Anne Faber
Einführung in die Politikwissenschaft: Begriffe, Theorien, Methoden
Dimensionen des Politikbegriffs: Was ist Politik? 11.04.2011
VeranstaltungsplanTermine Themen
11.04.-02.05.11
1. Grundbegriffe: Politik, Wissenschaft, Politikwissenschaft
09.05.-30.05.11
2. Gegenstände der Politikwissenschaft: Politische Systeme
06.06.-27.06.11
3. Theorien: Vergleichende Regierungslehre, Theorien der IB, Theorien der europäischen Integration
04.07.-11.07.11
4.Techniken und Methoden
Organisation
- Tutorien: keine Pflicht, wenn Sie bereits einen Tutoriumsschein haben
- Beginn der Vorlesung + Anwesenheit
- Fragen?
Aufbau der Sitzung
Was ist Politik?• Einstieg• erste Definitionsversuche• Annäherung• wissenschaftliche Definitionen• Zentrale Begriff der Politik und der
Politikwissenschaft• Dimensionen• Grenzen
Einstieg
Was ist Politik?
- Politik ist, wenn alles mit allem zusammen hängt?
Einstieg
Einstieg
Was ist Politik?
Politik heißt, „Menschen hinter einer Idee zu versammeln.“
(Winfried Kretschmann, neuer Ministerpräsident in Baden-Württemberg, in der Süddeutschen Zeitung vom 28.03.2011)
Definition
„Politik ist die Gesamtheit der Aktivitäten zur Vorbereitung und zur Herstellung gesamtgesellschaftlich verbindlicher und/oder am Gemeinwohl orientierter und der ganzen Gesellschaft zugute kommender Entscheidungen.“ (Meyer 2010: 37)
AnnäherungBesondere Charakteristika von Politik:- Handeln als gesamtgesellschaftlich bezogene Suche nach Problemlösungen- offener + öffentlicher Charakter von Entscheidungen- Handeln als Aushandlung von Alternativen- Handlungen haben Wertzuweisungen zur Folge- Entscheidungen sind für alle bindend- Bsp.: Steuerpolitik (2009/10)
Neuverhandlung der Sätze für ALG II/Hartz IV (2010/2011)
Wissenschaftliche Definitionsversuche IPolitik ist- Summe der Mittel zum Machterwerb, Machterhalt und Machtgebrauch (Umgang mit Macht)- Kampf um die „rechte“ (oder „gute“) Ordnung- gesellschaftliches Handeln, welches darauf abzielt, gesellschaftliche Wertekonflikte verbindlich zu regeln (und durchzusetzen)- Kampf um Veränderung oder Bewahrung
Wissenschaftliche Definitionsversuche IIPolitik ist- Unterscheidung von Freund und Feind/dem Anderen/dem Fremden (Carl Schmitt 1932)- Entscheidungsbildung auf öffentlichem Weg- verbindliche Regelungen über Werte und Güter sowie über deren Verteilung- Kampf zum Zweck der Durchsetzung von Interessen- …
Zentrale Begriffe der Politik …• Staat• Führung• Macht• Hierarchie• Ordnung• Frieden• Freiheit• Konflikt• Klassenkampf
… und der Politikwissenschaft:• Akteur• System• Struktur (Institution)• Dynamik• Frieden und Konflikt• …
Zentrale Begriffe
Macht- formale Dimension- Mittel?- Zweck?- Durchsetzung?
