Leseprobe
Handbuch Wrmebehandeln und Beschichten
Herausgegeben von Gnter SpurMitherausgeber Hans-Werner Zoch
ISBN (Buch): 978-3-446-42779-2
ISBN (E-Book): 978-3-446-43003-7
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Carl Hanser Verlag, Mnchen
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4.3.1 Thermisches Spritzen
medium verdampft bzw. dissoziiert. Die Flssigkeit dient zur Verbesserung der Frderbarkeit und Injektion der Pulver in den Prozess. Vorteile ergeben sich insbesonde-re bei sehr feinen und schlecht fliefhigen Fraktionen. Obwohl nur wenige technische Anwendungen fr suspen-sionsgespritzte Schichten bestehen, erfhrt die Technolo-gie einen stetig steigenden Zuspruch. Hauptanwendungs-gebiet ist die Verarbeitung nanoskaliger Partikel mittels Plasmaspritzen. Mglich ist aber auch die Verarbeitung mittels Flammspritztechnik. Die Verfahrensvariante un-ter Einsatz eines HVOF-Brenners wird in der Literatur als HVSFS (High Velocity Suspension Flame Spraying) be-zeichnet (Killinger et al. 2006).
4.3.1.6 Thermische Spritzverfahren
4.3.1.6.1Drahtflammspritzen
Das Drahtflammspritzen (Abb. 4.33) zhlt zu den ersten erfolgreich in der Industrie eingesetzten Spritzverfahren und zeichnet sich dadurch aus, dass nahezu jeder Werk-stoff, der in Drahtform bereitgestellt werden kann, verar-beitbar ist. In den meisten Fllen kommen Massiv- oder Flldrhte zum Einsatz. Materialien geringer Duktilitt lassen sich in Form von Schnren oder Stben verarbei-ten (DIN EN ISO 14919). Gebruchliche Drahtdurchmes-ser liegen im Bereich zwischen 1 mm und 3,2 mm. Da die Zufhrung der Prozessenergie durch eine Flamme erfolgt, mssen die zu verarbeitenden Materialien nicht wie beim Lichtbogenspritzen elektrisch leitfhig sein. In Abhngigkeit vom verwendeten Prozessgas und dem Brenngas-Sauerstoff-Verhltnis werden Flammentempe-raturen bis 3.160 C (bei Acetylen-Sauerstoff) erreicht. Als Prozessgase dienen Acetylen, Propan, Ethen, Methan, Erdgas, Wasserstoff und Sauerstoff. Die Zerstubung des kontinuierlich von der Drahtspitze abschmelzenden Materials wird durch das sogenannte Zerstubergas (in der Regel Druckluft) untersttzt. Um die Oxidation des Spritzzusatzes und der Bauteiloberflche zu minimieren, knnen inerte Gase, wie Argon oder Stickstoff, genutzt werden. Auf Grund der Brennerkonstruktion dient das Zerstubergas auch der Khlung thermisch belasteter
Dsenkomponenten (luftgekhlte Systeme). Der Draht wird axial in den Flammbereich injiziert. Die Drahtvor-schubgeschwindigkeit sollte so eingestellt werden, dass der Draht homogen, d. h. ortstabil und mit einer sich ver-jngenden Drahtspitze, abschmilzt. Sowohl zu hohe, als auch zu niedrige Vorschubgeschwindigkeiten wirken sich negativ auf die Prozessstabilitt aus. Die maximale Abschmelzleistung konventioneller Drahtflammspritz-brenner wird in der Literatur mit bis zu 8 kg /h angegeben (Grtner et al. 2007). Die Partikel erreichen maximale Partikelgeschwindigkeiten von ca. 200 m /s (Rupprecht et al. 2006). Abbildung 4.34 und 4.35 zeigen eine Aufnahme des Spritzprozesses und eine typische Drahtflammspritz-schicht aus AISI-316L.
