Aus der Strahlenklinik
der
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Direktor: Prof. Dr. med. R. Fietkau
Nachweis prämaturer Seneszenz
in unterschiedlichen Tumorzelllinien
Inaugural-Dissertation
zur Erlangung der Doktorwürde
der Medizinischen Fakultät der
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
vorgelegt von
Julia Biel
aus
Salzgitter
Gedruckt mit Erlaubnis der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg
Dekan: Prof. Dr. Dr. h.c. J. Schüttler
Referent: Priv.-Doz. Dr. L. Distel
Korreferent: Prof. Dr. R. J. Fietkau
Tag der mündlichen Prüfung: 24. Januar 2012
Inhaltsverzeichnis
1 Zusammenfassung ...................................................................... 5
Hintergrund und Ziele............................................................................. 5 Methoden ............................................................................................... 5 Ergebnisse und Beobachtungen ............................................................ 5 Praktische Schlussfolgerungen .............................................................. 6
2 Abstract ........................................................................................ 7
Background and aims............................................................................. 7 Methods.................................................................................................. 7 Results and observations ....................................................................... 7 Conclusion.............................................................................................. 8
3 Einleitung...................................................................................... 9
3.1 Zellalterung................................................................................ 9 3.2 β-Galactosidase-Aktivität ......................................................... 10 3.3 Zielsetzung .............................................................................. 10
4 Material und Methode ................................................................ 11
4.1 Anzucht und Passage der Zellkultur ........................................ 11 4.2 Farbstoffe................................................................................. 13 4.2.1 Messung von DNA und RNA Gehalt........................................ 13
4.2.2 Apoptose und Nekrose Detektion durch Annexin V und 7AAD14
4.2.3 Detektion der β-Galactosidase-Aktivität durch Färbung mit
C12FDG.................................................................................... 15
4.2.4 CD44........................................................................................ 16
4.3 Durchflusszytometrie ............................................................... 16 4.3.1 Prinzip...................................................................................... 16
4.3.2 Versuchsvorbereitung.............................................................. 17
4.3.3 Bestrahlung.............................................................................. 19
4.4 Färbungen ............................................................................... 19 4.4.1 Vorbereitung zur Färbung........................................................ 19
4.4.2 Färbeprotokolle........................................................................ 20
4.4.2.1 Apoptose/Nekrose Detektion................................................... 20
4.4.2.2 Quantitative Bestimmung des RNA-Gehalts ........................... 20
4.4.2.3 Detektion der β-Galaktosidase Aktivität................................... 21
4.5 Durchflusszytometrische Analyse............................................ 21 4.5.1 Erhebung der Daten ................................................................ 21
4.5.2 Datenauswertung..................................................................... 22
5 Ergebnisse.................................................................................. 24
5.1 Einleitung................................................................................. 24 5.2 Vergleich der Überlebensraten der Zelllinien .......................... 24 5.3 Veränderung der RNA-Menge................................................. 27 5.4 Verschiebungen des Zellzyklus durch Bestrahlung................. 28 5.5 Zunahme an apoptotischen und nekrotischen Zellen.............. 31 5.6 Nachweis von CD44 ................................................................ 36 5.7 Autofluoreszenz....................................................................... 37 5.8 Seneszenz-assoziierte β-Galactosidase Aktivität.................... 38
6 Diskussion.................................................................................. 42
7 Literaturverzeichnis................................................................... 48
8 Abkürzungsverzeichnis............................................................. 50
9 Anhang........................................................................................ 51
10 Danksagung ............................................................................... 52
5
1 Zusammenfassung
Hintergrund und Ziele
Strahlungsinduzierte prämature Seneszenz in Fibroblasten und Bindege-
webszellen ist ein aktuelles Thema zur Frage des Auftretens von Nebenwir-
kungen nach einer Radiotherapie. In dieser Arbeit soll durch Bestrahlung
ausgelöste prämature Seneszenz bei Tumorzellen nachgewiesen werden,
mit dem Ziel verschiedene Tumorzelllinien in Bezug auf die Induktion von
Zelltodesarten wie Apoptose, Nekrose oder Seneszenz zu vergleichen und
damit die Bedeutung der Seneszenz bei der Radiotherapie zu untersuchen.
Methoden
In dieser Arbeit wurden fünf verschiedene Tumorzelllinien auf Indikatoren für
stressinduzierte vorzeitige Alterung, sowie Apoptose- und Nekroseinduktion
untersucht. Nach einer Behandlung der Zellen durch ionisierende Strahlung
unterschiedlicher Dosen erhielten sie im CO2-Inkubator Reparaturzeiten von
zwei, sieben und vierzehn Tagen um auf die entstandenen Schäden zu rea-
gieren. Danach wurden DNA sowie RNA-Gehalt, ß-Galaktosidase-Aktivität
und Apoptose- sowie Nekrosemarker mit speziellen Fluoreszenzfarbstoffen
und Antikörpern angefärbt und im Anschluss flusszytometrisch analysiert.
Ergebnisse und Beobachtungen
Die untersuchten Tumorzelllinien reagierten unterschiedlich sensitiv auf Be-
strahlung. Auch im anschließenden Management der strahleninduzierten
DNA Doppelstrangbrüche während der Reparaturzeiten verhalten sich die
verschiedenen Zelllinien divergent. Gemessen wurden eine mit Erhöhung der
Dosis und Verlängerung der Reparaturzeit zunehmende Anzahl an nekroti-
schen Zellen sowie eine ansteigende Aktivität an β-Galactosidase, einem
etablierten Biomarker zum Nachweis von Seneszenz. Darüber hinaus stellte
sich heraus, dass nicht bei allen untersuchten Zelllinien Anzeichen für Apop-
tose nachweisbar sind.
6
Praktische Schlussfolgerungen
Zusammenfassend geht aus den Untersuchungsergebnissen hervor, dass
die durch Behandlung mit ionisierender Strahlung hervorgerufenen Schäden
bei den verschiedenen Zelllinien sehr unterschiedliche Muster im Auftreten
von Apoptose, Nekrose und Seneszenz hervorrufen. Wie schließen daraus,
dass jede Art von Tumor eine bevorzugte Todesart hat, durch deren Ermitt-
lung man die Auswahl der Therapie individuell auf die Induktion der jeweili-
gen Todesart abstimmen könnte.
7
2 Abstract
Background and aims
Radiation-induced premature senescence in fibroblasts and connective tis-
sues is an up-to-date topic dealing with the appearance of adverse effects in
radiotherapy. In this study we want to study radiation-induced premature se-
nescence in different cancer cell lines. The aim of the study was to compare
the cancer cell lines concerning their varieties of the induction of cellular
death as apoptosis, necrosis and senescence. The main point was to exam-
ine the importance of senescence in radiotherapy.
Methods
We assessed indicators of stress-induced premature aging, as well as indica-
tors of inducing apoptosis and necrosis in five different cancer cell lines. After
treating the cells by ionizing radiation with increasing doses they were incu-
bated for two, seven or fourteen days to react on the induced damage. Af-
terwards flow cytometric analyzed DNA and RNA- amounts as well as se-
nescence-associated ß-Galactosidase activity and marker for apoptosis and
necrosis were estimated.
Results and observations
The cancer cells reacted with varying degree of severity on the radiation in-
duced damage. Increasing dose and post irradiation cultivation resulted in an
increase of necrotic cells and a rise of β-Galactosidase positive cells showing
premature senescence. In addition to that it came apparent that some cell
lines lacked the ability to induce apoptosis.
8
Conclusion
Summarizing the results of this examination, it can be stated, that by treating
different cancer cell lines with ionizing radiation the cell lines show varied
patterns in expressing apoptosis, necrosis and premature senescence. We
conclude that each type of cancer has a preferred mode of death. Using this
information the cancer treatment could be individualized by adjusting the
therapy to the tumor specific cell-death.
