, Crowdsourcing, Open Innovation um nur einige Beispiele zu nennen (Iansiti und Lakhani 2014, S. 63 ff.).
Eine Folge intensiverer Zusammenarbeit innerhalb der Unternehmensgrenzen und darü-ber hinaus ist die Zunahme von Kommunikation (und der Kommunikationskosten). So hat sich z. B. die Anzahl der Kommunikationsverbindungen pro Manager und Jahr in den letz-ten Jahrzehnten etwa verdreißigfacht (siehe Abb. 2.23). Digitalisierung hilft das notwendig gewordene mehr an Kommunikation zu bewältigen – und ermöglicht es gleichzeitig.
Neue Technologien wie Collaborative Software und Social Networks for Business ergänzen und ersetzen Email, Fax und Anrufbeantworter.
Integriertes WertschöpfungsnetzwerkSysteme von Systemen haben das Potenzial, Branchen und Wertschöpfungsket-ten komplett zu verändern: Die traditionelle Branchendefinition löst sich auf (siehe Abschn. 2.2.2.2, Smarte Produkte und Abschn. 2.2.2.3, Systems of Systems). Auch die
2.2 Auswirkungen auf Unternehmen
48 2 Auswirkungen auf Unternehmen
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492.2 Auswirkungen auf Unternehmen
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50 2 Auswirkungen auf Unternehmen
Rollen bestehender Unternehmen innerhalb der Wertschöpfungsketten werden neu defi-niert, neue Rollen wie die des Integrators kommen hinzu.
Ein Beispiel soll dies verdeutlichen (siehe Abb. 2.24). Google als Integrator könnte mehrere Produktsysteme anderer Unternehmen zu einer Mobilitätsdienstleistung für seine Kunden bündeln, etwa einer Geschäftsreise erster Klasse vom Wohnsitz des Kunden zu einem Unternehmen in New York City. Dazu würde Google ein von Mercedes gekauftes,
Abb. 2.23 Anzahl Kommunikationsverbindungen pro Manager und Jahr. (Marcia et al. 2010)
Lieferant IntegratorSoS Kunde
Icons made by freepik from flaticon.com; Logos: GE, Google, Deutsche Bahn, Lufthansa und Hilton Hotels.
C
B
A
Hersteller
IntegratorProdukt-systeme Mobilitäts-
dienstleister
Abb. 2.24 Integriertes Wertschöpfungsnetzwerk von Systemen von Systemen. (Eigene Darstellung)
51
autonomes Fahrzeug zum Kunden schicken und ihn damit zum Bahnhof in Ulm fahren. Von dort aus könnte der Kunde mit dem ICE erster Klasse konkurrenzlos schnell nach Stuttgart zum Flughafen reisen und von dort aus mit dem Flugzeug nach New York fliegen. Dort wartet ebenfalls ein autonomes Fahrzeug der gebuchten Kategorie auf den Kunden, das ihn zu dem von ihm gewünschten Hotel und anschließend zu seinem Geschäftstermin bringt.
Die Akteure dieser neuen Business-Ökosysteme sind intensiv wirtschaftlich und vor allem digital miteinander vernetzt. Eine besondere Machtposition hat dabei der Integra-tor inne: einerseits mit der Customer Ownership und andererseits der Beherrschung der technologischen Plattform, auf der das Business-Ökosystem basiert.
2.2.5 Finanzdimension
Änderungen in den einen Dimensionen eines Geschäftsmodells führen im Regelfall wegen der gegenseitigen Abhängigkeiten zu Änderungen in den anderen Dimensionen. Die möglichen Änderungen durch Digitalisierung können zu vielfältigen Änderungen der Kosten- und Einnahmenstrukturen führen. Exemplarisch haben wir zwei Auswirkun-gen auf die Finanzdimension ausgewählt:
• Neuer Nutzen, neue Preise• Finanzierung
2.2.5.1 Neuer Nutzen, neue PreiseSharing Economy ist derzeit medial stark präsent. Das Prinzip ist einfach, aber effek-tiv: Anstatt selbst hohe Beträge in Eigentum zu investieren, werden Gegenstände, Wohn- und Geschäftsräume bis hin zu Ideen geteilt und für einen vorher festgelegten Zeitraum gemietet. Einige Beispiele:
• Airbnb: Feriendomizile von privat. Über das Portal kann man Feriendomizile (von Betten bis zu ganzen Häusern) von Privatpersonen mieten oder man bietet die eigene Unterkunft an.
• DriveNow: ein Carsharing-Projekt. Man registriert sich online für einmalig 29 EUR und kann sich dann in verschiedenen Städten Fahrzeuge anmieten – abgerechnet wird im Minutentakt.
• Call a Bike: das Fahrradverleihsystem von DB Rent. Nach einer Onlineregistrierung kann man Fahrräder in verschiedenen deutschen Städten mieten.
Diese Beispiele aus dem Consumer-Bereich stehen für eine allgemeine Entwicklung auch im B2B-Bereich: weg von Verträgen mit Einzeltransaktionen (Kauf) über War-tungsverträge hin zu Ergebnissen. Ergebnisbasierte Preismodelle reduzieren das Risiko
2.2 Auswirkungen auf Unternehmen
52 2 Auswirkungen auf Unternehmen
für den Kunden, indem er nicht vor, sondern nach Erhalt der Leistung bezahlen muss. Die Entwicklung der Preismodelle fasst Abb. 2.25 zusammen.
2.2.5.2 FinanzierungErgebnisbasierte Preismodelle, wie das des Aufzugsherstellers Schindler, bringen es mit sich, dass das Unternehmen seinen Kunden keine Aufzüge mehr verkauft, sondern zurückgelegte Wege und transportiertes Gewicht. Er stellt also seinem Kunden nicht das gesamte Aufzugsystem spätestens nach Installation und Abnahme in Rechnung, sondern monatliche Beträge, die idealerweise nach mehreren Jahren die kalkulierten Herstel-lungs- und Wartungskosten übersteigen. Damit muss der Hersteller einen Großteil der Herstellungskosten vorfinanzieren, was wiederum seine Liquidität belastet.
Wie in Abb. 2.26 visualisiert, befindet sich die Bilanz des Herstellers vor der Umstel-lung des Preismodells im Gleichgewicht aus Aktiva (mit Anlage- und Umlaufvermögen) auf der einen Seite und den Passiva (mit Eigen- und Fremdkapital) auf der anderen Seite. Nach der Umstellung des Preismodells verbleiben die Herstellungskosten des Aufzug-systems (abzüglich Abschreibungen) in der Bilanz des Aufzugherstellers im Anlage-vermögen. Dadurch steigt der Kapitalbedarf zumindest in den ersten Jahren nach der Umstellung deutlich an – und zwar umso mehr, je erfolgreicher sich das neue Preismo-dell im Markt durchsetzt. Zusätzlich steigen die Kapitalintensität des Herstellers und das Risiko. So könnte etwa ein Bürohaus, in dem die Aufzüge installiert wurden, mehrere Mieter aufgrund eines Konjunktureinbruchs verlieren, wodurch die zurückgelegten Wege und das transportierte Gewicht der installierten Aufzüge deutlich sinken würde, und damit auch die Einnahmen des Herstellers.
Risiko für den Verkäufer
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Kun
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hoch
Einzeltransaktionen: Verkauf Produkte und
Dienstleistungen auf Basis Herstellungskosten
Ergebnis: Prozessergebnis,
Wertbasierte Preise
Wartungsvereinbarung: Kauf oder Miete mit
Wartungsvereinbarung, Wettbewerbsbasierte Preise
niedrig hoch
Beispiel: Kauf Fahrzeug„pay per piece“
Beispiel: Miete Fahrzeug mitMobilitätsgarantie„pay per hour“
Beispiel: Fahrt von A nach B„pay per value“
Abb. 2.25 Evolution der Preismodelle. (In Anlehnung an Iansiti und Lakhani 2014)
53
2.3 Zusammenfassung
Die Auswirkungen der Digitalisierung auf Unternehmen und ihre Geschäftsmodelle kön-nen sehr tief gehend und umfassend sein, wie wir anhand von Beispielen in den vor-herigen Abschnitten gezeigt haben. Wir schließen dieses Kapitel mit Beispielen von Unternehmen, die (nahezu) vollständig digitalisiert sind, einer Regel, die auch in der digitalisierten Welt weiter Gültigkeit besitzt und beantworten die Frage, welche Bran-chen die Digitalisierung wann und in welcher Intensität treffen wird:
• Digitale Unternehmen• Preis-Leistung• Welche Branchen zuerst?
