Intellektuelle Behinderung
Katharina Dürauer, Anna-Lisa Schuler, Martin Tik
Inhalt Definitionen Ätiologie & Prävalenz ICF UN Konvention über die Rechte
von Menschen mit Behinderung
Intellektuelle Behinderungen
Definitionen
Frühe Definitionen
Klinische Perspektive (1900 – 1980 dominant) Geistige Behinderung MR (Mercer, 1965)
Hindernder Zustand, der durch standardisierte Beurteilungsmethoden von klinisch geschulten Experten diagnostiziert wird
Pschyrembel: Oligophrenie
Soziale Perspektive Geistige Behinderung MR (Doll, 1941)
Soziale Inkompetenz Adaptationsprobleme Geistige Subnormalität Chronisch / unheilbar
Frühe Definitionen
Intellektuelle Perspektive Binet-Intelligenztests
Selektion und Aussonderung von Kindern mit IB Bis 1959 ab 2 σx | bis 1973: 1 σx 17% IB | wieder 2 σx
Duale Definition AAMD American Association on Mental Deficiency (Heber 1961)
Unterdurchschnittliche intellektuelle Fähigkeit Tritt während der Entwicklungszeit auf + Beeinträchtigung im adaptiven Verhalten
Aktuelle Definitionen
ICD 10-GM2011 (F70-F79) Intelligenzminderung
Unvollständige Entwicklung geistiger Fähigkeiten
Kognition, Sprache, motorische, soziale Fähigkeiten...
<18 Jahren
DSM IV2000 (Achse II) Geistige Behinderung
Unterdurchschnittliche allgemeine intellektuelle Leistungsfähigkeit.
Einschränkung der Anpassung
Kommunikation, soziale Fertigkeiten, Selbstbestimmtheit...
<18 Jahre
AAIDD Definition
Intellektuelle Behinderung erhebliche Einschränkungen
in intellektuellen Fähigkeiten und adaptivem Verhalten
die sich zeigen in conceptual, social and practical adaptive skills.
Disability originates before age 18 Fünf wesentliche Annahmen
Rahmen der gemeinschaftlichen Umwelt Kulturelle Vielfalt Einschränkungen & Stärken Ziel: Unterstützungsbedarfprofil Durch Unterstützung soll das Leben besser funktionieren
AAIDD Modell
Intellektuelle Behinderungen
Ätiologie & Prävalenz
Ätiologie
6 Gruppen1. 30% Störungen in früher embryonaler
Phase Chromosomenaberration Toxische Einwirkungen
2. 15-20% Psychosoziale Faktoren3. 10% Schwangerschaftskomplikationen4. 5% Ursachen in der frühen Kindheit5. 5% erblich bedingt6. 30-40% nicht zuordenbar
Risikofaktoren
4 Faktoren Biomedizinische Soziale Verhaltensbedingte Erzieherische
Wechselseitige Beeinflussung im Laufe des Lebens
Prävalenz
Prevalence of intellectual disability: a meta-analysis of population-based studies (Maulik et al.)
Meta-Analyse: 52 Studien, verschiedene Länder
Prävalenz 11/1000
Prävalenz
Prevalence of intellectual disability (Maulik et al.)
1. Einkommensgruppe Prävalenz IB höher je niedriger das Einkommen
keine Pränataldiagnostik, Mangelernährung, Infektionskrankheiten
2. Population Höchste Prävalenz in urbanen Slums
3. Altersgruppe Höhere Prävalenz bei Kinder & Jugendlichen
Höhere Sterblichkeit
Prävalenz
Prevalence of intellectual disability (Maulik et al.)
4. Art der Studie5. Stichprobe6. Diagnoseinstrument
Psychometrische Skalen: 14,3/1000 ICD / DSM: 8,68 / 1000 ICF / AAIDD: 6,41 / 1000
ICF Internationale
Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und
Gesundheit
Was ist die ICF?
Klassifikation zur Beschreibung des funktionalen
Gesundheitszustandes der Behinderung der sozialen Beeinträchtigung Relevanter Umweltfaktoren
ICF - Fallbeispiel Margit, 41 Jahre Diagnose: Down Syndrom soll in einer Pflegeeinrichtung
untergebracht werden wurde bisher von Mutter betreut
Welche Informationen brauchen wir? Reicht die Diagnose Down Syndrom?
ICF - Aufbau Körperfunktionen (b)
mentale Funktionen, Sinnesfunktionen, Funktionen des Verdauungssystems, Stoffwechselfunktionen, ...
Körperstrukturen (s)Nervensystem, Auge, Ohr, Strukturen des Verdauungssystems, Stoffwechselstrukturen, ...
Aktivität & Partizipation (d)Lernen, Wissensanwendung, Kommunikation, Mobilität, Selbstversorgung, Beziehungen, ...
Umweltfaktoren (e)Unterstützung und Beziehungen, Einstellungen, Dienste, Systeme, Produkte, Technologien, ...
ICF – Fallbeispiel, MargitQ90.x Down Syndrom
b1671.3 erheblich ausgeprägte Einschränkung des sprachlichen Ausdrucksvermögensd5400.1 leicht ausgeprägtes Problem sich selber anzukleidene310.3 ziemlich ausgeprägte Barriere im Kontakt mit dem engsten Familienkreis
Convention on the Rights of Persons with Disabilities
Worum geht es?
... dass die Unterzeichnerstaaten (als Garanten der definierten Rechte) die Menschenrechte von Menschen mit Behinderungen fördern, schützen und gewährleisten.
Situation in Österreich Ratifiziert: 2008 Zuständig für Umsetzung:
BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz
Monitoringausschuss
Monitoringausschuss - Leitbild Menschen mit IB bisher in keiner Konvention
explizit erwähnt Menschen mit IB in hohem Maß von
Diskriminierung betroffen Paradigmenwechsel: vom medizinischen zum
sozialen Modell Bewusstseinsbildung Barrierefreiheit Nichtdiskriminierung, Chancengleichheit,
Teilhabe Inklusion
Link
www.monitoringausschuss.at
Diskussionsfrage
Recht auf Gleichstellung. Recht auf Leben.
Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs§ 97. (1) Die Tat ist nach § 96(2) nicht strafbar,
wenn der Schwangerschaftsabbruch zur Abwendung einer nicht anders abwendbaren ernsten Gefahr für das Leben oder eines schweren Schadens für die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren erforderlich ist oder eine ernste
Gefahr besteht, daß das Kind geistig oder körperlich schwer geschädigt sein werde, oder die Schwangere zur Zeit der Schwängerung unmündig gewesen
ist und in allen diesen Fällen der Abbruch von einem Arzt vorgenommen wird; oder ...
Was können Psychologen beitragen?
Diskussionsfrage
Thema: Begriffswandel
Geistige Behinderung Intellektuelle Behinderung
Mental Retardation Intellecutal Disability
Wo ist der Unterschied?Ist der Begriffswandel notwendig?
Literatur Brown, I. & Percy, M. (2007).Intellectual &
Developmental Disabilities. Baltimore: Brookes United Nations. Convention on the Rights of Persons
with Disabilities and Optional Protocol. Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und
Information. ICF – Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit. Stand: Oktober 2005
Weber, G.(1997). Intellektuelle Behinderung: Grundlagen, klinisch-psychologische Diagnostik und Therapie im Erwachsenenalter. Wien: WUV-Universitätsverlag