QuerschnittsbereichQuerschnittsbereich
Medizin des Alterns
Demenzen, Delir und wahnhafte Erkrankungen
im Alter
„Primäre“ Demenzformen(ca. 90%)
• Alzheimer-Krankheit
• Vaskuläre Demenz
Morbus BinswangerMultiinfarktdemenz
• Mischformen Alzheimer / Vaskuläre Demenz
• Lewy-Body Demenz
• Demenz bei Morbus Parkinson, CBD, PSP, MSA
• Frontotemporale Demenzen
• Creutzfeldt-Jakob-Krankheit
„Sekundäre“, z.T. reversible Demenzformen ( ca. 10 %)
• Depression als „Pseudo“- Demenz
• Hypothyreose
• Normaldruckhydrozephalus
• ausgeprägte Hypovitaminose (B12)
• medikamentös / toxisch
• bei Infektionen (HIV, Neuro-Lues)
Erstvorstellung des Patienten
• Subjektiv vom Patienten empfunden, z.B.– Gedächtnisprobleme
– Sprachauffälligkeiten (Wortflüssigkeit, Wortfindungsstörungen)
– Visuokonstruktive Störungen
• Beobachtungen der Angehörigen, z.B.– Gedächtnis-, Orientierungsstörungen
– Konzentrations- bzw. Aufmerksamkeitsstörungen
– Schwierigkeiten bei komplexen Tätigkeiten(z.B. Autofahren, Zubereitung von Mahlzeiten)
– Schwierigkeiten, Unterhaltungen zu folgen
– Vernachlässigung von Hygiene / Kleidung
Diagnostik in der Gedächtnissprechstunde
• Anamnese (Eigen- und Fremd-)• Neurologische und psychiatrische
Exploration• Körperliche Untersuchung • Neuropsychologische Untersuchung• Laboruntersuchungen• Bildgebung• Bei Bedarf EEG, EKG, Ultraschall
Screening-Tests
• Uhrentest
• Mini-Mental State Exam (Folstein et al., 1974)
Orientierung, Sprachverständnis, Sprachproduktion, Rechnen, Schreiben, Merkfähigkeit, verzögerter Abruf, Visuokonstruktion
• DemTect
Bildgebung
• Bildgebung (statisch / morphologisch)
– Computer-Tomographie
– Kernspin-Tomographie (MR)
• Bildgebung (funktionell)
– PET: 18F-FDG-PET
– SPECT
– funktionelle MR (fMRT)
Blut• Routine-Labor:
BB, Diff-BB, Elyte (Ca, Na, K), Leberwerte, Nierenwer te, CRP
• Vitamine: B1, B6, B12, Folsre, Homocystein...
• Infektionsdiagnostik: Lues, HIV, Borrelien...
• Autoimmundiagnostik: ANA, ANCA, ds-DNA, SD-Auto-AK...
• Hormondiagnostik: SD-Parameter, SD-Auto-AK, PTH, LH, FSH, Testosteron...
• Speicherkrankheiten: Arylsulfatase A... Cu im Serum+Urin, Coeruloplasmin...
• Toxikologie: CDT, MCV, Leberwerte, Wismut, Quecksilber, Pb...
• Medikamentenspiegel: Li, Trizyklika, Antiepileptika...
• Paraneoplastische Syndrome: je nach TU, Anti-Hu, Anti-Yo...
