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Seite 15
Sigriste auf Trab Ein Tag im Leben des Sigristen-Ehepaars von Wallisellen
Projekt «Wegbegleitung» / Begleiten, wenn es schwierig wird
Seite 10
Reformierte Welt Die Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen traf sich im Kloster Kappel
notabeneNr 3 / April 2016Zeitschrift für die Mitarbeitenden der Zürcher Landeskirche
notabene 3 / 20162
Liebe Leserin, lieber Leser
Die beiden Männer trafen sich also in
Rom. Warum auch nicht? Das hat sich
so eingespielt in den letzten Jahrhunder-
ten. Und wichtiger als der Treffpunkt
war ja, dass sie sich überhaupt getroffen
und miteinander über die Kirchen ge-
sprochen haben, die sie vertreten: jene
nördlich der Alpen, die vor bald 500
Jahren eine Kurskorrektur vorgenom-
men hat und jene südlich, die das für
mehr als übersteuert hielt. Zwanzig Mi-
nuten nahmen sie sich Zeit dafür: Gott-
fried Locher, Präsident des Schweizeri-
schen Evangelischen Kirchenbundes
und der Gemeinschaft Evangelischer
Kirchen in Europa, und Papst Franzis-
kus. Aber eben: Klar war von Anfang
an, wer Gastgeber ist und wo die Audi-
enz (wie diese Art von Treffen genannt
wird) stattfindet: eben in Rom, beim
Papst.
Fast zur gleichen Zeit und medial
deutlich weniger beachtet fand im Klos-
ter Kappel ein anderes Treffen hochran-
giger Kirchenvertreter statt: Es trafen
sich die europäischen Delegierten der
Weltgemeinschaft Reformierter Kir-
chen. Lesen Sie dazu den Bericht ab
Seite 10. Auch hier ging es um den Aus-
tausch teils weit entfernter Kirchen und
um nicht minder wichtige Themen wie
zum Beispiel die Flüchtlingskrise. Der
Treffpunkt war hier nicht so entschei-
dend, er hätte gut auch anderswo sein
können. Der Zusammenschluss der 225
Reformierten Kirchen mit ihren 85 Mil-
lionen Mitgliedern ist schliesslich über-
all zu Hause auf dieser Welt. Der Ge-
burtsort dieser Kirchen liegt zwar in der
Schweiz, in Zürich oder Genf. Der Sitz
der globalen Dachorganisation der Re-
formierten liegt seit einigen Jahren (aus
Spargründen) in Hannover. Aber das
wissen nur eingefleischte Kirchenspezia-
listen. Und das ist für Reformierte mit
ihrer Fokussierung auf die eigene Ge-
meinde eben auch nicht so wichtig.
Das Treffen in Rom und jenes in Kap-
pel am Albis: Sie sind beide so bezeich-
nend für das jeweilige Kirchenverständ-
nis und die Art, wie sich die
Repräsentanten der Kirchen begegnen.
Da wirken auch heute noch fast physi-
kalische Kräfte. Selbst bei einem be-
scheiden auftretenden Papst wie dem
amtierenden Franziskus ist klar, wer bei
einem Treffen Gastgeber ist und wer die
Audienz gewährt. Römische Gravitation
dort und reformierte Fliehkraft hier –
mit einem unbeschwerten Treffen im
Säuliamt.
Christian Schenk
Redaktor «notabene»
Aktuell
Nachrichten3 – 6
Kolumne «Liebe Reformierte»
Aussenblick von
Martin Heller 5
«Aus dem Abc der Reformation»
D wie Durand6
Schwerpunkte
Personalentwickler
Pfarrschaft: ein Pfarrer für
Pfarrer7
«Wegbegleitung»: Wenn der
Weg allein zu schwierig wird8 – 10
Sparsam wie die Schotten:
Weltgemeinschaft der
Reformierten10 – 11
Rubriken
Themen und Termine12 – 14
Porträt:
Sigriste auf Trab15
Impressum /
Bischof zeichnet16
Editorial / Inhaltsverzeichnis
«Von Audienzen in Rom und im Säuliamt»
notabene 3 / 2016 3
zu 4 Mio. Franken, bei wiederkehrenden
Ausgaben bis zu 400 000 Franken.
F wie Fraktionen: Die Synodalen schlie-
ssen sich einer der vier Fraktionen an.
Diese fussen auf unterschiedlichen theo-
logischen Traditionen und votieren für
unterschiedliche Stossrichtungen in der
Kirchenpolitik. Es sind dies die Evange-
lisch-kirchliche Fraktion, die Liberale
Fraktion, die Religiös-soziale Fraktion
und der Synodalverein. Synodale kön-
nen auch fraktionslos bleiben.
G wie Geschichte: 1528 versammelte
sich die Synode unter dem Vorsitz
Zwinglis zum ersten Mal. Während
knapp vier Jahrhunderten tagte sie als
reine Pfarrerversammlung. Dem volks-
kirchlichen Gedanken entsprechend
wurde sie 1895 als gemischte Synode von
Theologen und Laien neu geschaffen.
Kirchensynode / So funktioniert unser Kirchenparlament
sch. Am 5. April trafen sich die Mitglie-
der der Kirchensynode zur ersten von
vier ordentlichen Sessionen in diesem
Jahr. Am 14. Juni folgt die nächste. An-
lass genug, sich wieder einmal in Erinne-
rung zu rufen, welche Aufgaben die ge-
setzgebende Gewalt der Landeskirche
überhaupt erfüllt, welch gewichtige
Entscheide sie fällt und wie der parla-
mentarische Betrieb im Zürcher Rats-
hauses funktioniert. Übrigens: Alle Sit-
zungen sind öffentlich und können von
Interessierten auf der Tribüne mitver-
folgt werden. Ein kleines Abc klärt die
wichtigsten Begriffe:
A wie Aufgaben: Aufgaben und Befug-
nisse der Kirchensynode sind in der Kir-
chenordnung (Art. 214) festgelegt, ihre
Organisation und Arbeit in einer Ge-
schäftsordnung geregelt. Unter anderem
kann sie Änderungen in der Kirchen-
ordnung veranlassen und Beschlüsse
fassen, die für alle Kirchgemeinden ver-
bindlich sind. Sie beschliesst gesamt-
kirchliche Aufgaben und regelt mittels
Personalverordnung auch die Ausgestal-
tung des Arbeitsverhältnisses sowie die
Grundzüge der Entlöhnung der kirchli-
chen Mitarbeitenden. Sie wählt ausser-
dem den Kirchenrat (Exekutive) und hat
die Aufsicht über dessen Geschäftsfüh-
rung. Sie hat auch die Kompetenz, Be-
schlüsse zu fassen zu Bibelübersetzung,
Liturgie und Gesangbuch.
B wie Büro. Das Büro der Kirchensyn-
ode ist zuständig für die Abnahme der
Protokolle. Es besteht aus dem Präsi-
dium, das auch die Sitzungen leitet, dem
Vizepräsidium, dem Sekretariat sowie
den Fraktionsvorsitzenden.
F wie Finanzen: Die Kirchensynode
setzt das Budget (mit einem Volumen
von rund 100 Millionen Franken) der
Landeskirche fest. Sie beschliesst die
Beiträge der Kirchgemeinden an die
Landeskirche und genehmigt die Rech-
nung der Landeskirche. Sie fasst Be-
schlüsse über Ausgaben, welche die
Zuständigkeit des Kirchenrates über-
schreiten. Bei einmaligen Ausgaben bis
K wie Kommissionen: Die Kirchensyn-
ode kennt ständige Kommissionen und
vorberatende Kommissionen für ein-
zelne Geschäfte. Ständige Kommissio-
nen sind die Geschäftsprüfungskommis-
sion und die Finanzkommission. Sie
prüfen die Geschäfte und geben Emp-
fehlungen ab.
L wie Laien: Die Mehrheit der Vertrete-
rinnen und Vertreter eines Wahlkreises
darf nicht als Pfarrerin, Pfarrer oder
Angestellter im Dienst einer Kirchge-
meinde oder der Landeskirche stehen.
M wie Motion: Wie im politischen Par-
lamentsbetrieb hat die Kirchensynode
verschiedene Möglichkeiten, Vorstösse
anzubringen und den Kirchenrat innert
vorgegebener Fristen zu beauftragen, in
einer Sache tätig zu werden: Dazu gehö-
ren die Motion, das Postulat, die Inter-
pellation und die schriftliche Anfrage.
P wie Protokolle: Alle Geschäfte und
Wortmeldungen werden protokolliert.
Die Protokolle sind öffentlich zugäng-
lich und werden im Web publiziert.
S wie Sitzordnung: Wer wissen will,
welcher Synodale während der Session
gerade das Wort führt, findet im auf der
Tribüne aufliegenden Sitzplan die ent-
sprechenden Namen mit Fotos. Down-
load auch auf zh.ref.ch/kirchensynode
V wie Vertreter: Die Kirchensynode
zählt 120 Mitglieder, zuzüglich je einer
Vertretung der französisch-, italienisch-
und spanischsprachigen Kirchgemein-
schaften. Sie vertreten die reformierte
Einwohnerschaft des Kantons und wer-
den alle vier Jahre in denselben Wahl-
kreisen wie der Kantonsrat gewählt.
