Transdisziplinäre Lösungen
Reifegrade und Wirkungskategorien
Susanne Schön, Christian Eismann, Till Ansmann,
Helke Wendt-Schwarzburg
Arbeitspapier Wissenschaftliches Begleitvorhaben „Innovationsgruppen für ein Nachhaltiges Landmanagement“ inter 3 Institut für Ressourcenmanagement
Berlin, September 2016
www.innovationsgruppen.de 1
Inhaltsverzeichnis
Warum dieses Discussion Paper? ....................................................................................................... 2
Reifegrade: Das Solution Readiness Level ......................................................................................... 4
Mögliche Wirkungen transdisziplinärer Projekte ................................................................................ 15
Der Schluss als Auftakt: Wie geht es nun weiter? ............................................................................. 17
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Warum dieses Discussion Paper?
Die schnelle Antwort in zwei Sätzen lautet:
Weil bei der Evaluation des BMBF-Förderschwerpunkts Innovationsgruppen für ein
nachhaltiges Landmanagement nach einer Skala gesucht wird, die es ermöglicht, die
Fortschritte in der Lösungsentwicklung über die sehr unterschiedlichen transdisziplinären
Innovationsgruppen hinweg zu erfassen.
Um einen Beitrag in die Diskussionen im Rahmen des BMBF-geförderten Forschungsprojekts
TransImpact – Wirkungsvolle transdisziplinäre Forschung einzuspeisen.
Damit sind sowohl die beiden Anlässe als auch die beiden Diskussionsarenen genannt, in denen wir
uns mit diesem Discussion Paper positionieren, man könnte auch sagen: exponieren, wollen.
Die Evaluation des BMBF-Förderschwerpunkts Innovationsgruppen
Im BMBF-Förderschwerpunkt Innovationsgruppen für ein nachhaltiges Landmanagement werden von
2014 – 2019 insgesamt neun transdisziplinäre Innovationsgruppen gefördert, die sich mit der
regionalen Energiewende, innovativen Landnutzungsformen oder der Daseinsvorsorge und der
Kulturlandschaft in Stadt-Land-Beziehungen auseinandersetzen. Die neun Innovationsgruppen haben
dabei sehr unterschiedliche Ausgangspunkte, Schwerpunktsetzungen und Zielvorstellungen: von der
Technologieentwicklung über die Entwicklung von Verfahrens- und Managementlösungen bis zur
Gestaltung kooperativer regionaler Prozesse (www.innovationsgruppen-landmanagement.de).
Die Innovationsgruppen für ein nachhaltiges Landmanagement sind ein neues Förderformat des
BMBF, mit dem eine doppelte Zielsetzung verfolgt wird: Die Innovationsgruppen sollen
umsetzungsfähige und übertragbare Systemlösungen für ein nachhaltiges Landmanagement
erarbeiten und sich parallel dazu Innovationskompetenzen für die Entwicklung und Umsetzung solcher
Lösungen aneignen – und zwar sowohl die Wissenschaftler*innen als auch die Praktiker*innen, die in
den Innovationsgruppen mitarbeiten. Dafür gibt ihnen das Förderformat in der Regel fünf Jahre Zeit
und ermöglicht ihnen eine Reihe von flankierenden Maßnahmen wie Weiterbildungen, Coachings und
Arbeitsaufenthalte in anderen Institutionen.
Um herauszufinden, ob diese im Vergleich zu den üblichen transdisziplinären Förderformaten
umfangreichere Ausstattung der Innovationsgruppen auch die gewünschten Effekte hat, wird der
Förderschwerpunkt evaluiert: Begleitend zur Laufzeit, um Entwicklungen frühzeitig erkennen und
gegebenenfalls nachsteuern zu können, und nach Abschluss der Laufzeit, um den
Zielerreichungsgrad des Förderschwerpunkts zu überprüfen und Wirkungen zu erfassen.
Eine wichtige Evaluationsfrage lautet: Inwiefern leisten die erarbeiteten Systemlösungen Beiträge zur
Bewältigung der Herausforderungen im Bereich nachhaltiges Landmanagement? Bei der Entwicklung
des Evaluationskonzepts haben der für die Evaluation zuständige Projektträger Jülich und das Team
des Wissenschaftlichen Begleitvorhabens zu den Innovationsgruppen darüber diskutiert, ob es
möglich ist, die Fortschritte der sehr unterschiedlich gelagerten Innovationsgruppen bei der
Lösungsentwicklung auf einer einheitlichen Skala abzubilden – eine echte Herausforderung, die wir
aber reizvoll fanden und für die wir hier einen ersten Diskussionsbeitrag liefern.