Nichtkognitive Demenzsymptome
• Stimmungs- und Affektstörungen
• Psychotisches Erleben
• Verhaltensstörungen
• Neurovegetative Störungen
• Depressivität • Ängstlichkeit• Affektlabilität
• Illusionäre Verkennungen• Halluzinationen (dop. Psychosen)• Wahn
• Psychomotorische Unruhe• Hin- und Herlaufen• Weglaufen/Repetitivhandlungen
• Hyposomnien• Hypersexualität/Libidoverlust• Störungen des Eßverhaltens
Nach SG Schröder, RUB, ZfP Bochum
Leichte kognitive Beeinträchtigung
• Objektivierbare Störungen des Gedächtnisses• Ohne Alltagsrelevanz• Prä-Alzheimer Stadium???• Jährliche Konversionsraten 10-20%• Patienten im „therapeutischen Fenster“
Lewy-Body-Demenz
• "zwischen Parkinson und Alzheimer-Krankheit"• Kernsymptome (zusätzl. zur Demenz):
– Parkinsonoid (Tremor, Rigor, Hypo- / Akinese), Stürze– visuelle Halluzinationen– Überempfindlichkeit gegenüber Neuroleptika– Fluktuationen (kognitiv / Allgemeinzustand)– REM-Schlafstörungen
• teilweise auch als Variante der AK betrachtet• Pathologie: Vorhandensein von Lewy-Körperchen,
ausgeprägtes cholinerges Defizit• Consensus-Diagnose-Kriterien: McKeith
(Neurology 1996)
• 15-30% aller PD Patienten entwickeln eine Demenz
• Demenzwahrscheinlichkeit 6-fach erhöht im Vergleich zu gesunder Vergleichspopulation
• Risikofaktoren:
• Dauer der Erkrankung
• Schwere der Erkrankung
• Alter
• Depression
• Niedriges Bildungsniveau
• Postmortem Studien: kortikale Lewy Körperchen, Neurofibrillenbündel, neuritische Plaques und neuronale Degeneration
Parkinson-assoziierte Demenz
0%
20%
40%
60%
80%
100%
1 2 3 4 5 6 7
Alzheimer-Demenz
0%
20%
40%
60%
80%
100%
1 2 3 4 5 6 7Jahre
kogn
itive
Leis
tung
Vaskuläre Demenz
• schleichender Beginn• allmähliche Verschlechterung• progredienter Verlauf
• abrupter Beginn• stufenweise Verschlechterung• zeitlicher Zusammenhang zwischen
ischämischem Ereignis und Verschlechterung
Vaskuläre Demenz
Jahre
kogn
itive
Leis
tung
Fronto-temporalelobäre Degenerationen
• Fronto-temporale Demenz: FTD„Morbus Pick“
• Primär progressive Aphasie: PPA
• Semantische Demenz: SD
• Letztendlich verursacht das massive Absterbenvon Neuronen ein Defizit an Acetylcholin imGehirn von Alzheimer Patienten (Bartus, 1982)
• Ein Weg zur medikamentösen Therapie derAlzheimer Erkrankung ist das Anheben des abgesunkenen Acetylcholinspiegels imsynaptischen Spalt
Cholinerge Hypothese der AD
Pharmakotherapie kognitiver Symptome
Wichtige Neben-wirkungen
Dosierung p.o.(mg/Tag)
Handelsname(Beispiel)
Substanz
Acetylcholinesterasehemmer
„3-12ExelonRivastigmin
„8-24ReminylGalantamin
GastrointestinaleBeschwerden
5-10AriceptDonepezil
Andere Antidementiva
Unruhe, Aggressivität2400-4800NormabrainPiracetam
Hypotonie90NimotopNimodipin
Unruhe, Schwindel, Übelkeit
5-30Axura, EbixaMemantine
Kopfschmerzen, Hautreaktionen
120-240TeboninGinkgo biloba
Nichtmedikamentöse Behandlung
• Musik Irish et al, Mai 2006, Dem Geriatr Cog Dis
Vivaldis 4 Jahreszeiten reduziert Angst und verbess ert autobiographisches Gedächtnis
• Körperliche Aktivität Logsdon et al, 2005, Care Management J
Positive Effekte auf Stimmung, Gedächtnis und Unruh e und Lebensqualität bei Patienten und pflegenden Angehörigen
• Lichttherapie Dowling et al, Juni 2005, Int J Psychoger
hochluxige Exposition (2500-8000 Lux) reduziert Tage sschlaf und Verhaltensauffälligkeiten
• Gedächtnistraining Bottino et al, Dec 2005, Clin Rehab.
Kognitive Rehabilitation, in frühen Stadien, pharma kotherapeutisch begleitet, ist sinnvoll
• Gerüche Vance, April 1999, Percept Motor SkillsFrühe Beeinträchtigung der Riechleistung bei Alzhei mer-Patienten, positive Daten für
Melissenaroma
Begriffsbestimmung
Das Delir ist ein Synonym für Verwirrtheitszustände
und bezeichnet alle psychischen Stpsychischen St öörungenrungen , die eine
organische Ursacheorganische Ursache haben und mit verver äändertem ndertem
Bewusstsein, gestBewusstsein, gest öörter Aufmerksamkeit und anderen rter Aufmerksamkeit und anderen
kognitiven Stkognitiven St öörungenrungen einhergehen.
