Prognose im Algorithmus der 'Tempo100'-Schaltung für Pkw auf Autobahnen Allgemeines Konzept der Schaltung
Anreicherung und Spitzenwerte von NO2
Verkehrs-/Tauprognose
Immissionsrelevante Wetterprognosemodelle
Dr. Jürg Thudium 26.06.2008 / 5236.80 V2
Oekoscience AG
Postfach 452 CH - 7001 Chur Telefon: +4181 250 3310 [email protected]
Inhaltsverzeichnis
1. Konzept der immissionsgesteuerten Geschwindigkeitsbegrenzung für Pkw auf Autobahnen und Schnellstrassen 1
1.1. Umweltpolitische Philosophie 1 1.2. Umsetzung von Emissionen in Immissionen: Das Tau-Modell 2
2. Anreicherung und Spitzenwerte von Luftschadstoffen im Inntal am Beispiel Vomp 4
2.1. Situation im Januar 2006 4 2.2. Auftreten von Überschreitungen des Kurzzeitgrenzwertes von 200 µg/m3 an
NO2 5 2.3. Strömung und Spitzenwerte von NO2 8 2.4. Fazit 10
3. Die Verkehrs-/Tau-Prognose für die Tempo100-Steuerung 10 3.1. Ansatz der Verkehrsprognose 11 3.2. Ansatz der Tauprognose 16 3.3. Tau und Meteorologie 19 3.4. Zusätzliche Absicherungen gegen kurzzeitige NO2-Spitzen 21 3.5. Ergebnisse der Prognosesimulationen für Vomp und Kundl 21
3.5.1. Korrelationen für die Immissionsbeiträge der Pkw, die Verkehrszahlen und Tau 22
3.5.2. Vergleich von retrospektiven und prognostizierten Verläufen des Ausbreitungsparameters Tau 23
3.5.3. Verbesserungen bei den Schaltentscheiden durch die Verkehrs-/Tauprognose 24
3.5.4. Lufthygienischer Effekt der Verkehrs-/Tauprognose 27 3.5.5. Fazit zu den Prognoseszenarien für die Tempo100-Schaltung 29
4. Andere untersuchte Tauprognosemodelle 29 4.1. Statistische Prognose mit linearem Gleichungssystem 29 4.2. Basiswerte für Tau von 1-5h, mit linearer Gleichung für ganzes Jahr 30
5. Betrachtung zu immissionsrelevanten Wetterprognosemodellen 31 5.1. Statistische Immissionsprognose für das Inntal nach Grießer und Vergeiner,
Universität Innsbruck 31 5.2. INCA-Wettermodell 33
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 2.1: Simulierte Tempo100-Schaltungen bei Vomp für den Januar 2006. 4
Abbildung 2.2: Anzahl Tage innerhalb möglicher Anreicherungsphasen bei Vomp, je Jahr 1999 – 2007. 5
Abbildung 2.3: Anzahl von Halbstundenwerten > 200 µg/m3 bei Vomp, je Jahr 1999 – 2007, total und innerhalb möglicher Anreicherungsphasen. 6
Abbildung 2.4: Verhältnis zwischen täglichem Minimum und Maximum an NO2 an der Meßstelle Vomp, 1999 – 2007. 7
Abbildung 2.5: Täglicher Windweg an der Meßstelle Vomp für Januar und Dezember 2006. Taleinwind: Wind aus Richtung Nordosten, talaufwärts wehend; Talauswind: Wind aus Richtung Südwesten, talabwärts wehend; Vomperbachwind: Wind aus Richtung Nordwesten, aus dem Vomperbachtal kommend, eine Art Talauswind. 9
Abbildung 3.1: Durchschnittliche Tagesganglinien für PkwÄ und LkwÄ, Vomp 2005 und 2006. 12
Abbildung 3.2 (auch nächste Seite): Tagesgänge der einzelnen Tage in einer Tagesklasse, Vomp 2005. Jeweils zwei einzelne Tage sind hervorgehoben. 13
Abbildung 3.3: Korrelation der Tauwerte am frühen Morgen (1-5h) und im Tagesmittel, Vomp 2005. 16
Abbildung 3.4: Mittlerer Tagesgang von Tau je Ausbreitungsklasse, bestimmt nach Tau von 1-5 h, für Vomp 2005 (oben) und Kundl 2006/07 (unten). 18
Abbildung 3.5: Mittlerer Tagesgang von Tau für Kundl, Nov 2007 – Jan 2008, in Abhängigkeit von der Präsenz einer bodennahen Inversion. 19
Abbildung 3.6: Tagesmittelwerte von Tau gegen tägliche Inversionshäufigkeit, Kundl Nov 2007 – Jan 2008. 20
Abbildung 3.7: Retrospektiv ermittelte und prognostizierte Tauverläufe für Vomp und Kundl. 24
Abbildung 3.8: Anteile gleicher Tempo100-Schaltungen des realen Falls (Verzögerung um ein Zeitintervall) und des Falls mit Verkehrs-/Tauprognose wie im retrospektiven Optimum. Grüne Fläche: Schaltverbesserung durch Verkehrs-/Tauprognose. 25
Abbildung 3.9: Anzahl Zeitintervalle mit hohen Differenzen der Pkw-Beiträge im Vergleich zur retrospektiven Analyse, Vomp 2006/07 und Kundl 2007/08. 26
Abbildung 5.1: Beispiel einer Immissionsprognose gem. Grießer und Vergeiner, 7. – 14.12.2005 für Vomp A12 und Innsbruck. 32
Tabellenverzeichnis
Tabelle 3.1: Korrelationen für die Immissionsbeiträge der Pkw, die Verkehrszahlen und Tau, Vomp 2006/07 und Kundl 2007/08: 22
Tabelle 3.2: Ergebnisse der Prognoseszenarien für die Tempo100-Schaltungen für den Abschnitt Vomp, Feb 2006 – Jan 2007. Mittel: Jahresmittelwert. 95%: Wert, der von 5% aller Stundenwerte übertroffen wurde. 99%: Wert, der von nur 1% aller Stundenwerte übertroffen wurde. Anz>200: Anzahl Überschreitungen des NO2-Kurzzeitgrenzwertes von 200 µg/m3. 28
Tabelle 4.1: Korrelation für Tau je Jahr für Vomp: Autokorrelation und Prognose mit lin.Gl.system. 29
Tabelle 4.2: Korrelation für Tau im Jahr 2004 für 6 Stationen im schweizerischen Messnetz MfMU: Autokorrelation und Prognose mit lin.Gl.system. 30
Studie Tirol T100-Prognose 1
1. Konzept der immissionsgesteuerten Ge-schwindigkeitsbegrenzung für Pkw auf Autobahnen und Schnellstrassen
1.1. Umweltpolitische Philosophie
Die umweltpolitische Philosophie einer immissionsgesteuerten Geschwindigkeits-begrenzung für Pkw auf Autobahnen und Schnellstrassen wurde von Oekoscien-ce zusammen mit dem Land Tirol (Abt. Verkehrsplanung) entwickelt. Kernpunkte: Bei allgemein schlechter Luft sollten getroffene Maßnahmen umfassend sein und gleichzeitig möglichst alle Verursacher betreffen, z.B.
• Keine Feuer im Freien, auch nicht von der Forstwirtschaft. • Keine Cheminéefeuer mehr. • Verbot von Fahrzeugen gewisser Emissionsklassen (Leicht- und
Schwerverkehr). • Fahrtenbeschränkungen, Dosierungen. • Verkehrsfreie Innenstädte. • Geschwindigkeitsbegrenzung für Pkw. • Auflagen an Industrie und Gewerbe.
Eine isolierte Maßnahme gegen nur einen Verursacher sollte auf die lufthygieni-sche Wirkung dieses nur einen Verursachers zurückgeführt werden können. An-sonsten sind Probleme mit Wirksamkeit, Gerechtigkeit und Akzeptanz zu erwar-ten. Umfassende Maßnahmen müssen mindestens für einen Tag (besser für mehrere Tage Smogalarmkonzepte) gelten und spätestens am Vorabend (eher früher) in die Wege geleitet werden. Kurzfristige Maßnahmen gegen einen Verursacher können auf dessen konkreten Immissionsbeitrag abgestellt werden, wenn eine permanente Information und die Zumutbarkeit gegeben ist, wie z.B. bei einer Geschwindigkeitsbegrenzung. Der
Studie Tirol T100-Prognose 2
Immissionseffekt einer bestimmten Emission hängt stark von Ort und Zeit ab. (Ort: z.B. Alpental oder Ebene; Zeit: z.B. Winterinversion oder Sommerregen).