W wie Weibel: Die Kirchensynode darf
bei der Durchführung ihrer Sitzungen
im Rathaus gleich wie der Kantonsrat
auf die Unterstützung eines Weibels, ei-
ner Weibelin zählen.
Alle Infos sowie aktuelle Geschäfte und
Termine auf: zh.ref.ch/kirchensynode
W wie Wahlen: Standesweibelin Ruth Gutjahr
bei der Wahl des Kirchenrates – auch das
eine Aufgabe der Kirchensynode.
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notabene 3 / 20164
kom. Wenn es um das Abendmahl geht,
herrsche bei den Reformierten kaum
Wohlgefühl, sondern oftmals Verlegen-
heit. Diese Erkenntnis, die Frage nach
Ursachen und die Impulse für eine ge-
lingende Praxis für das Abendmahl wa-
ren Themen an der Tagung des Landes-
kirchen-Forums vom 5. März in Basel.
Zur Tagung mit dem Titel «Abendmahl,
ein Gastgeber, viele Tische» trafen sich
Pfarrerinnen und Pfarrer, Synodale, Be-
hördenmitglieder, Sozialdiakoninnen
und Sozialdiakone, Katechetinnen und
Katecheten und interessierte Gemeinde-
glieder. Einführende Worte und Refe-
rate steuerten der Basler Kirchenrats-
präsident Lukas Kundert, die Berner
Pfarrerin Silvianne Bürki und Ralph
Kunz, Professor für Praktische Theolo-
gie an der Universität Zürich, bei.
Ralph Kunz hielt fest, dass empirische
Untersuchungen zeigen, dass bei den
Reformierten der Appetit nach Abend-
mahlsfeiern nicht sehr gross sei: «Die
Mehrheit zeigt wenig Appetit. Viermal
im Jahr reicht.» Normal sei bei den Re-
formierten eine Mahlfeier an Weihnach-
ten, in der Osterzeit, an Pfingsten, Bet-
tag und manchenorts auch am
Reformationssonntag und im Rahmen
des Drittklassunti. «Wir kennen deshalb
kaum einen regelmässigen Rhythmus.»
Das wiederum habe zur Folge, dass man
zu wenig Übung habe. Um die Regeln
des Spiels wieder kennen zu lernen,
brauche es aber eine Regelmässigkeit:
«Es ist wie beim Jazz. Nur wer das
Landeskirchen-Forum /
Abendmahl und mangelnder Appetit
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fand
er
Thema kennt, weiss zu improvisieren.»
Ralph Kunz rief dazu auf, der Einla-
dung Gottes mit geistlicher Übung
Folge zu leisten und etwas für den Hun-
ger zu tun. Es gehe um Einübung in das
gemeinsame Leben. «Wie viel Kraft
würden wir gewinnen, wenn wir die
Mahlfeier wieder als Wegzehrung ver-
stünden?»
Referate in voller Länge und weitere
Infos: www.lkf.ch
Abendmahlfeier im Grossmünster: Haben wir zu wenig Übung im Feiern?
Diakoniekapitel / Impulse für diakonische Arbeit
sch. Ende März und Anfang April tref-
fen sich die Zürcher Sozialdiakone und
Sozialdiakoninnen kapitelweise zu zwei-
tägigen Retraiten. Die verbindlichen
Treffen dienen der Weiterbildung und
setzen an den verschiedenen Tagungsor-
ten je eigene Schwerpunkte. Auf der
Traktandenliste stehen unter anderem
methodische Inputs und Workshops zur
Körpersprache und Auftrittskompetenz
oder Themen wie das Reformationsjubi-
läum und die Beschäftigung mit der Ge-
schichte der Diakonie und den daraus
folgenden Impulsen für die diakonische
Arbeit der Gegenwart.
Universität / Reformiertes Hochschul-Forum mit neuer Leitung
kom. Seit 1. April leitet Stephan R. Jütte
das reformierte Hochschulforum. Der
Basler Theologe übernimmt die Leitung
von Friederike Osthof, die das Hoch-
schulpfarramt seit 2001 geleitet und ge-
prägt hat. Der promovierte Theologe
und Vater zweier Kinder hat Berufser-
fahrung als Jugendarbeiter und arbeitete
zuletzt als Oberassistent an der Theolo-
gischen Fakultät der Universität Bern.
«Für uns Menschen bedeuten Wissen-
schaft und Religion Chancen dazu, uns
selbst in der Welt anders und besser zu
verstehen. Das Hochschulforum will
dazu Raum und Gelegenheit bieten»,
sagt Stephan Jütte im Hinblick auf seine
neue Aufgabe. Das Reformierte Hoch-
schulforum ist eine Einrichtung der Zür-
cher Landeskirche. Es richtet sich an
Studierende der Hochschulen, Fach-
hochschulen und an weitere Hochschul-
angehörige. Im Zentrum stehen persön-
liche Fragen in Studium und Beruf,
Familie und Freundschaft, Gesellschaft
und Zusammenleben.
Friederike Osthof bleibt bei den Ge-
samtkirchlichen Diensten und über-
nimmt neue Aufgaben als Kulturbeauf-
tragte in der Abteilung Lebenswelten.
www.hochschulforum.ch
notabene 3 / 2016 5
Als ich am Zürcher Museum für
Gestaltung eine Ausstellung über
Zeitreisen anging, war da nichts
als Faszination für diese krypti-
sche Form der Mobilität. Und als
ich in Linz die Leitung der Kultur-
hauptstadt Europas 2009 über-
nahm, kannte ich von Österreich
so viel wie ein durchschnittlicher
Schweizer halt kennt – beschä-
mend wenig.
Seit kurzem kuratieren Barbara
Weber und ich das Zürcher Refor-
mationsjubiläum. Ohne besondere
Expertise in Sachen Zwingli, was
viele verwundert und einige wohl
auch beunruhigt.
Gerne geben wir deshalb Entwar-
nung. Kennerschaft ist keine zwin-
gende Voraussetzung, um eigene
Lebenszeit und Leidenschaft in ein
Projekt zu stecken. Wichtiger sind
Neugier (je mehr desto besser),
Demut (weil man sich selbst nie zu
ernst nehmen darf) sowie eine
tragfähige Begründung für das ei-
gene Tun. Dieser dritte Punkt ist
der entscheidende. Er zwingt ei-
nen, hinter den offiziellen Erklä-
rungen zu einem halben Jahrtau-
send historischer Distanz auf den
subjektiven Punkt zu kommen.
Mich interessieren Jubiläen als
produktive Möglichkeiten, Bezie-
hungen sichtbar zu machen zwi-
schen denen, die feiern, und dem
Ereignis, auf das sie zurückbli-
cken. In unserem Fall also zwi-
schen der Reformierten Kirche und
ihrer Reformation. Und zwischen
allen Nicht-Reformierten und ihrer
Reformation. Und damit auch zwi-
schen den Reformierten und den
Nicht-Reformierten.
500 Jahre Zürcher Reformation:
eine Beziehungskiste, live – was
könnte uns Schöneres erblühen?
Martin Heller ist Ausstellungsmacher
und Kulturunternehmer. Er lebt in Zü-
rich und Berlin.
Liebe Reformierte
«Was einen dazu bringt, sich auf ein Projekt einzulassen.»
kom. Die FamExpo in Winterthur fin-
det heuer vom 27. bis 29. Mai statt. Be-
reits zum neunten Mal in den Eulachhal-
len mit dabei sind die katholische und
die reformierte Kirche. Das kirchliche
Standpersonal gibt Besucherinnen und
Besuchern Auskunft, wie der Glaube in
der Familie vermittelt werden kann. Der
Stand ist wie in den letzten Jahren als
kleine Oase angelegt: Eine Arche Noah
aus Holz mit Tierfiguren lädt genauso
zum Spielen ein wie die fünf Meter hohe
Kirchturm-Kugelbahn. Am Buchtisch
liegen Bücher bereit, die Eltern verschie-
dene Möglichkeiten zur christlichen Er-
ziehung aufzeigen oder Kindern die ers-
ten Glaubens-Geschichten nahebringen.
Mit ihrer Teilnahme an der FamExpo
wollen die Kirchen junge Familien auf
ihre sinnstiftenden, vielfältigen Ange-
bote aufmerksam machen. Informiert
wird insbesondere über die Taufe, die
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kirchlichen Begleitangebote für Eltern
und die religiöse Kindererziehung. Zu
diesen Bereichen gehören beispielsweise
Eltern-Kind-Singen, Elternbriefe, Müt-
tertreffs oder Betreuungsangebote wie
der Mittagstisch, die die Kirchgemein-
den vor Ort veranstalten.
FamExpo / Kirche an Familienmesse
«notabene» 2/16: Abc der Reformation – B wie Bekenntnis Es ist nicht neu, dass Matthias Krieg im-
mer wieder einen Anlauf nimmt, um uns
freiheitsliebende Reformierte endlich
von einem Bekenntnis zu überzeugen.