2.3.1 Digitale Unternehmen
Wie bereits verdeutlicht, verliert die klassische Wertschöpfungskette sowohl ihre kla-ren horizontalen als auch ihre vertikalen Grenzen, neue Geschäftsmodelle entstehen. Ein Ergebnis sind digitale Unternehmen bzw. „Real Time Enterprises“. Abb. 2.27 zeigt vier Beispiele zur Illustration von Real Time Enterprises: Alibaba, Facebook, Uber und Airbnb.
2.3.2 Preis-Leistung
Die Regel Preis-Leistung ist weiterhin gültig: Denn bei aller Digitalisierung müssen Anbieter das Preis-Leistungsverhältnis ihrer Produkte und Dienstleistungen beachten, wenn sie weiterhin wettbewerbsfähig bleiben möchten.
Jedes Produkt kann hier eingeordnet werden, wobei zu beachten ist, dass die „Leis-tung“ der Kunde beurteilt und nicht der Anbieter.
2.3 Zusammenfassung
Übergang Preismodelle:Finanzierungslücken
Bestehendes Preismodell:Ausbalanciert
Anlagevermögen
Umlaufvermögen
Eigenkapital
Fremdkapital
Aktiva Passiva
Anlagevermögen
Umlaufvermögen
Aktiva
Eigenkapital
Fremdkapital
Passiva
Finanzierungs-lücke
Abb. 2.26 Der Übergang vom alten zu neuen Preismodell kann eine Finanzierungslücke entste-hen lassen. (Eigene Darstellung)
54 2 Auswirkungen auf Unternehmen
In unserem Beispiel (siehe Abb. 2.28) ist Unternehmen A Kostenführer mit dem niedrigsten Preis und der entsprechend gebotenen Leistung, der niedrige Preis kann mittel- bis langfristig nur bei Kostenführerschaft überlebt werden. Unternehmen C ist Leistungsführer mit der besten Leistung aus Kundensicht, aber auch dem höchsten Preis. Unternehmen B bietet aus Kundensicht eine geringere Leistung als D, aber einen höhe-ren Preis. Unternehmen B wird einen großen Handlungsdruck verspüren, wenn es erfolg-reich im Markt bleiben möchte.
Digitalisierung kann jetzt auf drei Arten das Gefüge verändern, wie in Abb. 2.29 dargestellt:
• Erstens werden die Preise nach der Erwartung der Befragten durch Automatisierung weiter sinken, um geschätzt durchschnittlich 18 % in den kommenden fünf Jahren (Geissbauer et al. 2014). Durchschnitt bedeutet in diesem Fall, dass manche Branchen schnell und hart betroffen sind, andere wenig und später.
• Zweitens wird Digitalisierung aber auch eine Änderung der Leistung bewirken, die dann durchschnittlich zu mehr Umsatz führen sollte, sofern der Mehrwert aus Kun-densicht entsprechend honoriert wird. Dieser Effekt wird von den befragten Unter-nehmen nicht so hoch geschätzt, auf knapp 15 % kumuliert in den kommenden fünf Jahren (Geissbauer et al. 2014). Auch hier gilt, dass ein durchschnittlicher Wert für den einen Markt disruptive Veränderungen bedeutet, während sich in anderen wenig bewegt.
• Drittens können neue Wettbewerber die Arena betreten, wie Apple oder Google ver-mutlich die Automobilindustrie.
Ali Baba: größter Einzel-händler, aber besitzt keine Waren.
Uber: Das größte Taxi-Unternehmen besitzt keine Fahrzeuge.
Facebook: größtesMedienunternehmen, produziert
keine Inhalte.
Horizontale Vernetzung
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airbnb: Der größte Anbieter vonÜbernachtungen besitzt keine
Immobilien.
Abb. 2.27 Digitale Unternehmen oder „Real-Time Enterprises“ als Ergebnis horizontaler und vertikaler Vernetzung. (In Anlehnung an Bitkom 2016)
552.3 Zusammenfassung
Abb. 2.28 Preis-Leistungsverhältnis eines Produkts. (Eigene Darstellung)
Leistung(Key Buying Factors)
Prei
sho
chni
edrig
niedrig hoch
Unternehmen A=
Kostenführer
Unternehmen C=
Leistungsführer
A
B
D
C
Leistung(Key Buying Factors)
Prei
sho
chni
edrig
niedrig hoch
Digitalisierung treibt durchschnittliche
Produktivitätsverbesserung um 18%
Digitalisierung bewirkt mehr Leistung mit durch-schnittlich 3% mehr Um-satz. Ggfs. Neubestim-
mung der KBF erforderlich
E
Digitalisierung ermöglicht neuen Wettbewerbern den
Markteintritt
CB
DA
Abb. 2.29 Veränderungen durch Digitalisierung im Preis-Leistungsverhältnis. Erläuterungen dazu im Text. (Eigene Darstellung)
56 2 Auswirkungen auf Unternehmen
Als Folge aus diesen möglichen Einflüssen können wir festhalten, dass Digitalisierung das komplette bestehende Preis-/Leistungsgefüge eines Marktes durcheinanderbringen kann.
Welche Branchen zuerst?Welche Branchen die Digitalisierung nach Expertenmeinung zuerst trifft, zeigt Abb. 2.30 (vgl. dazu u. a. Deloitte 2015).
Im linken oberen Quadranten befinden sich die Branchen, die die kommende Welle der Digitalisierung zuerst und mit der größten Wirkung betreffen wird: Dazu zählen unter anderem Banken, Versicherungen, Handel, IT und Medien. Im rechten oberen Qua-dranten sind die Branchen dargestellt, die die Digitalisierung in mehr als drei Jahren, dafür auch sehr stark durchschlagend transformieren wird: Industrie, Gesundheit, Land-wirtschaft und Transport.
Zumindest aus heutiger Sicht müssen sich die Unternehmen der beiden unteren Quad-ranten derzeit weniger Gedanken machen (Bau- und Rohstoffindustrie).
Zeit in Jahren
Auswirkung auf das Businessgroß
Bergbau, Öl, Gas, Chemie
Schnell und durchschlagend
Langsam unddurchschlagend
Langsam undschwach
Schnell und schwach
Bauwesen
IKT & MedienHandel
Freizeit & Reisen
Banken
Bildung
Transport/Mobilität
Produk�on
Energieversorgung
Versicherungen
ImmobilienÖff.
Verwaltung
Gesundheitswesen
Landwirtscha�
Gastronomie
3 5
gering
0
Abb. 2.30 Auswirkungen der Digitalisierung auf Branchen. (Eigene Darstellung in Anlehnung an Deloitte 2015)
57Literatur
Literatur
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Z_Punkt. (2016). Megatrends, Die globalen Treiber des Wandels, die die Zukunft Ihres Geschäfts bestimmen. http://www.z-punkt.de/themen/artikel/megatrends. Zugegriffen: 9. Aug. 2016.
59© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2018 D. Schallmo et al., Digitale Transformation von Geschäftsmodellen erfolgreich gestalten: Trends, Auswirkungen und Roadmap, Schwerpunkt Business Model Innovation, https://doi.org/10.1007/978-3-658-20215-6_3
ZusammenfassungWir haben in den beiden vorangegangenen Kapiteln die wichtigsten technologischen Trends und Treiber der Digitalisierung vorgestellt und deren mögliche Auswirkun-gen auf Unternehmen diskutiert, insbesondere auf die verschiedenen Dimensionen des Geschäftsmodellrasters. Mit diesem dritten und letzten Kapitel zeigen wir Ihnen anhand einer Roadmap, wie Sie Ihr Geschäftsmodell Schritt für Schritt digital trans-formieren. Der folgende Abschnitt erläutert unser Verständnis der Transformation von Geschäftsmodellen, im zweiten Abschnitt zeigen wir im Detail die fünf Schritte zur Digitalen Transformation von der Analyse des bestehenden Geschäftsmodells über Ziele, Optionen, Bewertung der Optionen bis hin zur Finalisierung des neuen Geschäftsmodells und dessen Implementierung. Den Abschluss dieses Kapitels bilden eine Zusammenfassung des Kapitels und die zehn wichtigsten Erfolgsfaktoren der Digitalen Transformation.
3.1 Definition digitale Transformation von Geschäftsmodellen
Bevor wir die Roadmap zur Umsetzung von Geschäftsmodellinnovationen vorstellen, erklären wir den Begriff „Digitale Transformation von Geschäftsmodellen“.
Ein Geschäftsmodell ist ein System aus Geschäftsmodellelementen und deren Bezie-hungen untereinander. Bei der Transformation von Geschäftsmodellen geht es somit mathe-matisch gesehen um eine zielgerichtete Veränderung von System A zu System A’, indem analoge Elemente oder deren Beziehungen durch digitale ersetzt oder ergänzt werden.
Die Digitale Transformation von Geschäftsmodellen umfasst fünf Ebenen: Objekte, Transformationsgrad, Bezugseinheiten, Zieldimensionen und das Vorgehen (Schallmo, D. 2016, S. 8).
Eine Roadmap für die digitale Transformation von Geschäftsmodellen 3
60 3 Eine Roadmap für die digitale Transformation …
Objekte: Die Digitale Transformation von Geschäftsmodellen kann einzelne Geschäftsmodellelemente, das gesamte Geschäftsmodell, Wertschöpfungsketten sowie unterschiedliche Akteure in einem Wertschöpfungsnetzwerk betreffen.
Transformationsgrad: Es ist sowohl eine inkrementelle (geringfügige) als auch eine radikale (fundamentale) Veränderung eines Geschäftsmodells möglich, siehe Abb. 3.1.
Bezugseinheit: Im Hinblick auf den Neuigkeitsgrad ist primär der Kunde gemeint. Die Bezugseinheit kann allerdings auch das eigene Unternehmen, die Partner, die Indust-rie und Wettbewerber betreffen.
Zieldimensionen: Diese unterteilen sich in vier Kategorien – Zeit, Finanzen, Raum und Qualität. Zur Definition dieser Kategorien vergleichen Sie „Digitale Ambitionen“ in Abschn. 3.2.3.
Vorgehen: Um eine zielgerichtete Transformation eines Geschäftsmodells zu errei-chen, ist ein systematisches und koordiniertes Vorgehen notwendig (siehe Abb. 3.2).
Wenn alle Vektoren in dieselbe Richtung ziehen (siehe Abb. 3.2a), ist die resul-tierende Kraft sehr hoch. Ziehen die Kräfte allerdings in die eher entgegengesetzte Richtung (siehe Abb. 3.2b), ist die daraus resultierende Kraft tendenziell Null. Daher wird – trotz einem möglicherweise enormen Ressourceneinsatzes – keine Verände-rung erreicht. Ersetzt man die Vektoren des Beispiels durch Maßnahmen eines Unter-nehmens, wird klar: Um eine Transformation effizient zu gestalten, müssen die Kräfte koordiniert werden.
Demzufolge erfolgt die digitale Transformation von Geschäftsmodellen anhand eines systematischen Vorgehens mit einer Abfolge von Aufgaben und Entscheidungen, die in logischem und zeitlichem Zusammenhang zueinanderstehen (vgl. dazu den folgenden Abschn. 3.2). Innerhalb der Digitalen Transformation von Geschäftsmodellen werden
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Abb. 3.1 Inkrementelle versus radikale Geschäftsmodellinnovation. (Eigene Darstellung)
61
Enabler bzw. Technologien eingesetzt (siehe Kap. 1), die neue Anwendungen bzw. Leis-tungen (z. B. Bedarfsvorhersagen) erzeugen. Diese Technologien erfordern vom Unter-nehmen die Fähigkeit, Optionen bewerten zu können. Die bewerteten Optionen dienen z. B. dazu, neue Prozesse innerhalb des Geschäftsmodells zu initiieren oder neue Pro-dukte zu entwickeln.
Die im Folgenden vorgestellte Roadmap wurde aus bestehenden Ansätzen und umfangreichen Erfahrungen im Rahmen von Beratungs- und Forschungsprojekten gewonnen. Sie bietet einen strukturierten Ansatz, um bestehende Geschäftsmodelle aus unterschiedlichen Branchen digital zu transformieren (Schallmo, D. 2017, S. 1 ff.).
3.2 Roadmap zur digitalen Transformation
3.2.1 Überblick
Die Abb. 3.3 zeigt den fünfteiligen Aufbau der Roadmap, der nachfolgend im Überblick und in den weiteren Abschnitten näher erläutert wird.
1. Digitale Realität: In dieser Phase werden das bestehende Geschäftsmodell eines Unternehmens, Kundenanforderungen und die Wertschöpfungskette skizziert.
2. Digitale Ambition: Auf Basis der Digitalen Realität werden die Ziele für die Digitale Transformation festgelegt und priorisiert. Sie beziehen sich auf die in Abschn. 3.1 genannten Zieldimensionen Zeit, Finanzen, Raum und Qualität.
3. Digitale Potenziale: Innerhalb dieser Phase werden Best Practices und Enabler für die Digitale Transformation erhoben, die als Ausgangspunkt für das Design des zukünfti-gen Geschäftsmodells dienen. Dazu werden je Geschäftsmodellelement unterschiedli-che Optionen abgeleitet und logisch miteinander kombiniert.
Miteinander
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a b
Abb. 3.2 Zielgerichtete Transformation am Beispiel von Vektoren im Kräfteparallelogramm. (In Anlehnung an Stoll, I. 2016; Böge, A. 2013, S. B12 f.)
3.2 Roadmap zur digitalen Transformation
62 3 Eine Roadmap für die digitale Transformation …
4. Digitaler Fit: Die im vorherigen Schritt erarbeiteten Optionen für die Ausgestaltung des digitalen Geschäftsmodells werden jetzt (z. B. mithilfe von Businessplänen) bewertet und priorisiert. Der Fit mit der Unternehmensstrategie, die Erfüllung von Kundenanforderungen und das Erreichen von Zielen spielen hier eine wesentliche Rolle.
5. Digitale Implementierung: Im Rahmen der Digitalen Implementierung erfolgt die Fertigstellung des transformierten Geschäftsmodells, also der Kombination an Optio-nen, die weiter verfolgt werden soll inklusive der Gestaltung der Kundenreise und des horizontalen und vertikalen Wertschöpfungsnetzwerks. Abschließend werden (übli-cherweise in Projektform) Maßnahmen festgelegt, die zur Implementierung des trans-formierten Geschäftsmodells notwendig sind. Dabei ist es besonders wichtig, die Kräfte so auszurichten, dass alle möglichst in dieselbe Richtung ziehen (siehe Abb. 3.2).
Die Abfolge der einzelnen Schritte ist nicht strikt sequenziell, sondern kann rekursiv erfolgen. So können etwa die Ergebnisse des Arbeitsschrittes „Digitale Potenziale“ die Ziele des vorhergehenden Schrittes „Digitale Ambition“ beeinflussen, weil z. B. nicht erreichbar geglaubte Ziele angesichts neuer Technologien nun doch erreichbar erscheinen.
