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medium gasDas Magazin für die Kunden und Partner der VNG-Gruppe | 18. Jahrgang | 1. Ausgabe | April 2009
Schwerpunkt: EnergiepolitikHildegard Müller, BDEWVersorgungssicherheit auch ohne staatliche Eingriffe
Stadtwerke Rostock AG Der Wind wird rauer
ONTRASKosten- und Anreizregulierung der Ferngasnetze – verbaute Zukunft?
Inhalt AKTUELL
Wechsel im VNG-Vorstand zum 1. November 2009/VNG kauft Erd-gas- und Erdölproduzenten Endeavour Energy Norge AS/Caplog-x GmbH gegründet/SET Swiss Energy Trading AG gegründet/Neue Repräsentanz in Bologna, Italien/Transportnetzbetreiber schließen Kooperation/Vertriebsbüro West nach Frankfurt umgezogen
MARKT
Kundenportrait Vattenfall Trading Service GmbH
Innovative Erdgastechnik Behaglich dank „Smart“ im Keller
Internet Neuer Webauftritt für VNG-Gruppe und Verbundnetz plus
Markt aktuell Erdgasfahrzeuge live erleben!
ENERGIEUNION AG Grenzenloser Energiehandel in einem dynamischen Markt
Gastbeitrag Forum Erdgas Der beste Garant für eine sichere Versorgung
Termine
SCHWERPUNKT: ENERGIEPOLITIK
Energiepolitik in Brüssel Das europäische Energie-Paragrafen-DickichtDas Energiebinnenmarktpaket und die Zweite Überprüfung der Energiestrategie stehen derzeit im Focus von Politik und Gaswirtschaft.
Gastbeitrag Versorgungssicherheit auch ohne staatliche EingriffeHildegard Müller vom BDEW erklärt, wie die deutsche Gaswirtschaft die Versorgungssicherheit garantiert.
Stadtwerke Rostock AG Der Wind wird rauer – Kommunual-versorger spüren den (energiepolitischen) Gegenwind.
Illustration Energiepolitik illustriert von Ulrich Forchner
Kommentiert Russland und die Europäische UnionTrotz Gasstreit bleibt eine strategische Partnerschaft zwischen Russland und Europa.
Natürlich Erdgas Unverzichtbar im deutschen EnergiemixErdgas steht auch in Zukunft für Versorgungssicherheit und Umweltschonung.
Kosten- und Anreizregulierung Verbaute Zukunft für die Ferngasnetze?Politische Regulierungsentscheidungen können Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit haben
UMSCHAU
Energiepartnerschaft Norwegisches Erdgas in Europa – eine Erfolgsgeschichte
Erlebnisbericht VNG stellt Expertin für Transitüberwachung
Betrieb/Technologie Mit trascue.PIMS dem Leck auf der Spur
FEATURE
Messe VNG-Familientag und andere Premieren auf der PARTNER PFERD
Engagement Neue Verbundnetzbotschafter gekürt/ Neues VNG-Projekt: „Engagement macht Schule“
VNGart Richard Müller – ein Künstler zwischen Anerkennung und Ablehnung.
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Bernhard Kaltefleiter
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3 medium gas | 2009.1Editorial
Effizienz, Komfort, Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit und Umweltschonung –
dafür steht unser Produkt Erdgas. Kein anderer fossiler Energieträger ist in
seinem Kern und in seiner umweltfreundlichen Ausrichtung so positiv besetzt.
Aber es geht darum, dem umweltfreundlichen Energieträger Erdgas einen
Spitzenplatz im Energiemix heute und auch in einer ökologisch geprägten
Zukunft zu sichern und ihn nachhaltig zu positionieren. VNG bekennt sich klar
zu diesem Ziel. Deswegen ist „VNG – Natürlich Erdgas“ das Leitmotiv für den
kommunikativen Auftritt der VNG-Gruppe im Jahr 2009.
Die Gaswirtschaft hat unter Federführung des Bundesverbandes der Energie-
und Wasserwirtschaft (BDEW) vier wesentliche Haupteigenschaften für Erdgas
aus Sicht des Kundeninteresses definiert: Wirtschaftlichkeit und Effizienz,
Komfort und Umweltschonung. Durch die intelligente Vernetzung von Erdgas, Bioerdgas und anderen
Zukunftsenergien stärkt VNG die Nachhaltigkeit und Anwendungsbreite von Erdgas im Energiemix. Da-
rüber hinaus unterstützen wir auch die Erforschung neuer, noch sparsamerer Anwendungstechnologien
für Erdgas bis hin zur Brennstoffzelle.
Die Branche steht vor großen Herausforderungen: Der Gaskonflikt zwischen Russland und der Ukraine
am Jahresanfang hatte die Öffentlichkeit verunsichert und zeitweise die Frage nach der Versorgungs-
sicherheit aufgeworfen. Die deutschen Gasversorger – allen voran VNG – beantworteten diese Frage,
indem sie ihre Kunden weiterhin zuverlässig belieferten.
Die Unternehmen der Gasbranche müssen sich anhaltenden Energiepreisdiskussionen stellen und der
wachsenden Umweltsensibilisierung begegnen. Dies erfordert eine neue Kommunikationsstrategie, in
der wir die alten Stärken von Erdgas noch klarer als bisher betonen.
Eins ist sicher: Erdgas wird auch in Zukunft eine wichtige Rolle in der Energieversorgung einnehmen. Der
Erfolg von VNG hängt vom Markterfolg unseres Produktes Erdgas ab. Hier stellt uns der internationale
Beschaffungs- und Absatzwettbewerb um Ressourcen, Märkte und Kunden vor große Herausforde-
rungen. Der Einstieg in die Erdgasproduktion, Langfristverträge und optimaler Kurzfristhandel gehören
zu den Kernkompetenzen unserer Unternehmensgruppe, ebenso die Erhöhung des Erdgasabsatzes in
Deutschland und die Ausdehnung der Geschäftstätigkeit auf ganz Europa. Zu unseren Kernkompetenzen
gehören auch der gewinnbringende Umgang mit den Speicherkapazitäten, effizienter Erdgastransport
und ertragreiche innovative Dienstleistungen rund um das Erdgas. Und die Produktkommunikation muss
diese Stärken betonen. Auch dafür steht: „VNG – Natürlich Erdgas“.
Bernhard Kaltefleiter
Leiter Unternehmenskommunikation
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Impressum
medium gas Das Magazin für die Kunden und Partner der VNG-Gruppe | VNG – Verbundnetz Gas Aktiengesellschaft | Braunstraße 7, 04347 Leipzig | Postfach 24 12 63,
04332 Leipzig | Tel. 0341 443 - 0 | Fax 0341 443 - 2057 | www.vng.de | Redaktion Unternehmenskommunikation | Verantwortliche Redakteurin Mandy Nickel
Tel. 0341 443 - 2045 | [email protected] | Redaktionsbeirat Helge Andrä, Dr. Reinhard Böhm, Mike Diekmann, Laureen Johannsen, Bernhard Kaltefleiter,
Siegbert Ketelhut, Kerstin Kietzke, Heinz Möller, Birgit Reiss, Uwe Ringel, Olaf Schneider, Susann Surma, Karsten Wendler | Redaktionsschluss für diese
Ausgabe 16.03.2009 | für die nächste Ausgabe 20.05.2009 | Auflage 4 200 | Gestaltung, Herstellung Erik Sittauer | Militzer & Kollegen GmbH | Reproduktion und Druck Scan Color Leipzig GmbH | Fotos wenn nicht anders angegeben VNG | Titelseite Brüssel steht nicht still. Die belgische Hauptstadt ist zum energiepolitischen
Zentrum geworden und sorgt für stetig neue Impulse. Hier: das Berlaymont-Gebäude, der Sitz der Europäischen Kommission. Foto: Christoph Busse.
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Caplog-x GmbH gegründetLeipzig. Die VNG-Erdgascommerz GmbH und die PSI Aktiengesellschaft für Produkte
und Systeme der Informationstechnologie haben gemeinsam den Grundstein für die
Gründung der caplog-x GmbH gelegt. Bisher lief das Unternehmen unter dem Marken-
namen caplog-x als Messdatentransfer-Dienstleistungen von VNG.
„Die Gründung der caplog-x GmbH und die Beteiligung von starken Partnern ermöglichen
ein eigenständiges Agieren in der Energiewirtschaft. Damit erreichen wir größtmögliche
Marktneutralität und können die gesamte Prozesskette von der Datenerfassung und
-übertragung über die geeichte Datenbereitstellung bis hin zur Erbringung von Mess- und
Eichamtlichen Dienstleistungen abdecken“, erklärt der Geschäftsführer von caplog-x,
Dr. Peter Stoll.
Derzeit werden Vertragsverhandlungen zum Einstieg der trac-x Transport Capacity
Exchange GmbH geführt. Damit könnte ein weiterer starker Partner gewonnen werden,
zu dessen Gesellschaftern u. a. namhafte Transportnetzbetreiber gehören.
Weitere Informationen unter: www.caplog-x.de
Großes Interesse an neuer Firma: Christian Lies
(li.) von caplog-x stellte Firma und Technik dem
Fachpublikum auf der E-world in Essen vor.
Messdatenmanagement
Wechsel im VNG-Vorstand zum 1. November 2009
Leipzig. Der Aufsichtsrat von VNG hat Uwe Barthel
(51 Jahre) ab dem 1. November 2009 zum ordent-
lichen Mitglied des Vorstandes bestellt. Barthel über-
nimmt das Ressort Gasverkauf/Technik. Dr. Gerhard
Holtmeier übernimmt mit Wirkung zum 1. November
2009 die Verantwortung für das Vorstandsressort
Kaufmännisches/Personal. Er tritt die Nachfolge
von Prof. Dr. Gerhardt Wolff an, der zum 31. Oktober
2009 in den Ruhestand gehen wird. Uwe Barthel
ist Gründungsmitglied der Stadtwerke Chemnitz AG
und seitdem dort Vorstandsmitglied.
VNG kauft Erdgas- und Erdölproduzenten Endeavour Energy Norge AS
Leipzig/Oslo. VNG hat die Anteile
an der Endeavour Energy Norge AS
(EEN) mit Sitz in Oslo erworben.
Die EEN ist auf dem Norwegischen
Kontinentalschelf in der Erschlie-
ßung und der Produktion von Erd-
gas- und Erdölfeldern tätig. Das
Unternehmen hat insgesamt 21 Li-
zenzen und ist für mehrere von
diesen Betriebsführer. VNG baut
mit dem Erwerb der EEN ihr E&P-
Portfolio auf derzeit insgesamt
29 Lizenzen aus und ist erstmals
an produzierenden Feldern beteili-
gt. Die Transaktion bedarf noch der
Zustimmung durch die Energie-,
Finanz- und Kartellbehörden.
Lesen Sie in der nächsten Ausgabe von
medium gas einen ausführlichen Beitrag
zu diesem Thema.
Die von StatoilHydro betriebene Plattform
Brage liegt 120 Kilometer nordwestlich
von Bergen. Produktionsstart war im Sep-
tember 1993. Endavour ist Partner auf der
Plattform.Foto: StatoilHydro
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4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 6034333231
Neue Repräsentanz in Bologna, ItalienBologna. Ende letzten Jahres gründete
VNG ihre 100-prozentige Tochtergesell-
schaft VNG Italia S.r.l. (VNG Italia). Das
Unternehmen mit Sitz im Herzen Bolo-
gnas, der Partnerstadt Leipzigs, soll
zukünftig die Aktivitäten des Leipziger
Erdgasimporteurs in Italien bündeln und
koordinieren.
Im drittgrößten europäischen Erdgas-
markt ist VNG mittlerweile mit 66 Prozent
am Großhändler SPIGAS und mit 38,5 Pro-
zent am Endkundenversorger BLUENERGY
beteiligt. „Mit der Gründung der VNG Italia
können nunmehr verstärkt die Interessen
von VNG vor Ort wahrgenommen werden,
was zukünftig eine tiefere Marktdurch-
dringung im italienischen Erdgasmarkt
sicherstellen soll. Darüber hinaus haben
wir mit Gründung unserer italienischen
Repräsentanz einen direkten Ansprech-
partner für unsere Beteiligungen und
Partner vor Ort geschaffen und können
unsere Aktivitäten jetzt gemeinsam stär-
ker entfalten“, erklärt Tassilo Möschke,
Geschäftsführer der VNG Italia.
Transportnetzbetreiber schließen Kooperation
Vertriebsbüro West nach Frankfurt umgezogenDas Verkaufsbüro von VNG in Neu-Isenburg ist Anfang dieses
Jahres in ihre neuen Geschäftsräume im Main-Airport-Center
(MAC) umgezogen. Das MAC ist in unmittelbarer Nähe zum
Rhein-Main Airport, der A 3 bzw. B43 und A5 sowie dem Frankfurt
Flughafen Fernbahnhof gelegen und bildet die zentrale Anlauf-
stelle des Gasverkaufs Süd-West für Kunden in Westdeutsch-
land. „Wir haben uns zum Umzug entschieden, weil wir unsere
Geschäftsaktivitäten in der Region Frankfurt am Main weiter
ausgebaut haben und für unsere Kunden zukünftig besser und
komfortabler erreichbar sein wollen“, erklärt Dr. Markus Spitz,
der das Neu-Isenburger-Büro seit der Gründung 2006 leitet.
Erst im Oktober vergangenen Jahres hatte VNG Dependancen
in Dortmund und Stuttgart eröffnet, die beide organisatorisch
dem Gasverkauf Süd-West zugeordnet sind. Seit März hat
VNG aus organisatorischen Gründen das Büro in Dortmund
durch ein Büro in Düsseldorf ersetzt. Zusätzlich steht auch in
Hamburg ein Vertriebsbüro für die norddeutschen Kunden von
VNG zur Verfügung. Im ONTRAS-Marktgebiet ist VNG bereits
seit mehreren Jahren mit zwei Vertriebsbüros in Lauchhammer
und Neustrelitz aktiv.
SET Swiss Energy Trading AG gegründetLeipzig/Zürich. Swissgas und VNG ha-
ben zusammen die SET Swiss Energy
Trading AG mit Sitz in Zürich gegründet.
Die neue Gesellschaft soll die schweize-
rische Erdgasbeschaffung im kurzfristigen
Bereich optimieren und zugleich das
Erdgas-Handelsgeschäft von VNG stär-
ken. Swissgas ist an SET mit 65 % betei-
ligt, der verbleibende Anteil wird von
VNG gehalten. Die neue Gesellschaft wird
ihre Tätigkeit im April 2009 aufnehmen
und etappenweise ausbauen.
Swissgas stellt zusammen mit den vier
schweizerischen Regionalversorgern
Erdgas Ostschweiz AG, Erdgas Zentral-
schweiz AG, Gasverbund Mittelland AG
und Gaznat SA überwiegend durch langfris-
tige Verträge die Versorgung der Schweiz
sicher. Dies soll künftig mit der Nutzung
europäischer Handelsplätze im kurzfris-
tigen Bereich ergänzt werden. Die Swiss
Energy Trading wird dazu eine Erdgas-Han-
delsplattform betreiben, die gemeinsam
von Swissgas, den vier Regionalversorgern
sowie von VNG genutzt werden kann.
Hannover/Leipzig/Kassel/Emden/Kiel.
Die überregionalen Erdgastransportgesell-
schaften Gasunie Deutschland, ONTRAS –
VNG Gastransport, WINGAS TRANSPORT
sowie StatoilHydro Deutschland und DONG
Energy Pipelines haben eine umfassende
Kooperation beschlossen. Noch in diesem
Jahr wollen die fünf Partner ihre bisher ge-
trennten H-Gas-Marktgebiete zusammen-
legen. Wie es aus den Unternehmen weiter
heißt, sind die internen Genehmigungspro-
zesse bereits eingeleitet. Man zeige sich
auch zuversichtlich, dass sich letzte offene
Fragen mit der Bundesnetzagentur und
dem Bundeskartellamt klären lassen.
Der im Zuge der Marktgebietskooperation
geschaffene übergreifende Transport- und
Handelsraum für Erdgas verbindet nach
Aussagen der Unternehmen mehr als 300
Netze von den Importpunkten bis zum
Endkunden in nahezu ganz Deutschland.
Das gemeinsame Marktgebiet verbindet
zukünftig sechs EU-Länder untereinander
sowie diese mit den wichtigsten Erdgaslie-
feranten aus Norwegen und Russland.
Europäische Handelsplätze gewinnen für den kurzfris-
tigen Handelsbereich immer mehr an Bedeutung.
Mitten im Herzen Bolognas sitzt die neue italienische
Repräsentanz von VNG.
Einfach, schnell und komfortabel Verbindungen für
Transportkunden knüpfen ist das Ziel der ONTRAS.
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Die Hamburger Vattenfall Trading Services GmbH
Zentrales Handelshaus auf ErfolgskursErleben Sie die schönste Stadt der Welt! So präsentiert sich Hamburg in der Website-Selbstdarstellung. Wer kann einer sol-
chen Aufforderung selbst bei Schmuddelwetter Ende Januar schon widerstehen? Der riesige Hafen und die Elbe bestimmten
schon immer die besondere Atmosphäre der altehrwürdigen Freien und Hansestadt. Aber mein eigentliches Ziel sind nicht
die vielfältigen touristischen Sehenswürdigkeiten, sondern die Vattenfall Trading Services GmbH (VTS).
VTS agiert als zentrale Handelsplattform
In der 2. Etage eines großzügigen und modernen
Gebäudes gegenüber dem Wahrzeichen namens
Hauptkirche St. Michaelis, salopp „Michel“ ge-
nannt, hat die VTS ihre Großraumbüros. Die Lan-
dungsbrücken am Hafen sind von hier nur rund
500 Meter entfernt, auch das imposante Rathaus
ist gut zu Fuß zu erreichen. Erwartet werde ich
bereits von Marion Münz, Leiterin Geschäftsfeld-
entwicklung im Gas- und Erdölhandel und Ralf Baer,
Leiter des Gas- und Erdölhandels. Beide erklären
mir Sinn und Zweck des Unternehmens: „VTS ist
die zentrale Handelsplattform für die Vattenfall
Der Handelsfloor der Hamburger Vattenfall Trading Services GmbH.
7 medium gas | 2009.1
4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 6034333231
Gruppe und nimmt im Konzern die Rolle einer
gesamteuropäisch eigenständig operierenden
Geschäftseinheit ein.
Das Handelshaus übernimmt die Optimierung
und das Risikomanagement des Portfolios ent-
lang der gesamten Wertschöpfungskette. Diese
reicht von Handelsgeschäften innerhalb eines
Tages bis zum langfristigen Handel, vom Einkauf
der Brennstoffe bis zum Ein- und Verkauf von
Strom. Das Handelshaus managt die strombezo-
genen Risiken entsprechend den strategischen
Vorgaben der Vattenfall AB und sichert sie mit-
tels geeigneter Produkte im Großhandelsmarkt
ab. Das Produktportfolio von Vattenfall Trading
Services umfasst neben Strom auch Erdgas, Öl,
Steinkohle und Frachtraten, CO2-Emissionsrechte,
erneuerbare Energien, Währungen, Aluminium
und Wetterderivate. Die Handelseinheit ist an
allen zentralen Handelsplätzen für Strom in den
Kernmärkten Zentraleuropa, Skandinavien und
Mittel- und Osteuropa aktiv und handelt dort
mit etwa 400 nationalen und internationalen
Partnern.“
Mit Standorten in Hamburg, Stockholm, Warschau
und Kopenhagen ist VTS europaweit vertreten.
In Hamburg sind derzeit 135 der 230 Mitarbeiter
beschäftigt.
Firmensitz der Hamburger Vattenfall Trading Services GmbH. Ein Gashändler am Arbeitsplatz. Fotos: VTS
Das Ambiente der Großraumbüros mit derart vielen
Computer-Bildschirmen, wie ich sie bislang noch
nie gesehen habe, erinnert sehr stark an Börsen, an
welchen die VTS ja auch handelt. Glücklicherweise
ist von der mitunter penetranten, hysterischen
Hektik der Finanzbörsianer hier nichts zu spüren.
Das Durchschnittsalter der VTS-Mitarbeiter beträgt
36 Jahre, also ein sehr junges Team von engagier-
ten Frauen und Männern. Gut ausgebildet und
gut bezahlt sind sie sich auf natürliche Art ihres
Wertes bewusst. Geschäftssprache ist Englisch.
Begriffe und Kürzel wie BU Heat, Hedging, EUAs,
CERs und Green Certificates schwirren umher
und müssen einem Laien wie mir schonungsvoll
freundlich erklärt werden ...
Marion Münz informiert mich über die Vattenfall
Gruppe.
Unternehmensgröße in Europa
Vattenfall ist gegenwärtig in Schweden, Dänemark,
Finnland, Deutschland, Polen und Großbritan-
nien tätig. Das Unternehmen ist an der gesamten
Elektrizitätswertschöpfungskette (Erzeugung,
Übertragung, Verteilung und Vertrieb) beteiligt.
Darüber hinaus spielt es über Trading Services
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Zentrales Handelshaus auf Erfolgskurs
eine aktive Rolle beim Stromhandel. Außerdem
erzeugt, verteilt und verkauft Vattenfall Wärme.
Der schwedische Staat ist alleiniger Eigentümer der
Muttergesellschaft, Vattenfall AB. Die Leistungs-
stärke des gesamten Unternehmens in Europa
dokumentieren folgende Kennzahlen für das Jahr
2007: Durchschnittliche Beschäftigtenzahl: 32.400
(Vollzeitäquivalente), Stromerzeugung: 167,6 TWh,
Wärmeerzeugung: 36,2 TWh.
Berlin. Weitere zentrale Standorte sind Hamburg
und Cottbus. Das deutsche Geschäft erwirtschaf-
tet heute rund 60 Prozent des Konzernumsatzes.
Zudem ist Vattenfall Europe der größte Ausbilder in
Ostdeutschland. Auf dem deutschen Energiemarkt
will das Unternehmen Maßstäbe für eine sichere,
umweltverträgliche und kundenorientierte Ener-
gieversorgung setzen. Die Kunden sind private
Haushalte, Industrieunternehmen, Stadtwerke
und Regionalversorger.
Klarer Kurs auf neue Erfolge
Wachstum prägt auch die Unternehmensgeschich-
te von Vattenfall Trading Services. Im Jahr 2008
baute VTS das Handelsvolumen für Strom gegen-
über 2007 deutlich aus. Um diese Entwicklung
weiter fortsetzen zu können, erfolgte im Jahr
2008 die Akkreditierung an den Energiebörsen
in Prag (Prague Energy Exchange) und London
(Intercontinental Exchange). 2009 wird der Spot-
Stromhandel an der Energy Exchange Austria in
Wien aufgenommen. Der Markteintritt in den
britischen Großhandelsmarkt für Strom steht
unmittelbar bevor.
Neben dem Kerngeschäft Strom setzt VTS vor allem
auf den Ausbau des Geschäfts mit Brennstoffen
und Emissionsberechtigungen. Seit Januar 2008
übernimmt die Handelseinheit die zentrale Stein-
kohlebeschaffung für die gesamte Vattenfall-Grup-
pe. Dies umfasst den Einkauf von physischer Kohle,
den Handel mit finanziellen Kohleprodukten zum
Hedging (Kurssicherung) des Beschaffungspreises,
aber auch das Geschäft mit Frachtkapazitäten. Aus
der einheitlichen Beschaffungsstrategie und der
Optimierung von Speicher- und Frachtkapazitäten
verspricht sich das Unternehmen konzernweit
erhebliche Synergiepotenziale. Im Jahr 2008 be-
trug der Bedarf an Steinkohle für die Vattenfall
Kraftwerke in Deutschland, Polen und Dänemark
10 Millionen Tonnen. Anfang 2009 übernahm das
Handelshaus mehrere Schlepper und Schuten,
mit welchen Kohle in der Ostsee transportiert
werden kann, die das Unternehmen aber auch
an Dritte verchartert. Mit Aufbau einer eigenen
Abteilung für Erneuerbare Energien, Zertifikate und
CO2-Emissionen im Sommer 2008 engagierte
„Die Handelseinheit ist an allen zentralen Handelsplätzen
für Strom in den Kernmärkten Zentraleuropa, Skandinavi-
en und Mittel- und Osteuropa aktiv und handelt dort mit
etwa 400 nationalen und internationalen Partnern.“
Rolf Baer, Leiter Gas- und Erdölhandel
Vattenfall in Deutschland
Vattenfall Europe ist ein bedeutender Teil der
schwedischen Vattenfall-Gruppe und zählt zu
den führenden Energieunternehmen in Deutsch-
land. Das Unternehmen vereint unter einem Dach
die Förderung und Verstromung kostengünstiger
heimischer Braunkohle, die Stromerzeugung aus
Wasserkraft und Kernkraft sowie den Transport
und Handel von Energie. Vattenfall Europe versorgt
die Metropolen Berlin und Hamburg rund um die
Uhr mit Strom und Wärme.