Neu ist für mich, dass das «notabene»,
unser landeskirchliches Publikationsor-
gan, sich diesem Stil anschliesst. Denn
gemäss diesem Artikel sind Menschen
ohne Bekenntnis «bezugslos und be-
wusstlos». Ich vermisse hier den Res-
pekt vor mir und vielen anderen, die bei
vollem Bewusstsein froh und dankbar
sind, dass unsere Kirche bekenntnisfrei
ist. Es ist bedauerlich, wenn im «nota-
bene» abschätzige Beurteilungen über
anders Denkende und Glaubende publi-
ziert werden. Ich will kein Bekenntnis,
schon gar nicht eines, das uns wie die
«Strassenverkehrsordnung» bis ins letzte
Detail vorschreibt, was wir zu glauben
oder zu denken haben. Diese heisst in
der Schweiz übrigens Srassenverkehrs-
gesetz und bekanntlich können wir bei
Paulus nachlesen, dass uns Christus
vom Gesetz befreit hat.
Ich setze mich ein für eine Kirche, die
offen ist für alle und die sich gegenüber
niemandem abgrenzt. Alle Menschen
sind Gottes geliebte und wunderbare
Geschöpfe. Letzteres ist auch ein Be-
kenntnis, und es ist ein wichtiger Teil
meines Bekennens, und mir käme nie in
den Sinn, es anderen aufzudrängen. Wir
Schweizer Reformierten denken selber.
Wir berufen uns auf die Bibel in ihrer
Vielfalt und überlassen es der Freiheit
jeder und jedes Einzelnen, welche Teile
der Bibel für ihren oder seinen Glauben
wichtig sind.
Lukas Maurer, Pfarrer
Leserbrief / B wie «bezugslos und bewusstlos»
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Klein und Gross willkomen: am Messestand
der Kirchen an der FamExpo.
notabene 3 / 20166
Aus dem Abc der
Reformation
D wie Durand
Ein Parpaillot war sie, ein Nachtfal-
ter, diese Marie Durand. Das war
der Spitzname der Hugenotten, die
sich in der Ardèche verstecken
mussten, nachdem 1685 das Edikt
aufgehoben worden war, das ihnen
in Frankreich 1598 Toleranz zugesi-
chert hatte. Die unselige Révoca-
tion trieb den reformierten Mittel-
stand entweder in den Refuge im
Ausland oder in den Désert im fran-
zösischen Midi. Viele emigrierten,
die meisten über die Schweiz. Von
Genf bis Schaffhausen wurden
Kontingente gebildet, entsprechend
den Mengen, die aufgeklärte Fürs-
ten in Deutschland oder den Nie-
derlanden aufnehmen wollten.
Ganze Hugenottengegenden ent-
standen, so bei Frankfurt, um Kas-
sel und im neuen Berlin.
Einige blieben aber auch im franzö-
sischen Untergrund, die Parpaillots
in den einsamen Cevennen. So Ma-
rie, die 1711 geboren ist. Ihre Mutter
starb 1719 im Gefängnis, ihr Vater
war 1729 – 43 gefangen. Ihr Bruder
studierte in der Schweiz, wurde
1726 ordiniert, war ein beliebter
Prediger der Kirche in der Wüste
und wurde 1732 in Montpellier exe-
kutiert.
Marie aber verbrachte ihr Leben
1730 – 68 als Gefangene in der Tour
de Constance in Aigues-Mortes.
Die Stadt war mal eine reformierte
Stadt gewesen (1575 – 1622) und wie
Montpellier ab 1598 eine Place de
Sûreté. Allen Demütigungen zum
Trotz war Marie die Seelsorgerin ih-
rer Mitgefangenen und unterhielt
einen grossen Briefwechsel. Auf
den Brunnenrand im Turm ritzte sie
die Losung «résister». Ihr Wider-
stand lohnte sich. Sie lebte noch
acht Jahre in Freiheit. Die résis-
tance gegen den Faschismus
(1940 – 46) griff ihre Losung auf.
Matthias Krieg, Stabsstelle Theologie,
klärt wichtige, vergessene oder selten
gehörte Begriffe der Reformation. Von
A wie Alltag über B wie Bekenntnis bis
zu Z wie Zbredig ga.
ref.ch. Der deutsche Lebensmitteldis-
counter Aldi Süd erklärt in einer Kun-
den-Broschüre den Ursprung von Os-
tern. Das meldete der Newsletter der
«Reformierten Medien» auf ref.ch. Un-
ter dem Titel «Ostern einfach erklärt –
Warum feiern wir eigentlich Ostern?»
wird Kindern in der Broschüre das Os-
terfest nähergebracht und dabei auch
auf die Passionsgeschichte von Jesus,
seinen Tod am Kreuz und die Auferste-
hung an Ostern hingewiesen.
«An Ostern feiern Christen auf der
ganzen Welt die Auferstehung von Jesus
Christus, dem Sohn Gottes. Es ist das
wichtigste Fest der christlichen Kirche
– sogar noch wichtiger als das Weih-
nachtsfest», schreibt Aldi Süd in der
Einleitung. Das Ostermagazin ist in die-
sem Jahr erstmals erschienen – allerdings
nicht bei Aldi in der Schweiz. Ein ähnli-
ches Heft hat Aldi Süd bereits letztes
Jahr zu Weihnachten herausgegeben.
Auf Anfrage von «ref.ch» sagte Mat-
thias Krieg, Leiter der Stabsstelle Theo-
logie der Zürcher Landeskirche, er finde
«exegetisch nichts Falsches». Für das
Zielpublikum sei es toll gemacht.
Aufgefallen / Aldi erklärt Karfreitag und Ostern
Wtb-Blog / Auferstehung täglich bis Pfingsten feiern
kom. Unter «siebenwochen.me» publi-
ziert das Team von «wtb – Deutsch-
sch weizer Projekte Erwachsenenbil-
dung» von Ostern bis Pfingsten täglich
einen Blogbeitrag zum Thema Auferste-
hung. Meist liege der Fokus vielmehr
auf Sterben und Tod als auf Ostern,
schreiben die Autorinnen Brigitte Be-
cker, Angela Wäffler-Boveland, Soham
Al-Suadi und Chantal Hürlimann. Mit
ihren täglichen Inputs wollen sie den Fo-
kus auf das lenken, was an Ostern be-
gann, und «die Auferstehung näher an
unser Leben holen».
Bereits im letzten Jahr hat das Team
dazu sieben Wochen lang einen tägli-
chen Auferstehungskalender angeboten.
Dieses Jahr geht das Team dem Neuan-
fangen, dem wiederholten Neuanfangen
und auch dem Neuanfangen müssen
und seiner Verbindung zur Osterge-
schichte nach.
Auferstehung ist die Erfahrung, die
nur ein Augenzwinkern von mir entfernt
ist, zitiert das Team die Theologin Clau-
dia Janssen. Bilder, Texte, Bibelverse, ei-
gene Gedanken laden die Blog-Follower
bis zum 15. Mai ein, das Augenzwinkern
täglich zu wiederholen, Alltag und Auf-
erstehung zusammen zu sehen.
http://siebenwochen.me
www.wtb.ref.ch
Keine Berürungsängste mit religiösen
Themen: Broschüre von Aldi zur Passions-
und Auferstehungsgeschichte (Web-Version).
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notabene 3 / 2016 7
438 Pfarrerinnen und Pfarrer arbeiten für die Zürcher Landeskirche. Rudi Neuberth ist einer von ihnen und gleichzeitig so etwas wie ihr Berufs-Coach. In der Sprech-stunde der «Personalfüh-rung Pfarrschaft». Von Christian Schenk
Rudi Neuberth / Pfarrer für Pfarrer
Frisch vom Studium, kurz vor der Pen-
sion, oder irgendwo dazwischen: Pfarre-
rinnen und Pfarrer, die bei Rudi Neu-
berth anklopfen, stehen an ganz
verschiedenen Orten in ihrer Berufslauf-
bahn. Sie arbeiten in Einzelpfarramt
oder in einem Team, im Vollpensum
oder Teilzeit, sie suchen eine neue Her-
ausforderung, reiben sich an der Kir-
chenpflege oder fühlen sich nach Jahren
grosser Einsatzfreude plötzlich ausge-
laugt und suchen nach neuen Impulsen.
Stationenweg im Pfarrberuf
In all diesen Fällen ist Rudi Neuberth,
seit 1. Juni 2015 wieder im Dienst der
Landeskirche, Ansprechperson und Be-
rater mit vielfältiger eigener Erfahrung.
Er kennt den Pfarrberuf und einige der
geschilderten Stationen und Szenarien
aus dem eigenen Berufsleben. Nach dem
Studium arbeitete der heute 53-Jährige
mehrere Jahre selbst im Gemeindepfarr-
amt, entwickelte später als Fachmitar-
beiter der Landeskirche Pläne und Kon-
zepte für Konfirmanden- und
Jugendarbeit. Danach folgten mehrere
Berufsjahre ausserhalb der Kirche als
Stiftungsrat und später als Leiter der
Stiftung Jugendnetzwerk in Horgen. Be-
vor Rudi Neuberth im Sommer 2015 die
jetzige Aufgabe in der Personalführung
und -entwicklung Pfarrschaft der Lan-
deskirche übernahm, wirkte er wiede-
rum einige Jahre im Gemeindepfarramt
in der Kirchgemeinde Birmenstorf-Ge-
benstorf-Turgi im Kanton Aargau.