Die vorgestellten fünf Phasen werden im Folgenden jeweils mit Zielsetzung, zu leis-tenden Aktivitäten (mit Instrumenten) und Beispielen erläutert.
1.3 Skizzieren des bestehenden
Geschäftsmodells
1.1 Analyse der Wertschöpfungskette
und Akteure
1.2 Erheben der Kunden-
anforderungen
2. Festlegen der Ziele im Hinblick auf die
Digitale Transformation
3.3 Design des zukünftigen
Geschäftsmodells mit Optionen
3.1 Erheben von Best Practices zur
Digitalen Transformation
3.2 Erheben von Enablern zur
Digitalen Transformation
4. Bewerten der Optionen hinsichtlich
Fit, Kundenan-forderungen, Zielen
5.1 Finalisieren und Implementieren des Geschäftsmodells
1
5
4
3
2
Digitale Realität
Digitale Ambi�on
Digitale Potenziale
Digitaler Fit
Digitale Implemen-
�erung
5.3 Gestalten des Wertschöpfungsnetz-werks und Integration
der Partner
5.2 Gestalten der digitalen
Kundenerfahrung
Abb. 3.3 Roadmap Digitale Transformation. (Schallmo, D. 2016, S. 23)
63
Zur Veranschaulichung des Vorgehens in diesem Kapitel haben wir den Flugzeugturbinenhersteller General Electric (GE) gewählt. Da sich dieses Beispiel durchgängig durch dieses Kapitel zieht, hier eine kurze Vorstellung des UnternehmensGeneral Electrics sieht sich als führendes digitales Industrieunternehmen und verfügt über insgesamt neun Geschäftsbereiche. GE möchte die Industrie durch softwareba-sierte Technologien und Lösungen vernetzen, die schnell und vorausschauend sind. Aus diesem Grund hat sich GE mit 105 Mio. US$ für 10 % an dem Software-Unter-nehmen Pivotal beteiligt. Pivotal wandelt Daten in Informationen um, die für Dienst-leistungen genutzt werden. Insgesamt hat Pivotal mehr als 100 Technologiepartner (u. a. Intel und Cisco) und zwei Systemintegratoren: Capgemini und Accenture. Bis-lang liegen General Electrics über 50 Mio. Datensätze vor, die von über 10 Mio. ins-tallierten Sensoren an Maschinen, Anlagen etc. erhoben wurden. Pivotal hat für GE bislang über 40 Anwendungen entwickelt, darunter z. B. Flugroutenoptimierung und Stillstandvermeidung. Das nachfolgende Beispiel bezieht sich auf den Geschäftsbe-reich „Aviation“, insbesondere die Herstellung und Wartung von Triebwerken.
Die Kunden von GE Aviation sind Fluggesellschaften. Dazu gehört z. B. der Low Cost Carrier Air Asia, der über eine Flotte 160 Flugzeugen verfügt und 340.000 Flüge pro Jahr durchführt. Das Streckennetz umfasst über 100 Destinationen in 22 Ländern. Anhand von Analysen hat GE festgestellt, dass weltweit (bei allen Fluggesellschaf-ten) eine Ineffizienz durch Flugzeit, Treibstoffverbrauch, und Routen von 18 bis 22 % vorliegt. Würde es gelingen, den Treibstoffverbrauch um 1 % pro Jahr zu reduzieren, wäre eine Ersparnis von insgesamt 30 Mrd. US$ in den nächsten 15 Jahren mög-lich. GE hat das bestehende Geschäftsmodell mit dem Verkauf und der Wartung von Triebwerken, um GE Flight Efficiency Services erweitert. Hierbei werden insbeson-dere Treibstoffmanagement, Navigationsdienste, Flugdatenanalysen, Risikomanage-ment und weitere Leistungen angeboten. Die Zielsetzung ist dabei die Reduktion der Betriebskosten und eine bessere Auslastung, um Kosteneinsparungen zu erzielen.
Das Geschäftsmodell basiert nun auf Ergebnissen und nicht mehr auf einzelnen Transaktionen (siehe Abb. 2.25 im zweiten Kapitel): Umsätze mit Düsentriebwer-ken entstehen nicht mehr durch einzelne Verkaufsabschlüsse, sondern kommen durch verbesserte Leistung zustande – weniger Ausfallzeiten, mehr Flugmeilen pro Jahr (Schallmo, D. 2016, S. 22 f.).
3.2.2 Digitale Realität
Zielsetzung des ersten Schrittes, die „Digitale Realität“, ist eine Skizze des bestehen-den Geschäftsmodells mit allen fünf Dimensionen sowie eine Analyse der horizontalen Wertschöpfungskette und die Erhebung von Kundenanforderungen. In der Praxis hat sich außerdem gezeigt, dass ein gemeinsames Verständnis des bestehenden Geschäftsmodells innerhalb des Unternehmens ein weiteres, nicht zu unterschätzendes Ziel sein kann.
3.2 Roadmap zur digitalen Transformation
64 3 Eine Roadmap für die digitale Transformation …
3.2.2.1 Skizzieren des bestehenden GeschäftsmodellsDie Digitale Transformation bezieht sich auf die Veränderung bestehender Geschäftsmo-delle. Aus diesem Grund ist es entscheidend, ein Verständnis zum aktuellen Geschäfts-modell aufzubauen. Mithilfe eines einheitlichen Rasters erfolgt dabei die Beschreibung des bestehenden Geschäftsmodells anhand der bereits beschriebenen Dimensionen und Elemente (siehe Abschn. 2.1).
In Abb. 3.4 werden die verschiedenen Dimensionen mit den jeweils wichtigsten Fra-gestellungen erläutert. Für die Kundendimension sind die wichtigsten Fragen, welche Kundensegmente mit welchen Vertriebskanälen erreicht und wie die Beziehung zu den Kunden gestaltet werden sollen. Die Antworten auf die Fragen können je nach Zielset-zung mehr oder weniger detailliert ausgeführt werden. So können etwa die Kundenseg-mente mit detailliert ausgearbeiteten Personas oder auch nur mit soziodemografischen Merkmalen beschrieben werden.
Die in Abb. 3.5 dargestellte Geschäftsmodellskizze zeigt am Beispiel des bereits erwähnten Herstellers von Triebwerken für Flugzeuge, General Electric, beispielhafte Antworten auf die genannten Fragen.
Aus Platzgründen haben wir in der Geschäftsmodellskizze die Antworten extrem verkürzt. Die Frage nach den Kundensegmenten ist hier im Beispiel pauschal mit Flug-gesellschaften weltweit beantwortet (siehe Abb. 3.5). In der Praxis würden die rund 800 aktiven Fluggesellschaften weltweit priorisiert und die Mitglieder der relevanten Buying Center zumindest typisiert beschrieben werden. Dasselbe Prinzip gilt für alle Antworten in der vorgestellten Geschäftsmodellskizze.
3.2.2.2 Analyse der horizontalen Wertschöpfungskette und der Akteure
Ein weiterer Teilschritt zur Analyse des bestehenden Geschäftsmodells ist die „Analyse der horizontalen Wertschöpfungsketten und der Akteure“. Diese dient dazu, ein Verständ-nis für die Branche und deren Digitalisierungsgrad aufzubauen. Abb. 3.6 zeigt die Wert-schöpfungsstufen, Akteure und den jeweiligen Digitalisierungsgrad exemplarisch auf.