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Die Diskussion um die Wirkungen von transdisziplinären Forschungsprojekten
Die Evaluation des Förderformats Innovationsgruppen für ein nachhaltiges Landmanagement strebt,
wie bereits erwähnt, auch eine Ex-Post-Wirkungsanalyse an. Parallel dazu versucht das BMBF-
geförderte Forschungsprojekt TransImpact – Wirkungsvolle transdisziplinäre Forschung, die
Wirkungen von transdisziplinären Forschungsprojekten zu sondieren. TransImpact befragt hierfür
Wissenschaftler*innen und Praktiker*innen aus transdisziplinären Projekten, die bis 2014/15
abgeschlossen wurden, analysiert entsprechende Unterlagen und Outputs und validiert seine
Erkenntnisse in einem mehrstufigen Expert*innen-Diskurs.
Das Autor*innen-Team beteiligt sich an TransImpact mit zwei transdisziplinären Forschungsprojekten,
RePro: Ressourcen vom Land und Wachstum, Widerstand, Wohlstand: Regionale
Energieflächenpolitik –, die von inter 3 koordiniert wurden und als empirische Untersuchungsobjekte
für die Sondierung der Wirkungen dienen.
Beim TransImpact-Auftaktworkshop am 15. Februar 2016 in Frankfurt/Main wurden
(erwartungsgemäß) die methodischen Schwierigkeiten bei der Erfassung der Wirkungen
transdisziplinärer Projekte breit diskutiert und darüber räsoniert, ob man nicht vorsichtiger und
realistischer von „Qualitätsmassstäben“ reden sollte. Diese Vorsicht ist zweifellos angebracht.
Dennoch halten wir es für ebenso dringlich wie wünschenswert, sich dem Thema Wirkungen ernsthaft
zu widmen und die methodischen Herausforderungen anzunehmen.
Damit wollen wir hier beginnen: Mit einer ersten Kategorisierung der sehr unterschiedlichen
Wirkungen auf sehr unterschiedlichen Ebenen, die uns in unseren zahlreichen transdisziplinären
Forschungsprojekten begegnet sind und die wir zurzeit bei der Begleitung der Innovationsgruppen
beobachten. Dabei haben wir einstweilen nur die Wirkungen in der Praxis ins Visier genommen. Die –
zweifellos auch interessanten – innerwissenschaftlichen Wirkungen transdisziplinärer Projekte sind
nicht Gegenstand der folgenden Erörterungen.
Reifegrad transdisziplinärer Lösungen – Wirkungen in der außerwissenschaftlichen Praxis
Wir hatten die Entwicklung der Skala für die Entwicklungs- und Reifestufen der
Landmanagementlösungen und die Kategorisierung der Wirkungen zunächst als parallele,
voneinander unabhängige Arbeitsprozesse angelegt. Aus unserer Sicht gibt es jedoch zahlreiche
Berührungspunkte, so dass wir beide Aufgaben zusammengedacht haben und schließlich hier
gemeinsam zur Diskussion stellen.
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Reifegrade: Das Solution Readiness Level
Wie kann man die Fortschritte bei der Erarbeitung von Systemlösungen für ein nachhaltiges
Landmanagement an einer gruppenübergreifend gültigen Skala messen? Kann man? Das waren die
Ausgangsfragen. Eine der Innovationsgruppen misst ihren eigenen Fortschritt an der Skala des
Technology Readiness Levels (TRL), die für die Skalierung des Reifegrads einer Technologie in der
nationalen und internationalen Technologieentwicklung weithin etabliert ist (vgl. Tabelle 1). Daher lag
es nahe auszuprobieren, ob eine Adaption dieser Skala für die von den Innovationsgruppen
erarbeiteten Systemlösungen für ein nachhaltiges Landmanagement möglich ist.
Tabelle 1: Die neun Stufen des Technology Readiness Level
Quelle: http://ec.europa.eu/research/participants/data/ref/h2020/wp/2014_2015/annexes/h2020-
wp1415-annex-g-trl_en.pdf
Das Discussion-Paper stellt im Folgenden eine erste Quick-and-Dirty-Adaption der TRL-Skala für
transdisziplinäre erarbeitete Systemlösungen vor: Eine Skala mit neun Solution Readiness Levels.
In einem ersten Test haben wir sie von mehreren inter 3-Kolleg*innen exemplarisch anwenden lassen:
Konnten sie anhand der Skala einordnen, auf welchem Level sie mit ihren Projekten gestartet sind
und auf welcher Stufe sie bei Projektende angelangt waren? Die Rückmeldungen waren – bei aller
Kritik – so ermutigend, dass wir den Weg weiter verfolgt haben und nach zwei weiteren
Überarbeitungs- und Testschleifen den derzeitigen Entwicklungsstand des Solution Readiness Levels
(SRL) nun zur Diskussion stellen.