Talent-Management
«Bei Beratungen zu Laufbahnfragen
geht es für mich oft um eine Art Talent-
Management. Darum, wie und wo Pfar-
rer und Pfarrerinnen ihre Talente am
besten einsetzen und nutzbar machen
können», sagt Rudi Neuberth. Das habe
oft mit der richtigen Passung zu tun, mit
dem richtigen Ort und Einsatzfeld. Das
spiele bereits bei der Suche nach einem
Vikariatsplatz beim Berufseinstieg eine
wichtige Rolle, komme aber auch später
bei Neuorientierungen in der Pfarrlauf-
bahn immer wieder zum Tragen. Wenn
Pfarrerinnen und Pfarrer sich in diesen
Fragen von ihm beraten liessen, habe
das den Vorteil, dass man offen über
Stärken und Schwächen reden könne.
Das Setting sei ein gänzlich anderes als
bei einem Bewerbungsgespräch.
Offene Ohren haben und präsent sein
für die Anliegen der einzelnen Pfarrerin-
nen und Pfarrer, sind der eine Teil im
Aufgabenportfolio von Rudi Neuberth.
Seine Stelle, die im Rahmen der Reform
der Gesamtkirchlichen Dienste der Lan-
deskirche 2015 neu konzipiert worden
ist, umfasst aber auch weitere Aufgaben-
bereiche, die vorher vom Kirchenrats-
schreiber wahrgenommen wurden: er ist
Ansprechpartner für die Dekaninnen
und Dekane, zugleich aber auch Anlauf-
stelle für die Kirchenpflegen, wenn es
um Fragen des Pfarramts geht. Wenn
Kirchgemeinden neue Pfarrstellen
schaffen möchten, so berät und begleitet
sie Rudi Neuberth. Und selbstverständ-
lich zählt auch die Weiterbildungspla-
nung zum Kerngeschäft des Personal-
entwicklers.
Gerade weil an dieser Stelle so viele
Fäden zusammenlaufen, nimmt Rudi
Neuberth die grossen Entwicklungen
wahr, die den Pfarrberuf gegenwärtig
prägen: der Mitgliederschwund, der
Stellenprozente schwinden lässt und die
gesellschaftliche Relevanz der Kirche
und die Stellung des Pfarramts verän-
dert; der Prozess der Kirchgemeindefu-
sionen, der grössere Teams entstehen
lässt und Spezialisierung fördert. Rudi
Neuberth will mit Mut auf all diese He-
rausforderungen reagieren und frische
Ideen und Pioniergeist fördern. Die Ver-
änderungen im Umfeld des Pfarrberufs
gelte es nicht nur wahrzunehmen, son-
dern zu begleiten und mitzugestalten,
sagt Rudi Neuberth. Er freue sich dar-
auf, gerade weil die Zeiten so bewegend
sind.
Kontakt: [email protected],
Tel. 044 258 92 60
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notabene 3 / 20168
Diakonieprojekt «Wegbegleitung» / Wenn der Weg alleinzu schwierig wirdMenschen in schwierigen Lebenssituationen begleiten: Das ist das Ziel des Projektes «Wegbe-gleitung», das von Freiwilligen geleistet und von Sozialdiakonen gecoacht wird. Fahrt aufgenom-men hat das Projekt in Uster und Zürich-Höngg. Nachahmer sind willkommen. Von Christian Schenk
Er ist einer dieser Generation der Jung-
senioren, die noch strotzt vor Unterneh-
mungslust nach der Zeit im Berufsleben.
Mathias Zahner, pensionierter Betriebs-
ökonom und Fachmann im Personalbe-
reich, lief letztes Jahr mit 62 noch den
Jungfrau-Marathon und schnürt sich
weiterhin wöchentlich mehrmals die
Laufschuhe. Er bezeichnet sich selbst als
«Glückspilz», weil ihm diese Fitness im-
mer noch vergönnt ist – ihm, dessen Le-
ben vor 24 Jahren an einem seidenen
Faden hing und nur dank einer trans-
plantierten Leber eine Fortsetzung fand.
Es ist die Dankbarkeit über die «ge-
schenkten Jahre», die ihn dazu bewegt,
etwas von seiner Erfahrung weiterzuge-
ben und mit anderen Menschen zu tei-
len. Seit Jahren engagiert er sich in Or-
ganisationen für Transplantierte und
begleitet Menschen, die – wie er damals
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notabene 3 / 2016 9
– auf ein lebensrettendes Organ warten.
Und weil er noch mehr Kapazitäten hat
und ihm letzthin ein Flyer für ein sozial-
diakonisches Projekt in der Kirchge-
meinde in die Hände kam, engagiert sich
Mathias Zahner heute auch im Projekt
«Wegbegleitung»: Etwa einmal in der
Woche besucht und unterstützt er einen
Mann Anfang 50, der unter einer schwe-
ren Krankheit leidet, nicht mehr arbei-
ten und sein Leben ohne Hilfe kaum
mehr meistern kann.
Kompetent begleiten
Vermittelt wurde ihm der Mann, nennen
wir ihn P., von Rémy Beusch, Sozialdia-
kon der Kirchgemeinde Uster. Rémy
Beusch hat das Freiwilligenprojekt
«Wegbegleitung» vor knapp zwei Jahren
in Uster gestartet. Das Projekt war Jahre
zuvor von den reformierten und katholi-
schen Kirchen in Basel entwickelt und
von der Aargauer Landeskirche und Ca-
ritas Aargau an verschiedenen Standor-
ten erfolgreich aufgebaut worden. Rémy
Beusch war damals im Aargau in der
Pilotphase mitbeteiligt und hat die
«Wegbegleitung» später mit Unterstüt-
zung der Fachstelle Freiwilligenarbeit
der Zürcher Landeskirche an seinem
neuen Arbeitsort Uster aufgebaut. Das
Projekt ist so konzipiert, dass Kirchge-
meinden es vor Ort zusammen mit inter-
essierten Freiwilligen umsetzen können.
Die Freiwilligen werden von einem Sozi-
aldiakon, einer Sozialdiakonin in vier
Kurstagen auf einen zeitlich definierten
Einsatz vorbereitet, um danach Men-
schen in kritischen Lebenssituationen
kompetent zu begleiten.
Den Einsatz genau definieren
Mathias Zahner hat den Kurs zusam-
men mit acht anderen Freiwilligen ab-
solviert und lernte dann P. kennen. Bei
der ersten Begegnung war auch Rémy
Beusch dabei. Zusammen legten die drei
fest, wie die Begleitung ablaufen sollte,
unterhielten sich über Einsatzdauer, Be-
suchstage und Ziele. «Wir vereinbarten,
dass ich P. bei Fitness und Bewegung
unterstütze und ihm einfach ein Ge-
sprächspartner sei.» Unterstützung in
administrativen Fragen, die P. ebenfalls
benötigt, klammerte Mathias Zahner
explizit aus, weil er sich darum nicht
kümmern mochte. «Es ist für mich wich-
tig, dass ich bei diesem Freiwilligenein-
satz sagen kann, welche Fähigkeiten ich
einbringen kann und will – und was
nicht», sagt Zahner. Dies gelte auch für
den zeitlichen Einsatz.
Die Gespräche mit P. sind bei Spazier-
gängen in Gang gekommen. P. erzählte
von seiner Krankheit, die ihm den Job
und mittlerweile auch die Selbständig-
keit im Alltagsleben zu nehmen droht.
Weil P. auf kein grosses und tragfähiges
familiäres Netz zählen kann, ist Wegbe-
gleiter Mathias Zahner eine der wenigen
Ansprechpersonen, mit denen P. über
seine Probleme reden kann.
«Wir haben den Draht zueinander ge-
funden», sagt Mathias Zahner. Man esse
manchmal zusammen eine Suppe. Aus-
flüge seien wegen der schwindenden
Kraft von P. nur noch selten möglich.
Einmal seien sie zusammen an der Thur
gewesen, um Schwemmholz zu suchen,
das P. früher gern bearbeitet und ge-
schnitzt habe. «Zuhören, Zeit schenken,
das ist das Wichtigste», sagt Mathias
Zahner und bekennt, wie schwierig das
sein kann. «Ich versuche oft zu schnell,
Lösungen für Lebensprobleme vorzu-
schlagen.» Dabei gehe es vielmehr da-
rum, die Menschen so zu begleiten, dass
sie ihren Weg selber finden können.
Grenzen kennen
Auf solche Herausforderungen weist der
Einführungskurs die künftigen Wegbe-
gleiter und Wegbegleiterinnen hin. Ne-
ben der Vermittlung von Sachwissen,
der Kenntnis hilfreicher Institutionen
und Fachstellen, spielt die Reflexion der
eigenen Motivation zum Helfen eine
wichtige Rolle. Wegbegleiter müssen
wissen, weshalb sie helfen wollen und
ihre eigenen Grenzen kennen. Zur Qua-
litätssicherung der Arbeit der Freiwilli-
gen dienen Erfahrungsaustausch, Su-
pervisionen und Fortbildungen. Diese
professionelle Begleitung kommt bei
den freiwilligen Wegbegleiter gut an. Sie
ist mit ein Grund, sich an «Wegbeglei-
tung» zu beteiligen. In Uster sind mitt-
lerweile 22 Wegbegleitungen im Gang
und ein zweiter Einführungskurs mit
neuen Freiwilligen abgeschlossen.