Dazu werden die Stufen der Wertschöpfungskette aufgeführt und anschließend die relevanten Akteure jeder Wertschöpfungsstufe mit ihrem Geschäftsmodell skizziert (Vgl. Hitt et al. 2008, S. 24; Grant 2005, S. 123; Gadiesh und Gilbert 1998, S. 149; Schallmo 2013, S. 182 f.). Darauf aufbauend wird jeweils anhand einheitlicher Kriterien (z. B. Einsatz von Technologien, Vernetzung untereinander) der Digitalisierungsgrad der Wert-schöpfungsstufe und der Akteure ermittelt und in einem Diagramm abgebildet. Der Digitalisierungsgrad variiert je nach Prozess, Unternehmen und Branche deutlich, was in unterschiedlichen Studien analysiert wurde (KPMG 2013, S. 9; Bouée und Schaible 2015, S. 27 ff.; Geissbauer et al. 2014, S. 3). Anhand der Analyse der Wertschöpfungs-kette und der Akteure ist es auf einen Blick möglich, attraktive Wertschöpfungsstufen und potenzielle Partner zu identifizieren.
65
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3.2 Roadmap zur digitalen Transformation
66 3 Eine Roadmap für die digitale Transformation …
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67
3.2.2.3 Erheben der KundenanforderungenDie Kundenanforderungen werden mit einem Kunden-/Nutzerprofil anhand von aus-gewählten Kriterien erhoben (Plattner et al. 2009, S. 167; Curedale 2013, S. 224; Gray et al. 2010, S. 65 f.).
Das Kunden-/Nutzerprofil wird üblicherweise im Business-to-Consumer-Bereich ein-gesetzt, kann aber auch im Business-to-Business-Bereich Anwendung finden, um Perso-nengruppen (z. B. Einkäufer, Produktionsleiter) oder Unternehmen in Form einer Person zu beschreiben.
Die Abb. 3.7 stellt ein Kundenprofil eines Wartungsspezialisten einer Fluggesellschaft exemplarisch dar.
Wichtig ist, dass das Profil die folgenden Nutzenkategorien enthält (vgl. Schallmo, D. 2016, S. 28.):
• Funktionaler Nutzen: entsteht aus Basisfunktionen des Produkts und der Dienstleis-tung und ist mit dessen Verwendung verbunden.
• Ökonomischer Nutzen: entsteht aus den unmittelbaren Produkt- und Dienstleistungs-eigenschaften (z. B. Kostenersparnis, Risikoreduktion).
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wie gestaltet sich deren Geschäftsmodell?
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jeweiligen Akteurs?
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Fluggesellschaft
Flugzeughersteller (OEM)
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Abb. 3.6 Wertschöpfungsstufen, Akteure und Digitalisierungsgrad einer Branche (Vergleiche Schallmo 2013, S. 118 f.)
3.2 Roadmap zur digitalen Transformation
68 3 Eine Roadmap für die digitale Transformation …
• Prozessbezogener Nutzen: entsteht durch einfache Beschaffung/Nutzung (z. B. Zeiter-sparnis).
• Emotionaler Nutzen: entsteht durch positive Gefühle durch Nutzung des Produkts/der Dienstleistung (z. B. Marke).
• Sozialer Nutzen: entsteht durch soziale Anerkennung bei der Nutzung des Produkts/der Dienstleistung.
Aus diesem Kundenprofil lassen sich leicht die Key-Buying-Faktoren bestehender und neuer Produkte und Dienstleistungen ableiten und damit deren Positionierung im Wettbe-werb aus Kundensicht (siehe Abschn. 2.3.2).
3.2.3 Digitale Ambition
Zielsetzung des zweiten Schrittes „Digitale Ambition“ ist die Definition von Zielen für die Digitale Transformation des Geschäftsmodells.
Beschreibung (Wie lässt sich der Kunde genaubeschreiben? Z.B. Alter, Geschlecht, Familienstand,Hobbies, Wohnung, Charakter etc.)Rainer Schulze, 39 Jahre, männlich, ...
Beziehungen (Welche Beziehungen hat derKunde? Z.B. sozialer Kontext, Partnerschaften,Familie, etc.)Kontakte zu anderen Wartungsspezialisten,Piloten,...
Beeinflusser (Wer beeinflusst den Kunden? Z.B.Familie, Freunde, etc.)Vorgesetzte, Kollegen, Fachzeitschriften,...
Sehen (Was sieht der Kunde und wie gestaltet sichsein Umfeld? Welche Angebote bekommt er?)Gestresste Kollegen wegen unpünktlicher Er-satzteillieferungen für die Triebswerkwartung, ...
Hören (Was hört der Kunde von seinem Umfeld?)„das Ersatzteil ist nicht vorrätig und wirdvoraussichtlich in vier Tagen verfügbar sein“, ...
Denken/Fühlen (Was geht im Kopf des Kunden vorsich? Was sind seine Gefühle? Was beschäftigtihn?) Wie kann ich meine Zeitziele erreichen?
Sagen (Worüber spricht der Kunde und wie verhälter sich in der Öffentlichkeit? Was erzählt eranderen?) „ Weshalb sind die so unpünktlich?“, ...
Lust/Freude (Was bereitet dem KundenLust und Freude? Was möchte derKunde erreichen? Welche Ziele/Wünschehat er? Was motiviert ihn? Z.B. Zeit- undKostenersparnis, soziale Anerkennung)
Eine einfache und schnelle Bestellungund Lieferung von Ersatzteilen, ...
Job to be done/notwendige Lösung(Welche Probleme hat er? WelcheBedürfnisse entstehen daraus? WelcheAufgabe muss er erledigen? WelcheAnforderungen hat er? Z.B. funktional,ökonomisch, prozessbezogen, sozial,emotional)Vorausschauende Wartung wäreoptimal...
Frust/Sorgen (Was bereitet dem KundenFrust und Sorgen? Was sind seinegrößten Hindernisse/ Ängste/Probleme?Was sind die größten Hürden auf demWeg zur Erreichung seiner Ziele? Z.B.hohe Kosten, hoher Aufwand,Schwierigkeiten, Risiken, Ranking)
Unpünktliche Lieferung, Überstunden, ...
Abb. 3.7 Kundenprofil mit Kundenanforderungen am Beispiel eines Wartungsmechanikers (Ver-gleiche Schallmo, D. 2016, S. 28.)
69
Die Ziele werden im vorliegenden Modell anhand von vier Kategorien abgeleitet: Zeit Raum, Finanzen und die Qualität (Österle, H. 1995, S. 109 f.; Schallmo, D. 2013, S. 194; Kreutzer, R. und Land, K.-H. 2013, S. 48).1 Diese Kategorien dienen dazu, möglichst alle relevanten Aspekte zu berücksichtigen und sich z. B. nicht nur auf zeitliche Aspekte zu konzentrieren. Bei der Entwicklung der Ziele sollte wegen des Kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP-Prinzips) „Miss es oder vergiss es“ auf deren Messbarkeit geachtet werden.
Zeit: Ziele, die sich auf die zeitlichen Aspekte des Geschäftsmodells beziehen, z. B.:
• Reaktion auf Betriebsstörungen innerhalb von 6 h• Reduktion der Produktionszeit auf 30 Tage• Lieferzeit innerhalb von 12 h
Finanzen: Ziele, die sich auf die finanziellen Aspekte des Geschäftsmodells beziehen, wie etwa:
• Reduktion der Vertriebskosten um 30 %• Reduktion der internen Logistikkosten um 25 %• Erhöhung des Serviceumsatzes um 35 %
Raum: Ziele, die sich auf die räumlichen Aspekte des Geschäftsmodells beziehen, Bei-spiele sind:
• Automatische Übermittlung von definierten Betriebsdaten an das Controlling (Mess-größe: SLA)
• Ortsunabhängige, 100 %-ige Bestandskontrolle für C-Teile (vgl. die „Würthbox“ in Abschn. 2.2.3.2)
Qualität: Ziele, die sich auf die qualitativen Aspekte des Geschäftsmodells beziehen, wie z. B.:
• Reduktion von Maschinenausfällen um 25 % durch präventive Wartung• Verbesserung des Kundenerlebnisses im Rahmen der Customer Journey (Messung
z. B. durch Index)
3.2 Roadmap zur digitalen Transformation
1Anmerkung: Diese Kategorien sind auch mit Wertangebot der Kundenperspektive der Balanced Scorecard kompatibel, vgl. dazu Kaplan, R. S. und Norton, D. P. (2004), „Strategy maps: Conver-ting Intangible Assets into Tangible Outcomes“, Harvard Business School Press, Boston, Massa-chusetts, S. 11 f.