Technology Readiness Levels
TRL 1 Basic principles observed
TRL 2 Technology concept formulated
TRL 3 Experimental proof of concept
TRL 4 Technology validated in lab
TRL 5 Technology validated in relevant environment (industrially relevant environment in
the case of key enabling technologies)
TRL 6 Technology demonstrated in relevant environment (industrially relevant
environment in the case of key enabling technologies)
TRL 7 System prototype demonstration in operational environment
TRL 8 System complete and qualified
TRL 9 Actual system proven in operational environment (competitive manufacturing in
the case of key enabling technologies; or in space)
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In der Tabelle auf den Folgeseiten haben wir
analog zum TRL neun Entwicklungsstufen benannt,
kurz beschrieben, welche Arbeiten dieser Entwicklungsstufe zugrunde liegen,
Indikatoren für das Erreichen dieser Entwicklungsstufe benannt,
das Arbeitsergebnis der jeweiligen Entwicklungsstufe qualifiziert,
das Arbeitsergebnis der jeweiligen Entwicklungsstufe an einem Beispiel illustriert
und schließlich mögliche Wirkungen in der Praxis beschrieben, die aus der jeweiligen
Entwicklungsstufe resultieren können: auf der individuellen Ebene, auf einer institutionellen
Ebene sowie auf einer räumlichen Ebene (der Region).
Um Missverständnisse zu vermeiden: Die einzelnen Levels stellen Entwicklungsstufen dar, die
unterschiedliche Reifegrade der erarbeiteten Lösungen klassifizieren: also Momentaufnahmen. Die
SRL-Skala beschreibt keinen Prozessverlauf. Sie gibt keine Auskunft darüber, wie der Sprung von
einem zum nächst höheren Level zu erfolgen hat, sondern nur, wodurch das konkrete Level
charakterisiert wird. Denn der Prozess hängt stark vom Inhalt des Projekts ab und kann unmöglich
verallgemeinert werden.
Welche Projekte sollen sich im Solution Readiness Level einordnen können?
So, wie dem Technology Readiness Level bestimmte Vorstellungen über F+E-Prozesse zur
Technologieentwicklung inhärent sind, liegen auch dem Solution Readiness Level bestimmte
Vorstellungen über transdisziplinäre Forschungs- und Entwicklungsprozesse zugrunde. Wichtigste
Leitvorstellung dabei war, dass sie für die Innovationsgruppen im nachhaltigen Landmanagement
anwendbar sein soll. Deren Zusammensetzung, deren Aufgaben- und Zielstellungen sowie deren
Vorgehensweisen dienten als innere Figur für die Ausarbeitung des Solution Readiness Levels.
Unserer Einschätzung zufolge können sich vor allem solche transdisziplinären Projekte daran
orientieren,
die sehr eng mit Praxispartnern zusammenarbeiten: als Mitglieder im Verbundteam oder in
einer engen, verbindlichen und kontinuierlichen Zusammenarbeit mit dem Verbund-Team,
die mindestens drei Jahre Zeit haben,
die in einer konkreten Modell- oder Projektregion verortet sind,
die auf die Lösung eines außerwissenschaftlichen Problems zielen und dafür auch praktisch
anwendbare Konzepte, Instrumente, Methoden etc. erarbeiten wollen,
die disziplin-übergreifend Systemlösungen erarbeiten, die sich aus mehreren Einzellösungen
zusammensetzen (beispielsweise entlang einer Wertschöpfungskette).
Die entscheidende Frage an solche Projekte ist: Können Sie anhand der Skala einordnen, auf
welchem Level Sie mit ihrem Projekt gestartet sind und auf welcher Stufe Sie bei Projektende
angelangt sind?
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Beschreibung Ergebnis Beispiel
SRL 2Erste anwendungs-
orientierte Forschung
Thesen und Studien zur
Anwendbarkeit/Problemlösungs-
kapazität der Grundprinzipien;
Beschreibung einer möglichen
Anwendung des grundlegenden
Funktionsprinzips
Theoretisch-
konzeptionelle
Entwicklung von
Lösungsansätzen
Interkommunale
Kooperation als
Lösungsansatz für
Flächennutzungs-
konkurrenzen
Solution Readiness Level
Wie sehen die einzelnen Stufen des Solution Readiness Level aus?
Im Folgenden werden die neun Stufen kurz skizziert.
