Download - Intensivmedizin nach Cardiochirurgie
Intensivmedizin nach Cardiochirurgie
OA. Priv.-Doz. Dr. Patrick Paulus
Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin, Med Campus III
Intensivmedizin nach Kardiochirurgie
- Grundlagen der Behandlungen nach
herzchirurgischen
Eingriffen
- Überwachung nach herzchirurgischen
Eingriffen
- Herz-Kreislauftherapie
- Blutgerinnung
- Komplikationen
Grundlagen der Behandlungen
Grundlagen der Behandlungen
- Indikationen zur Herz-OP: myokardiale Ischämien, Herzvitien,
Herzinsuffizienz
kongenitale Fehlbildungen und Arrhythmien
- Konstante Letalität bei Erwachsenen seit Jahren (3-4%): zunehmend
ältere
Patienten mit mehr Begleiterkrankungen! Anteil von 70-jährigen in
2003 bei
40% (in 1996 noch bei 29%)
- Haupttodesursache nach Herzchirurgischen Eingriffen:
Multiorganversagen
(vor einigen Jahren noch kardiales Pumpversagen, kann aber heute
durch
Herzunterstützungssysteme wie VADs, ECMO oder IABP gut
behandelt
werden)
Grundlagen der Behandlungen
Veränderungen / Komplikationen die bei nahezu jedem Patienten in
unterschiedlicher Ausprägung auftreten:
I. Herz: - Myokardiales Pumpversagen, Myokardischämie und Low-Output Syndrom
- Rhythmusstörungen
II. Endothel: systemisches Inflammationssyndrom
III. Lunge: - respiratorische Insuffizienz
IV. Blut/ Gerinnung: - Hämodilution, Anämie
- Verlust-, Verbrauchs-, Verdünnungskoagulopathie
V. Niere: - Niereninsuffizienz
VI. GI-Trakt: Gastrointestinale Funktionsstörungen
VII.Neurologie: neurologische Defizite
VIII.Infektionen
Überwachung nach Herzchirurgie
Routine-Überwachung I:
- Kontinuierliche Kontrolle von Blutdruck Invasive RR-Messung mit engmaschiger
Einstellung: MAP>60 mmHg, zvSO2, Herzfrequenz, Diurese und Körpertemperatur
- Kontinuierliche EKG Überwachung am Monitor (Arrhythmien, ST-Strecken etc.)
1x 12-Kanal EKG bei Aufnahme oder Befundänderung, nicht kontinuierlich!
- Rö-Thorax (Pleuraergüsse, Pneumothorax, Mediastinalverbreiterung, Tubuslage,
Lage der Katheter (keine alleinige Rö-Indikation!))
- Beurteilung des Volumenstatus (ZVD, Diurese, Druckkurvenanalyse, RR etc.)
- Dokumentation des Blutverlustes über die Drainagen
Routine-Überwachung II:
- Dokumentation der Beatmungsparameter (beginnendes Lungenversagen?)
- Regelmäßige Blutgasanalysen (K+, Lactat, Hb, PO2, PCO2, PH, BE etc.)
Frühes Erkennen von Herzdysfunktion (Minderdurchblutung in der Peripherie->
Lactat-Anstieg, Vermehrte Sauerstoffausschöpfung -> niedrige zvSO2 etc.)
- Kontrolle von Myokard-Markern (CK, CK-MB und TnT -> Besonderheiten nach OP!)
generell sind Herzmarker nach Herz-Op aufgrund des Traumas (Kanülierung etc.)
deutlich erhöht, es gilt hier die Dynamik im Auge zu behalten!
- Kontrolle von Organmarkern (Niere, Leber, Infektionsmarker etc.)
- Gerinnungskontrolle
Überwachung nach Herzchirurgie
Überwachung nach Herzchirurgie
Erweitertes Monitoring bei herzchirurgischen Patienten:
Ziel des Erweiterten Monitorings:
Informationsgewinn über die Herzleistung, Füllungsdrücke, pulmonale Wiederstände,
Erfolg oder Misserfolg einer Katecholamin- bzw. Volumentherapie
Methoden:
- Pulmonalarterienkatheter (Swan-Ganz oder „Pulmi“)
- Linksatrialer Katheter (LA-Katheter)
- Transkardiopulmonale Thermodilution und Pulskonturanalyse
- Gemischtvenöse Sauerstoffsättigung (SvO2)
- Transösophageale Echokardiographie
Wikipedia: Swan Ganz; Grafik PiCCO: Dtsch med Wochenschr 2010; 135(46): 2311-2314
Überwachung nach Herzchirurgie
Pulmonalarterienkatheter (Swan-Ganz oder „Pulmi“)
- Strenge Indikationsstellung,
- nur bei multimorbiden Patienten
- bereits präoperativ deutlich eingeschränkte Herz- oder Klappenfunktion (V.a.