70 3 Eine Roadmap für die digitale Transformation …
Die abgeleiteten Ziele können mehrere Kategorien betreffen und sich somit überschnei-den. Aus diesem Grund werden die Ziele anschließend priorisiert. Daraus ergibt sich eine Priorisierung der Geschäftsmodell-Dimensionen, die bearbeitet werden sollen.
Anmerkung: Mit der Bearbeitung des nächsten Schritts („Digitale Potenziale“) kann eine Überarbeitung der in diesem Schritt erfolgten Zieldefinition notwendig werden.
3.2.4 Digitale Potenziale
Das Ziel dieser Phase ist die Identifikation der digitalen Potenziale für das Geschäftsmo-dell. Dazu werden Best Practices und Enabler (Technologien) zur Digitalen Transforma-tion erhoben und anschließend Optionen des zukünftigen Geschäftsmodells abgeleitet.
3.2.4.1 Best PracticesUm Ideen für die digitale Transformation des eigenen Geschäftsmodells zu gewin-nen, können Best Practices aus der eigenen und aus fremden Branchen herangezogen und beschrieben werden (Bucherer, E. 2010, S. 77; Giesen, E. et al. 2007, S. 32 und Schallmo, D. 2013, S. 185). Eine Reihe von Best Practices für die Digitale Transforma-tion findet sich in den beiden vorherigen Kapiteln und auch in der bestehenden Literatur (z. B. Brand et al. 2009; Boueé, C.-E. und Schaible, S. 2015, S. 9 ff.; Botthof, A. und Bovenschulte, M. 2009, S. 15 ff.; Hoffmeister, C. 2015; Jahn, B. und Pfeiffer, M. 2014, S. 81 ff.; Bauernhansl, T. und Emmrich, V. 2015, S. 24).
Um Best Practices einheitlich zu beschreiben, gibt es fünf Kriterien:
• Ausgangssituation: Beschreibung der Ausgangssituation und des Geschäftsmodells• Problemstellung: Anlass, das Geschäftsmodell digital zu transformieren• Zielsetzung: Beschreibung der Ziele der Digitalen Transformation• Vorgehensweise: eingesetzte Technologien, neue Anwendungen, digitalisierte Pro-
zessschritte• Ergebnisse: Beschreibung des digitalen Geschäftsmodells, erreichte Ziele
3.2.4.2 Enabler (Technologien)Die „Enabler“ dienen dazu, neue Anwendungen bzw. Leistungen zu ermöglichen. In einem ersten Schritt werden Technologietrends gesammelt und dann in einem nächs-ten Schritt nach Relevanz für das eigene Geschäftsmodell einerseits und Zeitraum der Verfügbarkeit andererseits bewertet, wie exemplarisch in einem Technologieradar in Abb. 3.8 dargestellt. Technologietrends aus dem IT-Bereich sind z. B. im ersten Kapitel zu finden und außerdem teilweise z. B. via Desk-Research verfügbar, etwa bei Markt- und Zukunftsforschungsunternehmen wie Z_Punkt, Gartner und IDC.
Die Einordnung in hohe oder niedrige Relevanz kann nach mehreren Kriterien erfol-gen, wie z. B. die Anzahl und Macht der ermöglichten Anwendungen, Chancen und Risi-ken für das eigene Geschäftsmodell.
71
Technologien mit hoher Relevanz und kurzfristiger Verfügbarkeit werden mit dem Technologieradar, wie ein Hindernis vor einem Schiff mit dem Schiffsradar, gut erkenn-bar (siehe Abb. 3.8). Im dunkelgrünen Feld, um im Bild zu bleiben praktisch direkt vor dem Schiffsbug, findet sich in unserem Beispiel Big Data. Etwas weiter entfernt Aug-mented Reality, während sich Technologien wie Blockchain oder 4-D-Druck am Rande des Radars im hellgrünen bzw. weißen Bereich befinden. Ausgewählte Technologien haben wir in Kap. 1 bereits beschrieben. Mindestens genauso wichtig wie die Darstel-lung selbst ist der Diskussionsprozess bei der systematischen Bewertung der Enabler für das Unternehmen und sein Geschäftsmodell.
Ein Beispiel für kurzfristige Verfügbarkeit und für manche Airbuszulieferer von hoher RelevanzAirbus fertigt einen Halter für Hydrauliktanks, der normalerweise aus 126 Kompo-nenten hergestellt wird, im 3-D-Druckverfahren selbst und an einem Stück (siehe Abb. 3.9). Die Vorteile sind: weniger Material, 50 % Gewichtseinsparung und damit Senkung des Treibstoffverbrauchs, Entfall der Montage der 126 Einzelteile und der Lagerhaltungskosten (für alle 126 Einzelteile). Die Herstellungskosten sind derzeit zwar noch etwa doppelt so teuer wie das gefräste und genietete Original, sinken aber
Big Data
Conversational User Interfaces
Natural-Language Question Answering
Software-Defined Anything (SDx)
Machine Learning
Smart Dust
4-D-Druck
General-Purpose Machine Intelligence
Neuromorphic Hardware
Smart Robots
Software Defined Security
Connected Home
Virtual Reality
Nanotube Electronics
Gesture Control DevicesMicro Data Centers
Virtual Personal Assistants
Personal Analytics
Smart Workspace
Smart Data DiscoveryIoT PLattform
Wearables
Augmented Reality
Autonomous Vehicles
Brain-Computer InterfaceVolumetric
Displays
Quantum Computing
3-D-Druck
Human Augmentation
Cloud Computing
Apps
Enterprise Taxonomy and OntologyManagement
Blockchain
Dronen
Cognitive Expert Advisors
Abb. 3.8 Beispiel eines Technologieradars (hier nur Informationstechnologien). (Eigene Darstel-lung)
3.2 Roadmap zur digitalen Transformation
72 3 Eine Roadmap für die digitale Transformation …
deutlich. 2016 hat Airbus mit der Serienproduktion von Bauteilen im 3-D-Druckver-fahren aus Titan und Edelstahl begonnen und plant ab 2017 auch Teile aus Aluminium fertigen zu können. Airbus will in Zukunft 10 % der Ersatzteile per 3-D-Druck wie-der selbst herstellen, voraussichtlich mit Standorten an den wichtigsten Flughäfen der Welt (Sander, P. 2015, S. 31 f.).
3.2.4.3 Design der OptionenMit der Auswahl der Enabler zur Digitalen Transformation wird im Teilschritt Design der Optionen das Geschäftsmodell gestaltet bzw. festgelegt, welche Enabler (Technolo-gien) im Rahmen des Wertschöpfungsnetzwerks zum Einsatz kommen (Boueé, C.-E. und Schaible, S. 2015, S. 19).
Hierfür werden je Geschäftsmodellelement unterschiedliche Optionen abgeleitet und logisch miteinander kombiniert. Entscheidend ist dabei, zunächst alle Optionen aufzu-listen, ohne eine Bewertung vorzunehmen. Die beiden Kernpunkte sind dabei, welche Geschäftsmodellelemente in welcher Form digitalisiert werden und welche Enabler aus dem Technologieradar eingesetzt werden sollen.
Abb. 3.10 stellt den Optionenraum für das zukünftige digitale Geschäftsmodell mit exemplarischen Ausprägungen für unseren genannten Triebwerkhersteller dar. Die ein-zelnen Geschäftsmodelldimensionen und deren Elemente bilden dabei den Rahmen des Optionenraums mit der ersten und zweiten Spalte links, wie z. B. die Geschäftsmodell Kundendimension mit dem Geschäftsmodellelement Kundensegmente in der Spalte rechts daneben. Die jeweiligen Optionen werden in der Zeile neben dem Geschäftsmo-dellelement erfasst. Die Anzahl der Optionen kann beliebig erweitert werden. So könn-ten etwa außer der bestehenden Zielgruppe der 100 größten Fluggesellschaften noch weitere Fluggesellschaften als potenzielle Kunden ins Auge gefasst werden. Eine weitere Option könnte sein, anstelle ausschließlich die Einkäufer der Kunden weitere Mitglieder der jeweiligen Buying Center wie User oder Influencer anzusprechen.
