Informelles und Formelles Musiklernen Prof. Dr. Armin Langer
Universität Mozarteum SalzburgAbteilung für Musikpädagogik Innsbruck
Konfuzius
Sage es mir - Ich werde es vergessen!Erkläre es mir - Ich werde mich erinnern! Lass es mich selber tun - Ich werde verstehen!
Wenn ich will !!!
Musikdidaktische Intentionen
Musikdidaktische Intentionen in Abhängigkeit von …
Individualebene Interaktionsebene
Organisations- und Institutionsebene
Gesellschafts-ebene
Erfahrungen Familie Mus. Früherziehung
Musikleben - Selbstkonzept
Einstellungen Freunde Kirche Stellung in der Schule
Präferenzen Freie Musikgruppen
Musikschule Stellung im Kollegenkreis
Lernprozesse Privater Unterricht
Schule(n)
Aktivitäten Medien Musikhochschule
Netzwerke Eigenes Musizieren
Fortbildungen
Medien
Intentionen in formellen und informellen Kontexten
Formell Informell
Kontext z.B.: Schule, Universität
Handlungskontext: Familie, Freizeit
Lernprozess
bewusst, fremdgesteuert
unbewusst, selbständig
Ziel Zertifizierung aneignen von alltäglichen Lösungsstrategien
Inhalte strukturiert vorgegeben
nicht strukturiert, frei wählbar
Exkurs zu den Begriffen
Lernen
▫Informelles Lernen
▫Formelles Lernen
Lernpsychologie
„Offenbar lernen wir einige Fertigkeiten blind und automatisch, während wir um das Verständnis mancher Situation hart ringen müssen, um sie dann schließlich meistern zu können."
Hilgard & Bower (1973, 22)
Motivation
Psychologie
„Lernen ist der Prozess, der zu einer relativ stabilen Veränderung von Reiz-Reaktions-Beziehungen führt; er ist eine Folge der Interaktion des Organismus mit seiner Umgebung mittels seiner Sinnesorgane."
Zimbardo & Gerrig (1999, 229)
Von der ersten Tonerzeugung bis zum Spielen einer Melodie.
Psychologie„Lernen umfasst alle Verhaltensänderungen, dieaufgrund von Erfahrungen zustande kommen.“
Lefrancois (1994, 3 f.)
Solche Änderungen schließen nicht nur dieAneignung neuer Informationen ein, sondernauch die Veränderungen des Verhaltens, derenUrsachen unbekannt sind.
Erziehungswissenschaften „Unter Lernen verstehen wir alle nicht direkt zubeobachtenden Vorgänge in einem Organismus,vor allem in seinem zentralen Nervensystem(Gehirn), die durch Erfahrung …bedingt sind …
Krüger & Helsper (2002, 97)
Wo mache ich welche Erfahrung?Wo mache ich welche Erfahrung?Überall dort, wo ich bin!Überall dort, wo ich bin!
Neurowissenschaften
„Unser Gehirn lernt immer“ … und … „was es lernt, bestimmen in der Freizeit
eigentlichwir selbst.“
Spitzer (2007, 11)
Unser Gehirn ist immer aktiv!
Neurowissenschaften
„Lernen ist (…) ein aktiver Prozess der
Bedeutungserzeugung, und dieser Prozess
läuft in jedem einzelnen Gehirn vielunterschiedlicher ab, als wir alle wahrhaben
wollen.“Roth (2003, 24)
Was ist informelles und formelles Lernen?
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wird informelles
Lernen in den USA als wichtige Lernformhervorgehoben.
Urheber des Begriffs ist offenbar John DEWEY
In jenen Debatten ist es die UNESCO, die zu einer
Verbreitung der Begrifflichkeit wesentlich
beiträgt. Deren FAURE-Kommission hat in einer
international viel beachteten Publikation im Jahre
1972 (deutsch 1973) festgehalten, dass
informelles Lernen etwa 70% aller
menschlichen Lernprozesse umfasse,
wobei diese Zahl nicht belegt wird,
sondern offenbar eine Schätzung darstellt.
Beim informellen Lernen werden hier
Formen von
Bildung und Erziehung in den Vordergrund
gerückt, die nicht in organisierte
Zusammenhänge
eingebunden sind. Erfahrungslernen in allen
biographischen Phasen und in jeweils sehr
verschiedenen Lebensbereichen gehören
wesentlich zum informellen Lernen.
Bis heute kann nicht von einer einheitlichen
Definition informellen Lernens ausgegangen
werden.
Organisationsformen des Lernens werden in einer
aktuellen Definition der Europäischen
Kommission durch den Grad an Intentionalität
aus der angenommenen Perspektive der
Lernenden gesehen:
DefinitionenFormales Lernen
Lernen, das üblicherweise in einer Bildungs- oder Ausbildungseinrichtung stattfindet, (in Bezug auf Lernziele, Lernzeit oder Lernförderung) strukturiert ist und zur Zertifizierung führt.
Formales Lernen ist aus der Sicht des Lernenden zielgerichtet.
Nicht formales Lernen
Lernen, das nicht in Bildungs- oder Berufsbildungseinrichtung stattfindet und üblicherweise nicht zur Zertifizierung führt. Gleichwohl ist es systematisch (in Bezug auf Lernziele, Lerndauer und Lernmittel).
Aus Sicht der Lernenden ist es zielgerichtet.
