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.de Ausgabe 6/2016 (November/Dezember) · EUR 6,00 (DE) · E -14205 · ISSN 2364-1320
Bläsermusik in Europa
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PERFORMANCE8. Schweizerischer Dirigentenwettbewerb
PRAXISDie Kraft der nicht geschriebenen Noten
PORTRÄTAdrian Ionut Buzac In Memoriam Bernhard Habla & Franz Cibulka
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12 Adrian Buzac Der Professor am Vorarlberger
Landeskonservatorium ist erfolgreicher Solokünstler und begnadeter Pädagoge
20 Franz Cibulka Wieder müssen wir Abschied nehmen
von einem großartigen Musiker und feinsinnigen Komponisten. Ein Nachruf
24 Bernhard Habla Der IGEB-Präsident war leidenschaft-
licher Blasmusikwissenschaftler. Nun hat er den Kampf gegen den Krebs verloren
66 Juliana Pierer-Kliment Was macht eigentlich ... ?
01 Titelfoto Adrian Buzac, Oboe
03 Editorial
05 Impressum
06 Foto des Monats
08 Euro-News 09 Termine international
11 Termine Deutschland
59 Konzert-Highlights
62 Termine Professionals
64 Termine Ausbildung
65 Inserentenverzeichnis
Standards
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Porträt
16 Eine spannende Reise ins musikalische Ungewisse Die 22. Innsbrucker Promenaden-konzerte haben erneut gezeigt, dass musikalische Höhepunkte nicht planbar sind. Eine Bilanz von Alois Schöpf
18 Aura des Siegers prägt Finale Der 8. Schweizerische Dirigenten-
wett bewerb hat drei junge, erfolg-versprechende Maestros ins Licht der Öffentlichkeit gebracht
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26 Jupiter-Workshops (Teil 38) Die Pause ist ein nicht gespielter Ton –
Paul L. Schütt erklärt die Kraft der nicht geschriebenen Noten
28 Die schönsten Saiten eines Blasorchesters Jedes gute Blasorchester hat einen, aber nur die wenigsten Dirigenten kennen die Geheimnisse des Kontrabasses
32 »Bach on Brass« Das Ensemble »German Brass« ist
ECHO-Klassik-Preisträger 2016. Die neue CD beweist warum
34 Rezensionen Buch- und CD-Besprechungen
38 Branche Neuheiten und Neuvorstellungen
auf dem Musikmarkt
42 WASBE Schweiz Für Sandro Blank, Sieger im 8. Schwei-zerischen Dirigentenwettbewerb 2016, ist Nachhaltigkeit in der musikalischen Arbeit wichtiger als Schnellschüsse
44 DTB Musik und Spielmannswesen Seit 35 Jahren ist Albert Bohnsack an der Turner-Musik-Akademie Altganders-heim tätig. Ein Besuch vor Ort
››› Impressum
ChefredaktionGerhard TenzerAugust-Lämmle-Straße 50D-72658 BempflingenTel. 0 71 23 / 97 38 15-0Fax 0 71 23 / 97 38 15-15E-Mail: [email protected]
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© 2016Beiträge, die mit dem Namen des Verfassers gekennzeichnet sind, decken sich nicht un bedingt mit der Meinung der Redaktion. Keine Gewähr für unverlangt eingesandte Manuskripte oder Besprechungsexemplare. Einsender von Manuskripten, Briefen oder Ähnlichem erklären sich mit redaktioneller Bearbeitung einverstanden. Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrecht-lich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages strafbar.
