Ein alter Umzugskarton chaotisch gefüllt mit losen
Fotos und Filmen -
Zur archivtauglichen Lagerung von Foto- und Filmmaterialien
Dipl. Rest. (FH) Kerstin Jahn,
KBE - Kompetenzzentrum Bestandserhaltung
für Archive und Bibliotheken in Berlin und Brandenburg
BKK Fortbildungsseminar 23.-15.11.2016
© Kerstin Jahn
Kompetenzzentrum Bestandserhaltung
www.zlb.de/kbe
Gefördert von:
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Typische Situation
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Problematiken/Gefahren
• Unwissen über Techniken und Materialien und mögliche Ursachen für Schadensbilder
• Dadurch Fehleinschätzungen in den Maßnahmen / Umgang
Objekte bleiben unbearbeitet liegen
Entstehen von Schäden / Verlust der Originalsubstanz
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Konzept
• Bestandsaufnahme inkl., Nutzungsfrequenzen, Priorisierungen
• Identifizierung der Materialien / fotografischen Techniken, Format und Zustand der Objekte
• Risk management: Räumlichkeiten / Gebäude / Gefahrenherde / Zugänglichkeit / Handling und Workflows innerhalb der Institution (z.B. Neuzugänge, Ausleihe etc.)
• Klärung von Zuständigkeiten
• Planung von kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen
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Identifizierung von Foto- und Filmmaterialien
Wer meint eigentlich was mit „Foto“/„Film“?
35mm
Abzug...Print...
Ferrotypie
Albumin 16mm...normal 8...super 8
Silbergelatineabzug Daguerre
Kollodium
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Genereller Aufbau von fotografischen/Film- Materialien
immer: Trägermaterial + Bildschicht
• Trägermaterial:
Papier, Glas, Kunststoff, Leder, Metall, Textil, …
• Bildschicht:
Bindemittel (Gelatine, Kollodium, Albumin)
+ lichtempfindliche bzw. bilderzeugende Substanz (Silberhalogenide, Farbstoffe)
• Optimierung der Bildqualität:
je nach Verfahren weitere Schichten, z.B. :
Barytschicht (weißes Bariumsulfat-Pigment in Gelatine) zwischen Emulsion und Träger,
oder auch Kunststoffschichten bei PE- Papier,
oder auch Schutzschichten wie Firnis, Lichthofschutz, Antiroll
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Aufbau von fotografischen Materialien
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Beispiel Schichtaufbau Fotografie Abzug (Firnis) Bindemittel mit Silberpartikel und (Barytschicht) Träger Papier
© Cartier-Bresson, 2008
Differenzierung fotografischer Verfahren (ein grober Überblick)
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Fotografischer Abzug:
Meist ein mit einem Positiv belichtetes und entwickeltes Fotopapier (mit Bildschicht) (umgangssprachlich „Foto“) (Albumin, Kollodium, Gelatine) (≠ ausgedrucktes Bild)
Negativ: Sowohl bei Film als auch bei Foto, das negative Bild auf einem transparenten Träger zur Herstellung eines Positivs (Umgangssprachlich meistens für Kleinbildnegative) (Projektion!)
Diapositiv / Dia: Bild (als Positiv) auf einem transparenten Träger (Kunststoff, Glas) (meist gerahmt) (sowohl s/w als auch color) (Projektion!)
s/w - Foto/Film: Bild hergestellt aus Silberpartikeln, auch Tonungen und Handkolorierungen möglich (z.B. Silbergelatineabzug)
Farbfotografie/-film: additive und subtraktive Farbentwicklung
Unikatverfahren: nicht vervielfältigbare Einzelstücke (z.B. Daguerreotypie)
Kopierverfahren: Eigenschaften wie Abzüge auf Papier (z.B. Copyrapid, Diazotypien)
Fotograf. Druckverfahren:
Bild-/Farbmittel werden auf einen Träger aufgetragen, manchmal kaum von Fotografie zu unterscheiden (wichtig bei z.B. Postkarten)
Differenzierung fotografischer Verfahren (Beispiel Formatvielfalt)
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© bilderfürst® Fürth
Weiterführende Informationen (ein Auszug)
• http://graphicsatlas.org/identification/
• Schmidt, Marjen: Fotografien – in Museen, Archiven und
Sammlungen, Weltkunst Verlag München, 2. Auflage, 1995
• Reilly, James M.: Care and identification of 19th-century
photographic prints, Eastman Kodak Company, Rochester NY,
3. Auflage 2001
• Starl, Timm: Hinter den Bildern, Identifizierung und Datierung von Fotografien, in Fotogeschichte – Beiträge zur Geschichte und Ästhetik der Fotografie, Jahrgang 26, Heft 99, S.1-88, Jonas Verlag, Marburg, 2006
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Ursachen für Schadensbilder exogene und endogene Einflüsse
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© Kerstin Jahn
Schadensbilder
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Risse, Knicke, Stauchungen Klebestellen lösen sich Schichten lösen sich (Bildschicht, Informationsschicht, Trägerschicht) Schrumpfung Verformung (Speichenbildung) Verfärbungen (Magentafärbung, Verbräunung), Verblassen des Bildes Verspröden Verkleben („Schwitzen“), Verblocken Schimmel auf der Bildschicht
„Vinegar Syndrom“ – Essiggeruch (Azetatfilm) nitroser Geruch und Kampfergeruch (Nitratfilm)
Glossar Schadensbilder
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© KBE
Prävention
Gleiche Prinzipien wie bei Schriftgut:
Kontrolliertes, konstantes Klima
keine UV- Einwirkung
schadstoff-, schmutzfreie Umgebung
sorgfältige, dem Medium entsprechende Verpackung
schonendes Handling
geschultes Personal als auch Nutzer
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Klima
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Langzeitarchivierung:
Kühllagerung ist bei selten genutzten Objekten (speziell Kunststoff) sinnvoll !
ein zu häufiges Auftauen beschleunigt den Abbau der Objekte, aufgrund des Klimareflexes Akklimatisierung bedenken!
