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KONGRESS DER AUTODIDAKTEN
M A R STALL
KONGRESS DER AUTODIDAKTEN
RESIDENZTHEATER SPIELZEIT 2015/2016
Wir bedanken uns bei der Zoologischen Staatssammlung München, insbesondere bei Dr. Stefan Schmidt, Sektionsleiter Hymenoptera, für die freundliche Führung durch die Sammlungen.REDAKTION Götz Leineweber FOTOS Thomas Aurin GESTALTUNG Herburg Weiland, Ingmar Spiller DRUCKEREI G. Peschke Druckerei GmbH
HERAUSGEBER Bayerisches Staatsschauspiel, Max-Joseph-Platz 1, 80539 München
INTENDANT Martin Kušej GESCHÄFTSFÜHRENDER DIREKTOR Holger von Berg CHEFDRAMATURG Sebastian Huber TECHNISCHER DIREKTOR Thomas Bautenbacher KOSTÜMDIREKTORIN Elisabeth Rauner KÜNSTLERISCHER DIREKTOR Roland Spohr CHEFDISPONENTIN Regina Maier PRESSE- U. ÖFFENTLICHKEITSARBEIT Sabine Rüter
TECHNIK Matthias Neubauer + Philipp Bösch WERKSTÄTTEN Michael Brousek AUSSTATTUNG Bärbel Kober BELEUCHTUNG / VIDEO Tobias Löffler TON Michael Gottfried REQUISITE Dirk Meisterjahn PRODUKTIONSLEITUNG KOSTÜM Enke Burghardt DAMENSCHNEIDEREI Gabriele Behne + Petra Noack
HERRENSCHNEIDEREI Carsten Zeitler + Aaron Schilling MASKE Andreas Mouth GARDEROBE Cornelia Faltenbacher SCHREINEREI Stefan Baumgartner SCHLOSSEREI Ferdinand Kout MALERSAAL Katja Markel TAPEZIERWERKSTATT Peter Sowada HYDRAULIK Karl Daiberl
GALERIE Christian Unger TRANSPORT Harald Pfähler BÜHNENREINIGUNG Adriana Elia
In der Reihenfolge ihres Auftretens
Erzählt wird ein halber Tag im Leben des Siegfried Sigor, bekennender Autodi-dakt, Kenner der Ameisen und überhaupt ein Freund sozialer Insekten. Heute hat er sich fünf Bekannte mit Interessensüberlappungen eingeladen, um gemein-sam auf eine neue Stufe des Wissens zu klettern und so die Gesamtsituation zu verbessern. Mindestens. Weil Siegfrieds Wohnung zu klein ist, veranstaltet er den Kongress bei seinem Freund Stefan Kindschi, der nicht nur genug Platz hat, sondern ebenfalls Käferlarven züchtet, mit deren Klängen er gemeinsam mit Forscherkollegen in Grönland Menschen vom Tinnitus befreien will. Stefan ist zugegeben unvorbereitet, weil er dachte, der Kongress fände erst morgen statt, aber die Zeit lässt sich nicht anhalten und es treffen nacheinander ein:
Henry Buchsboom, Freund der Bienen und einer, der den Lösungsweg weiß und nur noch die anderen davon überzeugen muss, Cordula Ahrends, Spezialistin für das Anthropozän, sowie Jean-Luc Perrac, Prothetiker. Eingeladen ist außerdem Matthäus Lüftner, der an der Umwandlung von Gedanken und Erkenntnissen in Schallwellen und Sonogramme arbeitet. Zum krönenden Abschluss und zur Veredelung des Kongresses sieht Siegfried einen hochkarätigen Gastredner vor. Einzig der taucht nicht auf, die geplanten Abläufe purzeln durcheinander, das gemeinsame Singen fällt einfacher als das Re-den und auch die Verstrickungen der Interessen der Fachmänner und Fachfrauen erweisen sich als loser als gedacht.
Zum Stück
INSPIZIENZ Susanne Backes SOUFFLAGE Annabelle Wittmann
BÜHNENMEISTER Alexander Al Akkam + Klaus Kreitmayr BELEUCHTUNGSMEISTER Uwe Grünewald
STELLWERK Alexander Bauer + Johannes Frank + Oliver GnaigerTON Jan FaßbenderMASKE Nicole Purcell REQUISITE Barbara Hecht + Maximilian Keller + Anna Wiesler
Regie CORINNA VON RADBühne RALF KÄSELAU Kostüme SABINE BLICKENSTORFER Musik JÜRG KIENBERGER + MATTHIAS LOIBNERLicht MONIKA PANGERLDramaturologie GÖTZ LEINEWEBERRegiemitarbeit MARIA WEISEBühnenbildassistenz WIEBKE BACHMANN + SWETLANA KLEEKostümassistenz JENNY ŠTUMBERGERRegiepraktikum SVENJA VANHOEFER + LUKAS MINK Kostümpraktikantin NAOMI MEAD
04 MÄR 2016Marstall
Vorstellungsdauer 1 Std 53 Min
Premiere
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als STEFAN KINDSCHI Entomoakustiker
René
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als SIEGFRIED SIGOR
Kenner der Ameisen
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als HENRY BUCHSBOOM Kenner der Bienen
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als CORDULA AHRENDS
Kennerin des Anthropozäns
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als JEAN-LUC PERRAC
Prothetiker
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als MATTHÄUS LÜFTNER
Umwandler
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als MANFRED ZAPATKA
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»Ecce quam sit« ANONYM; »Spanish Eyes« BERT KAEMPFERT; »Is this the Real Life« QUEEN; »Es muss sein« KANON;
»Sons de Carrilhões« JOÃO PERNAMBUCO; »Blowing Away« FLYING PICKETS, KOMPOSITION ERIC KAZ; »Olpera« JODEL ALPENRAUM TRAD.;
»Die Nebensonnen« FRANZ SCHUBERT, Text: WILHELM MÜLLER; »The Triumph of the Prince d'Amour« WILLIAM LAWES 17. JH;
»Addormentarmi Così« Musik: VITTORIO MASCHERONI, Text: ORNELLA FERRARI.