Legende
1 Druckluft2 Brenngas3 Sauerstoff4 Draht oder Stab5 Drahtvorschub6 Spritzschicht7 Grundwerkstoff8 abschmelzende Drahtspitze9 Spritzstrahl
5
6 7
432
1 8 9
Abb. 4.33:Schema-tische Darstellung des Drahtflammspritzens (DIN EN 657)
Abb. 4.34:Drahtflammspritzen von AISI-316L Massivdraht
Abb. 4.35:Querschliff einer drahtflamm-gespritzten AISI-316L-Schicht
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I 4.3 MetallischesBeschichten
Abb. 4.36:Schema-tische Darstellung des Pulverflammspritzens ([DIN EN 657)
Abb. 4.37:Pulverflammspritzen von Hand Abb. 4.38:Querschliff einer pulverflammgespritzten Kupfer-schicht
4.3.1.6.2Pulverflammspritzen
Beim Pulverflammspritzen (Abb. 4.36) wird der pulverfr-mige Spritzzusatz axial in die Flamme injiziert, komplett oder partiell aufgeschmolzen und durch die expandieren-den Verbrennungsgase bzw. die Gasstrmung zum Bau-teil beschleunigt. Die meisten marktgngigen Systeme sind als Handbrenner ausgelegt und verfgen ber einen aufgesetzten Pulvervorratsbehlter (Abb. 4.37). Im Unter-schied zum Drahtflammspritzen, bei dem die Spritzparti-kel durch das Abschmelzen des Drahtes entstehen, liegen beim Pulverflammspritzen definierte Partikel vor, welche die Ausbildung homogener Schichtstrukturen begnsti-gen. Da die Pulverpartikel weniger stark berhitzen als beim Drahtflammspritzen, knnen Schichten mit geringe-ren Oxidgehalten erzeugt werden (Abb. 4.38). Als wich-tige Verfahrensvariante ist das Pulverflammspritzen von Kunststoffen zu nennen. Es ermglicht die Verarbeitung aller gngigen Thermoplaste. Eine typische Anwendung ist die Herstellung flssigkeitsdichter Korrosionsschutz-schichten (Wielage et al. 2007).
4.3.1.6.3 Hochgeschwindigkeits-flammspritzen
Beim Hochgeschwindigkeitsflammspritzen werden so-wohl gasfrmige als auch flssige Brennstoffe wie Pro-pan, Ethen, Wasserstoff, Acetylen, Kerosin, Ethanol oder Petroleum Verwendung eingesetzt (Kreye et al. 2003). Die entsprechenden Brennerschemata sind in den Abbil-dungen 4.39 und 4.40 dargestellt. HVOF-Systeme (High Velocity Oxygen Fuel) lsten Anfang der 1980er Jahre das Detonationsspritzen weitestgehend ab, welches bis dahin das einzige in der Industrie eingesetzte hochkinetische Beschichtungsverfahren darstellte. Im Unterschied zum Detonationsspritzen arbeiten HVOF-Brenner mit einer kontinuierlichen Verbrennung der Prozessmedien in ei-ner Brennkammer bzw. einer Dse. Auf Grund der hohen Ausstrmgeschwindigkeiten der Reaktionsprodukte wer-den die in den Heigasstrahl injizierten Pulverpartikel stark beschleunigt und fhren zu Resultaten, die mit de-tonationsgespritzten Schichten vergleichbar sind. Gegen-ber konventionellen Flammspritzschichten weisen sie
Legende
1 Flamme2 Brenngas3 Sauerstoff4 Pulver und Trgergas5 Spritzstrahl6 Spritzschicht7 Grundwerkstoff
5
6 7
4
32
1
153
4.3.1 Thermisches Spritzen
deutlich verringerte Porositten, hohe Haftzugfestigkei-ten und geringe Oberflchenrauheiten auf. Die am Markt verfgbaren Systeme zeigen im Prozess charakteristische Freistrahlbilder (Abb. 4.41 und 4.42) mit ausgeprgten Verdichtungssten, den sogenannten Schockknoten. Diese sind ein Indikator fr berschallbedingungen, deu-ten aber auch auf den unangepassten Auslegungszustand klassischer Dsen hin. Auf Grund der kurzen Verweilzeit
der Partikel im Heigasbereich erfolgt ein geringer thermi-scher Energieeintrag. Dadurch lassen sich Zusatzwerkstof-fe weitestgehend ohne Phasenumwandlung oder komplet-tes Aufschmelzen und mit geringer Oxidation verarbeiten (Wank et al. 2006). Diese Prozesscharakteristik prdes-tiniert das Verfahren fr die Verarbeitung von Cermets (Brandt 2004). Eine typische Spritzschicht vom Typ WC /Co 88 /12 ist in den Abbildungen 4.43 und 4.44 dargestellt.
