Download - Judo SV Und Atemi Staller 09
Mario Staller Telefon: (0611) 2404433 Diltheystraße 10 Mobil: (0178) 4741385 65203 Wiesbaden E-Mail: [email protected]
Judo-Selbstverteidigungs-Lehrer des DJB
Judospezifische Selbstverteidigung und
Atemitechniken Stand: 13.03.09
erstellt von:
Mario Staller
Im Auftrag des Deutschen Judo-Bundes e.V.
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Inhaltsverzeichnis
1 GRUNDLAGEN DER JUDOSPEZIFISCHEN SELBSTVERTEIDIGUNG .................... 4
1.1 Die Selbstverteidungssituation ..................................................................................... 4 1.1.1. Ausrichtung an der Realität ............................................................................................... 5
1.1.2. Äußere Bedingungen ......................................................................................................... 5
1.1.3. Analyse der technisch-taktischen Anforderungen ............................................................. 6
1.2 Technische Grundlagen ............................................................................................... 9 1.2.1. Bekleidungsunabhängige Techniken ................................................................................. 9
1.2.2. Weiterführung natürlicher Reflexe ..................................................................................... 9
1.2.3. Direkter Weg .................................................................................................................... 10
1.2.4. Berücksichtigung scharfkantiger Gegenstände ............................................................... 10
1.2.5. Einfache Techniken für viele Situationen ........................................................................ 10
1.2.6. Wirkungsweise von Judotechniken ................................................................................. 10
1.3 Taktische Grundlagen ................................................................................................ 12 1.3.1. Eigene Stärken nutzen .................................................................................................... 12
1.3.2. Schnelles, konsequentes Beenden ................................................................................. 12
1.3.3. Aktive Umschau ............................................................................................................... 12
1.3.4. Folgemaßnahmen ............................................................................................................ 12
1.3.5. Keine Regeln ................................................................................................................... 13
1.3.6. Angemessener Grad an Härte ......................................................................................... 13
2 TECHNIKEN / VERTEIDIGUNGSHANDLUNGEN .................................................... 14
2.1 Atemitechniken ........................................................................................................... 15 2.1.1. Kampfstellung .................................................................................................................. 15
2.1.2. Handballenstoß ................................................................................................................ 16
2.1.3. Hammerfaust ................................................................................................................... 17
2.1.4. Fauststoß ......................................................................................................................... 18
2.1.5. Erzieherische Maßnahme – „Educational Block“ ............................................................. 19
2.1.6. Knietechnik ...................................................................................................................... 20
2.1.7. Fußtechnik vorwärts ........................................................................................................ 21
2.2 Verteidigung gegen Atemitechniken ........................................................................... 22 2.2.2. Angriffe mit Fußtechniken ................................................................................................ 24
2.3 Verteidigung gegen Umklammerungsangriffe ............................................................ 25
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2.3.1. Umklammerung von vorne unter den Armen ................................................................... 25
2.3.2. Umklammerung von vorne über den Armen .................................................................... 26
2.4 Verteidigung gegen Würgeangriffe ............................................................................. 27 2.4.1. Würgen von vorne ........................................................................................................... 27
2.4.2. Würgen von der Seite 1 ................................................................................................... 28
2.4.3. Würgen von der Seite 2 ................................................................................................... 29
2.5 Gefasste Angriffe ........................................................................................................ 30 2.5.1. Grifflösen .......................................................................................................................... 30
2.6 Verteidigung gegen Angriffe in der Bodenlage ........................................................... 31 2.6.1. Würge- und Umklammerungsangriffe .............................................................................. 31
2.6.2. Angriffe mit Atemitechniken ............................................................................................. 34
3 LITERATURHINWEISE .............................................................................................. 35
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1 Grundlagen der judospezifischen Selbstverteidigung
Selbstverteidigung bezeichnet generell die Vermeidung und Abwehr von Angriffen auf die
seelische und / oder körperliche Unversehrtheit eines Menschen. Alle Handlungen im Rah-
men der Selbstverteidigung sind auf das Ziel ausgerichtet, die psychische und / oder physi-
sche Unversehrtheit des Menschen zu schützen.
Selbstverteidigungshandlungen sind ziel- und zweckorientiert.
Es handelt sich bei der Selbstverteidigung nicht allein um die physische Abwehr eines aku-
ten Angriffes. Vielmehr spielen taktische Komponenten wie Vermeidung und Prävention
ebenfalls eine wichtige Rolle.
1.1 Die Selbstverteidungssituation
Im Bezug auf die Ziel- und Zweckorientierung müssen grundsätzlich zwei Selbstverteidi-
gungssituationen unterschieden werden.
Situation Beschreibung
1
Angreifer Der oder die Angreifer sind unbekannt.
Angriffsdauer Es handelt sich um einen einmaligen akuten Angriff.
Ziel Beenden der Situation oder Entkommen (Flucht)
2
Angreifer Der oder die Angreifer sind Verwandte oder Bekannte.
Angriffsdauer Ein derartiger Angriff kann auch über einen längeren Zeitraum andauern.
Ziel
Beenden der akuten Situation oder Entkommen sind hier in der Regel keine dauerhaften Lösungen. In derartigen Fällen sind Lösungen mit Polizeibehörden, Beratungsstellen, etc. anzustre-ben.
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Im Folgenden wird vor allem auf Selbstverteidigungssituationen eingegangen, welche unter
Situation 1 zu subsumieren sind.
Das Trainieren von Abwehrhandlungen gegen Bedrohungs- / Angriffssituationen ist nur mög-
lich, wenn eine klare Vorstellung von einer solchen Situation existiert. Deshalb muss Selbst-
verteidigungstraining folgende Voraussetzungen erfüllen:
• Ausrichtung an der Realität,
• Berücksichtigung der äußeren Bedingungen und
• Analyse der technischen und taktischen Anforderungen.
1.1.1. Ausrichtung an der Realität
Selbstverteidigungstechniken und – taktiken müssen in der Realität funktionieren. Entspre-
chend muss auch eine differenzierte Vorstellung über Selbstverteidigungssituationen vor-
handen sein.