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n Gegründet im Jahr 1993 von Louis Martinus, hat sich der Verlag HaFaBra Music auf Kompositionen und Bearbeitungen für HArmonie, FAnfare und BRAssband sowie CDAufnahmen seiner Werke spezialisiert. Die nun hier vorliegende 44. Ausgabe mit Verlagsaufnahmen ist eine reine PromotionCD, die der Vermarktung der Verlagsliteratur dient. Als Orchester fungiert das Ad Hoc Wind Orchestra – der Name ist Programm –, welches mit ständig wechselnder Besetzung auch schon für frühere Verlags
aufnahmen zur Verfügung stand. Dirigenten dieses CDProjekts sind der Belgier JeanPierre Haeck, seines Zeichens 1. Kapellmeister am Opernhaus der Wallonie, und der bekannte Komponist und Dirigent Hardy Mertens, der hier allerdings nur eine eigene Komposition vorstellt: »Land of thousand Flavours«, ein Solo stück für Erhu (zweisaitige chinesische Violine, ad lib. Violine oder Sopransaxofon), EthnoSchlagwerk und flexible Instrumentation. Ein sehr schönes Stück im Schwierigkeitsgrad 4, interessant für Orchester und Dirigenten, die mal eine andere Art von Sololiteratur suchen. Ansonsten enthält der Tonträger die verschiedensten Arten und Stilrichtungen sinfonischer Blasmusik im Schwierigkeitsgrad 5 bis 1.
Eröffnet wird die CD mit der namensgebenden Komposition »Lexicon of Gods« aus der Feder von Rossano Galante. In dem knapp zehnminütigen, dreisätzigen Stück im Schwierigkeitsgrad 5 wird die griechische Mythologie
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n Er ist schon mehr als 25 Jahre tot, sein 24. und letzter Film »Die Stimme des Mondes« datiert aus dem Jahre 1990 – und doch gilt Federico Fellini, der Schöpfer von »La dolce Vita«, »La Strada«, »Achteinhalb« und »Amarcord«, bis heute als wohl berühmtester italienischer Regisseur. Nun hat Johan de Meij, seit seiner ersten Sinfonie »Der Herr der Ringe« aus dem Jahre 1989 einer der Großen in der Szene der sinfonischen Blasmusik, dem Filmemacher eine Hommage komponiert. Dabei bedient er sich nicht etwa der Musik von Nino Rota, dessen filmmusikalisches Werk untrennbar mit Fellini verbunden ist, sondern geht seinen eigenen Weg. »Fellini«, das der jüngsten CD des Labels Amstel mit Musik, die de Meij geschrieben oder herausgegeben hat, den Namen gab, ist eine Art blasmusikalische Kammeroper zu Ehren des Schöpfers bildgewaltiger Leinwandopern. Protagonisten des mehr als 20minütigen Werks sind neben dem Blasorchester ein Zirkusclown, verkörpert durch einen AltsaxofonSolisten, sowie eine achtköpfige Zirkus
kapelle. Solist auf der Einspielung ist, wie bei der Uraufführung im November 2015 mit der schweizerischen Musikgesellschaft Vispe, Hans de Jong, Professor für klassisches Saxofon und Kammermusik am Konservatorium Antwerpen. Ihm gibt der Komponist in der Partitur präzise Regieanweisungen. Der Solist steht nicht wie gewohnt neben dem Dirigenten, sondern bewegt sich auf der Bühne zwischen Schminktisch und Liegesofa, zwischen Blasorchester und der idealerweise im Foyer des Konzertsaals postierten Zirkuskapelle. Ganz ohne oberflächlichen Klamauk entsteht sensibel und liebevoll in Töne gesetzt eine zirkusähnliche, unwirkliche Atmosphäre, wie sie etlichen Filmen Fellinis eigen ist. Dies im Konzert angemessen umzusetzen ist eine Herausforderung, der nur wenige Orchester und noch weniger Solisten gewachsen sein dürften. Die
CD kann die szenische Umsetzung zwangsläufig nicht vermitteln – hier wäre eine DVD das Mittel der Wahl.
Mit der Tiefe des Raumes spielt auch »The Echoes of San Marco«. In dem gut zehnminütigen Werk, das ebenfalls der gehobenen Oberstufe zuzuordnen ist, knüpft de Meij an die venezianische Mehrchörigkeit der Renaissance an. Thematische Basis sind Fragmente aus Giovanni Gabrielis »Sacrae Symphoniae«. Vorgestellt von zwei Blechbläserquartetten, idealerweise in den hinteren Ecken des Konzertsaals postiert, greifen verschiedene Gruppen dieses Material imitierend auf, etwa ein Doppelrohr, ein Saxofon, ein Horn und ein Tuba/Eufonium quartett sowie zwei Röhrenglockenspiele. Auch diese können, so der Vorschlag des Komponisten, teilweise im Saal verteilt aufgestellt werden. Das Spiel mit der Akustik des Raums, Echoeffekte und immer wieder der Klang der Glocken machen »Echoes of San Marco« zu einem interessanten Werk, das am besten in einer Kirche funktioniert. Der mittlerweile in den USA lebende Niederländer erhielt dafür bei der 30. Ausgabe des Kompositionswettbewerbs im italienischen Corciano zum vierten Mal eine Auszeichnung. Die Jury lobte unter anderem den originellen Stil und die inno vative Orchestrierung. Zu Recht, wenngleich das finale Grandioso einer triumphierenden Hymne im Vergleich zu den ersten zwei Dritteln des Werks etwas konventionell daherkommt.