Immissionsgesteuerte Maßnahme. Eine nicht permanente Geschwindigkeitsbegrenzung für Pkw soll dann verfügt werden, wenn deren Beitrag zur Stickoxid-Immission im Jahresvergleich hoch ist (Zeitanteil am gesamten Jahr ist Ermessensfrage). Die Immissionskomponente für die Steuerung soll Stickoxid sein (NOx oder allen-falls NO2):
• NOx reagiert rasch auf geändertes Verkehrsaufkommen; beim PM10 ist die zeitliche Zuordnung wegen der Sekundärpartikelbil-dung wesentlich unsicherer.
• Die Geschwindigkeitsabhängigkeiten der Emissionsfaktoren der Pkw für NOx und für Partikel sind recht ähnlich (in den Abgasen fin-den sich insbesondere die besonders gesundheitsschädlichen ultra-feinen Partikel wie Russ).
• Bei der Sekundärpartikelbildung spielt das Stickoxid aus dem Ver-kehr eine wichtige Rolle.
Das Modell, mit welchem die Umsetzung der Pkw-Emission in Pkw-Anteil an der Immission beschrieben wird, muß geeignet sein, zeitliche Änderungen an einem quellennahen Punkt präzise nachzubilden.
1.2. Umsetzung von Emissionen in Immissionen: Das Tau-
Modell
'Immissionsgesteuerte Geschwindigkeitsbegrenzung' bedeutet, daß die Begren-zung dann greifen soll, wenn der Immissionsbeitrag der betroffenen Fahrzeuge (hier Pkw, Lieferwagen und Motorräder) besonders hoch ist. Um dies festzustel-len, bedarf es einer Modellierung, wie die Emissionen bei den konkreten Ausbrei-tungsbedingungen in Immissionen umgesetzt werden. Ein mögliches Modell ist das Tau-Modell: Es bestimmt stündlich oder halbstünd-lich den Transferfaktor, mit welchem die Straßenemissionen an einer Meßstelle in relativer Straßennähe in Immissionen umgesetzt werden. Es erbringt die gefor-derte gute zeitliche Präzision.
Studie Tirol T100-Prognose 3
Dieser Transferfaktor als Verhältnis zwischen erzeugter Immission und ursächli-cher Emission wird aus Messungen (Verkehr, Immissionen) bestimmt. Für jede Halbstunde eines Zeitraumes sind somit die realen Ausbreitungsbedingungen über das I/E-Verhältnis = τ [Tau]) bekannt und müssen nicht über Annahmen pa-rametrisiert werden. Dabei muß ein zeitlich variabler, also dynamischer Hinter-grund berücksichtigt werden (entsprechend den von früheren und anderen Emis-sionen herrührenden Immissionen). Kennt man so die Ausbreitungs- und Umwandlungsbedingungen an der betref-fenden Meßstelle über einen bestimmten Zeitraum (z.B. ein Jahr), kann man hypothetisch mehr oder weniger Emissionen zulassen (z.B. durch eine Ge-schwindigkeitsänderung) bzw. sie zeitlich anders verteilen (z.B. bei einem Nacht-fahrverbot) und die Auswirkungen auf die Immissionen an der Meßstelle berech-nen. Im Falle des NO2 muß berücksichtigt werden, daß dieser Stoff zu einem großen Teil erst in der Atmosphäre aus NO entsteht. Die Verhältnisse zwischen NO, NO2, Ozon und anderen oxidierenden Luftschadstoffen sind sehr komplex, was zur Folge hat, daß sich Änderungen beim Gesamtstickoxid NOx in nicht proportiona-len Änderungen beim NO2 nieder schlagen. Auch hier wird ein empirischer An-satz verfolgt, der den gewachsenen Anteil von direkt emittiertem NO2 berücksich-tigt und den veränderlichen Konversionsverhältnissen dynamisch folgt und nicht auf einer statischen Näherungsformel beruht. Das Taumodell ist speziell geeignet für kurzfristige Änderungen (Schaltungen im Halbstundentakt!) und zur Berücksichtigung regionaler Besonderheiten.
Studie Tirol T100-Prognose 4
2. Anreicherung und Spitzenwerte von Luft-schadstoffen im Inntal am Beispiel Vomp
Verkehrsmaßnahmen gegen chronische Schadstoffbelastungen und gegen kurz-zeitige Spitzenbelastungen sind kaum voneinander zu trennen, da Maßnahmen gegen chronische Belastungen gerade auch zu Spitzenzeiten greifen müssen und da kurzzeitige Spitzen (auf der Basis von Stundenwerten) kaum vorauszusa-gen sind. Im Folgenden wird dies anhand von verschiedenen Beispielen aufge-zeigt.
2.1. Situation im Januar 2006 Der Januar 2006 war ein lufthygienisch extremer Monat mit anhaltend hoher Be-lastung. Die Simulation der Tempo100-Schaltungen für Vomp im Januar 2006 auf Basis des NO2 zeigt eine hohe Schalthäufigkeit. In den meisten Schaltlücken hät-te das nächtliche Tempo 110 gegolten. Bei allen hohen NO2-Spitzen wäre Tempo 100 geschaltet worden.
Simulierte Tempo100‐Schaltungen bei Vomp im Januar 2006
0
50
100
150
200
250
01.01.2006
03.01.2006
05.01.2006
07.01.2006
09.01.2006
11.01.2006
13.01.2006
15.01.2006
17.01.2006
19.01.2006
21.01.2006
23.01.2006
25.01.2006
27.01.2006
29.01.2006
31.01.2006
Tempo100 geschaltet Tempo110 nachts NO2 [µg/m3]
Abbildung 2.1: Simulierte Tempo100-Schaltungen bei Vomp für den Januar 2006.
Studie Tirol T100-Prognose 5
2.2. Auftreten von Überschreitungen des Kurzzeitgrenzwer-
tes von 200 µg/m3 an NO2
Bisweilen besteht die Vorstellung, hohe NO2-Spitzen seien das Ergebnis einer lang anhaltenden Anreicherung von Luftschadstoffen in stagnierenden Luftmas-sen. Die Untersuchung der NO2-Spitzen > 200 µg/m3 an der Meßstelle Vomp von 1999 – 2007 zeigt jedoch ein anderes Bild. Im Falle einer kontinuierlichen Anreicherung beispielsweise von NO2 kann den-noch ein Tagesgang bestehen, der Tagesmittelwert jedoch wird mit jedem Tag höher. Das Tagesminimum steigt grundsätzlich ebenfalls jeden Tag an, doch dort spielen Zufälligkeiten eine größere Rolle. Für diese Untersuchung wurde eine mögliche Anreicherungsphase postuliert für den Fall, daß mindestens dreimal hintereinander das Tagesmittel höher war als am Vortag. Für die neunjährige Un-tersuchungsperiode von 1999 – 2007 für die Meßstelle Vomp befanden sich da-mit 11% aller Tage in möglichen Anreicherungsphasen (5% wenn man sich auf das Tagesminimum statt auf das Tagesmittel bezieht).
0
10
20
30
40
50
60
70
80
1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007
Anz
ahl T
age
Anzahl Tage innerhalb möglicher Anreicherungsphasen pro JahrVomp, 1999 - 2007, Basis Tagesmittelwerte
Abbildung 2.2: Anzahl Tage innerhalb möglicher Anreicherungsphasen bei Vomp, je Jahr 1999 – 2007.
Es handelt sich also um eine ziemlich weiche Definition einer möglichen Anrei-cherung, welche viele potenzielle Anreicherungstage zuläßt. Von Jahr zu Jahr gab es dabei große Schwankungen: Vor 2005 gab es nie mehr als 45 Tage/Jahr, 2005 und 2006 mehr als 60, 2007 wiederum gut 40.
Studie Tirol T100-Prognose 6
In den 9 Jahren von 1999 – 2007 wurden an der Meßstelle Vomp insgesamt 214 Halbstunden mit einer Überschreitung des Kurzzeitgrenzwertes von 200 µg/m3 NO2 festgestellt. 168 Halbstunden (79%) ereigneten sich im Jan/Feb 2006, eine lufthygienisch extreme Phase für ganz Mitteleuropa nördlich der Alpen. Trotz der weichen Definition einer möglichen Anreicherungsphase ereigneten sich nur 79 Halbstunden (ca. 1/3) mit NO2>200 µg/m3 während der 'Anreiche-rungsphasen', 135 Halbstunden außerhalb.