Im Wettkampfsport ist das Hilfsmittel der Videoanalyse hinreichend bekannt und findet auch
entsprechende Verwendung. Im Bereich der Selbstverteidigung gestaltete sich es bisher
schwierig geeignetes und aussagekräftiges Videomaterial von entsprechenden Situationen
zu erlangen. Die Weiterentwicklung des Internets (Web 2.0), sowie die immer besser wer-
dende mobile Aufnahmetechnik (Mobiltelefone mit Kamera, etc.) führten jedoch dazu, dass
mittlerweile sehr viel Videomaterial von realistischen Bedrohungs- und Angriffsszenarien
verfügbar ist. Derartige Videoportale mit einer Vielzahl von entsprechenden Aufnahmen sind
beispielsweise (Stand 01.01.09):
• www.nothingtoxic.com
• www.liveleak.com
1.1.2. Äußere Bedingungen
Selbstverteidigungssituationen sind durch unendlich viele Variablen geprägt. Beispielhaft
können aufgeführt werden:
• Platzmangel
• Ungünstige Ausgangsposition
• Eigene Position
• Angriffswinkel
• Schlechte Lichtverhältnisse
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• Keine Regeln, keine Fairness
• Mehrere Angreifer
• Unbekanntes Terrain
• Hilfsmittel, Waffen, Messer, …
• Drogen, z.B. „Tilidin“
• Stress, (Todes-)angst, Panikreaktion,…
• etc.
Um im Ernstfall auf möglichst viele Eventualitäten vorbereitet zu sein, empfiehlt es sich geis-
tig mit einer „Worst Case“- Einstellung an das Trainieren von Selbstverteidigungssituation
heranzugehen.
1.1.3. Analyse der technisch-taktischen Anforderungen
Die technisch-taktischen Anforderungen, die an den Verteidiger gestellt werden, sind grund-
sätzlich von der Art des Angriffs und der Distanz abhängig.
1.1.3.1. Angriffe
Der Angriff bzw. die Bedrohung bestimmt die Abwehrhandlung. Der Verteidiger muss ent-
sprechend reagieren. Anforderungen, aus technisch-taktischer Sicht, können sein:
• Bedrohungen mit oder ohne Waffen
• Angriffe mit oder ohne Waffen
• Angriffe alleine oder mit mehreren Personen
• Angriffe mit Schlägen oder Tritten
• Angriffe mit oder ohne Kontakt
• usw.
Die Ziel- und Zweckorientierung der Verteidigungshandlung ist dabei stets zu beachten: Das
Beenden der Angriffshandlung oder das Verlassen des gefährdeten Gebietes (Flucht) steht
im Mittelpunkt. Unter Umständen kann auch Aufgeben („Hier! Nimm meine Geldbörse!“) die
cleverste Alternative darstellen. Dies gilt besonders für Bedrohungssituationen.
In der Verteidigungshandlung sollte ein Priorisierung vorgenommen werden. Das Hauptprob-
lem sollte wenn möglich zuerst beseitigt werden.
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Die Hauptgefahr muss zuerst verteidigt werden!
Beispiel: Bei einem Würgeangriff von vorne besteht die Hauptgefahr in einem Zerstören
der Luftröhre bzw. des Adamsapfels (u.U. tödlicher Ausgang). Entsprechend
muss die Hand des Angreifers so schnell wie möglich von dort entfernt werden.
Erst dann (frühestens gleichzeitg) können weiter Handlungen folgen.
Ein schöner Gegenangriff ohne Beseitigung des Problems macht keinen Sinn,
wenn gleichzeitig die eigene Luftröhre zerstört wird. Die erlittene Verletzung ist
möglicherweise mit dem Leben nicht vereinbar.
1.1.3.2. Distanzen
Die Distanz, aus welcher ein Angriff erfolgt, ist für die Verteidigung und für das persönliche
Selbstverteidigungskonzept von essentieller Bedeutung. Nur so können die eigenen Chan-
cen in einer Auseinandersetzung realistisch eingeschätzt werden. In Bezug auf die eigenen
Stärken und Schwächen als Judoka, können sieben Distanzen unterschieden werden:
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Distanz Beschreibung Bewertung
1 große Distanz Angriffe mit Schusswaffen o.ä. aus einer Ent-fernung von mehr als 3 m. Angriffe, die keine körperliche Nähe erfordern.
Körperliche Abwehr ist nicht möglich.
2 Stock-Distanz
Angriffe mit Gegenständen / Waffen, welche als Verlängerung des Armes eingesetzt wer-den können (Stock, Stuhl, etc.). Ziel ist ein Angriff aus „sicherer Entfernung“
Eine Abwehr ist nur unter schneller Dis-tanzverkürzung möglich. Passiver Schutz ist möglich (Schild, etc.).
3 Tritt-Distanz Mit ausgestrecktem Bein (Tritte) kann der Ge-gner getroffen werden.
Körperliche Abwehr möglich. Distanzverkürzung sinnvoll.
4 Schlag-Distanz
Mit ausgestrecktem Arm (Schläge) kann der Gegner getroffen werden. Ein Angriff mit dem Bein würde ein „Schien-beintreffer“ bedeuten.
Körperliche Abwehr möglich. Distanz-verkürzung sinn-voll.
5 Knie-Distanz Angriffe mit angewinkelten Extremitäten sind möglich (Knie, Ellenbogen, Haken, etc.).
Griffe und judospe-zifische Fertigkei-ten einsetzbar. Vorsicht vor sensib-len Trefferzonen.
6 Keine Distanz
Angriffe, die nicht auf die Impulsübertragung einer Extremität angewiesen sind (Ausnahme: Kopfstoß). Darunter fallen Würge-/Umklammerungsangriffe, Hebel, Würfe, etc. Oft ist es das Ziel des Angreifers das Gegenü-ber in eine unterlegene Position zu bringen um dann weitere Angriffe folgen zu lassen.
Griffe und judospe-zifische Fertigkei-ten sehr gut ein-setzbar. Vorsicht vor Kopfstößen, Bissen, etc.
7 Bodenkampf
Angriffe in der Bodenlage. Der Angreifer bevorzugt in der Regel eine do-minante Position aus welcher Schläge, Würge-techniken, etc. folgen.
Griffe und judospe-zifische Fertigkei-ten sehr gut ein-setzbar. Vorsicht vor Schlä-gen, Bissen, etc.