Wie meisterhaft de Meij zu orchestrieren vermag, zeigt er in zwei weiteren Werken des Tonträgers: »Sinfonia Espansiva« ist der erste Satz der 1912 uraufgeführten dritten Sinfonie des Dänen Carl Nielsen. Eine ebenso lohnenswerte Bereicherung im Segment der Transkriptionen für Blasorchester ist Antonín Dvořáks auf einem Klavierwerk basierende »Amerikanische Suite«: 20 Minuten von amerikanischer Volksmusik beeinflusste Musik in fünf Sätzen, die das weithin auf Bläserfassungen der »Slawischen Tänze« und der Sinfonie Nr. 9 »Aus der Neuen Welt« begrenzte Repertoire erweitern. Komplettiert wird »Fellini« durch die »Fantasia Napoletana«, in der der italienischstämmige Niederländer Anthony Fiumara auf sechs Volkslieder aus der Heimat seiner Vorfahren
zurückgreift. Die Musique Militaire GrandDucale de Luxembourg, wie das Militärorchester in seiner Heimat heißt, interpretiert das Quintett dreier Originalwerke und zweier Bearbeitungen auf »Fellini« unter de Meijs Leitung vorbildlich. Daniel Gramespacher
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»Fellini« • The Luxembourg Military Band, Leitung: Johan de MeijAmstel Classics, CD 2016-01www.musicshopeurope.com
»Lexicon of the Gods«Ad Hoc Wind Orchestra, Leitung: Jean-Pierre Haeck, Hardy MertensHaFaBra Music Vol. 44, 89054-2www.hafabramusic.com
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»Lexicon of the Gods«Ad Hoc Wind Orchestra, Leitung: Jean-Pierre Haeck, Hardy MertensHaFaBra Music Vol. 44, 89054-2www.hafabramusic.com
musikalisch verarbeitet. Perseus, Penthos und Zeus sind die Namensgeber der jeweiligen Sätze. Ein Werk, das gut in Programmen aufgehoben ist, die diese Thematik zum Inhalt haben. Aber Vorsicht: Die schön zu hörende Komposition hat so manche Klippe, die erst einmal umschifft werden muss. Dennoch eine dankbare Aufgabe für Orchester mit höherem Leistungsniveau. Es folgt eine klassische Bearbeitung, der Walzer aus der TschaikowskyOper »Eugen Onegin«. Gut gemacht und transparent musiziert. Da der Walzer mit Grad 3 angegeben ist, kann das Werk auch eine Alternative für zahlreiche Programme im Advent sein. Danach folgen zwei Kompositionen der Komponisten Stephen Bulla und Derek Bourgeois. Bullas »Of ancient dances« erinnert in einigen Passagen stark an Salomés Tanz und beinhaltet technisch schwierige Passagen, sodass die Einstufung in Grad 5 gerechtfertigt erscheint. Derek Bourgeois’ »Renaissance revisited« ist ein ideales Stück für Kirchenkonzerte, die aus dem herkömmlichen Rahmen ausbrechen wollen. Toll orchestriert, toll gespielt und mit Grad 3 für viele Orchester spielbar. Im Anschluss wechseln sich Stücke der Schwierigkeitsgrade 3 und 4 ab. Eine Ausnahme stellt der »Happy Calypso« (Grad 1) von Raine Ampuja für Schülerorchester dar.