SRL 1 Grundlagenforschung: Hier wurden frei von konkreten Anwendungs- oder
Problemlösungsabsichten grundlegende Entdeckungen und Beobachtungen gemacht sowie
Funktionsprinzipien beschrieben. Sie können zu Ausgangspunkten für eine anwendungs- und
problemlösungsorientierte Forschung und Entwicklung werden. Hier ist nur die Wissenschaft beteiligt.
SRL 2 Erste anwendungsorientierte Forschung: Hier wurde geprüft, ob solche grundlegenden
Erkenntnisse zu Funktionsprinzipien grundsätzlich Anwendungs- und Problemlösungspotenzial
beinhalten. Das grundsätzliche Funktionsprinzip der Problemlösung ist umrissen und wurde
theoretisch-konzeptionell an Hand eines konkreten Falls durchdacht. Im Ergebnis gibt es Thesen bzw.
Studien dazu, ob das Funktionsprinzip einen Problemlösungsbeitrag leisten kann. Hier ist fast
ausschließlich die Wissenschaft beteiligt.
SRL 3 Transdisziplinäre Prüfung der theoretischen Konzeption: Hier sind die Praxispartner erst-
mals substanziell beteiligt. Gemeinsam mit den Wissenschaftspartnern haben sie die theoretische
Konzeption der Systemlösung detailliert auf ihre Problemlösungskapazität hin geprüft (in der
konkreten Projektregion) und umrissen, welche Komponenten die Systemlösung dafür beinhalten
muss. Das Projekt kann erste Effekte in der Praxis in Form einer Sensibilisierung der
Problemwahrnehmung auf individueller und institutioneller Ebene zeigen.
Beschreibung Ergebnis Beispiel
SRL 1 Grundlagenforschung
Grundlagenforschung zur
Entdeckung, Beobachtung und
Beschreibung grundlegender
Funktionsprinzipien für neue
Landmanagement-Lösungen
Erkenntnisse zu
grundlegenden
Funktionsprinzipien
Erfolgsbedingungen von
Kooperationen
Solution Readiness Level
Beschreibung Ergebnis Beispiel
SRL 3
Transdisziplinäre
Prüfung der
theoretischen
Konzeption
Prüfung des theoretisch-
konzeptionellen Lösungsansatzes
durch Ausarbeitung mit
Praxispartnern und Ermittlung
wichtiger Komponenten für die
Systemlösung
Nachweis der
grundsätzlichen
Problemlösungskapazität
des
Systemlösungsansatzes
Interkomm. Kooperation ist
ein plausibler und wichtiger
Lösungsansatz für das
Problem X; für eine
Systemlösung bedarf es
zusätzlich der Komponenten
Y und Z
Solution Readiness Level
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SRL 4 Transdisziplinäre Forschung + Entwicklung im transdisziplinären Verbundteam: Die Ein-
zelkomponenten der Systemlösung wurden so weit ausgearbeitet, dass sie zunächst innerhalb des
Projektverbunds auf Funktionsfähigkeit und Praktikabilität hin geprüft werden konnten (Laborsituation).
Zudem wurde ihr Zusammenspiel als Systemlösung einer Passfähigkeits- und Plausibilitätsprüfung
unterzogen. Spätestens jetzt werden die beteiligten individuellen und ggfs. auch schon die
institutionellen Akteure mit ihren eigenen Routinen und Denkweisen konfrontiert.
SRL 5 Transdisziplinäre Forschung + Entwicklung in der Projektregion: Die Einzelkomponenten
der Systemlösung wurden unter Mitwirkung von regionalen Akteuren außerhalb des Verbundteams zu
Prototypen weiterentwickelt, die im weiteren Verlauf getestet werden können. Erste belastbare
Einschätzungen zur Funktionalität der Komponenten und der Systemlösung liegen vor. Die beteiligten
Praxispartner eignen sich fachliche Kompetenzen an und setzen sich mit ihrer Rolle als Intermediär
auseinander. Auf institutioneller Ebene zeichnet sich das Ausmaß der Innovationsfähigkeit ab. Das
regionale Umfeld wirkt erstmals unmittelbar an der Problemlösung mit.
SRL 6 Prototypische Systemlösung in der Projektregion: Die Einzelkomponenten wurden mit
Unterstützung der Praxispartner erstmals in der Projektregion getestet (unter realitätsnahen
Bedingungen). Dabei wurde auch überprüft, ob und wie die einzelnen Komponenten im
Zusammenspiel als Systemlösung funktionieren. Die beteiligten Praxispartner arbeiten an ihrer neuen
Rolle im Innovationsprozess, auf institutioneller Ebene wird die organisationale
Veränderungsbereitschaft sichtbar. In der Projektregion kann sich ein Diskurs über die Systemlösung
entwickeln, bei dem Promotoren und Verhinderer verstärkt agieren.