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Abbildung 1: Distanzen in Kampfhandlungen
In einer Auseinandersetzung können die Distanzen sehr schnell variieren. Aus strategischer
Sicht ist es demnach wichtig, die Verteidigung wenn möglich so zu gestalten, dass die Stär-
ken des Judokas (grüne Distanzen) zum eigenen Vorteil eingesetzt werden können.
1.2 Technische Grundlagen
Ausgerichtet an der Selbstverteidungssituation müssen Techniken, welche in der Selbstver-
teidigung Anwendung finden, verschiedenen Ansprüchen genügen.
1.2.1. Bekleidungsunabhängige Techniken
In einer Selbstverteidigungssituation wird der Angreifer höchstwahrscheinlich keinen Gi tra-
gen. Techniken, die auf ein Greifen der Bekleidung des Angreifers angewiesen sind, müssen
für die Selbstverteidigung entsprechend angepasst werden. Im Training sollte diesem Aspekt
ausreichend Rechnung getragen werden.
1.2.2. Weiterführung natürlicher Reflexe
Situationen, in denen man sich selbstverteidigen muss, treten oft überraschend ein. Ein men-
tales Einstimmen und Durchspielen von erwarteten Handlungen (wie vor einem Kampf) gibt
es nicht. Bei plötzlichen Angriffen mit einer kurzen Vorwarnzeit wird die erste Bewegung der
natürliche Reflex in der entsprechenden Situation sein. Dieser sollte beim Training der Ab-
wehrhandlungen mit einbezogen werden.
1 2 3 4 5 6
7
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1.2.3. Direkter Weg
Die Verteidigung gegen einen Angriff sollte auf kürzestem und direktem Wege aus der jewei-
ligen Ausgangsposition erfolgen. Eine Einschränkung ist hier lediglich die Sicherheit und
Eignung der entsprechenden Aktion.
1.2.4. Berücksichtigung scharfkantiger Gegenstände
Sämtliche Techniken sollten das Vorhandensein von scharfkantigen Gegenständen (Messer,
Spritze, etc.) berücksichtigen. Zu Beginn oder im Laufe einer Auseinandersetzung werden
häufig derartige Gegenstände eingesetzt. Angreifer, welche unterlegen sind, besinnen sich
sehr schnell z.B. auf das Taschenmesser, welches sie noch in der Hosentasche führen. Bei
schlechten Lichtverhältnissen ist es für den Verteidiger oft nicht möglich zu unterscheiden,
ob ein waffenloser Angriff oder ein Angriff mit einem z.B. kleinen Messer vorliegt. Entspre-
chend des „Worst-Case“-Denkens sollten Abwehrhandlungen so trainieren werden, dass es
keinen Unterschied macht, welcher Fall vorliegt.
1.2.5. Einfache Techniken für viele Situationen
Wie bereits erwähnt stellen sich Selbstverteidigungssituationen, darunter auch die Angriffs-
handlungen, als sehr variabel dar. Techniken für Selbstverteidigung sollten so beschaffen
sein, dass sie in vielen unterschiedlichen Situationen einsetzbar sind. Darüberhinaus müs-
sen sie entsprechend einfach anwendbar sein. Nur so ist ein Anwenden im Stressfall mög-
lich.
1.2.6. Wirkungsweise von Judotechniken
Im Judo spielt die Rücksichtnahme auf den Partner eine wesentliche Rolle. Techniken sollten
stets so ausgeführt werden, dass weder Tori noch Uke Verletzungen erleiden. In Notwehrsi-
tuationen ist eine Verletzung des Angreifers unter Umständen beabsichtigt. Aus diesem
Grund sollten folgende Anmerkungen zu den Technikgruppen Beachtung finden.
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Technikgruppe Modifikation für die moderne Selbstverteidigung
Sch
lag-
/Sto
ßtec
hnik
en
(Ate
mi-w
aza)
Armtechniken (Ude-ate-waze)
• Vermeiden von großen Ausholbewegungen • Direkter Weg von Ausgangsstellung zum Ziel
Fußtechniken (Ashi-ate-waza)
• Vermeiden von großen Ausholbewegungen • Angriffspunkte unterhalb der Gürtellinie wählen
Wur
ftech
iken
(N
age-
waz
a)
gesichelte / gefegte Fußtechniken
• Gleichgewichtsbruch in Verbindung mit „Weich-machern“
• „Mitfallen“ auf Angreifer erhöht Effektivität
blockierende Fußtechniken
• Gleichgewichtsbruch in Verbindung mit „Weich-machern“
• „Mitfallen“ auf Angreifer erhöht Effektivität
Abtauchtechniken • Vermeiden bei mehreren Angreifern • Arm (nicht: Kleidung) umklammern
Selbstfalltechniken • Vermeiden bei mehreren Angreifern • Vermeiden bei ungünstigem Bodenbelag
Beingreiftechniken • Vorsicht: Ellenbogenschläge zum Kopf/Nacken • „Mitfallen“ auf Angreifer erhöht Effektivität
Aushebetechniken • im Rücken des Angreifers besonders effektiv • „Mitfallen“ auf Angreifer erhöht Effektivität
beidbeinige Eindrehtechniken
• Gleichgewichtsbruch in Verbindung mit „Weich-machern“
• „Mitfallen“ auf Angreifer erhöht Effektivität
einbeinige Eindrehtechniken
• Gleichgewichtsbruch in Verbindung mit „Weich-machern“
• „Mitfallen“ auf Angreifer erhöht Effektivität
Grif
ftech
nike
n
(Kat
ame-
waz
a)
Haltegriffe (Osaekomi-waza)
• Kontrollfunktion des Kopfes berücksichtigen • Vorsicht: Beißen, Kratzen, etc. • Anwenden von Atemitechniken bei Kontrolle • Flucht nach Kontrolle • Atemitechniken bei mehreren Angreifern
Würgetechniken (Shime-waza)
• Techniken ohne Bekleidung bevorzugen • Abwürgen bis zur Bewusstlosigkeit möglich • Atemitechniken bei mehreren Angreifern
Hebeltechniken (Kansetsu-waza)
• in Kombination mit Atemitechniken möglich • „Durchziehen“ bei mehreren Angreifern
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1.3 Taktische Grundlagen
In Selbstverteidigungssituationen gilt es einige taktische Grundsätze zu befolgen:
1.3.1. Eigene Stärken nutzen
Wie im sportlichen Wettkampf gilt es in der Selbstverteidigung die eigenen Stärken zielfüh-
rend einzusetzen. Für den Judoka ist dies besonders im Hinblick auf die Distanzen in der
Auseinandersetzung wichtig (siehe 1.1.3.2).
