Landwirtschaftlicher Gewässerschutz in Sachsen Bericht zur Praxisdemonstration 2019
im Auftragsgebiet Nordsachsen zum Thema Erosion
Untersuchungen von Bodenbearbeitungsgeräten zum Umbruch von Zwischenfrüchten vor der Zuckerrübenaussaat unter Verzicht des
Einsatzes von Totalherbiziden
1. Versuchsfrage
Eine hohe Mulchbedeckung trägt ganz wesentlich zur Vermeidung von Bodenabtrag bei.
Nach Zwischenfruchtanbau lässt sich dies in der Kombination von einem Totalherbizid mit
angepasster minimaler Bodenbearbeitung erreichen. Da der Einsatz von Totalherbiziden
vielfach kritisch gesehen wird und zukünftig stärkeren Auflagen unterliegen wird, sollen
Bodenbearbeitungsmaßnahmen bzw. -geräte untersucht werden, die einen Verzicht auf
diese Pflanzenschutzmaßnahme beim Umbruch von Zwischenfrüchten vor der
Zuckerrübensaat ermöglichen. Im Vordergrund der Untersuchungen steht dabei ein
wirkungsvoller Erosionsschutz.
2. Ausgangsbedingungen
Ort: Lüttewitz
Oberflächengewässerkörper: Dreissiger Wasser
Grundwasserkörper: Jahna
Standort: Pseudogley-Parabraunerde aus periglaziärem Schluff
Bodenart: Lösslehm
Fruchtart: Zuckerrüben nach abfrierender Zwischenfrucht
(Ramtillkraut und Senf)
3. Anlageplan
Die verschiedenen Bodenbearbeitungsvarianten (Tab. 1) wurden parallel zur Drillrichtung
(Abb. 1) angelegt. Die Parzellenbreite richtete sich nach der Arbeitsbreite der verschiedenen
Bodenbearbeitungsgeräte.
Abbildung 1: Anlage der Praxisdemonstration in Lüttewitz (Varianten in den Parzellen)
Tabelle 1: Prüfvarianten in der Praxisdemonstration
Variante
Parzelle Bodenbearbeitungs-gerät
Bearbeitungstiefe
Bearbeitungs-häufigkeit
A 1 1;3;5;7 Köckerling Vector 5 cm 1 x
A 2 2 Güttler SuperMaxx 5 cm 2 x
A 3 4 Güttler SuperMaxx 5 cm 1 x
A 4 6 RotaPull 5 cm 1 x
Die geprüften Geräte sind in Abbildung 2 bis 4 dargestellt.
Bei der Auswahl der Geräte wurde neben dem im Betrieb vorhandenen Köckerling
Vector, der SuperMaxx von Güttler und der RotaPull von der TU Dresden untersucht.
Durch die eingesetzten Geräte konnte aufgrund der unterschiedlichen Anordnung der
jeweiligen Arbeitsorgane ein breites technisches Spektrum der Bodenbearbeitung mit
einem differenzierten Arbeitsergebnis abgebildet werden. Die mit einem Zinkenfeld
gekennzeichneten Grubbersysteme unterschieden sich hinsichtlich des Strich- bzw.
Rahmenabstandes, der Rahmenhöhe, des Gewichtes und der Rückverfestigung.
Beispielhaft für viele Mulchgrubbersysteme ist der Vector, der aufgrund seiner
Bauweise sowohl für die flache als auch für die tiefe Bodenbearbeitung geeignet ist.
Dementsprechend sind die Zinken mit einer hohen Auslösekraft gefedert. Zur
Rückverfestigung kommen zwei U-Profil Walzen zum Einsatz, die nicht abnehmbar
sind. Im Gegensatz hierzu besitzt der SuperMaxx keine Rückverfestigungseinheit
und arbeitet mit leicht auslösenden Federzinken in Kombination mit einem engeren
Balkenabstand und einer geringeren Rahmenhöhe. Als aktiv angetriebenes Gerät
wurde der RotaPull von der TU Dresden eingesetzt. Neben einer
Zinkenlockerungseinheit besteht der modulare Aufbau aus einem mit Schaufeln
versehenden Rotor und einer Crosskillwalze zur Rückverfestigung. Durch den Rotor
wird das Pflanzenmaterial aus dem Bodenstrom getrennt und oben auf der
Oberfläche abgelegt. Momentan befindet sich der RotaPull noch in der Entwicklungs-
und Testphase, wodurch in der weiteren Entwicklungsphase Walzen und
Grubberzinken vom Anwender besser separat je nach Bedingungen eingesetzt
werden können.