9
3 Einleitung
3.1 Zellalterung
Hintergrund dieser Arbeit ist eine klinische Beobachtung aus der Strahlenthe-
rapie. Karzinome reagieren sehr unterschiedlich auf eine Therapie mit ioni-
sierender Strahlung. Der therapeutisch gewünschte Effekt ist ein sofortiger
Rückgang des Tumorvolumens bis hin zur vollständigen Remission. Aller-
dings kommt es klinisch neben einem Volumenrückgang auch zu Fällen, in
denen das tumoröse Geschehen sein Volumen im Anschluss an die Strah-
lentherapie primär nicht verändert. Ein weiteres Wachstum oder das Auftre-
ten von Sekundärtumoren wird nicht berichtet. Nach Wochen und Monaten
verliert die Neoplasie dann an Volumen und verschwindet vollständig.
Tumorzellen reagieren unterschiedlich auf die durch Strahlung induzierten
Schäden. Das als Nekrose bezeichnete heteronome Absterben der Zelle
geht mit einem Verlust der Integrität der Zellmembran einher. Es kommt zu
einer lokalen Entzündungsreaktion und letztendlich zu einem Abbau der Zell-
fragmente durch Makrophagen. Die als Zell-Suizid bezeichnete Apoptose ist
ein von der Zelle selbst eingeleiteter programmierter Zelltod, der zu einer
Eliminierung der Zelle ohne Auftreten von Entzündungsreaktionen führt.
Neben diesen viel beschriebenen Todesformen wurde bei humanen Fibro-
blasten eine stress-induzierte vorzeitige Alterung der Zellen, der sogenann-
ten prämaturen Seneszenz beschrieben. Unter Seneszenz versteht man
primär die Alterung einer Zelle, die durch einen irreversiblen Zellzyklusarrest
für eine Teilungsinaktivität nach einer vorgegebenen Zahl an Zellteilungen
sorgt. Eine seneszente Zelle imponiert phänotypisch durch eine veränderte
Morphologie mit erhöhtem Zellumfang und einer irregulären Gestalt
(Goldstein 1990). Es gibt zwei verschiedene Formen der Seneszenz. 1961
haben Hayflick und Moorhead in ihren Forschungen erstmalig die Limitierung
der Teilbarkeit der Zelle entdeckt und die Begriffe „replikative Seneszenz“
und „Zellalterung“ geprägt (Hayflick et al. 1961). Bei der prämaturen Senes-
10
zenz handelt es sich um eine Form der vorzeitigen Alterung, ausgelöst durch
verschiedene Stressoren wie beispielsweise endogene und exogene Oxidan-
tien sowie die Aktivierung von Onkogenen oder DNA-Schädigung. (Campisi
et al. 2009; Sedelnikova et al. 2010) Die durch ionisierende Strahlung indu-
zierten Schäden führen unter anderem zum Auslösen zelllulärer Failsafe-
Programme wie Apoptose oder Seneszenz. Dabei gilt es zu untersuchen, ob
es unter den Zelllinien Unterschiede in ihrer Reaktion auf den zellulären
Stress gibt. Neben Bestimmung von Apoptose- sowie Nekroseraten soll an-
hand des Nachweises von β-Galactosidase Aktivität der Fragestellung nach-
gegangen werden, ob und in welchem Ausmaß bei Tumorzellen eine präma-
ture Seneszenz durch Bestrahlung induzierbar ist. In dieser Arbeit wurden
verschiedene Tumorzelllinien zellulärem Stress in Form von ionisierender
Strahlung ausgesetzt und anschließend auf die auftretenden Todesarten un-
tersucht.
3.2 β-Galactosidase-Aktivität
Auf strahlungsinduzierte Schäden wie z.B. DNA-Doppelstrangbrüche reagie-
ren Zellen mit dem Auslösen zelllulärer Failsafe-Programme wie Nekrose,
Apoptose oder Seneszenz. Neben einer phänotypischen Veränderung ist bei
seneszenten Zellen eine erhöhte Aktivität an β–Galactosidase (SA- β –gal)
beschrieben (Linskens et al. 1995). Die SA-β-gal ist ein gut etablierter Bio-
marker und lässt sich durch Fluoreszenz-Färbung der zu untersuchenden
Zellen mit dem Substrat C12FDG markieren und anschließend durch flusszy-
tometrische Analyse auswerten.
3.3 Zielsetzung
Ziel der nachfolgenden Arbeit ist es, mehrere Parameter zellulärer Todes-
formen zu untersuchen, um letztendlich verschiedene Tumorzelllinien in ihrer
individuellen Reaktion auf strahlungsinduzierte Schäden zu charakterisieren.
Um speziell der Fragestellung nach dem Auftreten von prämaturer Senes-
zenz bei Tumorzellen nachzukommen wird die Veränderung der SA-β-gal
Aktivität gemessen und mit anderen Aspekten zellulärer Seneszenz vergli-
chen.
11
4 Material und Methode
4.1 Anzucht und Passage der Zellkultur
Die in den Versuchen verwendeten Zelllinien entstammen unterschiedlichen
Tumorzelllinien:
Glioblastomzellen: T98G, U251, U138
Plattenepithelkarzinomzellen des Gaumens: p26
Pankreaskarzinomzellen: BxPC-3
Die Zelllinien wurden zum einen aus einem Operationspräparat eines Kopf-
Hals-Tumors im Labor angezüchtet (p26); zum anderen aus bereits vorhan-
denen Laborbeständen zur Verfügung gestellt (U251, U138, T98G, BxPC-3).
Das Anzüchten und Kultivieren der Zellen findet in Zellkulturflaschen statt.
Dort werden die Zellen eingebracht und in zelllinienspezifischen Medien in
einem Brutschrank bei 37°C und 5% CO2 kultiviert. Um jeder Zelllinie die be-
sten Wachstumsvoraussetzungen zu bieten verwendet man je Zelllinie ein
individuell abgestimmtes Nährmedium. Die genaue Zusammensetzung ist im
Anhang als Anlage 1 zusammengefasst.
Je nach Wachstumsgeschwindigkeit werden die Zellen alle 2-4 Tage pass-
agiert. Hierbei splittet man die vorhandene Population im Verhältnis 1:2 und
teilt sie auf die doppelte Anzahl neuer Flaschen mit frischem Medium auf.
Vor dem Passagieren ist es wichtig, sich am Mikroskop einen Eindruck über
das Wachstumsverhalten der Zelllinien zu verschaffen, wobei man vor allem
den Zustand und die Ausbreitung der Zellen begutachtet. So bekommt man
ein Gefühl für die Proliferationsgeschwindigkeit der verschiedenen Linien und
kann den richtigen Zeitpunkt für das Passagieren wählen. Es folgt das Ver-
werfen des alten Mediums. Anschließend wäscht man den Zellrasen mit 1x
Phosphat buffered saline Lösung (1xPBS, Anlage 2). PBS ist eine physiolo-
gische Salzlösung, die durch ihre Pufferkapazität, isotonische sowie isoos-
motische Zusammensetzung hervorragend zum Waschen von Zellkulturen
geeignet ist. Beim Waschen geht es um die vollständige Entfernung des Me-
12
diums da das darin enthaltene fötale Kälberserum (FKS) das im nächsten
Schritt zu verwendende Trypsin inaktivieren würde. Durch vorsichtiges
Schwenken entfernt man die Reste des Kulturmediums. Nach Abnahme des
PBS gibt man eine der Flaschengröße entsprechende Menge an Trypsin ü-
ber die Zellen. Die Protease führt zu einer enzymatischen Dissoziation von
Zellen und Flaschenboden. Man verteilt die Lösung gleichmäßig über dem
Boden und legt die Zellkulturflaschen dann für maximal 60 Sekunden in den
Brutschrank, da das Trypsin seine höchste Aktivität bei 37°C aufweist (Anla-
ge 3).
Danach erfolgt die Kontrolle des Dissoziationsfortschritts am Mikroskop. Die
Großzahl der adhärenten Zellen sollte sich nun vom Flaschenboden gelöst
haben. Bei erfolgtem beginnenden Detachment erscheinen die Zellen abge-
rundet. Dann pipettiert man das überständige Trypsin ab und inkubiert weite-
re 1-3 Minuten bei 37°C. Glioblastomzellen sind sehr empfindlich und dürfen
insgesamt maximal zwei Minuten inkubieren. Bei p26 und BxPc ist eine Ma-
ximalzeit von vier Minuten nicht zu überschreiten, da es bei zu langer Einwir-
kung der Protease zu Schäden an den Oberflächenmolekülen kommt.