Förstl, Fischer, Assem-Hilger 2003
Epidemiologie deliranterSyndrome
� ca. 10% aller Patienten während eines stationären Aufenthaltes
� Gehäuft ab dem 60. Lebensjahr
� Häufig in der Inneren Medizin, der Chirurgie, auf der Intensivstation
� Gehäuft bei Demenz
� Mortalität 25%
� Wenige gute Untersuchungen zur Inzidenz
Vorkommen
• Schizophrenie• Altersparanoid• Wahnhafte Depression• Manie• Psychose bei Demenz• L-Dopa induzierte Psychosen bei M. Parkinson• Andere organisch-wahnhafte Störungen, induziert
z.B. durch Antibiotika, Pneumonie...
Allgemeines• Paranoid-halluzinatorische Syndrome im Alter multif aktorieller
Genese• Schizophrene Symptome bei organischen Psychosyndrom en• 4% der >65 jährigen leiden unter Verfolgungswahn• Prädisponierende Faktoren : Sehstörungen, Hörstörungen,
Vereinsamung („Kontaktmangelparanoid“), Demenz…• Inhalte von Wahn und Halluzinationen im Alter häufi g bezogen
auf konkrete Lebens- und Krankheitssituationen• Häufiges Thema: Bedrohung der Wohn- und
Krankenzimmergrenzen• Bei Schizophrenien: im Alter Abnahme der produktiv-
psychotischen Symptomatik, Negativsymptome (soziale r Rückzug…) überwiegen
• Entspezifizierung und Verflachung schizophrener Sym ptome
Wahnthemen im Alter • Wahnthemen:
Beziehungswahn, Beeinträchtigungswahn, Verfolgungswahn, Liebeswahn, Eifersuchtswahn, Doppelgängerwahn, Größenwahn, Kleinheitswahn
• Versündigungs- oder Verarmungswahn z.B. bei Depressionen
• Im Alter besonders häufig: Beeinträchtigungswahn, Krankheitswahn, Dermatozoenwahn; Verarmungswahn
Themen:Themen: Gesundheit, Verschuldung/Versündigung und Verarmung
• z. B. Beeinträchtigungswahn:Patient wähnt, man wolle ihn beleidigen, wittert Sc hikanen von Mitbewohnern, Partnern…
Verkennen im Alter
Delusional Misidentification Syndromes (DMS)
• “ Capgras -Syndrom” (benannt nach dem Erstbeschreiber 1923) liegt dann vor, wenn ein Patie nt seine Bezugsperson nicht erkennt (“Du bist nicht meine Tochter”)
• “ Fregoli -Syndrom” der Patient hält eine fremde Person für einen („verkleideten“) Angehörigen. Das Eponym adressiert einen italienischen Schauspieler und Verwandlungskünstler (Courbon und Fail 1927).
nach: Schröder, Psychopathologie der Demenz, Schatt auer 2006
Verkennen im Alter
• “ mirror sign ”:22 % der AD-Patienten wiesen das sogenannte mirrorsign auf, die Betroffenen erkannten ihr Antlitz im Spiegel nicht mehr (“ Das bin nicht ich ”)
• “ phantom boarder ”:12 % meinten, Fremde in der Wohnung zu haben
• “ TV-sign ”4 % verkannten Fernsehbilder als Realität
nach: Schröder, Psychopathologie der Demenz, Schatt auer 2006
• Häufig organischer Genese• Optische>akustische Halluzinationen• Klare Bewußtseinslage• Medikamenteninduziert: z. B. L-Dopa bei
Parkinson
Prädisponierende Faktoren: Sehstörungen, Hörstörungen, Vereinsamung, körperliche Erkrankungen, Schmerz, Vereinsamung, Demenz…
Halluzinationen
Metabolische Korrelate visueller Halluzinationen bei Parkinson-Patienten
(nach Boecker et Häussermann, 2006)
Hypometabolismus im visuellen Assoziationscortex
Nicht-medikamentöse Behandlungsverfahren
• Lichtexposition• Milieutherapie• Validation nach Naomi Veil• Psychotherapie• Krankengymnastik• Ergotherapie• Kunsttherapie
• Strukturierte Tages- und Wochengestaltung
• Wohnumgebung• Musik, Tanzen, Kochen,
Basteln• Empathie, Verstehen,
Wertschätzen• Gruppenerlebnisse• Psychomotorische
Aktivierung