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Entwicklungspsychologie: Die Entstehung von
Orientierungsmustern im sozialen Netzwerk
Entwicklungspsychologie: Die Entstehung von
Orientierungsmustern im sozialen Netzwerk Annegret Boll-Klatt, Institut für Psychotherapie, Universität Hamburg
Lübecker Psychotherapietage 2012
Philip Otto Runge
(1805)
Die kleine Perthes
Institut für Psychotherapie
Übersicht
Das Spannungsfeld zwischen klassischen
psychoanalytischen Entwicklungspsychologien und der
Säuglings- bzw. Kleinkindforschung
Das „klinisch rekonstruierte Kind“ in den präverbalen
Entwicklungsphasen
Die Entwicklung des „beobachteten realen Kindes“ –
wichtige Ergebnisse der Säuglingsforschung
Sterns organisierendes Prinzip des Selbstempfindens
Psychoanalytische Entwicklungspsychologien und
Säuglingsforschung im Vergleich
Der Nutzen der Säuglingsforschung für die
(psychodynamische)Therapie
Institut für Psychotherapie
Ätiopathogenetische Grundlagen
psychodynamischer Störungsmodelle
„Der Krankheitsbegriff der Psychoanalyse
beruht auf der Entdeckung
von Störungen der Entwicklung.“
„Von größter Relevanz für die
Entwicklungspathologie ist der prägende
Einfluss, den frühkindliche Erfahrungen auf die
erwachsene Persönlichkeit ausüben.“
(Lotte Köhler 2009, S.39)
Empirische Nachweise der Bedeutung früher
Erfahrungen für seelische Gesundheit und
Krankheit im Erwachsenenalter
(z.B. Felitti 2002 ; Fonagy & Target 2006; Fonagy 2011)
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Resumee zum pathogenen Einfluss
Prädisposition für
das erneute
Erleben widriger
Umwelteinflüsse?
neuroendokrino-
logische
Anomalien
(Vulnerabilität) ?
fehlangepasste
Affektregulierung
?
Kombination aller
Faktoren ?
(Fonagy & Target 2006)
(Fonagy & Target 2006)
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4 bedeutende „Kinder“ der Psychoanalyse und ihre
Nachkommen (zit. n. Hohage 2008)
• Freuds Theorie der psychosexuellen Entwicklung;
Phasenlehre
• Melanie Klein (1930) Prozesse der Introjektion und
Projektion
• Margaret Mahlers (1952) Theorie der Entwicklung von
Separation und Individuation
• Kohut (1975) Entwicklung des narzisstischen Systems
• Psychoanalytische Säuglings- und Kleinkindforschung
(z.B. Dornes 1993)
• Bowlbys Bindungstheorie (1969)
• Fonagy (2002): Entwicklung der Mentalisierungsfähigkeit
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Klassische psychoanalytische Entwicklungspsychologie und
empirische Säuglingsforschung
Kindheit der ersten eineinhalb Lebensjahre
Klinisch rekonstruiertes
Kind der klassischen
psychoanalytischen
Ansätze
Reales beobachtetes
Kind der
Säuglings- und
Kleinkindforschung
Institut für Psychotherapie
Die Kontroverse um den „wahren“ Säugling
PA-
Entwicklungspsychologie
Erkenntnisquellen: analytische
Situation
Narrative Erwachsener, KinderPA
Teilnehmende Beobachtung
Einfühlung
Subjektive Sphäre des Erlebens,
ubw Phantasien
Klinische Nützlichkeit
Säugling im Patienten
Alleinvertretungsanspruch
Kritik: Befunde aus nicht
wiederhol- und überprüfbaren
Experimenten
Säuglings- und
Kleinkindforschung
Beobachtung, Experimente
Objektive Ebene des Verhaltens,
der Interaktion
Erschließen von Erleben aus
Verhalten
Entwicklungspsychol. „Richtigkeit“
Säugling der Beobachtung
Kritik: Empirismus, Behaviorismus,
Oberflächlichkeit
Kontroverse zwischen Andre Green
und Daniel Stern
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Beschaffenheit der Wahrnehmungs- und Erlebniswelt des
rekonstruierten Säuglings
Lust – Unlust - Prinzip
Triebe und Psychosexualität
Autismus und Symbiose
Halluzinatorische Wunscherfüllung
Reizschranke Säugling
O bis 18 Monate
Omnipotenz- und Grandiositätsphantasien
Gespaltene
Selbst- u.