Mit der Öffnung der nordischen Energiemärkte in
den 1990er Jahren expandierte das Unternehmen
auch außerhalb Schwedens und hat sich so zu
einem führenden europäischen Energieunter-
nehmen entwickelt. Nachdem sich die Traditions-
unternehmen Bewag, HEW, LAUBAG und VEAG
zusammengeschlossen haben, wird im September
2002 das Unternehmen Vattenfall Europe gegrün-
det. Der Sitz der Holding, Vattenfall Europe AG, ist
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4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 6034333231
sich das Unternehmen verstärkt im Handel mit
europäischen und weltweiten Emissionsberech-
tigungen.
VTS baut Gasportfolio aus
Daneben spielt vor allem das Erdgasgeschäft eine
immer zentralere Rolle für das Energiehandelshaus.
Ralf Baer, der Leiter des Gas- und Ölhandels bei
VTS, ist für den rapiden Ausbau der Gasaktivitäten
verantwortlich. Der 44-jährige Ostfriese studierte
Elektrotechnik und arbeitete zunächst als Leiter
der Netzplanung bei den Stadtwerken Hannover.
Nach weiteren Stationen in der Energiewirtschaft
war er bei BP Deutschland als Prokurist und Ge-
schäftsführer tätig. Im Jahr 2006 wechselte er zu
Vattenfall Trading Services und rief den Gashan-
del gemeinsam mit vier Mitarbeitern ins Leben.
Mittlerweile zählt sein Team 14 Köpfe. Tendenz
steigend.
Nachdem sich das Team um Ralf Baer zunächst
auf den Handel an nationalen und internationalen
Marktplätzen konzentrierte, wurde im vergangenen
Jahr die Versorgung der gasbefeuerten Anlagen des
Geschäftsbereichs Wärme von Vattenfall Europe
vorbereitet.
Mit der erfolgreichen Belieferung der Hamburger
Hafencity zum Oktober 2008 wurde ein erster
Meilenstein erreicht. Mittlerweile versorgt das
Handelshaus bereits vier Anlagen mit Erdgas.
Bis Oktober 2010 sollen es fast 20 Kraftwerke
sein. „Die gesamte Gasbeschaffung erfolgt dann
über mittel- bis langfristige Belieferungsverträ-
ge und über Gasmarktplätze. Darüber hinaus
umfassen unsere Leistungen den Gastransport,
das Gasmengenausgleichs-Management, die
preisliche Optimierung durch Kurzfristverkäufe
und die Nutzung von eigenen und zugekauften
Gasspeicherkapazitäten“, so Marion Münz, die
den Bereich Geschäftsfeldentwicklung innerhalb
des Gas- und Ölhandels leitet.
Vattenfall Europe betreibt unter anderem fünf
Gasturbinenkraftwerke mit einer Gesamtkapa-
zität von 962 MW. Die Standorte Brunsbüttel,
Moorburg und Wedel befinden sich im Großraum
Hamburg, die Werke Thyrow und Ahrensfelde
sind nahe Berlin angesiedelt. Direkt in Berlin
befinden sich die Heizkraftwerke Lichterfelde,
Mitte, Klingenberg, Reuter, Buch, Köpenick, Wil-
mersdorf und Charlottenburg sowie die Heizwerke
Prenzlauer Promenade, Blankenburger Straße,
Adlershof, Altenglienicke, Friedrichshagen, Trep-
„Unser Ziel ist es, durch die Zentralisierung des Einkaufs
und des Belieferungsmanagements die operativen und
finanziellen Risiken unserer Kunden zu minimieren.“
Marion Münz, Leiterin Geschäftsfeldentwicklung im Gas- und Erdölhandel
Kraftwerke der Vattenfall Europe:Die Standorte Brunsbüttel, Moorburg und Wedel befin-
den sich im Großraum Hamburg, die Werke Thyrow und
Ahrensfelde sind nahe Berlin angesiedelt.
Direkt in Berlin befinden sich die Heizkraftwerke Lichter-
felde, Mitte (im Bild), Klingenberg, Reuter, Buch, Köpe-
nick, Wilmersdorf und Charlottenburg sowie die Heiz-
werke Prenzlauer Promenade, Blankenburger Straße,
Adlershof, Altenglienicke, Friedrichshagen, Treptow,
Scharnhorststraße und Görschstraße.
Quelle: Vattenfall Europe
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tow, Scharnhorststraße und Görschstraße. Für
alle Anlagen richtet das Team von Marion Münz
eigene Online-Messdatenübertragungsstellen ein,
wertet täglich die Bedarfsmengen aus, berech-
net die Abnahmemengen anhand von Wetterda-
ten und historischen Daten für jedes Kraftwerk,
meldet diese Daten den Netzbetreibern, denen
die Gastransportnetze gehören und speist das
Gas physikalisch in die Transportnetze. „Eine
große logistische Aufgabe, die gut ausgebildete
Mitarbeiter mit einem ausgeprägten Verantwor-
tungsbewusstsein erfordert. Unser Ziel ist es,
Fortsetzung von Seite 9
Zentrales Handelshaus auf Erfolgskurs
durch die Zentralisierung des Einkaufs und des
Belieferungsmanagements die operativen und
finanziellen Risiken unserer Kunden zu minimie-
ren“, erklärt Marion Münz.
Laut Marion Münz war hierzu einiges an Vorarbeit
zu erledigen. Neben dem Aufbau von komplexen
Beschaffungsstrukturen mit Transportwegen und
dem Kauf von Speicherkapazitäten gehörten hier-
zu auch das Verhandeln und der Abschluss von
langfristigen Gasbezugsverträgen. Ende 2008
schloss Vattenfall Trading Services einen solchen
Liefervertrag mit VNG ab.
Eine vertragliche Zusammenarbeit der VTS mit der
Leipziger VNG besteht seit Frühjahr 2008. Korrek-
terweise muss vermerkt werden, dass es bereits
über etliche Jahre zuvor eine enge Kooperation
mit Vattenfall gab. Doch exakt seit dem März des
Vorjahres werden von VNG Erdgas-Handelsmen-
Abendstimmung an den Landungsbrücken.
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KurzchronikDie Vattenfall Europe AG ist aus den vier Unternehmen Bewag, HEW, LAUBAG und VEAG entstanden | April 1998: Startschuss zur
Neuordnung: Ein neues Energiewirtschaftsgesetz in Deutschland | November 1999: Vattenfall AB gewinnt eine internationale
Ausschreibung zum Erwerb von 25,1 Prozent der Anteile der Hamburgische Electricitäts-Werke AG (HEW) | Oktober 2000: Vat-
tenfall AB erwirbt weitere Anteile an der HEW und wird damit neuer Mehrheitseigentümer | November 2000: Der Berliner Senat
erzielt eine Einigung mit Vattenfall, HEW und E.ON über den Mehrheitserwerb der Bewag, doch Southern Energy (heute: Mirant)
bleibt hart | Dezember 2000: HEW gewinnt ein internationales Ausschreibungsverfahren zum Erwerb der Mehrheit an VEAG und
LAUBAG. Damit steht das Fundament für die „neue Kraft“ | Dezember 2001: Vattenfall AB und Mirant werden sich einig. Vattenfall
AB übernimmt alle Anteile Mirants an der Bewag. Im Februar 2002 tritt die HEW in diesen Vertrag ein | Januar 2002: Die „neue
Kraft“ erhält einen Namen. Der Konzern soll künftig „Vattenfall Europe“ heißen | August 2002: Die Vattenfall Europe AG entsteht
aus der Fusion von HEW und VEAG | Januar 2003: Aus der LAUBAG, dem Bergbauunternehmen des Konzerns, wird die Vattenfall
Mining AG | Januar/Februar 2003: Die Aktionäre der Bewag AG und Vattenfall Europe AG stimmen der Verschmelzung der Bewag
AG auf die Vattenfall Europe AG zu | August 2005: Vattenfall AB, die schwedische Muttergesellschaft, ist bereit, 100 Prozent der
Anteile an ihrer deutschen Tochter der Vattenfall Europe AG zu übernehmen | 1. Januar 2006: Markenüberleitung: Die ehemalige
Bewag heißt jetzt Vattenfall Europe Berlin und die früheren Hamburger Electricitätswerke (HEW) heißen Vattenfall Europe Hamburg
April 2006: Vattenfall Europe hat ihre Verteilungsnetzbetriebe ausgegliedert. Die Netzgesellschaften Vattenfall Europe Berlin
GmbH und Vattenfall Europe Hamburg GmbH sind hundertprozentige Töchter der Vattenfall Europe AG.
gen, auch für den Eigenbedarf, über Kurzfrist-
sowie Jahresverträge über das Hamburger Team
bezogen. Seitens der Leipziger zeichnen dafür
Dr. Stephan Krein, Leiter Gasverkauf Industrie-
und Geschäftskunden, sowie Verkaufsleiter Silvio
Grafe verantwortlich. Gut arbeiten die Hambur-
ger auch mit Bernd Protze hinsichtlich der Spei-
cherkapazitäten und mit Marco Penzhorn, Leiter
Gashandel, insbesondere beim Kurzfristhandel,
sowie mit André Burkhardt zusammen. Frau Münz
bezeichnet die Zusammenarbeit mit den Leipziger
VNG-Partnern als immer fair, sie seien stets in-
novativen Vorschlägen aufgeschlossen und vor
allem sehr zuverlässig.
Marion Münz begann ihre berufliche Laufbahn in
einem Ingenieurbüro als Referentin des Geschäfts-
führers sowie als Mitarbeiterin der dortigen Rechts-
abteilung, wo sie vor allem für Baurecht zuständig
war. Über die weiteren Stationen PreussenElektra
und E.ON kam sie zu den Stadtwerken Hannover,
wo sie als Vorstandsreferentin arbeitete. Von dort
Deutsches SchauspielhausBrücke in der Speicherstadt HafenCity
Hanseatic Trade Center.
Fotos: IMAGEKONTOR
holte sie Ralf Baer in das Hamburger VTS-Team.
Privat gilt ihr Interesse dem Laufsport: Durch
Anregung der Kollegen im Gashandel nahm sie im
vergangenen Jahr erstmals am Rennsteiglauf teil.
Sie und ihre Kollegen waren von der Atmosphäre
dieses Klassikers so angetan, dass sie mit einer
noch größeren Gruppe von VTS-Mitarbeitern inner-
halb des traditionellen Erdgas-Teams im Mai 2009
in Oberhof erneut an den Start gehen werden. Bei
Besuchen von VNG bot sich ihr die Gelegenheit,
Leipzig besser kennen und schätzen zu lernen, da
die VNG-Mitarbeiter ihren Gästen gern die Schön-
heiten ihrer Heimatstadt nahebringen.
Übrigens: Das VTS-Team plant, die Leipziger
VNG-Partner zu einem Besuch einzuladen und
Marion Münz meinte, dass da vielleicht auch ich
mitkommen könnte. Herzlichen Dank für diese
sehr freundliche Einladung.
Helmut Rosan, freier Redakteur
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Behaglich dank „Smart“ im Keller
Dass Blockheizkraftwerke (BHKW) energetisch
das Beste sind, was es derzeit auf dem Markt der
vergleichbaren Produkte gibt, ist längst bekannt –
vor allem wegen ihrer Effizienz. „Unfug“, kom-
mentiert diese Feststellung der Geschäftsführer
der PowerPlus Technologies GmbH in Gera, Olaf
Ortlieb, „das ist zwar richtig, aber eben längst
nicht bekannt. Wäre das der Fall, würden uns die
Türen eingerannt. So steigen zwar die Stückzahlen
der bei uns gebauten Mini-BHKW ebenso wie die
Umsätze, aber nicht in dem Umfang, wie es bei der
Leistungsfähigkeit dieser Maschinen sein müsste –
schon gar nicht bei den weltweit wachsenden
Energiekosten.“
Unbekannte Technologie?
Anders gesagt: In der Öffentlichkeit ist weitge-
hend unbekannt, was die aus Gera stammenden
kleinen Kraftwerke unter der Marke ecopower
können. Deshalb hat die 30-köpfige Belegschaft
kein Problem, mehrere 100 Maschinen herzu-
stellen, die jährlich auf dem Markt ihre Käufer
finden. Ohne Schwierigkeiten könnte die Firma
auch 3.000 Mini-BHKW produzieren, aber wie Herr
Ortlieb eben versichert, wissen nur wenige Leute,
was die Anlagen leisten können, die sich in ihrer
bisherigen Auslegung für Mehrfamilienhäuser,
Kleingewerbe, Pensionen, Altersheime, Praxen,
Fitnessstudios oder Hotels eignen.
Smart stand Pate
Entstanden sind die Ideen für solche Anlagen bei
der „Smart“-Entwicklung, die vom Schweizer Un-
ternehmen Swatch ausgelöst wurde. Als Partner
Daimler die Projekte allein fortsetzte und den Über-
legungen für einen Hybridmotor nicht folgte, wurde
in der Schweiz am Kernstück zwischen 1996–99
weiter entwickelt. Seit das Gerät serienreif ist, wird
es in der Firma PowerPlus Technologies in Gera
hergestellt. Als Mutterunternehmen übernahm
Vaillant 2004 den Betrieb, denn die hocheffizi-
enten Mini-BHKW aus Thüringen passen genau
ins Produktionsprofil des Heizgeräteherstellers;
es übertrifft in der Effizienz und im Preis eine
VNG hat gemeinsam mit der Firma Vaillant ein
Aktions-Programm entwickelt, um die zukunfts-
weisende und energieeffiziente Mini-BHKW-Tech-
nologie flächendeckend im Markt einzuführen.
Wir haben die Vaillant-Vertriebstochter Power-
Plus Technologies GmbH in Gera besucht und
mit dem Geschäftsführer Olaf Ortlieb und dem
Vertriebsingenieur Frank Gäbel über die kleinen
Wunderwerke der Technik gesprochen.
Das Kraftpaket.plus der Mini-Blockheizkraftwerke Das Kraftpaket.plus ist eine Initiative von VNG und der PowerPlus Technologies GmbH um den Einsatz von Mini-Blockheiz-
kraftwerken zu unterstützen. Die Kooperation zwischen beiden Unternehmen wurde Anfang Januar 2009 geschlossen und
knüpft an die am 1. Januar 2009 vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) geschlossene
Richtlinien zur Förderung von Mini-KWK-Anlagen.
Weitere Informationen unter: www.verbundnetzplus.de
Unterzeichneten auf der enertec in Leipzig einen Kooperationsvertrag zur Förderung des Einsatzes von ecopower Mini-Block-
heizkraftwerken: Dr. Achim Westebbe, Direktor Kundendienst/Marketing bei VNG, und Olaf Ortlieb, Geschäftsführer der Power
Plus Technologies GmbH, Gera. Foto: Christian Schneider
So funktioniert ein Mini-BHKW: Ein Motor treibt einen Generator an, der Wärme und Strom erzeugt. Die Wärme wird zum
Heizen verwendet. Der Strom wird im eigenen Haushalt genutzt, wobei überschüssiger
Strom in das öffentliche Netz eingespeist werden kann. So lassen sich Wärme und Strom
wesentlich effizienter erzeugen. Der Wirkungsgrad kann bis zu 90 % betragen. Die eco-
power Mini-BHKW’s können den Primärenergieverbrauch um etwa ein Drittel gegenüber
konventioneller Energieversorgung reduzieren. Der Einsatz eines Mini-BHKW leistet
dabei einen direkten Beitrag zum Umweltschutz, denn der CO2-Ausstoß kann sich um bis
zu 60 % verringern.
13 medium gas | 2009.1
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Heizungsanlage fürs Einfamilienhaus, liegt aber
unter Großanlagen des Mutterhauses.
Anreizprogramm fördert Mini-BHKW
Für die Mini-BHKW-Herstellung werden spezielle
Gasmotoren eingebaut und viele Teile aus Schwei-
zer Präzisionsbetrieben genutzt. Das sichert ein
hochwertiges Produkt, hat aber auch seinen Preis,
schon weil es nur in Kleinserie hergestellt wird.
Und das hat auch mit der geringen Nachfrage
zu tun.
Anlagen. Der Kooperationsvertrag von VNG und PPT
setzt auf diese Förderung noch eins drauf. Das Ziel
von VNG begründete Dr. Achim Westebbe damit:
„Wir wollen moderne Technologie zu vernünftigen
Preisen einer verstärkten gewerblichen Nutzung
zuführen. Wenn die PowerPlus Technologies mit
dem Handwerk gut zusammen arbeitet, das ja
letztlich die Anlagen beim Kunden betreut, braucht
es Argumente.“ Zu der überlegenen Technologie
und der Förderung durch die Regierung könne der
Aktionspreis hinzukommen.
Um dem entgegen zu wirken, unterzeichneten auf
der Leipziger Energiefachmesse enertec Ende
Januar Dr. Achim Westebbe, Direktor Kunden-
dienst/Marketing bei VNG, und Olaf Ortlieb, Ge-
schäftsführer der PowerPlus Technologies GmbH,
Gera, einen Kooperationsvertrag zur Förderung
des Einsatzes von ecopower Mini-Blockheizkraft-
werken (Mini-BHKW). Insgesamt 200 ecopower
Mini-BHKW mit einer elektrischen Leistung von
jeweils 3 kW bzw. 4,7 kW können Verbraucher
im Marktprogramm Kraftpaket.plus zu einem
Aktionspreis kaufen.
Staatliche Förderung
Damit soll der Anreiz für potenzielle Anwender
erhöht werden, sich jetzt dieser günstigen Form der
Energieherstellung zu verschreiben. Hintergrund ist
das Ziel der Bundesregierung, bis 2020 den Anteil
von Strom aus KWK (Kraft-Wärme-Kopplung) auf
25 Prozent zu erhöhen. Damit soll Energie gespart
und ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden.
Um einen Anreiz zu schaffen, verabschiedete das
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit (BMU) die ab 1. Januar 2009
geltende Richtlinien zur Förderung von Mini-KWK-
Technisches Wunderwerk
Herzstück der Geraer Mini-BHKW ist ein Vier-
Takt-Otto-Motor, an dem kein Auto hängt. Nach
dem Getriebe kommt ein Generator für die Stro-
merzeugung. Der gewonnene Gleichstrom wird
in Wechselstrom umgewandelt und kann für
den eigenen Verbrauch verwendet oder ins Netz
eingespeist werden – das bringt die jeweils ak-
tuelle Vergütung. Die beim Antrieb entstehen-
de Wärme, die beim Auto über den Kühler in
die Atmosphäre geht, wird hier genutzt. Über
Wärmeaustauscher wird sie an ein Heizsystem
weitergegeben. Im Sommer kann man es auch
als Kühlung nutzen.
Effiziente Geräte
So lassen sich Wärme und Strom wesentlich effi-
zienter erzeugen. Der Wirkungsgrad beträgt bis
zu 90 Prozent. Die ecopower Mini-BHKWs können
den Primärenergieverbrauch um etwa ein Drittel
gegenüber konventioneller Energieversorgung
reduzieren. Ein Mini-BHKW leistet auch noch
einen direkten Beitrag zum Umweltschutz, denn
der CO2-Ausstoß kann sich um bis zu 60 Prozent
verringern.
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Fortsetzung von Seite 13
Behaglich dank „Smart“ im Keller
Hohe Laufzeiten
Der Geraer Vertriebsingenieur Frank Gäbler hält
die verbreitete Unwissenheit über die eingesetzte
Technik für einen Grund, Mini-BHKW etwas miss-
trauisch zu begegnen: „Dass ein Automotor nach
weniger als 1.000 Betriebsstunden eine Durchsicht
braucht, hält jeder für normal. Unsere Anlagen
laufen im Jahr bis zu 8.000 Stunden. Das heißt,
halbjährliche Durchsichten sind kein Zeichen
für Störanfälligkeiten sondern üblich.“ Um aber
solche Informationen flächendeckend unter die
Leute zu bringen, ist ein extrem hoher Aufwand
des Geraer Unternehmens notwendig. Umso mehr
passt der Vertrag mit VNG. Der Erdgasimporteur
fördert Aktionen, die das Produkt Erdgas in den
Mittelpunkt rücken.
Kraftwerk mit vielen Vorteilen
Das Mini-BHKW läuft mit Erdgas oder auch mit
Flüssiggas. Die Anlagen sind also generell geeig-
nete Abnehmer für VNG. Die andere Informations-
hilfe läuft über das Mutterhaus Vaillant, wo man
größere Kapazitäten hat, Aufklärung im ganzen
Land zu schaffen.
Auf die technischen Vorzüge wollen Laien vielleicht
gar nicht hingewiesen werden. Der speziell ent-
wickelte Gasmotor für stationäre Anwendungen
wird mit Generator, Stromwandler, Wärmetauscher
sowie elektronischen Steuerteilen bestückt, er-
probt und dann ausgeliefert. Wichtig sind aber
die ökonomischen Daten, denn wer so ein Klein-
kraftwerk kauft, muss es ja bezahlen, also vorher
wissen, worauf er sich einlässt.
Die Geraer Fachleute erklären: So ein BHKW kostet
zusammen mit dem Einbau etwa 23.000 Euro. Das
klingt erst einmal viel. Allerdings kann man damit
rechnen, dass allein 7212 Euro durch staatliche
Förderung hereinkommt, also nicht vom Investor
bezahlt werden muss. Dazu kommen Zuschläge
für jede erzeugte Kilowattstunde bzw. durch Ver-
meidung von Strombezug durch Eigennutzung.
Reiner Gewinn
Auch wenn die Energiekosten sofort eingefro-
ren würden, wäre der Mehraufwand nach vier
bis zehn Jahren wieder erwirtschaft. Praktisch
bringt so ein Mini-BHKW nach wenigen Jahren
Laufzeit einen reinen Gewinn für den Betreiber.
Praktisch dürfte sich das noch erhöhen, weil
langfristig eher steigende Energiepreise zu er-
warten sind.
Modulierende Technik
Eine der pfiffigsten Ideen dieser Entwicklung
besteht darin, dass sie sich im Gegensatz zu den
meisten herkömmlichen Heizungen modulieren
lässt. Das heißt: Sie springt nicht bei einer be-
stimmten Temperatur an und geht beim Erreichen
einer entsprechend höheren wieder aus. Das
erhöht den Kraftstoffverbrauch und führt zum
schnelleren Verschleiß der Teile. Das Geraer
Mini-BHKW läuft je nach Bedarf mal schneller,
mal langsamer, verbraucht dadurch gleichmäßiger
Gas und schont den Motor. Die Thüringer Fach-
leute meinen: eine solch modulierende Technik,
die heute noch selten ist, wird in ein paar Jah-
ren alltäglich sein. Sie bieten diese aber heute
Ecopower – Fortschrittliche Technik für AnwenderDie PowerPlus Technologies GmbH wurde Anfang 2004 als 100%ige Tochter von
Vaillant – einem der größten Heiztechnik-Hersteller der Welt – gegründet. Mit
der Übernahme des ecopower Mini-BHKW gelang es, sich innerhalb kurzer Zeit im
Segment von 5 kW elektrischer Leistung der dezentralen Energieversorgung als
Technologieführer zu etablieren. Der Vertrieb des ecopower Mini-BHKW erfolgt über
ein bundesweites Netz von autorisierten und qualifizierten Fachbetrieben.
Weitere Informationen unter www.vaillant.de bzw. www.ecopower.deFoto: Vaillant
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Das Herzstück – der Gasmotor – wurde in den USA entwickelt und wird vormontiert nach Gera geliefert. | Hier werden die fertigen Mini-BHKW auf Herz und
Nieren geprüft. Fotos: Vaillant
schon an, haben also deutlichen Vorsprung.
Im Unterschied zu den meisten üblichen Hei-
zungen empfehlen die Hersteller einen Standort
im Keller; schließlich handelt es sich um einen
Gasmotor, der das Ganze betreibt. Die erheblich
längeren Laufzeiten gegenüber einem Gasheizkes-
sel sind für die Wirtschaftlichkeit entscheidend.
Der Geräuschpegel ist vergleichbar mit einem
Ölgebläsekessel. Also schafft der „Smart“ in der
Energiezentrale eine behagliche Atmosphäre im
ganzen Gebäude.
Und was ist mit der Brennstoffzelle, werden jetzt
manche Leute fragen? Viele erwarten doch davon
die wirklich zukunftsträchtige Lösung für Energie-
erzeugung? Sicherlich ist das richtig, vorläufig aber
arbeiten zahlreiche Energieunternehmen gemein-
sam mit der Industrie am Thema Brennstoffzellen –
auch VNG. Serienreif und vor allem preiswert ist
aber noch keine. Das heißt: das Mini-BHKW könnte
die ideale Zwischenlösung für viele Jahre sein, bis
dieses Zukunftserzeugnis einmal läuft.
Erzeugung vor Ort
In der vorliegenden Ausstattung greift das kleine
Kraftwerk auch die bisher in der Praxis gesammel-
ten negativen Erfahrungen auf, denen zufolge, Ener-
gieversorgung über große Entfernungen hinweg
immer zu Verlusten führt, die man nicht verhindern
kann. Denn die Energie wird vor Ort erzeugt, also
dort, wo sie gebraucht wird. Damit ist sie allen
anderen Varianten überlegen. Deshalb schalten
die Fachleute in Kleinsiedlungen lieber zwei An-
lagen hintereinander, als lange Energieleitungen
mit ihren Verlusten in Kauf zu nehmen.