Ansonsten lassen sich die restlichen Werke der Einspielung thematisch zusammenfassen in der Rubrik »Musik anderer Länder«. Die bereits angesprochene Komposition von Hardy Mertens gehört ebenso dazu wie »Klezmer Clarinet« aus der Feder von André Waignein. »Two Carols for Band«, ebenfalls in einem Arrangement von André Waignein, verarbeitet auf eine etwas spröde Art und Weise die beiden Weihnachtslieder »Stille Nacht« und »Little Town« of Bethlehem. Ein weiteres getragenes Stück ist »This majestic Land« in einem gelungengen Arrangement von Verlagschef Louis Martinus. Ein ideales Einspielstück oder ein schöner Ruhepunkt in einem Konzertprogramm. An diesem Stück zu arbeiten lohnt sich mit Sicherheit. Die restlichen drei Stücke widmen sich dann der leichten Muse. Fazit: Eine gut gemachte VerlagsCD mit abwechslungsreichem Repertoire, auf der man mit Sicherheit fündig wird. Dr. Eric Grandjean
n Die Sächsische Bläserphilharmonie unter Leitung von Thomas Clamor zeigt mit dieser CD einmal mehr ihren Ausnahmestatus in der deutschen Bläserszene, sind sie doch nach wie vor das einzige zivile ProfiBlasorchester Deutschlands. Und auch auf dieser CD musizieren sie, wie man es von diesem Ensemble gewohnt ist, auf äußerst hohem Niveau. Die Leipziger Musiker präsentieren auf »Images and Mirrors« zu Musik gewordene Bilder und halten uns den musikalischen Spiegel vor. Dies betrifft eine interessante Programmauswahl und lesenswerte Informationen und Gedanken zu den vier Werken von Paul Hindemith, Friedrich Gulda, Heitor VillaLobos und Bart Picqueur im Booklet. Die beiden Hauptwerke dieser CD sind das Konzert für Cello und Blasorchester des österreichischen Komponisten Friedrich Gulda aus dem Jahr 1981 sowie »Jeu de Cartes« von Bart Picqueur als WeltErsteinspielung. Die Solisten hierbei sind zum einen Peter Bruns (Cello) und das ebenfalls sehr renommierte Saxofonquartett clairobscur.
In allen Sparten seit Jahrzehnten zu Hause
Alle vier Werke des Tonträgers überzeugen durch ihren ganz eigenen Stil: Der Marsch von Paul Hindemith ist kein »traditioneller« Marsch, denn Hindemith verarbeitet Bruchstücke von Carl Maria von Weber zu einem sinfonischen Marsch voller Ironie, interessanter Klangfarben und auch zahlreicher kammermusikalischer oder gar solistischer Teile. Friedrich Gulda war ein Grenzgänger zwischen der oft so streng getrennten Welt der Klassik und des Jazz. So ist auch sein Cellokonzert ein steter Wechsel von Klassik, Rock und Jazz. Mal fungiert das Blasorchester quasi als große Rockband, um im nächsten Takt zu einem österreichischen Ländler zu wechseln. Thomas Clamor lässt seine Musiker in der Ouvertüre mit einem fetzigen FunkRock starten, die zahlreichen Wechsel in die Klassik gelingen stets souverän, sodass man sich einige Takte später in einem klassischen Bläserensemble mit SoloCello wiederfindet. Aber auch hier sollte man nicht zu lange schwelgen, denn die nächste überraschende Wendung kommt sogleich. Der zweite Satz (»Idylle«) beginnt mit herrlichen
romantischen Hörnern im Zwiegespräch mit Peter Bruns am Cello, der hier in einem wunderbar zarten Ton schwelgt. In der Kadenz zeigt uns Peter Bruns, wie vielseitig das Cello ist: mal extrem virtuos, mal einfühlsam melodiös, dann wechselt Bruns mit Spezialeffekten nahtlos in die Rockmusik. Guldas Cellokonzert erfordert einen hervorragenden Solisten und ein sehr flexibles Orchester. Dass die Leipziger sich in allen Sparten der E und UMusik bestens auskennen, beweisen sie bereits seit Jahrzehnten.