Objektwelt
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Der klinisch rekonstruierte Säugling der klassischen PA
(mod. n. Altmeyer 2006, S. 76)
Säugling als „narzisstische Monade“, hineingeboren in eine per se
traumatisierende Umwelt
Objektlosigkeit des primärnarzisstischen Zustandes
Scheitern der halluzinatorischen Wunscherfüllung
Symbiotische Verschmelzung zur Reduktion der Bedürfnisspannung
Suchen der raschen Spannungsabfuhr zur Vermeidung von Reizzuständen
Kontaktaufnahme mit der Mutter nur im Rahmen ihrer Still- und
Befriedigungsfunktion
Affektausdruck als Epiphänomen des Triebgeschehens
Phantasien der Grandiosität und Allmacht
Prozesse der Projektion und Introjektion auf der Basis kindlicher
Phantasien.
Separation und Individuation nach dem Auftauchen aus der Symbiose
Gespaltene Selbst- und Objektwelt (bis zum 18.Lebensmonat)
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Einige kritische Zitate …
„… wäre ein mythisches Kind, das in jeder Sitzung unbekümmert
um die lebensgeschichtliche Spur, die es geschaffen hat,
erschaffen wird – also eine Illusion eines Kindes, das, je nachdem
wie der Wind des Zufalls in der Kur weht, durch eine andere
Illusion ersetzt werden kann.“ (Freud 1909b, S.293)
„Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass die psychoanalytische
Psychologie sich nicht auf das beschränkt, was sie durch die
Verwendung der psychoanalytischen Methode gewinnen kann ….“
(Hartmann 1972)
„Indem wir unsere Übertragungsdeutungen formulieren,
konstruieren wir die genetische Geschichte, aber wir
rekonstruieren nicht die Entwicklungsgeschichte im engeren Sinn.“
(Loch 1976, S.886)
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Kritik an den klassischen psychoanalytischen
Entwicklungspsychologien
Theoretikomorpher Mythos:
Der Säugling ist so , wie die Theorie über ihn es
vorschreibt.
Adultomorphismus:
Säugling wird in Kategorien des Erwachsenen
beschrieben (z.B. undifferenzierte Wahrnehmung,
infantile Omnipotenz)
Pathomorphismus
Der normale Säugling wird in Begriffen aus der
Erwachsenenpathologie beschrieben (z.B.autistisch,
Reizschranke, halluzinatorische Wunscherfüllung; vgl.
normal-cerebralparalytische Entwicklungsphase)
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Die empirische Säuglings- und Kleinkindforschung (1)
„ Die Säuglings- und Kleinkindforschung ist
eine direkt beobachtende
Entwicklungspsychologie, die zu einer
empirisch angeleiteten, psychoanalytisch
inspirierten Theorie insbesondere der
präverbalen Entwicklung beitragen möchte.“
(Dornes 2004, S. 15).
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Entstehung von Orientierungsmustern in sozialen
Netzwerken
„Der Mensch ist keine Monade - er wird vielmehr in
menschliche Beziehungen hineingeboren, gewinnt
durch soziale Beziehungen hindurch ein Verhältnis
zu sich selbst und zur Welt und bleibt bis ins hohe
Alter auf solche Beziehungen angewiesen. Als
Menschen werden wir gerade dadurch zu
einzigartigen, unverwechselbaren Individuen, dass
wir unsere >Beziehungsschicksale< verinnerlichen
und zum Aufbau unserer psychischen Struktur
verwenden.“ (Altmeyer & Thomä 2006, S.8)
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Das reale Kind der Säuglingsforschung
Perzeptuelle Kompetenz
Kognitive (In-)Kompetenz
Handlungskompetenz Interaktionskompetenz
Affektive Kompetenz
Säugling 0 bis 18 Monate
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Der „kompetente Säugling“ (zit. n. Stone et al 1972) …
… ist kein passives, undifferenziertes und
seinen Trieben ausgeliefertes Wesen,
…. erscheint nun als aktiv, differenziert und
beziehungsfähig, als Wesen mit Fähigkeiten
und Gefühlen. (Dornes 2003, S. 21).
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Untersuchungsmethoden der perzeptuellen
und kognitiven Kompetenz des Säuglings
Durchführbar nur in Zeiten wachsamer, entspannter
Aufmerksamkeit (ca 25 % des Tages) nicht in „high tension
states“ !