Durch vorsichtiges Klopfen der Zellkulturflasche gegen die Handfläche kann
man die mechanische Ablösung der Zellen vom Boden noch unterstützen.
Gestoppt wird die Wirkung des Trypsins durch Zugabe von 5ml Medium.
Durch den Verdünnungseffekt und das im Medium enthaltene FKS mit
Trypsininhibitoren wird eine weiter andauernde enzymatische Wirkung unter-
bunden.
Durch Ansaugen und Ausstoßen der Lösung mittels Pipette gelingt es klum-
pende Zellhaufen zu trennen und die Zellen zu vereinzeln. Die Zellsuspensi-
on teilt man dann auf zwei Zellkulturflaschen auf und ergänzt Medium zum
nötigen Gesamtvolumen. Die exakten Volumenangaben je nach Größe der
Zellkulturflaschen finden sich in Anlage 4.
13
4.2 Farbstoffe
4.2.1 Messung von DNA und RNA Gehalt Hoechst 33342 ist ein spezieller Farbstoff, der zum Anfärben von DNA-
Doppelsträngen in lebenden Zellen geeignet ist. Er lagert sich insbesondere
an AT-Basenpaare der DNA an und ermöglicht somit eine Aussage über die
DNA-Menge der Zelle. Zur Auswertung der Messdaten wird ein Histogramm
erstellt, indem die Zellzahl gegen die DNA-Menge aufgetragen wird.
In der entstandenen Grafik lassen sich die einzelnen Zellzyklusphasen an-
hand ihrer phasenspezifischen DNA-Menge darstellen und so die Verände-
rung der Werte bei unterschiedlicher Bestrahlung oder über die Dauer der
Reparaturzeit beobachten.
Die subG1-Phase entspricht einem reduzierten DNA-Gehalt wie er z.B. bei
apoptotischen Zellen zu finden ist. Bei GO/G1 liegt ein haploider DNA-Satz
vor. Es folgen die Synthese- (S) und die Mitosephase (G2M – diploider DNA-
Satz). Zellen die unter >G2M zusammengefasst werden verfügen über einen
polyploiden DNA-Satz (Abbildung 1).
Der Farbstoff Pyronin Y ist ein Farbstoff für Nukleinsäuren und wird bei vita-
len Zellen zur Bestimmung der RNA-Menge verwendet.
Abbildung 1 Die Färbung der DNA-Menge mit Hoechst ermöglicht eine Aussage darüber, wie viele Zellen sich zur Zeit der Messung in welcher Zellzyklusphase befinden.
14
4.2.2 Apoptose und Nekrose Detektion durch Annexin V und 7AAD Apoptose wird als programmierter Zelltod verstanden. Ein Mechanismus, der
durch massive DNA-Schädigung autark von der Zell ausgelöst wird, um Mu-
tation und Vererbung des fehlerhaften Genoms abzuwenden.
Im Anfangsstadium der Apoptose finden Veränderungen an der Zellmembran
statt wobei es u.a. zur Translokation von Phosphatidylserin (PS) kommt. Das
normalerweise an der zum Zytoplasma weisenden Innenseite der Zellmem-
bran lokalisierte Protein wird bei Auslösung des programmierten Zelltodes
auf der Außenseite der Zellmembran exponiert. Dieser Prozess ermöglicht
Makrophagen die Erkennung und Eliminierung apoptotischer Zellen. Nekroti-
sche Zellen zeichnen sich im Vergleich dazu u.a. durch einen progredienten
Integritätsverlust ihrer Zellmembran aus. Diese Grundlagenkenntnisse er-
möglichen die Unterscheidung beider Stadien durch Anfärbung mit Fluores-
zenzfarbstoffen und anschließender durchflusszytometrischer Analyse.
Zur Detektion apoptotischer Zellen wird zur Färbung Annexin V eingesetzt.
Annexin hat eine hohe Affinität zu Phosphatidylserin (PS) und bindet an Zel-
len, die PS an der Außenseite ihrer Membran exponieren. (Koopman et al.
1994; Munoz et al. 2007) Um nekrotische Zellen anzufärben wird in dieser
Arbeit 7-Amino-Actinomycin (7-AAD) verwendet. (Zimmermann et al. 2011)
Diese Substanz dringt in Zellen mit insuffizienter Membran ein und lagert
sich dort an Nukleinsäuren an. Durch die lädierte Zellwand kann auch Anne-
xin in die Zelle eindringen und das PS anfärben. Für die Analyse bedeutet
dies folgendes: Apoptotische Zellen sind Annexin-positiv und 7-AAD negativ.
Nekrotische Zellen sind sowohl für Annexin als auch für 7-AAD positiv. Hier-
bei dringt Annexin über die durchlässige Zellwand ein und färbt das PS an
der Innenseite der Zellmembran an. Intakte Zellen sind doppelt negativ (Ab-
bildung 2). In dieser Arbeit sind auch Zellen als 7-AAD+ aber Annexin- ge-
messen worden. Wir erklären uns diese Konstellation, indem wir vermuten,
dass die Zellmembran primär für 7-AAD durchlässig wird und erst im fortge-
schrittenen Stadium der Nekrose auch für Annexin passierbar ist. Wir be-
trachten diese Zellen als nekrotisch.
15
Abbildung 2 Punktwolkendiagramm mit Quadrantenanalyse zur Differenzierung viabler, nekrotischer sowie apoptotischer Zellen.
4.2.3 Detektion der β-Galactosidase-Aktivität durch Färbung mit C12FDG Ein gut etablierter Biomarker für zellluläre Seneszenz ist eine erhöhte Se-
neszenz-assoziierte β-Galactosidase Aktivität (SA- β-gal) (Linskens 1995).
Bei der SA- β-gal handelt es sich um eine lysosomale Hydrolase, deren Akti-
vität bei einem pH-Wert von pH=6 beschrieben wird. Da die Aktivität der β-
Galactosidase in nicht seneszenten Zellen bei pH=4 gemessen wird ermög-
licht die Modulation des pH-Wertes eine Aussage über die Aktivität der SA-
β-gal (Dimri et al. 1995; Matsumura et al. 1979).
Zum Nachweis der SA- β-gal Aktivität in seneszenten Zellen wird in dieser
Arbeit die Substanz 5-Dodecanoylaminofluorescein-di-β-D-galacto-
pyranoside (C12FDG) verwendet. C12FDG ist bei Zugabe zu der Zellsuspen-
sion für die Tumorzellmembran permeabel. Nach Eintritt in die viable Zelle
wird das Substrat von der SA-β-gal hydrolysiert. Die dabei entstehenden
Produkte emittieren grüne Fluoreszenz und sind impermeabel für die Mem-
bran, sodass der Farbstoff in der seneszenten Zelle verbleibt und anhand der
Intensität der Emissionen flusszytometrisch zu erfassen ist. Die Einstellung
des benötigten pH-Werts (pH=6) erfolgt durch Inkubation der Zellsuspension
16
vor Zugabe von C12FDG mit Bafilomycin a1 (siehe Punkt 4.2.3) (Kurz et al.
2000; Noppe et al. 2009).
4.2.4 CD44 Bei CD44 handelt es sich um ein Transmembranprotein der Zelloberfläche,
das laut Literatur an Tumorprogression und Metastasierung beteiligt ist
(Godar et al. 2008). Besonders aktive und progrediente Tumorgeschehen
zeigen eine erhöhte Expression an CD44 in der Zellmembran. (Herrlich et al.
2000) Um die Zahl an CD44 im vorliegenden Versuchsaufbau nachzuweisen
wurden die Zellen wie unter Punkt 4.3.2 mit dem Antikörper CD44 APC –
Mouse Anti-Human inkubiert.