Günstige Alternative
Weshalb die Geraer Maschinen im Osten gefragter
sind als im Westen, dafür hat Ortlieb auch eine
einfache Erklärung parat: „Objektmieten, ob im
Mehrfamilienhaus oder Gewerbe, sind als ein-
ziges im Osten deutlich niedriger als im Westen.
Umso mehr fallen hohe Nebenkosten ins Gewicht.
Deshalb sind Alternativen gefragt, die vielleicht
in der Anschaffung teurer sind, langfristig aber
helfen, Geld zu sparen.“
Zukünftiger Wachstumsmarkt
Dass der Markt für solche Geräte noch deutlich
wachsen könnte, davon sind die Hersteller über-
zeugt. Sie erwarten 2009 einen Produktionszu-
wachs um 30 Prozent. Dazu soll auch der neue
Vertrag mit VNG beitragen. Die „guten Argumente“,
von denen Dr. Westebbe bei Vertragsunterzeich-
nung sprach, die die Maschinen darstellen, können
mithelfen, dass die anderswo registrierte Rezession
nicht nur um die Geraer Firma einen Boden macht,
sondern auch um die Handwerker, die sich schulen
lassen, solche Kleinkraftwerke einzubauen und
regelmäßig zu warten. Jeder kann dazu beitragen,
den Ruf der effizienten BHKW zu verbessern.
Thomas Biskupek, freier Journalist
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Neuer Auftritt für VNG-Gruppe und Verbundnetz plus
Das neue VNG-Portal
„Unser Ziel war die konsequente Um-
setzung eines gruppenübergreifenden
Auftrittes, der alle Aktivitäten unserer
Unternehmen bündelt, ohne dabei ihre
Spezialisierungen zu vernachlässigen“,
erklärt Siegbert Ketelhut, Leiter Öffent-
lichkeitsarbeit/Interne Kommunikation
bei VNG den neuen VNG-Auftritt.
Seit Februar präsentiert sich die VNG-
Gruppe mit einem neuen Portalauftritt.
Unter www.vng.de finden sich jetzt zentral
alle Informationen rund um die Geschäfts-
felder und Leistungen von VNG und ihren
Tochtergesellschaften. Die technische
Umsetzung des gesam-
ten Webauftrittes im
Content Management
System übernahm die
IT-Tochter ECG – Erdgas
Consult GmbH Leipzig.
Das ist neu:
Navigation: Bei der
Neugestaltung wurde
vor allem auf Anwen-
derfreundlichkeit und
eine leichte Navigation
Wert gelegt. Mit weni-
gen Klicks gelangt der
Internetnutzer zu allen
relevanten Informati-
onen zur VNG AG, etwa
zur Gasbeschaf fung
über Import und Han-
delsaktivitäten oder zu
den Explorations- und
Produktionsvorhaben in
Norwegen.
Teaserboxen: Mit Hilfe von Teaserboxen
am rechten Seitenrand werden zusätzlich
themenspezifische Informationen wie Kon-
taktdaten, Downloads und zusätzliche
Hintergrundberichte eingespielt.
Gasverkauf: Im Gasverkaufsbereich
haben die Kunden von VNG die Produkt-
palette und alle Ansprechpartner auf einen
Blick. Selbst Lieferanfragen können über
die Plattform gestellt werden.
Neuer Pressebereich: Kommunikation
und Information ohne Grenzen für Medi-
envertreter verspricht der komplett neu-
gestaltete Pressebereich. Neben den aktu-
ellen Pressemitteilungen von VNG finden
Der neue Webauftritt der VNG-Gruppe.
Journalisten hier auch Terminvorschauen
und die zentralen Ansprechpartner. Im
Mediacenter können kostenlos Fotos, Gra-
fiken und Videos heruntergeladen werden.
Über ein Bestellformular können zudem
Geschäftsberichte und wichtige Publika-
tionen bestellt werden.
Das neue Dienst-leistungsportal
VNG hat es sich zum Ziel gesetzt, sämt-
liche Dienstleistungen der Unterneh-
mensgruppe auf der Plattform Verbund-
netz plus als eigenständiges Angebot
neben dem eigentlichen Gasgeschäft
Internet
17 medium gas | 2009.1
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Energieversorger Industrie- und Geschäftskunden Erdgas als Kraftstoff
Marketing- und Vertriebs-
kommunikation
Technische Dienstleistungen
IT-Beratung und Software
Technische Dienstleistungen
Energieberatung
Schulungen
Werbemittel
Beratungsleistungen
Erdgasfahrzeuge
Werbung/Verkaufsförderung
Wirtschaftlichkeitsrechner
Energieversorger, Industrieunternehmen und Marktpartner finden unter www.verbundnetzplus.de auf sie zugeschnittene Leistungspakete.
zu bündeln. Kunden soll dadurch eine
schnelle und zentrale Zugriffsmöglichkeit
auf das Dienstleistungsportfolio sowie
die interaktive Anbahnung der dazu ge-
hörigen Geschäftsprozesse ermöglicht
werden.
Das ist neu:
Corporate Design (CD): Das Verbund-
netz plus-Portal wurde an das CD von VNG
angepasst, um einen klaren Wiedererken-
nungseffekt bei der Dienstleistungsmarke
zu erzielen. Verbundnetz plus präsentiert
sich in den Firmenfarben, Schriften und
weiteren Kernelementen des Unterneh-
mens-CDs.
Navigation: Das Portal ist in erster Ebene
nach den Kundengruppen Energieversor-
ger, Industrie- und Geschäftskunden und
Erdgas als Kraftstoff-Nutzern gegliedert.
Darunter finden sich in der Navigation die
kundenspezifischen Dienstleistungen.
Benutzerfreundlichkeit: Für einen
schnellen und einfachen Einstieg wer-
den auf der Startseite mehrere Möglich-
keiten zur Verfügung gestellt, um die
gewünschten Information zu finden. Ein-
zelne Kundenmeinungen geben Hinweise
zum praktischen Einsatz der jeweiligen
Dienstleistungen und verweisen auf die
entsprechenden Produktgruppen. Ak-
tuelle Service-Angebote sind über ein
Schlagwortverzeichnis verlinkt. Darüber
hinaus kann während der gesamten Zeit
auch über die Inhaltsübersicht im unteren
Bereich der Website quer durch die The-
men „gesprungen“ werden.
Demnächst auf Verbundnetz plus
Zurzeit befindet sich ein geschützter Be-
reich im Aufbau. Über eine einfache Pass-
wort-Abfrage erhalten die Nutzer künftig
neben detaillierten Produktinformationen
auch Formulare, Präsentationsunterla-
gen, Veröffentlichungen sowie Bilder zum
Download. Darüber hinaus können in
Zukunft auch Werbemittel direkt über den
Online-Shop bezogen oder sich für eine
Veranstaltung angemeldet werden.
Der neue Webauftritt von Verbundnetz plus.
Für Verbundnetz plus
Karsten Wendler
Strategisches Marketing bei VNG
Tel. 0341 443 - 2319
Ihre Ansprechpartner
Für das Portal der VNG-Gruppe
Mandy Nickel
Öffentlichkeitsarbeit/Interne Kommunikation
Tel. 0341 443 - 2045
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Erdgasfahrzeuge live erleben!VNG bietet ihren Kunden ab Mai 2009 mit „Erdgasfahrzeuge live erleben!“ ein Event-Produkt zur Live-Kommunikation an, das
Autofahrer für Erdgasfahrzeuge begeistern und die Markteinführung neuer Erdgasfahrzeuge unterstützen soll.
VNG möchte mit „Erdgasfahrzeuge live erleben!“
ihre Kunden zukünftig noch stärker bei der Akquisi-
tion und Beratung von potenziellen Erdgasfahrern
unterstützen. Ziel ist es, durch fachlich fundierte
Beratung zum Thema Erdgas als Kraftstoff sowie
durch die Möglichkeit, den praktischen Umgang
mit einem Erdgasfahrzeug zu testen, das Inte-
resse der Autofahrer für Erdgas als alternativen,
umweltschonenden und preiswerten Kraftstoff
zu wecken und die Kaufentscheidung in Richtung
Erdgasfahrzeuge zu lenken.
Dazu hält VNG die vier aktuellen serienmäßigen
Erdgasmodelle Mercedes-Benz B 170 NGT, Opel
Zafira 1.6 CNG Turbo, VW Passat 1.4 TSI EcoFuel
und Fiat Grande Punto Natural Power im Fuhrpark
vor. Sie können im Rahmen der Aktion „Erdgas-
fahrzeuge live erleben!“ für Veranstaltungen ge-
bucht werden. Ergänzt wird das Fahrzeugangebot
durch ein „Rundum-Sorglos-Paket“ mit folgenden
Leistungen:
• Beratung zu zielgruppenrelevanten
Veranstaltungen,
• Standort- und Händlerkommunikation,
• Überführung der Fahrzeuge zu den
geplanten Veranstaltungsorten,
• Bereitstellung des Stand-Equipments,
• Umfangreiche Beratungs- und Serviceleistungen
durch geschultes Personal (Technik, Probe-
fahrtbegleitung, Beratung und Vorführung am
Fahrzeug, Informations- und Werbematerial,
Wirtschaftlichkeitsberechnungen),
• Unterstützung oder vollständige Organisation
der Veranstaltung,
• Datenaufnahme und Nachfassen der generierten
Kontakte.
Der empfohlene Aktionszeitraum beträgt 3 Tage.
Eine frühzeitige Anmeldung ist zweckmäßig.
VW Passat TSI
EcoFuel Variant
Ihre Ansprechpartner
Peter Ganczarski
Operatives Marketing/Beratung
Tel. 0341 443 - 2286
Fax 0341 443 - 2922
Steffen Hesse
Operatives Marketing/Beratung
Tel. 0341 443 - 2904
Fax 0341 443 - 2922
19 medium gas | 2009.1
4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 6034333231
Strom- und Gashandel
Grenzenloser Energiehandel in einem dynamischen Markt
Energiemarkt mit volatilen Preisen.
Strom- und Gashandel, strukturierte Beschaffung, Portfoliomanagement und Preisprognosen sind das tägliche Geschäft
der ENERGIEUNION AG. Von Schwerin aus handelt das Unternehmen, an dem VNG mit rund 92 Prozent beteiligt ist, auf den
europäischen Energiemärkten – ohne über eigene Kraftwerke, eigene Leitungen und über einen eigenen Bedarf zu verfügen.
Ein Ziel haben die dynamischen Norddeutschen dabei immer vor Augen: „Direkt am Markt agieren, nachhaltig profitieren“.
Wir stellen den Energiedienstleister und sein Geschäftsumfeld näher vor.
In der Altstadt von Schwerin, in unmittel-
barer Nähe zum Pfaffenteich und zentral
in der Fußgängerzone gelegen hat die
ENERGIEUNION ihren Sitz. Ein altehrwür-
diges Gebäude, mit traditioneller Fassa-
de hat sich der Energiehändler aus der
mecklenburgischen Landeshauptstadt vor
über 10 Jahren ausgesucht. Ganz so klas-
sisch wie der Hauptsitz ist das Geschäft
des 13-Mann-Unternehmens allerdings
nicht, denn die ENERGIEUNION handelt
mit Strom und Gas.
Stromwettbewerb kommt in Schwung
Bis 1998 gab es in Deutschland nur weni-
ge Energiehandelsgeschäfte, weil Liefe-
ranten und Kunden zweiseitige Verträge
miteinander abschlossen. Regionalver-
sorger und Stadtwerke mit eigenen Kraft-
werken deckten mit dem erzeugten Strom
ihren Eigenbedarf und kauften allenfalls
zusätzliche Mengen beim Vorlieferanten
ein. Die Märkte waren monopolisiert,
an einen Handel mit der Ware Energie
vergleichbar mit dem Aktienhandel war
nicht zu denken. Erst als am 25. April
1998 das „Gesetz zur Neuregelung des
Energiewirtschaftsrechts“ in Kraft trat,
hatten Energieversorgungsunternehmen
plötzlich die Möglichkeit, Strom und Gas
auch außerhalb ihres angestammten Ver-
sorgungsgebietes zu verkaufen.
Börsengeschäfte entwickeln sich
Der Liberalisierungsprozess machte Strom
zur frei handelbaren Ware und ebnete
neuen Handelsgeschäften den Weg.
Bereits 1996 wurde die skandinavische
Strombörse Nordpool gegründet. Im Juni
1999 nahm die APX – Amsterdam Power
Exchange ihre Tätigkeit auf. Ein Jahr später
starteten mit der Leipzig Power Exchange
(LPX, Leipzig) und der European Ener-
gy Exchange (EEX, Frankfurt am Main)
gleich zwei Energiebörsen am deutschen
Markt. Im November eröffnete in Paris die
Powernext, weitere Börsen und Online-
Plattformen für den Stromhandel traten
in ganz Europa in Konkurrenz zueinan-
der. Viele große Energieversorger, aber
auch Industriebetriebe, gründeten eigene
Stromhandelsabteilungen oder stiegen ge-
meinsam mit Partnern in den Stromhandel
ein. Die Optimierung von Strombezug und
Stromabsatz wurde für Handelspartner
und Erzeuger aus dem In- und Ausland
zum wichtigen Erfolgsfaktor.
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Erfolg durch Ein- und
Verkaufsoptimierung
Für alle Akteure ging es im Strommarkt
von Anfang an darum, die Mengen- und
Preisrisiken weitestgehend abzusichern
bzw. zu minimieren und beim Stromein-
kauf möglichst sichere und günstige Be-
dingungen auszuhandeln. „Aufgrund von
volatilen Märkten, hervorgerufen bei-
spielsweise durch Wetterveränderungen,
Preisschwankungen der Primärenergien,
Netzengpässen, Kraftwerksabschal-
tungen, politischen Eingriffen oder neuen
Technologien, ist der Preis im Strommarkt
sehr variabel. Der Schlüssel zum Erfolg
lag für Händler und Erzeuger daher von
Anfang an beim richtigen Ein- und Verkauf
von Strom auf den Großhandelsmärkten“,
erklärt André Burkhardt, Vorstand der
ENERGIEUNION AG.
ENERGIEUNION AG startete 1996
Das Unternehmen aus Mecklenburg-Vor-
pommern kennt sich mit der Portfolio-
optimierung bestens aus. Bereits zwei
Jahre vor der Strommarktliberalisierung
ging es im März 1996 als Gesellschaft für
energiewirtschaftliche Zusammenarbeit
an den Start. Ein Jahr darauf traten die
Stadtwerke Neubrandenburg, Schwerin
und Rostock dem Verbund bei. Damals
war die Aufgabe der ENERGIEUNION AG
darauf beschränkt, die Beschaffung der
drei Kommunalunternehmen zu struktu-
rieren und das Angebot an Kraftwerks-
leistungen und den Bedarf an Strom in
optimaler Weise zusammenzuführen.
Einstieg ins Handelsgeschäft
Seit 1999 richtet die ENERGIEUNION AG
ihr Augenmerk verstärkt auf den Strom-
und Gashandel im europäischen Umfeld.
„Wir wollten von Beginn an für unsere
Handelspartner eine Schnittstellenfunk-
tion übernehmen, damit sie Energiebe-
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Grenzenloser Energiehandel in einem dynamischen Markt
Spotmarkt
Auf einem Spotmarkt wird ein Geschäft, bestehend aus Lieferung, Abnahme und Bezahlung, unmit-
telbar abgewickelt. Die Frist für diese Geschäfte liegt in der Regel bei zwei Börsentagen, d. h. für
den gleichen und den folgenden Tag. Alle Geschäfte mit einer Fälligkeit ab drei Tagen werden dem
Terminmarkt zugerechnet.
Terminmarkt
Auf Terminmärkten wird die Erfüllung des Vertrages in die Zukunft verschoben. Die Vertragspartner
gehen eine Art Wette über die künftige Preisentwicklung ein. Auf Terminmärkten werden Mengen
ohne „physikalische Erfüllung“ gehandelt. Das setzt wiederum das Vorhandensein von Spotmärkten
voraus, also einer Börse mit realen Energielieferungen.
Handelsprodukte
Auf den Terminmärkten gibt es zahlreiche Produkte, unter ihnen die vier wichtigsten: Futures, Swaps,
Optionen und Derivate.
Future-Kontrakte sind eine Form von Termingeschäften. Dabei schließen zwei Handelspartner einen
verbindlichen Vertrag über die Abnahme und Lieferung einer Gasmenge für einen bestimmten Zeit-
raum und zu einem vorab festgelegten Preis. Vorteil: beide Partner kaufen und verkaufen zu einem
zugesicherten Preis unabhängig davon, wie sich die Spotmarktpreise entwickeln. Wenn sich die
Verkaufspreise zum Lieferzeitpunkt verringert haben, dann hat der Verkäufer Gewinn, unabhängig
davon wie sich der Marktpreis zum Lieferzeitpunkt entwickelte.
Swap-Produkte sind vergleichbar mit Future-Kontrakten. Ein Handelspartner legt den Referenzpreis
(zum Beispiel für Öl oder Gas) zu einem bestimmten Datum in der Zukunft fest, während sich der
Andere verpflichtet, diesen Preis unabhängig von dem an diesem Datum herrschenden Marktpreis
zu zahlen. Im Gegensatz zu Futures sind Swaps weniger standardisierte Produkte, die außerbörslich
am OTC-Markt gehandelt werden.
Neben Futures und Swaps unterscheidet man noch Optionen. Dabei erklärt sich der Verkäufer einverstan-
den, dem Käufer den Unterschied zwischen dem Marktpreis und dem vereinbarten Preis zu bezahlen,
wenn der Marktpreis für den betreffenden Rohstoff günstiger ist als der vereinbarte Preis. Sie bietet
damit eine Absicherung gegen Preisschwankungen über oder unter dem vereinbarten Niveau.
Der Oberbegriff für Futures, Swaps und Optionen ist Derivate. Sie garantieren den Kauf und Verkauf
von Energie zu einem vorher festgelegten Preis.
Grundbegriffe im Energiehandel
Der Energiehandel ist ein schnelllebiges Geschäft. | Computer und Telefon statt Parkett: Gashandel funktioniert heute vollelektronisch. Fotos: ENERGIEUNION AG
21 medium gas | 2009.1
4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 6034333231
schaffung und Verkauf strukturieren
und die Preisvorteile am Großhandels-
markt nutzen können“, erläutert André
Burkhardt, der erst im Mai 2008 den
Vorstandsposten von Dr. Wulf Lammert
übernommen hatte. Mittlerweile hat
sein Unternehmen Verträge mit mehr
als 40 europäischen Handelspartnern
auf EFET-Basis 1 geschlossen, hat Zugang
zu fünf OTC-Märkten 2 und handelt auf
der Strom- und Gasbörse der EEX sowie
auf verschiedenen Brokerplattformen.
Im Geschäftsjahr 2008 erwirtschafte-
te die ENERGIEUNION AG einen Jahres-
überschuss von rund 640.000 Euro bei
einem Umsatz von 389 Millionen Euro im
Stromhandels- und 10 Millionen Euro im
Gashandelsgeschäft.
Geschäftigkeit im Trading Floor
Die Sparten Strom, Gas, Emissionszertifi-
kate und entsprechende Terminprodukte
wickelt die ENERGIEUNION AG im euro-
päischen Rahmen durch einen eigenen
Trading Floor ab. Hier kontrahieren Dr.
Steffen Rothe und seine Kollegen täglich
die Energielieferungen je nach Marktlage.
Mit fast allen etablierten Brokern, Strom-
händlern und großen Stromerzeugern
haben sie bereits Großhandelsgeschäfte
abgewickelt. „Wir können Handelspart-
nern ohne eigenen Marktzugang im Strom
jedes Produkt bis zum Jahr 2013 zum
aktuellen Marktpreis anbieten“, erklärt
Dr. Rothe. Dafür beobachten sie Preis-
entwicklungen, analysieren die Ursachen
für Preissprünge, kaufen und verkaufen
Mengen. Selten lassen sie sich dabei
von der Hektik der Märkte anstecken,
die sie auf ihren unzähligen Bildschirmen
verfolgen können.
Risiko Spotmarkt
Stressresistent müssen die Energiehänd-
ler sein, wenn sie täglich Transaktionen
in Millionenhöhe abwickeln und das Ri-
siko dafür beurteilen müssen. Dr. Rothe
erklärt warum: „Man muss sich unser
Geschäft wie eine Art Wette über die
Preisentwicklung am Spotmarkt vor-
stellen. Rein physikalisch besitzen wir
die Strommenge nicht, die wir unseren
Kunden im Voraus angeboten haben.
Wir müssen sie also tagesaktuell unter
anderem am Spotmarkt beschaffen. Da
heißt es für uns, die Preisentwicklung
und alle Faktoren genau zu beobachten,
die sie beeinflussen könnte.“
1 EFET steht für European Federation of Energy Traders, eine Gruppe von mehr als 90 Energiehändlern in 23 europäischen Ländern, die sich auf gemeinsame
Regeln beim Handel mit Energie verständigt haben. 2 OTC heißt Over The Counter. Der OTC-Handel bezeichnet Transaktionen, die zwischen zwei Partnern außerhalb des Börsenhandels geschlossen werden.
Er wird in der Regel per Telefon oder elektronisch getätigt. Mit OTC-Geschäften können Händler die Produkte nach ihren Bedürfnissen modifizieren, ohne
damit zum Beispiel auf die Produkte der Börse angewiesen zu sein. Sie setzen ein großes Vertrauen der Handelspartner untereinander voraus, weil eine
Börsenaufsicht und in der Regel auch eine unabhängige Clearinggesellschaft fehlen.
Liquide Märkte mindern Risiko
Dass das Energiehandelsgeschäft damit
ein Risiko ist, dessen ist sich Dr. Rothe
durchaus bewusst: „Wir optimieren die
Portfolios täglich auf Basis der fallenden
oder steigenden Energiepreise und gehen
damit natürlich ein gewisses Risiko ein.“
Dieses Risiko sei jedoch überschaubar,
denn europaweit ist der Strommarkt liqui-
de. „Wir können jederzeit Strommengen
an den europäischen Börsen von verschie-
denen Händlern für den nächsten Tag oder
den nächsten Monat kaufen.
Selbst der Intraday-Handel ist mittlerwei-
le möglich“, ergänzt Burkhardt. Damit sei
das Unternehmen in der Regel immer in
der Lage, den zuvor abgestimmten Preis
auch zu erfüllen.
Konkurrenzplattform im Strommarkt
Tagtäglich agiert die ENERGIEUNION AG
an den europäischen Energiebörsen. Zu-
sätzlich hat sie mit ihrer Handelsplattform
STROM aber auch eine kleine Konkur-
renzplattform zur Börse aufgebaut. Hier
übernimmt das Unternehmen gleichzeitig
die Rolle des Marketmakers und des Ver-
tragspartners für Käufer und Verkäufer.
Diese können auf der Plattform eigenstän-
Die Preise und aktuellen Marktentwicklungen immer fest im Blick: Uwe Friedriszik, Portfoliomanager. | Mathias Elsig, Gashändler bei der ENERGIEUNION AG.
22 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
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dig und anonym gegenüber den Schweri-
nern handeln. „Die Plattform erlaubt es
Handelspartnern, Marktpreise in nahezu
Echtzeit zu beobachten, eigene Gebote
zu erstellen und Preisbewegungen zu
initiieren. Im Unterschied zur Strombörse
der EEX werden bei uns allerdings we-
sentlich kleinere Volumina ab einem MW
gehandelt“, erklärt Burkhardt den Unter-
schied zu den europäischen Strombörsen.
Außerdem brauchen die Marktpartner
keine EFET-Verträge abschließen oder
aufwendige Garantien hinterlegen.
Strom- und Gasmarkt gleichen sich an
In den vergangenen zehn Jahren hat sich
das Stromgeschäft rasant entwickelt: der
Teilnehmerkreis hat sich vervielfacht, Bör-
sen- und OTC-Geschäfte sind entstanden
und neue Geschäftsstrategien mit mit-
telfristiger Versorgungssicherheit bei
kurzfristiger Gewinnmaximierung wurden
umgesetzt. Mit zunehmendem Risikover-
ständnis der Marktteilnehmer kennt der
Handel heute kaum mehr Grenzen. Im
Gasgeschäft, da ist sich André Burkhardt
sicher, wird sich dieser Trend zur Ein- und
Verkaufsmaximierung über kurz oder lang
ähnlich entwickeln wie im Strommarkt.