1. Das Präferenzparadigma
differenzierte Wahrnehmungsaktivität und –fähigkeit von
Beginn an; kreuzmodale Wahrnehmung
z.B. Schnuller mit und ohne Noppen
2. Das Habituierungsparadigma
Habituation kein physiologischer Prozess
Unterschied zwischen Reizen wird bemerkt
3. Das Überraschungsparadigma
Vorhandensein von Erwartungen und Bemerken von
Abweichungen;
z.B. „still face procedure“
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Interaktionskompetenz
„In meiner Sicht und in der der psychoanalytisch
inspirierten zeitgenössischen Säuglings- und
Kleinkindforschung sind Mutter und Kind nicht so sehr
Triebobjekte für einander als vielmehr Resonanzräume
für eine Vielfalt von körperlichen und seelischen
Bedürfnissen: physiologische Regulation, sinnliches
Vergnügen, Neugier, Bindung, Kommunikation und
vielleicht auch Anerkennung. Keines von ihnen sollte in
seiner Bedeutung privilegiert werden .“ (Dornes 2008, S.245)
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Interaktionskompetenz
„In meiner Sicht und in der der psychoanalytisch
inspirierten zeitgenössischen Säuglings- und
Kleinkindforschung sind Mutter und Kind nicht so sehr
Triebobjekte für einander als vielmehr Resonanzräume
für eine Vielfalt von körperlichen und seelischen
Bedürfnissen: physiologische Regulation, sinnliches
Vergnügen, Neugier, Bindung, Kommunikation und
vielleicht auch Anerkennung. Keines von ihnen sollte in
seiner Bedeutung privilegiert werden .“ (Dornes 2008, S.245)
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Was sind RIGs ? Representations of Interactions
that have been Generalized (Stern 2010, S.142 ff )
„Generalisierte
Interaktionsrepräsentanzen (RIGs)“ als
präverbale Repräsentation, die eine
Durchschnittserwartung an
unterschiedliche interpersonale
Interaktionen bilden
Experiment
„Durchschnittsgesicht“:
Fähigkeit von 10
Monate alten
Kleinkindern einen
Prototyp
herauszudestillieren
RIGs als Grundeinheit des Kernselbst
und des Kern-Anderen
RIGs als Resultat
aus dem
unmittelbaren
Eindruck
mannigfaltiger,
realer Erfahrungen,
die unterschiedliche
Handlungs-,
Wahrnehmungs-
und Affekt-Attribute
zu einem Ganzen
verbinden
Integration der
Invarianten des
Selbsterlebens
Urheberschaft,
Kohärenz, Affektivität
Das Selbst, das
handelt, das Selbst,
das fühlt, und das
Selbst, das den
eigenen Körper und
dessen Handlungen
wahrnimmt
Interesse
gerichtet auf
Handlungen,
Empfindungen
und Affekte
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Exkurs: Gegenwarts- und Jetzt (Now)-Momente
Gegenwartsmoment als Prozesseinheit
des subjektiven Erlebens
„Der Gegenwartsmoment wird unmittelbar
in der Echtzeit erlebt.“ Der
Gegenwartsmoment
ist die gefühlte
Erfahrung dessen, was
in einer kurzen
Zeitspanne geschieht.
Neue Erfahrungen gelangen ins
Gewahrsein, aber nicht unbedingt ins
Bewusstsein
Spezifische GWM
(„Schlüsselereignisse“)
Jetzt-Momente
gefährden den Status
quo der Beziehung
Begegnungs-
momente dienen der
impliziten Reorga-
nisation des inter-
subjektiven Feldes
„Die gefühlte
Erfahrung des GWM
ist all das, dessen ich
mir jetzt, während ich
den Moment lebe,
gewahr bin.“ Das
Gewahrsein ist das
Ergebnis einer
aktiven
Zusammenarbeit
zwischen Psyche
und Körper.