4.3 Durchflusszytometrie
4.3.1 Prinzip Die Durchflusszytometrie ermöglicht die Untersuchung unterschiedlicher
Zelleigenschaften. Dafür werden die Zellen in einer Mantelflüssigkeit (Iso-
flow™ Epics Sheath Fluid, Beckman Coulter) einzeln durch eine Messkam-
mer (Flow Cell) gesaugt und von einem Laser angestrahlt.
Vor der Analyse mit dem Durchflusszytometer werden die Zellen mit Farb-
stoffen oder mit fluoreszierenden Gruppen gekoppelten Antikörpern behan-
delt. Diese binden an das zu untersuchende Merkmal der Zelle (Epitop) und
emittieren das Fluoreszenzlicht nach Anregung durch das kurzwellige Laser-
licht. Beim passieren der Zelle am Laserstrahl entstehet Streulicht, das in
zwei Richtungen gemessen wird. In Richtung des ursprünglichen Strahls wird
das Vorwärtsstreulicht (Forward-Scatter FSc), und etwa im 90° Winkel dazu
das Seitwärtsstreulicht (Side Scatter SSc) detektiert. Der FSc variiert vor al-
lem durch verschiedene Zellgrößen, während der SSc hauptsächlich die
Granularität der Zelle und des Zellinhalts erfasst. Eine hohe Lichtintensität
des Streulichts in beiden Dimensionen spricht für eine große Zelle mit hoher
Granularität (Körnigkeit der Zelle). Die Emissionen werden von FSc und SSc
17
detektiert und in ein Fluorescence-Dot-plot Diagramm übertragen. Die x-
Achse entspricht dem FSc und auf der y-Achse wird dagegen das Seitwärts-
streulicht aufgetragen. Es ergeben sich im Punktwolkendiagramm Anhäufun-
gen von Zellen die ähnliche morphologische und streulichttechnische Eigen-
schaften haben. Das ermöglicht in der Auswertung die Zuordnung der Zellen
zu gemeinsamen Gruppen.
Abbildung 3 Punktwolkendiagramm zur Differenzierung zwischen viablen und nekrotischen Zellen. Angelegt wurden zwei Gates, die direkt Auskunft über die Verteilung und somit auch über die Vitalität der Kultur geben.
Nekrose und Apoptose verändern die Zellmorphologie. Durch Verlust der
Integrität der Plasmamembran verliert die Zelle an Volumen. Gleichzeitig
steigt die Granularität. Diese Parameter zeigen sich durch einen niedrigen
FSc und einen hohen SSc. So lässt sich über durch die gemessenen Werte
eine Aussage über die Viabilität der Zellpopulation treffen.
4.3.2 Versuchsvorbereitung Die Zellkulturflaschen werden zu Versuchsbeginn aus dem Brutschrank ent-
nommen. Vor dem Ansetzen wird jedoch erst die Vitalität und Populations-
dichte der adhärent wachsenden Zellen am Mikroskop überprüft. Unter der
Zellkulturbank werden alle benötigten Materialen bereitgestellt. Ein Lockern
der Flaschendeckel erleichtert die sterile Entnahme der Flüssigkeiten wäh-
18
rend des Arbeitens. Es werden neun kleine Zellkulturflaschen mit einer Ober-
fläche von 25 cm2 benötigt. Diese Anzahl ergibt sich aus dem Versuchsauf-
bau (Tabelle 1).
Tabelle 1: Versuchsaufbau
Reparaturzeit
nach Bestrahlung/
Behandlung
Kontrollgruppe
(unbehandelt)
Bestrahlung
mit 2 Gray
Bestrahlung
mit 5 Gray
48 Stunden 1. 2. 3.
1 Woche 4. 5. 6.
2 Wochen 7. 8. 9.
Aus der Zellkulturflasche wird das überstehende Medium abpipettiert und
verworfen. Danach erfolgt wie unter 4.1.1 beschrieben das Detachment mit
PBS und Trypsin. Die Suspensionen aus gelösten Zellen und frischem Medi-
um werden nun in 15 ml Zentrifugenröhrchen pipettiert. Die Bestimmung der
Zellzahl erfolgt durch einen automatischen Zellzähler (CASY TT, Schärfe
System, Reutlingen, Deutschland). Dafür entnimmt man 100 µl aus dem
Röhrchen und gibt sie in 900 µl Zellzähllösung (CASYton™). Man erhält die
Zellzahl pro ml und gewinnt durch Multiplikation mit der Zahl des Gesamtvo-
lumens der Suspension einen Einblick, wie viele Zellen für den Versuchsan-
satz zur Verfügung stehen. Dann wird für 8 min bei 273g und 20°C zentrifu-
giert. Die Zahl der einzusäenden Zellen variiert je nach Größe der Zellen,
Intensität der Bestrahlung und Dauer der Kultivierung. Man muss bedenken
dass durch Strahlung ein Teil der Zellen verloren geht. Des Weiteren sollte
am Flaschenboden genug Platz für das starke Wachstum der Tumorzellen
vorhanden sein. Ziel ist es nach Ablauf der Reparatur- und Erholungszeit pro
Zellkulturflasche mindestens 600.000 Zellen zur Verfügung zu haben. Die
Anzahl der pro Versuchsbedingung eingesäten Zellen variiert in diesen Ver-
suchen zwischen 200.000 und 600.000 Zellen. Nach dem Zentrifugieren er-
folgt die Resuspendierung mit 5ml Medium. Durch die vorangegangene Zell-
zahlbestimmung kann man nun ausrechnen, wie viele Zellen in welchem Vo-
19
lumen enthalten sind und somit die benötigte Anzahl der Zellen in die neun
Zellkulturflaschen pipettieren. Jede Flasche wird mit Kulturmedium auf ins-
gesamt 5 ml aufgefüllt und zur Anheftung der Zellen an der Polymeroberflä-
che für mindestens 24 Stunden in den Brutschrank gegeben.
4.3.3 Bestrahlung Die Behandlung mit ionisierender Strahlung dient der Induktion von DNA-
Doppelstrangbrüchen und anderen Schäden in der Zelle, wodurch zelluläre
Failsafe-Programme wie Apoptose und Seneszenz ausgelöst werden
(Strasser et al. 2007). Nach Ansetzen der Zellen in Zellkulturflaschen erfolgt
eine Ruhephase von mindestens 24 Stunden im Inkubator (37°C; 5% CO2).
Diese Zeit dient der Etablierung der Zellkultur am Flaschenboden und er-
möglicht eine Regeneration von dem durch Trypsinierung ausgelösten
Stress. Im Anschluss an die Ruhephase erfolgt die Bestrahlung mittels einer
120 kV Röntgenröhre (ISOVOLT Titan, GE, Ahrensburg, Deutschland). Be-
strahlt werden die Zellen in vitro mit einer Einzeldosis von zwei Gray bzw.
fünf Gray pro Probe. Zusätzlich wird auch eine unbestrahlte Probe als Kon-
trollgruppe untersucht. Die Zellen erhalten je nach Ansatz 48 Stunden, 1
Woche und 2 Wochen Reparaturzeit.
4.4 Färbungen
4.4.1 Vorbereitung zur Färbung Nach Ablauf der Reparaturzeit (48h, 1Woche, 2Wochen) müssen die Zellen
aus den drei kleinen Zellkulturflaschen entnommen und in Fluorescence acti-
vated cell sorter-Röhrchen (FACS-Röhrchen) übergesetzt werden. Hierfür
bereitet man pro Zelllinie drei Zentrifugenröhrchen vor (Kontrolle, 2 Gy, 5
Gy). Man entnimmt die Flaschen aus dem Brutschrank und pipettiert das
überständige Medium ab. Es folgen das Waschen mit 1xPBS, die Trypsinie-
rung und das Resuspendieren mit Medium (siehe Punkt 4.1). Im Unterschied
zum Passagieren sammelt man sämtliche Überstände im zur Probe gehöri-
gen Zentrifugenröhrchen um auch schwimmende/tote Zellen in der Auswer-
20
tung zu berücksichtigen. Zentrifugiert wird bei 273g und 20°C über einen
Zeitraum von acht Minuten. Pro Zelllinie und Reparaturzeit werden 18 FACS-
Röhrchen benötigt. Drei Bedingungen (Ko, 2Gy, 5Gy), drei Färbungen und
immer ein Replikat.