Die Gestaltung der Optionen für das zukünftige Geschäftsmodell orientiert sich dabei an den abgeleiteten Zielen. Die Optionen für das Geschäftsmodell sollten auch die
Abb. 3.9 Gedruckter Halter für einen Hydrauliktank von Airbus. (© 3DPrinting Magazine)
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3.2 Roadmap zur digitalen Transformation
74 3 Eine Roadmap für die digitale Transformation …
Kundenanforderungen und die Wertschöpfungskette mit Akteuren berücksichtigen: Ideen für die Gestaltung der digitalen Kundenerfahrung und des digitalen Wertschöpfungsnetz-werks können abgeleitet werden.
Im Rahmen des Designs der Optionen für das zukünftige Geschäftsmodell können neben den Best Practices und Enablern zusätzlich grundlegende Digitale Geschäfts-modell-Muster herangezogen werden (Hoffmeister, C. 2013, S. 17 ff., 2015, S. 120 ff.; Esser, M. 2014).
3.2.5 Digitaler Fit
Das Ziel der Phase „Digitaler Fit“ ist die Bewertung der Optionen des zukünftigen Geschäftsmodells. Dabei werden passende Kombinationen von Optionen festgelegt und hinsichtlich ihrer Passung, der Erfüllung von Kundenanforderungen und der Zielerrei-chung bewertet.
3.2.5.1 Passende KombinationenFür die abgeleiteten Optionen werden nun passende Kombinationen festgelegt, d. h. die Optionen müssen kongruent zueinander sein. Die jeweilige Kombination der Optionen wird anschließend in das bestehende Geschäftsmodell integriert.
Ein BeispielUnser bereits genannter Triebwerkhersteller möchte prüfen, welche Kombination der Geschäftsmodellelemente die Option „3-D-Drucker bei Kunden“ notwendig machen würde. Wer auch immer die Flugzeugturbinen warten würde, Ersatzteile wären prak-tisch immer und sofort verfügbar.
Eine Kombination mit der Option „Rahmenvertrag zur präventiven Wartung und Ersatzteillieferung“ würde gut dazu passen. Wenn der Drucker im Eigentum des Kun-den ist, verkauft der Triebwerkhersteller keine Ersatzteile mehr, sondern nur noch sein Know-how in Form von digitalen Daten. Digitalisierte Umsatzdaten wären die ent-sprechende Kombination. Durchdenkt man das Beispiel, ergeben sich bei allen Ele-menten des Geschäftsmodells dazu passende Kombinationen und vermutlich auch noch nicht bedachte, notwendige Änderungen.
3.2.5.2 BewertungDie Bewertung der Kombinationen erfolgt auf Grundlage von Kriterien aus drei Kategorien:
• Fit des Geschäftsmodells: Passung mit den bestehenden Geschäftsmodelldimensionen• Erfüllung von Kundenanforderungen: Beitrag zu Nutzenkategorien (funktional, öko-
nomisch, prozessbezogen, emotional, sozial)• Zielerreichung: Zeit, Finanzen, Raum, Qualität.
75
Anhand von passenden Kriterien können die Kombinationen in einer Scoring-Tabelle bewertet werden, um eine Priorisierung vorzunehmen. Eine solche Scoring-Tabelle ist exemplarisch in der Abb. 3.11 dargestellt.
In der linken Spalte sind die oben genannten Kategorien und rechts daneben die jeweils zugehörigen Kriterien wie z. B. der Fit mit der bestehenden Kundendimension abgebildet. Die dritte Spalte von links zeigt die festgelegte Gewichtung des Kriteriums. Die vierte Spalte von links enthält die Werte von 1 = sehr niedrig bis 5 = sehr hoch. Im Beispiel ist der Fit von Kombination eins mit der bestehenden Kundendimension mit zwei als eher niedrig bewertet. Der Score wird multiplikativ aus Gewichtung und Bewer-tung erzeugt.
Nachdem die Kombinationen für alle Kriterien gewichtet und bewertet wurden, kann abschließend der Gesamtscore einer Kombination von Optionen gebildet werden.
In manchen Fällen kann es notwendig sein, zur Bewertung der Zielerreichung der finanziellen Ziele (siehe Kriterium Finanzen in Abb. 3.11) Businesspläne für bestimmte Kombinationen zu erstellen. Umso größer die Tragweite der Veränderungen vermu-tet wird, umso sinnvoller ist die Erstellung eines Businessplans (siehe Abschn. 2.2.5 „Finanzdimension“).
3.2.6 Digitale Implementierung
Ziel der letzten Phase der Roadmap,der „Digitalen Implementierung“, ist die Fertigstel-lung des am erfolgversprechendsten Geschäftsmodells und die anschließende Implemen-tierung im Unternehmen.
3.2.6.1 Finalisierung digitales GeschäftsmodellAls Idealzustand liegt am Ende ein Geschäftsmodell vor, dass…
• …das künftige System von Systemen beschreibt,• …die notwendige technische Infrastruktur definiert,• …die Customer Journey bestimmt und• …das horizontale und vertikale Wertschöpfungsnetz darstellt.
Am Beispiel unseres Triebwerkherstellers seien diese vier Punkte nochmals erläutert:
System von Systemen (vgl. Abschn. 2.2.2.3)Ausgangsprodukt ist ein Triebwerk. Es wird stufenweise „smarter“, indem mittels Trieb-werksensoren Daten erhoben werden, die im nächsten Schritt eine Optimierung des Ver-brauchs ermöglichen. Automatisiert wird das Produkt durch eigenständige Abstimmung mit anderen Systemen, wie etwa den Landeklappen.
3.2 Roadmap zur digitalen Transformation
76 3 Eine Roadmap für die digitale Transformation …
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77
Dadurch wiederum entstehen automatisierte Produktsysteme (im vorliegenden Bei-spiel das Flugzeug) und Systeme von Systemen, hier würde dem ein Mobilitätsmanage-mentsystem entsprechen.
Technische Infrastruktur (vgl. Abschn. 2.2.3.1)Die hierfür benötigte technische Infrastruktur besteht im Beispiel aus der Turbine mit Sensoren (Hardware) und eingebetteter Software, einer Cloud für erweiterte Software (z. B. eine Analyse-Engine) und Netzwerkkomponenten zur Verbindung von Cloud und Turbine. Diese drei Kernblöcke sind umgeben von Sicherheitswerkzeugen (bei Flug-zeugturbinen leicht nachvollziehbar), externen Datenquellen sowie anderen Unterneh-menssystemen.
Customer JourneyDie Abb. 3.12 zeigt die Gestaltung der Kundenreise exemplarisch für den Einsatz eines Flugzeugtriebwerks. Die Reise beginnt in unserem Beispiel damit, Bedarf bei Kunden (Fluggesellschaften) zu wecken und als Lieferant wahrgenommen zu werden (links oben). Im weiteren Verlauf der Reise müssen im Rahmen der Ausschreibungen die Qualität der Triebwerke und Kosteneinsparungen bewiesen werden. Dazu sind etwa Daten zu erzeu-gen und aufzubereiten. Die Vertragsverhandlungen können die Bereitstellung neuer, nut-zenorientierter Preismodelle wie Bezahlung des Triebwerks nach Flugstunden erfordern.