Abbildung 2: Universalgrubber - Köckerling Vector 460 (Quelle: Köckerling)
Abbildung 3: Großfederzahnegge - Güttler SuperMaxx (Quelle: Hr. Broihan-Klöpper Fa. Güttler)
Abbildung 4: Konzept Rota Pull (Quelle: TU Dresden)
4. Material, Methoden und Ergebnisse
4.1 Einschätzung der Witterungssituation im Untersuchungszeitraum
Der Niederschlags- und der Temperaturverlauf des Anbaujahres 2019 wurden in Abbildung 5
und 6 zusammengestellt. Dabei handelt es sich um Werte der Wetterstation Nossen des
LfULG in Sachsen, die sich etwa 10 Kilometer Luftlinie vom Versuchsstandort befindet. Von
besonderem Interesse sind dabei die Niederschläge nach dem trockenen Jahr 2018. Wie
aus Abbildung 6 hervorgeht, lagen die Messwerte auch 2019 oftmals unterhalb des
langjährigen Mittelwerts. Die Wasserversorgung der Rüben in der Auflaufphase und zur
Jugendentwicklung war mit jeweils 50 mm Monatsniederschlag im Mai und Juni zunächst
noch günstig. Die Sommermonate Juli und August zeigten sich hingegen deutlich zu trocken.
Abbildung 5: Monatsmitteltemperaturen im Zeitabschnitt Januar bis Oktober 2019 im Vergleich zum mehrjährigen Mittel (LfULG-Station Nossen)
0.1 3.97.0
9.6 11.1
21.419.1 20.1
14.611.8
0.0
5.0
10.0
15.0
20.0
25.0
Jan Feb Mär Apr Mai Juni Juli Aug Sep Okt
°C
2019 mj. Mittel (1999 - 2018)
Abbildung 6: Monatlicher Niederschlag im Zeitabschnitt Januar bis Oktober 2019 im Vergleich zum mehrjährigen Mittel (LfULG-Station Nossen)
4.2 Versuchsdurchführung
Die nach Weizen gesäte Zwischenfruchtmischung (Ramtillkraut und Senf) lief im Spät-
sommer des Dürrejahres 2018 deutlich verspätet und sehr lückig auf. In den
Bestandeslücken und vor allem in den Fahrgassen lief viel Ausfallweizen auf, welcher sich
im warmen und feuchter werdenden Spätherbst noch sehr gut entwickeln konnte.
Die Einarbeitung des abgefrorenen Zwischenfruchtbestandes (und des zahlreich
aufgelaufenen Ausfallweizens) erfolgte in der ersten Aprilwoche. Mit Ausnahme der
betriebsüblichen Variante wurde der Boden unmittelbar vor der Aussaat am 10.04. in einem
separaten Arbeitsgang gewalzt (Tab. 2).
Um einen Vergleich zum totalherbizidfreien Verfahren zu untersuchen, wurde über alle
Varianten quer zur Fahrtrichtung eine Glyphosatanwendung vor der Aussaat durchgeführt.
Diese wurde in der betriebsüblichen Variante begleitend untersucht, war aber nicht
Gegenstand der Demonstration.
Tabelle 2: Bodenbearbeitungstermine in der Demonstration in Lüttewitz
Gerät 1. Bearbeitung 2. Bearbeitung Walzen
Köckerkling Vector 05.04. - -
RotaPull 08.04. - 09.04.
Güttler SuperMaxx 1 x 08.04. - 09.04.
Güttler SuperMaxx 2 x 01.04. 08.04. 09.04.
Der hohe Besatz mit Ausfallgetreide führte neben den Nachauflaufbehandlungen zu 3
zusätzlichen Graminizidanwendungen (Tabelle 3). Damit verbunden waren um 63€/ha
höhere Pflanzenschutzmittelkosten ohne Anrechnung der Ausbringungskosten, welche laut
KTBL ca. 30€/ha betragen. Damit ergibt sich eine Kosteneinsparung durch die Anwendung
97
32
53
30
51 5435 36
44 46
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
Jan Feb Mär Apr Mai Juni Juli Aug Sep Okt
mm
2019 mj. Mittel (1999 - 2018)
von Glyphosat in Höhe von 90-100€/ha für den Demonstrationsschlag bei entsprechenden
Ungrasaufkommen, welches so nicht repräsentativ für alle Ackerflächen in Sachsen ist.