Mitralklappe -> pulmonaler Hypertonus),
- oder Herztransplantierten
- Hauptaussage über Rechtsherzversagen, pulmonale Wiederstände
Transkardiopulmonale Thermodilution und Pulskonturanalyse (PiCCO)
- „PiCCO” bedeutet Pulse Contour Cardiac Output
- Möglichkeit der kontinuierlichen, weniger invasiven Messung des
Herzzeitvolumens (HZV)
Herz- Kreislauftherapie
Herz- Kreislauftherapie
Eingriffe am Herzen haben das Ziel die Herzleistung zu verbessern
Peri-operativ kommt es allerdings zu passageren Funktionseinschränkungen
Dauer und Schwere der Dysfunktion abhängig von:
- Qualität der intraoperativen Myokardprotektion
- Ischämie Reperfusionsschaden
- Operatives Ergebnis
-> „Myoardial Stunning“ = „steifer“ Ventrikel, durch Zellödem nach Reperfusion
Herz- Kreislauftherapie
Ziele der Herz- Kreislauftherapie:
- Verbesserung der postoperativen Funktion: inotrope Unterstützung
- Optimierung der Vorlast (Volumenkontrolle)
- Optimierung der Nachlast (Kontrolle der peripheren Wiederstände)
Diastolische Dysfunktion:
Aufgrund der verminderten ventrikulären Compliance (= diastolische Dysfunktion)
wird postoperativ eine höhere Vorlast benötig!
Systolische Dysfunktion:
Postoperative, passagere Verminderung der EF um 10-15%
Ziel: Rasche postoperative Wiederherstellung eines adäquaten
Herzzeitvolumens
Low-output-Syndrom LOS (Cardiac Index < 2,0 -2,2 l/m2) = Risiko der
globalen Minderperfusion:
- das Herz wirft ein zu niedriges Herzzeitvolumen aus
- Ungenügende Organperfusion
- Zeichen eines LOS:
Herz-Index (CI) unter 2,2 l/min/m2,
Urinausscheidung unter 20 ml/h,
niedriger arterieller Blutdruck (< 90 mmHg systolisch
über mindestens 30 min),
Herz- Kreislauftherapie Ziele
Herz- KreislauftherapieRhythmus ist alles!
- Versuch das Herz in einen möglichst physiologischen Rhythmus zu bringen
(DDD, AAI)
- Verhinderung von Rhythmusstörungen (AA/ VHF, TAA etc.) durch Anpassung
E‘Lyte (K+, Mg++)
- Verhinderung von Rhythmusstörungen durch Anpassung der Pharmakotherapie
(Amiodaron, Digitalis, Beta-Blocker etc.)
Bilder: Wikipedia: Dirigent; www.ekg-online.de
Herz- Kreislauftherapie
Verbesserung der linksventrikulären Funktion
- Optimierung der Vorlast durch adäquate Volumentherapie!!
= häufigster Grund eines LOS
- Pharmakologische Herzfunktionsverbesserung
- Sicherstellung eines adäquaten Perfusionsdruckes
Herz- KreislauftherapiePharmakotherapie
Verbesserung der linksventrikulären Funktion
A) Dobutamin:- Hauptwirkungen: Steigerung der Kontraktilität der Herzmuskelzellen (positive Inotropie),
Steigerung des Schlagvolumens und dadurch HZV Steigerung
- Nebenwirkung: Arhytmien, Erhöhung des O2 Verbrauchs
B) Adrenalin (Epinephrin):
- Hauptwirkungen: Steigerung der Kontraktilität der Herzmuskelzellen (positive Inotropie),
Steigerung der Herzfrequenz (positiv chronotrop), Verbessert die diastolische
Myokarddurchblutung durch Verkürzung der Systole
- Nebenwirkung: Arhytmien, Erhöhung des O2 Verbrauchs, Hemmung der Splanchnicus-
Perfusion, Verstärkt Laktatazidosen
Aufrechterhaltung eines adäquaten Perfusionsdrucks bei
Vasoplegie
und unter Normovolämie
Herz- KreislauftherapiePharmakotherapie
Noradrenalin:
-Wirkung an den Arteriolen über α- adrenerg vermittelte Vasokonstriktion
-Geringe β- adrenerge Wirkung
Vasopressin:
-Neurohypophysäres Hormon
-Bewirkt katecholaminrezeptor unabhängige über Vasopressinrezeptor gesteuerte
Vasokonstriktion
-Vasopressin bewirkt ein geringerer Anstieg des pulmonalen Wiederstandes
-Als Eskalation bei therapierefraktärer Vasoplegie
Herz- KreislauftherapiePharmakotherapie
2) Verbesserung der linksventrikulären Funktion
C) Phosphodiesterase Hemmer (Milrinon):
- Hauptwirkung: Hemmung der Phosphodiesterase III, dadurch Erhöhung cAMP, dadurch
Steigerung der Kontraktilität, Dilatation der pulmonalen Strombahn und Entlastung des
rechten Ventrikels, Wirkung β- Rezeptoren unabhängig
- Nebenwirkungen: Ausschluss Hypovolämie!!
