Dr. Henning BrandDiplom-Psychologe
Mk 1.2Universität zu Köln
WS 08 / 09
Meine Anforderungen:
Credit Points:
2 = aktive Mitarbeit, inklusive der kleinen Übungs- aufgaben
3 = wie 2 plus Test
4 = wie 3 plus Abschlußdiskussion
Grundlagen 1:
Variablen und wie wir sie beschreiben:Parameter
Was bisher geschah:
Bei ethnologischen Studien in Riesenland und Zwergen-land haben wir festgestellt, daß sich die Bewohner derbeiden Länder durch ihre Körpergröße unterscheiden.
Die beste Angabe zur Körpergröße einer Nation istder Mittelwert M. Wir erhalten die mittlere Körpergrösse,indem wir die Summe ∑ der Einzelwerte xi bilden unddurch die Anzahl N der Einzelwerte dividieren:
M =
∑ xi
N
“Körpergröße” ist eine Variable. Das heißt: sie ändertihre Werte. Es gibt verschiedene Ausprägungen der Variablen “Körpergröße”.
Der Mittelwert M ist der Wert, den eine Variable amwahrscheinlichsten annimmt. Wir können uns diesenWert als “Schwerpunkt” oder “Gravitationszentrum”vorstellen.
Der Mittelwert ist das Gleichbleibende an einer Variablen.
Es reicht nicht aus, nur den Mittelwert einer Variablenzu kennen. Denn wir müssen auch wissen, wie starksie sich verändert (variiert). Das Mass dafür heißtVarianz.
Berechnung der Varianz:a) Bestimme die Abweichung jedes Einzelwertes xi vom Mittelwert M.
b) Es gilt immer: ∑ (M - xi) = 0
M
V
M = Mittelwert / „Wasserstand“
V = Varianz / „Seegang“
Lösung des Problems:
c) Quadriere die Abweichungen (M - xi)!
d) Die Varianz s2 ist dann:
s2 =∑ (M - xi)2
N
Frage: Warum? Wieso wird nicht statt dessen mit dem Betrag der Abweichung gerechnet?
e) Die Standardabweichung s ist die Wurzel aus der Varianz.
M x1
x2
M - x1
M - x2
√(M-x)2+(M-x 2)2
Dividieren wir vor dem Wurzelziehen durch N, so ent-spricht √(M-x)2+(M-x2)2 der Standardabweichung s.
Antwort: Pythagoras
Grundlagen 2:
Zufall, Wahrscheinlichkeit, Wahrscheinlichkeitsverteilungen
Definition von Zufall:
Zufällig ist ein Ereignis, wenn es durch keine bekannte Gesetzmäßigkeitvorhersagbar ist
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Die Standardnormalverteilung
68% der Fälle innerhalb einer Standardabweichung von .10% der Fälle sind mehr als 1.65 Standardabweichungen von entfernt.
5% > 1.96 Standardabweichungen von .
Eigenschaften
Der zentrale Grenzwertsatz
Die Normalverteilung kann angewendet werden, auchwenn eine Variable in der Population nicht normalver-teilt ist:
Die Summenwerte von unabhängigen Zufallsprozessennähern sich mit steigender Anzahl von Beobachtungen der Normalverteilung an.
Der zentrale Grenzwertsatz
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Vpn X (M-x)1 5 02 3 23 8 -34 6 -15 3 26 8 -37 2 3
Sum 35 0Mean 5
Freiheitsgrade
degrees of freedom
df
Freischütz : “Sechse treffen, sieben äffen”
THEMEN
1. Hypothesen testen
2. Unterschiede
3. Experiment und Quasiexperiment
4. Zusammenhänge
5. Messen
6. Messen und Rechnen unter Extrembedingungen: Nonparametrische Statistik
1. Hypothesentesten
Hypothesentest: Prüfgröße = die beobachtete Abweichungkritischer Wert = die theoretische Grenze, (z.B. 5%) des Zufallsbereichs
gerichtete Hypothese: sagt vorher, in welcher Richtung ein Unterschied oder Zusammenhang liegt.ungerichtete Hypothese: sagt, daß überhaupt ein Unterschied/Zusammenhang besteht
Das beeinflußt, wo der kritische Wert liegt:einseitiges vs. zweiseitiges Testen
Statistik(„Bestandsaufnahme“)
Zusammenhänge Unterschiede
beschreiben erklären
2. Unterschiede
“For X to be a cause of Y, two conditions must hold:first, that X and Y both happen; and second, that Ywould not have happened if X had been otherwise.”
from David Deutsch: “The Fabric of Reality”, p. 274
Kausalität
X Y
Xdiff non Y
Unterschiede
Zusammenhänge
Multiplikation soll im Mathematikunterricht nach zweiverschiedenen Methoden unterrichtet werden:
a) In Addition umwandeln (z.B. 3*3 = 3+3+3)b) Geometrisch (3*3 ist Fläche mit neun Kästchen)
Je drei Klassen werden nach einer der beiden Methodenunterrichtet. Nach einiger Zeit wird als Erfolgskontrolle ein Test geschrieben, der zehn Aufgaben hat.