1.3.2. Schnelles, konsequentes Beenden
Die Angriffssituation muss so schnell wir möglich mit einem angemessenen Härtegrad been-
det werden. Gerade in Situationen mit lebensbedrohlichen Angriffen ist ein konsequentes
Beenden der Situation mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln geboten. Ein Zögern oder
vorzeitiges Abbrechen der Verteidigungshandlung gibt dem Angreifer Raum und Möglichkei-
ten. Weitere Angreifer (welche sich z.B. bisher zurückgehalten haben) könnten eingreifen.
Darüber hinaus ist das Überraschungsmoment verloren.
1.3.3. Aktive Umschau
Leider ist bei Gewalthandlungen heute vermehrt festzustellen, dass ein Angriff ausgeführt
wird, während weitere Angreifer sich im Umfeld aufhalten („Schmiere stehen“, Eingreifen
wenn nötig). Bei plötzlichen Angriffen ist so früh es geht nach Neutralisation der primären
Gefahr das Umfeld aktiv nach weitern Gefahrenquellen (Angreifern) abzusuchen. Auch sollte
die beste Fluchtmöglichkeit / -richtung ausfindig gemacht werden. Dies gilt besonders, wenn
mehrere Personen gleichzeitig angreifen. Hier muss die Verteidigungshandlung mit einer
gleichzeitigen aktiven Umschau einhergehen. Diesem Aspekt ist im Training besonders
Rechnung zu tragen.
1.3.4. Folgemaßnahmen
Nach Beendigung der Angriffshandlung muss der Verteidiger sich für eine der Situation an-
gepasste Folgemaßnahme entscheiden. Als Zivilperson wird bei keiner vorliegenden Gefahr
für andere Personen die Flucht (z.B. Notausgang) im Vordergrund stehen. Für Polizeibeamte
stellt sich die anschließende Vorgehensweise anders dar (Festnahme).
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1.3.5. Keine Regeln
Selbstverteidigung unterliegt keinen Regeln, technischen Beschränkungen oder sportlichen
Restriktionen. Das Erreichen des Ziels (Überleben, körperliche Unversehrtheit) steht im Vor-
dergrund. In der jeweiligen Situation sind alle zur Verfügung stehenden Mittel hierfür einzu-
setzen:
• Kratzen, Beißen, etc.
• Griff in die Haare, Augen, etc.
• Benutzen von Gegenständen
1.3.6. Angemessener Grad an Härte
Es sollte stets das Ziel sein eine gewalttätige Auseinandersetzung zu vermeiden. Entspre-
chend muss, soweit dies möglich ist, deeskalierend auf die Situation bzw. auf den Angreifer
eingewirkt werden. In einer körperlichen Auseinandersetzung sollte die Verteidigungshand-
lung dem Angriff angemessen sein, um ggf. die Situation im Anschluss wieder entspannen
zu können. Wird überreagiert, kann sich die Situation schnell „hochschaukeln“. Es darf aller-
dings nicht vergessen werden, dass die Verteidigungshandlung die Bedrohung bzw. den
Angriff sofort beenden muss. Eine entsprechende rechtliche Abdeckung findet sich in §32
StGB (Notwehr) wieder.
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2 Techniken / Verteidigungshandlungen
Im Folgenden werden Grundtechniken der Selbstverteidigung unterteilt nach Angriffssituatio-
nen beschrieben.
Sämtliche Techniken werden anhand von Knotenpunkten (sog. „Checkpoints“) erläutert. Hin-
zu kommen ergänzende Informationen für den Trainer, sowie Möglichkeiten der methodi-
schen Vermittlung.
Trainingsformen unterteilt nach Erwerbs-, Anwendungs- und technischem Ergänzungstrai-
ning können bei Bedarf ergänzt werden.
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2.1 Atemitechniken
2.1.1. Kampfstellung
Lerninhalt
Kampfstellung
Checkpoints
• Schrittstellung • Schulterbreit • Vorderer Fuß leicht nach innen rotiert Genitalschutz • Hinter Fuß auf dem Ballen schneller im Angriff • Gewichtsverteilung: 50 : 50 • Hände geöffnet vor dem Körper
Bewegung:
• Gleiten: Stellung vergrößern, dann 2. Fuß nachziehen • In alle Richtungen möglich
Ergänzende Information („nice to know“)
• Nur im Kampf möglich. Bei überraschenden Angriffen erst im Laufe der Verteidigungshand-
lung möglich.
Vorbereitende Übung, Vorübung, etc.
• Durcheinander GEHEN – auf Kommando stehen bleiben automatisch Schrittstellung
Übungen
Zum Lernen Technikerwerbstraining
(Geschlossene Bedingungen)
• Wie oben nur mit anschließender Korrektur (Füße, etc.) • Auf 2. Kommando: drehen zum Ausbilder!
Zum Anwenden Technikanwendungstraining
(Offene Bedingungen)
• Schlagtechniken auf die Pratze • Schlagtechniken am passiven Partner • Spiel: „Simon says“
Zum Vertiefen Technisches Ergänzungstraining
(Verfeinerung einzelner Technik-
elemente oder Teilbewegungen)
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2.1.2. Handballenstoß
Lerninhalt
Handballenstoß
Checkpoints
• Auftrefffläche ist der Handballen • Geradlinige Bewegung ins Ziel • Wichtig ist das Zurückziehen der Hand sofort wieder bereit sein
• Zu Beginn: Parallelstand, später Kampfstellung
Ergänzende Information („nice to know“)
• Sehr einfache – aber unglaublich effektive Technik
Vorbereitende Übung, Vorübung, etc.