Das Projekt wächst. Nicht nur in
Uster. Auch die Kirchgemeinde Zürich
Höngg ist damit gestartet und erschliesst
für die Kirchgemeinde ganz neue Grup-
«Wegbegleiter müssen wissen, weshalb sie helfen wollen.»
«Die Menschen wollen helfen – und wissen nicht wie und wo.»
notabene 3 / 201610
...und überall zuhaus. Europas Delegierte der Weltgemein-schaft reformierter Kirchen (WGRK) tagten im Kloster Kappel. Die Organisation ist sparsam konzipiert, aber wichtig, auch für die Zürcher Kirche. Von Martin Breitenfeldt*
Reformierte Weltgemeinschaft / Sparsam wie die Schotten...
pen von Freiwilligen, sagt Fränzi Dürst,
die die Wegbegleitung von Seiten der
Landeskirche begleitet und die Einfüh-
rungs- und Weiterbildungskurse koordi-
niert. Zu den neuen Freiwilligen zählen
oft auch Menschen mit guter Ausbil-
dung, Ärzte, Juristen, Studierende, en-
gagierte Mütter und Hausfrauen, junge
und ältere Menschen. Attraktiv sei diese
Art von Freiwilligenarbeit nebst der
qualifizierten Ausbildung und Beglei-
tung auch wegen des zeitlich begrenzten
Einsatzes. Projektbezogene Freiwilligen-
arbeit, die einen nicht unbegrenzt binde,
erleichtere den Einstieg.
Gerade im Zusammenhang mit der
Flüchtlingskrise sei die Nachfrage enorm
gestiegen, bestätigt auch Rémy Beusch.
«Die Menschen wollen helfen – und wis-
sen nicht wie und wo.» Das Projekt Weg-
begleitung kann dafür sorgen, dass aus
der Solidarität konkrete Hilfeleistung
wächst.
«Auch wir sind katholisch», hört man
machmal sagen unter informierten Re-
formierten, «nur eben nicht ‹römisch›».
Richtig. Weil katholisch sein heisst,
der globalen Kirche Christi durch die
Zeiten anzugehören. Die römisch-ka-
tholische Konfession wird vom My-
thos einer ununterbrochenen, hierar-
chisch gelebten Segenslinie zu Petrus
zusammengehalten.
Wir Reformierte dagegen glauben
uns direkt, durch Christus und sein
Wort, der ganzen Kirche zugehörig.
Damit nicht auch dieser Satz blosser
Mythos bleibt, also um reformierte
Katholizität real am Leben zu halten,
braucht es Netzwerke. Sonst würden
die Kirchgemeinden irgendwann Tra-
ditionsvereine für lokale Religionsfol-
klore oder diakonisch-liturgische Ser-
vicezentren.
Die Gefahr der Provinzialität ist bei
territorial definierten, eigenständigen
Landeskirchen, bei denen der Gravita-
tionspunkt erst noch bei den Ortsge-
meinden liegt, eingebaut.
85 Millionen Reformierte
Unser globales Netzwerk ist die «Welt-
gemeinschaft reformierter Kirchen»
(WGRK). Im Jahre 2010 schloss sich der
«Reformierte Weltbund» – in unserer
Kirchenordnung erwähnt – mit einem
kleineren Verband zur WGRK zusam-
men. Aus Kostengründen zog die Orga-
nisation vor gut zwei Jahren von Genf
nach Hannover. Ihr gehören 225 Kir-
chen in aller Welt an, mit insgesamt rund
85 Millionen Mitgliedern, von denen die
meisten heute in den Ländern des globa-
len Südens leben. Reformiertes Chris-
tentum ist dort angelangt durch Aus-
wanderung und Mission. Alle
Reformierten führen sich im Ursprung
auf die Schweizer Reformation zurück.
Das protestantische Gegenstück zur
WGRK, der Lutherische Weltbund
Wegbegleitung: So funktioniertsfd. Freiwillige begleiten Menschen
in Alltagsfragen und Krisensituati-
onen mit dem Ziel, Hilfe zur
Selbsthilfe zu bieten. Die Themen-
felder reichen von Wohnungssu-
che, dem Gang zu Ämtern, über
Unterstützung bei Krankheit bis
zur Kinder- und Familienbeglei-
tung. Eine Wegbegleitung dauert
in der Regel 3 bis 6 Monate, Inhal-
te und Ziele werden vorgängig
festgelegt. Die Freiwilligen werden
mittels eines obligatorischen Ein-
führungskurses auf ihre Aufgabe
vorbereitet. Der Kurs findet in Zü-
rich oder vor Ort statt und wird in
Kooperation mit der Landeskirche
durchgeführt. Der nächste Kurs
findet im Frühsommer 2016 in Zü-
rich statt. Koordiniert wird «Weg-
begleitung» von einem/r Sozialdia-
kon/in oder Pfarrperson vor Ort.
Kontakt:
Tel. 044 258 92 01
notabene 3 / 2016 11
(LBW), ist von der Mitgliederzahl wenig
kleiner. Die reformierte Organisation ist
aber, bezeichnend für das basisorien-
tierte Kirchenverständnis, sparsamer
ausgestattet. In der WGRK-Zentrale ar-
beitet nur ein halbes Dutzend Leute.
Knapp vierzig europäische Delegierte
tauschten sich jüngst im Kloster Kappel
über aktuelle und kirchenpolitische The-
men aus, insbesondere das Thema der
Migration nach Europa sowie den Um-
gang mit der «Gemeinsamen Erklärung
zur Rechtfertigungslehre», einem Kon-
sensdokument zwischen Lutherischem
Weltbund und Vatikan, das auch die
Methodisten unterschrieben haben. Kir-
chenratspräsident Michel Müller hiess
die Delegierten im Ursprungsland der
reformierten Bewegung willkommen.
Eine symbolische Baumpflanzung vor
der Klosterkirche, an der Müller die
Gäste teilhaben liess, zeigte die Verwur-
zelung und die Lebendigkeit der Refor-
mation auch über nationale und konfes-
sionelle Grenzen hinaus. Anfang 2014
hatte er bereits in der Lutherstadt Wit-
tenberg einen Zürcher Baum gesetzt.
Der hiesige Partnerbaum, eine junge Sil-
berlinde, ersetzt einen alten Giganten,
der gefällt werden musste. 500 Bäume
im Luthergarten Wittenberg (siehe www.
luthergarten.de) und ihre weltweiten
Partnerbäume bedeuten 500 Jahre Re-
formation in weltumspannender öku-
menischer Verbundenheit, also «refor-
matorische Katholizität».
Was uns die WGRK nützt
Auf der Webseite der Weltgemeinschaft
wird deutlich, dass die Organisation Ge-
meinschaft unter ihren Mitgliedskirchen
fördert und koordiniert, Initiativen in
den Bereichen Mission, theologische
Arbeit und Fortbildung lanciert und
kirchliche Erneuerung will. Gerechtig-
keit und Dialog sind dabei wichtige
Stichworte. Es findet sich wertvolles In-
formations-, Hintergrunds- und Ar-
beitsmaterial auch für Kirchgemein-
den. Und wer herausfinden möchte,
wo auf der Welt unsere Partner glei-
cher Konfession zu finden sind, fin-
det sie hier. So ist es zum Beispiel
möglich, direkt Kontakt aufzuneh-
men etwa auf einer Reise. Auch
kann die Arbeit der WGRK unterstützt
und somit zur eigenen Sache gemacht
werden.
Auf einem Rundgang durch die Zür-
cher Altstadt erlebten die Delegierten
ein Stück eigener Geschichte. Ferner
wurde das Migrationskirchenzentrum in
Wipkingen besucht, da es in Europa ein-
zigartig ist. Schliesslich waren einige De-
legierte in vier Zürcher Kirchgemeinden
zu Gast, so auch in Uitikon. Die Gäste
aus Schottland, ein Pfarrehepaar, fühl-
ten sich zuhause. «We will stay in touch
– wir bleiben in Verbindung», sagte man
sich am Schluss. Das Netz der «refor-
mierten Katholizität» lebt.
*Martin Breitenfeldt ist Beauftragter der Landeskirche für Beziehungen und Öku-mene
Aus dem Leitbild der WGRK«Die Weltgemeinschaft reformier-
ter Kirchen, die aus dem Erbe der
reformierten Bekenntnisse als ei-
ner Quelle der Erneuerung der
ganzen Kirche schöpft, weiss sich
zur Gemeinschaft und Gerechtig-
keit verpflichtet, und nimmt in
Partnerschaft mit anderen ökume-
nischen Zusammenschlüssen an
Gottes Mission in der Welt teil, in-
dem sie die rettende Gnade und
Liebe des dreieinigen Gottes ver-
kündet und sich einsetzt für:
Christliche Einheit und die Erneue-
rung von Gottesdienst, Theologie
und Spiritualität, Gerechtigkeit,
Abschaffung von Armut, Aufbau
gerechter Beziehungen, Bewah-
rung der Schöpfung, Interreligiöse
Beziehungen, Versöhnung, Hei-
lung, Frieden und die Erneuerung
von Kirchen und Gesellschaft.»