Anzahl Halbstundenwerte>200 µg/m3 pro Jahr(Anreicherung auf Basis Tagesmittel)
020406080
100120140160180
1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007
Anz
ahl 1
/2 h
>200
µg/
m3
Anz. 1/2 h>200 µg/m3Anz. 1/2h>200 µg/m3 innerhalb Anreicherungsphase
Abbildung 2.3: Anzahl von Halbstundenwerten > 200 µg/m3 bei Vomp, je Jahr 1999 – 2007, total und innerhalb möglicher Anreicherungsphasen.
Nur ein kleinerer Teil der Überschreitungen des Kurzzeitgrenzwertes geschehen also – möglicherweise - im Rahmen sich 'anreichernder' Luftschadstoffe. Der größere Teil der NO2-Spitzen baut sich kurzfristiger auf. Dies ist auch in der nächsten Abbildung zu erkennen, wo für alle Tage von 1999 – 2007 für die Meßstelle Vomp das Tagesmaximum an NO2 gegen das NO2-Minimum aufgetragen wurde.
Studie Tirol T100-Prognose 7
Verhältnis zwischen täglichem Minimum und Maximum an NO2 bei Vomp, 1999 - 2007
0
50
100
150
200
250
300
0 20 40 60 80 100
NO2 min [µg/m3]
NO2 max [µg/m3]
Abbildung 2.4: Verhältnis zwischen täglichem Minimum und Maximum an NO2 an der Meßstelle Vomp, 1999 – 2007.
Wenn das morgendliche NO2-Minimum >80 µg/m3 ist, ist die Häufigkeit ca. ¾, daß es dann im Laufe des Tages zu einer Überschreitung des Kurzzeit-grenzwertes kommt. Aber nur etwa ¼ aller Kurzgrenzwertüberschreitungen ge-schehen bei einem NO2-Minimum >80 µg/m3! Es gibt morgendliche Minima von weniger als 20 µg/m3 und dennoch ein Maximum am gleichen Tag von mehr als 200 µg/m3. Eine vollständige Rückhaltung der Luftschadstoffe in der bodennahen Luftschicht im Inntal kommt glücklicherweise nur sehr selten vor. Allein die durchschnittlichen Winteremissionen der A12 im Unterinntal vermöchten die unterste Luftschicht im gesamten Tal bis in 100 m Höhe pro Tag gleichmäßig mit einer Konzentration von etwa 350 ppb anzufüllen, wenn es keine Wegführung und keine Umwandlung des Stickoxids in Sekundärpartikel gäbe. Solche Konzentrationen im gesamten Talquerschnitt sind aber weitaus unrealistisch.
Studie Tirol T100-Prognose 8
2.3. Strömung und Spitzenwerte von NO2
Zu Zeiten hoher Luftschadstoffbelastungen ist die Windgeschwindigkeit eher ge-ring. Für zwei Monate und die Station Vomp ist der tägliche Windweg berechnet worden, indem die Windgeschwindigkeiten aller 48 Halbstunden vektoriell addiert wurden. Weht der Wind einen halben Tag lang talabwärts, den anderen Halbtag mit gleicher Geschwindigkeit talaufwärts, so wäre der vektoriell addierte Windweg des gesamten Tages null ( Rezirkulation). Von Rezirkulation könnte man auch schon sprechen, wenn der Windweg fast null wäre, bzw. wenn sich die Windwege zweier aufeinanderfolgender Tage nahezu aufheben würden.
Tageswerte des resultierenden Windweges und NO2, Vomp Jan 2006
0
40
80
120
160
200
01.01.20
06
04.01.20
06
07.01.20
06
10.01.20
06
13.01.20
06
16.01.20
06
19.01.20
06
22.01.20
06
25.01.20
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28.01.20
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31.01.20
06
Taleinwindweg VomperbachwindwegTalauswindweg NO2 [µg/m3]
km, µg/m3
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Tageswerte des resultierenden Windweges und NO2, Vomp Dez 2006
0
40
80
120
160
200
01.12.20
06
04.12.20
06
07.12.20
06
10.12.20
06
13.12.20
06
16.12.20
06
19.12.20
06
22.12.20
06
25.12.20
06
28.12.20
06
31.12.20
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Taleinwindweg VomperbachwindwegTalauswindweg NO2 [µg/m3]
km, µg/m3
Abbildung 2.5: Täglicher Windweg an der Meßstelle Vomp für Januar und Dezember 2006. Taleinwind: Wind aus Richtung Nordosten, talaufwärts wehend; Talauswind: Wind aus Richtung Südwesten, talabwärts wehend; Vomperbachwind: Wind aus Richtung Nordwesten, aus dem Vomperbachtal kommend, eine Art Talauswind.
Rezirkulationen auf der Skala von Tagen (kurzfristigere sind lufthygienisch wenig relevant) kommen praktisch nicht vor. Im Winter gibt es immer wieder Phasen mit täglichem Lufttransport von lediglich 20-40 km in Bodennähe, zumeist Kaltluftab-flüsse. Solche Luftmassen können bis zwei Tage für das Abfließen durchs Inntal brauchen, was aber nicht der Grund für die speziell hohen Werte im Januar 2006 war (s. 2. Hälfte Dezember 2006). Beim Taleinwind sind die NO2-Werte oft niedri-ger infolge der Thermik.
Studie Tirol T100-Prognose 10
2.4. Fazit
Bei extrem hohen NO2-Spitzen wird Tempo100 ausnahmslos geschaltet (Bsp. Jan 2006).
Bei einer weichen Definition von ‚Anreicherungstag' (mind. drei Tage hinter-einander mit zunehmendem NO2-Tagesmittel) erhält man für Vomp 1999 – 2007 11% aller Tage in möglichen ‚Anreicherungsphasen'.
Selbst dann ereignen sich über 60% aller HMW>200 µg/m3 außerhalb solcher Phasen Spitzenwerte ereignen sich z.T. kurzfristig und oft ohne anhaltende Anreicherung von Schadstoffen.
Rezirkulation von schadstoffbefrachteter Luft spielt im Inntal eine unbedeu-tende Rolle. Taleinwind ist meist mit Aufwind verbunden.
Es kommt hinzu, daß Stickoxide nicht inerte Gase sind und sich umwandeln; die Lebenszeit von NOx beträgt gemäß einer neueren Studie 3.6 (±0.8) Stun-den im Sommer und 13.1 (±3.8) Stunden im Winter (für Hochdrucklagen mit klarem Himmel), also jedenfalls deutlich weniger als 1 Tag (SCIAMACHY tro-pospheric NO2 over Switzerland: estimates of NOx lifetimes and impact of the complex Alpine topography on the retrieval. D. Schaub1, D. Brunner et al., Atmos. Chem. Phys., 7, 5971–5987, 2007).
Auch in lufthygienisch schlechten Ausbreitungssituationen sind die Verdün-nungs- und Transportprozesse glücklicherweise aktiv – für 'gute' Luft aller-dings zu wenig.
Der Schaltalgorithmus für Tempo 100 reagiert auf die aktuelle lufthygienische Situation. Er ist geeignet, sowohl chronische als auch Spitzen-Belastungen zu dämmen.
3. Die Verkehrs-/Tau-Prognose für die Tem-po100-Steuerung
Der Algorithmus zur immissionsgesteuerten Tempo100-Schaltung soll gemäß Bundesverordnung um ein 'Prognosemodul' erweitert werden. Dieses Prognose-modul soll eine Voraussage machen über die zu erwartende immissionsklimati-sche Entwicklung, "insbesondere der Inversionswahrscheinlichkeit der nächsten Stunden". Das Taumodell für die Tempo100-Schaltung wurde entsprechend um eine ‚Verkehrs-/Tauprognose‘ erweitert. Da sich die Schaltung jede Halbstunde auf die gemessene Realität abstützt, Spitzenimmissionsbelastungen im Einzelnen nicht vorausgesagt werden können und während effektiven Spitzenbelastungen
Studie Tirol T100-Prognose 11
der Algorithmus in der Praxis ohnehin schon greift (s. Kap. 2), genügt bei diesem Schaltansatz die Prognose für das nächste Zeitintervall.