• Pratzen am Boden bearbeiten
• Geburtstagsspiel
Übungen
Zum Lernen Technikerwerbstraining
(Geschlossene Bedingungen)
• Einzeltechniken auf die Pratze schlagen • Winkel wird vorgegeben
Zum Anwenden Technikanwendungstraining
(Offene Bedingungen)
• Pratzen werden frei gehalten entsprechende Reaktion mit Handballenstoß
• Partner nennt Ziffer so viele Stöße auf die Pratze • „Bearbeiten“ eines passiven Partners
Zum Vertiefen Technisches Ergänzungstraining
(Verfeinerung einzelner Technik-
elemente oder Teilbewegungen)
• Mit Konditioneller Belastung: Liegestütze mit Handballenstöße in der Streckphase
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2.1.3. Hammerfaust
Lerninhalt
Hammerfaust
Checkpoints
• Faust ballen und mit der Unterseite treffen • Auftreffwinken sollte 90° sein ( maximale Kraftübertragung) • Ellenbogen gibt die Richtung vor • Ganzer Körper rotiert
• Zu Beginn: Parallelstand, später Kampfstellung
Ausführungsmöglichkeiten:
• von oben nach unten • von hinten nach vorne • seitwärts • von unten nach oben • …
Ergänzende Information („nice to know“)
• Sehr einfache – aber unglaublich effektive Technik
Vorbereitende Übung, Vorübung, etc.
• Stempeln (Post) am Boden
• Glaskugel stempeln
Übungen
Zum Lernen Technikerwerbstraining
(Geschlossene Bedingungen)
• Einzeltechniken auf die Pratze schlagen • Winkel wird vorgegeben
Zum Anwenden Technikanwendungstraining
(Offene Bedingungen)
• Pratzen werden frei gehalten entsprechende Reaktion mit Hammerfaust
• „Bearbeiten“ eines passiven Partners
Zum Vertiefen Technisches Ergänzungstraining
(Verfeinerung einzelner Technik-
elemente oder Teilbewegungen)
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2.1.4. Fauststoß
Lerninhalt
Fauststoß
Checkpoints
• Auftrefffläche sind die Knöchel des Zeige- und Mittelfingers • Daumen „verriegelt“ die Faust • Handgelenk muss gerade gehalten werden
• Geradlinige Bewegung ins Ziel • Wichtig ist das Zurückziehen der Hand sofort wieder bereit
• Zu Beginn: Parallelstand, später Kampfstellung
Ergänzende Information („nice to know“)
• Kleine Auftrefffläche –> hohe Impulsabgabe
• Reichweite vergrößert im Vergleich zum Handballenstoß
Vorbereitende Übung, Vorübung, etc.
• Handballenstöße (auf Hüftdrehung, etc. achten)
Übungen
Zum Lernen Technikerwerbstraining
(Geschlossene Bedingungen)
• Einzeltechniken auf die Pratze schlagen • Winkel wird vorgegeben
Zum Anwenden Technikanwendungstraining
(Offene Bedingungen)
• Pratzen werden frei gehalten entsprechende Reaktion mit Fauststoß
• Partner nennt Ziffer so viele Stöße auf die Pratze • „Bearbeiten“ eines passiven Partners
Zum Vertiefen Technisches Ergänzungstraining
(Verfeinerung einzelner Technik-
elemente oder Teilbewegungen)
• Liegestütze auf Knöcheln
• Mit Konditioneller Belastung: Liegestütze mit Fauststoß in der Streckphase
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2.1.5. Erzieherische Maßnahme – „Educational Block“
Lerninhalt
Erzieherische Maßnahme (Educational Block)
Checkpoints
• Fingerstich oberhalb des Brustbeins (Hals) in die „Kuhle“ (Fossa jugularis)
• Handfläche wird auf die Brust gelegt dadurch ist die Fingerspitze in der richtigen Position • Durch Strecken des Arms (Hand) und eindrehen der Schulter wird ein Impuls aufgebaut
Ergänzende Information („nice to know“)
• Sehr medienfreundliche Maßnahme um Abstand zu wahren. Zeichen kommt beim Gegenü-ber an.
Vorbereitende Übung, Vorübung, etc.
• Selbstständiges Eindrücken der Kuhle (Angstabbau vor der Technik)
Übungen
Zum Lernen Technikerwerbstraining
(Geschlossene Bedingungen)
• Einzeltechnik (Hand auf die Brust) langsam üben Part-ner wegdrücken
• Angreifer kommt auf Verteidiger zu
Zum Anwenden Technikanwendungstraining
(Offene Bedingungen)
Zum Vertiefen Technisches Ergänzungstraining
(Verfeinerung einzelner Technik-
elemente oder Teilbewegungen)
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2.1.6. Knietechnik
Lerninhalt
Kniestoß / Knieschlag
Checkpoints
• Knie wird nach oben vorne ins Ziel geführt • Gegenbewegung durch Zug des Ziels mit den Armen nach unten
o Beide Arme greifen um Hals o Ein Arm und der Hals wird gegriffen o Kopf wird gegriffen
• Schlag: kreisförmige Bewegung (kurze Distanz) • Stoß: geradlinige Bewegung (mittlere Distanz) • i.d.R. wird eine Mischform zielführend sein
Zielzone:
• Genital • Bauch • Kopf
Ergänzende Information („nice to know“)
• Einfache Technik mit großer Wirkung
Vorbereitende Übung, Vorübung, etc.
• Knie mit einem Pfeil vergleichen
Übungen
Zum Lernen Technikerwerbstraining
(Geschlossene Bedingungen)
• Einzeltechnik auf Pratze (Pratze wird gegriffen)
Zum Anwenden Technikanwendungstraining
(Offene Bedingungen)
• Aus verschiedenen Distanzen sofort treffen • In Kombinationen einbauen
Zum Vertiefen Technisches Ergänzungstraining
(Verfeinerung einzelner Technik-
elemente oder Teilbewegungen)
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2.1.7. Fußtechnik vorwärts
Lerninhalt
Fußtritt vorwärts
Checkpoints
• Explosives Anheben des Knies • Schnappbewegung mit dem Unterschenkel • Bewegung von unten nach oben
Mögliche Trefferflächen (abhängig von der Distanz): • Fußballen • Spann • Schienbein
Trefferzonen:
• Genitalbereich (Trichterförmig immer mit Kontakt üben) • Unterbauch
Stand:
• Passiver Stand (Füße parallel) ohne Auftaktbewegung
Ergänzende Information („nice to know“)
• Fußtritt vorwärts als Verlängerung der Knietechnik
Vorbereitende Übung, Vorübung, etc.