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Grenzenloser Energiehandel in einem dynamischen Markt
„Stadtwerke und Industriekunden wer-
den nicht darum herumkommen, sich auf
einen veränderten Beschaffungsmarkt
einzustellen. Eine Verteilung auf 50 Prozent
Grundsicherheit und 50 Prozent Portfo-
liooptimierung halte ich im Einkauf für
denkbar“, erklärt Burkhardt. Allerdings
mit einer Einschränkung: „Langfristige
Einkaufsverträge werden für Importeure
nach wie vor eine wichtige Rolle spielen,
weil Gas im Gegensatz zu Strom in der Regel
von ausländischen Produzenten gekauft
werden muss – egal wie teuer es ist. Strom
kann dagegen überall hergestellt werden
und ist je nach Verbrauch verfügbar.“
Gasbörse hinkt noch hinterher
Das Thema Portfoliooptimierung ist heu-
te bereits für viele Unternehmen zum
Alltag geworden. „Nach dem Vorbild im
Strommarkt haben alle Marktteilnehmer
die Möglichkeit, durch eine strukturierte
Gasbeschaffung die Chancen im Wettbe-
werb zu nutzen“, weiß Burkhardt um das
Potenzial. Allerdings ist der Gashandel
nach wie vor beschränkt, denn die Bör-
senentwicklung hängt der im Strommarkt
noch in vielen Punkten nach. Zwar gibt es
seit Juli 2007 eine Gasbörse, Börsenge-
schäfte finden im Spot- und Terminmarkt
jedoch auch anderthalb Jahre nach dem
Start nur in den Marktgebieten der GUD
(Gasunie Deutschland Transport Services
GmbH 3) und NCG (NetConnect Germany 4)
statt. Burkhardt ist jedoch überzeugt,
dass der Markt noch in diesem Jahr in
Schwung kommt: „Ich rechne fest damit,
dass sich der Börsenhandel der EEX im
neuen Gaswirtschaftsjahr 2009/2010
auch auf andere Marktgebiete ausdehnen
wird und sich überall Marketmaker finden,
die die Handelbarkeit von Gas und damit
die Liquidität sicherstellen.“
Eigene Handelsplattform
im ONTRAS-Marktgebiet
Bis der Börsenhandel im ONTRAS-Markt-
gebiet startet, tritt die ENERGIEUNION AG
mit ihrer Handelsplattform GAS als Groß-
händler im größten ostdeutschen Markt-
gebiet auf. Ähnlich wie auf der Stromhan-
delsplattform können Handelspartner
anonym gegen die Schweriner Gas kaufen
oder verkaufen. Die Produkte sind mit
Mindestgrößen von einem MW wesent-
lich kleinteiliger als die 10 MW-Handels-
scheiben, die die EEX für das GUD- und
NCG-Marktgebiet anbietet. „Durch die
kleinere Mindestkontraktgröße haben
Gashändler bei uns die Chance, flexibler
kurzfristig ihren zusätzlichen Gasbedarf
zu decken“, erklärt André Burkhardt. Al-
lerdings hat auch die Leipziger Gasbörse
bereits für die erste Jahreshälfte 2009
angekündigt, die Mindestkontraktgröße
im Gas-Spothandel für den Day-Ahead-
Kontrakt von 10 auf 1 Megawatt (MW)
zu senken.
Unabhängiger Marktanbieter
Seit 2008 ist die ENERGIEUNION AG mit
ihrer Gashandelsplattform am Markt.
Mittlerweile beschränkt sich der Groß-
händler aber nicht mehr nur auf die
Vermittlerrolle, sondern bietet Markt-
partnern auch Gas zu marktüblichen
Preisen an. Hier tritt das Unternehmen
zum Teil ganz bewusst in Konkurrenz zur
„Wir können Handelspartnern ohne eigenen Markt-
zugang im Strom jedes Produkt bis zum Jahr 2013 zum
aktuellen Marktpreis anbieten.“
Dr. Steffen Rothe, Prokurist,
Leiter Stromhandel bei der Energieunion AG
3 Gasunie Deutschland Transport Services GmbH betreibt ein ca. 3100 Kilometer langes Ferngasleitungsnetz in Norddeutschland. 4 NetConnect Germany ist die von bayernets und E.ON Gastransport gemeinsam gegründete Gesellschaft der Marktgebietskooperation für das gemeinsame
Marktgebiet NetConnect Germany.
23 medium gas | 2009.1
4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 6034333231
Die ENERGIEUNION AG ist ein Unternehmen der VNG-Gruppe, das unabhängig vom
Vertrieb der VNG Servicedienstleistungen im Gas-, aber vor allem auch im Stromgeschäft
anbietet.
• 1996 Gesellschaftsgründung
• Umsatzentwicklung in Mio. Euro: 2005 (179); 2006 (227); 2007 (268); 2008 (399)
• Aktionäre: VNG – Erdgascommerz GmbH Leipzig (92,22 %), Stadtwerke Halle GmbH
(3,41 %), EVS GmbH & Co. KG (2,23 %) und Stadtwerke Rostock AG (2,14 %)
• Rahmenvereinbarungen mit 40 europäischen Handelsunternehmen auf EFET-Basis
(European Federation of Energy Traders)
• 13 Mitarbeiter
• Handelspartner: zahlreiche Industrieunternehmen, große Stadtwerke mit und ohne eigene
Erzeugerkapazitäten sowie kleinere Kommunalbetriebe in ganz Deutschland
ENERGIEUNION AG · Mecklenburgstraße 10–12 · 19053 Schwerin
Tel.: 0049-385-59292-0 · Fax: 0049-385-59292-99 · E-Mail: [email protected]
Muttergesellschaft VNG. „Auf unserer
Handelsplattform Gas bieten wir Part-
nern kurzfristige Standardprodukte für
den nächsten Tag, das Wochenende und
die folgenden drei Monate an“, erklärt
André Burkhardt. Zur Produktpalette der
ENERGIEUNION AG gehört mittlerweile
aber auch ein Angebot an GuD-Anlagen-
betreiber, um Gaslieferung und Strom-
abnahme miteinander zu koppeln. „Das
stellt eine besondere Form der Risikomini-
mierung dar, die VNG als reiner Gashänd-
ler nicht realisieren kann“, weiß Burkhardt
um die Besonderheit. Übrigens hat die
ENERGIEUNION AG im vergangenen Jahr
auch damit begonnen, physikalische
Mengen in kleineren Größenordnungen zu
liefern. „Hier sehen wir durchaus Potenzi-
al, um uns als Zweit- und Drittlieferant zu
positionieren“, erklärt der Vorstand.
Unterstützung auf ganzer Linie
Wer günstig einkauft, kann auch billiger
liefern, wer optimal plant, kann auch
gewinnbringend verkaufen – so heißt
laut André Burkhardt die einfache Formel
für den Erfolg. „Kraftwerksbetreiber,
Großverbraucher und Weiterverteiler
müssen dafür ihre Bedarfsprognosen
genau abschätzen können und zudem
ihr Sicherheitsbedürfnis festlegen“, so
Burkhardt. Das ist allerdings vergleich-
bar mit dem Dilemma des magischen
Tetraeders bei Geldanlagen: hohe Ren-
dite bei hoher Sicherheit und hoher
Liquidität können nicht immer zu hun-
dert Prozent erfüllt werden – nicht beim
Geldanlegen und im Regelfall auch nicht
bei der Energiebeschaffung. „Unsere
Aufgabe besteht darin, unsere Kunden
aus diesem Dilemma zu befreien und
ihnen durch Risikodokumente verschie-
dene Optionen für eine strukturierte
Beschaffung oder eine Kraftwerksop-
timierung darzustellen“, erklärt André
Burkhardt. Dabei orientiere man sich
einerseits an dem tatsächlichen Be-
darfsprofil, andererseits aber auch am
grundlegenden Sicherheitsbedürfnis
bzw. der Risikobereitschaft des Kunden.
Die Beratungsdienstleistungen sind für
André Burkhardt übrigens gleichrangig
mit dem Handelsgebaren. „Unsere Kun-
den erwarten, dass wir sie unabhängig
vom Lieferanten beraten, dass wir mit
ihnen zusammen Bedarfsprognosen
erstellen, Preise und Risiken abklären
oder die Angebote und Lieferverträge
analysieren. Für uns ist es eine Selbst-
verständlichkeit, diesen Anspruch zu
erfüllen – auch wenn wir mit VNG einen
Importeur als Muttergesellschaft ha-
ben und natürlich auch eigenständig
Gaslieferverträge erfüllen wollen“, so
Burkhardt weiter.
Die ENERGIEUNION AG hat den Wandel
der Stromwelt hin zum dynamischen
Wettbewerbsmarkt in den vergangenen
Jahren hautnah miterlebt und aktiv
mitgestaltet. Als europaweit tätiges
Energiehandelshaus hat sie sich mitt-
lerweile zu einem anerkannten Akteur
im Strommarkt entwickelt. Seit 2008
stoßen die Schweriner nun auch verstärkt
in den spannenden Zukunftsmarkt Erd-
gashandel vor. In beiden Welten ist das
Arbeiten inzwischen schnelllebiger und
dynamischer geworden, es erfordert ra-
sche Entscheidungen und bedingt auch
ab und an das ein oder andere Risiko.
Diesem „entfesselten“ Handel begeg-
nen die Schweriner Großhändler ganz
auf ihre typisch norddeutsche Art – mit
der gewissen Portion an innerer Ruhe,
ein wenig Traditionsverbundenheit und
jeder Menge Enthusiasmus.
Mandy Nickel, Redaktion
„Stadtwerke und Industriekunden werden nicht darum
herumkommen, sich auf einen veränderten Beschaf-
fungsmarkt einzustellen.“
André Burkhardt,
Vorstand der Energieunion AG
24 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22 27 28 3029
Gastbeitrag
Der beste Garant für eine sichere VersorgungEin Viertel der in der Europäischen Union ver-
brauchten Energie wird mittlerweile durch Erdgas
gewonnen. Die EU ist mit fast einer halben Milliarde
Einwohner der größte Erdgasmarkt der Welt. Die
eigenen Erdgasvorkommen reichen aber für den
Verbrauch bei Weitem nicht aus. Nahezu 60 Pro-
zent müssen importiert werden. Russland steht
an erster Stelle der Exporteure.
Nun hat der wiederholte Streit zwischen Russland
und der Ukraine, die nach wie vor zu 100 Prozent
auf russisches Gas angewiesen ist, erneut zu
einer temporären Unterversorgung des Landes
geführt. Aus Sicht der europäischen Union kam
es diesmal sogar noch schlimmer, weil die EU-Mit-
gliedsländer Tschechien und Bulgarien ebenfalls
von der ukrainischen Pipeline abhängen. Dadurch
wurde die Abhängigkeit der EU vom russischen
Versorgungswohlwollen für viele Europäer sehr
real spürbar. Einige fordern für den Fall, dass
ein Mitgliedstaat unterversorgt ist, eine obli-
gatorische Zugriffsmöglichkeit Brüssels auf die
Speicher in gut bevorrateten EU-Staaten. Für die
privatwirtschaftlich organisierte Gaswirtschaft
in der EU hätte ein solches Gesetz weitreichende
Folgen. Schließlich befinden sich die Gasversorger
und ihre Speicher nicht in Staatseigentum. Ein
rechtlicher Anspruch der Europäischen Union
auf den Zugriff privatwirtschaftlicher Speicher –
eine Idee, die seit längerem in der Diskussion
ist – würde die Investitionsanreize zerstören und
die Versorgungssicherheit mittel- und langfristig
gefährden.
Man mag den jüngsten Gasstreit und die Schuld-
verteilung am Lieferstopp beurteilen, wie man
will. Tatsache bleibt, dass Erdgas noch lange
eine wichtige Rolle im Energiemix Europas spie-
len wird. Und eine gewisse Abhängigkeit von
den riesigen Erdgasreserven Russlands bleibt
damit unvermeidlich. Eine Situation, in der ein
russischer Lieferstopp für Europa zu verschmer-
zen wäre, ist daher auf lange Sicht ohnehin nicht
vorstellbar.
Aber auch für Russland wäre das kaum zu verkraf-
ten. Man sollte deshalb weniger eine Lieferungs-
willkür Russlands fürchten und sich stattdessen
vor Augen führen, warum insbesondere Deutsch-
land keinerlei Engpässe zu verzeichnen hatte.
Der Grund liegt in der gesunden Diversifizierung
sowohl der Bezugsquellen als auch der Transport-
wege. Außerdem existieren im Bundesgebiet mit
46 Untergrundspeichern die größten gespeicher-
ten Reserven der EU. Der panische Hinweis der
Medien, selbst die Speicher in Deutschland seien
zum gegebenen Zeitpunkt nur noch zu 49 Prozent
gefüllt gewesen, entsprach zwar der Wahrheit, war
aber gleichzeitig ein für die Jahreszeit vollkommen
normaler Stand, da die Speicher nur zur warmen
Jahreszeit aufgefüllt werden.
Die Erfahrung zeigt, dass die Diversifizierung
und Bevorratung dort am besten funktioniert,
wo sich der Staat nicht bevormundend einmischt,
sondern der privatwirtschaftlichen Gasindustrie
lediglich langfristig stabile Rahmenbedingungen
bietet. Nur so entsteht eine klare Verantwortung
und ein Investitionsklima, das es zulässt, enorme
Summen in Pipelines und Untergrundspeicher
zu investieren. Das ist der beste Garant für eine
sichere Erdgasversorgung.
Andrej Krocker
Projektleiter Forum Erdgas
Forum Erdgas ist eine Initi-
ative ostdeutscher Erdgas-
Unternehmen, die sich dem
Dialog und der Information
über den Energieträger Erdgas
verpflichtet fühlen. Der Kreis
organisiert einen offenen Mei-
nungsaustausch, auf dessen
Basis das Forum Erdgas an der
öffentlichen Diskussion über
aktuelle Fragen der Energie-
politik teilnimmt.
25 medium gas | 2009.1
4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 6034333231
Datum Veranstaltung Ort
April
20.–24.04.2009 Hannovermesse Hannover
21./22.04.2009 Jahrestagung DVGW-Landesgruppe Ost Wittenberg
21./22.04.2009 BDEW-Arbeitskreis Gewerbemarketing Leipzig
23.–26.04.2009 Agra 2009 Leipzig
23.04.–11.10.2009 Bundesgartenschau (Buga) Schwerin
25.04.–18.10.2009 Landesgartenschau Brandenburg Oranienburg
Mai
01.05.–18.10.2009 Landesgartenschau Sachsen Reichenbach (Vogtland)
05.–06.05.2009 7. Deutscher Erdgasmarketing- und Vertriebstag Fulda
12.–14.05.2009 Euroforum Jahrestagung „Stadtwerke 2009“ Berlin
14.05.2009 11.00 Uhr Bilanzpressekonferenz von VNG Leipzig
27.05.2009 Personalertag bei VNG Leipzig
Juni
12.06.2009 VNG-Aktionstag auf der Landesgartenschau Sachsen Reichenbach (Vogtland)
16./17.06.2009 7. ICG-Branchentreffen (Beschaffung, Vertrieb, Marketing) Leipzig
18./19.06.2009 2009 Marketing Energie 2009, Veranstalter: BDEW Landesgruppe Mitteldeutschland Halle, Händelhalle
24./25.06.2009 BDEW-Kongress 2009 Berlin
Juli
04.07.2009 Internationaler Erdgasfahrertag Leipzig, Markkleeberger See
18.07.2009 Elblandfest Wittenberge
August
08.08.2009 Internationales Lausitzer Leichtathletik-Meeting Cottbus
21.08.2009 Fachtagung EG und Handwerk Sachsen-Anhalt Magdeburg
Aktuelle Termine: April – August 200924./25.06.2009
BDEW-Kongress 2009Der BDEW-Kongress 2009 findet am 24. und
25.06.2009 in Berlin statt. Unter dem Motto „Zu-
kunft gestalten: Investitionen für Versorgungssi-
cherheit und Nachhaltigkeit“ lädt die Veranstaltung
zu einem öffentlichen Forum für den Erfahrungs-
austausch der Energie- und Wasserwirtschaft mit
Politik, Wissenschaft und Industrie ein.
Weitere Informationen unter:
www.bdew.de
04.07.2009
Internationaler Erdgasfahrertag
Am 04. Juli findet in Leipzig, am Markkleeberger
See, der Internationale Erdgasfahrertag statt. Ein-
geladen sind nicht nur Eigentümer eines erdgasbe-
triebenen Fahrzeuges, sondern auch Gäste, die sich
für die innovative Erdgastechnik interessieren.
Weitere Informationen unter:
www.erdgasfahrertag.de
Schwerpunkt: EnergiepolitikGasversorger und Transporteure agieren derzeit in einem schwierigen Arbeits-
umfeld. Zahlreiche Gesetze und Regularien, angefangen beim Erneuerbare-Energien-
Wärmegesetz bis hin zum Energiebinnenmarktpaket, müssen sie in ihre Geschäfts-
prozesse integrieren. Wo die Chancen und Risiken für die Energiewirtschaft liegen
und welche Strategien notwendig sind, erfahren Sie im Schwerpunkt.
26 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
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Karl Krüger, Leiter Energiepolitik bei VNG und Arndt Thomas Freudenberg, Parlamentarischer Referent
von Constanze Krehl, MdEP Europäisches Parlament im Plenarsaal in Brüssel. Foto: Christoph Busse
27 medium gas | 2009.1
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28 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
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Das europäische Energie-Paragrafen-Dickicht – Ein Versuch der Lichtung
Die Bildung eines echten europäischen Energiebinnen-
marktes stellt eine der Prioritäten der EU dar. Die Markt-
öffnung ist eng mit den EU-Zielen Effizienz, Versor-
gungssicherheit und Nachhaltigkeit verbunden. Mit
der Darstellung und Erörterung der beiden in diesem
Zusammenhang bedeutendsten Maßnahmenpakete auf
europäischer Ebene – dem Dritten Energiebinnenmarkt-
paket und der sog. Zweiten Überprüfung der Energie-
strategie – möchten Karl Krüger, Leiter Energiepolitik
bei VNG und Dr. Ulf Kreienbrock, Leiter Vertrags- und
Regulierungsmanagement bei der ONTRAS – VNG Gas-
transport GmbH ein wenig Klarheit in die Fülle der ge-
planten Regelungen bringen.
29 medium gas | 2009.1
4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 6034333231
Das Dritte Energiebinnenmarktpaket
Im September 2007 hat die Europäische Kommissi-
on ihr Drittes Energiebinnenmarktpaket (EBP) vor-
gelegt. Dabei handelt es sich um ein Legislativpaket
mit Rechtsetzungsvorschlägen zur Behebung der
wesentlichen Probleme in den europäischen Gas-
und Strommärkten sowie zur Schaffung von mehr
Transparenz und Wettbewerbsfähigkeit. Im Einzel-
nen sind folgende Maßnahmen vorgesehen:
• eine Verordnung zur Gründung einer EU-Agentur
für die Zusammenarbeit der einzelstaatlichen
Energieregulierungsbehörden
• eine Richtlinie zur Änderung und Ergänzung der
bestehenden Richtlinie 2003/54 zum Elektri-
zitätsbinnenmarkt
• eine Richtlinie zur Änderung und Ergänzung der
bestehenden Richtlinie 2003/55 zum Erdgas-
binnenmarkt
• eine Verordnung zur Änderung und Ergänzung
der bestehenden Verordnung 1228/54 zum
grenzüberschreitenden Stromhandel
• eine Verordnung zur Änderung und Ergänzung
der bestehenden Verordnung 1775/05 über
Erdgasfernleitungsnetze.
Entflechtung und Regulierung auf EU-Ebene
Hauptstreitpunkt im Rahmen des EBP ist die Frage
der Entflechtung, d. h. die Trennung zwischen
Produktion/Handel und Netz. Die Entwürfe der
EU-Kommission sehen hier eine Wahlmöglichkeit
für die Mitgliedstaaten vor, die zwischen
• der Trennung des Transportnetzes Strom und
Gas sowie sonstigen Energietätigkeiten (sog.
Full Ownership Unbundling) und
• der Übertragung des Netzbetriebes an einen
gesellschaftsrechtlich vom Netzbetreiber unab-
hängigen Systemführer, den sog. Independent
System Operator [ISO] wählen können. Bei dieser
Alternative übernimmt der ISO den Netzbetrieb,
die Netzplanung und den Netzausbau. Der Ei-
gentümer (oder ein Dritter nach Ausschreibung)
finanziert lediglich die Investitionen. Das Verfah-
ren zur Ernennung des ISO ist sehr umfangreich
und die EU-Kommission behält sich hierbei ein
Letztentscheidungsrecht vor.
Auch für Verteilnetzbetreiber ist die Verschär-
fung der rechtlichen Entflechtung vorgesehen,
ferner sollen LNG- und Speicheranlagen rechtlich
entflochten werden. Die Regulierung auf EU-Ebe-
ne zur Erreichung eines europäischen Gas- und
Strommarktes soll vor allem mittels einer Euro-
päischen Agentur zur Energieregulierung (Agency
for the Cooperation of Energy Regulators, ACER)
gewährleistet werden. Der Vorschlag sieht al-
lerdings hauptsächlich eine Beratungsrolle der
Agentur vor, die sich mit den nationalen Regulie-
rungsbehörden koordinieren soll. Das Gros der
Entscheidungsbefugnisse verbliebe damit nach
wie vor bei den Mitgliedstaaten.
Diese Vorgaben wurden in weiten Teilen von den
übrigen am Gesetzgebungsverfahren beteiligten
Institutionen, dem Europäischen Parlament und
den Mitgliedstaaten im Rat nicht mitgetragen.
Der Rat der Energieminister hatte bereits im Juni
vergangenen Jahres unter der Führung von acht
Mitgliedstaaten – darunter auch Deutschland und
Frankreich – für die Zulassung einer dritten Option –
eines „effective and efficient Unbundling“ – als
Alternative zur eigentumsrechtlichen Entflechtung
gestimmt. Auf dem EU-Rat unter französischer
Ratspräsidentschaft im Oktober 2008 wurde dies
auf Basis des im Juni getroffenen Kompromisses
einstimmig beschlossen. Hinsichtlich der Energie-
agentur setzt sich die deutsche Seite anstelle einer
europäischen Regelungsagentur weiterhin für eine
verbesserte Kooperation zwischen den nationalen
Regulierungsbehörden ein und bevorzugt eine
Beschränkung der vorgesehenen, umfassenden
Befugnisse der EU-Kommission zur Erlassung von
Durchführungsbestimmungen („Komitologie“) auf
technische Regelungen.
Im Sommer 2008 hat das Europäische Parlament
in 1. Lesung über das Paket abgestimmt. Es hat
weitestgehend den von den acht Mitgliedstaaten
im Rat propagierten Weg aufgegriffen und für
einen verschärften „Dritten Weg“ mit dem Zu-
satz der Einrichtung eines unternehmensexter-
nen, unabhängigen Treuhänders („Compliance
Officer“) im Aufsichtsrat gestimmt. Aufgrund
der unterschiedlichen an Strom- und Gasmarkt
geknüpften Anforderungen vor allem bedingt
durch die Transportabhängigkeit Europas im
Gasmarkt soll der Dritte Weg nach Auffassung
des Europäischen Parlaments – anders als bei
den Vorschlägen von EU-Kommission und Rat –
ausschließlich für den letztgenannten Bereich
1 Zum EU-Mitentscheidungs-
verfahren lesen Sie auch
den Beitrag im medium gas
2008.3 zum Thema „… the
days of secure, cheap ener-
g y for Europe are over “
(S. 50–53).
30 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
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gelten. Mit dieser Lösung würde eine Alternative
zugelassen werden, bei der die Energiekonzerne
unter bestimmten Auflagen Eigentümer der Gas-
leitungen bzw. Gasspeicher bleiben dürfen.
Stand des Verfahrens
Am 24. März 2009 endeten die Verhandlungen
zum 3. Energiebinnenmarktpaket zwischen Euro-
päischem Rat, Parlament und EU-Kommission. Die
Dritte Option zur Netzentflechtung ist nunmehr als
gleichberechtigte Alternative zur Eigentumsent-
flechtung aufgenommen worden. Sie bedeutet
eine Verschärfung der bestehenden Entflechtungs-
vorschriften. Eine zwangsweise Veräußerung der
Netze durch Energieversorgungsunternehmen ist
damit nicht mehr notwendig.
Nach der Zustimmung durch die Mitgliedstaaten hat
am 31.03.2009 auch der federführende Ausschuss
des Europäischen Parlaments dem Kompromiss
zugestimmt. Eine Befassung des Europäischen Par-
lamentes ist für Ende April oder Anfang Mai vorgese-
hen; der förmliche Ratsbeschluss wird anschließend
getroffen. Danach müssen die Mitgliedsstaaten das
Paket in nationales Recht umsetzen.
Zweite Überprüfung der Energiestrategie
Am 13. November 2008 hat die EU-Kommission
ein weitreichendes Maßnahmenpaket zur Förde-
rung der Energieversorgungssicherheit in Europa
und zur Unterstützung der Klimaschutzvorschlä-
ge vorgelegt (Second Strategic Energy Review
[SER]). Dieses Paket stellt eine Überarbeitung der
1. Überprüfung der Energiestrategie aus dem Jahr
2007 dar und sieht weitreichende Maßnahmen in
den Bereichen Energieversorgungssicherheit und
Energieeffizienz vor.