Beschreibung Ergebnis Beispiel
SRL 4
Transdisziplinäre
Forschung +
Entwicklung im
transdisziplinären
Verbundteam
Design, Entwicklung und
Plausibilitätstests der Komponenten
für die Systemlösung im
transdisziplinären Verbundteam mit
Hilfe der Praxispartner im Projekt
(Laborsituation)
Nachweis der
Funktionsfähigkeit der
Einzelkomponenten und
ihrer grundsätzlichen
Passfähigkeit als
Systemlösung in der
Laborsituation
Konkrete praxisgerechte
Konzeption der
interkommunalen
Kooperation und der
flankierenden Komponenten
Y und Z als Methoden,
Verfahren, Instrumente
Solution Readiness Level
Beschreibung Ergebnis Beispiel
SRL 5
Transdisziplinäre
Forschung +
Entwicklung in der
Projektregion
Ausarbeitung der Komponenten zu
Prototypen; schrittweise Integration
der Einzelkomponenten zu
Systemlösungen in Zusammenarbeit
mit Institutionen in der Projektregion
(in der Einsatzumgebung unter
Laborbedingungen)
Erste Validierung der
Funktionalität der
Komponenten und der
Systemlösung; erste
Prototypen der
Komponenten, die in der
Praxis getestet und
kommentiert werden
können
Interkommunales GIS-Tool,
Kooperationsleitfaden und
Steuerungsverfahren sind als
wesentliche Komponenten
der Systemlösung
identifiziert und liegen als
Prototyp vor
Solution Readiness Level
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SRL 7 Prototypische Systemlösung im Feldtest: Die prototypische Systemlösung wurde nun
eigenständig von Akteuren erprobt, die nicht aktiv an ihrer Entwicklung im Verbundprojekt beteiligt
waren. Die Systemlösung musste damit ihre Einsatzfähigkeit im operativen Umfeld unter regulären
Bedingungen unter Beweis stellen. Im Ergebnis liegt eine fast fertige prototypische Systemlösung vor,
bei der nur noch kleinere Anpassungen in der Abstimmung der Einzelkomponenten nötig sind. In der
Projektregion kann sich nun ein breiter Diskussions- und Adaptionsprozess entfalten.
SRL 8 Getestete und qualifizierte Systemlösung: Nach den nötigen Nachjustierungen liegt die
fertige Systemlösung vor, falls nötig mit begleitenden Dienstleistungsangeboten. Für den Großteil der
Beteiligten ist der Prozess weitgehend abgeschlossen. Sie entscheiden jetzt gegebenenfalls über eine
Neuausrichtung ihrer professionellen Rolle. Auf institutioneller und regionaler Ebene werden
gegebenenfalls die strukturellen Voraussetzungen geschaffen, die Systemlösung umzusetzen und
den Innovationsprozess so fortzuführen.
SRL 9 Systemlösung für Breitenanwendung bereit: Die Systemlösung liegt als fertiges
Produkt/Dienstleistung vor und kann in andere Regionen oder Kontexte übertragen werden.
Beschreibung Ergebnis Beispiel
SRL 6
Prototypische
Systemlösung in der
Projektregion
Erprobung der Komponenten-
Prototypen in der Projektregion mit
Hilfe der Praxispartner
(unter realitätsnahem Bedingungen)
Prototypische
Systemlösung, die der
angestrebten
Konfiguration schon sehr
nahe kommt
GIS-Tool, Leitfaden und
Steuerungsverfahren werden
in einem definierten Rahmen
in der Projektregion
kontrolliert erprobt
Solution Readiness Level
Beschreibung Ergebnis Beispiel
SRL 7
Prototypische
Systemlösung im
Feldtest
Prototypische Systemlösung wird von
Anwendern getestet, die nicht an der
Entwicklung + Erprobung beteiligt
waren; wichtiger Schritt zur
Demonstration der Systemlösung im
operativen Umfeld
Unter operativen
Einsatzbedingungen
optimierte, fast fertige
prototypische
Systemlösung
Die Systemlösung
Interkommunale
Kooperation bei
Flächennutzungs-
konkurrenzen wird von den
Partnergemeinden getestet
Solution Readiness Level
Beschreibung Ergebnis Beispiel
SRL 8
Getestete und
qualifizierte
Systemlösung
Komplettierte Entwicklung der
Systemlösung durch kleinere
Anpassungen, Optimierungen und
Spezifizierungen
Getestete und
qualifizierte
Systemlösung
Einzelkomponenten und
Systemlösung werden
nachjustiert
Solution Readiness Level
Beschreibung Ergebnis Beispiel
SRL 9
Systemlösung für
Breitenanwendung
bereit
Systemlösung ist erfolgreich
getestet, fertig entwickelt, operative
Funktionalität ist demonstriert
Systemlösung fertig für
(kommerzielle)
Breitenanwendung
Systemlösung
Interkommunale
Kooperation kann bei
Flächennutzungs-
konkurrenzen problemlos
angewandt werden und führt
zu praktikablen Lösungen
Solution Readiness Level
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Beschreibung Mögliche Indikatoren Ergebnis Beispiel Mögliche Wirkungen in der Praxis
SRL 1 Grundlagenforschung
Grundlagenforschung zur
Entdeckung, Beobachtung und
Beschreibung grundlegender
Funktionsprinzipien für neue
Landmanagement-Lösungen
_Das grundlegende Funktionsprinzip ist umfassend
beschrieben und valide.