Zwischen brasilianischer Samba und Barock
Als Überleitung zum nächsten Konzert dient ein Arrangement von Heitor VillaLobos’ berühmter Arie aus Bachianas Brasileiras für Solocello und Saxofonquartett. Auch hier wandelt der Komponist wieder zwischen zwei verschiedenen Stilen, einer brasilianischen Samba und Barockmusik im Stil von Johann Sebastian Bach. Bart Picqueur sagt von seinem Konzert für Saxofonquartett und Blasorchester, das für das Ensemble clairobscur geschrieben wurde, dass es keine Programmmusik sei, sondern zu Musik gewordene Bilder. In »Jeu de Cartes« aus dem Jahr 2013 wird jedem Saxofon oder auch dessen Spieler eine Spielkarte zugeordnet. Auch hier beginnt der erste Satz (»Queen of
Hearts«) erneut mit einem barocken Marsch. Bart Picqueur ist ein Meister der Wandlungsfähigkeit. Ähnlich wie bei Guldas Cellokonzert wird man auch hier in keinem Musikstil heimisch, da es ständig überraschende Wendungen gibt – bravourös gemeistert von den vier Solisten und der Sächsischen Bläserphilharmonie. Quartett und Bläserphilharmonie musizieren fein aufeinander abgestimmt und technisch brillant zusammen. Ingo Samp
»Images and Mirrors«Sächsische Bläserphilharmonie, Leitung Thomas Clamor; Solisten: Peter Bruns (Cello), clair-obscur (Saxofon-Quartett)Genuin, GEN 16419 • www.genuin.de
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und orchestrale Teile in raffiniertem Wechsel und führt die Sinfonie zu einem mitreißenden Finale.
Die beiden kürzeren Werke »House Plants in Terracotta Pots« im Stil der »Minimal Music« von Roy D. Magnuson und »Evening Music« von Jayce J. Ogren komplettieren den Tonträger. Besonders das letztere, eine Vertonung des Gedichts »Abend« von Rilke, ist eine reizvolle Bereicherung des Blasorchesterrepertoires mit SoloSopranstimme. Interessant und künstlerisch wertvoll sind alle Kompositionen auf der »Monuments«. Ob die Werke tatsächlich zu Denkmälern werden, wie es der Titel verheißt, wird die Zukunft zeigen. Jedes Werk hat es sicherlich verdient, öfter aufgeführt zu werden, insbesondere wenn es geschickt mit optimistischkontrastierenden Stücken programmiert wird. Denis Laile
Passagen und seufzendklagende Abschnitte ein eindrückliches und durchaus aufwühlendes Klangerlebnis bieten. Beide Sätze lassen den Zuhörer eher fragend und nachdenklich zurück, ein nach Versöhnung klingender BlechbläserChoral in der zweiten Kantate bleibt nur ein Momenteindruck. Wie im ersten Werk dieser CD arbeitet auch Hodkinson, der viele Jahre an der Eastman School of Music tätig war, mit lautmalerischem Gesang und wichtigem Einsatz des Klaviers. Die technischen Anforderungen an das Orchester sind in diesem Werk zwar eher gering, entscheidend sind saubere Tongebung, Intonation und Orchester balance. Gerade hier zeigt sich die Stärke der Illinois Wind Symphony, die mit dieser Darbietung die gewünschte Intention transportieren kann. Eine Aufführung im Kirchenraum kann Hodkinsons Kantaten sicherlich eine weitere Verstärkung des gewünschten Ausdrucks verleihen.