Neben eigenen Texten des Schauspielensembles und des Teams zitiert der »Kongress der Autodidakten« all jene Helden, ohne die wir noch weniger wüssten,
als wir es eh schon tun, unter anderen VILÉM FLUSSER, STEPHEN JAY GOULD, PLATON, KARL VON FRISCH, HUGH RAFFLES, ALAIN BADIOU, THOMAS SEELEY,
RUDOLF STEINER, CLAUDE LÉVI-STRAUSS, E.M. CIORAN und E.O. WILSON. Lesetipp: ROY SCRANTON „Learning to Die in the Anthropocene“.
Musiktitel Textnachweise
M A R STALL
Wir Autodidakten fühlen die Konflikte noch, wir gehen sie eher vulkanisch an, als dass wir versuchen, sie zu beruhigen. Wir stellen einen eigenen Kosmos her, mit eigenen, rohen Regeln, statt uns vom fertig Gekochten leiten zu lassen. Für uns ist das Erleben wie unvergorener Wein, es wurzelt nicht in Rezepten, sondern in einer steten Unruhe: Entweder technische Perfektion oder menschliche Vollkommenheit und wir haben uns entschieden. Denn es gibt einen Unterschied zwischen dem schweren, schmerzen-den Kopf nach dem Studium und seinem ausgelassenen Ebenbild am Abend zuvor. Unsere fröhliche Wissenschaft kennt keinen Kater. Wörter und Wahrheiten gehören ihren Nutzern nur solange, bis andere sie zurückstehlen. Wir pellen dem kanonischen Wissen die Schale ab und verrühren es neu, flechten lange Traditionen zu neuen Zöpfen, beleben sie, beatmen sie, durch Kontemplation, durch das wirkliche Gespräch, durch die Begegnung. Der Autodidakt spricht als einziger mit den schon lange Toten, er ist die
letzte Chance für die Nachgeborenen. Wir sind hier noch nicht fertig. Leibniz, Darwin, Rousseau und wir. Kunst, Naturstudien, Moral, Technik und noch so einiges mehr. Wir sind keine Eigenbrötler, wir sehen einfach nur genauer hin. Öffnen Sie Ihr Fenster! Sehen Sie hinaus in den Himmel! Jetzt stellen Sie sich diesen gigantischen Raum vor, die Ausdehnung der Gestirne und all die Milliarden und Abermilliarden kleinen, noch kleineren und allerkleinsten Geschöpfe, die sich dort lieben, langweilen und ihre Gedanken baumeln lassen. So wie wir. Wir alle sind Repräsentanten einer noch viel größeren, geradezu ozeanischen Meinungs- und Wissenswolke. Alles ist voller Tiere und alle sind sie irgendwohin unterwegs. Das ist keine leere Abstraktion. Sehen Sie den Tieren in die Augen! Das Zeitalter des Menschen ist vorbei. Es bleiben Tiere und Insekten, Käfer, Bie-nen, Wespen, es bleibt das Wummern der Erderwärmung, die Ultraschallklangwelt der Pynionkieferborkenkäfer. Diese Musik wird überleben. Beethoven nur vielleicht.
Ameisen haben genauso wie Spinnen ihr Bewusstsein im Astralplan.
Dort ruht die Seele des Ameisenhaufens. Daher handeln sie so geordnet.
Das Anthropozän, das Zeitalter des Menschen
auf Erden, ist nur
ein verschwindend geringer Teil der universellen Suche
nach dem, was bleibt.
Die ersten Bienen setzen den entscheidenden Schritt hinaus,
stoßen sich von ihren Schwestern ab, die Schwerkraft verachtend,
und fliegen einer neuen Welt entgegen.
Ich bin Entomoakustiker. Ich möchte ein Gegengift
gegen Tinnitus finden.
Die Welt hat
ohne den Menschen
begonnen, und
sie wird ohne ihn enden.
Im Dunkeln wird dabei die Sonne immer als »Oben« angenommen.
Die Lüge ist die ideale Sprache der Seele.
Der Einfluss des Anführers auf das Denken der Gruppe
soll so gering wie möglich gehalten werden.
Wie immer Alles
entstanden ist, wir gehen davon aus,
dass Allem die
gleiche Kraft zu Grunde liegt,
durch die auch Alles vergehen wird.
Es hilft Ihnen nicht, wenn Sie beim Anblick eines Bienenstocks oder eines Ameisenhaufens
in Tränen ausbrechen.
Sein Habitat ist nicht
nur die Tiefe im Meer,
sondern ebenso
die Tiefe in
unserem lnneren.
Sie bestürmen
den anderen, um ihn,
so wie er ist, mit Ihnen existieren
zu lassen.
Weshalb eben jener große Eifer, der Wahrheit Feld zu schauen, wo es ist.
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