Daraufhin folgt das Lösen des Zellpelletts und Auffüllen mit 6-7 ml des Medi-
ums sowie die Aufteilung auf FACS-Röhrchen. In jedes Röhrchen überführt
man 1ml Zellsuspension. Die Zellen sind nun bereit zur Färbung.
4.4.2 Färbeprotokolle Es wurden drei verschiedene Zusammensetzungen an Fluoreszenzfarbstof-
fen gewählt um über verschiedene Parameter hinweg Vergleiche anstellen
zu können.
4.4.2.1 Apoptose/Nekrose Detektion
In die vorbereiteten FACS-Röhrchen wird zu der Zellsuspension zu Beginn 2
µl Hoechst 33342 pipettiert. Nach gründlichem Vortexen erfolgt die Inkubati-
on über 90 min bei 37° C. Nach Ablauf der Zeit zentrifugiert man die Zellen
bei 300g und 20°C für 10 min. Der Überstand wird verworfen und das
verbleibende Pellett mit 200 µl Ringerlösung (steril) resuspendiert. Ab jetzt
lagert man die Röhrchen auf Eis und gibt jeweils 5 µl Annexin und 5 µl 7AAD
hinzu. Ausreichend vortexen und für 30 min einwirken lassen. Nach Zugabe
von weiteren 200 µl Ringer-Spüllösung (steril) erfolgt die Messung im Durch-
flusszytometer.
4.4.2.2 Quantitative Bestimmung des RNA-Gehalts
Auch hier erfolgt zunächst die Zugabe von 2 µl Hoechst 33342 mit einer In-
kubationszeit von 45 min (37°C, 5% CO2). Anschließend ergänzt man die
Suspension um 0,4 µl Pyronin Y. Die Einwirkzeit bis zur Messung beträgt
ebenfalls 45 min.
21
4.4.2.3 Detektion der β-Galaktosidase Aktivität
Primär säuert man die Zellsuspension mit 4 µl BAF 1 (Bafilomycin A1) für 30
min an. Anschließend erfolgt die Zugabe von 2 µl Hoechst 33342. Inkubation
der Lösung für weitere 30 min im Brutschrank und danach weitere Zugabe
von 0,5 µl C12FDG. Die FACS-Röhrchen werden für weitere 60 min inkubiert
und nach Ablauf der Zeit flusszytometrisch gemessen. Die Zelllinien T98G
und BxPc wurden zusätzlich noch mit einer weiteren Färbung behandelt.
Das eben vorgestellte Protokoll wurde wie folgt ergänzt: Nach Zugabe des
C12FDG und entsprechender Inkubationszeit werden die Zellen bei 300g für
10 min zentrifugiert. Überstand verwerfen und mit 200 µl 1x PBS resuspen-
dieren. Die Suspension wird durch Zugabe von 5 µl CD44 erweitert und nach
einer Inkubationszeit von 30 min im Brutschrank kurz vor der Messung mit
200 µl 1x PBS aufgefüllt. Sollte zwischen Ende der Inkubationszeiten und der
Messung eine Pause entstehen, lagert man die Proben zur Überbrückung
lichtgeschützt auf Eis.
4.5 Durchflusszytometrische Analyse
4.5.1 Erhebung der Daten Im direkten Anschluss an die Färbung erfolgt die Messung in einem Epics XL
Flusszytometer (Beckman Coulter, Fullerton, CA, USA). Das Flusszytometer
verfügt über drei Laser mit unterschiedlichen Wellenlängen (405 nm, 488nm
und 638nm). Gemessen werden FSc und SSC sowie unterschiedliche Fluo-
reszenzen entsprechender Wellenlängen. Das Streulicht wird linear gemes-
sen, die Fluoreszenzen logarithmisch. Vor der Messung wird ein vordefinier-
tes Messprotokoll aufgerufen und die Einstellungen; vor allem die Spannun-
gen der Laser an die zu messenden Emissionen angepasst. Sämtliche Mes-
sungen einer Zelllinie müssen bei exakt gleich eingestellten Spannungen
erfolgen damit die Ergebnisse anschließend auswertbar und vergleichbar
sind. Die Zuordnung der Fluorochrome zu den Fluoreszenz-Sensoren sowie
die Laser und die Wellenlängen der Emissionen sind Tabelle 2 zu entneh-
men.
22
Tabelle 2: Parameter der Flusszytometrie
Vor der Messung ist ein kräftiges Vortexen der Zellsuspension für einige Se-
kunden sinnvoll. Nach Eingabe des gewünschten Dateinamens kann die Er-
hebung der Daten erfolgen.
4.5.2 Datenauswertung Zur Auswertung der gewonnen Daten wurde in dieser Arbeit die Software
Kaluza 1.1 (Beckman Coulter User Software) verwendet. Durch Setzen von
Analysefenstern (Gates) grenzt man eine Zellgruppe ein, die im Folgenden
dann selektiv auf die entsprechenden Wellenlängen der verschiedenen Fluo-
reszenzfarbstoffe untersucht werden kann (Abbildungen 4-6).
Abbildung 4 Live – Dead Punktwolkendiagramm aus FSc und SSc (Zelllinie: BxPC-3, Kontrolle, 48 h)
Fluoreszenz- Sensor (FL) FL1 FL2 FL4 FL6 FL9
Fluorochrome C12FDG Pyronin Y 7-AAD CD44 APC / Annexin V
Hoechst 33342
Laser 405nm 488 nm 488 nm 638 nm 405nm
Emissionsfilter 500-510nm 575/26 nm 695/30 nm 660/20 nm 450/40nm
23
Abbildung 5 Durch das Gate „Live“ definierte Zellgruppe. Aufgetragen ist die Zellzahl (Count) gegen die DNA-Menge (Hoechst DNA FL9) zur Darstellung der Zellzyklusphasen. (Zelllinie: BxPC-3, Kontrolle, 48h)
Abbildung 6 Ein Overlay dient dem direkten graphischen Vergleich von zwei oder mehr Histogrammen.
Die im Rahmen der Auswertung mit Kaluza gewonnenen Werte werden in
Excel (Microsoft Excel 2010) übertragen und statistisch ausgewertet.
5 Ergebnisse
5.1 Einleitung
Zellen von fünf Tumorzelllinien wurden mit einer Einzeldosis von zwei Gray
bzw. fünf Gray bestrahlt und daraufhin über 48 Stunden, eine Woche und
zwei Wochen im Brutschrank bei 37°C inkubiert. Zusätzlich gab es zu jeder
Bedingung eine unbehandelte Probe, die nach Ablauf der Inkubationsdauer
wie die bestrahlten Gruppen gefärbt und flusszytometrisch analysiert wurde.
Die Ergebnisse der Kontrollgruppe dienen als Referenzwerte. Zur
Charakterisierung der Zellpopulation wurden nach Bestrahlung und
Reparaturzeit verschiedene Parameter untersucht. Neben den
Zellzyklusveränderungen und den Überlebensraten, sowie der RNA-Menge
und dem Anteil an apoptotischen und nekrotischen Zellen betrachtet man vor
allem die Veränderung der β-Galaktosidase-Aktivität um der Fragestellung
nach einer prämaturen Seneszenz nachzukommen. Die Auswahl
unterschiedlicher Reparaturzeiten erlaubt Rückschlüsse auf den ungefähren
Zeitpunkt, ab dem die durch ionisierende Strahlung verursachten
Zellschäden zu drastischen Veränderungen wie Apoptose, Seneszenz oder
Nekrose in den Zellen führen.
5.2 Vergleich der Überlebensraten der Zelllinien
Die Veränderung des Verhältnisses von vitalen zu nekrotischen Zellen gibt
Auskunft über die unterschiedliche Sensitivität der Zellen in Bezug auf die
Bestrahlung. Es hat sich herausgestellt, dass auch Zellen der Kontrollgruppe
durch passagefreie Inkubation über ein bzw. zwei Wochen zum Teil hohe
Anteile nekrotischer Zellen aufweisen. Die gewonnenen Daten wurden je
Zelllinie über die Replikate und Färbungen gemittelt.