Die EU-Kommission empfiehlt eine neue Strate-
gie für Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten
bei der Energieversorgung sowie neue Maßnah-
men im Bereich der Energienetze, um Anreize
für Investitionen in eine effizientere Energie-
wirtschaft mit geringer Kohlenstoffintensität zu
setzen. Sie schlägt einen neuen EU-Aktionsplan
für Energieversorgungssicherheit und -solida-
rität vor. Dieser betrifft in erster Linie die Be-
reiche Energieinfrastrukturen, transeuropäische
Energienetze, Öl- und Gasversorgung sowie das
Nuklearprogramm. Daneben untersucht die EU-
Kommission die Herausforderungen, vor denen
Europa zwischen 2020 und 2050 stehen wird.
Ferner sollen durch ein Paket von Vorschlägen zur
Energieeffizienz Energieeinsparungen auf zentra-
len Gebieten angestrebt werden, beispielsweise
durch strengere Vorschriften zur Energieeffizienz
von Gebäuden und energiebetriebenen Geräten,
durch die Aufwertung von Energieeffizienzaus-
weisen sowie Inspektionsberichte für Heiz- und
Kühlanlagen.
Dem Ziel der Versorgungssicherheit dienen darü-
ber hinaus die Förderung der partnerschaftlichen
Zusammenarbeit auch mit Blick auf Drittstaaten,
die Suche nach alternativen Transportwegen und
der Ausbau von Pipelineprojekten wie Northstream,
Southstream und Nabucco. Hier ist es aus Sicht
der EU-Kommission erforderlich, darauf hinzu-
arbeiten, dass regionale Energieunternehmen
gegenüber außereuropäischen Wettbewerbern
Fortsetzung von Seite 29
Das europäische Energie-Paragrafen-Dickicht – Ein Versuch der Lichtung
„Die Mehrzahl der rechtlichen Regelungen in der Energiewirtschaft geht heute auf Initiativen der EU zurück. Bedeutende Vorhaben wie die Liberalisierung des EU-Binnenmarkts machen deutlich, dass Kernbereiche nationaler Interessen heute EU-weiten Überlegungen untergeordnet werden müssen. Unser Engagement als Unternehmen auf dem Brüsseler Parkett ist deswegen unabdingbar, nicht zuletzt wegen der dort vertretenen Interessenvielfalt von 27 EU-Mitgliedstaaten.“
Karl Krüger, Leiter Energiepolitik bei VNG
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nicht zurückgedrängt werden. Der SER bietet aber
auch die Chance, bedeutende Investitionsvorhaben
in Energieförderung, -transport und -speicherung
anzustoßen.
Höchste Priorität bei der Umsetzung der geplanten
Maßnahmen hat das Erreichen der „20:20:20
Klimaschutzziele“, also eine Verringerung der
Treibhausgasemissionen um 20 %, die Steigerung
des Anteils Erneuerbarer Energiequellen am End-
energieverbrauch auf 20 % und eine Verringerung
des künftigen Energiebedarfs um 20 %, jeweils
bis 2020.
Stand des Verfahrens
Anders als beim EBP erfolgt der Rechtsetzungs-
prozess beim SER im nicht-legislativen Verfahren.
Das Europäische Parlament wird hier lediglich
angehört und ist beratend tätig. Es ist maximal
eine Lesung durch das Parlament möglich.
Anfang Februar 2009 hat das Europäische Par-
lament mit großer Mehrheit für einen – den
Vorschlägen der EU-Kommission grundsätzlich
positiv gegenüberstehenden – Initiativ-Bericht
des federführenden Ausschusses für Industrie,
Energie und Forschung zum SER gestimmt. Der
Energieministerrat hat in seiner Sitzung Mitte
Februar Empfehlungen über den SER getroffen,
die auf dem Frühjahrsgipfel der Regierungschefs
der EU-Mitgliedstaaten im März verabschiedet
werden sollen. Danach stünde der zügigen Ein-
führung einer europäischen Regelung zum SER
nichts mehr im Wege.
Ausblick
Beide Pakete stellen nach derzeitigem Diskussions-
stand vertretbare Regelungen auf, die zu einer
Harmonisierung des europäischen Energiemarktes
beitragen können. Ob sie künftigen Energiekrisen
entgegenwirken und diese tatsächlich verhindern
können, vermag erst die Praxis aufzuzeigen. Letzt-
lich sind es 27 Mitgliedsstaaten mit teilweise sehr
unterschiedlichen Voraussetzungen, die gerade
im Bereich der Versorgungssicherheit individuell
ihre Hausaufgaben zu erledigen haben. Dies wird
gerade bei finanzschwächeren Staaten erhebliche
Fragen der Machbarkeit aufwerfen, deren Beant-
wortung angesichts der schwierigen Lage auf den
Kapitalmärkten nicht einfacher geworden ist.
In Bezug auf das Binnemarktpaket hat die Bun-
desregierung in Zusammenarbeit mit den deut-
schen Energieunternehmen und einer Gruppe von
Mitgliedstaaten, unter anderem Frankreich und
Österreich, das wesentliche Verhandlungsziel
erreicht und die zwangsweise Eigentumsentflech-
tung der integrierten Energiekonzerne abgewen-
det. In welcher Form die einzelnen Richtlinien in
nationales Recht übertragen werden und welche
Auswirkungen sich für die deutsche Energiebran-
che damit ergeben, ist noch offen.
Es bleibt zu hoffen, dass die Brüsseler Institutionen
auch bei zukünftigen Regulierungsbestrebungen
davon zu überzeugen sind, dass es gerade privat-
wirtschaftliche Unternehmen sind, die nicht zuletzt
aus wirtschaftlichem Eigeninteresse dafür Sorge
tragen wollen, dass eine sichere Gasversorgung
gewährleistet ist. Dafür bedarf es starker – und
nicht z. B. durch Unbundling geschwächter – Unter-
nehmen, denen der Gesetzgeber Planungssicher-
heit für die erforderlichen Investitionen gewährt.
Das gilt gleichermaßen und gerade auch für die
Verhandlungsposition bei den langfristigen Liefer-
verträgen mit den wichtigen Produzentenländern
Russland und Norwegen, die beide nicht Mitglied
in der Europäischen Union sind.
„Auch unter regulierten Bedingungen müssen Anreize
für Netzbetreiber vorhanden sein, innovative Produkte
zu entwickeln.“
Dr. Ulf Kreienbrock, Leiter Vertrags- und Regulierungs-
management bei ONTRAS
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Versorgungssicherheit auch ohne staatliche Eingriffe
Gastbeitrag
In Zeiten hoher Energiepreise und steigender Import-
abhängigkeit wird von Regierungsseite immer wieder
eine strategische Erdgasbevorratung verlangt. Hildegard
Müller, neue Geschäftsführerin des Bundesverbandes der
Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), zeigt, dass sich
die deutsche Erdgaswirtschaft auch ohne staatliche Vor-
gaben diesem Thema seit langem angenommen hat.
Die Schlagzeilen vom Jahresanfang sind
vielen noch im Gedächtnis geblieben. Da
war von einer möglichen „Versorgungs-
krise“ die Rede, da flimmerten Bilder von
frierenden Menschen in osteuropäischen
Ländern über die Fernsehschirme, da
machten Meldungen über Fabrikschlie-
ßungen z. B. in Rumänien die Runde.
Auslöser für die zahlreichen Negativ-
Meldungen war der erneut aufgeflammte
Streit zwischen Russland und der Ukraine.
Neben dem Streit über die bilateralen
Lieferbeziehungen war der Transport von
russischem Erdgas nach West- und Süd-
osteuropa strittig. Weil sich die beiden
Seiten nicht über Durchleitungsrechte
und -gebühren einigen konnten, wurde
kurzerhand der Gashahn an den ukrai-
nischen Transitleitungen zugedreht.
Die deutschen Verbraucher haben davon
nichts gemerkt. Ihre Versorgung mit Erd-
gas war gesichert. Die deutschen Gasver-
sorger konnten sogar den anderen Län-
dern solidarisch aushelfen. Im Gegensatz
insbesondere zu den südosteuropäischen
Ländern beziehen die deutschen Erdgas-
Hildegard Müller Foto: BDEW
versorger ihren Rohstoff nicht allein über
die Transitpipeline durch die Ukraine. Eine
weitere Pipeline führt über Weißrussland.
Hierüber fließt allein ein Drittel des in
Russland eingekauften Erdgases.
Wichtiger aber noch: Russland ist zwar mit
einem Anteil von 37 Prozent der größte
Einzellieferant für die Gasverbraucher in
Deutschland. Aber zwei Drittel kommen
aus anderen, westeuropäischen Quel-
len. So nimmt Norwegen eine wichtige
Rolle für die Versorgung Deutschlands
ein, aber auch Großbritannien und die
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Niederlande gehören zu den Lieferanten.
Und ein nicht unerheblicher Teil des deut-
schen Gasverbrauchs wird nach wie vor
aus inländischen Quellen vorwiegend in
Norddeutschland gedeckt. Diese Diversi-
fizierung der Lieferantenstruktur hat sich
auch zu Jahresanfang wieder bewährt.
Mit langfristigen Verträgen haben sich
die deutschen Gasunternehmen zudem
Lieferungen bis weit über das Jahr 2030
hinaus gesichert.
Große Anstrengungen werden ge-
genwärtig unternommen, um die Ver-
sorgung auf eine noch breitere Basis
zu stellen. Mit der geplanten North-
Stream-Pipeline durch die Ostsee wird
zwar kein neuer Lieferant gewonnen, aber
dafür wird Gas aus Sibirien für Westeu-
ropa erschlossen, das ansonsten nur
unter erheblich höherem Aufwand hier-
her transportiert werden könnte. Und
im Südosten Europas sind gleich zwei
Gasleitungen geplant. Die South-Stream-
Pipeline wird gleichfalls in erster Linie
russisches Erdgas transportieren, die Na-
bucco-Pipeline, an der sich auch deutsche
Unternehmen beteiligen, kann die reichen
mittelasiatischen Gasvorkommen an das
europäische Verbrauchernetz anschlie-
ßen. Mindestens ebenso wichtig wie die
Aktivitäten im Ausland sind aber auch die
Investitionen, die die Gasunternehmen
im Inland tätigen, um die Versorgung
von privaten Haushalten und Industrie
sicherzustellen. Rund 14 Milliarden Euro
haben die Netzbetreiber seit 2000 aus-
gegeben, um das Erdgasleitungsnetz
auf eine Länge von inzwischen 420 000
Kilometern auszubauen.
Erhebliche Summen sind auch in den Aus-
bau des Speichersystems geflossen. In 46
Erdgasspeichern können rund 20 Milliar-
den Kubikmeter Gas gelagert werden. Das
entspricht rechnerisch rund einem Viertel
des Jahresverbrauchs in Deutschland.
Damit verfügt die Bundesrepublik über die
weitaus höchsten Speicherkapazitäten in
Europa. Zum Vergleich: In Italien beträgt
das Speichervolumen etwas mehr als
13 Milliarden Kubikmeter, in Frankreich
sind es knapp elf Milliarden Kubikmeter.
Weitere 15 Speicher mit einem Volumen
von rund drei Milliarden Kubikmeter sind
in Deutschland derzeit im Bau oder in der
Planung. Damit wird die Versorgungssi-
cherheit weiter verbessert. Die Gasspei-
cher erfüllen gleich mehrere Funktionen im
Versorgungssystem der Gasunternehmen.
Sie gleichen zum einen die saisonalen
Schwankungen im Gasverbrauch aus. So
ist in manchen Gegenden Deutschlands
der Gasabsatz im Winter bis zu 15 Mal
höher als in einem normalen Sommer.
Andererseits wird das Gas über tausende
Kilometer lange Pipelines nach Deutsch-
land geliefert. Diese teuren Anlagen mit
ihren aufwendigen Verdichterstationen
müssen voll ausgelastet werden, damit
sie profitabel betrieben werden können.
Das Gas muss deshalb das gesamte Jahr
hindurch gleichmäßig in hohen Mengen
fließen – im Sommer wie im Winter. Im
Sommer werden die Speicher wegen des
geringeren Verbrauchs deshalb gefüllt,
im Winter wird das Gas je nach Nachfrage
aus ihnen entnommen.
Über die vorhandenen Speicher werden
auch kurzfristige Verbrauchsspitzen aus-
geglichen. Wenn beispielsweise in einem
Industriebetrieb wegen eines Großauf-
trags der Gasverbrauch plötzlich in die
Höhe schnellt, werden Kavernenspei-
cher angezapft, um die höhere Nach-
frage schnell zu decken. Gaskraftwerke
mit einem Anteil von 12 Prozent an der
Stromversorgung gehören zu den Groß-
verbrauchern des Energieträgers. Sie
werden immer dann eingesetzt, wenn
der Strombedarf plötzlich in die Höhe
steigt. Auch hier dienen entsprechende
Gasspeicheranlagen als Puffer für den
nicht vorhergesehenen Mehrbedarf.
Dieses privatwirtschaftlich aufgebaute
und finanzierte Speichersystem hat die
Deutschen bislang vor Versorgungsstö-
rungen bei Gas bewahrt. Die Frage ist,
ob mit dem Aufbau einer strategischen
Erdgasreserve, analog zur staatlichen
Ölreserve, ein Mehr an Sicherheit ge-
wonnen würde. Wir meinen Nein. Eine
staatliche Gasreserve für den Fall eines
Versorgungsdefizits müsste entweder
im Rahmen der bestehenden Speicher-
kapazitäten aufgebaut werden. Damit
aber würde ein Teil Versorgungssicherheit
und Flexibilität verloren gehen, weil nicht
mehr sämtliche vorhandenen Gasreserven
für den saisonalen und Spitzenausgleich
zur Verfügung stünden.
Würde eine strategische Gasreserve zu-
sätzlich zu den vorhandenen Speicher-
mengen aufgebaut, müssten erhebliche
finanzielle Mittel aufgebracht werden.
Es müssten zusätzliche Speicher gebaut
werden und es müsste Erdgas eingekauft
werden. Beides würde den Erdgaspreis
in die Höhe treiben, die Verbraucher wür-
den unnötig belastet. Zudem würden
die jetzigen Speicherbetreiber sich beim
weiteren Speicherausbau zurückhalten.
Ein Mehr an Versorgungssicherheit würde
deshalb auch dann nicht erreicht.
Die Unternehmen der Gaswir tschaft
haben in der Vergangenheit mit hohen
Investitionen dafür gesorgt, dass in
Deutschland Haushalten, Gewerbe und
Industrie immer Gas in ausreichender
Menge zur Verfügung stand. Dieses auf
privatwirtschaftlicher Initiative basieren-
de bewährte System sollte nicht durch
dirigistische Eingriffe gestört werden.
Die deutsche Gaswirtschaft setzt sich
dafür ein, europaweit die politischen
Rahmenbedingungen für Investitionen in
Speicherkapazitäten und die Verknüpfung
des europäischen Gasleitungsnetzes wei-
ter zu verbessern. Dazu zählt nicht zuletzt
eine konsistentere Regulierungspolitik,
die ausreichende Investitionssignale
setzt.
Hildegard Müller, Geschäftsführerin
des Bundesverbandes der Energie- und
Wasserwirtschaft
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Der Wind wird rauer
Die Stadtwerke Rostock AG übernimmt als modernes Energiedienstleistungsunternehmen Verantwortung für die Region und
leistet mit der zuverlässigen, umweltschonenden und wirtschaftlichen Bereitstellung von Erdgas, Strom und Wärme einen
Beitrag zur kommunalen Daseinsvorsorge. Oliver Brünnich, Vorstand der Stadtwerke Rostock AG, berichtet, wie die aktuelle
Gesetzgebung und die daraus resultierenden energiepolitischen Rahmenbedingungen die langfristigen Strategien behindern
und wie das Unternehmen damit umgehen muss.
Die Stadtwerke Rostock
Aktiengesellschaft
Die Stadtwerke Rostock Aktiengesellschaft ist ein
regionales Querverbundunternehmen und beschäf-
tigt 513 Mitarbeiter. Der Netzbetrieb Erdgas stellt
im Konzessionsgebiet der Hansestadt Rostock
und in 36 Umlandgemeinden auf einer Fläche
von 854 km2 mit über 52.000 Abnahmestellen die
Versorgung mit Erdgas sicher.
Der Netzbetrieb Strom wird im Konzessionsgebiet
der Hansestadt Rostock durch eine Tochterge-
sellschaft, für die ca. 130.000 Abnahmestellen,
wahrgenommen.
Weiterhin versorgt die Stadtwerke Rostock AG die
Hansestadt Rostock und die Umlandgemeinden
mit Fernwärme.
Der wesentliche Teil der Wärme wird durch eine
hocheffiziente Gas- und Dampfturbinenanlage
bereitgestellt. Zusätzlich besteht die Möglichkeit
einer Fernwärmeauskopplung aus einem Stein-
kohlekraftwerk.
Foto: Stadtwerke Rostock AG
Stadtwerke Rostock AG
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Neben den Vertriebsaktivitäten für die Medien
Erdgas, Strom und Fernwärme bietet die Stadt-
werke Rostock AG diverse Dienstleistungen,
einschließlich der Betriebsführung für die Stra-
ßen- und Lichtsignalanlagen für die Hansestadt
Rostock, an.
Der Markt ist in Bewegung
Mit der Liberalisierung des Strommarktes ab dem
Jahr 1998 hat sich die Versorgungssituation stark
verändert. Die Stadtwerke Rostock AG betreibt
seit dem Jahr 2000 in Rostock und in den Um-
landgemeinden aktiven Stromverkauf.
Eine Besonderheit für den Rostocker Markt ist die
Tatsache, dass die Stadtwerke Rostock AG bei der
Übernahme des Rostocker Stromnetzes im Jahr
2001 keinen Lieferkunden übernommen hat, da der
vorherige Netzbetreiber diese Kunden nicht über-
geben hat. Somit wurde die Stadtwerke Rostock
AG unfreiwilliger Vorreiter der Liberalisierung des
Rostocker Stromnetzes. Mittlerweile werden in
der Grundversorgung und mit der etablierten
Marke OSTSEE-STROM über 90.000 Kunden
versorgt.
Mit der Öffnung des Gasmarktes ab dem Jahr
2006 begann auch auf diesem Markt zunehmend
der Wettbewerb. Im Gegensatz zu unseren Erfah-
rungen auf dem Strommarkt stehen die Stadtwerke
Rostock AG mit Ansatz von 100 % Lieferkunden
im Netzbetrieb auf einer Verteidigungsposition.
Der Wettbewerb auf dem Rostocker Erdgasmarkt
wird hauptsächlich über den Preis ausgetragen.
Neben Eintrittspreisen der Wettbewerber spielt
hier die unerfreuliche Energiepreisentwicklung
der Jahre 2007 und 2008 und die drastisch ge-
stiegenen Ölpreise die entscheidende Rolle für
den Lieferantenwechsel.
Die Strom- und Gasnetzbetreiber haben aufgrund
der umfangreichen Vorgaben der Regulierungsbe-
hörden mit erheblichen Erlöseinbußen zu kämp-
fen. Durch die im Rahmen der Anreizregulierung
angestrebte Entkopplung von Kosten und Erlösen
werden insbesondere kommunale Netzbetrei-
ber durch die Effizienzvorgaben in Bedrängnis
gebracht.
Dabei ist fraglich, ob die angewandte Analysesys-
tematik die Strukturen der kommunalen Unter-
nehmen ausreichend berücksichtigt. Weiterhin
ist festzustellen, dass die Abläufe zur Umsetzung
der Vorgaben der Bundesnetzagentur und der
Veränderung des Energiewirtschaftsgesetzes
an Komplexität deutlich zugenommen haben.
Insbesondere die Einführung eines 2-System-Mo-
dells, die Umsetzung der GPKE1 und der GeLi-Gas2
binden in den IT- und Abrechnungsabteilungen
erhebliche Ressourcen.
Mit der Umsetzung der Liberalisierung des Mess-
und Zählerwesens und dem damit verbundenen
Auftreten weiterer Marktteilnehmer werden die
Datenmengen weiter ansteigen und weiteren
zusätzlichen Aufwand in den Unternehmen er-
fordern.
Die oft zitierten Allheilmittel Kooperation oder
gar Fusionen sind zwischen kommunalen Netz-
betreibern schon aufgrund der geografischen
Gegebenheit oft nicht umsetzbar. Angrenzende
regionale Netzbetreiber mit abweichender Fir-
menphilosophie sind keine Wunschpartner für
„Im Gegensatz zu unseren Erfahrungen auf dem Strommarkt stehen die Stadtwerke Rostock AG mit Ansatz von 100 % Lieferkunden im Netzbetrieb auf einer Verteidigungsposition. Der Wettbewerb auf dem Rostocker Erdgasmarkt wird hauptsächlich über den Preis ausgetragen.“
Oliver Brünnich, Vorstand Stadtwerke Rostock AG
1 Umsetzung der Festlegung
BK6-06-009 zu Geschäfts-
prozessen und Datenfor-
maten
2 Geschäftsprozesse Liefe-
rantenwechsel Gas
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eine entsprechende Zusammenarbeit mit kom-
munalen Unternehmen. Mit den jüngsten ener-
gie- und klimapolitischen Weichenstellungen auf
europäischer und nationaler Ebene, insbesondere
mit der Verabschiedung des integrierten Energie-
und Klimaschutzpaketes (IEKP) und den damit
Fortsetzung von Seite 35
Der Wind wird rauer – Stadtwerke Rostock AG unter den aktuellen politischen Rahmenbedingungen
verbundenen Gesetzesänderungen ergeben sich
zahlreiche neue Perspektiven und Herausforde-
rungen für die kommunalen Unternehmen.
Somit wird es für die Stadtwerke Rostock AG not-
wendig, den Spagat zwischen den zunehmenden
Herausforderungen des Marktes und der Wahr-
nehmung der kommunalen Daseinsvorsorge zu
meistern.
Die Stadtwerke Rostock AG stellen sich
den Herausforderungen
Für die zukünftigen Perspektiven bieten die vorlie-
genden aktuellen politischen Rahmenbedingungen
sowohl Chancen als auch Risiken für kommunale
Unternehmen. Aufgrund der Gemeinwohlorientie-
rung, dem Vorort-Prinzip, unserer Erfahrung und
Verlässlichkeit hat die Stadtwerke Rostock AG gute
Ausgangsbedingungen, um aus den gegebenen
Rahmenbedingungen eine auch zukünftig tragende
Strategie zu entwickeln, um auch weiterhin erfolg-
reich am Markt agieren zu können.
Zahlen & FaktenBilanzsumme: 251,2 Mio €Umsatzerlöse: 194,4 Mio €Sachinvestitionen: 8,2 Mio €Anzahl der Beschäftigten: 513Anzahl der Auszubildenden: 35
WärmeInstallierte Gesamtwärmeleistung:(1 Heizkraftwerk; 1 BHKW; 23 Heizwerke) 463 MWWärmeauskopplung Steinkohle – KW Rostock: 150 MWGesamtanschlusswert Fernwärme: 524 GWhWärmeabgabe: 668 GWhAnschlussgrad Fernwärme der Wohngebäude in Rostock: 61,5 %Angeschlossene Wohneinheiten: 73.796
Strom Installierte Leistung Stromerzeugung: 109 MWNettostromerzeugung: 478 GWhStromabgabe: 404 GWhStromkunden (Verbrauchsstellen): 87.806
Gas Gasabgabe: 1.231 GWhGaskunden (Verbrauchsstellen): 51.275
Stadtwerke Rostock AG in Zahlen
Foto: Stadtwerke Rostock AG
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Illustriert von
Ulrich Forchner.
Behalten Sie den Durchblick im euro-päischen Paragrafen-Wald!
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Russland und die Europäische UnionVor dem Hintergrund des russisch-ukrainischen Gasstreites im Januar 2009 macht Constanze Krehl, MdEP und Mitglied der
Delegation des Europäischen Parlaments im Parlamentarischen Kooperationsausschuss EU–Russland, eines deutlich:
sowohl Russland als auch die Europäische Union haben ein großes Interesse an einer strategischen Partnerschaft.
Seit Mitte der 1990er Jahre bemüht sich die Europä-
ische Union um ein partnerschaftliches Verhältnis
zu Russland. Dabei ging es immer auch um die
Unterstützung der Entwicklung von Demokratie
und einer funktionierenden Marktwirtschaft.
Das Programm TACIS1 war dabei ein wichtiges
Instrument und diente gleichzeitig auch der
Zusammenarbeit mit den anderen ehemaligen
Sowjetrepubliken und der Mongolei.
Vorläufiger Höhepunkt dieser Entwicklung war
der Abschluss eines Partnerschafts- und Ko-
operationsabkommens mit Russland und die
Formulierung einer strategischen Partnerschaft
der EU mit Russland.
Grundlage für diese Zusammenarbeit ist das Wis-
sen, dass die Europäische Union ein stabiles, ver-
lässliches und demokratisches Russland braucht.
Dabei ist deutlich, dass auch Russland einen
Das EU-Parlament in Brüssel. Foto: Christoph Busse
Kommentiert
39 medium gas | 2009.1
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starken Partner wie die Europäische Union braucht.
Die letzten Jahre haben deutlich gemacht, dass vor
allem auf dem Gebiet der Energieversorgung und
Energiesicherheit beide Seiten hohes Interesse
an einer Zusammenarbeit haben.