Tabelle 3: Termine der Pflanzenschutzanwendungen und Kosten
Termin Totalherbizidfrei Kosten Glyphosat Kosten
20.03.2019 Totalherbizid 6,27 EUR
15.04.2019 Graminizid 32,22 EUR -
03.05.2019 NAK 1 66,24 EUR -
13.05.2019 Graminizid 22,19 EUR NAK 1 64,20 EUR
19.05.2019 NAK 2 90,74 EUR NAK 2 87,32 EUR
29.05.2019 Graminizid 27,81 EUR
03.06.2019 NAK 3 72,38 EUR NAK 3 90,67 EUR
Die Handernte der Rüben erfolgte am 17.10.2019. Hierzu wurden je Langparzelle 4 x 12
Rüben geerntet, auf dem Feld geköpft und anschließend Rübenkörper sowie Rübenkopf
einschließlich Blatt separat gewogen. Beim Köpfen der Rüben wurde aus Gründen der
Vergleichbarkeit auf eine einheitliche Schnitthöhe geachtet.
4.3 Bodenbedeckungsgrad nach der Bodenbearbeitung
Der Bodenbedeckungsgrad nach der Bodenbearbeitung lag, weitgehend unabhängig vom
eingesetzten Gerät, zwischen 5 und 15 %. Für einen wirksamen Erosionsschutz wird eine
Bodenbedeckung von mindestens 30 % angestrebt. Diese Zielgröße wurde vielfach nur im
Bereich der Fahrspur, wo durch das Ausfallgetreide deutlich mehr Pflanzenmaterial
vorhanden war, erreicht. Durch den zweiten Bearbeitungsgang mit der Güttlerwalze wurde
der Mulchbedeckungsgrad aber auch in diesem Bereich reduziert, wobei die
Ausgangsbedingungen in den Fahrspuren in Bezug zur Pflanzendichte des aufgelaufenen
Weizens unterschiedlich waren (Abbildung 7 und 8).
Abbildung 7: Parzelle 2 am 05.03.2019
Abbildung 8: Parzelle 3 am 05.03.2019
Abbildung 9: Bodenbedeckungsgrad in den verschiedenen Bearbeitungsvarianten (Bonitur unmittelbar nach der Bearbeitung am 08.04.2019)
4.4 Feldaufgang der Zuckerrüben in den Bodenbearbeitungsvarianten
Der Rübenertrag wird maßgeblich durch eine ausreichende Bestandesdichte bei
gleichmäßiger Pflanzenentwicklung beeinflusst. Der Saatbettbereitung kommt im Hinblick auf
eine gleichmäßige Saatgutablage und einen hohen Feldaufgang eine besondere Bedeutung
zu. Der Einfluss der Bodenbearbeitungsvarianten auf den Feldaufgang wurde an 3 Terminen
ermittelt (Abbildung 9 bis 11).
Zum ersten Boniturtermin rd. 14 Tage nach der Aussaat wurden in der Variante mit
zweimaliger Bodenbearbeitung mit der Güttler SuperMaxx, sowohl in der Fläche (98 %
Feldaufgang) als auch im Bereich der Fahrspuren (93 %), die Zielbestandesdichte von 12,3
Pflanzen je m2 nahezu vollständig erreicht. Deutliche Probleme im Feldaufgang zeigten sich
hingegen bei einmaliger Bearbeitung im Bereich der Fahrspuren bei wesentlich höherer
Mulchauflage. Aber auch in der Fläche wurden hier tendenziell geringere Pflanzenzahlen, bei
deutlich höherer Streuung, angetroffen (Abb. 10). Infolge der günstigen Niederschlags-
verteilung im Mai war an den beiden Folgeterminen ein deutlicher Anstieg der
Pflanzenzahlen in den zunächst schwächer aufgelaufenen Teilbereichen der Fahrspur
festzustellen (Abb. 11 und 12). Zum letzten Termin Anfang Juni bestanden kaum noch
Unterschiede in der Bestandesdichte zwischen den Bodenbearbeitungsvarianten, sowohl im
Bereich der Fläche als auch der Fahrspur (Abb. 12).