Die Zelllinie BxPC-3 zeigt nach Ablauf aller Reparaturzeiten keine signifikan-
ten Vitalitätsverluste in der Kontrollgruppe. Die bestrahlten Zellen lassen ei-
nen signifikant höheren Anteil nekrotischer Zellen erkennen, wobei der Anteil
25
bei den mit fünf Gray bestrahlten Zellen erwartungsgemäß höher ist als bei
den mit zwei Gray bestrahlten Zellen. Nach zwei Wochen zum Beispiel steigt
der Anteil toter Zellen nach zwei Gray Bestrahlung im Vergleich zur Kontrolle
prozentual um 6,8% an, während er bei gleicher Reparaturzeit und einer Do-
sis von fünf Gray eine Zunahme von 32,5% aufweist (Abbildung 7).
Abbildung 7 Histogramm der Zelllinie BxPC-3: Darstellung des prozentualen Verhältnisses zwischen vitalen (blau) und nekrotischen (lila) Zellen nach Behandlung und Ablauf der Reparaturzeit.
Die Zellen der Zelllinie p26 weisen nach einer Bestrahlung mit zwei Gray und
nach Ablauf von zwei Tagen bzw. einer Woche keinen nennenswert höheren
Anteil nekrotischer Zellen auf. Durch eine Dosis von fünf Gray reduziert sich
der Anteil lebender Zellen jedoch merklich um 23,8% nach einer Woche und
um 63,7% nach zwei Wochen. Bei p26 sind in der unbehandelten Kontrolle
nach zweiwöchiger Reparaturzeit nur 20,2% vitale Zellen vorhanden
(Abbildung 8).
26
Abbildung 8 Live - Dead Histogramm der Zelllinie p26
Abbildung 9 Live – Dead Histogramm der Zelllinie U251
27
Nach zwei Tagen Reparaturzeit zeigt sich bei U251 ein durch Radiatio nur
minimal gestiegener Anteil nekrotischer Zellen im Vergleich zur Kontrollgrup-
pe. Allerdings sinkt der Anteil vitaler Zellen in der unbestrahlten Probe nach
einer Woche um mehr als 50%. Die Überlebensrate nach Radiatio nimmt mit
steigender Strahlungsdosis kontinuierlich ab (Abbildung 9).
U138 und T98G sind bei Kultur von zwei und sieben Tagen recht wider-
standsfähig. Nach zwei Wochen sind die Anteile vitaler Zellen in den Kon-
trollgruppen beider Zelllinien verglichen mit den Werten nach einer Woche
jedoch stark reduziert. Durch Steigerung der Dosis lässt sich auch hier ein
kontinuierlicher Anstieg des Anteils an nekrotischen Zellen darstellen.
Die Tumorzelllinien reagieren unterschiedlich stark auf die Behandlung mit
ionisierender Strahlung sowie auf die Kulturdauer über zwei Wochen. Bei
allen untersuchten Zelllinien ist eine Abnahme an vitalen Zellen über die
Dauer des Versuchs sichtbar. Mit zunehmender Kulturzeit nimmt der Anteil
nekrotischer Zellen dementsprechend kontinuirlich zu. Die Behandlung mit
ionisierender Strahlung führt bei den Tumorzellen zu einem starken Anstieg
nekrotischer Zellen im Vergleich zur unbehandelten Kontrolle. Die durch
Bestrahlung hervorgerufenen Schäden führen nach 48 Stunden noch zu
keinem signifikanten Anstieg des Anteils nekrotischer Zellen. Nach einer
Woche und vor allem nach zwei Wochen ist deutlich zu sehen, dass ein
großer Anteil der Zellen durch die Behandlung abgestorben ist.
5.3 Veränderung der RNA-Menge
Die RNA-Menge in den einzelnen Zellen wurde mit Pyronin angefärbt. Durch
eine Veränderung der Fluoreszenzintensität lassen sich Rückschlüsse auf
quantitative Veränderungen ziehen. Die Beobachtung der RNA-Menge lässt
keine Regelmäßigkeit erkennen. Jedoch kann man zelllinienübergreifend
feststellen, dass es über die Dauer der Reparaturzeiten sowie durch eine
Erhöhung der Strahlendosis zu einer leichten Reduktion der RNA-Menge
kommt (Abbildung 10).
28
Abbildung 10 Menge an RNA-Gehalt der Zellen in G0-Phase des Zellzyklus
5.4 Verschiebungen des Zellzyklus durch Bestrahlung
Die mit dem Fluorochrom Hoechst angefärbte DNA-Menge ermöglicht eine
Zuordnung der Zellen zu der Zellzyklusphase, in der sich die Zelle nach
Ablauf der Reparaturzeit befindet (siehe Punkt 4.2.1). Durch Vergleich der
Werte mit denen der dazugehörigen Kontrollgruppe lässt sich nach
Behandlung mit ionisierender Strahlung eine Veränderung der Verteilung der
Zellen auf die unterschiedlichen Phasen des Zellzyklus feststellen. Dabei fällt
auf, dass jede Zelllinie für sich individuell auf die Bestrahlung reagiert und es
auch innerhalb der einzelnen Zelllinien zu Ungleichmäßigkeiten kommt.
Zelllinienübergreifend zeigt sich aber, dass der Anteil an Zellen in der subG1
und G2M-Phase durch Bestrahlung bei allen untersuchten Zelllinien ansteigt,
wo hingegen der Anteil an Zellen im GO/G1-Stadium abnimmt. Die Menge an
Zellen in der Synthese-Phase variiert recht stark, nimmt aber tendenziell eher
ab. Zudem treten Zellen mit mehr als einem diploiden DNA-Satz (>G2M)
nach Bestrahlung vermehrt auf (Abbildungen 11-13).
29
Abbildung 11 Verteilung der Zellen über die Zellzyklusphasen am Beispiel der Zellinie U251. SubG1 (hellgrün), >G2M (violett)
Abbildung 12 Verteilung der Zellen über die Zellzyklusphasen am Beispiel der Zelllinie U251. G0/G1 (blau), S (dunkelgrün), G2M (orange)
30
Abbildung 13 Overlays der Zellzyklusverteilungen innerhalb der Reparturzeiten am Beispiel der Zelllinie BxPC. Zunahme der Zellzahl durch Erhöhung der Strahlendosis in subG1, G2M sowie >G2M; Abnahme des großen Peaks (G0/G1). (vgl. Punkt 4.5.2 Abbildung 6)
31
5.5 Zunahme an apoptotischen und nekrotischen Zellen
Durch Färbung der Tumorzellen mit 7-AAD und Annexin V lassen sich Zel-
len, die sich in zellulären Failsafe-Programmen wie Apoptose (Ann 7AAD+-)
und Nekrose befinden, markieren (siehe Punkt 4.2.2). Die Zelllinien BxPC,
p26 und T98G zeigen in der Auswertung jeweils zu unterschiedlichen Bedin-
gungen Anzeichen von Apoptose. Die Zelllinie U138 zeigt nach einer Repa-
raturzeit von einer Woche sowohl bei der mit zwei Gray bestrahlten Gruppe
als auch bei der Kontrollgruppe einen geringen Anteil an apoptotischen Zel-
len (max. 5%), wohingegen der Anteil an nekrotischen Zellen stark ansteigt.
Nach Ablauf von zwei Wochen und Schädigung durch Bestrahlung ist keine
Apoptose zu messen. Dafür steigt der Anteil nekrotischer Zellen stark an. Bei
den Zelllinien U138 und U251 lässt sich durch ionisierende Strahlung an-
scheinend keine Apoptose auslösen, die Zellen reagieren selbst auf die ge-
ringere Dosis von zwei Gray mit Nekrose (Abbildungen 14-19).
Abbildung 14 Zelllinie BxPC-3: Anstieg des Anteils apoptotischer sowie nekrotischer Zellen durch Er-höhung der Strahlendosis.