Während des Gasstreites zwischen Russland und
der Ukraine zu Beginn des Jahres 2009 wurden
zum wiederholten Mal auch die gegenseitigen
Abhängigkeiten deutlich.
63 % des russischen Ölexportes und 65 % des
russischen Erdgasexportes gehen in die Euro-
päische Union und für die EU bedeutet das im
Umkehrschluss, dass 27 % des europäischen
Ölbedarfs und 24 % des gesamten Gasbedarfs
von Russland gedeckt werden. Diese beiderseitige
Abhängigkeit – die einen müssen verkaufen, die
anderen müssen kaufen – lässt sich auch durch
den Neubau der Nabucco-Pipeline nicht wesent-
lich verändern.
Eine gemeinsame europäische Energiepolitik ist ein
Teil der Antwort auf zukünftige sichere Energiever-
sorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft.
Ich halte auch eine strategische Partnerschaft
mit Russland vor allem für dieses Gebiet für un-
erlässlich.
Die Neuverhandlungen zum Partnerschafts- und
Kooperationsabkommen EU–Russland sind des-
halb für beide Seiten sehr wichtig. Diese Ver-
handlungen berühren insbesondere vier große
Themenbereiche:
„Die letzten Jahre haben deutlich gemacht, dass vor allem auf dem Gebiet der Energieversorgung und Energiesicherheit beide Seiten hohes Interesse an einer Zusammenarbeit haben.“
Constanze Krehl, MdEP, Mitglied der Delegation des Europäischen Parlaments im Parlamentarischen Kooperationsausschuss EU–Russland
1. ein gemeinsamer Wirtschaftsraum, der gleich-
zeitig Umwelt- und Klimabelange behandelt;
2. ein gemeinsamer Bereich Freiheit, Sicherheit
und Justiz;
3. der gemeinsame Bereich der Außen- und Si-
cherheitspolitik, der auch Krisenmanagement
und -vermeidung beinhaltet;
4. der gemeinsame Bereich von Forschung, Bildung
und Kultur.
Das Energiekapitel wird innerhalb dieses Abkom-
mens eine besondere Bedeutung haben und beson-
dere Anstrengungen erfordern, da die Grundsätze
der Energiecharta, die von Russland nie ratifiziert
wurde, in das Abkommen aufgenommen werden
sollen. Neben diesen Verhandlungen ist aber auch
das Projekt des Neubaus der Northstream-Pipeline
wichtig und sollte vom Europäischen Parlament
unterstützt werden. Dieses Projekt sichert nicht
nur neue Erdgaslieferungen, sondern auch eine
künftige proeuropäische Entwicklung Russlands.
Sichere Erdgaslieferungen nach Europa einerseits
und sichere Einnahmequellen in Russland ande-
rerseits sind eine gute Verhandlungsbasis.
Die Diskussionen dazu sind auch im Europäischen
Parlament nicht immer einfach. Besonders Vertreter
aus Polen und den Baltischen Republiken haben
verständlicherweise einige Sorgen gegenüber Russ-
land, die sie umtreiben. Aber gerade auch aus die-
ser Perspektive sind Gespräche und Verhandlungen
zwischen europäischen und russischen Partnern
wichtiger denn je. Nur damit kann das notwendige
Vertrauen geschaffen werden, das so wichtig ist
für eine friedliche Entwicklung Europas.
1 TACIS: Technical Assistance
to the Commonwealth of
Independent States
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Natürlich Erdgas
Unverzichtbar im deutschen EnergiemixSeit fast 50 Jahren steht Erdgas für eine Erfolgsgeschichte im deutschen Energiemarkt. Aus gutem Grunde, denn das Produkt
steht für Wirtschaftlichkeit, Versorgungssicherheit und Umweltverträglichkeit. Dieses Image hat zwar in jüngster Zeit vor
allem durch die Diskussionen um russische Importe und hohe Gaspreise gelitten, Erdgas wird aber unbestritten auch zukünftig
ein unverzichtbarer Bestandteil im deutschen Energiemix bleiben.
Erdgas in der öffentlichen Wahrnehmung
Die sichere und nachhaltige Versorgung mit Energie
steht in Deutschland seit geraumer Zeit verstärkt
im Mittelpunkt öffentlicher Diskussionen und
dürfte auch eines der Themen in den anstehen-
den Wahlkämpfen in diesem Jahr sein. Weltweit
deutlich steigende Energiepreise und eine spürbar
gewachsene Sensibilität für Umweltthemen haben
dieser Diskussion zusätzlich Zündstoff gegeben.
Nahezu täglich veröffentlichen Politik, Wirtschaft
und Wissenschaft neue Meinungen, Vorschläge
und Konzepte für die Energieversorgung der Zu-
kunft in Deutschland. Insbesondere um die Themen
erneuerbare Energien, Nutzung der Kernenergie
und Kohleverstromung wurde und wird teilweise
heftig gestritten.
Nicht in jedem Fall sind solche Beiträge durch
Sachlichkeit und Realismus gekennzeichnet.
Dabei fällt auf, dass zur Bedeutung von Erdgas
wenig zu vernehmen ist. Wenn über Erdgas ge-
sprochen wird, geht es vor allem um (meistens
als zu hoch und unangemessen empfundene)
Preise und Importabhängigkeit. Die Bedeutung
für eine sichere und umweltschonende Energie-
versorgung findet kaum Erwähnung. Erdgas hat
faktisch in der öffentlichen Wahrnehmung keine
„Stimme“.
Foto: aboutpixel.de/Christoph Ruhland Foto: aboutpixel.de/Gas © Joachim Spengler
Foto: aboutpixel.de/Bernd Boscolo
41 medium gas | 2009.1
4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 6034333231
Da ist es besonders
fatal, wenn die deut-
sche und europäische
E r d g a s v e r s o r g u n g
durch die Auseinan-
dersetzung zwischen
Russland und der Ukra-
ine über Lieferung und
Bezahlung von Mengen
in Negativschlagzeilen
gerät. Die Unterbre-
chung der Lieferungen
an Mitgliedsstaaten der
Europäischen Union hat
dem ohnehin schon an-
geschlagenen Image
des Energieträgers Erd-
gas nochmals deutlich
geschadet. Nach ak-
tuellen Umfragen hält
mehr als die Hälfte der
deutschen Bevölkerung
die Erdgasversorgung
Deutschlands in den
nächsten 20 Jahren für
nicht mehr gesichert. Wie steht es nun wirklich
um die Bedeutung des Energieträgers Erdgas in
Deutschland?
Verschärfter Wettbewerb
unter den Energieträgern
Trotz der rasanten Entwicklung der erneuerbaren
Energien wird es in den nächsten 20 Jahren nicht
annähernd möglich sein, die Energie- und vor
allem die Wärmeerzeugung ausschließlich auf
der Grundlage von Sonnenenergie und Biomasse
zu sichern.
Es gibt keinen vernünftigen Grund, die zukünftige
Bedeutung von Erdgas in Frage zu stellen. Im
Gegenteil: gerade Erdgas kann und wird einen
bedeutenden Anteil an der Energieversorgung
der Zukunft haben.
Tatsache ist aber auch, dass sich der Energiemarkt
in einem deutlichen Umbruch befindet, in dem sich
die fossilen Energien einem deutlich gewachsenen
Wettbewerbsdruck stellen müssen.
Hinzu kommt, dass sich der politische Einfluss
auf den Heizungsmarkt durch den neu definierten
Gesetzesrahmen (EnEV, EEWärmeG, KWK-Gesetz 1)
erheblich erhöht hat. Die Technologieoffenheit
ist dabei an manchen Stellen zu kurz gekommen.
Die Erdgasversorgungsunternehmen in Deutsch-
land haben sich frühzeitig auf diese Entwicklung
eingestellt.
Umweltfreundliches Erdgas
Nicht der Energieträger Erdgas hat sich verändert,
sondern die Rahmenbedingungen. Erdgas steht
beim Verbraucher unverändert für Effizienz, Kom-
fort und Umweltschonung. Es ist ein Energieträger
aus der Natur, der gut für die Umwelt ist und auch
gut für die Umwelt bleibt. Die Gründe liegen auf
der Hand: Es liegt bereits im gasförmigen Zustand
vor. Eine Raffinierung und damit verbundene Um-
weltbelastungen entfallen ebenso wie zusätzliche
Energieaufwendungen. Es lässt sich praktisch so
einsetzen, wie es gefördert wird. Erdgas hat mit
Abstand die niedrigsten CO2-Emissionen unter
den fossilen Brennstoffen und praktisch keine
Feinstaub-Emissionen bei der Verbrennung. Erdgas
ist ungiftig für Mensch, Tier, Böden und Gewäs-
ser. Es ist nahezu schwefelfrei und es gibt keine
Entsorgungsprobleme.
Das Image von Erdgas hat sich in den letzten Jah-
ren trotzdem insgesamt deutlich verschlechtert.
Das ist nicht auf die natürlichen Eigenschaften
zurückzuführen, sondern auf die Diskussion um
Preise und auf die in den Focus gerückten Fragen
um die Liefer- und Versorgungssicherheit.
Erdgas ist eine umweltschonende Energie mit
Zukunft. Für die Erdgaswirtschaft muss es obers-
tes Ziel sein, dem umweltfreundlichen Energieträ-
ger Erdgas einen führenden Platz im Energiemix
1 EnEV (Energieeinsparverord-
nung), EEWärmeG (Erneuer-
bare-Energien-Wärmegesetz),
KWK-Gesetz (Kraft-Wärme-
Kopplungsgesetz)
42 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
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heute und auch in einer ökologisch geprägten
Zukunft zu sichern und ihn nachhaltig zu posi-
tionieren.
VNG steht für Erdgas
VNG bekennt sich klar zu diesem Ziel. Deswegen
ist „VNG – Natürlich Erdgas“ das Leitmotiv für
den kommunikativen Auftritt der VNG-Gruppe
im Jahr 2009.
Erdgas wird von den Nutzern vor allem wegen des
hohen Komforts und der Sauberkeit beim Einsatz
sowie der einfachen Beschaffung und Handhabung
geschätzt. Das sind deutliche, vor allem auch
zukünftig gültige Vorteile gegenüber anderen Heiz-
energien. Die Technologien der Erdgasanwendung
sind hochmodern und effizient. Erdgasheizungen
erreichen Spitzenwerte im Wirkungsgrad.
Durch die intelligente Vernetzung von Erdgas,
Bioerdgas und anderen Zukunftsenergien stärkt
VNG die Nachhaltigkeit und Anwendungsbreite
von Erdgas im Energiemix. Erdgas ist problemlos
kombinierbar mit erneuerbaren Energien. Neue
Systemlösungen vereinigen in idealer Weise die An-
wendungsvorteile verschiedener Technologien.
Und wir tun noch mehr, weil Energie knapper und
der Klimaschutz immer wichtiger wird. Wir beraten
Großanwender bei der Einsparung von Erdgas.
Die ökologischen und wirtschaftlichen Vorteile
können Endverbraucher mit einer Erdgasbrenn-
wertheizung, im erdgasvollversorgten Haus und
neuerdings auch mit dem Einbau eines Erdgas-
Miniblockheizkraftwerkes für sich realisieren.
Darüber hinaus erforschen wir auch neue, noch
sparsamere Anwendungstechnologien für Erdgas
bis hin zur Brennstoffzelle.
Gaspreisdiskussion bleibt aktuell
Immer wieder gab und gibt es Diskussionen über
die vermeintlich zu hohen Gaspreise. Vor allem
die Ölpreisbindung ist in die Kritik geraten. Der
Gaspreis folgt mit zeitlicher Verzögerung der Ent-
wicklung der Ölnotierungen. Das ist natürlich keine
Einbahnstraße, denn sinkende Ölpreise führen
auch zu sinkenden Gaspreisen. Ein System, das
sich seit seiner Einführung in den 1960-er Jahren
immer wieder bewährt hat.
Auch unabhängige Experten wie Klaus Matthies
vom Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut
(HWWI) sehen die Vorteile der Ölpreisbindung.
Der HWWI-Rohstoffexperte erklärte gegenüber
dpa, dass die Aufgabe der Koppelung zu noch
höheren Gaspreisen führen könnte. Matthies
weiter: „Es gibt eigentlich gar keine Alternative
zur Ölpreisbindung.“ Tatsächlich garantiert die
Ölpreisbindung den Förderländern verlässliche
Einnahmen unter anderem für ihre Investitionen
und den Abnehmern verlässliche Preise. So bietet
die Ölpreisbindung einen Schutz vor überzogenen
Forderungen der Produzenten und den deutschen
Importeuren Sicherheit für die Bezüge.
Verlässlich und transparent ist auch die Zusam-
mensetzung des Preises für den Endkunden. Im
Jahr 2008 machten die Kosten für Produktion,
Fortsetzung von Seite 41
Unverzichtbar im deutschen Energiemix
– Hatten die Verbraucher vor einigen Jahren nur die Wahl zwischen Erdgas und Heizöl, gibt
es inzwischen eine Reihe von alternativen Heizsystemen, die die Wärmeversorgung kom-
plett oder als Ergänzung zu herkömmlichen Technologien sichern können. Das Angebot an
Alternativen wächst ständig und trägt dem Streben nach Autarkie und Selbstbestimmung
über den Energieeinsatz Rechnung.
– Auf der Abnehmerseite ist ein deutlich höheres Interesse an Fragen der globalen, nationalen
und eigenen Energieversorgung zu verzeichnen. Damit verbunden ist ein gewachsenes
Bedürfnis nach Informationen über Bezugsquellen, Transportwege, Preisbildung und
Anwendungstechnologien.
– Es gibt eine klare Entwicklung zur bi- und trivalenten Versorgung mit Heizenergie. So
wird Solarenergie immer mehr zum festen Bestandteil von Heizsystemen.
– Bereits seit einigen Jahren sind Erdgasverbrauch und Energieverbrauch zum Heizen
insgesamt bei Haushalten in Deutschland rückläufig. Die Gründe dafür liegen neben
einem höheren Bewusstsein zum Energiesparen und der beginnenden Substitution vor
allem auch in der gestiegenen Energieeffizienz beim Bestand an Erdgasheizungen. Eine
neu installierte Gasheizung (davon werden immerhin jährlich über 500.000 vor allem als
Ersatzinvestition installiert) benötigt 10 bis 15 Prozent weniger Brennstoff.
Wachsender Wettbewerbsdruck für Erdgas
Foto: Stefan Militzer
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Bernhard Kaltef leiter ist
Direktor und Leiter Unter-
nehmenskommunikat ion
bei VNG. Er war bis 2000 im
Sächsischen Ministerium für
Wirtschaft und Arbeit tätig
und wechselte danach zu
VNG. Bernhard Kaltefleiter
ist unter anderem Vorsit-
zender des Vorstandes des
Deutsch-Russischen Rohstoff-
Forums e.V.
Kerstin Kietzke ist im Bereich
Strategische Koordinierung
bei VNG tätig und verantwor-
tet das Fachgebiet Marktfor-
schung/Marktanalysen.
Die Autoren
Transport, Speicherung und Verteilung 72 %
von Erdgas aus, der Staatsanteil betrug 28 %.
Allein zwischen 1990 und 2004 erhöhte sich die
Steuer- und Abgabenlast auf Erdgas um rund
280 Prozent auf 4,2 Milliarden Euro.
VNG wird weiterhin alles daran setzen, auch den
Einfluss steigender Energiepreise für sich und
ihre Kunden so gering wie möglich zu halten.
Wir erreichen dies vor allem durch straffes Kos-
tenmanagement, diversifizierten Gasbezug mit
lang-, mittel- und kurzfristigen Einkaufsoptionen,
flexible Lieferverträge und ein vorausschauendes
Risiko- und Portfoliomanagement.
Erdgas steht auch in Zukunft für Versorgungs-
sicherheit und Umweltschonung
Stellenweise werden Zweifel an der Zuverlässigkeit
der zukünftigen Erdgasversorgung für Deutschland
geäußert. Diese Sorgen sind völlig unbegründet.
Neben der Tatsache, dass die Erdgasreserven der
Welt trotz steigendem Verbrauch in den letzten
Jahren ständig gewachsen sind, ist die Sicherheit
vor allem durch bereits jetzt abgeschlossene Lie-
ferverträge zwischen deutschen Gasimporteuren
und Produzenten über lange Laufzeiten (20 Jahre
und mehr) mit festen (und damit berechenbaren)
Preisformeln gewährleistet.
Der deutsche Erdgasmarkt verfügt geografisch
über eine privilegierte Position. Nahezu 80 % der
Erdgasreserven der Welt befinden sich in einem
Umkreis von 4000 km und können (im Unter-
schied zu den Verbrauchszentren in Asien und
Nordamerika) größtenteils kosteneffizient über
Pipelines erschlossen werden. Durch die Investiti-
onen deutscher Gasgesellschaften in Infrastruktur
zur Regasifizierung von verflüssigtem Erdgas (LNG)
wird es zukünftig möglich sein, die Bezugsbasis
von Erdgas durch neue Lieferquellen zu erweitern
und damit die Abhängigkeit von traditionellen
Lieferländern zu verringern.
Eine Reihe deutscher Gasgesellschaften investiert
in Projekte zur Erzeugung von Bioerdgas mit dem
Ziel der weiteren Diversifizierung von Bezugsquel-
len. Damit wird zukünftig die Möglichkeit bestehen,
den Beitrag regenerativer einheimischer Energie-
quellen für das Energieaufkommen deutlich zu
erhöhen. Das Klimaschutzpaket der Bundesre-
gierung sieht die Nutzung von Bioerdgas deshalb
auch ausdrücklich vor.
Bernhard Kaltefleiter,
Kerstin Kietzke
– Mehr als die Hälfte aller Wohnungen in Deutschland (nämlich 55 Prozent) werden mit
Erdgas bzw. mit Fernwärme (durch Erdgas erzeugt) beheizt.
– Die Infrastruktur für die Erdgasversorgung ist sehr gut ausgebaut. Die Länge des Leitungs-
netzes beträgt 438. 000 Kilometer. Davon wurden allein in den vergangenen 10 Jahren
90.000 Kilometer neu gebaut.
– Deutschland verfügt mit 20 Milliarden Kubikmetern über die mit Abstand größten Kapa-
zitäten zur unterirdischen Speicherung von Erdgas in Europa. Bis zum Jahresende 2010
wird sich dieses Volumen auf 25 Milliarden Kubikmetern erhöhen.
– Zwei Drittel des in Deutschland verbrauchten Erdgases stammen aus deutschen und
westeuropäischen Quellen.
– Das deutsche Gasleitungsnetz ist an sieben Übernahmepunkten mit dem europäischen
Fernleitungsnetz verbunden. Ein weiterer Übernahmepunkt wird in Greifswald mit dem
Bau der neuen Leitungsverbindung aus Russland über die Ostsee errichtet.
– 13 große deutsche Erdgasgesellschaften importieren das Gas aus den Förderländern. Die
für Deutschland benötigen Gasmengen sind bis nach 2020 bereits vertraglich gesichert,
ein Teil sogar bis zum Jahr 2036.
Erdgas in Deutschland
Primärenergie-verbrauch
22
Endenergie-verbrauch Industrie
BeheizungWohnungs-
bestand
BeheizungNeubauten
Strom-erzeugung
0
40
60
80
20
100
Erdgas am Energiemarkt in Deutschland 2008
32
49
59
13
Ökologisch und ökonomisch – VNG steht für den sauberen und
effizienten Energieträger Erdgas.
44 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
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Verbaute Zukunft für die Ferngasnetze?
Im November 2008 hat die Bundesnetzagentur beschlossen, auch alle deutschen Ferngas-
netze ab 2009 unter die Kosten- und ab 2010 unter die Anreizregulierung zu stellen. Sie
begründete dies damit, dass diese Netze nicht überwiegend einem Leitungswettbewerb
unterlägen. Betroffene Netzbetreiber – darunter auch die ONTRAS – VNG Gastransport GmbH – reichten dagegen Beschwer-
de beim zuständigen Oberlandesgericht Düsseldorf ein. Einige stellten sogar zukünftige Infrastrukturprojekte in Frage. Für
medium gas erläutern Ralph Bahke und Torsten Bayer, die beiden ONTRAS-Geschäftsführer, welche Folgen eine Kosten- bzw.
Anreizregulierung im Ferngasbereich für die Versorgungssicherheit haben könnte und warum ONTRAS gegen den Beschluss
der Bundesnetzagentur gerichtlich vorgeht.
Bisher konnte der Betreiber eines überregi-
onalen Gasfernleitungsnetzes die Entgelte
für den Netzzugang marktorientiert auf
der Grundlage eines Vergleichsverfahrens
festlegen. Der Gesetzgeber lässt dies zu,
wenn dieses Fernleitungsnetz überwie-
gend einem wirksamen bestehenden oder
potenziellen Wettbewerb ausgesetzt ist
(§ 3 Abs. 2, 19 Gasnetzzugangsentgeltver-
ordnung, kurz: GasNEV). Da beides auch
auf ONTRAS zutrifft, bildete sie die Entgel-
te bisher auf der Basis eines Vergleichs im
europäischen Wettbewerb. Dennoch hat
die Bundesnetzagentur mit dem Bescheid
vom November 2008 ONTRAS verpflich-
tet, einen kostenbasierten Entgeltantrag
einzureichen. Obwohl ONTRAS dagegen
Beschwerde beim Oberlandesgericht
Düsseldorf eingereicht hat, war das Un-
ternehmen verpflichtet, den Kostenantrag
binnen zwei Monaten einzureichen.
Kernpunkt:
Wettbewerb im ONTRAS-Netz
ONTRAS begründet ihre Beschwerde
damit, dass der Wettbewerb in ihrem
Netz überwiegt. Anhand anerkannter
ökonomischer Verfahren weist ONTRAS
durch Dritte nach, dass ihr Netz sowohl
einem bestehenden Leitungswettbewerb
zwischen mehreren Netzbetreibern als
auch einem potenziellen Leitungswett-
bewerb ausgesetzt ist.
Selbst die Bundesnetzagentur erkennt an,
dass ONTRAS die Voraussetzungen der
GasNEV für Leitungswettbewerb erfüllt.
Allerdings sieht sie dies im Gegensatz zu
ONTRAS als nicht ausreichend an. Die Be-
hörde versucht vielmehr, in einem eigenen
Konzept für Leitungswettbewerb zusätz-
liche Kriterien für Leitungswettbewerb zu
definieren. Doch beruht ihr Konzept auf
zahlreichen unzutreffenden bzw. nicht
sachgemäßen Annahmen und Wertungen.
Darin sieht ONTRAS einen wesentlichen
Grund für ihre Beschwerde.
Kosten- und Anreizregulierung
45 medium gas | 2009.1
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Bundesnetzagentur führt
Ausnahmeregelung ad absurdum
Ginge es nach dem Konzept der Bundes-
netzagentur, müsste jeder Versuch, einen
ausreichenden Wettbewerb beim Gas-
transport in Deutschland nachzuweisen,
von vornherein scheitern. Indem sie jedem
der am Verfahren beteiligten Gasfern-
leitungsnetzbetreiber den Nachweis von
Leitungswettbewerb unmöglich macht,
führt die Behörde die in der Verordnung
vorgesehene Ausnahmeregelung ad
absurdum. Dies hat ONTRAS in der Be-
gründung ihrer Beschwerde ausführlich
belegt.
Zudem lässt die Bundesnetzagentur au-
ßer acht, dass gemäß GasNEV Gasfern-
leitungsnetzbetreiber mit im Wettbewerb
gebildeten Entgelten einem europäischen
Vergleichsverfahren unterzogen werden.
Das bedeutet im Klartext, dass selbst in
diesem Falle die Netzentgelte reguliert
sind, und dies sogar auf europäischer
Ebene.
Tiefer Eingriff in unternehmerisches
Handeln
Wir sind davon überzeugt, dass eine
marktorientierte Preisbildung bei Trans-
portentgelten für Ferngasleitungen den
Wettbewerb in Europa weiter voranbringt.
Denn der Beschluss der Bundesnetzagen-
tur kann weitreichende Konsequenzen für
künftige Investitionen und damit für die
Versorgungssicherheit der Gaskunden in
Deutschland haben.
Eine Kosten- und Anreizregulierung greift
tief in unternehmerisches Handeln ein.
Der finanzielle Spielraum wird beschnit-
ten. Investitionen in die Infrastruktur wer-
den erschwert, wenn nicht gar verhindert.
So liegt die theoretisch erzielbare Rendite
für Investitionen so niedrig, dass sie bei
einem realen Kostenansatz für ein Infra-
strukturprojekt am Ende nur bei einer Grö-
ßenordnung um fünf Prozent läge. Denn
der Investor kann z. B. weder die derzeit
höheren Kapitalkosten am Markt noch
den oft erst nach Jahren einsetzenden
Kapitalrückfluss geltend machen.
Kostenreguliert heißt nicht
automatisch billiger
Es ist keineswegs sicher, dass kosten-
regulierte Entgelte gegenüber den der-
zeitigen Wettbewerbspreisen an jedem
Netzkopplungspunkt günstiger ausfallen.