Übungen
Zum Lernen Technikerwerbstraining
(Geschlossene Bedingungen)
• Einzeltechnik auf die Pratze • Einzeltechnik in Verbindung mit Kniebeuge
Zum Anwenden Technikanwendungstraining
(Offene Bedingungen)
• "Slowfighting" mit Fußtritt vorwärts
Zum Vertiefen Technisches Ergänzungstraining
(Verfeinerung einzelner Technik-
elemente oder Teilbewegungen)
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2.2 Verteidigung gegen Atemitechniken
2.2.1.1. Kreisförmige Angriffe mit Handtechniken
Lerninhalt
360° Verteidigung (Blocktechnik)
Checkpoints
• Ellenbogenwinkel 90° • Kleinfingerseite nach außen (Elle) harte Blockfläche • Mit Spannung einrasten lassen
• 200% Abwehr: Handabwehr 100 % und Körperabwehr 100% (Hand- & Körperverteidigung)
• Oben: Kopf einziehen (Schildkröte) • Unten: Po nach hinten strecken
• Zu Beginn: Parallelstand, auch an der Wand (kein Zurückweichen mehr möglich) Später:
• 360° mit Konter gleichzeitiger Stoß mit der anderen Hand ins Gesicht (zum Üben Brustbereich)
• Angriffe von der Seite (90°)
Ergänzende Information („nice to know“)
• Verteidigung für überraschende Angriffe (kreisförmig) aus naher Distanz
Vorbereitende Übung, Vorübung, etc.
• Durcheinanderlaufen mit Schlagen auf Schulter und Hüfte (Ziel: nicht getroffen werden)
Übungen
Zum Lernen Technikerwerbstraining
(Geschlossene Bedingungen)
• Trockenübung: o 360° mit beiden Armen abdecken o Technik einrasten lassen
• Mit Partner: o Langsame, kreisförmige Angriffe o Später mit Konter o Rhythmus ändern
Zum Anwenden Technikanwendungstraining
(Offene Bedingungen)
• Als kompletter Drill (Konter, Beenden…) • Durcheinanderlaufen mit 2 - 5 Messerangreifern • Slow-Fighting mit kreisförmigen Techniken
Zum Vertiefen Technisches Ergänzungstraining
(Verfeinerung einzelner Technik-
elemente oder Teilbewegungen)
• Mit Messer in Dolchhaltung (Messer hinter dem Rücken)
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2.2.1.2. Geradlinige Angriffe mit Handtechniken
Lerninhalt
Verteidigung nach innen – Unterarm
Checkpoints
• Ellenbogenwinkel 90° • Kleinfingerseite nach innen (Elle) harte Blockfläche • Prinzip: Ableiten der geraden Technik des Gegners
• 200% Abwehr: Handabwehr 100 % und Körperabwehr 100%
• Zu Beginn: Parallelstand, auch an der Wand (kein Zurückweichen möglich)
Später mit Konter:
• Außenseite: o Verteidigung, Sichern des Armes, Hand / Faust zum Gesicht (Rhythmus: 1,5)
• Innenseite: o Verteidigung, Sichern mit der linken Hand, Hammerfaust zum Gesicht
Ergänzende Information („nice to know“)
• Verteidigung für überraschende Angriffe (gerade) aus naher Distanz
Vorbereitende Übung, Vorübung, etc.
• Zombie Spiel: Würgeangriffe – nicht ergreifen lassen • „Hände hoch“: anschließend Würgeangriff abwehren
Übungen
Zum Lernen Technikerwerbstraining
(Geschlossene Bedingungen)
• Trockenübung: o Innenverteidigung mit beiden Armen o Technik einrasten lassen
• Mit Partner: o Langsame, gerade Angriffe o Später mit Konter o Rhythmus ändern
Zum Anwenden Technikanwendungstraining
(Offene Bedingungen)
• Als kompletter Drill (Konter, Beenden…) • Slow-Fighting mit geraden Techniken
Zum Vertiefen Technisches Ergänzungstraining
(Verfeinerung einzelner Technik-
elemente oder Teilbewegungen)
• Mit Messer in Stichhaltung (hinter dem Rücken)
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2.2.2. Angriffe mit Fußtechniken
Lerninhalt
Schienbeinblock außen und innen
Checkpoints
• Verteidigung gegen geradlinige Trittangriffe
• Knie wird angehoben (Schienbein zeigt nach unten)
• Rotation nach
o Außen Ableiten des Angriffs o Innen Ableiten des Angriffs
• Sofortiges Aufsetzten des Beines • Folgetechniken ausführen
Ergänzende Information („nice to know“)
Vorbereitende Übung, Vorübung, etc.
Übungen
Zum Lernen Technikerwerbstraining
(Geschlossene Bedingungen)
• Einzeltechniken gegen Fußstritt vorwärts üben
Zum Anwenden Technikanwendungstraining
(Offene Bedingungen)
Zum Vertiefen Technisches Ergänzungstraining
(Verfeinerung einzelner Technik-
elemente oder Teilbewegungen)
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2.3 Verteidigung gegen Umklammerungsangriffe
2.3.1. Umklammerung von vorne unter den Armen
Lerninhalt
Verteidigung gegen Umklammerung von vorne unter den Armen
Checkpoints
• Ausfallschritt nach hinten (Stabilisierung) • Gleichzeitig Kopf nach hinten bringen (Platz schaffen) • Kopf des Angreifers ergreifen und Finger in die Augen drücken • Kopf des Angreifers nach hinten unten abknicken
Alternativen
• Ko-soto-gake • Hammerfaust
Ergänzende Information („nice to know“)
• Angriff dient dem „zu-Boden-bringen“ entweder durch „Abknicken“ oder „Ausheben“
Vorbereitende Übung, Vorübung, etc.