Die 1. Sinfonie von Martínez Gallego ist mit einer knappen halben Stunde das längste Werk auf diesem Tonträger. Der Titel »Kaprekar« bezieht sich auf den gleichnamigen indischen Mathematiker, der im Bereich der Zahlentheorie die KaprekarKonstante 6174 entdeckt hat. Diese Zahlenfolge nimmt Gallego auf und baut daraus sein Grundmotiv, indem er die Töne 6174 der chromatischen Skala auswählt. Das gesamte musikalische Geschehen leitet sich im Folgenden aus diesem Motiv ab. Hierbei zeigt sich die handwerklich und inspirierende Kompositionskunst Gallegos. Während die amerikanischen Werke für ein eher klein besetztes Wind Ensemble geschrieben sind, hat Gallego für seine Sinfonie ein großes spanisches Blasorchester mit mehr als 100 Musikern vor Augen. Die Illinois Wind Symphony spielt dieses Werk dennoch in WindEnsembleBesetzung mit doppelten Holzbläsern ein und beweist somit dessen Eignung auch für kleinere Besetzungen. Dramatischwilde Passagen, aufwühlende Harmonik und schnelle Läufe in den Holzbläsern bleiben dem Hörer besonders in Erinnerung. Lyrischpastorale Abschnitte, die häufig mit schnellen, kurzen Einwürfen kontrastiert werden, erzeugen ein beeindruckendes Klanggemälde. Gallego kombiniert kammermusikalische
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n Mehr als 50 Tonträger sind bereits in der Serie »Wind Band Classics« des Labels Naxos erschienen. Diese Reihe bietet somit einen beachtlichen und repräsentativen Querschnitt der Bläsermusik. Wer aufgrund der Namensgebung vermutet, dass in dieser Serie vor allem Klassiker und Standardrepertoire erscheinen, wird über vier Ersteinspielungen des neuen Tonträgers »Monuments« erstaunt sein. Naxos hat sich zum Ziel gesetzt, die besten Werke für sinfonisches Blasorchester zu veröffentlichen und bietet hierbei erfreulicherweise auch bislang unbekannter Musik eine Plattform. »Monuments« vereint vier solcher Werke und stellt eine spanische Sinfonie drei USamerikanischen Werken gegenüber. Verbindende Elemente aller vier Werke ist neben großer handwerklicher Kompositionskunst ein seriösphilosophischer Charakter, der sich nicht selten im düsterdunklen Emotionsgrad bewegt. Eingespielt in hervorragender Qualität wurde die CD von der »Illinois State University Wind Symphony«, einem der besten Hochschulblasorchester Nordamerikas, unter Leitung des deutschen Dirigenten Martin H. Seggelke. Seggelke, 1975 in Hamburg geboren, lebt bereits seit vielen Jahren in den USA, hat dort studiert, war Professor an verschiedenen renommierten Hochschulen und leitet unter anderem das professionelle »San Francisco Wind Ensemble«.
Das erste Hauptwerk, »Duae Cantatae Breves« von Sydney Hodkinson, wurde bereits 1995 geschrieben und vereint zwei kurze Kantaten in mystischdunklem Charakter. Basierend auf einem Motiv aus Gesualdos im 16. Jahrhundert geschriebenen Madrigal »Resta di darmi«, welches von der Bitte um Auflösung von Angst und Schrecken handelt, erschafft Hodkinson zwei langsame und emotionsgeladene Sätze, die durch dissonanzreiche Harmonien, schwebendmeditative Klänge, alarmierende Blech und Schlagwerkeinsätze, dramatischrezitative
»Monuments« • Illinois State University Wind Symphony, Leitung: Martin H. SeggelkeNaxos, CD 8.573453 • www.naxos.de
n Eigentlich könnten alle CDs der Dallas Wind Symphony unter der Rubrik »Best of Winds« laufen. Wir wollen in den nächsten Ausgaben auch einen verstärkten Blick auf diese Reihe werfen. Mit der 1994 erschienenen Aufnahme »Pomp & Pipes« präsentiert Frederick Fennell kraftvolle Musik für Orgel und Blasorchester. Jerry Junkin hat mittlerweile mit »Crown Imperial« ins gleiche Horn gestoßen – diese Produktion für Orgel und Blasorchester soll jedoch in einer der nächsten Ausgaben besprochen werden. Die Kombination Blasorchester und Orgel verspricht spannende Werke und erhebende, aerophone Klänge, die ungemein miteinander harmonieren, aber auch in einen kontrastierenden Kontext gestellt werden können. Paul Riedo hat die Register der »Herman W. and Amelia H. Lay Family Concert Organ« gut gewählt und kann so stets in einen aussagekräftigen Dialog mit der Dallas Wind Symphony treten. Frederick Fennell selbst hat die künstlerischen Fäden konsequent in der Hand und vermag ein breites Œuvre zu entfachen. Hier gibt es Material für Kirchenkonzerte in Hülle und Fülle, schließlich sind alle neun eingespielten Werke bei neun Verlagen erschienen, die im Booklet auch genannt werden. Das allein sagt schon etwas aus über die herausragende
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Qualität des mit Bedacht zusammengestellten Programms. Kein Verlagsdiktat, sondern Musik als purer künstlerischer Ausdruck!