Denn die seit Oktober 2008 geltenden
neuen Rahmenbedingungen für den Gas-
transport verursachen allein im Marktge-
biet „ONTRAS“ Mehrkosten in Millionen-
höhe, die zu den bisherigen Netzkosten
dazukommen und entsprechend auf alle
Netzpunkte umzulegen sind.
Auch das Anreizprinzip ist zu hinterfragen.
Denn ONTRAS hat bereits seit Jahren die
Kosten wesentlich gesenkt, wo immer es
wirtschaftlich und sicherheitstechnisch
vertretbar war. Nahezu alle Rationalisie-
rungs- und Optimierungsmaßnahmen
sind daher ausgeschöpft. So hat ONTRAS
schon vor Jahren zusammen mit ande-
ren Netzbetreibern im Marktgebiet die
Wartung und Betreuung von Leitungs-
systemen an gemeinsam beauftragte
Dienstleister übertragen. Das hat die
Netzkosten um ca. 20 Prozent gesenkt.
Torsten Bayer, Geschäftsführer Technik Ralph Bahke, Geschäftsführer Netzvermarktung
Diesen Weg geht ONTRAS konsequent
weiter.
Anreize für Innovation statt
für Reduktion
Aus Sicht eines Gasfernleitungsnetzbe-
treibers brauchen wir unbedingt Anreize
für innovatives unternehmerisches Han-
deln. Doch die Anreizregulierung belohnt
bisher nur einseitig den Kosteneinsparer,
nicht jedoch den innovativen Netzbe-
treiber. Wir halten diesen Weg für eine
Sackgasse, bei der das Ziel einer preis-
würdigen und sicheren Versorgung mit
Erdgas auf der Strecke bleiben könnte.
Noch sind für ONTRAS die technische
Sicherheit und die hohe Verfügbarkeit
unseres Netzes gleichberechtigt mit einer
Kostenoptimierung beim Gastransport.
Anders ausgedrückt, schaffen wir mit un-
serem technisch sicheren Netz und hoher
Verfügbarkeit sowohl die Basis für eine
nachhaltig sichere Versorgung der Verbrau-
cher mit Gas als auch für den Wettbewerb
der Gashändler. Davon profitieren alle Gas-
verbraucher. Das funktioniert jedoch nur,
wenn wir laufend in die technische Sicher-
heit investieren, vorausschauend planen
und die Infrastruktur weiter ausbauen.
Dafür benötigen wir Handlungsspielräume,
die uns im derzeitigen regulierten System
genommen werden.
46 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
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15 Jahre Energiepartnerschaft mit Norwegen
Norwegisches Erdgas in Europa – eine Erfolgsgeschichte
Mit dem Symposium „Norwegisches Erdgas in Europa – eine Erfolgsgeschichte für Produzent,
Importeur, Versorger und Verbraucher“ wurde in Leipzig die 15jährige Partnerschaft zwischen
Norwegen und der VNG begangen. medium gas sprach mit Rune Bjørnson, Executive Vice President
of Natural Gas bei StatoilHydro ASA, über Norwegens Beitrag zur Versorgungssicherheit für
Deutschland und Europa.
Wie hat sich StatoilHydro während des Gasstreits
zwischen Russland und der Ukraine verhalten?
Lassen Sie mich zunächst unterstreichen, dass
Statoil Hydro mit dem Export und Verkauf von Erdgas
vom Norwegischen Kontinentalschelf (NCS) nach
Europa eine bedeutende Rolle für die Sicherung der
europäischen Ener-
gieversorgung spielt.
Als zweitgrößter
Gaslieferant für Eu-
ropa haben wir seit
mehr als drei Jahr-
zehnten unsere Lie-
ferverpflichtungen
zuverlässig erfüllt.
Das Gas aus Nor-
wegen strömt durch
ein ausgedehntes
und robustes Rohrleitungssystem, in dessen Ent-
wicklung wir Milliarden investiert haben.
Während der russisch-ukrainischen Streitigkeiten
bestand unsere Aufgabe darin, durch sicheren und
effektiven Betrieb auf dem NCS dafür zu sorgen,
dass weiter Gas fließt. Außerdem standen wir in en-
gem Kontakt mit unseren Kunden und lieferten auch
über unsere Vertragsverpflichtungen hinaus.
Das auf dem NCS produzierte und hauptsächlich
von StatoilHydro vermarktete Gas wird zum größten
Teil über Langfristverträge an Kunden in Europa
geliefert. Restmengen stehen gewöhnlich an bri-
tischen und anderen europäischen Spotmärkten
zum Verkauf, an deren Entwicklung wir uns aktiv
beteiligen.
Ist StatoilHydro auch in Zukunft ein zuverlässiger
Gaslieferant?
Um es kurz zu sagen: JA. Zusätzlich möchte ich
bemerken, dass hohe Qualität in allen Teilen
der Wertschöpfungskette – von der Erkundung
und Erschließung bis zu Verkauf und Transport –
die Grundlage für weiteres Wachstum unseres Gas-
geschäfts bildet. In dieser Branche hat StatoilHydro
langjährige Erfahrungen bei der Gestaltung von
Wertschöpfungsketten. Derzeit investieren wir
in den Ausbau des NCS und arbeiten parallel an
unserer internationalen Positionierung. Wir wollen
für die kommenden Jahre und Jahrzehnte eine
Schlüsselrolle als langfristiger und dauerhafter
Lieferant spielen.
Konzentriert sich StatoilHydro bei der Lieferung
von Erdgas nach Europa ausschließlich auf Nor-
wegen?
Nein, wir streben weiter nach einer stärkeren inter-
nationalen Ausrichtung im Gasgeschäft. Zugleich
arbeiten wir hart am Ausbau des NCS, indem wir
durch Erkundungsbohrungen und Feldaufschlüsse
neue Ressourcen erschließen, die dann wiederum
eine Ausweitung des bestehenden Leitungsnetzes
nach sich ziehen können.
Wir schöpfen dabei aus einem reichen Schatz
an Erfahrungen bei der Entwicklung von Öl- und
Gasfeldern unter extremen und unwirtlichen
Bedingungen. Das Snøhvit-Feld ist ein Beispiel
dafür. Diese in ihrer Art einmalige Förderanlage
Rune Bjørnson ist Executive
Vice President of Natural Gas
bei StatoilHydro ASA. Er ar-
beitet seit 1985 in verschie-
denen Positionen für Statoil.
Von 2001 bis 2003 war er
Vorstandsmitglied bei Stat-
oil in Großbritannien. Rune
Bjørnson hat einen Master
of Science im Bereich Wirt-
schaftswissenschaften von
der Universität Bergen.
Foto: StatoilHydro
47 medium gas | 2009.1
4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 6034333231
liefert Erdgas ans Festland zur Verflüssigung
und Weiterverschiffung. Auf der ganzen Welt
gibt es keine LNG-Anlage, die weiter nördlich
gelegen ist.
Darin spiegelt sich unser Engagement und unser
fester Wille wider, Energie für die Märkte verfügbar
zu machen und für alle Kunden bereitzustellen,
die auf unsere Lieferungen vertrauen.
Was andererseits die Entwicklung der internatio-
nalen Wertschöpfungsketten betrifft, beteiligen
wir uns in Algerien an zwei der landesweit größten
produzierenden Gasfelder. Jetzt gerade laufen
auch die Erkundungen weiterer Gasreserven. In
der östlichen Hemisphäre besitzen wir in Aserbaid-
schan einen beträchtlichen Anteil an einem großen
Gasfeld mit dem Namen Shah Deniz. Dort sollen
durch einen weiteren Ausbau Mengen abgesichert
werden, die dann über einen vierten Korridor bis
nach Europa gelangen.
In der westlichen Hemisphäre haben wir im No-
vember 2008 mit dem Erwerb von Anteilen an der
Marcellus-Formation in den USA gezeigt, dass wir
unsere Wertschöpfungskette auch im weltgrößten
Gasmarkt weiter stärken werden.
Der Anteil von Erdgas an unseren Reserven liegt bei
über 60 Prozent. Daher wird unsere Gasproduktion
in den kommenden Jahren weiter steigen.
Langfristige Lieferverträge mit StatoilHydro sind ein Garant für zuverlässige Erdgasversorgung
in Europa. Prof. e. h. Dr.-Ing. Klaus-Ewald Holst, Vorstandsvorsitzender von VNG (li.) und Rune
Bjørnson, Executive Vice President of Natural Gas bei StatoilHydro ASA (re.). Im Hintergrund:
Monica Liv Stubholt, Staatssekretärin im Energie- und Ölministerium in Norwegen, Hartmut
Schauerte, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und Klaus-
Dieter Barbknecht, Vorstand Gasbeschaffung bei VNG. Foto: Christoph Busse
Erfolgsgeschichte Deutsch-Norwegische Energiepartnerschaft
Im Dezember 1993, nur drei Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung, unterzeichnete VNG einen ersten Gasliefervertrag mit dem norwegischen Gas Negotiating Committee (GFU) über jährlich vier Milliarden Kubikmeter Erdgas. Seit 1996, als die Lieferungen aufgenommen wurden, strömten mehr als 40 Mrd. Kubikmeter Erdgas aus Norwegen nach Ostdeutschland. Zwischenzeitlich wurden die Vertragsbeziehungen umfassend erweitert. Die langfristigen Verträge mit Statoil ASA und TOTAL E&P NORGE AS wurden 2005 und 2006 bis mindestens in das Jahr 2022 verlängert.
StatoilHydro ASAAm 1. Oktober 2007 hat NorskHydro sein Öl- und Gasgeschäft mit der norwegischen Statoil fusioniert. Durch den Zusammenschluss entstand mit dem neuen Unternehmen StatoilHydro der weltgrößte Operator von Offshore-, Öl- und Gasplattformen. Das Unternehmen hat weltweit rund 29.500 Mitarbeiter in 40 Ländern, betreibt 39 Öl- und Gasfelder, verfügt über eine Marktkapitalisierung von mehr als 5000 Billionen NOK und produziert täglich mehr als 1.7 Millionen Barrel Öläquivalent. StatoilHydro verfügt über nachgewiesene Reserven in Höhe von rund sechs Billionen Barrel Öläquivalent.
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48 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
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VNG stellte Expertin für TransitüberwachungIm Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine hatten beide Länder Anfang
Januar neutrale Experten der Europäischen Union und der Gaswirtschaft zuge-
lassen, um den Gastransit durch die Ukraine nach Westeuropa zu überwachen.
Eine der Experten war Christina Fenin, die bei VNG im Bereich Betrieb/Techno-
logie arbeitet. Im medium gas erzählt die Gastechnikerin über die Arbeit vor
Ort und erklärt, wie die technische Überwachung funktionierte.
Christina Fenin beim Sonnenaufgang am Asovshen Meer.
Der Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine
hat viele Menschen in Europa direkt betroffen –
durch die Verminderung der Gaslieferungen oder
eine Einsenkung der Produktion, mich durch die
Ernennung in die Expertengruppe der Monitoring-
Kommission der Europäischen Union.
Die Nominierung kam plötzlich und völlig un-
geplant am Donnerstagabend des 11. Januars.
Über Nacht trafen die Unterlagen aus Brüssel
ein und am Freitag fuhr ich sofort zum Treffen
der Expertengruppe der EU-Mission nach Berlin.
Dort versammelten sich technische Fachleute
der europäischen Gaswirtschaft, um Ziele und
Strategien der Monitoringgruppe und die Ört-
lichkeiten des späteren Einsatzes festzulegen.
Bis zum späten Abend wurde beraten. Wie sich
zeigte, waren alle Mitglieder bereits mit gepackten
Koffern angereist, um keine Zeit zu verlieren und
sofort abzureisen.
Mein nächstes Ziel war die Zentrale von Gazprom
in Moskau, wo wir notwendige Daten über den
Transit erfragen mussten. Begleitet wurde ich
von einem Fachkollegen der Econgas aus Wien.
Ein dritter Experte der GDF SUEZ vervollständigte
in Moskau unsere Runde.
Gemeinsam mit zusätzlichen Beobachtern der
europäischen Gaswirtschaft und den ständigen
Vertretern der EU wurde schließlich an der Um-
setzung der in Berlin gesteckten Ziele gearbeitet.
Bereits am Samstag kamen wir bei einem ersten
Treffen mit Alexej Miller in der Gazprom-Zentrale
zusammen. Dort erwartete uns nicht nur eine
Vielzahl an Topmanagern der Gazprom, sondern
auch ein Stab an Fernsehteams, die dieses Treffen
aufzeichneten und wenig später dann bereits im
russischen Fernsehen übertrugen.
Als Leiter der russischen Arbeitsgruppe zur Lösung
des bestehenden Konfliktes wurde Alexander
Medvedjew eingesetzt. Am Sonntag erarbeiteten
wir in einer Marathonsitzung bis spät in die Nacht
hinein gemeinsam mit den russischen Partnern
einen Leitfaden, der das genaue Prozedere und
die Umfänge der Datenaufnahme regelte und allen
Beobachtern der EU, den Gazprom Bevollmächtig-
ten und den Vertretern der ukrainischen Naftogaz
zur Verfügung gestellt wurde.
Für die Aufnahme des Gastransits von Russland
über die Ukraine nach Europa sollten zwei Bedin-
gungen erfüllt sein. Zum einen die Unterzeichnung
des Regierungsabkommens Russland–Ukraine–EU
über die Kontrolle des Gasflusses mittels EU-Be-
obachtern an den Transit relevanten Punkten, zum
anderen die Anwesenheit der Beobachter an den
festgelegten Übergabestationen.
Technisch war alles vorbereitet, um Gas wieder
fließen zu lassen, allerdings kam es aus poli-
tischen Gründen immer wieder zu Verzögerungen.
Wir entschlossen uns dennoch, die Stationen so
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Abb. links: Christina Fenin
auf der Station Platovo im
russisch-ukrainischen Grenz-
gebiet.
Abb. rechts: Christina Fenin
als einzige Frau unter Mitar-
beitern der Kubantransgas,
Gazprom und Naftogas und
den Betreibern der Station
Platovo.
schnell wie möglich zu „besetzen“, um Niemandem
die Möglichkeit einer weiteren Ausrede geben zu
können. Montagabend verließen mein russischer
Kollege und ich Moskau in Richtung russisch-uk-
rainische Grenze. Über Zwischenstopps in Kursk
und Woronesh landeten wir in Rostov am Don.
Von dort fuhren wir drei Stunden mit dem Auto in
das Dorf Roshok, das direkt am Asovshen Meer
liegt. Im Winter ist das ein Ort, an dem man mehr
Hunde als Menschen antrifft. Uns blieben lediglich
zwei Stunden Schlaf, bevor wir zur Station Platovo
aufbrechen mussten.
Die Station Platovo liegt am Kilometer 47 der
Erdgasleitung Taganrog–Mariupol und hat eine
Kapazität von ca 10 Mio. m³/d. Damit ist sie im
Vergleich eine kleine Station. Vorgesehen war
es, dass jeweils ein Vertreter der Gazprom, ein
Black Diamant und Clock Spring, Ejektoren für
Untergrundgasspeicher – und natürlich auch über
deutsche Autos und deutsche Biersorten.
Zweimal am Tag fanden Telefonkonferenzen statt,
in die sich alle EU-Beobachter einklinken konnten,
um über den Sachstand auf ihrer Station zu infor-
mieren oder selbst Informationen zu bekommen.
Da festgelegt wurde, die Protokolle per Fax zu über-
senden, wurde die Station Platovo kurzerhand mit
dieser – für uns alltäglich gewordenen – Technik
ausgestattet. 12 Jahre hatten die Betreiber vor Ort
bereits versucht, ein solches Gerät zu bekommen.
Deshalb dankten sie mir auch herzlich, dass ich
vorbei gekommen war und sie einen kleinen Nutzen
aus dem Gasstreit ziehen konnten.
Mit Abflug von Berlin war nicht klar, wie lange der
Einsatz auf den Stationen dauern würde. Nach
Vertreter der Naftogaz und ein EU-Beobachter die
notwendigen Daten aufnehmen und gemeinsam
die Richtigkeit bestätigen. Außer dem technischen
Zustand der Station wurden Zählerstände und
Schieberpositionen festgehalten. Die erstellten
Protokolle wurden nach Moskau, Kiev und Brüs-
sel gesandt. Hier wurden schließlich die Gesamt-
bilanzen erstellt.
Während der Mission waren wir allerdings nicht
allein auf der Station, denn auch die „Abgesand-
ten“, die Betreiber der Station sowie Security-
Leute und der Leiter der Regionalgasversorgung
Kubantransgas waren anwesend. So fanden wir
stets einen Gesprächspartner, um die Zeit zwischen
den Protokollen zu überbrücken und technische
Angelegenheiten zu bereden. Wir sprachen über
mehr als einer Woche ohne funktionierende Dusche
kam jedoch die Information aus Brüssel, dass die
erste Expertengruppe durch „frische“ Beobachter
ausgetauscht werden würde.
Nachdem es klar war, dass ich am Sonntag, dem
18. Januar, von einem Kollegen der RWE trans abge-
löst werde, konnte ich meinen Rückflug in Richtung
Westen antreten. Nachts in Leipzig angekommen,
wurde ich von meinen Freunden herzlich in den Arm
genommen und ich fühlte mich wieder zu Hause.
Ich habe den Betreibern der Station versprochen,
irgendwann mal vorbeizukommen und mit ihnen
angeln zu gehen, wenn die Sonne höher steht und
„das Gas selbst seinen Weg findet“.
Christina Fenin, Betrieb/Technologie der VNG
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Mit trascue.PIMS dem Leck auf der SpurEin Leck in der Gaspipeline hat nicht nur finanzielle und ökologische Auswirkungen, sondern kann im schlimmsten Fall auch
zu einer Explosion führen. Um einen solchen Totalausfall zu vermeiden, investieren Firmen wie die VNG – Verbundnetz Gas AG
in Prozesse und Softwaresysteme, die sie beim Integrity Management unterstützen.
Nach den gesetzlichen Vorgaben ist jedes Gasver-
sorgungsunternehmen verpflichtet, seine gastech-
nischen Anlagen in einem ordnungsgemäßen und
sicherheitstechnisch einwand-
freien Zustand zu halten. Bei
VNG gibt es dafür das eigene
Pipeline Integrity Management System namens
trascue.PIMS. Die Software wurde gemeinsam
mit der GEOMAGIC GmbH und der Dr.-Ing. Veenker
Ingenieurgesellschaft mbH entwickelt.
Notwendige Daten
Im Rahmen der Betrachtung durch trascue.PIMS
fließt der gesamte Lebenszyklus einer Leitung in
die Zustandsbewertung ein. Spezifische Parame-
ter aus der Planungs- und Konstruktionsphase,
dem Betrieb und der Instandhaltung werden glei-
chermaßen untersucht. Basis für die technische
Zustandsbewertung und den sich schließenden
Kreislauf eines PIMS sind die Daten – je mehr
und je präziser sie für eine Auswertung verfügbar
sind, desto qualifizierter ist das Ergebnis. Die
meisten Pipelinebetreiber haben sehr viel in das
Sammeln und die Digitalisierung der Datenbasis
investiert. Oft wird hierfür ein Geographisches
Informationssystem (GIS) verwendet. Das kommt
bei der Gestaltung weiterer Prozesse zugute. Auch
VNG hat sehr frühzeitig begonnen, systematisch
bewertungsrelevante Daten im Rahmen ihrer Tech-
nischen Zustandsanalyse (TZA) zu erfassen und in
einem GIS-System abzuspeichern. Dabei handelt es
sich um Inspektionsdaten, Betriebsdaten, externe
Einflüsse und Rohreigenschaften. Neben diesen
Informationen zur Leitung werden auch Daten für
bestimmte Einbauten bzw. geographisch relevante
Besonderheiten erfasst. Solche Singularitäten
sind z. B. Armaturengruppen, Kreuzungen, Nä-
herungen zur Bebauung oder Minderdeckungen.
Die Daten werden aus verschiedenen Quellen
zusammengetragen, für trascue.PIMS aber in einer
gemeinsamen Datenbank verwaltet.
Ausfallwahrscheinlichkeit bestimmen
Aus den Daten bzw. Eigenschaften werden ent-
lang der Leitung oder des Leitungsabschnittes
dynamische Segmente gebildet. Jedes Mal, wenn
sich eine Eigenschaft ändert, wird ein neues Seg-
ment hinzugefügt. Für jedes Segment entlang
der Leitung erfolgt eine Analyse des technischen
Zustandes. Trascue.PIMS liefert eine sog. probabi-
listische Zustandbewertung und ermittelt die Aus-
fallwahrscheinlichkeit für jedes Element entlang
der Leitung. Diese Ausfallwahrscheinlichkeiten
werden mit anerkannten Grenzkriterien verglichen.
Werden solche Grenzwerte überschritten, sind
Maßnahmen erforderlich. Somit ist es möglich,
den erforderlichen Reparatur- bzw. Sanierungs-
bedarf nach objektiven Kriterien zu ermitteln und
zu priorisieren.
Optische Verbesserung
Durch die Kopplung von trascue.PIMS an ein GIS
ist es möglich, die optische Darstellung zu verbes-
sern. Hintergrundkarten wie Raster oder Luftbilder
können aus dem GIS eingebunden werden. So
wird der Bezug zwischen Ergebnis, Leitung und
Geographie deutlich. Diese Methodik wird auf
dem gesamten Leitungsnetz von VNG/ONTRAS
angewendet und ist Basis für die Ermittlung einer
qualifizierten Langfristaufwandsplanung und den
Nachweis der Leitungsintegrität. Im Rahmen der
technischen Dienstleistung durch VNG wurden sol-
che Zustandbewertungen bereits auch für verschie-
dene Gasversorgungsunternehmen durchgeführt.
Trascue.PIMS ist ein Software-Produkt, welches
modular aufgebaut ist. Verschiedene Module
wurden bereits erfolgreich vermarktet.
Aspekt: Wirtschaftlichkeit
Die Genauigkeit der Zustandsbeurteilung steigt
mit der Qualität der Eingangsparameter. So ist
eine direkte Begutachtung des Leitungsrohres
(Aufgrabung) die genaueste Methode ist, um den
Betrieb/Technologie
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Leitungszustand zu ermitteln. Allerdings ist die
komplette Freilegung einer Leitung wirtschaftlich
nicht vertretbar. Verschiedene aufgrabungsfreie
Mess- und Inspektionsverfahren wie z. B. der
kathodische Korrosionsschutz liefern im Abgleich
mit bekannten Umgebungsbedingungen (Boden
und sonstige äußere Einflüsse) praktikable Aussa-
gen über den möglichen Korrosionszustand einer
Leitung und sind Bestandteil der Bewertungsal-
gorithmen im trascue.PIMS.
Neuronale Netze
Für molchbare Leitungen werden heute Innenin-
spektionsverfahren (ILI) mit sog. Intelligenten
Molchen eingesetzt, um exakte Aussagen über die
aktuelle Wanddicke und mögliche Fehlstellen zu
ermitteln. Auch VNG setzt solche Verfahren seit
1997 systematisch ein, um die Aussagen zum
Leitungszustand zu verbessern. Für die weitere
Beurteilung solcher Untersuchungen wurde ein
spezielles Modul (Programmpaket KaRo) ent-
wickelt und im trascue.PIMS implementiert. Es
nutzt den Ansatz neuronaler Netze, wie sie z. B.
bei der Mustererkennung Anwendung finden.
Damit können umfangreiche Datenmengen in
kurzer Zeit ausgewertet werden. Über umfang-
reiche Berechnungen von Fehlstellen nach der
Berechnungsmethode der Finiten Elemente (FEM)
und umfangreiche Parameterstudien wurde das
neuronale Netz entsprechend trainiert, sodass
die Abweichungen gegenüber einer aufwendigen
FEM-Berechnung vernachlässigbar klein sind. Des
Weiteren wurden die Ergebnisse mit praktischen
Berstversuchen abgeglichen. Das Programm KaRo
ist von Sachverständigen nach Gashochdrucklei-
tungsverordnung (GasHL-VO) anerkannt. Entspre-
chende gutachterliche Äußerungen liegen vor. Über
eine konfigurierte Schnittstelle werden die Daten
aus Molchläufen in trascue.PIMS eingelesen. Die
KaRo-Bewertungen lassen sich in trascue.PIMS
grafisch darstellen. Kritische Stellen können ge-
sondert eingefärbt werden.
Prognosetool für Korrosionsstellen
Ein weiteres Merkmal des Programms ist die Er-
stellung von Vorhersagen. Sie dienen als Progno-
se für die mögliche Entwicklung der Korrosions-
stellen. Für die Berechnung werden verschiedene
Parameter vom Programm vorgeschlagen. Die
Beurteilung solcher Prognosen setzt jedoch eine
gewisse Erfahrung und Expertenwissen voraus.
Für die Prognose bedient man sich zusätzlicher
Daten über die Bodenqualität, Ergebnissen aus
Messverfahren des Kathodischen Korrosions-
schutzes (KKS) und sonstigen Fremdeinflüssen.