Abbildung 10: Feldaufgang in den Bodenbearbeitungsvarianten am 26.04.2019
115 6
16
27
15
42
30
0
10
20
30
40
50
Köckerling Güttler 2x Güttler 1x RotaPull
Bed
ecku
ng
sg
rad
[in
%]
Fläche
Fahrspur
8798
83 8774
93
47
81
0
20
40
60
80
100
120
Köckerling Güttler 2x Güttler 1x Rota Pull
Pfl
an
zen
au
fgan
g [
in %
]
Fläche
Fahrspur
Abbildung 11: Feldaufgang in den Bodenbearbeitungsvarianten am 15.05.2019
Abbildung 12: Feldaufgang in den Bodenbearbeitungsvarianten am 06.06.2019
4.5 Rüben- und bereinigter Zuckerertrag
Am tiefgründigen Lößstandort in Lüttewitz wurden, trotz ausgeprägter Sommertrockenheit im
Jahr 2019, sehr hohe Rübenerträge von rd. 1.000 dt/ha bei einem guten bereinigten
Zuckergehalt von rd. 17 % festgestellt. Hieraus ergeben sich bereinigte Zuckererträge von
knapp 180 dt/ha (Tabelle 4). Diese hohen Erträge weisen zweifellos auf das hohe
Ertragspotenzial des Standortes hin. Zu bedenken ist jedoch auch, dass bei der Handernte
und beim Köpfen der Rüben mit wesentlich geringeren Ernteverlusten als bei maschineller
Ernte mit dem Rübenroder zu rechnen ist.
Zwischen den geprüften Bodenbearbeitungsvarianten waren keine nennenswerten
Abweichungen im bereinigten Zuckerertrag festzustellen. Dies erscheint angesichts der
Anfang Juni festgestellten weitgehend einheitlichen Bestandesdichte und der ausgeprägten
Trockenheit im Sommer weitgehend plausibel.
Tabelle 4: Rübenertrag sowie bereinigter Zuckergehalt und -ertrag bei differenzierter Bodenbearbeitung (Variante Köckerling jeweils Mittelwert der 4 Langparzellen)
Boden-bearbeitung
Rüben- ertrag dt/ha
Bereinigter Zuckergehalt
%
Bereinigter Zuckerertrag
dt/ha
MW STABW MW MW STABW
94 98 93 9686
98
73
98
0
20
40
60
80
100
120
Köckerling Güttler 2x Güttler 1x Rota Pull
Pfl
an
zen
au
fgan
g [
in %
]
Fläche
Fahrspur
95 98 102 10293 98
88 95
0
20
40
60
80
100
120
Köckerling Güttler 2x Güttler 1x Rota Pull
Pfl
an
zen
au
fgan
g [
in %
]
Fläche
Fahrspur
Köckerling 1.083 84 16,95 183 13
Güttler 2 x 942 33 17,20 162 6
Güttler 1 x 1.049 113 17,08 179 19
Rota Pull 1.054 59 16,78 177 10
5. Fazit
Starke Hangneigungen, Art der Bodenbearbeitung, Schlaggröße, Feinkrümligkeit des
Bodens sowie die Bodenstruktur beeinflussen in starken Maße die Bodenerosion auf
Ackerschlägen. Ziel muss es daher sein, alle Einflussfaktoren ackerbaulich so zu gestalten,
dass eine Bodenerosion auch bei Starkniederschlagsereignissen möglichst vermieden
werden kann. Hierbei sollte vor allem die Intensität der Bodenbearbeitung beachtet werden.
Für einen wirksamen Erosionsschutz wird eine Bodenbedeckung von mindestens 30 %
angestrebt. Diese konnte mit den geprüften Bodenbearbeitungsvarianten nicht erreicht
werden. Maßgebend hierfür war sicherlich die witterungsbedingt schwache und lückige
Entwicklung des Zwischenfruchtbestandes und somit das Fehlen von Mulchmaterial. Die
anfänglich differenzierten Feldaufgänge in den einzelnen Varianten wurden durch die
günstige Niederschlagsverteilung im Mai in der Folgezeit aufgehoben, wodurch sich keine
nennenswerten Unterschiede im Rübenertrag ergaben.
Deutlich wurde der Pflanzenschutzmittelmehraufwand in der totalherbizidfreien Variante bei
entsprechendem Unkraut- bzw. Ungrasdruck. Zu konstatieren ist aber auch, dass der
angetroffene Besatz an Ungräsern nicht unbedingt repräsentativ für sächsische Standorte
ist. Daher ist die Spanne der zusätzlich entstehenden Kosten groß und von den jeweiligen
Standortbedingungen abhängig.