Individualisiertes und eigenverantwortliches Lernen in
der Klassengemeinschaft–
Konzepte und Erfahrungen aus SINUS
Volker Ulm, Universität Augsburg
Johann Friedrich Herbart(1776-1841)
„Die Nichtbeachtung der Verschiedenheit der Köpfe ist das entscheidende Hindernis aller Schulbildung.“
1. Aspekte des Lernens
2. Konzept der Lernumgebungen
3. Unterrichtsmethodik
4. Aufgaben als Kerne von Lernumgebungen
Lernen – ein▪ konstruktiver,▪ individueller,▪ aktiver,▪ selbstgesteuerter,▪ situativer,▪ sozialer
Prozess.
Lernen – ein▪ konstruktiver,▪ individueller,▪ aktiver,▪ selbstgesteuerter,▪ situativer,▪ sozialer
Prozess.
Lernen erfolgt an Beispielen.
Modell:vereinfachte, strukturtreue Beschreibung eines komplexen Systems
���� Modell für das Lehren und Lernen in der Schule?
2. Lernprozesse mitLernumgebungen anregen
LehrenderLern-
umgebung Lernender
Design
ArbeitenRückmeldung
Angebot
nach
Gallin, P., Ruf, U.: Dialogisches Lernen in Sprache und Mathematik, Kallmeyer, Seelze 1998
3.1 Ich – Du – Wir
Ich – Du – Wir
ICH: Individuelles Arbeiten
Jeder einzelne Schüler macht sich eigenständig mit einer Thematik oder Problemstellung vertraut, stellt Bezüge zum eigenen Ich, zum individuellen Vorwissen her und geht eigene Schritte in Richtung einer Lösung.
Ich – Du – Wir
DU: Lernen mit einem Partner
Jeder Schüler tauscht sich mit einem Partner aus, erklärt seine Ideen, vollzieht die Gedanken des anderen nach und dringt so tiefer in das Themengebiet ein. In Partnerarbeit wird weiter an der Problemlösung gearbeitet.
Ich – Du – Wir
WIR: Kommunikation im Klassenteam
Die Resultate der Arbeitsgruppen werden im Klassenplenum präsentiert und diskutiert. Aus den Beiträgen aller wird ein gemeinsames Ergebnis erarbeitet.
Ich – Du – Wir
ICH: Individuelles Arbeiten
DU: Lernen mit einem Partner
WIR: Kommunikation im Klassenteam
3.2 Grundschema japanischen Mathematik-unterrichts nach TIMSS-Video
a) Stellen eines Problems und Sichern des Verstehens der Fragestellung
b) Selbständiges Bearbeiten durch die Schüler in Einzel- oder Kleingruppenarbeit
c) Sammeln der verschiedenen Lösungen und
Austausch darüber
4. Aufgaben als Kerne von Lernumgebungen
LehrenderLern-
umgebung Lernender
Design
ArbeitenRückmeldung
Angebot
2. Mathematische Objekte erforschen
Hier siehst du das Muster eines Balkongitters:
a) Entdecke möglichst viele Eigenschaften dieser Figur!
b) Besprich deine Ideen mit deinem Nachbarn!
c) Präsentiere mit deinem Nachbarn die schönsten Ergebnisse im Klassenteam.
Betrachte die Schar von Funktionen
2. Mathematische Objekte erforschen
max,)()( Dxxaxxf ∈−=
mit einem Parameter
Entdecke möglichst vielfältige Eigenschaften dieser Funktionenschar.
+∈ Ra
Aus einem Kreissektor wird ein Kegel hergestellt.
Untersuche, wie die Maße des Kegels (z.B. Höhe, Oberfläche, Volumen) von den Maßen des Sektors abhängen!
2. Mathematische Objekte erforschen
3. Stellung nehmen
Ein Sportreporter berichtet von einem Skisprungwettkampf:
… Im Startbereich hat die Sprungschanze ein Gefälle von 100%. Für die Skispringer bedeutet das fast freien Fall.
… Im Startbereich hat die Sprungschanze ein Gefälle von 100%. Für die Skispringer bedeutet das fast freien Fall.
Nimm zum mathematischen Gehalt dieser Meldung Stellung.
3. Stellung nehmen: Probleme der Stochastik
Die Erfahrung zeigt: Beim Würfeln kommt die Sechs seltener vor als die anderen Zahlen.Was meinst Du dazu?
Laura hat beim Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel bereits 20 Mal keine Sechs gewürfelt.
Jetzt ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie beim nächsten Wurf eine Sechs erhält, deutlich größer als zu Beginn des Spiels!
4. Abschätzen: Ein Bild als Ausgangspunkt
Das Kunstwerk „Gekippter Halbkreis“ steht am Brombachsee. Es ist aus massivem Stahl. Wie schwer ist wohl dieses Kunstwerk?
Wie großwäre ein Mensch, dessen Mund so groß wie der Mund auf dem Plakat ist?
Arbeiter verkleben auf der Expo Dichtungsmaterial.