32
Abbildung 15 Zelllinie T98G: Verschiebung der Anteile an vitalen, apoptotischen und nekrotischen Zel-len durch Bestrahlung und Zellkultur. Der prozentuale Anteil apoptotischer Zellen steigt nach 48-stündiger Reparaturzeit mit Erhöhung der Strahlendosis, danach gehen die Wer-te bis auf 2,51% (5Gy, 2W) zurück. Zahl nekrotischer Zellen steigt vierzehn Tage post Ra-diatio auf 76% und 86,6 % an.
Abbildung 16 Zelllinie U251: Geringer Anteil apoptotischer Zellen, der sich durch Bestrahlung nicht si-gnifikant verändert. Kontrollgruppe zeigt nach einer Woche hohen Anteil nekrotischer Zellen; Werte steigen durch Bestrahlung.
33
Abbildung 17 Zelllinie p26: Anstieg an apoptotischen Zellen nach Bestrahlung und 7-tägiger Repara-turzeit. Nach Ablauf von zwei Wochen treten vermehrt nekrotische Zellen auf.
34
Abbildung 18 Zelllinie BxPC, bestrahlt mit fünf Gray und gefärbt mit Annexin V und 7-AAD Oben: Reparaturzeit 48h:Linksverschiebung (Apoptose); kaum Zellen in Nekrose. Unten: Reparaturzeit 1W: Anteil an apoptotischen und nekrotischen Zellen steigt, jedoch deutlich mehr nekrotische Zellen als apoptotische.
35
Abbildung 19 Zelllinie U251 nach Bestrahlung mit 5 Gray und Färbung mit Annexin V und 7-AAD Oben: Reparaturzeit von 48h, mehr Nekrose als Apoptose Unten: Reparaturzeit von 1W, weniger Apoptose, deutliche Zunahme an Nekrose
36
5.6 Nachweis von CD44
Die Tumorzelllinien T98G und BxPC wurden zusätzlich mit einem Antikörper
für CD44 gefärbt. Bei der Auswertung der Messergebnisse zeigt sich, dass
es in der Kontrollgruppe über die Reparaturzeiten von 48 Stunden, 1 Woche
und 2 Wochen zu einer Herunterregulation des Anteils an CD44+ in den
Zellmembranen der Tumorzellen kommt. Im Gegensatz zur Kontrolle ist
durch Bestrahlung und Erhöhung der Dosis eine Zunahme an CD44+ festzu-
stellen (Abbildung 20).
Abbildung 20 Veränderung der Messwerte von CD44+ am Beispiel der Zelllinie BxPC-3
37
5.7 Autofluoreszenz
Zelluläre Seneszenz geht mit Veränderungen der Zellmorphologie einher.
Das Volumen steigt an, die Zellen werden größer und es kommt zu einem
Verlust der ursprünglichen Zellform. Seneszente Zellen flachen ab und las-
sen einen erhöhten Anteil an granulösen Strukturen erkennen (Goldstein,
1990). Die zellulären Umbauprozesse führen zu einer Veränderung der In-
tensität der Autofluoreszenz. Neben der Detektion der fluorochromen Emis-
sionen wurde während der Durchflusszytometrie auch die Autofluoreszenz
der behandelten Tumorzellen detektiert. Dabei zeigt sich bei allen untersuch-
ten Tumorzelllinien eine Zunahme der Werte im Vergleich zwischen der un-
behandelten Kontrolle und den bestrahlten Proben. Die Zelllinien unterschei-
den sich in der Intensität mit der sie auf die Bestrahlung mit unterschiedlich
starken Dosen reagieren. Die Ergebnisse der Autofluoreszenz-Messung kor-
relieren mit den Messwerten der beta-Galactosidase Aktivität, die im näch-
sten Abschnitt dargestellt sind (siehe Punkt 5.7; Abbildung 21).
Abbildung 21 Autofluoreszenz der Zelllinien BxPC, p26 und T98G
38
5.8 Seneszenz-assoziierte β-Galactosidase Aktivität
Um die SA-β-gal Aktivität innerhalb der Zellen nachzuweisen, wurden Zellen
der fünf Tumorzelllinien wie unter Punkt 4.2.3 nachzulesen mit C12FDG ge-
färbt und anschließend im Durchflusszytometer analysiert. Es zeigt sich zell-
linienübergreifend durch Dosissteigerung eine Zunahme an SA- β-gal Aktivi-
tät. Auch in der Kontrolle kommt es zu einer geringen Zunahme je länger die
Reparaturzeit dauerte. T98G zeigt eine nur geringe aber stetige Steigerung
zwischen Kontrolle, zwei Gray und fünf Gray (Abbildung 26). Bei BxPC und
U251 sieht man im Vergleich dazu eine deutliche Zunahme an C12FDG beim
Vergleich von zwei Gray und fünf Gray Bestrahlung (Abbildungen 22, 23, 26).
Sehr geringe Werte wurden bei der Zelllinie p26 gemessen (Abbildungen 24,
25). Nach einer Reparaturzeit von zwei Wochen ist ein Anstieg der SA- β-gal
Aktivität darstellbar, genauso wie bei einer Dosis von 5 Gray und einer Repa-
raturzeit von einer Woche.
Abbildung 22 SA- β-gal der Zelllinie U251
39
Abbildung 23 SA- β-Galaktosidase-Aktivität der Zelllinie U251. Aufgetragen ist die Menge an SA- β-gal Aktivität gegen die Zellzahl. Über die Dauer der Reparaturzeiten ist eine Rechtsverschie-bung auszumachen, die durch Erhöhung der Dosis verstärkt wird.
40
Abbildung 24 SA- β-Galaktosidase-Aktivität der Zelllinie p26
41
Abbildung 25 SA- β-gal der Zelllinie p26
Abbildung 26 SA- β-gal der Zelllinien BxPC und T98G im Vergleich
42
6 Diskussion
In dieser Arbeit wurden unterschiedliche Tumorzelllinien auf mehrere ver-
schiedene Parameter hin untersucht. Ziel war es eine Aussage treffen zu
können, ob und inwiefern sich die Zelllinien nach Behandlung mit ionisieren-
der Strahlung in Bezug auf die Expression zellulärer Failsafe-Programme wie
Apoptose, Seneszenz und Nekrose unterscheiden.
Bei dem Vergleich der ausgelösten Programme zur Inaktivierung der Tei-
lungsfähigkeit der Zellen hat sich innerhalb der einzelnen Zelllinien heraus-
gestellt, dass jede Zelllinie individuell in Form von unterschiedlichen Arten
der Inaktivierung auf ionisierende Strahlung und Kulturdauer reagiert.
Die Zellen des Pankreaskarzinoms BxPC zeigen durch Bestrahlung mit einer
Dosis von zwei sowie fünf Gray einen steigenden Anteil nekrotischer, apopto-
tischer und seneszenter Zellen. Hervorzuheben ist eine annäherungsweise
Verdopplung des Anteils seneszenter Zellen bei Dosissteigerung von zwei
Gray auf fünf Gray, gemessen bei einer Reparaturzeit von zwei Wochen. Ne-
krotische, apoptotische sowie seneszente Zellen finden sich auch in der un-
behandelten Kontrollgruppe, anteilig jedoch weniger als in den bestrahlten
Proben (Abbildung 27). In dieser Zelllinie scheinen die Pathways für alle drei
Arten der Inaktivierung intakt zu sein.
43
Abbildung 27 Zelllinie BxPC-3
Bei den Zellen des oralen Plattenepithelkarzinoms p26 sind nach zwei Tagen
keine Anzeichen von Apoptose, Nekrose oder Seneszenz nachzuweisen.
Nach einer Woche Reparaturzeit zeigt sich ein Anteil apoptotischer Zellen
von ca. 10% bei einem ausgesprochen geringen Anteil seneszenter Zellen
von 3% und einem Anteil vitaler Zellen von etwa 84%. Nach zwei Wochen
zeigt sich ein grundlegend verändertes Bild. Ein Großteil der Zellen ist nekro-
tisch. Apoptose ist nicht mehr, bzw. nur noch in der Kontrollgruppe nach-
weisbar, wo hingegen der Anteil an seneszenten Zellen mit etwa 39% stark
angestiegen ist (Abbildung 28). Diese Ergebnisse lassen vermuten, dass bei
dieser Zelllinie unter gleichen Bedingungen nicht beide Programme neben-
einander ausgelöst werden und Nekrose die überwiegende Form der Inakti-
vierung ist.