• Bärenringen: Partner versuchen gleichzeitig den Partner unter den Armen zu ergreifen • Aushebekampf: Partner versuchen sich gegenseitig auszuheben
Übungen
Zum Lernen Technikerwerbstraining
(Geschlossene Bedingungen)
• Trockendrill • Mit Partner
Zum Anwenden Technikanwendungstraining
(Offene Bedingungen)
• Mit geschlossen Augen warten auf Angreifer • Partner versucht Takedown
Zum Vertiefen Technisches Ergänzungstraining
(Verfeinerung einzelner Technik-
elemente oder Teilbewegungen)
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2.3.2. Umklammerung von vorne über den Armen
Lerninhalt
Verteidigung gegen Umklammerung von vorne über den Armen
Checkpoints
• Ausfallschritt nach hinten (Stabilisierung) • Mit den Daumen an der Leiste des Angreifers nach vorne drücken (Platz schaffen) • Kurze Knietechnik in den Unterleib
Alternativen
• Mit den Armen Schulterblätter ergreifen (Angreifer fixieren) • Knietechniken bis Wirkung eintritt oder
• Koshi-guruma oder
• Ko-soto-gake
Ergänzende Information („nice to know“)
• Angriff dient dem „zu-Boden-bringen“ entweder durch „Abknicken“ oder Ausheben
Vorbereitende Übung, Vorübung, etc.
• Bärenringen: Partner versuchen gleichzeitig den Partner unter den Armen zu ergreifen • Aushebekampf: Partner versuchen sich gegenseitig auszuheben
Übungen
Zum Lernen Technikerwerbstraining
(Geschlossene Bedingungen)
• Trockendrill • Mit Partner
Zum Anwenden Technikanwendungstraining
(Offene Bedingungen)
• Mit geschlossenen Augen warten auf Angreifer • Partner versucht Takedown oder Wurf
Zum Vertiefen Technisches Ergänzungstraining
(Verfeinerung einzelner Technik-
elemente oder Teilbewegungen)
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2.4 Verteidigung gegen Würgeangriffe
2.4.1. Würgen von vorne
Lerninhalt
Verteidigung gegen Würgeangriff von vorne
Checkpoints
• Mit beiden Händen Haken bilden („Hook“) • Hände möglichst nah an den Würgehänden (Daumengrundgelenk) einhaken • Explosionsartig zur Seite ziehen (horizontal!) • Simultan Kniestoß in Genitalien oder bei größerer Distanz Schienbeintritt in Genitalien
Alternativen:
• Handballenstöße / Fauststöße zum Kopf + Flucht • „Weichmacher“ (Faustschlag zum Carotis Sinus) + O-soto-gari
Ergänzende Information („nice to know“)
• Würgeangriff mit gebeugten Armen – gestreckte Arme haben keine Kraftentfaltung • Ziel ist das Zerdrücken der Luftröhre (Schmerz) bzw. des Kehlkopfes • Ein Abdrücken der Halsschlagader ist so schlecht möglich
Vorbereitende Übung, Vorübung, etc.
• Zombiespiel (Prävention)
Übungen
Zum Lernen Technikerwerbstraining
(Geschlossene Bedingungen)
Zum Anwenden Technikanwendungstraining
(Offene Bedingungen)
Zum Vertiefen Technisches Ergänzungstraining
(Verfeinerung einzelner Technik-
elemente oder Teilbewegungen)
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2.4.2. Würgen von der Seite 1
Lerninhalt
Verteidigung gegen Würgeangriff von der Seite, weite Distanz
Checkpoints
• Hand nah an der vorderen Würgehand einhaken (am Daumengrundgelenk) • Explosionsartig (hoher Impuls) nach unten ziehen • Würgehand an der Brust fest fixieren • Mit anderer Hand simultan Schlag in Genitalien (→ Oberkörper Angreifer beugt sich nach
vorne)
Alternativen:
• Ellenbogenschlag an das Kinn, • Hammerfaust an das Kinn
• O-goshi
Ergänzende Information („nice to know“)
• Würgeangriff mit gebeugten Armen • Vordere Hand ist gefährlich – die hintere Hand dient nur der Stabilisierung
Vorbereitende Übung, Vorübung, etc.
• Zombiespiel (zum Erlernen der Präventionshandlung gegen derartige Angriffe)
Übungen
Zum Lernen Technikerwerbstraining
(Geschlossene Bedingungen)
• Trockendrill • Langsam mit Partner
Zum Anwenden Technikanwendungstraining
(Offene Bedingungen)
• Mit geschlossenen Augen überraschen lassen • Mehrere Angreifer gleichzeitig (Prävention + Technik)
Zum Vertiefen Technisches Ergänzungstraining
(Verfeinerung einzelner Technik-
elemente oder Teilbewegungen)
• Haken an der Brust fixieren – Partner muss sich durch Bewegen lösen
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2.4.3. Würgen von der Seite 2
Lerninhalt
Verteidigung gegen Würgeangriff von der Seite, enge Distanz
Checkpoints
• Hand nah an der vorderen Würgehand einhaken (am Daumengrundgelenk) • Explosionsartig (hoher Impuls) nach unten ziehen • Würgehand an der Brust fest fixieren • Mit anderer Hand simultan Schlag in Genitalien • Danach den Würgearm unter der Achsel fixieren • Knie in die Genitalien
Alternativen:
• Ippon Seoi-nage • Lösen vom Angreifer
Ergänzende Information („nice to know“)
• Würgeangriff mit gebeugten Armen • Der Angreifer legt i.d.R. den Kopf auf die Schulter, um mehr Kraft zu entfalten • Vordere Hand ist das Problem – die hintere Hand dient nur der Stabilisierung
Vorbereitende Übung, Vorübung, etc.
• Zombiespiel (zum Erlernen der Präventionshandlung gegen derartige Angriffe)
Übungen
Zum Lernen Technikerwerbstraining
(Geschlossene Bedingungen)
• Trockendrill • Langsam mit Partner
Zum Anwenden Technikanwendungstraining
(Offene Bedingungen)
• Mit geschlossenen Augen überraschen lassen • Mehrere Angreifer gleichzeitig (Prävention + Technik)
Zum Vertiefen Technisches Ergänzungstraining
(Verfeinerung einzelner Technik-
elemente oder Teilbewegungen)
• Haken an der Brust fixieren und Arm unter der Achsel einklemmen – Partner muss sich durch Bewegen lösen
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2.5 Gefasste Angriffe
2.5.1. Grifflösen
Lerninhalt
Grifflösen gegen Handgelenksumklammerung
Checkpoints
Greifen des gleichseitigen Armes
• den kleinsten Widerstand wählen Öffnung zwischen Finger und Daumen • „Auf die Uhr schauen“ – Handfläche nach unten • Kurze Rotationsbewegung um die Griffachse
Greifen des diagonalen Armes
• den kleinsten Widerstand wählen Öffnung zwischen Finger und Daumen • „Die Lösung liegt auf der Hand“ – Handfläche nach oben • Kurze Rotationsbewegung um die Griffachse
Ergänzende Information („nice to know“)
• „Problem“ genau wahrnehmen: Handelt es sich um einen Griff (und sonst nichts) oder um ein
Fixieren des Armes um besser zuschlagen zu können? – dann ändert sich das primäre Prob-
lem!