So entstand die WeltgemeinschaftDie Weltgemeinschaft reformierter
Kirchen, die in der Reformation
des 16. Jahrhunderts, insbesonde-
re in der Theologie Johannes Cal-
vins ihre Wurzen hat, nahm in einer
1875 gegründeten Vereinigung ih-
ren Anfang. «Der weltweite Bund
reformierter Kirchen, die der pres-
byterialen Ordnung folgen», wurde
in London gegründet und brachte
21 Kirchen aus Europa und Nord-
amerika zusammen. 1891 wurde
der Kongregationalistische Rat ge-
gründet. Diese beiden Organisati-
onen schlossen sich 1970 zum Re-
formierten Weltbund zusammen.
1946 entstand parallel dazu der
Reformierte Ökumenische Rat. Im
Jahr 2010 erfolgte die Vereinigung
des Reformierten Weltbundes und
des Reformierten Ökumenischen
Rats zur Weltgemeinschaft refor-
mierter Kirchen, der 225 Kirchen
mit rund 85 Millionen Mitgliedern
angehören.
www.wcrc.ch
Eine Delegation der Kirchgemeinde Uitikon
empfing die beiden schottischen Delegierten
der Weltgemeinschaft reformierter Kirchen
Alexander Horsburgh und Alison McDonald
(zweite und dritte von l.).
«Um reformierte Katholizität am Leben zu halten, braucht es Netzwerke.»
Fo
to: zV
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incent
Chaig
nat
12 notabene 3 / 2016
Bildung &
Spiritualität
Locker sein, aber nicht locker lassen
Spielerischer Zugang zu bibli-
schen Werten. Leitung: KiK-
Kommission; Referent und
Spielleiter: Hans Fluri.
17. April, 9.30 bis 17 Uhr
Kirche und Kirchgemeindehaus,
Fehraltorf. Anmeldung:
Tel. 044 949 22 27
Eltern und Familie im rpg
Die Teilnehmenden setzen sich
mit den Lebensrealitäten von
Eltern und Familien auseinan-
der und lernen Möglichkeiten
für das kirchliche Miteinander
von Eltern und Familien kennen
und gestalten. Leitung: Jessica
Stürmer-Terdenge.
10. /17. Mai, 8.30 bis 16.15 Uhr
Hirschengraben 50, Zürich
Anmeldung: [email protected]
Tel. 044 258 92 93
Andersworte: Die Bibel verstehen
Wie waren die Texte der Bibel
zu ihrer Zeit gemeint und wie
begegnen sie uns heute? Wel-
che Bedeutung haben sie im
eigenen Leben und wie verän-
dern sie sich, wenn wir uns mit
ihnen auseinandersetzen?
Die Bibeltexte werden jeweils
am Ende eines Abends für den
folgenden Abend gemeinsam
festgelegt. Leitung:
Angela Wäffler-Boveland.
12. Mai, 18 bis 21 Uhr
Hirschengraben 50, Zürich. An-
meldung: [email protected]
Tel. 044 258 92 17
Katechetische Ausbildung
Die Veranstaltung stellt die
katechetische Ausbildung vor,
die sich einerseits zusammen-
setzt aus der Schulung in
Grundmodulen, Wahlpflicht-
und Aufbaumodulen, andrer-
seits aus der Übungsschule
und begleiteter Praxis.
Leitung: Katharina Sigel und
Sabine Stückelberger.
17. Mai, 17.30 bis 19.30 Uhr
Hirschengraben 50, Zürich
Anmeldung: [email protected]
Tel. 044 258 92 76
Gemeindeaufbau &
Leitung
Mit Word-Vorlagen gemäss Erscheinungsbild arbeiten
Das Erscheinungsbild der
Kirchgemeinden erfordert die
Anpassung der Dokumentvorla-
gen. Briefe alleine genügen oft-
mals nicht. Weitere Vorlagen für
Anträge, Flyer, Formulare ver-
einfachen die Arbeit und stan-
dardisieren das Erscheinungs-
bild auch im internen Bereich.
Leitung: Dietrich Schuler.
19. April, 14 bis 17 Uhr
Hirschengraben 50, Zürich
Anmeldung:
Tel. 044 258 92 36
LOS Stufe 5 – Lösungsorientierte Seelsorge
Immer wieder stellt sich die
Frage nach der Zuständigkeit
und Kompetenz der Seelsor-
genden im Umgang mit see-
lisch belasteten Menschen.
Im Kurs wird psychopathologi-
sches Grundlagenwissen ver-
mittelt. Mit diesem Basiswissen
sind die Teilnehmenden in der
Lage, zu entscheiden, ob und
wie sie im konkreten Fall
Begleitung anbieten können.
Leitung:
Patrizia Weigl-Schatzmann.
9. bis 13. Mai. Hirschengraben 50,
Zürich. Anmeldung:
Tel. 044 258 92 54
Reformation Radikal
Tagesseminar mit Abendveran-
staltung: Das Kernanliegen der
Reformation, sich «radikal» auf
die Wurzeln zu besinnen, for-
dert zu jeder Zeit neu heraus.
Martin Luther begann seine 95
Thesen von 1517 mit der For-
derung Jesu: «Kehrt um, die
gerechte Welt Gottes ist nahe.»
500 Jahre später leben wir in
Fo
tos: flic
kr.co
m/z
hre
fch
Themen und Termine
Verkündigung &
Gottesdienst
Bandcoaching
Professionelles Coaching für
Kirchenbands in ihrem eigenen
Proberaum. Die Band erhält
praktische Impulse zur Optimie-
rung des gemeinsamen Musi-
zierens.
Termin auf Anfrage. Anmeldung:
Tel. 044 258 92 94
Die Schöpfung – Joseph Haydn
Kantorei Illnau-Effretikon,
Sinfonietta Zürich,
Stephanie Pfeffer, Sopran,
Zacharie Fogal, Tenor, Hugo
Oliveira, Bass, Leitung: Joâo
Tiago Santos.
10. April, 17 Uhr. Eglise
Française, Schanzengasse 25,
Zürich. 17. April, 17 Uhr. Refor-
mierte Kirche Effretikon
Diakonie &
Seelsorge
Aufbau und Gestaltung eines interkulturellen Treffpunkts
Führt Ihre Kirchgemeinde einen
Treffpunkt für Migrantinnen und
Migranten? Möchten Sie einen
solchen ins Leben rufen?
Lernen Sie bestehende Ange-
bote kennen und setzen Sie
sich mit den Herausforde-
rungen eines kirchlichen Treff-
punktes auseinander. Gemein-
sam suchen wir Antworten auf
folgende Fragen: Welche Ziele
verfolgen wir mit einem kultu-
rellen Treffpunkt? Wie erreichen
wir Migrantinnen und Migran-
ten? Wie können wir sie in die
Gestaltung einbeziehen?
Woher nehmen wir die Perso-
nalkapazität und die finanziellen
Mittel? Der Kurs richtet sich an
Behördenmitglieder, Mitarbei-
tende und Freiwillige aus Kirch-
gemeinden. Migrantinnen und
Migranten sind besonders will-
kommen!
Leitung: Gabriela Bregenzer.
13. April, 13.45 bis 16.45 Uhr
Hirschengraben 50, Zürich. An -
meldung: [email protected]
Tel. 044 258 92 37
Trauerzeit – Dornenzeit:Offener Gesprächs-nachmittag für verwitwete Frauen
Trauern ist ein steiniger Weg.
Leitung: Heidi Hofer
Schweingruber.
14. April, 14 bis 17 Uhr
«Oase» der Siedlung Brahmshof,
Brahmsstrasse 32, Zürich
Keine Anmeldung nötig, Unkos-
tenbeitrag für Kaffee und Kuchen
Fr. 20.–
Videos mit Jugendlichen selbst gemacht
Kurzfilme sind bei Jugendlichen
beliebt. Der Kurs richtet sich an
Jugendarbeitende und sonstige
Interessierte. Die Teilnehmen-
den experimentieren mit einfa-
chen Verarbeitungsprogram-
men, lernen Techniken kennen
und setzen sich damit ausein-
ander, wie Jugendliche optimal
in die Produktion eingebunden
werden können.
Leitung: Adrian Marbacher,
Prof. Dr. Peter Rieker.
12. Mai, 9 bis 13 Uhr
Jugendseelsorge Zürich
Auf der Mauer 13, Zürich
Anmeldung: info@jugendseel-
sorge.ch, Tel. 044 266 69 69
13notabene 3 / 2016
Fo
tos: flic
kr.co
m/z
hre
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Lebenskrise – Quellen der Zuversicht
Umgang mit Lebensübergän-
gen auf dem Weg zu sich
selbst. Leitung: Markus Sahli
und Thomas Rehsteiner.