© image permanence institute
Maßnahmen/Hilfsmittel Verpackung
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Wahl der Verpackung abhängig von:
Material, Format, Zustand, Nutzung!
fotografische Materialien:
• Abzüge
• Foto-Negative
• Dias
• Filmmaterialien
• AV / Tape / Magnetbänder
aber auch:
• Fotografische Kopierverfahren (Cyanotypien, Diazotypien, Photostat, etc.)
Verpackung
• Vielfalt an Boxen, Hüllen, Mappen
• U.a. Dienstleister wie für schriftliches Archivgut
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© Hans Schröder
Verpackung - Hüllen
Transparentpapier
Vorteil: günstig, luft-/ schadstoffdurchlässig
Nachteil: labil / kaum Schutz (Feuchte, Feuer, mechanisch),
bei Feuchteschaden kaum aus Bildschicht lösbar,
Alterung
Fotoarchivpapier
Vorteil: stabil / guter Schutz (Feuchte, Feuer, mechanisch, Licht)
Nachteil: teurer, blickdicht
Kunststoff (PP, PE)
Vorteil: transparent, mechanischer Schutz
Nachteil: Gefahr Mikroklima, bei PE Gefahr Elektrostatik
unbeschichtetes Polyester, HD (High density), Polyethylen, Polypropylen und Polystyrol
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Tipps
• A-D Strips: Schnelltest für die Messung des Essigsäuresyndroms (muss korrekt angwendet werden, sonst keine reale Aussagekraft!)
• Nie am Ende eines Wickels den Film „straff ziehen“! Sonst entstehen Kratzer und Verformungen
• So lagern, dass am wenigsten Druck/Last auf das Material wirkt! (liegend und stehend)
• Bei stehender Lagerung auch in Boxen, auf Stabilität achten! Verformungen, die durch dauerhaft gebogenes Lagern entstanden sind, können kaum bis nicht mehr rückgeführt werden!
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© image permanence institute
© Oekopack AG
Mehr Informationen (u.a.)
• „Bestandserhaltung – Ein Ratgeber für Verwaltungen, Archive und Bibliotheken“, Maria Kobold, Jana Moczarski, 2.Auflage, 2012
• „Verwahren - Sichern - Erhalten - Handreichungen zur Bestandserhaltung in Archiven“, Glauert, Mario; Ruhnau, Sabine (Hg.), Potsdam 2005. 2. Aufl.
• „Faustregeln für die Fotoarchivierung“, Ein Leitfaden von Sebastian Dobrusskin, Wolfgang Hesse, Martin Jürgens, Klaus Pollmeier, Marjen Schmidt, 4. Auflage, Esslingen: Museumsverband Baden-Württemberg, 2001
• Image permanence institute • Filmcare.org
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Normen und Richtlinien
Normungen zu Anforderungen an Papierqualität, Lagerungsort und Verpackungsmaterialien für vor allem Schriftgut „Klassiker“:
DIN ISO 11799
DIN EN ISO 9706
DIN ISO 16245
Für fotografische und filmische Materialien:
P. A. T. - Photographic Activity Test
ISO Standard 18916-2007
(bzw. nach ANSI/NAPM IT9.16-1993)
Photography - Processed photographic materials – Photographic activity test for enclosure materials Säurefrei, ungepuffert (pH 7,0 - 7,5) (Objekte empfindlich auf Alkalien)
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Normen und Richtlinien
DIN 15549:2016-04 (früher DIN ISO 18902 – 2001) „Bild-Aufzeichnungsmaterialien – Materialien für Fotografien –
Beschaffenheit von Aufbewahrungsmitteln“ • Papier, Pappe • Kunststoff • Metall • Klebstoffe • Schreib-, Kennzeichnungs-, Druckmaterialien • Alben • Verglasungen, Hüllen
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Normen und Richtlinien ISO/DIN 18934
Bild- und Aufzeichnungsmaterialien – Lagerungsbedingungen für Langzeitlagerung von
Archivbeständen mit unterschiedlichen Medien
ISO/DIN 18923
Imaging Materials: Polyester-Base Magnetic Tape – Storage Practices, 2000
DIN 15551-3
Strahlungsempfindliche Filme – Zellhornfilm – Teil 3: Begriffe, Eigenschaften, Handhabung,
Lagerung, 2011
ISO/DIN 18911
Imaging Materials: Processed Safety Photographic Films – Storage Practises, 2010
ISO 18920
Imaging Materials: Processed Photographic Reflection Prints – Storage Practices, 2000
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Zusammenfassung siehe im aktuellen Normenhandbuch: „Analoge Kinefilme und Fotografien“, Beuth Verlag, 2016
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© Beuth Verlag
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Kerstin Jahn Diplom Restauratorin (FH) für fotografisches und audiovisuelles Kulturgut KBE – Kompetenzzentrum Bestandserhaltung Für Archive und Bibliotheken in Berlin und Brandenburg mail [email protected] web www.zlb.de/kbe
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