Abb. 4.39:Schema-tische Darstellung des HVOF-Verfahrens fr gas-frmige Brennstoffe nach DIN EN 657
Abb. 4.40:Schematische Darstellung des HVOF-Ver-fahrens fr flssige Brenn-stoffe nach DIN EN 657
Legende
1 Druckluft2 Brenngas3 Sauerstoff4 Draht und Trgergas5 Spritzstrahl6 Spritzschicht7 Grundwerkstoff
5
6 7
43 2 1
Legende1 Brennkammer2 Flssiger Brennstoff3 Sauerstoff4 Pulver und Trgergas5 Spritzstrahl6 Spritzschicht7 Grundwerkstoff
1
32
4 5
6 7
Abb. 4.41:HVOF-Freistrahl eines gasbetriebenen, luftgekhl-ten Brenners mit Pulver (WC /Co 88 /12)
Abb. 4.42:HVOF-Freistrahl eines Kerosinbrenners mit Pulver (WC /Co 88 /12)
Abb. 4.43:REM-Aufnahme des Querschliffes einer HVOF-Spritzschicht aus WC /Co 88 /12
Abb. 4.44:Querschliff einer HVOF-Spritzschicht aus WC /Co 88 /12 bei 5000facher Vergrerung
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I 4.3 MetallischesBeschichten
Abb. 4.45:HVOF-Brenner fr das Spritzen mit drallstabilisier-tem Hllgasstrom
Abb. 4.46:Freistrahlgeometrie des Brenners aus Abbil-dung 4.41 bei hoher Prozessleistung
Abb. 4.47:Hochgeschwindigkeitsdrahtflammspritzen von AISI-316L
Abb. 4.48:Hochgeschwindigkeitsaufnahme einer abschmel-zenden Drahtspitze
Abb. 4.49:Querschliff einer hochgeschwindigkeitsdraht-flammgespritzten AISI-316L-Schicht
Neueste Entwicklungen im Bereich der HVOF-Brenner-technik (Abb. 4.45 und 4.46) ermglichen deutlich erhh-te Prozessleistungen bei luftgekhlten HVOF-Brennersys-temen. Dazu wird das verwendete Khl- bzw. Mantelgas verdrallt und durch eine lavalfrmige Expansionsdse ge-fhrt. Das verdrallte Hllgas fhrt zu einer Fokussierung und Stabilisierung des Freistrahls (Wielage et al. 2010).
4.3.1.6.4 Hochgeschwindigkeits-drahtflammspritzen
Im Gegensatz zur Entwicklung des Hochgeschwindig-keitsflammspritzens von Pulvern (HVOF) wurden fr das Drahtflammspritzen mit berschallgasstrmungen zunchst keine speziellen Brennertypen entwickelt. Vielmehr wurden hohe Gasdurchflussmengen in Kombi-nation mit klassischen, leicht modifizierten Dsenkonfi-gurationen zum Einstellen der gewnschten Prozessbe-dingungen genutzt. Diese sollen zur Abscheidung sehr dichter Schichten mit geringer Oberflchenrauheit und hoher Haftfestigkeit bei gleichzeitig erhhten Abschmelz-leistungen bis ca. 15 kg /h fhren (Grtner et al. 2007, Wilden et al. 2000).Als charakterisierende Verfahrensmerkmale fr Hoch-geschwindigkeitsspritzprozesse gelten allgemein das Vorherrschen einer berschallgasstrmung und hohe Partikelgeschwindigkeiten. Konventionelle Drahtspritz-brenner mit konvergenter Dse, die mit hohen Gasflssen betrieben werden, erreichen in der Regel durchschnittli-che Partikelgeschwindigkeiten < 250 m /s. Nur durch eine
angepasste konvergent divergente Dsenkontur sind auf Grund der deutlich hheren Gasgeschwindigkeiten Part