29. April bis 1. Mai
Schauspiel: Stadt ohne Tod
Das «Theater 58» inszeniert
Silja Walters Meisterwerk in der
Klosterkirche. Es verbinden
sich Wort, Tanz, Video und
Musik zu einer Einheit. Eintritt:
Fr. 20.– (nur Abendkasse).
13. Mai, 20 Uhr
Impulstag Migration 2016 – Flucht und AsylZahlen, Fakten, HintergründeSeit dem Start der Aktion Flucht.Punkt engagieren sich
bis jetzt über fünfzig Kirchgemeinden für Flüchtlinge. Für
viele Beteiligte ist die Arbeit mit Asylsuchenden neu und
es stellen sich viele Fragen:
Wie läuft das Asylverfahren in der Schweiz ab? Wer hat
Anspruch auf Asyl? Was passiert nach einem Negativent-
scheid? Wer darf arbeiten und unter welchen Bedingungen?
Wie ist die Situation im Herkunftsland der Flüchtlinge?
Welche Gewohnheiten und Werte bringen sie mit?
Antworten erhalten Interessierte am Impulstag Migration
von Fachleuten der Schweizerischen Flüchtlingshilfe SFH,
Amnesty International und der Zürcher Landeskirche.
Auf dem Programm stehen Referate, Workshops,
Diskussionen und ein Film zum Thema.
27. Mai, ab 9 Uhr. Hirschengraben 50, Zürich
Kosten: Fr. 80.– inkl. Mittagsbuffet
Anmeldung: [email protected]
Fo
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G
einer Zeit, die wie das biblische
Jobel-Jahr (Erlassjahr) ebenfalls
Umkehr und eine Veränderung
hin zu gerechteren Verhältnis-
sen anmahnt.
In gegenwärtigen Krisen stellt
sich die Frage nach dem kri-
tisch-prophetischen Potenzial
der Reformation neu. Wo liegen
Kräfte des Widerstands und der
Transformation in der Theolo-
gie, in der Gesellschaft, in Kir-
chen und Gemeinden?
Mit Hilfe eines vorher an alle
Teilnehmenden versandten
Readers werden nach jeweils
kurzen Einführungen Gesprä-
che zu den angegebenen The-
men stattfinden.
13. Mai, 9.15 bis 22 Uhr
Kulturhaus Helferei,
Kirchgasse 13, Zürich
Anmeldung:
[email protected] oder
www.diakonie.unibe.ch/anmel-
dung_diakonie.html
Jubilieren, aber wie? Ideen und konkrete Planung
Viele Ideen können für das
Reformationsjubiläum umge-
setzt werden: Wettbewerbe,
Ausstellungen, Musicals, Filme,
Theater, Buchprojekte, etc.
Gemeinsam lassen wir uns ins-
pirieren für Projekte, die für die
eigene Kirchgemeinde oder
Region geeignet wären.
Leitung: Matthias Krieg.
27. Mai, 9 bis 16 Uhr
Hirschengraben 7, Zürich
Anmeldung:
Tel. 044 258 91 40
Von & für
Gemeinden
Fusionsfest Kirchgemeinde Flaachtal
Seit dem 1. Januar 2016 sind
die reformierten Kirchgemein-
den Berg am Irchel, Buch am
Irchel und Flaach-Volken zur
Kirchgemeinde Flaachtal
zusammengeschlossen. Den
Start der neuen Kirchgemeinde
soll gefeiert werden. Die Predigt
zum Festgottesdienst in der
Kirche Flaach hält Kirchenrats-
präsident Pfr. Michel Müller.
Nach einem Mittagessen im
Landihus Berg am Irchel gehts
auf dem Pilgerweg nach Buch
am Irchel. Im Gibel werden Kaf-
fee und Kuchen angeboten und
in der Kirche Buch am Irchel
gibt es zum Abschluss ein Kon-
zert von Andrew Bond.
17. April, 9.30 bis 17 Uhr
Anmeldung:
Wiedervereinigung feiern
im Wehntal
Es ist soweit: Nach 306 Jahren
Trennung feiert das Wehtal am
10. April die «Wiedervereini-
gung» beider reformierter Kirch-
gemeinden im Wehntal mit
einem Festgottesdienst und
zahlreichen Gästen. Nach
einem musikalisch und gedank-
lich reichhaltigen Gottesdienst
sind die Gäste zu einem Apéro
riche eingeladen. Gemeinsam
wird dann angestossen auf die
Reformierte Kirche Wehntal,
wie die Kirchgemeinde fortan
heissen wird.
10. April, 10 Uhr
ref. Kirche Niederweningen
Kloster Kappel
Auskunft / Anmeldung:
Tel. 044 764 88 30
www.klosterkappel.ch
Musik und Wort
Caritas abundat: Die mirjam-
schola (Monique Baumann,
Judith Gander-Brem, Denise
Kohler, Anita Liechty, Katrin
Müller, Susanne Rathgeb-
Ursprung, Mirjam Föllmi) und
Daniel Rüegg (Orgel) musizieren
Gregorianik, Gesänge der
Hildegard von Bingen und
Orgelmusik von Pieter Cornet
(um 1570 – 1633). Lesungen:
Pfr. Markus Sahli. Eintritt frei/
Kollekte.
24. April, 17.15 Uhr
Vernissage: schreibend malen
Bilder von Maggie Hofmann.
24. April, 15.30 Uhr
«Timeout statt burnout»
Auszeit und Erholungs-
kompetenz für Männer
Leitung: Christoph Walser.
29. bis 30. April
Fo
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Mark
us
14 notabene 3 / 2016
Chortage Auffahrt
Vier Tage Chormusik aus der
Romantik zum Muttertag.
«Jauchzet dem Herrn alle
Welt.» Leitung: Markus J. Frey.
5. bis 8. Mai
Schritte in die Stille
Einführung in die Meditation.
Leitung: Peter Wild.
6. bis 8. Mai
Gruppe Atem Klang Sommer
Insel der Ruhe, wo Ankommen
und Wandlung möglich wird.
Kursreihe von zehn Vormitta-
gen. Leitung: Verena-Barbara
Gohl.
Start: 13. Mai
Tanzend in eine neue Welt – «lass dich bewegen»
Dvořáks Sinfonie «Aus der
Neuen Welt» über den Körper
erleben. Leitung: Jürg Lüthy.
13. bis 15. Mai
Musik und Wort zu Pfingsten
Collegium Vocale und Colle-
gium Musicum Grossmünster.
Leitung: Kantor Daniel Schmid.
«Lutherische Messe A-Dur»,
BWV 234, Kantate «Halt im
Gedächtnis Jesu Christ», BWV
67. Lesungen: Pfrn. Elisabeth
Wyss-Jenny.
Eintritt frei / Kollekte.
15. Mai, 17.15 Uhr
Das Geheimnis zufriedener Paare ist das gelungene Gespräch
Kommunikationskurs für Paare.
Leitung: Susanne Bohmeyer,
Clemens Plewinia.
20. bis 22. Mai
Shibashi Qi Gong - Meditation in Bewegung
Still wie ein Berg – bewegt
wie ein Fluss. Leitung: Barbara
Lehner.
20. bis 22. Mai
Von der Heilkraft des Segens
«Ich lasse dich nicht, du
segnest mich denn.»
Leitung: Angela Römer.
27. bis 29. Mai
Der Satz ist verbrieft und ver-
dient es auch heute noch – viel-
leicht mehr denn je – in die Welt
hinausgerufen zu werden.
Ueli Greminger: Sebastian
Castellio. Eine Biografie aus den
Wirren der Reformationszeit.
Orell-Füssli-Verlag, 2016
128 Seiten, Fr. 24.90
Buchtipp: Vom
Haslital nach
Amerika
sch. Über 400 000 Schweizerin-
nen und Schweizer verliessen
in der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts ihre Heimat und
wanderten aus. Hinter den Zah-
len der Auswanderungswelle
verbergen sich menschliche
Schicksale. Nur selten sind
Zeugnisse davon geblieben.
Umso wertvoller die Briefschaft
einer Familie aus Guttannen im
Haslital, die 1994 in einem Est-
rich gefunden, transkribiert und
schliesslich der Öffentlichkeit
zugänglich gemacht wurde.
Rund hundert Briefe gingen von
1855 bis 1932 zwischen den in
Guttannen verbliebenen und
den nach Amerika ausgewan-
derten Mitgliedern der Familie
Abbühl, genannt Kätters, hin
und her. Sie geben Einblicke in
die damaligen Lebensverhält-
nisse im Haslital und in den neu
besiedelten Gebieten Nord-
amerikas. Sie erzählen von den
Ängsten und Hoffnungen auf
der mehrwöchigen Reise übers
Meer, von den Schwierigkeiten
beim Fussfassen im neuen
Land, vom Heim- und Fernweh,
von Glücksgefühlen und
Buchtipp:
Fürsprecher des
Zweifels
sch. Die Kraft der Liebe mache
die Menschen besser und nicht
die Kenntnis der Dogmen,
schreibt der Gelehrte Sebastian
Castellio in einem Brief. Ob der
Zeitgenosse und Gegenspieler
von Johannes Calvin genau mit
diesen Worten gegen die dog-
matischen Auswüchse im calvi-
nistischen Genf angeschrieben
hat, ist aus der vorliegenden
Biografie nicht zu erfahren. Der
Autor, Pfarrer Ueli Greminger,
legt offen, dass er sich bei der
Beschreibung der Lebensge-
schichte von Castellio durchaus
dichterische Freiheiten genom-
men habe. Die Stossrichtung
der Argumente, die in Original-
texten nachzulesen sich lohnt,
und das Wenige, das die histo-
rischen Quellen zu den Lebens-
stationen des französischen
Gelehrten hergeben, sind
indessen stimmig rekonstruiert.