Wir betrachten im folgenden, wie sich die Ergebnisseauswerten lassen.
Methode:Addition
Methode:Graphisch
Klasse 1Klasse 2Klasse 3
231
675
MeanSum of Squares (SS)
22
62
Overall MeanOverall SS
428
Methode:Addition
Methode:Graphisch
Klasse 1Klasse 2Klasse 3
231
675
MeanSum of Squares (SS)
22
62
Overall MeanOverall SS
428
Die Varianzanalyse (ANOVA)
Grundidee 1: Es gibt Unterschiede innerhalb der Gruppen.
Grundidee 2: Es gibt Unterschiede zwischen den Gruppen.
Die Quadratsummen (SS) innerhalb der Gruppen sindFehlerterme. Sie geben die zufällige Abweichung dereinzelnen Klassen im Test wieder.
Die Quadratsummen zwischen den Gruppen sind dieinteressanten: Sie geben an, wie stark der Unterschiedist, der auf die Unterrichtsmethode zurückzuführen ist.
Varianzanalyse
SS df MS F p
Effect
Error
24,0
4,0
1
4
24,0
1,0
24,0 .008
Haupteffekt
Die Varianzanalyse ist die Methode der Wahl zur Analysevon Gruppenunterschieden.
Sie zeigt die verschiedenen Varianzquellen auf.Sie ist geeignet, mehr als zwei Gruppen miteinander zu vergleichen.
Beispiel:
In unserem Beispiel haben wir gemischte Klassen. Dabeiwerden Kinder mit Lernstörungen zusammen mit Kindernunterrichtet, die keine Schwierigkeiten, speziell nicht imMathematikunterricht haben.
Ein mögliches Ergebnis der Studie:
Methode:
Addition
Methode:
Graphisch
Lernstörung 2
3
1
6
7
5
M 2 6
keine Lernstörung
5
6
4
6
7
5
M 5 6
Interpretation:
Die Wirkung der Unterrichtsmethode ist abhängig von der Schülergruppe (LB + / LB -). Die Schüler mit Lernstörungen profitieren stärker von der graphischen Methode.
M 6
2
Addition Graphisch
Definition: Interaktion in der Varianzanalyse
Die Wirksamkeit der Unterrichtsmethode ist abhängigvon der Schülergruppe, die unterrichtet wird. Die Schüler mit Lernstörung profitieren stärker.
Die Auswirkung der Variablen „Unterrichtsmethode“ist abhängig von der Ausprägung der Variablen „Lern-störung“
Allgemein:Die Auswirkung einer unabhängigen Variablen istabhängig von der Ausprägung einer anderen un-abhängigen Variablen.
3. Was ist ein Experiment?
Unabhängige Variable:Wird in einer Untersuchung kontrolliert verändert.
Frage ist diese Schulstudie ein Experiment?
Merkmale des Experiments:Das Experiment ermöglicht das Testen von kausalenHypothesen durch:
kontrollierte Veränderung der unabhängigen Variablen
zufällige Verteilung der Versuchsteilnehmer auf die Bedingungen (Randomisierung)
Kontrolle von Störvariablen
Unterschied zwischen Experiment und Quasi-Experiment:
Fehlende Randomisierung
Fehlende Parallelisierung
In der Schulstudie werden die Schüler nicht zufälligauf die Unterrichtsmethoden „Addition“/„Graphisch“verteilt.
Es handelt sich daher um eine quasiexperimentelleStudie.
Der Solomon - Vier-Gruppenplan
Gruppe 1: O - T - O
Gruppe 2: O O
Gruppe 3: T - O
Gruppe 4: O
Messung 1 Messung 2
Gruppe 1
Gruppe 2
Gruppe 3
Gruppe 4
4. Zusammenhänge
In einer Schulklasse von 15 Kindern werden drei Grössenuntersucht:
a) Erziehungsstil der Eltern 0=liberal bis 10=autoritär
b) Motorische Unruhe der Kinder 0=ruhig bis 10=unruhig
c) Selbstvertrauen der Kinder 0=gering bis 10=sehr hoch
Annahme: Es besteht ein Zusammenhang zwischen Autoritarismus (A) und Selbstvertrauen (S).