Bislang errechnet der Algorithmus jede Halbstunde die Schaltempfehlung (T100 oder T130) aufgrund der erhobenen Verkehrs- und Immissionsdaten der vergan-genen Halbstunde. Die Schaltempfehlung gilt dann für die folgende Halbstunde. Damit ist der Algorithmus immer eine halbe Stunde "zu spät". Mit der Prognose kann dies teilweise korrigiert werden. Der Algorithmus errechnet mit dem für das nächste Zeitintervall erwarteten Ver-kehr und dem erwarteten Wert für Tau die Schaltempfehlung; damit reagiert er auf die zu erwartenden Entwicklungen.
3.1. Ansatz der Verkehrsprognose Für den erwarteten Verkehr kann man in 'Pkw-ähnliche' und 'Lkw-ähnliche' Fahr-zeuge unterteilen; nur für diese zwei zusammengefaßten Klassen gibt es sowohl in Tirol als auch bei der Asfinag Erwartungswerte, d.h. mittlere Tagesganglinien typischer Wochentage. Datenbasis für diese Untersuchung waren dabei die Ver-kehrszählungen bei Vomp und bei Kundl der Jahre 2005 und 2006. Es wurde nach 7 Wochentagstypen unterschieden: Montag Dienstag – Donnerstag Freitag Samstag Sonn- und Feiertage Samstag in Urlaubszeit Werktag in Urlaubszeit
Die Urlaubszeit wird österreichweit festgelegt, insgesamt 135 Tage pro Jahr. Die folgenden beiden Abbildungen zeigen die Ganglinien für PkwÄ und LkwÄ für Vomp; diese Ganglinien stellen die Erwartungswerte der Verkehrsentwicklung dar. Der Anstieg der PkwÄ am Morgen erfolgt später als derjenige der LkwÄ, weshalb das Einschalten von Tempo100 am Morgen nicht mit dem generellen Anstieg der Stickoxidimmissionen am frühen Morgen zusammenfällt. Nur am Montagmorgen erfolgt ein völlig abrupter Lkw-Anstieg.
Studie Tirol T100-Prognose 12
Durchschnittliche Tagesganglinie nach Tageskategorie für PkwÄ 2005+2006 Vomp
0
500
1000
1500
2000
2500
3000
3500
4000
4500
00:00 04:00 08:00 12:00 16:00 20:00 24:00 h
Pkw
Ä /
h
PkwÄ_Montag PkwÄ_DiMiDo PkwÄ_Freitag PkwÄ_SamstagPkwÄ_SoFT PkwÄ_SaUR PkwÄ_UR_WT
Durchschnittliche Tagesganglinie nach Tageskategorie für LkwÄ 2005+2006 Vomp
0
100
200
300
400
500
600
700
800
900
1000
00:00 04:00 08:00 12:00 16:00 20:00 24:00 h
Lkw
Ä /
h
LkwÄ_Montag LkwÄ_DiMiDo LkwÄ_Freitag LkwÄ_SamstagLkwÄ_SoFT LkwÄ_SaUR LkwÄ_UR_WT
Abbildung 3.1: Durchschnittliche Tagesganglinien für PkwÄ und LkwÄ, Vomp 2005 und 2006.
Studie Tirol T100-Prognose
13
Die einzelnen Tage einer bestimmten Wochentagsklasse streuen allerdings stark um die mittlere Ganglinie. Jedoch weisen die allermeisten Tage eine kontinuierli-che Tendenz innerhalb ihrer Klasse auf, also über den ganzen Tag generell hö-her als im Mittel oder generell tiefer als im Mittel etc., d.h. die einzelnen Tages-gänge überschneiden sich meistens nur wenig. Darauf baut der Prognoseansatz auf. Als Beispiel werden die einzelnen Tage 2005 für die PkwÄ und LkwÄ Diens-tag-Donnerstag gezeigt, hervorgehoben, hervorgehoben jeweils zwei einzelne Tage:
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23h
DiMiDo Vomp LkwÄ11.01.200512.01.200513.01.200518.01.200519.01.200520.01.200525.01.200526.01.200527.01.200501.02.200502.02.200503.02.200515.02.200516.02.200517.02.200501.03.200502.03.200503.03.200508.03.200509.03.200510.03.200515.03.200516.03.200517.03.200505.04.200506.04.200507.04.200512.04.200513.04.200514.04.200519.04.200520.04.200521.04.200526.04.200527.04.200528.04.200503.05.200518.05.200519.05.200524.05.200531.05.2005
Fz/h
Abbildung 3.2 (auch nächste Seite): Tagesgänge der einzelnen Tage in einer Tagesklasse, Vomp 2005. Jeweils zwei einzelne Tage sind hervorgehoben.
Studie Tirol T100-Prognose
14
0
500
1000
1500
2000
2500
3000
3500
4000
4500
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23h
DiMiDo Vomp PkwÄ11.01.200512.01.200513.01.200518.01.200519.01.200520.01.200525.01.200526.01.200527.01.200501.02.200502.02.200503.02.200515.02.200516.02.200517.02.200501.03.200502.03.200503.03.200508.03.200509.03.200510.03.200515.03.200516.03.200517.03.200505.04.200506.04.200507.04.200512.04.200513.04.200514.04.200519.04.200520.04.200521.04.200526.04.200527.04.200528.04.200503.05.200518.05.200519.05.200524.05.200531.05.200501.06.200502.06.200507.06.2005
Fz/h
0
1000
2000
3000
4000
5000
6000
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23h
UrlaubSamstag Vomp PkwÄ08.01.200505.02.200512.02.200519.02.200526.02.200519.03.200502.04.200507.05.200528.05.200518.06.200525.06.200502.07.200509.07.200516.07.200523.07.200530.07.200506.08.200513.08.200520.08.200527.08.200503.09.200510.09.200501.10.200529.10.200510.12.200517.12.200504.02.200611.02.200618.02.200625.02.200608.04.200622.04.200629.04.200627.05.200617.06.200624.06.200601.07.200608.07.200615.07.200622.07.200629.07.2006
Fz/h
Studie Tirol T100-Prognose 15
Für jeden der 7 Wochentagstypen und je Fahrzeugart (PkwÄ und LkwÄ) wird die mittlere Ganglinie gebildet ( absolute Erwartungswerte) und die Differenz zur nächsten Stunde. Die Differenz ergibt sich nicht automatisch aus den absoluten Werten, weil um Mitternacht die Tagesklasse ändert. Für Vomp wurden die Prognosesimulationen mit Stundenwerten gebildet, für Kundl hingegen mit den Halbstundenwerten der konkreten Schaltung im Winter 2007/08. Dazu mußten die Halbstundenwerte der Verkehrserwartung mit einem speziellen Ausgleichsverfahren gebildet werden, sowohl die Absolutwerte als auch die Differenzen. Bildete man die Halbstundenwerte als einfache Mittelwerte der umliegenden Stundenwerte, ist die Prognose schlechter als bei Verwendung der jeweils aktuellen Werte für die nächste Halbstunde. Daraus ist zu erkennen, daß es sehr wichtig ist, daß nur Tage mit einem ähnlichen relativen Verlauf des Verkehrsaufkommens zu einem Tagestyp zusammengefaßt werden, die absolu-ten Werte können eher schwanken. Das Verkehrsaufkommen des nächsten Zeitintervalls wird prognostiziert, indem der aktuelle Wert mit der gleichen relativen Änderung versehen wird wie der Er-wartungswert zur entsprechenden Tageszeit: LV Mit LV: Leichtverkehr; SV: Schwerverkehr; t: aktuelle Tageszeit; k: Tagestyp. PkwAbs(k,t): Erwartungswert von LV (in Anzahl Fz) zum jetzigen Zeitpunkt t je Tagestyp k. PkwDiff(k,t): Erwartungswert der Änderung von LV auf das n ä c h s t e Zeitin-tervall t+1 (negativ, wenn weniger Fz im nächsten Zeitintervall erwartet werden). LkwAbs(k,t): Erwartungswert von SV (in Anzahl Fz) zum jetzigen Zeitpunkt t je Tagestyp k. LkwDiff(k,t): Erwartungswert der Änderung von SV auf das n ä c h s t e Zeitin-tervall t+1 (negativ, wenn weniger Fz im nächsten Zeitintervall erwartet werden).