Die Kundenreise endet nicht mit dem Kauf des Produkts, sondern geht nach dem Kauf mit der Nutzung idealerweise in den „Loyalitätszyklus“ über. Hervorragende Verfügbarkeiten und aufgezeigte Mehrwerte führen dann zu Weiterempfehlungen und
3.2 Roadmap zur digitalen Transformation
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78 3 Eine Roadmap für die digitale Transformation …
Wiederkäufen. So wird auch schnell deutlich, dass die Gestaltung der Kundenreise hin-sichtlich Kundenerlebnis und Kundenzielen ständig weiterentwickelt werden muss (vgl. Abschn. 2.2.1.3).
WertschöpfungsnetzeDie Gestaltung des digitalen Wertschöpfungsnetzwerks mit der Integration von Partnern ist der letzte Schritt bei der Finalisierung des Geschäftsmodells und nicht der unwich-tigste: Welche Rolle strebt das eigene Unternehmen in seinem Systems of Systems (SoS) an (siehe Abb. 3.13)? Die attraktivste Rolle ist die des Integrators SoS (bzw. eines Busi-ness-Ökosystems). Sie ist deshalb am meisten umkämpft (siehe Integriertes Wertschöp-fungsnetzwerk in Kap. 2 – Auswirkungen auf Unternehmen).
Ebenfalls attraktiv und deutlich öfter vorhanden sind die Integratoren von Produktsys-temen und lukrative Nischen im integrierten, digitalen Wertschöpfungsnetz.
Das ideale Geschäftsmodell mit neuer technischer Infrastruktur, Systemen von Sys-temen, Kundenreise und integriertem Wertschöpfungsnetz sollte das Preis-Leistungsver-hältnis seines Marktes deutlich zugunsten des eigenen Unternehmens verändern und ihm einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil verschaffen.
3.2.6.2 Implementierung im UnternehmenDie Implementierung eines neuen Geschäftsmodells ist grundsätzlich individuell. Den-noch kann man auf Best Practices zurückgreifen.
Je nachdem, wie umfassend die geplante Änderung des Geschäftsmodells sein soll und welche Bereiche die Änderungen betreffen, sollte die Umsetzung erfolgen.
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Icons made by freepik from fla con.com; Logos © GE, Google, Deutsche Bahn, Lu�hansa und Hilton Hotels.
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Abb. 3.13 Integriertes Wertschöpfungsnetz von System von Systemen (Vergleiche Schallmo, D. 2016, S. 44)
79
Kleinere Änderungen, wie z. B. ein neues Produkt, können innerhalb von Regelpro-zessen (z. B. dem Innovationsmanagementprozess) umgesetzt werden. Die einzelnen Schritte sind in diesem Fall bekannt und es muss hier nicht darauf eingegangen werden.
Größere Änderungen bis hin zum kompletten Umbau des Geschäftsmodells erfordern eine sorgfältige Planung und gute Change- und Projektmanagementfähigkeiten.
Das Vorgehen sollte dann dem strategischen Managementprozess (vgl. Abb. 3.14) folgen.Eine erfolgreiche Strategie benötigt als Basis eine Vision und langfristige Ziele. Die
bestehende Vision und die langfristigen Unternehmensziele sind an das neue Geschäfts-modell anzupassen.
Falls noch nicht bei der Entwicklung des Geschäftsmodells erfolgt, sind im zweiten Schritt noch offene Fragen zu beantworten z. B. bezüglich (nachhaltigen) Wettbewerbs-vorteilen und neuen Schlüsselressourcen.
Im dritten Schritt wird die Strategie greifbar gemacht – z. B. mit einer Balanced Scorecard. Basierend auf der Analyse müssen die richtigen operativen Ziele und die ent-sprechenden Maßnahmen zur Zielerreichung auf Vollständigkeit geprüft und festgelegt werden. So sind z. B. finanzielle Ziele wichtig, zeigen aber bei der Überwachung der Ziele immer nur den Blick in den Rückspiegel. Deshalb sollte auch auf in die Zukunft gerichtete, nicht-finanzielle Ziele wie Mitarbeiterentwicklung, Prozessoptimierung, Kundenzufriedenheit, etc. Wert gelegt werden. Sind die Ziele festgelegt und auf ihre Konsistenz geprüft, sind die Maßnahmen abzuleiten, die zur Erreichung der Ziele not-wendig sind. Teil dieser Arbeit ist der Entwurf von Projektplänen, die Ermittlung not-wendiger Ressourcen wie Investitionen und Mitarbeiter, sowie für Transparenz zu sorgen ebenso wie die Ausarbeitung des Finanzplans mit den notwendigen Kennzahlen.
Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung sind die Menschen: Führung und Mit-arbeiter des Unternehmens. Sie dürfen die Ziele und Maßnahmen nicht nur kennen und verstehen – sie sollen sie leben, sich dafür begeistern und damit das Unternehmen nach vorne tragen.
3.2 Roadmap zur digitalen Transformation
Abb. 3.14 Der strategische Managementprozess. (In Anlehnung an Welge, M. und Al-Laham, A. 1999, S. 96)
1. Vision
2. Analysieren
3. Planen
4. Umsetzen
5. Controllen
80 3 Eine Roadmap für die digitale Transformation …
Wesentliche Teile der Strategie wie z. B. die Maßnahmen sollten daher von den Mit-arbeitern mit entwickelt werden. Denn: Nur wer mit entwickelt hat, trägt im Anschluss die Umsetzung auch voll mit. Und hier steckt die eigentliche Arbeit. Umsetzung bedeutet (vgl. dazu z. B. Doppler, K. und Lauterburg, C. 2008):
• Kommunikation der Strategie nach innen und außen• Verankerung der vereinbarten Ziele im Unternehmen bis hin zum einzelnen Mitarbei-
ter mit entsprechenden Zielvereinbarungen• die Bereitstellung der zur Durchführung der Maßnahmen und Projekte benötigten
Ressourcen• Committment der Unternehmensführung• Controlling der Zielerreichung und der Umsetzung der Maßnahmen• Lernen aus Erfolgen und Misserfolgen und entsprechende Anpassungen der Ziele und
Maßnahmen
3.3 Zusammenfassung
Kap. 3 erläutert unser Verständnis der systematischen digitalen Transformation von Geschäftsmodellen. Im Detail haben wir fünf Schritte zur Digitalen Transformation von der Analyse des bestehenden Geschäftsmodells über Ziele, Optionen, Bewertung der Optionen bis hin zur Finalisierung des neuen Geschäftsmodells und dessen Implementie-rung aufgezeigt.
Die Abb. 3.15 fasst die zuvor beschriebenen Phasen der Roadmap nach Zielen und Ergebnissen zusammen.
Das Vorgehensmodell kann selbstverständlich individuell angepasst werden, indem einzelne Phasen und Aktivitäten zusammengefasst bzw. übersprungen werden.
813.3 Zusammenfassung
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82 3 Eine Roadmap für die digitale Transformation …
Abschließend, die aus unserer Sicht zehn wichtigsten Erfolgsfaktoren der Digitalen Transformation:
1) Etablieren Sie eine offene Innovationskultur (Think outside the box).
2) Stellen Sie ausreichend Ressourcen, wie Zeit, Geld, Raum, bereit.
3) Kennen Sie Ihr Geschäftsmodell und leiten Sie Digitalisierungspotenziale ab, die Sie priorisieren.
4) Behalten Sie den Überblick über Enabler für die Digitalisierung Ihres Geschäftsmodells.
5) Behalten Sie die Wertschöpfungskette Ihrer Industrie und Ihre Wettbewerber im Blick.
6) Lernen Sie von Best Practices in Ihrer eigenen und in fremden Industrien.
7) Bauen Sie notwendige Fähigkeiten auf bzw. beteiligen Sie sich an Unternehmen, die darüber verfügen.
8) Kooperieren Sie mit geeigneten Partnern und bauen Sie ein integriertes und digitales Wertschöpfungsnetzwerk auf.
10) Beginnen Sie heute! Spätestens am kommenden Montag.
9) Testen Sie Ihre Ideen im Kleinen, um Risiken zu reduzieren und Akzeptanz zu schaffen.
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