Erkenntnisse zu
grundlegenden
Funktionsprinzipien
Erfolgsbedingungen von
Kooperationenkeine
SRL 2Erste anwendungs-
orientierte Forschung
Thesen und Studien zur
Anwendbarkeit/Problemlösungs-
kapazität der Grundprinzipien;
Beschreibung einer möglichen
Anwendung des grundlegenden
Funktionsprinzips
_Das Grundlagenwissen wird auf das aktuelle Problem
angewendet.
_Die Problemlösungskapazität des Grundprinzips lässt
sich durch Gedankenexperimente oder empirische
Forschung beschreiben.
_Das grundsätzliche Funktionsprinzip der Lösung ist
formuliert.
_Der Lösungsansatz ist grundsätzlich abstraktionsfähig.
Theoretisch-
konzeptionelle
Entwicklung von
Lösungsansätzen
Interkommunale
Kooperation als
Lösungsansatz für
Flächennutzungs-
konkurrenzen
Keine
SRL 3
Transdisziplinäre
Prüfung der
theoretischen
Konzeption
Prüfung des theoretisch-
konzeptionellen Lösungsansatzes
durch Ausarbeitung mit
Praxispartnern und Ermittlung
wichtiger Komponenten für die
Systemlösung
_Das Konsortium (Wissenschaftler + Praktiker) hat die
Systemlösung und ihre Einzelkomponenten konzeptionell
beschrieben.
_Das Konsortium aus Wissenschaftlern + Praktikern ist
sich über das grundsätzliche Problemlösungspotenzial der
avisierten Systemlösung einig.
_Eine Beschreibung der Laborsituation und der
Projektregion liegen vor.
Nachweis der
grundsätzlichen
Problemlösungskapazität
des
Systemlösungsansatzes
Interkomm. Kooperation
ist ein plausibler und
wichtiger Lösungsansatz
für das Problem X; für eine
Systemlösung bedarf es
zusätzlich der
Komponenten Y und Z
Individuelle Ebene : Problemwahrnehmung und -zuschnitt;
Reflexion des eigenen Handelns; erste Impulse
Institutionelle Ebene : Problemwahrnehmung und -zuschnitt
SRL 4
Transdisziplinäre
Forschung +
Entwicklung im
transdisziplinären
Verbundteam
Design, Entwicklung und
Plausibilitätstests der Komponenten
für die Systemlösung im
transdisziplinären Verbundteam mit
Hilfe der Praxispartner im Projekt
(Laborsituation)
_Die einzelnen Komponenten sind designt und
ausgearbeitet.
_Die Schnittstellen zwischen den Komponenten sind klar
formuliert.
_Für das Zusammenwirken der einzeln Komponenten
wurden Szenarios ausgearbeitet.
Nachweis der
Funktionsfähigkeit der
Einzelkomponenten und
ihrer grundsätzlichen
Passfähigkeit als
Systemlösung in der
Laborsituation
Konkrete praxisgerechte
Konzeption der
interkommunalen
Kooperation und der
flankierenden
Komponenten Y und Z als
Methoden, Verfahren,
Instrumente
Individuelle Ebene : Konkrete Auseinandersetzung mit den
eigenen Routinen und Lösungsstrategien; Aufweitung des
Suchfelds für Lösungen, permaneneter Abgleich zwischen
Lösungsideen und deren Praktikabilität und Passfähigkeit
im Umfeld
Institutionelle Ebene : Erste Konfrontation mit anderen
Denk- und Herangehensweisen
Solution Readiness Level
In der folgenden Tabelle 2 sind alle neun Reifegrad-Stufen im Überblick abgebildet. Zusätzlich beinhalten sie mögliche Indikatoren, mit denen überprüft
werden kann, ob die entsprechende Stufe erreicht wurde, sowie mögliche Wirkungen auf die außerwissenschaftliche Praxis, die sich auf der jeweiligen Stufe
einstellen können.