(t+1) = LV (t) ( 1+Pkw Diff (k,t)
Pkw Abs (k,t) ) (t+1) = LV (t) ( 1+Pkw Diff (k,t)
Pkw Abs (k,t) ) LV
SV (t+1) = SV (t) ( 1+Lkw Diff (k,t)
Lkw Abs (k,t) ) SV (t+1) = SV (t) ( 1+Lkw Diff (k,t)
Lkw Abs (k,t) )
Studie Tirol T100-Prognose 16
3.2. Ansatz der Tauprognose
Für die Tauprognose sind verschiedene Ansätze getestet worden. Ausgangs-punkt war die Tatsache, daß die Tauwerte je nach meteorologischer Situation stark unterschiedliche, aber typische Tagesgänge zeigen und daß die Situation in den frühen Morgenstunden meist prägend ist für den gesamten Tagesverlauf. Die nächste Abbildung zeigt die Korrelation der mittleren Tauwerte von 1-5h und des Tagesmittels für Vomp 2005:
Tau am Morgen gegen Tau‐Tagesmittel, Vomp 2005
y = 1.8156x ‐ 0.0041
0.8085R2 =
0
0.05
0.1
0.15
0.2
0.25
0.3
0 0.02 0.04 0.06 0.08 0.1 0.12 0.14 0.16
Tagesmittel
Tau (1‐5 h)
Abbildung 3.3: Korrelation der Tauwerte am frühen Morgen (1-5h) und im Tagesmittel, Vomp 2005.
Die Korrelation ist hoch (Koeffizient 0.9) und zeigt, daß das Geschehen in den frühen Morgenstunden oft prägend ist für den folgenden Tag. Das folgende Prognoseverfahren hat sich als am besten geeignet erwiesen: Alle Tage eines Referenzzeitraumes (sollte aus meteorologischen Gründen
mindestens 1 Jahr sein) werden gemäß den Tauwerten von 1-5 h in 3 Klas-sen eingeteilt: gute, mittlere, schlechte Ausbreitungsbedingungen (niedrige, mittlere, hohe Werte für Tau). Dabei sollen sich 40% aller Tage in der mitt-leren Klasse befinden, je 30% in der hohen und tiefen.
Studie Tirol T100-Prognose 17
Für jede der 3 Ausbreitungsklassen wird der mittlere Tagesgang für Tau bestimmt ( τ Erw(k) ). Dies sind die Tauwerte, die in der jeweiligen Ausbrei-tungssituation erwartet werden.
Auch für die übrigen 5 Vierstundenintervalle des Tages (5-9h, 9-13h, 13-17h, 17-21h, 21-1h) werden die Quantile (30, 40, 30%) der Tauwerte be-stimmt.
Im konkreten Betrieb wird alle vier Stunden die aktuelle Ausbreitungsklasse bestimmt, durch Vergleich mit den Quantilsgrenzen. Ein Vierstundeninter-vall ist notwendig, weil die Tauwerte erhebliche kurzfristige Fluktuationen aufweisen, zum kleineren Teil durch meteorologische Schwankungen wie dem Lokalwind, zum größten Teil durch Abweichungen der Emissionen der realen Flotte in der betreffenden Halbstunde vom Rechenwert.
Der Tauwert des nächsten Zeitintervalls wird prognostiziert, indem die aktu-ellen Werte von Tau wie folgt mit den Erwartungswerten verknüpft werden:
Mit t: aktuelle Tageszeit; k: Ausbreitungsklasse; Erw τ: Erwartungswert für τ.
Mit diesem Ansatz geht auch die aktuelle Situation in die Prognose ein. Der zeitli-che Verlauf je Ausbreitungsklasse – auch der relative Verlauf - ist unterschiedlich; das bedeutet, daß die zu erwartende prozentuale Änderung von Tau für das nächste Zeitintervall je nach Ausbreitungsklasse verschieden ist. Für die Ermitt-lung dieser Verläufe wurde auf die Situation von 1-5 h morgens abgestellt, um meteorologisch zusammenhängende Verläufe zu eruieren. Die folgende Abbildung zeigt den Verlauf von Tau je Ausbreitungsklasse für Vomp und Kundl in den jeweiligen Referenzzeiträumen.
Studie Tirol T100-Prognose
18
Tau 2005 bei Vomp nach Tauwerten von 1‐5 h
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
00:00 04:00 08:00 12:00 16:00 20:00 24:00h
100*pp
b*km
*h/g
NIEDRIG MITTEL HOCH
0
0.02
0.04
0.06
0.08
0.1
0.12
00:00 04:00 08:00 12:00 16:00 20:00 24:00 h
Tau 2006/07 bei Kundl klassiert nach Tauwerten von 1‐5 h
NIEDRIG MITTEL HOCH
pbb*km*h/g
Abbildung 3.4: Mittlerer Tagesgang von Tau je Ausbreitungsklasse, bestimmt nach Tau von 1-5 h, für Vomp 2005 (oben) und Kundl 2006/07 (unten).
Studie Tirol T100-Prognose 19
3.3. Tau und Meteorologie Die Größe Tau hängt stark mit dem Inversionsauftreten zusammen, was bedeu-tet, daß eine Tauprognose auch den Charakter einer Inversionsprognose für die nächsten Stunden hat. Die nächsten beiden Abbildungen zeigen dies für Kundl (Inversionsbestimmung anhand des Temperaturprofils Radfeld) für November 2007 – Januar 2008. Tau ist deutlich höher bei Präsenz einer Inversion, d.h. die von einer Emissionseinheit verursachte Immission ist dann deutlich höher.
Mittlerer Tagesgang Tau, Kundl Nov 2007-Jan 2008
0
0.02
0.04
0.06
0.08
0.1
0.12
0.14
00:00 04:00 08:00 12:00 16:00 20:00 24:00 h
Tau mit Inv. Tau ohne Inv.
ppb/(g/km*h)
Abbildung 3.5: Mittlerer Tagesgang von Tau für Kundl, Nov 2007 – Jan 2008, in Abhängigkeit von der Präsenz einer bodennahen Inversion.
Studie Tirol T100-Prognose 20
Tagesmittelwerte von Tau gegen Inversionsdauer, Kundl Nov 2007 - Jan 2008
0.00
0.02
0.04
0.06
0.08
0.10
0% 20% 40% 60% 80% 100%Inversionsdauer
ppb/(g/km*h)
Abbildung 3.6: Tagesmittelwerte von Tau gegen tägliche Inversionshäufigkeit, Kundl Nov 2007 – Jan 2008.
Grundsätzlich wäre es mit einer Tauprognose möglich, bei Erwartung einer im-missionsstarken Lage in den nächsten Stunden bereits Tempo100 zu schalten, auch wenn auf Grund der Situation in der aktuellen Halbstunde noch nicht Tem-po100 zu schalten wäre. Dies würde zu mehr Schaltungen führen, die mit einem höheren Schwellenwert wieder 'kompensiert' werden könnten (sofern die Bun-desverordnung dies zuläßt). Der zusätzliche lufthygienische Effekt dieser 'voraus-schauenden' Schaltungen wird auf Grund der Darlegungen in Kapitel 2 allerdings als gering eingestuft, weil sich die meisten Spitzenbelastungen eben nicht lange im voraus ankündigen und in Belastungsepisoden ohnehin geschaltet wird.
Studie Tirol T100-Prognose 21
3.4. Zusätzliche Absicherungen gegen kurzzeitige NO2-
Spitzen
Um kurzzeitige NO2-Spitzen (Grenzwert gem. IG-L: Halbstundenmittelwert von 200 µg/m3) möglichst zu vermeiden, werden zwei zusätzliche Absicherungen ein-gebaut:
1. Sofern der Halbstundenmittelwert der NO2-Immission über 150 µg/m3 liegt, wird jedenfalls Tempo 100 geschaltet, unabhängig vom Beitrag der Pkw.
2. Ebenso soll an einem Tag mit einem NO2-Minimum in den frühen Mor-genstunden > 80 μg/m3 (1-5h) eine permanente Tempobeschränkung von 100 km/h bis 18 Uhr gelten. Diese Tempobeschränkung schließt sich di-rekt an die nächtliche Limite von 110 km/h an.
Im Allgemeinen haben diese Bestimmungen wenig Effekt, weil in solchen Situati-onen auch der Pkw-Beitrag über dem entsprechenden Schwellenwert liegt.