Informelles Lernen
Lernen, das im Alltag, am Arbeitsplatz, im Familienkreis oder in der Freizeit stattfindet. Es ist (in Bezug auf Lernziele, Lernzeit oder Lernförderung) nicht strukturiert und führt üblicherweise nicht zur Zertifizierung.
Informelles Lernen kann zielgerichtet sein, ist jedoch in den meisten Fällen nicht intentional (oder inzidentell/beiläufig).
Europäische Kommission (2001, 9 & 32f.)
Informelles Lernen und Interessen
Durchschnittliche tägliche Nutzungsdauer der Medien 2011 nach nach Altersgruppen in Min. /Tag in Min. /Tag
Alter
TVHör-funk
Internet
Zeit-ung
Ton-träger
Buch
Zeit-schrift
Video
ab 14
229 192 80 23 30 22 6 4
14-19
114 109 125 7 83 27 2 7
14-29
146 145 147 10 67 30 4 8
30-49
226 207 100 18 29 15 4 5
ab 50
300 202 34 34 13 23 9 2
http://www.ard-zdf-onlinestudie.de/index.php?id=289
http://mediaresearch.orf.at/c_studien/Mediennutzung%20Jugendlicher%202008.pdf
Jahr / Alter 365 Tage bzw. Stunden
4 Jahre Grundschule
Jg. 5 -9 Hauptschule
Jg. 5 – 9 Gymnasium
Radio täglich
1 365 =8760 Stunden
5 1825 = 43800
10 3650 =87600 Stunden
6 – 10 1460 = 4 Jahre 504 Stunden[1
Kunst/Musik
15 5475 =131400 Stunden
11 – ca. 16 1825 = 5 Jahre 360 Stunden[2]
Kunst/Musik
252 Stunden[3] 98 am Tag35770 im Jahr[4]
20 7300
[1] http://www.hessen.de/irj/HKM_Internet?cid=9b2630432c66097e5061d68cc75b4168 basierend auf Hessen, Grundschule, Klassen 1 – 4, ein Drittel, da 2/3 für Kunst, Werken, textiles Gestalten
Ich bin mit 10 Jahren ein Musikexperte –
ich weiß, was mir gefällt!
mit Freunden
„etwas gemeinsam tun“
mit Freunden
musizieren
Studie von Lipski u.a. (1998 – 2001)
Im Spektrum der Interessen haben Formen
aktiven Handelns für Kinder eine eindeutig
größere Bedeutung als eher passive
Beschäftigungen.
Freizeitinteressen - Freizeittätigkeiten
Tätigkeiten, die sie bewusst und aktiv aus
Interesse betreiben (Musikmachen) und
Tätigkeiten, die auch einen wichtigen Platz im
Tagesverlauf einnehmen, aber weniger als
bewusste und aktive Beschäftigungen
wahrgenommen werden (TV), werden von 10 – 14
jährigen unterschieden.
Trotz des umfassenden Medien- und
Konsumangebots will sich die Mehrheit der
Kinder nicht mit Zuhören oder Zuschauen
begnügen, sondern macht selbst gern Musik oder
betreibt gerne einen Sport.
Interesse an Musik (n= 1641)
davon
nur aktiv 2 %
aktiv und passiv 58 %
nur passiv 40 %
Bei einer Selbsteinschätzung ihrer persönlichen
Eigenschaften betonen 61%, sie würden sich
anstrengen, um etwas gut zu machen, aber nur
wenigen geht es darum, andere mit ihren
Fähigkeiten zu beeindrucken. Mit "Angeberei"
kann man offenbar kaum Freunde gewinnen, das
Prinzip "Gleichrangigkeit" ist wesentlicher
Ausgangspunkt in den Beziehungsstrukturen der
Peer-group.
Kinder suchen bei ihren Aktivitäten dieHerausforderung und wollen dabei Spaß
undLeistung miteinander verbinden.
Lern- und Aneignungsprozesse imaußerschulischen Bereich vollziehen sich
häufigin der Peer-group, Anregungen und
Anreizefür Beschäftigungen gehen vorwiegend vonGleichaltrigen aus.
Bedeutung der Peer Group
Fazit
•Peers spielen eine große Rolle
• Interessengeleitete gemeine Aktivitäten machen Spaß (Motivation) und werden bewusst erlebt
•Musik ist eine der wichtigsten Freizeitbeschäftigungen
•ca. 25 % der Jugendlichen sind musikalisch aktiv
Weiterführende Überlegungen
Formelle Lernstrukturen, die die Schüler
durch
das Klassenmusizieren mit ihnen erfahren
(musikalische Handlungskompetenzen),
könnten
in informelle Lebenswelten der Schüler
musikalisch weitergeführt werden.
Ideen
▫Förderung selbstständiger „Projekte“ (band in the band)
▫Gemeinsames Musizieren in informellen Kontexten zulassen
▫Üben zu Hause: Playback, minus one, zu zweit, in kleinem Ensemble, eigene Aufnahmen
▫Hausaufgaben, z. B. diverse Versionen recherchieren
▫Literatur über Hören und Sehen forcieren (youtube, vimeo, myspace)
▫Spielen ohne Noten
▫Spielen mit anderen unterstützen
▫Auftrittsorte und Auftrittsgelegenheiten
außerhalb der Schule unterstützen,
gerade auch mit lokalen Ensembles usw.
▫Eigeninitiativen der Schüler
unterstützen
▫Konzerte besuchen
▫lokale Musiker in die Schule holen
etc.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit und dafür, dass Sie Klasse(n)musizieren!