GWM bilden sich um
Vorgänge herum, die
das Gewöhnliche
durchbrechen oder
ein erwartetes
reibungsloses
Funktionieren
vereiteln
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Interaktionskompetenz vs. Symbiose
Statt symbiotischer Verschmelzung differenziertes
Wahrnehmen und Interaktionen
Lustvolle Gefühle von aktiv hergestelltem Miteinander
und Übereinstimmung
Aktives Herstellen von Übereinstimmung und
Abstimmung im gemeinsamen Lächeln, Nachahmen und
Vokalisieren
In niedrigen Spannungszuständen: Intaktheit des
Wahrnehmungssensoriums , Aufrechterhaltung der
Getrenntheit von Subjekt und Objekt
In High-Tension-States:
Verschmelzungsentdifferenzierung als
Desintegrationsprodukt
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Das reale Kind der Säuglingsforschung
Perzeptuelle Kompetenz
Kognitive (In-)Kompetenz
Handlungskompetenz Interaktionskompetenz
Affektive Kompetenz
Säugling 0 bis 18 Monate
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Handlungskompetenz und Kontingenzerfahrung (z.B. Experiment von Papousek & Papousek 1975)
Motivierend ist das Gefühl, etwas in der Außenwelt in
vorhersagbarer und erwartbarer Weise bewirken zu können
Gefühl der Wirkmächtigkeit als intrinsischer Verstärker
Entdeckung einer vorhersagbaren Wirkung der eigenen
Handlungen als Basis für die Entwicklung des Willensgefühls und
des Vertrauen in eigene Verhaltensweisen
Wiederkehrende Erfahrungen von Nicht-Kontingenz als Beispiele
für narzisstische Traumen, als verhaltensmäßiges Korrelat einer
mangelnden emotionalen Responsivität
Bedeutung für die Genese unterschiedlicher Störungen z.B.
Borderline-Persönlichkeitsstörung, schwere (narzisstische)
Depressionen, phobische Reaktionen ?
Institut für Psychotherapie
Das organisierende Prinzip der Selbstentwicklung in
unterschiedlichen psychoanalytischen Theorien
Klassische Psychoanalyse: Triebe als organisierendes Prinzip
M.Klein: Prozesse der Projektion und Introjektion, die Selbst- und
Objekterfahrung konstituieren und verwandeln
Mahler und Kernberg: Selbst-und Objekterfahrungen unter
Affekteinwirkung bilden die intrapsychische Niederschläge, deren
Beschaffenheit spiegelt die Organisation der Erfahrung wider
Sterns Selbstempfinden als zentraler Bezugspunkt und
organisierendes Prinzip, aus dem heraus der Säugling sich selbst
und die Welt der Objekte erfährt, verarbeitet, ordnet und
organisiert
Institut für Psychotherapie
Die Entwicklungsstufen (bzw. -schichten)
des Selbstempfindens nach Stern (1985/2010)
Deutsche
Bezeichnung
Englische
Bezeichnung
Beginn Ende
Das auftauchende
Selbstempfinden
„sense of an
emergent self“,
mit der Geburt 2. Monat
Das Kern-
selbstempfinden
„sense of a core
self“,
2. – 3. Monat 7. – 8. Monat
Phase des subjektiven
Selbstempfindens
„sense of a
subjective self“,
7. – 9. Monat 15. – 18. Monat
Phase des verbalen
Selbstempfindens
„I-self“
„Me-self“
15. – 18. Monat nie
abgeschlossen
Präreflexive
Natur des
Selbst-
empfindens
Ständiges
propriozep-
tives
Feedback
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Sterns Entwicklungspsychologie: Einige wichtige Bausteine
Getrenntheits
-empfinden
als das
Primäre „self
vs others“
Affekte als
Grund-
bausteine
RIGs als
Grund-
einheiten des
Kernselbst Gemeinsam
keits-
erlebnisse
„self with
others“ auf
dieser Basis
Subjektive
Körperem-
pfindungen
(Selbst-
Invarianten
Keine
symbioti-
sche
Verschmel-
zung Suche
nach
Stimu-
lation
Keine
Reiz-
schranke
Urheber-
schaft,
Kohärenz
Affektivität
Kohärentes
S und O
1.-6. Monat
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Entstehung von Orientierungsmustern
in sozialen Netzwerken (n. Stern, in:Altmeyer u. Thomä 2006)
Stufe der
Bezogenheit
Interaktion
(äußerlich)
Selbstempfinden
(innerlich)
Kern-Bezogenheit
Direkte Spiegelung
Sicherheit im
Zusammensein
Intersubjektivität
Affective
attunement,
Social referencing
Gefühlsgemeinschaft
Verbale Bezogenheit
Sprachliche
Verständigung
Symbolische
Zugehörigkeit
Transformation eines intersubjektiven in einen intrapsychischen Zustand
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Social referencing und Affect attunement
1. Social referencing
„… eine affektive Kommunikation zweier Personen unter
Bezugnahme auf ein äußeres Objekt“ (Dornes 2004, S.154).