3.5. Ergebnisse der Prognosesimulationen für Vomp und
Kundl
Bei den Prognosesimulationen wurde darauf geachtet, die Bestimmung der Er-wartungswerte nicht über das gleiche Zeitintervall auszuführen wie die Prognose-simulation. Im Falle von Vomp wurden die Erwartungswerte des Verkehrs aus den Jahren 2005 & 2006 bestimmt, die Erwartungswerte von Tau aus dem Jahr 2005; die Prognosesimulation erstreckte sich auf das Referenzjahr Februar 2006 – Januar 2007 (Vermeidung des lufthygienisch und meteorologisch extremen Ja-nuar 2006). Im Falle von Kundl wurden die Erwartungswerte des Verkehrs eben-falls aus den Jahren 2005 & 2006 bestimmt, die Erwartungswerte von Tau aus dem Zeitraum November 2006 – April 2007; die Prognosesimulation erstreckte sich auf den Zeitraum November 2007 – April 2008 (erstes Winterhalbjahr mit konkreter Tempo 100-Schaltung). Mit diesem Verfahren ist die grundsätzliche Übertragbarkeit auf andere Jahre gewährleistet.
Studie Tirol T100-Prognose 22
3.5.1. Korrelationen für die Immissionsbeiträge der Pkw, die Ver-
kehrszahlen und Tau
Ohne Prognose ist die Schaltung stets eine Stunde bzw. Halbstunde verzögert, weil die im aktuellen Zeitintervall ermittelte Schaltentscheidung im nächsten Zeit-intervall gilt. Diese Entscheidung weicht von der retrospektiv ermittelten ‚wahren‘ Schaltentscheidung nur wenig ab, weil die Autokorrelation hoch ist, d.h. weil die Werte beim Verkehr und bei den Ausbreitungsbedingungen (Tau) des nächsten Zeitintervalls meist nur wenig vom aktuellen Zeitintervall differieren. Eine Progno-se muß also schon sehr gut sein, um die Autokorrelation zu übertreffen. Die Tat-sache, daß mit dieser Methode die Schaltentscheidung halbstündlich an der Rea-lität geprüft wird, wiegt die Prognoseerfordernisse für längerfristige Schaltent-scheidungen bereits weitgehend auf. Dennoch ist es gelungen, mit der Verkehrs-/Tauprognose die Korrelation zwischen ‚Live‘-Schaltung und rückwirkend (retro-spektiv) ermittelter Schaltung gegenüber der Autokorrelation zu erhöhen und ge-nerell die konkrete Schaltung näher an das Optimum der rückwirkend bestimmten Schaltentscheidungen heran zu führen.
Tabelle 3.1: Korrelationen für die Immissionsbeiträge der Pkw, die Verkehrszahlen und Tau, Vomp 2006/07 und Kundl 2007/08:
Vomp 2006/07 Korrelationkoeff.
NOx_PKW NO2_PKW Tau LV SV
retro 1.00 1.00 1.00 1.00 1.00
real (Autokorrelation) 0.80 0.84 0.90 0.93 0.90
Verkehrs‐/Tauprognose 0.85 0.88 0.92 0.99 0.98
Kundl 2007/Korrelationk
retro
real (Au
Verkehrs‐/Ta
08 oeff.
NOx_PKW NO2_PKW Tau LV SV
1.00 1.00 1.00 1.00 1.00
tokorrelation) 0.87 0.88 0.90 0.97 0.95
uprognose 0.88 0.99 0.93 0.99 0.99
Der Verkehr kann sehr gut vorausgesagt werden, beim Tau spielen vor allem Abweichungen der realen von den gerechneten Emissionen eine Rolle für gewis-se Fluktuationen.
Studie Tirol T100-Prognose
23
3.5.2. Vergleich von retrospektiven und prognostizierten Verläufen
des Ausbreitungsparameters Tau
Im Folgenden werden für Vomp und Kundl je zwei Beispiele gezeigt für retrospek-tiv bestimmte und prognostizierte Tauverläufe innerhalb und außerhalb des Win-ters. Die Übereinstimmung ist sehr gut, und auch die Unterschiede in den Spit-zenwerten sind recht gering in Anbetracht, daß es sich um ein statistisches Prog-nosemodell handelt.
0
0.03
0.06
0.09
0.12
0.15
01.09. 03.09. 05.09. 07.09. 09.09. 11.09. 13.09. 15.09. 17.09. 19.09. 21.09. 23.09. 25.09. 27.09. 29.09.
Vomp 2005: Retrospektive und prognostizierte Tau‐Stundenwerte
Tau 2005 retro Tau 2005 VT‐Prog
ppb*km*h/g
0
0.05
0.1
0.15
0.2
0.25
0.3
01.11. 03.11. 05.11. 07.11. 09.11. 11.11. 13.11. 15.11. 17.11. 19.11. 21.11. 23.11. 25.11. 27.11. 29.11.
Vomp 2005: Retrospektive und prognostizierte Tau‐Stundenwerte
Tau 2005 retro Tau 2005 VT‐Prog
ppb*km*h/g
Studie Tirol T100-Prognose
24
0.00
0.02
0.04
0.06
0.08
0.10
01.04.2007
03.04.2007
05.04.2007
07.04.2007
09.04.2007
11.04.2007
13.04.2007
15.04.2007
17.04.2007
19.04.2007
21.04.2007
23.04.2007
25.04.2007
27.04.2007
29.04.2007
Kundl 2007: Retrospektive und prognostizierte Tau‐Stundenwerte
Tau Kundl retro Tau Kundl VT‐Prog
ppb*km*h/g
0.00
0.04
0.08
0.12
0.16
0.20
01.12.2006
03.12.2006
05.12.2006
07.12.2006
09.12.2006
11.12.2006
13.12.2006
15.12.2006
17.12.2006
19.12.2006
21.12.2006
23.12.2006
25.12.2006
27.12.2006
29.12.2006
31.12.2006
Kundl 2006: Retrospektive und prognostizierte Tau‐Stundenwerte
Tau Kundl retro Tau Kundl VT‐Prog
ppb*km*h/g
Abbildung 3.7: Retrospektiv ermittelte und prognostizierte Tauverläufe für Vomp und Kundl.
3.5.3. Verbesserungen bei den Schaltentscheiden durch die Ver-
kehrs-/Tauprognose
Die Verzögerung der realen Tempo100-Schaltung ohne Prognose zeigt sich be-sonders zu den Stunden mit großen Verkehrsänderungen. Dort kommt es am ehesten zu Differenzen zur nachträglich ermittelten optimalen Schaltfrequenz. Die folgende Abbildung zeigt die Häufigkeit der Übereinstimmung zwischen retro-
Studie Tirol T100-Prognose 25
spektiv ermittelter optimaler und angezeigter Tempo100-Schaltung für die Fälle ohne und mit Verkehrs/Tauprognose.
Abbildung 3.8: Anteile gleicher Tempo100-Schaltungen des realen Falls (Verzögerung um ein Zeitin-tervall) und des Falls mit Verkehrs-/Tauprognose wie im retrospektiven Optimum. Grüne Fläche: Schaltverbesserung durch Verkehrs-/Tauprognose.
Studie Tirol T100-Prognose
26
Die Differenzen in der Tempo100-Schaltung geschehen meistens in Situationen mit Immissionsbeiträgen der Pkw im Bereich des Schwellenwertes, wo also der lufthygienische Effekt durch die Zeitverschiebung zwischen Tempo100 und Tem-po130 nicht groß ist. Dennoch gibt es Fälle, wo der retrospektiv bestimmte und für die reale Schaltung verwendete Immissionsbeitrag der Pkw eine größere Dis-krepanz aufweisen. Aber auch die Anzahl dieser Fälle reduziert sich durch die Anwendung der Verkehrs-/Tauprognose:
0
100
200
300
400
500
600
retro real 4hModell
Anzahl Stunden mit hohen Differenzen der Pkw-Beiträge zur retrospektiven Analyse,
Vomp 2006/07
Anz h Diff NO2>25µg/m3 Anz h Diff NOx>50ppb
h
0
100
200
300
400
500
600
700
800
retro real 4hModell
Anzahl Stunden mit hohen Differenzen der Pkw-Beiträge zur retrospektiven Analyse,
Kundl 2007/08
Anz Diff NO2>15 µg/m3 Anz Diff NOx>35 ppb
h
Abbildung 3.9: Anzahl Zeitintervalle mit hohen Differenzen der Pkw-Beiträge im Vergleich zur retro-spektiven Analyse, Vomp 2006/07 und Kundl 2007/08.