44
Abbildung 28 Zelllinie p26
Die Glioblastomzelllinien U138 und U251 zeigen keine Anzeichen für Apop-
tose. Durch Bestrahlung lässt sich stattdessen bei einem Großteil der Zellen
Seneszenz induzieren (Abbildung 29, 30). Bei der dritten Glioblastomzelllinie
T98G ist zwar ein geringer Anteil apoptotischer Zellen nachweisbar, aber
auch hier dominiert der Anteil seneszenter Zellen nach Bestrahlung. Bei allen
drei Zelllinien imponiert ebenso bei den unbehandelten Proben ein verhält-
nismäßig hoher Anteil nekrotischer Zellen nach einer Kulturdauer von zwei
Wochen im Vergleich zu den Messwerten nach einer Woche (Abbildung 31).
Die Zellen zeigen sich in Zellkultur als sehr empfindlich und stark proliferie-
rend, sodass die Vermutung nahe liegt, dass sie sich für die passagefreie
Kultur über zwei Wochen weniger gut eignen als vergleichsweise BxPC-
Zellen.
45
Abbildung 29 Zelllinie U138
Abbildung 30 Zelllinie U251
46
Abbildung 31 Zelllinie T98G
Um die RNA-Menge der Zellen zu bestimmen wurde mit Pyronin Y gefärbt.
Die Messdaten zeigen insgesamt eine große Variabilität. Aufgetragen wurde
die DNA-Menge gegen die RNA-Menge. Es waren bei allen Zelllinien keine
Muster erkennbar, wie z.B. eine stetige Abnahme der RNA-Menge durch
Steigerung der Dosis. Auch beim Vergleich der unbehandelten Kontrollen
gab es starke Schwankungen. Wir kommen zu dem Schluss, dass die Fär-
bung der RNA-Menge durch Pyronin kein aussagekräftiger Parameter zur
Untersuchung des Zustands der Zelle ist und Seneszenz damit nur schlecht
bestimmt werden kann.
Zusammenfassend geht aus den Untersuchungsergebnissen hervor, dass
die verschiedenen Zelllinien ein ganz unterschiedlich starkes Auftreten von
Seneszenz, Apoptose und Nekrose zeigen. Ursache dürfte die Tatsache
sein, dass für die Entstehung von Tumoren aus Normalgewebszellen zahlrei-
che Mutationen des Genoms notwendig sind, welche bei allen Tumoren mehr
oder weniger zufällig entstehen. Daraus ergibt sich eine hohe Variabilität an
unterschiedlichen Kombinationen von Genmutationen. Bei allen Tumoren
müssen Tumorsuppressorproteine wie das Retinoblastoma Protein und p53
mutiert sein. Diese sind entscheidend auf welche Art die Zelle stirbt. Daher
47
wird, je nachdem welche Mutationen vorhanden sind, mehr Apoptose, Se-
neszenz oder Nekrose entstehen.
Die vorliegende Arbeit verdeutlicht, dass jede hier untersuchte Tumorzelllinie
eine individuelle Reaktion in Bezug auf strahleninduzierte zelluläre Failsafe-
Programme zeigt. Gleiche Bestrahlungsparameter führten unterhalb der Zell-
linien zu stark divergierenden Mustern in Bezug auf die Induktion von Apop-
tose, Nekrose oder Seneszenz.
Klinisch betrachtet schrumpfen in Seneszenz gehende tumoröse Geschehen
nur langsam und können durch bildgebende Verfahren nicht auf ein Anspre-
chen auf eine Therapieform beurteilt werden.
Um die Ergebnisse dieser Arbeit in ihrer Aussage zu ergänzen wären weiter-
führende Untersuchungen der Zelllinien auf ihre bevorzugten Todesarten
nach Behandlung mit Chemotherapeutika oder Hyperthermie sinnvoll, um die
Resultate mit denen nach Behandlung mit ionisierender Strahlung verglei-
chen zu können. Letztendlich sollte es das Ziel sein, tumoröse Geschehen
anhand ihrer bevorzugten Todesart zu charakterisieren und durch eine in
vitro Analyse die effektivste Therapie für diese Todesart zu ermitteln, um die
Effektivität der Tumortherapie zu steigern und die Nebenwirkungen für die
Patienten so gering wie möglich zu halten.
48
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play a role in aging? If so, how? J Gerontol A Biol Sci Med Sci
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50
8 Abkürzungsverzeichnis
C12FDG 5-Dodecanoylaminofluorescein-di-β-D-galacto-
pyranoside
DSB Doppelstrangbruch
FACS Flourochrome activated cell sorter
FKS Fötales Kälberserum
FL Fluoreszenz Sensor
FSc Forward Scatter
PBS Phosphate buffered saline
PS Phosphatidylserin
SA- β-gal Senescence-associated beta-galactosidase
SSc Side Scatter
7AAD 7-Amino-Actinomycin
51
9 Anhang Anlage 1: Zusammensetzung der Zellkultur-Medien: BxPc P26 U138, U251, T98G
Basis: RPMI von Biochrom
Basis: Dulbeco’s DMEM von Biochrom (Berlin, Deutschland)
Basis: DMEM (Pan)
10 % FKS 10 % FKS 10 % FKS 2 % Glutamine (L-Glutamine 200mM 100x Invi-trogen, Neuseeland)
1% Pen/Strep Penicillin/ Streptomycin Invitrogen (Neuseeland)
1% Pen/Strep Invitrogen (Neu-seeland)
1 % Pen/Strep Anlage 2: Herstellung von 1x Phosphate buffered saline- Lösung (PBS) Substanz
Menge
NaCl 40 g KCl 1 g Na2HPO4·12 H2O 7,7 g KH2PO4 Na2HPO4 1 g Aqua bi dest. (steril) Auffüllen auf 5 l pH-Wert auf 7,4 einstellen, Herstel-
lung in wiederverschließbarer, au-toklavierter Glasflasche, Lagerung bei 2-8°C im Kühlschrank
Anlage 3: Herstellung von 1xTrypsin-Lösung Substanz Menge weitere Angabe: 1x PBS 90 ml In verschließbare,
sterile Glasflasche 10x Trypsin (Invitrogen-Neuseeland)
10 ml Lagerung bei 2-8°C im Kühlschrank
Anlage 4: Volumenangaben Zellkulturflasche Zellmedium 1x PBS 1x Trypsin Klein 25cm2 5 ml 5 ml 1 ml Mittel 75 cm2 15 ml 10 ml 2 ml Groß 175 cm2 35 ml 15 ml 5 ml
52
10 Danksagung Mein Dank gilt an dieser Stelle zunächst Herrn Prof. Dr. med. Rainer Fietkau,
der mir die Durchführung dieser Arbeit im Labor für Strahlenbiologie an der
Strahlenklinik Erlangen ermöglichte.
Besonders bedanken möchte ich mich bei Herrn PD Dr. med. Luitpold Distel.
Mit viel Engagement und Geduld begleitete er mich von den ersten experi-
mentellen Versuchen im Labor bis zur Fertigstellung dieser Arbeit und stand
stets mit Rat und Tat zur Seite.
Ebenso danke ich den Medizinisch Technischen Assistentinnen Frau Elisa-
beth Müller und Frau Doris Mehler für die herzliche Aufnahme in ihrem
Team. Sie haben mir den Umgang mit der Zellkultur und die Methodik der
Versuche mit viel Geduld und Spaß an der Arbeit näher gebracht und auch
bei Rückschlägen immer aufmunternde Worte gefunden.
Jan, der mich den gesamten Entstehungsprozess dieser Arbeit über begleitet
und mir in schweren Phasen stets den Rücken frei gehalten hat.
Ein ganz besonderer Dank gilt meinen Eltern, auf deren Liebe und Unterstüt-
zung über die gesamte Zeit des Zahnmedizinstudiums sowie der Promotion
zu jeder Zeit Verlass war.