Nur so ist eine hohe Genauigkeit zu erreichen.
Bewertung der Ergebnisse
Mit Hilfe von Berichten und grafischen Auswer-
tungen, die das Programm erstellt, lassen sich
geeignete Maßnahmen für den Erhalt der Lei-
tungssicherheit und Verfügbarkeit ableiten. Die
daraus folgenden Schritte können wieder in den
PIMS-Kreislauf (Planung, Realisierung, Dokumen-
tation, Bewertung) eingebracht werden. Das ist
notwendig, um die Daten auch jederzeit aktuell
zu halten. Negative Bewertungsergebnisse kön-
nen mit Ergebnissen aus Nachuntersuchungen
abgeglichen und mit geplanten Maßnahmen re-
lativiert werden, wenn diese Informationen in
trascue.PIMS einfließen. Dieser Prozess ist oft
mit hohem Aufwand und Kosten verbunden, darf
aber nicht vernachlässigt werden. Nur so kann
ein ständiger Nachweis der technischen Integrität
einer Leitung geführt werden.
Ulrich Hoffmann, Fachgruppenverantwortlicher
Technische Diagnose bei VNG
Dr. Andreas Hartke, Geschäftsführer
GEOMAGIC GmbH
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VNG-Familientag und andere Premieren auf der PARTNER PFERDDie Leipziger Messe PARTNER PF ERD hatte zahlreiche Erlebnisse rund um Pferd und Reiter zu bieten. Neben Springreiten,
Dressur, Fahrsport und Voltigieren auf sportlich hohem Niveau boten sich dem interessierten Besucher viele interessante
Aktionen & Attraktionen zum Zuschauen und Mitmachen.
Mit einer Premiere öffnete die 12. Auflage der
PARTNER PFERD Anfang 2009 ihre Pforten. VNG,
zum ersten Mal als Hauptsponsor der Veranstal-
tung dabei, hatte die Patenschaft für den ersten
Messetag übernommen und ihn auf Familien aus-
gerichtet. Ziel der Initiative war es, insbeson-
dere Familien den Zugang zu einer der größten
Sportveranstaltungen der Region zu ermöglichen.
Der VNG-Familientag offerierte neben einem gün-
stigen Eintritt für Kinder und Familien zahlreiche
Mitmachangebote, die besonders Kinderherzen
höherschlagen ließen.
Familie Bongort aus Leipzig gewann beim VNG-Ge-
winnspiel einen aufregenden Tag auf der Messe.
Die Bongorts wurden mit dem ERDGAS-Shuttle
von zu Hause abgeholt und direkt zur Messe
gefahren. Nach einer kleinen Stärkung an der
ERDGAS-Cafébar ging es für die Familie los. Toch-
ter Lene, erst drei Jahre alt, aber schon ein alter
Hase im Reitgeschäft, eröffnete zielstrebig den
Rundgang mit dem Ponyreiten. Danach ging’s
weiter zur VNG Kids World, bei der Lene sich im
Klettern und Bungeetrampolinspringen auspro-
bierte. Langeweile Fehlanzeige: schon wartete
eine Backstageführung auf die kleine Familie,
bei der sie die zwei- und vierbeinigen Stars der
Messe hautnah bestaunen konnten. Feedback
von Mutter Mandy: „Das war rundherum ein toller
Tag. Wir haben einen Blick hinter die Kulissen
werfen dürfen und auch mal den Ablauf hinter
Volle Konzentration am Sprung. Foto: Christoph Busse
Messe
53 medium gas | 2009.1
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der Veranstaltung kennengelernt. Es war einfach
aufregend.“
Der „Preis der VNG“ am Freitagabend war einer
der vielen sportlichen Höhepunkte der Veran-
staltung. Die Springprüfung, die als Qualifikation
zur Weltcup-Prüfung am Sonntag diente, wartete
mit einem Starterfeld von 50 Reiter-Pferd-Paaren
auf. Zusammen mit ihrem 14-jährigen Wallach
Meautry’s Locarno entschied Luciana Diniz die
Prüfung für sich. In nur 58,58 Sek. bewältigte die
für Portugal startende Top-Reiterin den schwie-
rigen Parcours fehlerfrei und verwies damit die
Konkurrenz auf die Plätze. Bereits im vergangenen
Jahr gewann Diniz die Prüfung. „Das ist mein erster
Turniertag im neuen Jahr. Und heute Morgen bin
ich in der Einlaufspringprüfung erstmal runter
gefallen. Da dachte ich: Heute Abend musst Du
gewinnen!“, so Diniz. Und das demonstrierte die
zweifache Mutter dann auch eindrucksvoll. Auf
dem zweiten Platz und nur 19 Hundertstel hinter
Diniz landete der Österreicher Thomas Frühmann
mit seinem Pferd The Sixth Sense. Der niederlän-
dische Mannschaftsweltmeister von 2006 Albert
Zoer mit Sam, der am Tag darauf das Championat
von Leipzig gewinnen sollte, wurde Dritter.
Dr. Gerhard Holtmeier, Vorstand Gasverkauf/Tech-
nik VNG – Verbundnetz Gas AG, begründete auf
der im Anschluss stattfindenden Pressekonferenz
das Engagement von VNG so: „Zum einen fühlen
wir uns als Leipziger Unternehmen dem Stand-
ort sehr verbunden und möchten so ein Zeichen
setzen, zum anderen sind wir international tätig
und diese Veranstaltung hier ist eben auch sehr
international ausgerichtet und strahlt über die
Grenzen von Leipzig hinaus.“
Nach einem Besucherrekord (58.300), promi-
nenten Gästen wie Athina Onassis, Enkelin des
griechischen Reeders Aristoteles Onassis, und
viel Show wie beispielsweise die beeindruckende
Freiheitsdressur des Tschechen Honza Bláha und
seinem 13-jährigen Wallach Gaston, schloss die
Messe nach vier aufregenden Tagen ihre Hallen.
Die 13. Auflage der PARTNER PFERD erwartet Sie
vom 21. bis 24. Januar 2010.
Julia Knauer, Unternehmenskommunikation
Spitzensport vor einem begeisterten Publikum.
Siegerehrung im Preis der VNG. Luciana Diniz mit Meautry’s Locarno (hinten); Prof. e. h. Dr.-Ing.
Klaus-Ewald Holst, Vorstandsvorsitzender der VNG (vorn links) und Volker Wulff, geschäfts-
führender Gesellschafter EN GARDE Marketing GmbH (rechts). Fotos: Christoph Busse
VNG Kids World in Halle 3.
Extravagante Show: Voltigie-
ren auf einem Trabi anstelle
eines Pferdes.
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Neue Gesichter für mehr Engagement: Botschafter der Wärme gekürt
Die Verbundnetz-Botschafter mit den Ehrenden: (v.l.n.r., hintere Reihe) Nora Lang aus Dresden, Gunter
Schreyer aus Chemnitz, Petra Düntsch aus Reichenbach, Staatssekretär des Wirtschaftsministerium
Prof. Dr. Christian Juckenack, Landtagspräsidentin Prof. Dr. Dagmar Schipanski, Larissa Neu aus
Berlin, Klaus-Dieter Barbknecht, Vorstandsmitglied der VNG – Verbundnetz Gas AG, Claudia Poser
aus Gera, (v.l.n.r., vordere Reihe): Uwe Gernert aus Lutherstadt Wittenberg, Natalia Gamsulewa aus
Neustrelitz, Regina Witte aus Rostock, Gerlinde Prössel aus Wenzlow b. Brandenburg).
Sie engagieren sich für Senioren, kranke und
behinderte Kinder, unterstützen sozial Schwache,
leisten Integrationsarbeit und bemühen sich in
der Sozialarbeit – die zehn neuen Botschafter des
Verbundnetzes der Wärme. Am 23. Januar erhielt
das neue „Korps des Ehrenamtes“ im geschichts-
trächtigen Luthersaal des Augustinerklosters
zu Erfurt aus den Händen von Prof. Dr. Dagmar
Schipanski, Thüringer Landtagspräsidentin,
Prof. Dr. Christian Juckenack, Staatssekretär des
Thüringer Wirtschaftsministeriums und Klaus-
Dieter Barbknecht, Vorstandsmitglied der VNG –
Verbundnetz Gas AG ihre Ernennungsurkunden
und wurden feierlich in ihr Amt berufen. Mit dem
Botschafter-Titel zeichnet die Initiative jährlich
Bürgerinnen und Bürger für ihr gesellschaftliches
Engagement und ihren unermüdlichen Einsatz
für andere Menschen aus. Ein Jahr lang haben
Natalia Gamsulewa (Neustrelitz), Petra Düntsch
(Reichenbach), Uwe Gernert (Lutherstadt Witten-
berg), Nora Lang (Dresden), Larissa Neu (Berlin),
Claudia Poser (Gera), Gunter Schreyer (Chem-
nitz), Gerlinde Prössel (Wenzlow b. Brandenburg),
Dr. Gerd Franz Triebenecker (Stralsund) und Regina
Witte (Rostock) nun die Möglichkeit, für ihre Pro-
jekte und das ehrenamtliche Wirken zu werben, um
andere Menschen anzuregen, es ihnen gleich zu
tun. Mit der Urkunde und der Ehrennadel erhielten
die Ausgezeichneten einen Scheck über 5.000 Euro
zur finanziellen Unterstützung ihrer Projekte.
Natalia Gamsulewa (Neustrelitz): „Ich bin vom Charakter her ein
Mensch, der nicht auf der Couch sitzen kann, sondern etwas tun
muss. Und wenn ich etwas mache, dann hundertprozentig“, erzählt
Natalia Gamsulewa. Mit ihrem ehrgeizigen, sympathischen Wesen
reißt sie alle mit. Einen deutsch-russisch gemischten Frauenchor
leitet sie, seit sie 2004 mit ihrer Familie nach Deutschland kam.
Binnen kürzester Zeit war durch die Musik ein Mittel zur Verstän-
digung und Integration zwischen deutschen und russischen Mit-
bürgerinnen gefunden.
Gunter Schreyer (Chemnitz): Gunter Schreyer widmet sich in Eigen-
regie dem Aufbau und der Pflege einer Website, die für Jugendliche
verschiedenste Lehrstellen gebündelt bereithält. Woche für Woche
durchforstet er nicht nur Zeitungen und Online-Börsen, er schaut
gezielt auf einzelnen Websites der Unternehmen nach ausgeschrie-
benen Lehrstellen, die er so einsammelt und für die zukünftigen
Azubis zur Verfügung stellt.
Nora Lang (Dresden): „Die Geschichte darf nicht in Vergessenheit
geraten“, so Nora Lang, Mitglied des Vereins 13. Februar 1945 e.V.
Als Überlebende des schrecklichen Bombenangriffes der Alliierten
1945 auf Dresden ist sie eine Zeitzeugin, die sich das Ziel gesetzt
hat, ihre Erlebnisse aus dieser Nacht weiterzugeben. Fast täglich
hat sie mit Journalisten oder Schülergruppen aus der ganzen Welt
zu tun. Das Interesse an der Bombardierung Dresdens ist sehr groß.
Damit nichts in Vergessenheit gerät, verbringt die 74-jährige viel
Zeit mit Archivarbeit.
Regina Witte (Rostock): Regina Witte ist Mitglied im Vorstand des
Netzwerkes Freiwilliges Engagement Mecklenburg-Vorpommern, Vor-
standsvorsitzende von „Charisma“ e. V., stellvertretende Vorsitzende
sowie Finanz- und Vermögensverwalterin des Verbandes der Garten-
freunde Hansestadt Rostock, im Vorstand der Rostocker Heimstiftung
sowie Übungsleiterin bei FIKO Rostock und möchte zukünftig verstärkt
Generationen verbindende Projekte entwickeln und etablieren.
Vier neue Verbundnetzbotschafter im Portrait
Die Portraits aller Verbundnetzbotschafter finden Sie im Internet unter www.vng.de unter dem Menüpunkt Unternehmen/Verantwortung.
Engagement
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Sechs Neustrelitzer Schulen für „Engagement macht Schule“ gewonnen
Geben und Nehmen
In Neustrelitz ist es den Verbundnetz-Mitgliedern
Thomas und Hannelore Hildebrandt und der aktu-
ellen Verbundnetz-Botschafterin Natalia Gamsu-
lewa gelungen, gleich sechs Neustrelitzer Schulen
für das Projekt zu begeistern. „Ein ständiges Geben
und Nehmen, sich gegenseitig helfen, voneinander
lernen – das sind die Vorstellungen, die hinter dem
Projekt stehen“, so Siegbert Ketelhut, Leiter Öf-
fentlichkeitsarbeit der VNG – Verbundnetz Gas AG.
In Neustrelitz werden die Grundschule „Daniel
Sanders“, die Integrierte Gesamtschule „Walter
Karbe“, die Regionale Schule „Jawaharlal-Nehru“,
die Allgemeine Förderschule, die Schule zur indi-
viduellen Lebensbewältigung „Tom Mutters“ und
das Gymnasium Carolinum gemeinsam mit dem
Bürgerverein „Bei uns in Kiefernheide e.V.“ und
der Neustrelitzer Tafel das Projekt umsetzen. Die
Schüler sollen mit ihren Möglichkeiten für ihre
Kooperationspartner einbringen und gleichzeitig
Einblicke in die tägliche Arbeit der ehrenamtlichen
Helfer gewinnen. Im Gegenzug unterstützen die
ehrenamtlich Aktiven die teilnehmenden Schulen
im Sozialkundeunterricht und bieten den Lehrern
Berichte und Vorträge zu aktuellen sozialpoli-
tischen Themen an.
Individuelle Projekte
„Wir haben mit jeder Schule individuelle Verein-
barungen getroffen, die die Fähigkeiten der Schüler
fördern und fordern sollen“, erklärt Hannelore
Hildebrandt. So hat sich z. B. die Allgemeine För-
derschule „Am Tiergarten“ bereit erklärt, für die
sozial schwachen Nutzer der Neustrelitzer Tafel zu
backen und zu kochen und mit kleinen Program-
men in Alten- und Pflegeheimen aufzutreten. Das
Gymnasium Carolinum hat sich u. a. die komplette
Organisation einer Weihnachtsfeier für sozial
schwache Bürger auf die Fahne geschrieben. Und
da der aktuellen Verbundnetz-Botschafterin Nata-
lia Gamsulewa die Themen Kindergesundheit und
Bewegung schon immer sehr am Herzen lagen, ist
es für die 54-Jährige selbstverständlich, für die
Schüler der Grundschule „Daniel Sanders“ eine AG
Tanz und rhythmische Bewegung anzubieten.
Ins Leben gerufen wurde das Projekt vom Verbund-
netz der Wärme, das 2001 mit dem Ziel gegründet
wurde, Menschen für ehrenamtliche Tätigkeiten zu
sensibilisieren und zu motivieren. Seitdem steht
für die ostdeutsche Initiative das Thema Ehrenamt
im Vordergrund, welches als unverzichtbare Säule
des Gemeinwohls gestärkt werden soll.
Engagement macht Schule – auch am Goethe-Gymnasium in Reichenbach (Voigtland).
Verbundnetz der Wärme II
„Engagement macht Schule“ heißt ein Projekt des Verbundnetzes der Wärme, das vor allem die Motivation zum Ehren-
amt von Jugendlichen fördern soll. Die Zusammenarbeit der Verbundnetz-Mitglieder mit den Schulen soll dazu beitragen,
Schülerinnen und Schülern Kompetenzen für das Ehrenamt zu vermitteln und ihnen helfen, sich auf eine verantwortungs-
bewusste Rolle in der Gesellschaft vorzubereiten. Neben der Wolfener Sonnenlandschule sind seit kurzem auch Reichenbacher
und Neustrelitzer Schulen am Ehrenamt interessiert.
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Richard Müller (1874–1954) – Ein Künstler zwischen Anerkennung und AblehnungPhantastische, surreale, bisweilen absurde Bilderwelten begegnen dem Betrachter, wenn er sich mit den Werken von
Richard Müller beschäftigt. VNG stellte eine Auswahl seiner Original-Radierungen im Februar und März diesen Jahres in Leipzig
aus. Bodo Pientka, Mitarbeiter der VNG-Tochter ONTRAS – VNG Gastransport GmbH, Leipziger Kunstsammler und Besitzer
der Werke, stellt die ungewöhnlichen Begegnungen in Müllers Bildern vor.
Zu Beginn der 90er Jahre des vorletzten Jahrhun-
derts wurde das künstlerische Europa von einer
neuen Stilrichtung erschüttert, die in Deutschland
unter dem Namen „Jugendstil“ bekannt wurde.
Von dieser Entwicklung blieb auch das barocke
Dresden nicht unbeteiligt. Wie in den anderen be-
deutenden deutschen Kunststädten wie München,
Berlin, Hamburg, Weimar und Darmstadt bildete
sich hier eine Gruppe meist jüngerer Künstler zum
„Verein Bildender Künstler Dresden“, die eine Neu-
orientierung der Dresdner Malerei forderten. Dazu
gehörte neben so bekannten Künstlern wie Sascha
Schneider, Hans Unger oder Oskar Zwintscher auch
Richard Müller. Als Vorbild für diese Bewegung galt
der nur wenig ältere Großmeister der sächsischen
Kunst, der Leipziger Max Klinger.
Richard Müller wurde am 28. Juli 1874 in Tscher-
nitz (Böhmen) geboren, mit 14 Jahren wurde er
Schüler an der Malschule der Königlichen Porzel-
lanmanufaktur Meißen, nach anderthalbjähriger
Ausbildung bewarb er sich an der Dresdner Kunst-
akademie, wo er drei Jahre von verschiedenen
Professoren im Malen unterrichtet wurde. Bei
einer Begegnung mit Max Klinger schenkte die-
ser Richard Müller Radierwerkzeuge und lenkte
sein Augenmerk auf das Gebiet der Radierung,
welches zu Müllers eigentlichem Metier wurde.
„Das rote Herz“ (Gemälde)
VNGart
57 medium gas | 2009.1
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Erste malerische Erfolge stellten sich ab 1898
ein, Müller wurde zum Lehrer an die Dresdner
Kunsthochschule berufen, beschickte mit seinen
Werken die Ausstellung der Wiener Sezession
und wurde 1902 als Leiter der Malklasse ernannt.
Die Verleihung des Professorentitels erfolgte im
März 1903 mit Zustimmung Sr. Majestät, des
Königs von Sachsen. Im Zusammenhang mit der
es überstieg sein Fassungsvermögen. Müller hat
sich zeit seines Lebens nicht von Symbolistik und
Jugendstil lösen können, was er aber bis zur Per-
fektion beherrschte. Mit den von ihm geschaffenen
Radierungen sicherte sich Müller einen ersten
Platz in der Reihe der deutschen Grafiker. Die
zahlreichen Radierungen zwischen 1910 und 1925
erinnern immer an die Fin-de-siecle-Dekadenz
der Jahrhundertwende. Viele Tierdarstellungen, wie
Marabu, Ameisenbär, Krebs, Mäuse oder Hunde
lenkten davon ab, dass für Müller die künstlerische
Situation immer schwieriger wurde, dabei ist sein
Hang zur sexuell-hintersinnigen Anekdote aber
nicht zu übersehen.
„Auf Freiersfüßen“ (Gemälde)„Knabe mit Schlange“ (Gemälde)
wachsenden Anerkennung gehört die Berufung
als Preisrichter für die Weltausstellung 1904 in
St. Louis, USA, genannt.
Müllers Lehramt und seine öffentlichen Verpflich-
tungen beanspruchten ihn in dem Maße, dass
seine grafischen Arbeiten ruhten und die Malerei
nur noch sporadisch ausgeübt wurde. Er stellte
eine Autorität dar, gepaart mit Selbstdisziplin,
hatte aber auch eine gewisse Jovialität und dras-
tische Ausdrucksweise gegenüber seinen Schü-
lern und Modellen. Seine ablehnende Haltung
zu den modernen Malern und besonders zu den
Malern der „Brücke“ war symptomatisch für ihn,
58 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
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Fortsetzung von Seite 57
Richard Müller (1874–1954) – Ein Künstler zwischen Anerkennung und Ablehnung
Ab 1925 endete Müllers grafische Arbeit, auch das
symbolistische Genre pflegte er kaum noch. Die
neue Künstlergeneration um Dix, Grosz, Felixmüller,
Kirchner, Schmidt-Rottluff und Kokoschka ignorierte
er, ihre revolutionären Ideen interessierten ihn
nicht, obwohl diese Maler von ihm beeinflusst wur-
den. Dix zum Beispiel arbeitete technisch ähnlich
wie Müller und feierte große Erfolge.
Mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten voll-
zog er wie viele andere noch tätige Künstler seiner
Generation den Schwenk nach rechts. Er sah wohl
in der straffen Haltung der neuen Machthaber eine
Verfestigung des künstlerischen Gefüges, auch in
seinem Sinne. Parteigenosse Müller wurde durch
seine jüngeren Gesinnungsgenossen jedoch ins
Abseits gedrängt, seine unzeitgemäße Kunst führte
zu Irritationen und Ablehnung. Ein Spiegelbild
seiner Ohnmacht ist ein diffamierender Artikel
über alle Künstler, die ab 1905, dem „Brücke“-
Gründungsjahr, Rang und Namen in der Dresdner
Kunst hatten.
Neben der Anbiederei an die Nationalsozialisten
ist sein Hass gegen alles Moderne nicht zu über-
sehen. Auch als Rektor der Kunsthochschule
wurde Müllers Position immer desolater, ihm
wurde der Gegensatz in seinen Grafiken zwi-
schen schönem Weib und lüsternem Tier zum
Verhängnis, 1935 wurde er amtsenthoben und
arbeitete fortan nur noch auf privatem Sektor.
Müller hatte die öffentliche Bühne verlassen.
Es entstanden nur noch Bleistiftzeichnungen
und intime Gemälde, Landschaften, Porträts,
„Todeskampf“ (Radierung)
„Neckerei“ (Radierung)
„Bogenschütze IV“ (Radierung)
59 medium gas | 2009.1
4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 5149 52 53 55 5654 58 5957 6034333231
1 Auch der Autor besitzt eine
größere Anzahl von Originalen
(Anmerk. der Redaktion)
„Mein Quick“ (Radierung)
„Am Meer“ (Radierung)
„Rivalen“ (Radierung)
„Elefant liegend mit Akt“ (Radierung)
Tiere, nur noch selten griff er auf ein altes sym-
bolistisches Thema zurück.
Im Jahr 1947 begann gegen Müller ein Prozess
in Dresden wegen seiner Stellung zum National-
sozialismus, seinen Arbeiten zum Leben Adolf
Hitlers und Horst Wessels und seiner Verant-
wortung zur Ausstellung 1933 „Spiegelbilder
des Verfalls“, wo er viele seiner Künstlerkollegen
diffamierte. Müller wurde als Minderbelasteter
freigesprochen. Vereinsamt starb er 1954 in
Dresden-Loschwitz.
Müllers Werk blieb in den folgenden Jahrzehnten
weitgehend unbeachtet, in der ehemaligen DDR
war sein Werk verpönt und erst 1974, mit der
Rückbesinnung auf die Traditionen des Jugend-
stils, gab es in Hamburg eine erneute Ausstellung
zu sehen. Aber es gab und gibt eine ganze Reihe
von Sammlern, zu deren prominentesten Per-
sönlichkeiten Richard von Weizsäcker, Manfred
Krug, Armin Müller-Stahl oder Ronald Reagan
zählen.1 Noch heute ist das Verhältnis zu Müller
und seiner Kunst ambivalent. Es liegt wohl an
den Schwierigkeiten bei der Eingruppierung des
Künstlers in die gängigen kunstgeschichtlichen
Ordnungsprinzipien.
Eine Diskussion zu Für und Wider, Sinn oder Un-
sinn in Müllers Werk führen zu wollen, ist nicht
Aufgabe dieses Beitrages, eine wissenschaft-
liche Aufarbeitung des Werkes und der Person
des Künstlers steht noch aus. Eine persönliche
Meinung über die Inhalte und Aussagen seiner
Werke ist immer subjektiv und kann nicht die
allgemeingültige Ansicht sein.
Wollen wir es als kunstinteressierte Betrachter
nicht lieber so halten, wie uns schon die alten
Römer kund und zu wissen gaben: „De gustibus
non est disputandum.“ – „Über Geschmack sollte
man nicht streiten“.
Bodo Pientka, Dispatching ONTRAS –
VNG Gastransport GmbH
medium gas | 18. Jahrgang | 1. Ausgabe | April 2009
Seit fast 40 Jahren importiert VNG Erdgas für Groß-abnehmer. Auch in Zukunft ist auf uns Verlass. Denn unser Erdgas kommt aus Russland, Norwegen und Deutschland. Schon heute haben wir Lieferverträge bis zum Jahr 2030 abgeschlossen, Transportrouten und Speicherkapazitäten gesichert. Wir erschlie-ßen neue Bezugsquellen auf den internationalen Märkten und mit eigener Gasexploration. Unsere Mission: Versorgungssicherheit für unsere Kunden – Energiesicherheit für kommende Generationen.
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