Studie Tirol T100-Prognose 27
Im Winterhalbjahr 2007/08 hat die reale Tempo100-Schaltung in 952 Halbstun-den nicht mit dem retrospektiv ermittelten Optimum übereingestimmt. Mit der Verkehrs-/Tauprognose wären dies nur 401 Halbstunden gewesen.
3.5.4. Lufthygienischer Effekt der Verkehrs-/Tauprognose
Es wurden die folgenden Prognoseszenarien für Tempo100-Schaltungen in ihrer lufthygienischen Wirksamkeit berechnet. Die Simulationen bezogen sich auf den Abschnitt Vomp im Zeitraum Februar 2006 – Januar 2007. Für die Simulation bei Kundl wurde der Zeitraum November 2007 – April 2008 verwendet, in welchem bereits die reale Schaltung von Tempo 100 stattfand. Die lufthygienischen Effekte können in diesem Fall erst im Rahmen der eigentlichen Evaluation ermittelt wer-den. Retrospektiv: Für jede (Halb)Stunde gilt das Temporegime, das der aktuellen
Situation entspricht. Real: Für jede (Halb)Stunde gilt das Temporegime, das der Situation in der
vorhergehenden (Halb)Stunde entspricht. So wird zurzeit konkret Tempo100 auf der A12 geschaltet.
Verkehrs-/Tauprognose: Für die Ermittlung des Schaltzustandes (Tempo100 oder 130) werden nicht der Verkehr und der Tauwert der soeben zu Ende ge-gangenen (Halb)Stunde eingesetzt, sondern die erwarteten Werte der nächs-ten (Halb)Stunde (s. Kap. 3.1. und 3.2.).
In den Szenarien für Vomp wurden Stundenwerte verwendet. In Realität erfolgt die Schaltung mit Halbstundenwerten. Die Ergebnisse können wie folgt zusammengefaßt werden:
Studie Tirol T100-Prognose 28
Tabelle 3.2: Ergebnisse der Prognoseszenarien für die Tempo100-Schaltungen für den Abschnitt Vomp, Feb 2006 – Jan 2007. Mittel: Jahresmittelwert. 95%: Wert, der von 5% aller Stundenwerte übertroffen wurde. 99%: Wert, der von nur 1% aller Stundenwerte übertroffen wurde. Anz>200: Anzahl Überschreitungen des NO2-Kurzzeitgrenzwertes von 200 µg/m3.
Vomp 2006/07 E Imm. Imm. 95 % 95 % 99 % 99 % Anz>200
NOx NOx NO2 I_NOx I_NO2 I_NOx I_NO2 I_NO2
g/km/h ppb µg/m3 ppb µg/m3 ppb µg/m3 1
V100_retro 3235 156.1 69.4 412 125 579 154 13
V100_real 3248 157.0 69.6 418 126 588 156 13
V100 immer 3091 151.8 68.4 406 125 577 154 13
V100 nie 3381 163.9 71.6 434 131 615 162 22
V100:4hModell 3241 156.7 69.5 416 126 583 156 13
Für die Szenarien wurden real gemessene Durchschnittsgeschwindigkeiten vom Herbst/Winter 2006 unterlegt: V100 immer: tagsüber v=102.1 km/h; nachts v=104.8 km/h. V100 nie: tagsüber v=116.2 km/h; nachts v=116.9 km/h. V100 immer Winterhalbjahr: November-April wie V100 immer, sonst wie V100 nie. Üb. Szenarien: Zu 36% der Zeit Tempo100 (dann wie V100 immer), sonst tags-über v=116.2 km/h, nachts v=110 km/h (wesentlich bessere Befolgung des Limits nachts dank Überkopfweisern). An anderen Orten, z.B. im Abschnitt Kundl, ist der Effekt durch Tempo 100 real größer, weil ohne Tempo100 schneller gefahren wird als bei Vomp. Durch die Schaltung von Tempo 100 während 36% der Zeit hätte man unter Ein-bezug der Verkehrs-/Tauprognose 66% der NO2-Reduktion bei einem permanen-ten ganzjährigen Tempolimit erreicht. Die Anzahl von Stundenwerten >200 µg/m3 hätte sich durch die permanente oder temporäre Tempobeschränkung deutlich reduziert auf etwa die Hälfte, in allen Szenarien allerdings um gleich viel. Dies bedeutet, daß die Dämpfung der Spit-zenbelastungen, soweit das durch eine Tempobeschränkung für Pkw überhaupt möglich ist, auch bereits bei der temporären Tempobeschränkung geschieht, da die Schaltzeiten durch den Algorithmus entsprechend ausgewählt werden.
Studie Tirol T100-Prognose 29
3.5.5. Fazit zu den Prognoseszenarien für die Tempo100-Schaltung
Zu den Ergebnissen der Prognoseszenarien kann das folgende Fazit gezogen werden: Der Unterschied zwischen retrospektiv ermittelter und realer Tempo 100-
Schaltung ohne Prognose ist bzgl. lufthygienischer Wirksamkeit generell nicht groß.
Der Einbezug der Verkehrs-/Tauprognose bringt eine kleine aber robuste An-näherung der konkreten Tempo100-Schaltung an das retrospektiv ermittelte Optimum.
Durch die Verkehrs-/Tauprognose wird im Allgemeinen etwa ein Drittel bis die Hälfte des Unterschieds zwischen retrospektiv ermittelter und realer Tempo 100-Schaltung ohne Prognose wettgemacht.
4. Andere untersuchte Tauprognosemodelle
Für die Tauprognose wurden noch andere Modellansätze detailliert untersucht; die Ergebnisse werden im Folgenden zusammengefasst.
4.1. Statistische Prognose mit linearem Gleichungssystem
Tau wurde für jede Stunde eines Referenzzeitraumes mit 3 Variablen ausge-drückt: Mittelwert von Tau der letzten 3h; Differenz von Tau zur letzten Stunde; Offset. Dabei wurde die Tageszeit in 4 typische Schichten getrennt für Sommer- und Winterhalbjahr unterteilt. 24 Koeffizienten zur Formulierung von Tau. Anwendungsbeispiel Vomp: Die 24 Koeffizienten wurden anhand eines Refe-renzzeitraumes von 6 Jahren von 2000 – 2006/07 ohne 2004 (keine Verkehrsda-ten) bestimmt:
Tabelle 4.1: Korrelation für Tau je Jahr für Vomp: Autokorrelation und Prognose mit lin.Gl.system.
0.920.930.920.930.900.92Prognose
0.900.910.900.910.890.90Autokorrelation
2006/0720052003200220012000Korrelations-koeffizient
0.920.930.920.930.900.92Prognose
0.900.910.900.910.890.90Autokorrelation
2006/0720052003200220012000Korrelations-koeffizient
Studie Tirol T100-Prognose 30
Anwendungsbeispiel MfMU-Stationen in der Schweiz: Die 24 Koeffizienten wur-den anhand des Referenzzeitraumes 2004 separat für jede der 6 Messstationen bestimmt:
Tabelle 4.2: Korrelation für Tau im Jahr 2004 für 6 Stationen im schweizerischen Messnetz MfMU: Au-tokorrelation und Prognose mit lin.Gl.system.
Alle Stationen verhalten sich ähnlich: Leichte Erhöhung der Autokorrelation, die restliche Streuung verbleibt trotz 24 Koeffizienten wegen unvorhersehbaren Ef-fekten, vor allem emissionsseitig. → Zu heikler Ansatz für einen robusten Algo-rithmus, der zudem mancherorts mit dünner Datendecke, d.h. mit kurzen Zeitrei-hen laufen muß. Es wurde auch ein ähnliches Gleichungssystem mit 4 Variablen untersucht. Es ergab sich keine Verbesserung, weil eben die verbleibende Streuung zufällig ist und nicht prognostiziert werden kann.
4.2. Basiswerte für Tau von 1-5h, mit linearer Gleichung für
ganzes Jahr
Dieses Tauprognosemodell wurde wie folgt aufgesetzt: • Bestimmung Tagescharakteristik der Ausbreitung auf Grund der Tauwerte
von 1-5h. • Aus Referenzzeitraum relative Erwartungsfaktoren für Tau für alle Tages-
stunden und Ausbreitungsklassen. • Lineare Gleichung über ganzes Jahr mit 3 Variablen: Mittelwert von Tau
der letzten 3h; aktueller Wert von Tau; Offset. Die Ergebnisse sind sehr ähnlich wie bei 4.1.: Z.B. Korrelationskoeffizienten für Vomp 2006/07: Autokorrelation 0.90, Prognose 0.91. Das Risiko einer linearen Gleichung (Faktorbestimmung) lohnt sich nicht, weil die Übertragbarkeit auf ande-re Jahre und insbesondere die Bestimmung der Faktoren an Standorten mit we-nig ausgedehnten Zeitreihen weniger robust wären.