„Visuelle Klippe“
2. Affektabstimmung - Affect attunement
bezieht sich auch auf die amodalen Eigenschaften von Affekten,
(z.B. „KAA-BAM“ oder „UUH“)
unterschiedliche Formen der Affektabstimmung:
o Communing attunement
o Selektives attunement
o Tuning
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Das Empfinden eines subjektiven Selbst
(7.- 18. Monat) - Intersubjektivität
Intersubjektive Bezogenheit auf dem Fundament der
Kern-Bezogenheit, die mit der Unterscheidung von
Selbst und dem Anderen einhergeht, denn subjektive
Erlebnisse können erst mit anderen geteilt werden,
wenn die physische Getrenntheit von Selbst und
Anderen nicht in Frage steht ! Mahler ?
„Was in meinem Kopf vorgeht, unterscheidet sich
wahrscheinlich nicht allzu sehr von dem, was in deinem
Kopf vorgeht und darum können wir uns das irgendwie
(ohne Worte) mitteilen und auf diese Weise
Intersubjektivität erleben“ . (Stern 2010, S.179)
„Ich spüre, dass Du spürst, was ich spüre!“
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Unterschiede der Säuglingsforschung und der traditionellen
psychoanalytischen Entwicklungspsychologie
Psychoanalyt. Entw.-psych.
• Konzentration auf den Konflikt und die
möglichen pathogenen Konsequenzen
• Wachstum und Entwicklung unter dem
Aspekt des Gegeneinanders, des
Zusammenstoßes von Kräften
• Interesse an den inneren Prozessen des
Säuglings in sog. “high tension states“
• Betonung der disruptiven Prozesse
• Beschäftigung mit Pathologie; nur
graduelle Unterschiede zwischen
Normalität und Pathologie
• Eher mit Beobachtungen zu vereinbaren,
die im Kindesalter gesammelt werden als
in der Säuglingszeit
• Bedeutung der „späteren“ kindlichen
Phantasien über die „frühen“
Erfahrungen
Säuglingsforschung
• Konzentration auf die adaptiven
Potentiale des S., die wechselseitige
Regulierung der Interaktion, ihr
Zusammenpassen, ihre Harmonie
• Betonung, dass Wachstum und
Entwicklung aus einem
Zusammenspiel von Kräften resultiert
• Beobachtung des S. in Phasen wacher
entspannter Aufmerksamkeit
• Betonung der integrativen Prozesse
• Normalität der Mutter-Kind-Interaktion
im Mittelpunkt; Vermeiden von
pathomorphen Verzerrungen unserer
Vorstellung von Normalität
• Keine Aussage über Validität klinischer
Theorien als therapeutische
Konstrukte
Institut für Psychotherapie
Zur Theorie zweier Säuglinge:
dem rekonstruierten und dem realen (Kernberg 1993)
Konzentration auf jeweils
unterschiedliche Momente des
Säuglingserlebens
Der
„affektive“
Säugling
Der
„kognitive“
Säugling
Fazit: Jeder Säugling könnte autistisch, symbiotisch
oder temporär fragmentiert sein, aber zu einem
relevanten Sachverhalt würden solche Zustände
erst durch interaktionelle Verstärkung!
Institut für Psychotherapie
Modelle zeitgemäßer psychoanalytischer
Entwicklungspsychologie
Freuds Modell einer „heroischen Individuierungs
geschichte, die im ödipalen Drama als innerer
Kampf zwischen Inzestwunsch und Kastrations-
angst, Mordphantasien und Schuldgefühl
inszeniert wird“ (Altmeyer & Thomä 2006)
…ergänzt von „einer romantischen Version
einer auf Einstimmung, Reziprozität und
Anerkennung beruhenden Ontogenese“
Institut für Psychotherapie
Nutzen der Säuglingsforschung für die
(psychodynamische) Therapie
Anthropo
-logie
Rekon-
struktives
Narrativ
Präsym-
bolische
Traumen
Social
referenc-
ing
Körper-
empfinden
Gegen-
warts-,
Jetzt- u.
Begeg-
nungs-
Momente
Subjektive
vs
objektive
Realität
Objekt-
beziehun-
gen
Modell-
szenen
Patho-
logie
Affektab-
stimmung
Kontin-
genz-
erfahrung
Dyadische
Interaktion