Durch diese Erzählform wird die
Figur plastisch, sein Vermächt-
nis einprägsam. Das ist dem
fast vergessenen Reformator
und Fürsprecher der religiösen
Toleranz zu gönnen. Noch bes-
ser, wenn die Lektüre Ansporn
ist, sich vertieft auch mit den
Originaltexten Castellios und
seiner hellsichtigen und muti-
gen Kritik an enggeführter,
reformierter Rechtgläubigkeit
zu befassen. «Einen Menschen
töten, heisst nicht, eine Lehre
zu verteidigen, sondern einen
Menschen zu töten,» schrieb
Castellio 1554 nach Genf, als
dort der erste «Ketzer» mit dem
Segen Calvins verbrannt wurde.
Schicksalsschlägen. «Jetzt
aber, gott sei dank, mit 10 vol-
len Wochen haben wir mit bes-
ter Gesundheit Neuyork mit
grossem Verlangen erreicht,
denn 10 Wochen auf dem Was-
ser hindurch zu bringen, da gibt
es viele Beschwerlichkeiten.»
So schreibt Arnold Abbühl am
17. August 1851, als er die
neue Welt erreicht und den
über Jahrzehnte andauernden
Briefwechsel eröffnet.
Ein Stück Schweizer
Geschichte, eine unverfälschte
und berührende Quellensamm-
lung, direkt und verständlich
erzählt und voller spannender
Details aus dem Alltagsleben
jener Zeit.
Kätter-Briefe. Die Familie Abbühl
in Guttannen und Amerika
(1851 – 1932). Chronos-Verlag,
2015. 302 Seiten, Fr. 44.–
Medientipp
Kirchen-App.de
Die Landeskirchen und die
Evangelische Kirche in
Deutschland (EKD) möchten die
Kirchen in Deutschland mit
Hilfe des Smartphones besser
erschliessen und für Besuche-
rinnen und Besucher leichter
zugänglich machen. Eine neue
App ermöglicht es, per
Umkreissuche Kirchen aufzufin-
den. Die App liefert ausserdem
allerlei Zusatzinformationen,
Gottesdienst- und Öffnungszei-
ten, aber auch alte Aufnahmen
und kunsthistorische Details.
Einige der Kirchen bieten auch
Audio-Kirchenführung an.
www.ekd.de/kirchenapp
Stellen im WebOffene Pfarrstellen, Stellen in den
Gesamtkirchlichen Diensten und
den Kirchgemeinden finden Sie
auf: www.zh.ref.ch/stelle
notabene 3 / 2016 15
War die Hochspannungsleitung schuld?
Hat der Braune das Sirren in den Dräh-
ten über ihm gehört? Etwas muss ihn
gehörig erschreckt haben, so, dass er
beim Steinmüri-Hof in Oberembrach
Reissaus nahm, in gestrecktem Galopp
quer über den Acker davonhetzte und
erst nach mehreren hundert Metern das
Tempo zu drosseln begann und schliess-
lich hinter einem Waldstück verschwand.
Seine Reiterin hatte das alles nicht mehr
mitbekommen. Die junge Frau sass be-
nommen am Wegrand, unverletzt, aber
nach dem Sturz vom Pferd verdattert
und froh darüber, dass ihr Gudrun
Schlagenhauf zu Hilfe eilte. Sie hatte
den Vorfall vom nahen Stall aus beob-
achtet und wusste nur allzu gut Be-
scheid, was es es heisst, von einem Pferd
in Panik abgeworfen zu werden.
Teamwork im Stall
Ein Schlüsselbein und mehrere Rippen
gingen bei ihr damals in Brüche, als ihre
sonst so gutmütige Stute Fedrasina sie
aus dem Sattel warf. Warum, weiss sie
bis heute nicht. Seither allerdings steigt
Gudrun Schlagenhauf nur noch selten
in den Sattel. Nicht nur wegen des Stur-
zes, sondern weil Fedrasinas Gelenke
keine grosse Belastung mehr vertragen.
Dass die 21-jährige Stute aber immer
noch Auslauf erhält, dafür sorgt Ehe-
mann Kurt Schlagenhauf. Er ist auch
heute morgen unterwegs, sitzt auf seiner
jüngeren Pferdedame Romantica und
führt Fedrasina reiterlos mit. In der
Zwischenzeit macht Gudrun Schlagen-
hauf den Stall, misst zwei Rationen Ge-
treide ab, schafft je fünf Kilo Heu herbei
und streut frisches Stroh in die beiden
Boxen. Zwischendurch sorgt sie dafür,
dass auch Hündin Enya auf einem kur-
zen Eilmarsch ihren Bewegungsdrang
stillen kann.
Um 11 Uhr sind alle wieder zurück im
Stall. «Teamwork – jeder macht, was
ihm am besten liegt», sagt Kurt Schla-
genhauf später bei einem Kaffee neben
der Pferdebox in der zugigen Scheune.
So hielten sie das nicht nur mit der Ar-
beit mit den Tieren, sondern auch beim
Sigristenamt in der Kirchgemeinde Wal-
lisellen. Seit nunmehr 25 Jahren erfüllen
sie diesen Dienst gemeinsam.
Kirchturm statt Kamin
Eine guter Job, aber man brauche dafür
einen breiten Rücken, sagen beide. Als
Sigrist sei man Ansprechsperson für so
viele Leute, involviert in alle Anlässe der
Kirche. Oft müsse man für Sonderwün-
sche improvisieren, noch schnell dies,
noch schnell das. Aber der Kontakt mit
den Menschen, das möge er eben gern,
sagt Kurt Schlagenhauf. Das habe ihm
damals auch schon in seinem ersten Be-
ruf als Kaminfeger gefallen – das Hand-
werkliche verbunden mit der Begegnung
mit den Menschen. Dem stimmt auch
Gudrun Schlagenhauf zu. Auch sie
durchlief die gleiche Berufslaufbahn wie
ihr Mann und steigt heute auf Kirch-
türme statt auf Kamine.
Leben mit den Tieren
Die Liebe zu den Pferden hat ihr Mann
in die Ehe gebracht. Kurt Schlagenhauf
ist mit Pferden aufgewachsen und ritt
schon als 7-Jähriger an einer Springkon-
kurrenz. «Mit viel zu weiten weissen
Hosen», erinnert er sich – und kann sich
ein Schmunzeln nicht verkneifen. Heute
können sich beide ein Leben ohne Pferde
kaum mehr vorstellen – auch wenn das
Hobby Zeit und Geld frisst und manch-
mal – wie heute morgen – ganz schön
gefährlich sein kann. Aber die Ruhe auf
dem Hof, die Nähe zu den Tieren und
zur Natur, das ist für Schlagenhaufs der
ideale Ausgleich zum Sigristenjob in
Wallisellen. Da müssen sie jetzt auch
gleich wieder hin. Ein Wiedersehen mit
Fedrasina und Romantica gibts heute
Abend bereits wieder – und morgen früh
den nächsten Ausritt.
Das andere Leben des Sigristenpaars:
Auf dem Hof mit Fedrasina (links),
Hündin Enya und Romantica.
Porträt / Sigriste auf TrabZwei Stuten halten die Schlagenhaufs ganz schön auf Trab. Ihre Arbeit für die Kirche tut es auch. Ein Tag im Leben von Kurt und Gudrun Schlagenhauf, Sigriste in Wallisellen und Pferdehalter mit Leib und Seele. Von Christian Schenk
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Impressum «notabene» ist die Zeitschrift aller, die beruflich, ehrenamtlich oder regelmässig freiwillig als Mit-glieder in der Zürcher Landeskirche mitarbeiten.HerausgeberinEvangelisch-reformierte Landeskirche des Kantons Zürich. Abteilung Kommunikation (kom), Hirschengraben 7, 8001 ZürichRedaktion und GestaltungChristian Schenk (sch), Tel. 044 258 92 97, [email protected] [email protected]. 044 258 92 13
Autorinnen und Autoren
Martin Breitenfeldt
Druck Robert Hürlimann AG, Zürich
Auflage 7000 Exemplare
Erscheint monatlich mit Doppelnummern im
Juli / August und Dezember / Januar.
Nächste AusgabenNr. 4/2016 (Mai, Woche 19)Nr. 5/2016 (Juni, Woche 23)Redaktionsschluss: am 15. des Vormonats«notabene» im Webwww.zh.ref.ch / notabene
Titelbild: Freiwillige begleiten Menschen in schwierigen Lebens-situationen (gestellte Szene).Foto: Peter Hürlimann
Sozialdiakone bringen die richtigen Leute zusammen: zum Beispiel im Projekt «Wegbegleitung» (Seite 8).