0.930.910.930.850.960.91Prognose
0.920.890.910.820.940.89Autokorrelation
Rothen-brunnen
CamignoloErstfeldHardwaldMolenoReidenKorrelationskoeffizient
-
0.930.910.930.850.960.91Prognose
0.920.890.910.820.940.89Autokorrelation
Rothen-brunnen
CamignoloErstfeldHardwaldMolenoReidenKorrelationskoeffizient
-
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Fazit: Das in Kapitel 3 vorgestellte Tauprognosemodell wird verwendet.
5. Betrachtung zu immissionsrelevanten Wetterprognosemodellen
Im Rahmen dieser Studie wurde auch untersucht, welche Wetterprognosemodel-le allenfalls zu einer Immissionsprognose für die tempo100-Schaltung herange-zogen werden könnten. Zwei Modelle wurden näher betrachtet, die im Folgenden vorgestellt werden.
5.1. Statistische Immissionsprognose für das Inntal nach
Grießer und Vergeiner, Universität Innsbruck
Diese Immissionsprognose wurde von Grießer und Vergeiner im Rahmen des Alpnap-Projektes an der Universität Innsbruck entwickelt (Air Pollution, Traffic Noise and Related Health effects in the Alpine Space, ALPNAP-Project, Interreg IIIB, 2007). Sie beruht auf der multiplen linearen Regression verschiedener Pa-rameter, die Einfluß auf die Immissionen nehmen können: Emissionen von Ver-kehr, Hausbrand und Gewerbe, astronomische Größen wie der Sonnenstand, die Immissionsvorbelastung und schließlich meteorologische Einflussgrößen, die in europäischen Wettermodellen enthalten sind (konkret Outputparameter der Wet-termodelle ECMWF (European Centre for Medium-Range Weather Forecasts, Reading (GB)) bzw. ALADIN (Aire Limitée Adaptation Dynamique Développe-ment InterNational, Météo-France), die in der Evaluation der mehrjährigen Daten-reihen eine ansprechende Korrelation mit dem Immissionsverlauf gezeigt haben). Beim konkret verwendeten ECMWF-Modell werden 3 Gitterpunkte verwendet, was zu 2 vertikalen Schichten führt: Boden 2m; 925 hPa; 850 hPa --> bis ca. 1500 m ü.M. Das Gitter hat eine Maschenweite von 40x40 km. Je Gitterpunkt sind bis zu 150 Parameter erhältlich, mit Prognose. Werden diese Parameter für die nächste Zeit prognostiziert (bei den Emissionen aufgrund von Erwartungswerten bei den Ganglinien, bei den meteorologischen Parametern aufgrund der Prognosen der Wettermodelle), so folgt daraus eine Immissionsprognose. Die Ergebnisse zeigen eine ansprechende Übereinstim-
Studie Tirol T100-Prognose 32
mung der Immissionsprognose mit dem Immissionsverlauf, die Immissionsspitzen werden zeitlich gut erfaßt, bei den Beträgen der Spitzenwerte (nach oben und nach unten!) ist die Übereinstimmung aber schlecht, was typisch ist für ein Reg-ressionsmodell. Die folgende Abbildung ist einer Präsentation von Grießer und Vergeiner entnommen:
Abbildung 5.1: Beispiel einer Immissionsprognose gem. Grießer und Vergeiner, 7. – 14.12.2005 für Vomp A12 und Innsbruck.
Das lineare Regressionsmodell ermittelt für jede Tageshalbstunde einzeln die Pa-rameter, mit denen die Immission am besten zu fitten ist. Dieses Verfahren ist sehr standortabhängig, braucht lange Datenreihen und ist wenig robust auf Ver-änderungen, z.B. Änderungen in den Emissionsfaktoren. Es gibt Hunderte von Faktoren. Das Verfahren ist vor allem geeignet, Tage mit einem Risiko für hohe Immissio-nen im Voraus zu erkennen. Im Tempo100-Schaltalgorithmus geht es bezüglich einer Prognose vor allem um halbstündliche Präzision und konkrete Schwellen-werte; dieses lineare Regressionsmodell scheint dafür weniger geeignet, zumal es an ganz verschiedenen Orten Österreichs zum Einsatz kommen und jedes Mal von Grund auf neu aufgesetzt werden müßte.
Studie Tirol T100-Prognose 33
5.2. INCA-Wettermodell
Das INCA-Modell baut auf dem ALADIN-Wettermodell auf; es integriert fortwäh-rend lokale Messungen und kann damit in der Kurzfristprognose eine Verbesse-rung an Präzision im regionalen und lokalen Bereich erlangen (Integrated Now-casting through Comprehensive Analysis (INCA): System overview. T. HAIDEN et al., Central Institute for Meteorology and Geodynamics, Vienna, Austria, February 2007). Das INCA-Modell verfügt über ein Gitter mit horizontaler Maschenweite von 1 km x 1 km, in der Vertikalen von 200 m. Der Prognosezeitraum umfaßt 48 h für jede Stunde, wird stündlich aufgrund lokaler Messungen aktualisiert. Die Langzeit-prognose wird alle 6 h aktualisiert. Die ersten etwa 6 h werden durch lokale Mes-sungen stark beeinflußt. Im INCA-Modell liegt die reale Topographie gem. US Geographic Service vor; damit ist die Höhenlage jedes Gitterpunktes bekannt. Ein Höhenprofil der Tempe-ratur könnte so gebildet werden. Das Modell ist dreidimensional, erfaßt somit auch die vertikale Richtung. Es hat Geländeparameter für Tal/Beckenlagen bzgl. Kaltluftabflüssen etc., so daß eine realistische Inversionsprognose möglich sein könnte. Dazu gibt es allerdings noch keine konkreten Tests. Die Situation für Tirol: In Tirol liegen nur Bodenpunkte vor, ein Temperaturprofil ( Inversionslagen) könnte durch Gitterpunkte in anderer Höhenlage (südlich Inntal) abgeschätzt werden. Inversionen im Inntal sind grundsätzlich über die Meßstationen im Inntal enthalten. Obergrenze der Inversionen ist allerdings un-bekannt, denn es gibt noch kaum Meßstationen in den Hängen. Die folgenden Parameter werden in Tirol gespeichert: Niederschlag, Luftfeuchte, Lufttemperatur 2m, Globalstrahlung, Niederschlagsart, Schneefallgrenze, Windgeschwindigkeit. Es besteht die Idee, das INCA-Modell bei der Evaluation von Tempo 100 im Rahmen eines Tests zu prüfen, indem die Prognose immissionsrelevanter Para-meter herangezogen wird, um z.B. den Zusammenhang zwischen Meteorologie und Tempo100-Schalthäufigkeit aufzuzeigen. Als Prognosemodul in der konkre-ten Tempo100-Schaltung drängt sich hingegen auch dieses Modell nicht auf, wie das folgende Fazit aufzeigt:
Studie Tirol T100-Prognose
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• Das INCA-Modell scheint am ehesten geeignet für die Ermittlung der Be-ziehung Wetterprognose – Immissionsprognose: Regionale Vorhersage auch immissionsrelevanter Witterungsparameter.
• Existiert bereits österreichweit für Hochwasservorhersage. • Läßt keine Verbesserung erwarten für das Taumodell, das halbstündlich
auf die gemessene Realität reagiert. • Wäre sehr interessant für Evaluationen und für Prognosen ab 24 h (z.B.
Fahrverbot für stark emittierende Fahrzeuge für ‚morgen‘). • Auf Grund der schon jetzt kleinen Differenz zwischen retrospektiv ermittel-
ter 'Wahrheit' und Verkehrs-/Tauprognose und der unvorhersehbaren lo-kalen meteorologischen und vor allem emissionsseitigen Fluktuationen wird empfohlen, keine weiteren Prognosemodelle in den Algorithmus ge-mäß Taumodell mehr einzubeziehen, da keine weitere Verbesserung zu erwarten ist, weder bzgl. Langzeitwerten noch bzgl. Kurzzeitspitzen.