Gemeinwohl- inhaltliche Dimension- Ziel- Zweck- Legitimation
Allgemeinverbindlichkeit/Gültigkeit für alle Mitglieder einer Gesellschaft
Zentrale Begriffe
Macht Konflikt(Verteilung)
Knappheit
Politik
Zentrale Begriffe: Macht
„A‘s power is the ability of A to make B do something B would have preferred not to do orto make B do something B was hesitating to do or to stop B from doing something B wouldotherwise have done.“ (Hoffmann 1975: 188)
Zentrale Begriffe: Macht„Wer Politik treibt, erstrebt Macht: Macht entweder als Mittel im Dienst anderer Ziele (idealer oder egoistischer), - oder Macht ‚um ihrer selbst willen‘: um das Prestigegefühl, das sie gibt, zu genießen.“ (Max Weber 1919)
nicht per se negativ; Macht bedeutet, über die Fähigkeit zu verfügen, den eigenen Willen auch gegen Widerstreben(de) durchzusetzen
Zentrale Begriffe: AkteurWer „macht“ Politik?• abhängig von der Definition des Politikbegriffs• abhängig von der Analyseebene• abhängig von der jeweiligen Teildisziplin der Politikwissenschaft• der einzelne• gesellschaftliche Gruppen (z.B. Parteien, Verbände, Institutionen)• der Staat/die staatlichen Organe (Regierung, Parlament, Verwaltung…)
Zentrale Begriffe: AkteurWer „macht“ Politik?• internationale Organisationen• NGOs• transnationale Konzerne• Sie!
unterschiedliche Füllung des Akteursbegriffs!
Zentrale Begriffe: AkteurWarum „machen“ Akteure Politik?
• Ordnung
• Gestaltung
• Durchsetzung (Macht)
Wissenschaftliche Definitionsversuche III
gouvernementalauf den Staat bezogen;trad. „Wissenschaft vom Staat“
partizipatorischauf den Einzelnen bezogen; „Wissenschaft ohne Staat“
normativwertbezogen („soll“)
deskriptivbeschreibend („ist“)
konfliktorientiertPolitik als Auseinandersetzung und Konkurrenz
konsensorientiertPolitik als Mittel von Ausgleich und Frieden
historisierendgesellschaftliche Abhängigkeit und Veränderung
ahistorischZeitlosigkeit und Unveränderbarkeit
nach:Pelinka/Varwick 2010
Zwischenfazit
Keine einheitliche, einzige Definition des Politikbegriffs möglich bzw. sinnvoll!
Politik ist grundsätzlich ein mehrdimensionaler Begriff!Unterscheidung in:- einen engeren Politikbegriff (= Regierungs-tätigkeit/ gouvernementales Handeln; restriktiv)- einen weiteren Politikbegriff (= alle gesellschaft-lichen Bereiche, z.B. Schulen, Sport…; inklusiv)
FRAGEN?
Dimensionen I
Politik:- institutionelle Dimension(setzt Rahmen für politisches Handeln) - funktionale Dimension (problemlösend, regelsetzend, verbindlich -ordnungsstiftend)- normative Dimension (identitäts- und sinnstiftend)- prozedurale Dimension (Vermittlung von Interessen; legitimitätsstiftend)
Dimensionen II
Funktionale Dimension von Politik:
Verbindlichkeit der getroffenen Regelungen bedeutet
Sanktionierung bei Nichteinhaltung einerseits
und Verbindlichkeit bei der Inanspruchnahme
bereitgestellter Güter andererseits
Dimensionen III
- Polity : formale Organisation des Politischen, d.h. politisches System, Verfassungsordnung, Normen, Institutionen (Ordnung)- Politics : politischer Prozess der Entscheidungsfindung (Interessen und ihre Durchsetzung) - Policy : inhaltliche Dimension von politischen Entscheidungen (Ziele und Gestaltung von Politik)
Grenzen von Politik
- Begrenzung der Politik durch die unveräußerlichen Menschenrechte
- Begrenzung der Politik durch die politische Machbarkeit (wirtschaftlich, sozial, technisch, Raum, Zeit)
- Begrenzung der Politik durch Partizipationsbereitschaft und -möglichkeit
Abschluss
„Die Politik bedeutet ein starkes langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich.“ (Max Weber 1919)
Fragen zur nächsten Woche1. Was sind die Eigenschaften jeder
wissenschaftlicher Arbeit nach King/Keohane/Verba?
2. Was meinen King/Keohane/Verba mit „Denken wie ein Sozialwissenschaftler“? Warum ist das wichtig?
3. Welche Möglichkeiten nennen King/Keohane/Verba, um Theorien zu bewerten und zu verbessern?