Es wird vermutet, daß autoritärer Erziehungsstil mitgeringem Selbstvertrauen der betroffenen Kindereinhergeht.
Bei Autoritarismus (A) und Selbstvertrauen (S) handeltes sich um Variablen.
Fragen bei einer Variablen:
Wie stark ändert sie sich?
Was verändert sich nicht?
M
M - „Wie autoritär sind sie insgesamt?“
V - „Wie stark schwanken die Einzelwerte?“
V
M = Mittelwert / „Wasserstand“
V = Varianz / „Seegang“
Grundidee der Korrelation
X Y
Wenn ein Zusammenhang der Schwankungen von X undY besteht, dann muss sich die Variabilität
∑(Mx - xi)2 bzw. ∑(My - yi)2 ausdrücken lassen
durch:
∑(Mx - xi)*(My - yi)
Ist der Zusammenhang perfekt, dann gilt :
∑(Mx - xi)2 = ∑(My - yi)2 = ∑(Mx - xi)*(My - yi)
so dass:
r = = 1∑ (Mx - xi)*( My - yi)
√ ∑(Mx - xi)2 * ∑(My - yi)2
Wenn der Zusammenhang nicht perfekt ist, wird
∑(Mx - xi)*(My - yi) < √∑(Mx - xi)2 * ∑(My - yi)2
so dass r < 1 wird.
Wenn die Wellen im Aquarium 2 genau entgegengesetzt
ausschlagen, ist - ∑(Mx - xi) = ∑ (My - yi) so dass
r = - 1 wird.
Vpn Aut M-x (M-x)2 Selb M-x (M-x)2 Mot M -x (M-x)21 7 -3 9 3 3 9 5 -2 42 2 2 4 8 -2 4 0 3 93 1 3 9 9 -3 9 0 3 94 3 1 1 7 -1 1 0 3 95 9 -5 25 3 3 9 8 -5 256 4 0 0 5 1 1 1 2 47 0 4 16 9 -3 9 2 1 18 3 1 1 6 0 0 4 -1 19 3 1 1 6 0 0 4 -1 1
10 6 -2 4 3 3 9 7 -4 1611 8 -4 16 2 4 16 6 -3 912 1 3 9 5 1 1 1 2 413 9 -5 25 7 -1 1 5 -2 414 2 2 4 8 -2 4 1 2 415 2 2 4 9 -3 9 1 2 4
Sum 60 0 128 90 0 82 45 0 104Mean 4 6 3
Aut M-x (M-x)2 Selb M-y (M-x)(M-y)7 -3 9 3 3 -92 2 4 8 -2 -41 3 9 9 -3 -93 1 1 7 -1 -19 -5 25 3 3 -154 0 0 5 1 00 4 16 9 -3 -123 1 1 6 0 03 1 1 6 0 06 -2 4 3 3 -68 -4 16 2 4 -161 3 9 5 1 38 -5 25 7 -1 52 2 4 8 -2 -42 2 4 9 -3 -6
Sum 60 0 128 90 0 -74
Berechnung der Covarianz
Bivariate Korrelation
Autoritarismus / Selbstvertrauen
r = -74
√128*82= -.72
Autoritarismus / Motorische Unruhe
r = 95
√128*104= .82
Selbstvertrauen / Motorische Unruhe
r =-70
√82*104= -.76
Daraus folgt: Der Korrelationskoeffizient r ist abhängigvon den Parametern M (Mittelwert) und S2 (Varianz).
Er heisst daher parametrischer Korrelationskoeffizient.
Er kann Werte zwischen 1 und - 1 annehmen.
Dieser Koeffizient wird auch Pearson-Korrelation genannt.
Er setzt intervallskalierte Variablen voraus.
5. Messen
Messen in der Statistik
Nominalskalierung
Ordinalskalierung
Intervallskalierung
=> Skalierung einer Variablen
Kategoriale Daten / qualitative Unterschiede z.B.Männer/FrauenEs gibt keine Abstände zwischen Kategorien, Unterschiede sind nicht interpretierbar im Sinne von „mehr“ oder „weniger“
Ordinale Daten / quantitative Unterschiede z.B. Schulnoten. Esgibt Abstände zwischen Kategorien, Unterschiede sind interpretierbar,im Sinne von „mehr“ oder „weniger“, die Abstände sind nicht gleich.
metrische Daten, quantitative Unterschiede z.B. Testleistung in einemKonzentrationstest, Unterschiede interpretierbar, Abstände sind gleich,denn: 4 Fehler sind doppelt soviel wie 2 Fehler
Quantitative Variablen beschreiben, wieviel Einheiten einerGröße vorhanden sind.