Der barock anmutende Auftakt »Lobet den Herrn mit Pauken und Zimbeln schön« ist schon ein herrlich erhabener Tanz der Klangfontänen. Pfeift die Orgel bei Alfred Reeds »Alle lujah! Laudamus Te« in Sachen prominenter PartiturPlatzierung eher aus dem letzten Loch, wird es da mit Euegene Gigouts »Grand Chorus in Dialoge« schon immens majestätischer. Drei sinfonische Dichtungen zeugen anschließend von der Tatsache, dass es nicht nur Choräle oder Präludien zu entdecken gibt. Aus der »Fenland Suite« von Arthur Wills spielt die Dallas Wind Symphony »Die Wikinger«; eine
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aufgewühlte Klangmasse mit scheinbar orientierungslosen Kadenzen und Skalen, die mit der Orgel an eine schroffe Toccata gemahnen. Hier ist die Intonation ob der bisweilen stark ajourierten Harmonik nicht gänzlich ungetrübt.
Kennt man Percy Aldridge Grainger eigentlich als leichtfüßig tänzelnden Komponisten mit bunten Klangfarbpaletten, so stimmt sein Spätwerk »The Power of Rome and the Christian Heart« eher nachdenkliche Töne voll weihe voller Substanz jenseits von sakralem Pomp an. Nach Marcel Duprés »Poem Heroique«, das trotz ReminiszenzCharakter einen romanischen Geist beschwört, tritt mit Ron Nelsons »Pebble Beach Sojourn« ein fantas
tisch glitzernder Geniestreich für Orgel und Bläser in ein hier bewusst modern funkelndfleckerndes Rampenlicht. Mit der »Polka und
Fuge« aus der Volksoper »Schwanda der Dudelsackpfeifer« des Tschechen Jaromir Weinberger setzt Fennell zum Schluss ein eindrucksvoll nachhallendes Ausrufezeichen. Bernd Neuschl
»Pomp & Pipes« • Dallas Wind Symphony, Leitung: Frederick Fennell; Paul Riedo (Orgel)Reference Recordings, RR-58CDwww.referencerecordings.comwww.sieveking-sound.de
• Yes Indeed! | Sy Oliver | arr. Andy Clark | opt. Vocal | Grad 3,5• Second Century | Alfred Reed | Konzertmarsch | Grad 4• A little Salsa Music | Adam Corb | Grad 3,5• The Seafarer | Haydn Wood | Nautical Rhapsody | Grad 4,5• The Legend of Amaterasu | Eric Swiggers | Grad 4• Alba Overture | Ferrer Ferran | Grad 3• Little Suite for Band | Luis Serrano Alarcón | Grad 4• Wer hat an der Uhr gedreht (Paulchen Panther)
Q. Amper/F. Strittmatter | arr. Peter Riese | Grad 3,5• All I want for Christmas is You | M. Carey | arr. P. Riese | Grad 3-4• March (aus der Nussknacker Suite) | Tschaikowski
arr. Peter Riese | Grad 4-5• Baghira | Ferrer Ferran | Sonatine f. Altsax. u. BLO | Grad 3,5• Paquito el Chocolatero | Gustavo P. Falcó | Pasodoble | Grad 2,5• Funiculi, Funicula | Luigi Denza | arr. Alfred Reed | Grad 3,5 • Non, je ne regrette rien | Edith Piaf | Vocal | Grad 3-4• Erste Sahne | Udo Jürgens Medley | arr. Peter Riese | Grad 3• Danke Hansi | James Last | arr. Peter Riese | Medley | Grad 4 • All of me | J. Legend | arr. Peter Riese | Posaune opt. Euph. | Grad 4• Over the rainbow aus „The Wizard of Oz“ arr. Peter Riese
Posaune opt. Euph./Oboe/Flöte/Alt-Sax/Vocals | Grad 4 • Music | John Miles | arr. Peter Riese | Vocal opt. instr. | Grad 4-5 • Der Mond ist aufgegangen | Pe Werner | Xavier Naidoo
Duett für Euphonien und BLO | Grad 4
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