Vorbereitende Übung, Vorübung, etc.
• Handgelenksumklammerung in der Liegestützposition: Wer gewinnt zuerst?
Übungen
Zum Lernen Technikerwerbstraining
(Geschlossene Bedingungen)
• Kontrolliertes Üben mit dem Partner
Zum Anwenden Technikanwendungstraining
(Offene Bedingungen)
• 4 Angreifer, welche nach und nach dazukommen und versuchen die Arme des Verteidigers zu greifen
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(Verfeinerung einzelner Technik-
elemente oder Teilbewegungen)
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2.6 Verteidigung gegen Angriffe in der Bodenlage
2.6.1. Würge- und Umklammerungsangriffe
2.6.1.1. Würgen von vorne
Lerninhalt
Verteidigung gegen Würgen von vorne in der Bodenlage (Reitposition)
Checkpoints
• Mit beiden Händen Haken bilden („Hook“) • Hände möglichst nah an den Würgehänden (Daumengrundgelenk) einhaken • Explosionsartig zur Seite ziehen (horizontal!) • Unterschenkel auf einer Seite mit aufgestelltem Fuß fixieren • Kopfbrücke mit gleichzeitigem Schlag (flache Hand) auf die kurzen Rippen • Mit den Unterarmen die Knie des Angreifers auseinanderhalten • Fußtritt in den Unterleib
Ergänzende Information („nice to know“)
Vorbereitende Übung, Vorübung, etc.
Übungen
Zum Lernen Technikerwerbstraining
(Geschlossene Bedingungen)
Zum Anwenden Technikanwendungstraining
(Offene Bedingungen)
Zum Vertiefen Technisches Ergänzungstraining
(Verfeinerung einzelner Technik-
elemente oder Teilbewegungen)
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2.6.1.2. Würgen von der Seite
Lerninhalt
Verteidigung gegen Würgen von der Seite in der Bodenlage
Checkpoints
(Angriff von der rechten Seite)
• Linke Hand hakt rechte Würgehand von außen ein (Daumengrundgelenk) – Fixierung auf dem Brustkorb
• Gleichzeitig mit rechter Hand „Educational Block“ zum Hals (Platz schaffen!) • Rechtes Knie im entstandenen Freiraum platzieren
Alternativen
• Juji-gatame oder
• Fußtritt ins Gesicht + schnelles Aufstehen
Ergänzende Information („nice to know“)
Vorbereitende Übung, Vorübung, etc.
Übungen
Zum Lernen Technikerwerbstraining
(Geschlossene Bedingungen)
Zum Anwenden Technikanwendungstraining
(Offene Bedingungen)
Zum Vertiefen Technisches Ergänzungstraining
(Verfeinerung einzelner Technik-
elemente oder Teilbewegungen)
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2.6.1.3. Schwitzkasten von der Seite
Lerninhalt
Verteidigung gegen Schwitzkasten von der Seite in der Bodenlage
Checkpoints
(Angriff mit erhobenem Kopf - rechte Seite)
• Linke Hand greift an der körpernahen Seite in die Augen (Vorsicht: Bissgefahr!) • Hals (über die Kopfsteuerung) wird halbkreisförmig nach hinten überstreckt • Linkes Bein fixiert den Kopf in dieser Position • Aufbrechen des Schwitzkastens und Herausdrehen • Belasten (mit Körpergewicht) des Angreifers • Abschlusstechnik
(Angriff mit verstecktem Kopf - rechte Seite)
• Herstellen einer parallelen Körperlage zum Angreifer • Beide Hände greifen überkopf in die Augen des Angreifers (Kopfbrücke) • Fixieren des Kopfes an der eigenen Brust • Auf den Bauch drehen – Angreifer bleibt fixiert und liegt nun darunter • Abschlusstechnik
Ergänzende Information („nice to know“)
Vorbereitende Übung, Vorübung, etc.
Übungen
Zum Lernen Technikerwerbstraining
(Geschlossene Bedingungen)
Zum Anwenden Technikanwendungstraining
(Offene Bedingungen)
Zum Vertiefen Technisches Ergänzungstraining
(Verfeinerung einzelner Technik-
elemente oder Teilbewegungen)
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2.6.2. Angriffe mit Atemitechniken
Lerninhalt
Verteidigung gegen Faustangriffe in der Bodenlage, Reitposition
Checkpoints
(Angreifer sitzt auf Verteidiger und schlägt mit den Fäusten zum Gesicht)
Grundsätzlich sollten in der Bodenlage sofort die Beine angezogen werden!
• Schnelle gerade Kopfbrücke Angreifer muss sich nach vorne abstützen • Arme greifen und Kopfbrücke zur Seite (Unterschenkel mit Fuß blockieren) • Mit den Unterarmen die Knie des Angreifers auseinanderhalten • Fußtritt in den Unterleib
Ergänzende Information („nice to know“)
• „Doppelte“ Wirkung des Schlages: Kopf kann Impuls nicht „abpuffern“
Vorbereitende Übung, Vorübung, etc.
Übungen
Zum Lernen Technikerwerbstraining
(Geschlossene Bedingungen)
Zum Anwenden Technikanwendungstraining
(Offene Bedingungen)
Zum Vertiefen Technisches Ergänzungstraining
(Verfeinerung einzelner Technik-
elemente oder Teilbewegungen)
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3 Literaturhinweise
GROSSMANN, D. (1996), On Killing, New York: Back Bay Books
LIPPMANN, R. & RITTLER SUSEBEEK, K. (2006). Koordinationstraining im Judo, Köln:
Sportverlag Strauß
SDE-OR, I. & YANILOV, E. (2005). Krav Maga – Abwehr bewaffneter Angriffe, Berlin: Verlag
Weinmann
STALLER; M. (2008). Technische und Taktische Grundsätze realistischer Selbstverteidi-
gung, Vortrag anlässlich der Judo-Sommerschule 2008