Löst Thrombopenien aus.
Quelle: Fluids and Vasoactive Drugs in the Recovery Room, Juan Carlos Pendino
Herz- KreislauftherapieApparative Verbesserung der Funktion
Intraaortale Gegenpulsations Pumpe (IABP= intraaortic balloon
pump)
Anästhesie und Intensivmedizin für die Fachpflege, Larsen, ISBN: 978-3-540-72273-1
Blutgerinnung
Blutgerinnung
Veränderungen der Gerinnung bei kardiochirurgischen Eingriffen unter HLM:
- Abnahme oder Denaturierung von Gerinnungsfaktoren durch HLM
- Abnahme physiologischer Inhibitoren durch HLM, Verbrauch etc.
- Abnahme von Fibrinolyseinhibitoren
- Zunahme der Fibrinolyse
- Disseminierte intravasale Gerinnung
- Thrombopenie oder Thrombozytopathie
- Gerinnungsstörungen durch Hypothermie
- Heparin- oder protamininduzierte Gerinnungsstörung
Blutgerinnung
Gerinnungsmonitoring, Point-of-care Methoden:
Activated clotting time (ACT) :
- zur Steuerung der Heparinwirkung
- Bei Verlängerung (>100s Protamingabe)
Thrombelastographie (TEG):
- Gute Aussagekraft bei Pat. Unter Marcumar, Heparin oder
antifibrinolytischer Therapie
- Grundvoraussetzung: Hämatokrit >35% und Thrombos > 50.000/nl
Komplikationen nach kardiochirurgischenEingriffen
Komplikationen nach kardiochirurgischenEingriffen
Komplikationen nach kardiochirurgischenEingriffen
Therapie des Myokardinfarkts :
- Verminderung des O2 Verbrauches
- Verbesserung der Rheologie (z.B.: ASS)
- Sofortige Herzkatheteruntersuchung mit Koronarintervention
- Rethorakotomie und Bypassrevision
Komplikationen nach kardiochirurgischenEingriffen
Akutes Nierenversagen:
- Häufige Komplikation 8-15%
- unabhängiger Prädiktor für postoperative Mortalität
- 1-5% der Patienten benötigen Nierenersatzverfahren
Risikofaktoren:
- Präoperativ: Alter, Herzinsuffizienz, Diabetes Mellitus
pAVK, COPD
- Operativ: Re-Operation, HLM-OP, EKZ >140 min.
- Postoperativ: Sepsis, LOS, Katecholamintherapie
IABP, postoperative Hypotension (RR<90mmHg über mehr al 1h)
Therapie:
Normovolämie, adäquates HZV und ausreichender Perfusionsdruck, Nierenersatzverfahren
(CVVH, CVVHDF, etc.)
Komplikationen nach kardiochirurgischenEingriffen
Lungenversagen:
- Wesentlicher Bestandteil der postoperativen Morbidität
- Prävalenz des ARDS gering 0,5 – 1,7%
- Multifaktorielle Pathogenese: intrapulmonale Shunts, Störung der
Architektur des Brustkorbs durch Sternotomie, Pleurotomie und
Mammaria-Präparation, Atelektasen, EKZ assoziierte systemische
Inflammation mit endothelialer Dysfunktion, Schmerzen
Therapie:
- Extracorporale Zirkulationsverfahren (ECMO, ILA, ILA-active etc.)
Komplikationen nach kardiochirurgischenEingriffen
Gastrointestinale Komplikationen:
- Selten mit 0,5 – 3%
- Hohe Letalität 30-80% !!
- Hauptursache ist die Minderperfusion,selten Thrombembolien
Therapie: hämodynamische Stabilisierung, Gabe von Neostigmin, Koloskopie, Dekompression
Neurologische Komplikationen:
- Breites Spektrum (passagere Defizite bis fatale zerebrovaskuläre Ischämien)
- Inzidenz Apoplex 4,6%, Sonstige Defizite (Delir, kognitive Defizite) 30-79%
- Höchste Inzidenz bei: 2- oder 3-fach Klappenersatz
Ursache: Verminderter Perfusionsdruck unter EKZ, Embolien bei Ops am linken Herzen
(Klappen-Ausschälungen, Mikrokalk-Abgang, Luftembolien)
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
Herz- KreislauftherapieApparative Verbesserung der Funktion
Ventricular Assist Devices („Kunstherzen“,
Herzunterstürtzungssysteme):
- primärer Einsatz zur Überbrückung von schweren
Herzinsuffizienzen
- Überbrückung bis zur Transplantation
- LVAD, RVAD, BiVAD
Quelle: Kantrowitz CardioVAD; www.transmedic.com
Blutgerinnung
http://www.gerinnung-igs.at/igs-home.htm
Algorithmus: