International Co-ordinator Training for Schools
Der kulturelle Eisberg und
Byrams theoretisches Modell
Einstieg: Das Sechs-Kulturen-Spiel
Das Sechs-Kulturen-Spiel: Diskutieren Sie in Ihrer Gruppe die folgenden Fragen (5 Minuten)
• Wie habe ich reagiert, als die andere Person sich nicht benahm wie
erwartet?
• Wie habe ich mich gefühlt? Gut/unwohl/verwirrt/schockiert? Warum?
Woran hat sich das gezeigt?
• (Welche Begrüßungsformen und –rituale kenne ich/kennen wir oder
praktiziere ich/praktizieren wir?)
Illustrations by www.teresa-robertson.co.uk
Begegnungen und Erfahrungen
Klischees sind eine Form von Verallgemeinerung
Klischees sind Ursache von Vorurteilen!!!
Unter der Oberfläche verborgen …
Byrams Modell derinterkulturellen kommunikativen Kompetenz (1997)
Interkulturelle Einstellung
(savoir être)
Fertigkeiten I (savoir
comprendre)
Fertigkeiten II(savoir
comprendre)
Wissen(savoir)
Kritisches kulturelles
Bewusstsein (savoir s‘engager)
BRITISCHE UND BULGARISCHE WEIHNACHTSKARTEN:EIN RECHERCHE-PROJEKT FÜR SCHÜLER/INNENKrassimira Topuzova (Bulgarien) – 2001*
Aufgabenstellung:
Untersucht, ob sich die bulgarische
Weihnachtskartentradition nach 1990 verändert hat.
Vergleicht sie mit der britischen Tradition
und bezieht weitere kulturelle Aspekte mit ein.
„Recherche“: Analysiert Daten, entwickelt
Konzepte, zieht Schlüsse.
*Krassimira Topuzova 2001, British and Bulgarian Christmas cards: a
research project for students. In: M Byram, A Nichols and D Stevens (Hrsg.) Developing Intercultural Competence in Practice Clevedon: Multilingual Matters (246-259).
7
Organisation des Projektes
Vor
der ersten Projektstunde
-
Jede/r Schüler/in muss eine Weihnachtskarte kaufen, die er/sie gerne zu Weihnachten verschicken
würde.
-
Beim Einkaufen: Beobachtet: Wer kauft Karten (Alter, Geschlecht, Nationalität)? Wie viele kauft die
Person? Von welchen Karten werden mehr verkauft, von welchen weniger?
- In
der Schule: Karten werden gezeigt. Schüler/in erklärt, warum er/sie gerade diese Karte gekauft hat: Preis,
Größe oder Farbe ODER Bilder und Sprüche.
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Im Unterricht: Schüler/innen analysieren in 5er/6er-Gruppen die Karten
WER KAUFT
WEIHNACHTSKARTEN?
1. Alter, Geschlecht und Beruf der
Käufer/innen?
2. Sind die Käufer/innen
Einheimische oder Touristen?
3. Wie viele Karten kaufen sie?
WELCHE WEIHNACHTSKARTEN?
1. Welche Größe und welches
Format haben sie?
2. Welche Bilder sieht man darauf?
3. Wer hat sie hergestellt/gedruckt?
WARUM WERDEN
WEIHNACHTSKARTEN GEKAUFT?
1. Was bedeuten Weihnachtskarten
den Bulgaren/Bulgarinnen?
2. Warum kaufen sie sie?
3. An wen schicken sie sie?
4. Was schreiben sie darauf?
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Zweiter Schritt: Kategorisierung der Karten nach Bildern und Sprüchen
Folgende Kategorien ergaben sich:
Traditionelle bulgarische Weihnachtskarten – zeigen den traditionellen Weihnachtstisch
Religiöse Weihnachtskarten mit biblischen Darstellungen - neue Entwicklung – offizielle Ablehnung der Kirche vor dem Wandel
Kinderkarten – z.B.: Kinder beim Bauen eines Schneemanns, bei einer Schneeballschlacht
Winterlandschaftskarten – verschneite Felder oder Wälder
Christbaumschmuck – typische bulgarische Karten - traditioneller Schmuck
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Dritter Schritt: Diskussion über kulturelle Implikationen: traditionelle bulgarische Weihnachtskarten haben sich nicht verändert; seit Kurzem neu auf dem Markt: z.B.: Unicef-Karten mit “Merry Christmas” auf Englisch
Vergleiche:
- Gruppen
erhalten die britischen Karten: Analyse wie zuvor: Vier Kategorien: religiöse Karten, Winterkarten, Kinderkarten,
Weihnachtsschmuck
-
Vergleichende Analyse der bulgarischen und britischen Weihnachtskarten: Haltet Gemeinsamkeiten und
Unterschiede in zwei Spalten fest; fasst die Ergebnisse zusammen
Auffälligster
Unterschied: Information auf den Karten: zu Gunsten welcher Hilfsorganisation; Material, aus dem Karte besteht
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Das Beispiel und die Kompetenzen
1.
Interesse für Großbritannien UND die jüngere Geschichte Bulgariens entwickeln, über die Zukunft nachdenken. Erkennen,
dass die bulgarische Gesellschaft nicht immer „so“ war.
Einstell
ung (savoir être): Neugier (Interesse) und Offenheit; Bereitschaft, Zweifel an anderen Kulturen und Gewissheiten über die
eigene zunächst hintenanzustellen.
2.
Wissen über: Weihnachtskarten in Großbritannien und Bulgarien; Recycling; jüngere bulgarische Geschichte; die Rolle von
Hilfsorganisationen in kapitalistischen Sozialstaaten (und anderen)
Wissen
(savoirs): über Sozialgruppen, ihre Ausdrucksweisen und Handlungsmuster im eigenen Land und im Partnerland, über die
allgemeinen Prozesse, gesellschaftlicher und individueller Interaktion
3. In
Beziehung setzen/Vergleichen: Britische und bulgarische Weihnachtssymbolik, britische und bulgarische Auffassung von
Wohltätigkeit
Fertigk
eiten des Interpretierens und Herstellens von Bezügen (savoir comprendre): Fähigkeit, ein Dokument oder Ereignis aus
einer anderen Kultur zu interpretieren/deuten, zu erklären und in Beziehung zu Dokumenten und Ereignissen der eigenen
Kultur zu setzen 12
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. Soziale Handlungsmuster in Bulgarien (und Großbritannien) im Zusammenhang mit Weihnachten
entdecken durch Fragen/Beobachten/Datensammeln sowie das Kategorisieren von Daten – Vorgehen wie
Wissenschaftler/Forscher
F
ertigkeiten des Entdeckens und der Interaktion (savoir apprendre/faire): Fähigkeit, sich neues Wissen
über eine Kultur und kulturelle Handlungsmuster anzueignen sowie die Fähigkeit, Wissen, Einstellungen
und Fertigkeiten im Spannungsfeld von Echtzeit-Kommunikation und –Interaktion anzuwenden.
5
. Den Wandel in der bulgarischen Gesellschaft seit der Abkehr vom Kommunismus bewerten – die Vor-
und Nachteile
K
ritisches kulturelles Bewusstsein (savoir s’engager): Die Fähigkeit, Perspektiven, Handlungsmuster und
Ausdrucksweisen der eigenen und der anderen Kultur zu bewerten – kritisch und auf der Basis klarer
Kriterien
Kommentar
Die Schüler/innen kamen nur schwer mit der Vorstellung zurecht, durch den Kauf von
Weihnachtskarten eine Hilfsorganisation zu unterstützen.
Wohlfahrtseinrichtungen waren in unserer Kultur vor 1989 nicht bekannt. Inzwischen hat der
Wohlfahrts- und Gemeinnützigkeitsgedanke eine klare Ausprägung und Bedeutung
angenommen. Die ‚klassenlose Gesellschaft‘ ist praktisch verschwunden. An ihrer Stelle
haben sich zwei klar voneinander abgegrenzte Schichten herausgebildet – die der Reichen
und die der Armen. Nun gibt es Obdachlose und Arbeitslose. Gleichzeitig nahmen
Hilfsorganisationen ihre Arbeit auf, meist gegründet und finanziert von Menschen mit Geld und
Macht …
I
n dieser Phase hatten wir eine Diskussion über britische
Hilfsorganisationen, ihre Rolle in der Gesellschaft und den Wert, den
sie darstellen. Die Schüler/innen waren überrascht, dass die
Hilfsorganisationen sich aus privaten Spenden finanzieren und nicht
über Mittel vom Staat und von Privatunternehmen, wie das in
Bulgarien der Fall ist.
D
ies erklärten sie am Beispiel des zentralisierten Fürsorgesystems, das
in unserem Land noch immer existiert, inzwischen aber wegen
wirtschaftlicher und finanzieller Probleme vom Staat sehr
vernachlässigt wird.
D
ie Schüler/innen gelangten jedoch zu dem Schluss, dass die
Hilfsorganisationen in Bulgarien sich in sehr ähnlicher Weise
entwickeln werden wie die westeuropäischen, weil sie von diesen
unterstützt werden und deren Expertise, Strukturen und Aktivitäten
übernehmen.
„Wenn ich zu euch komme, bin ich eine Ressource, wenn ihr zu mir kommt, seid ihr verehrte Gäste.”
Interkulturelle Kommunikation und Schulpartnerschaften
Szenario
Einer Schule in Großbritannien ist es gelungen, Lehrer/innen aus ihren indischen Partnerschulen
während eines Comenius-Treffens zu Gast zu haben. Die verschiedenen Gruppen lernen
einander kennen. Die anderen Partner sprechen über das Beschaffen von Geldmitteln für die
indischen Schulen. Einer der Partner hat eine besonders klischeebehaftete Vorstellung von
Schulen in Schwellenländern. Die britisch-indische Schulpartnerschaft ist eine Partnerschaft
auf Augenhöhe, worauf beide Seiten Wert legen. Einer der europäischen Partner sagt zu
einem Vertreter der indischen Schule:
„Wir schicken Ihrer Schule unsere alte Sportausrüstung und vier alte Laptops!“
Was ist hier passiert?
Wie fühlen sich die jeweiligen Partner?
Weshalb fühlen sie sich so?
Von welchen Annahmen gingen sie aus?
Welche anderen Möglichkeiten hätten sie?
Filmclip
http://www.ted.com/talks/chimamanda_adichie_the_danger_of_a_single_s
tory.html
Blickkontakt in verschiedenen KulturenWie viel Blickkontakt in unterschiedlichen Situationen notwendig oder akzeptabel ist, ist kulturspezifisch. Beispiele:
Kultur Konvention
Arabisch Viel Blickkontakt: Zu wenig kann als respektlos empfunden werden. Aber: Nicht miteinander verwandte Männer und Frauen vermeiden oft Blickkontakt, weil das als Flirtversuch gedeutet werden könnte.
britisch - weiß Der/die Sprechende sucht Blickkontakt, schaut aber immer wieder beiseite, um nicht zu „starren“; Sprechende, die keinen Blickkontakt aufnehmen, werden häufig als nicht vertrauenswürdig betrachtet. Von Zuhörer/innen wird erwartet, dass sie den/die Sprecher/in anschauen. Dies nicht zu tun, wird als respektlos empfunden oder erweckt den Eindruck, dass die Person nicht zuhört.
südasiatisch Direkter Blickkontakt kann als aggressiv und respektlos empfunden werden.
japanisch und chinesisch
Direkter Blickkontakt über wenige Sekunden hinaus kann als respektlos gelten, besonders gegenüber „höhergestellten“ Personen.
afro-karibisch Der/die Sprechende schaut den/die Zuhörer/in an. Diese/r schaut beiseite. Den Sprecher/die Sprecherin direkt anzuschauen, kann als Herausforderung und Respektlosigkeit betrachtet werden.
Was die Briten sagen
Was sie meinen Was andere verstehen
Sie müssen zum Abendessen kommen!
Das ist keine Einladung, ich bin bloß höflich.
Ich werde sicher bald eingeladen.
Sehr interessant. Das ist eindeutig Blödsinn.
Sie sind beeindruckt.
Das ist ein kühner Vorschlag.
Sie sind verrückt. Er hält mich für mutig.
Das ist nicht schlecht. Das ist gut. Das ist dürftig.
Mit dem größten Respekt …
Ich halte Sie für einen Idioten.
Er hört auf mich, nimmt mich ernst.
Ich höre, was du sagst. Ich bin gegenteiliger Meinung und will nicht mehr darüber reden.
Er akzeptiert meinen Standpunkt.
Ach, übrigens … Der Hauptgrund für unser Gespräch ist …
Das ist nicht so wichtig.
Wie kann kulturelle Diversität sich auf Ihre Partnerschaft auswirken?
•Fehlinterpretationen
•(vorgefasste) Annahmen über einander
•Erwartung von Geld
•Wie Schulen organisiert sind, arbeiten …
•Unterschiedliche Lehrmethoden
•Respekt vor Älteren
•Zeitauffassung
•Moralische/religiöse Unterschiede
•Traditionen/Familienstrukturen
•Bereitschaft, Fehler einzugestehen
•Flexibilität
•Vorurteile
Was ist Ihnen wichtig?
Noch einmal über alles nachdenken, was wir heute besprochen haben