Qualitative Variablen beschreiben, wie etwas beschaffenist.
Vpn X (M-x)1 5 02 3 23 8 -34 6 -15 3 26 8 -37 2 3
Sum 35 0Mean 5
Beispiel 1: quantitativ Beispiel 2:qualitativ
Männer Frauen
6. Parameterfreie Statistik
Thema 2 - Hypothesentest
Ein Referendar glaubt, dass mathematische Begabung geschlechtsspezifisch und invariant sei. Er hält seine männ-lichen Schüler daher für grundsätzlich begabt und seine Schülerinnen für unbegabt. Als Fachleiterin beobachten Sie den Unterricht der Lehrkraft und beobachten, dass die Jungen in der Klasse anders behandelt werden als dieMädchen. Während der Lehrer die Jungen eher mit Lobaufbaut und ermutigt, scheint er die Mädchen eher zu tadeln und zu entmutigen. Um dem Problem auf den Grundzu gehen, bilden Sie Kategorien für lobendes und tadeln-des Lehrerverhalten, filmen eine Unterrichtssequenz undlassen diese durch zwei unabhängige Beobachter be -urteilen.
1 8
4 2
LobTadel
Jungen
Mädchen
Die Beobachter kommen zu folgendem Ergebnis:
(N = 15 beobachtete Verhaltenseinheiten)
Der Referendar behauptet, sein Unterricht sei fair, dieWahrscheinlichkeit für Lob und Tadel sei für Jungen undMädchen gleich, und nur von der fachlichen Leistungabhängig.
Hypothesentestende Forschung
Wir erforschen hypothesengeleitet den Wahrheits -gehalt dieser Aussage:
H0 = Lob/Tadel sind unabhängig vom Geschlecht(Nullhypothese)
H1 = Lob/Tadel sind abhängig vom Geschlecht(Alternativhypothese)
Beachten Sie:
Die Forschungshypothese, die wir inhaltlich formu- lieren, ist die Alternativhypothese H1.
Wir gehen also zunächst davon aus, dass die Nullhypothese H0 zutrifft. Wir testen konservativ.
Die Forschungshypothese lässt sich als Zusammen- hangshypothese formulieren: Es gibt einen Zusammen- hang zwischen dem Geschlecht der Schüler und dem Lehrerverhalten.
Die Forschungshypothese lässt sich als Unterschieds- hypothese formulieren: Jungen werden gegenüber Mädchen bevorzugt
1 8
4 2
Erster Schritt: Wir ermitteln die Erwartungswerte
9
6
5 10 N = 15
Randsummen
Tadel Lob
Jungen
Mädchen
9 * 5
15
= 3
9*10
15
= 6
6*5
15
= 2
6*10
15
= 4
9
6
5 10
Tadel Lob
Jungen
Mädchen
Erwartungswert : =
Hier: Häufigkeiten von Lob / Tadel bei Jungen und Mädchen, die wir erwarten, falls „Lehrerverhalten“und „Geschlecht der Schüler“ unabhängige Ereignisse sind.
Ausprägung einer Variablen,oder einer Kombination von Variablen, die wir erwarten zu beobachten, falls bestimmte Annahmen bezüglich dieser Variablen zutreffen.
beobachtet: 1
erwartet: (3)
1-3=-2
beobachtet: 8
erwartet: (6)
8-6=2
beobachtet: 4
erwartet: (2)
4-2=2
beobachtet: 2
erwartet: (4)
2-4=-2
Tadel Lob
Jungen
Mädchen
9
6
5 10 N = 15
2 = (1-3)2
3 + + +6 2 4(8-6)2 (4-2)2 (2-4)2
= 5= 1,3 + 0,7 + 2 + 1
= 1Freiheitsgrade / df (degrees of freedom)
0
p < .05
3.84
2
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Die Chi-Quadrat Funktion in Abhängigkeit von ihrenFreiheitsgraden (df)
Chi-Quadrat Anpassungstest
Prüfgröße: 2 =5
2 = 5 > 2krit = 3.84
Der Test ist signifikant.
Die Nullhypothese Ho wird verworfen.
Es besteht ein signifikanter Zusammenhang zwischendem Lehrerverhalten (Lob/Tadel) und dem Geschlechtder Schüler.Jungen werden gegenüber Mädchen bevorzugt.
Die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Ergebnis zufälligbeobachtet wurde (Irrtumswahrscheinlichkeit) ist p<.05.
Borchert, J., & Runow, V. (2003). Effektive Intervention im sonderpädagogischen Arbeitsfeld- ein Vergleich zwischen Forschungsergebnissen und Lehrereinschätzungen. Zeitschrift für Heilpädagogische Forschung,4, 189-203.