4. Abschätzen: Ein Bild als Ausgangspunkt
1000 km
ANTARKTIS
Aus PISA 2000:
Hier siehst du eine Karte der Antarktis.
Schätze die Fläche der Antarktis, indem du den Maßstab der Karte benutzt.
Schreibe deine Rechnung auf und erkläre, wie du zu deiner Schätzung gekommen bist.
5. Abschätzen: Informationen weglassen
klassische Sachaufgabe:
Ein Parkplatz ist 5000 m² groß. Jeder Stellplatz ist 3 m breit und 5 m lang, 40% der Fläche werden für Zufahrtswege benötigt.
Wie viele Autos können auf dem Platz parken?
5. Abschätzen: Informationen weglassen
Ein Parkplatz ist ungefähr so groß wie ein Fußballplatz. Wie viele Autos können in etwa darauf parken?
Erkläre deine Überlegungen
6. Abschätzen: Fermi-Fragen
Haare wachsen sehr langsam. In der heutigen Mathematikstunde wächst jedes Haar auf deinem Kopf ein kleines Stückchen heraus.
Stelle dir alle diese kleinen Stückchen aneinander gelegt vor. Welche Haarlänge wächst insgesamt während dieser Unterrichtstunde aus deinem Kopf heraus?
6. Abschätzen: Fermi-Fragen
• Wie lang hast du in deinem Leben insgesamt schon fern gesehen?
• Wie viele Noten werden an unserer Schule bzw. allen deutschen Schulen pro Jahr erteilt?
• Wie viel Trinkwasser wird pro Jahr in Deutschland verbraucht?
• Wie viele Zahnärzte gibt es in Deutschland?
• Wie viel wiegt die Luft im Klassenzimmer?
• Autoreifen werden mit der Zeit abgefahren. Wie viele Atome bleiben bei einer Radumdrehung im Schnitt auf der Straße?
7. Stochastisch experimentieren
Bleibt ein Reißnagel nach dem Werfen eher mit der Spitze nach unten oder nach oben liegen?
Würfle mit einem Legostein. Wie wahrscheinlich sind die möglichen Ergebnisse?
8. Aufgaben erfinden
Stelle aus den Zahlen 24, 9, 8 und 2 verschiedene Ausdrücke auf und berechne sie.
Gib mit diesen Zahlen drei Ausdrücke an, bei denen das möglichst klein bzw. möglichst groß ist.
Erfinde Rechenaufgaben mit Klammern.
Berechne:
Berechne einige Potenzen, die dir gefallen!
Finde Potenzen mit einem dreistelligen Wert.
Berechne:
Offene FormulierungKonvergente Formulierung
2735 12263 ,,,
( )28924 :+⋅
Stelle einige Gleichungen mit der Lösung x = 5 auf.
Stelle quadratische Gleichungen mit den Lösungen 1 und 5 auf. Beschreibe alle möglichen Gleichungen.
Stelle Exponentialgleichungen mit der Lösung 5 auf.
Erfinde zur Gleichung 7x – 11 = 24 eine Textaufgabe.
Löse die Gleichung
7x – 11 = 24.
Offene FormulierungKonvergente Formulierung
8. Aufgaben erfinden
8. Aufgaben erfinden: Mathegeschichten
Peter fährt mit seinem Dreirad 16 km 200 m von seinem Haus bis zur Kirche. Peter fährt die Strecke insgesamt viermal.
Julia, 9 J.
Sabine läuft um 8.00 Uhr los und kommt an einer langen Häuserreihe vorbei. Sie schafft wegen des schönen Weges in einer Viertelstunde durchschnittlich 900 m. Um 9.30 Uhr kommt sie bei ihrer Freundin an. Dort war jedoch ein Hund, der sie ins Bein biss. Wie viel m ist Sabine gelaufen?
Sascha, 9 J.
8. Aufgaben erfinden: Mathegeschichten
Die Backstreet Boys
Die Backstreet Boys waren 1998 zusammen 107 Jahre alt. Kevin war ein Jahr älter als Brian und Howie. Nick war sechs Jahre jünger und A. J. fünf Jahre jünger als Kevin. Wie alt war jeder?
8. Aufgaben erfinden: Mathegeschichten
Bildungsstandards der KMK
• Argumentieren
• Problemlösen
• Modellieren
• Darstellen von Mathematik
• Mit Symbolen umgehen
• Kommunizieren
• Zahl
• Messen
• Raum und Form
• Funktionen
• Daten und Zufall
Prozessbezogene Kompetenzen
Inhaltsbezogene Kompetenzen
Literatur/Materialien
Ulm, V.: Mathematikunterricht für individuelle Lernwege öffnen,
Kallmeyer Verlag, Seelze2007 (3. Auflage)ISBN 3 7800 4939-2
http://www.math.uni-augsburg.de/dida/
Kontakt
Universität AugsburgProf. Dr. Volker UlmLehrstuhl für Didaktik der Mathematik86135 Augsburg