Tabelle 2: Die neun Stufen des Solution Readiness Level und mögliche Wirkungen in der Praxis
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Beschreibung Mögliche Indikatoren Ergebnis Beispiel Mögliche Wirkungen in der Praxis
SRL 5
Transdisziplinäre
Forschung +
Entwicklung in der
Projektregion
Ausarbeitung der Komponenten zu
Prototypen; schrittweise Integration
der Einzelkomponenten zu
Systemlösungen in Zusammenarbeit
mit Institutionen in der Projektregion
(in der Einsatzumgebung unter
Laborbedingungen)
_In Zusammenarbeit mit Akteuren aus der Projektregion, die nicht
Teil des Verbundteams sind, wurden die Einzelkomponenten zu
Prototypen ausgearbeitet.
_In Zusammenarbeit mit Akteuren aus der Projektregion, die nicht
Teil des Verbundteams sind, wurden die Einzelkomponenten zu
Systemlösungen integriert.
Erste Validierung der
Funktionalität der
Komponenten und der
Systemlösung; erste
Prototypen der
Komponenten, die in der
Praxis getestet und
kommentiert werden
können
Interkommunales GIS-Tool,
Kooperationsleitfaden und
Steuerungsverfahren sind als
wesentliche Komponenten
der Systemlösung
identifiziert und liegen als
Prototyp vor
Individuelle Ebene : Veränderung/Weiterentwicklung
der eigenen Rolle (Intermediär, Innovationsmanager);
Auf-/Ausbau des eigenen Netzwerks; ausgeprägte
Reflexionsfähigkeit
Institutionelle Ebene : Weiterentwicklung
Problembewusstsein und -zuschnitt; Reflexion der
eigenen Innovationsbereitschaft,
Handlungskompetenzen und -grenzen; aktive
Beteiligung an Lösungsentwicklung
Regionale Ebene : Sensibilisierung und
Problemwahrnehmung; Agenda Setting und
einsetzender Diskurs
SRL 6
Prototypische
Systemlösung in der
Projektregion
Erprobung der Komponenten-
Prototypen in der Projektregion mit
Hilfe der Praxispartner
(unter realitätsnahem Bedingungen)
_Die Systemlösung und ihre Einzelkomponenten liegen als Prototyp
vor und werden mit Unterstützung des Projektteams von Akteuren
erprobt, die nicht an ihrer Entwicklung beteiligt waren.
_Erste Erkenntnisse über den Einsatz der Prototypen liegen vor
(Effekte, Schnittstellen, Wechselwirkungen, Spezifität und Charakter
ihrer Beziehung untereinander, Anwendbarkeit).
_Erste Aussagen über Qualität und Charakter der Systemlösung sind
möglich.
Prototypische
Systemlösung, die der
angestrebten
Konfiguration schon sehr
nahe kommt
GIS-Tool, Leitfaden und
Steuerungsverfahren werden
in einem definierten Rahmen
in der Projektregion
kontrolliert erprobt
Individuelle Ebene : Ausprägung der Rolle als
Intermediär/Innovationsmanager in der eigenen
Institution und in der Region; Aneignung, Erprobung,
Erweiterung entsprechender Kompetenzen
Institutionelle Ebene : Impulse zur institutionellen und
inter-institutionellen Revision und Weiterentwicklung;
Adaption einzelner Lösungsansätze/-komponenten;
aktive Formatierung der Lösungsansätze/-
komponenten
Regionale Ebene : Aktive Auseinandersetzung mit dem
Problem und den Lösungsansätzen; Reflexion der
regionalen Innovationsbereitschaft und
Handlungsfähigkeit; innerregionale Kommunikation
und Vernetzung, die sich ggfs. verstetigt
Solution Readiness Level
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Beschreibung Mögliche Indikatoren Ergebnis Beispiel Mögliche Wirkungen in der Praxis
SRL 7
Prototypische
Systemlösung im
Feldtest
Prototypische Systemlösung wird von
Anwendern getestet, die nicht an der
Entwicklung + Erprobung beteiligt
waren; wichtiger Schritt zur
Demonstration der Systemlösung im
operativen Umfeld
_Die prototypische Systemlösung wird von Akteuren aus der Region,
die an dessen Entwicklung nicht beteiligt waren, eigenständig
getestet.
_Die Erprobung der Systemlösung dient als Demonstrationsobjekt.
Unter operativen
Einsatzbedingungen
optimierte, fast fertige
prototypische
Systemlösung
Die Systemlösung
Interkommunale
Kooperation bei
Flächennutzungs-
konkurrenzen wird von den
Partnergemeinden getestet
Individuelle Ebene : Wahrnehmung der eigenen
Handlungsmöglichkeiten (und
Innovationskompetenzen); Reflexion der Grenzen
Institutionelle Ebene : Konfrontation anderer
Institutionen mit Lösungsansätzen; Reflexion ihrer
Innovationsbereitschaft und Handlungsfähigkeit
Regionale Ebene : Problemsensibilisierung und Agenda
Setting; erste regionale Diskurse
SRL 8
Getestete und
qualifizierte
Systemlösung
Komplettierte Entwicklung der
Systemlösung durch kleinere
Anpassungen, Optimierungen und
Spezifizierungen
_Die einzelnen Komponenten sind aufeinander abgestimmt und zu
wurden zu einer Systemlösung integriert.
_Die Schnittstellen der Systemlösung sind klar definiert und
getestet.
_Die Systemlösung ist abstrahiert und verallgemeinert.
_Die Systemlösung ist funktionsfähig, Einsatz- und
Anwendungsbereiche sind klar.
Getestete und
qualifizierte
Systemlösung
Einzelkomponenten und
Systemlösung werden
nachjustiert
Individuelle Ebene : Ggfs. Redefinition und Re-
Positionierung der eigenen professionellen Rolle in
Institution und/oder Region
Institutionelle Ebene : Adaption einzelner/aller
Elemente der Systemlösung für den institutionellen
Handlungsrahmen; Impulse für andere Handlungsfelder
und Vorgehensweisen innerhalb der Institution;
Revision und Neuverteilung von Ressourcen
Regionale Ebene : Festigung und Verstetigung (neuer)
regionaler Verfahren und Organsiationsformen zur
Umsetzung (von Teilen) der Systemlösung; Impulse für
andere Handlungsfelder
SRL 9
Systemlösung für
Breitenanwendung
bereit
Systemlösung ist erfolgreich
getestet, fertig entwickelt, operative
Funktionalität ist demonstriert
_Die Systemlösung ist ein eigenständiges Produkt oder eine
eigenständige Dienstleistung.
_Die Systemlösung ist vollständig und in anderen Bereichen oder
Regionen mit prognostizierbaren Ergebnissen einsetzbar.
_Die Systemlösung kann von anderen Akteuren und/ oder Regionen
adaptiert werden.
Systemlösung fertig für
(kommerzielle)
Breitenanwendung
Systemlösung
Interkommunale
Kooperation kann bei
Flächennutzungs-
konkurrenzen problemlos
angewandt werden und führt
zu praktikablen Lösungen
Individuelle Ebene : Aktive Rolle als Innovationsmanager
und/oder Multiplikator; Peer-to-Peer-Transfer von
Erfahrungen, Lösungswegen und -instrumenten
Institutionelle Ebene : Internes und externes Capacity
Development; Entwicklung eines Geschäftsmodells;
Multiplikator
Regionale Ebene : Erhöhte Diskurs- und
Innovationsbereitschaft und -fähigkeit bei anderen
Problemfeldern
Solution Readiness Level
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Zum Beispiel das Projekt W3 – Regionale Energieflächenpolitik
Das im Rahmen des BMBF-Förderschwerpunkts Umwelt- und gesellschaftsverträgliche
Transformation des Energiesystems geförderte Verbundforschungsprojekt Wachstum, Widerstand,
Wohlstand als Dimensionen einer regionalen Energieflächenpolitik arbeitete über drei Jahre hinweg
an Instrumenten für Kommunen, die die Ansiedlung von Erneuerbare Energie (EE)-Anlagen in ihrer
Region transparenter verhandeln und besser steuern wollen. Im Verbund-Team arbeiteten drei
kommunale Partner mit vier Wissenschaftspartnern zusammen, inter 3 fungierte als Koordinator.
Auf welchem Level ist der W3-Verbund gestartet?
Ausgangspunkt war eine gemeinsame Sitzung der Wissenschafts- und zwei der drei Praxispartner, in
der folgendes Problem der Kommunen thematisiert wurde: Sie werden mit den Plänen der EE-
Investoren konfrontiert, müssen sich zu diesen in der Bevölkerung meist umstrittenen Anlagen
verhalten, stehen den Investoren aber mit weit unterlegenen und der eigenen Bevölkerung mit
unzureichenden Informations- und Bewertungsgrundlagen gegenüber. Weiteres Wachstum im EE-
Bereich zu ermöglichen, den Widerstand dagegen ernst zu nehmen und die Ausbaupläne differenziert
bewerten und gemeinwohlorientiert steuern zu können, wurden so zu Zielen des Verbunds.
Bei der folgenden Antragausarbeitung konkretisierten Wissenschafts- und Praxispartner gemeinsam,
welche Komponenten sie für die Lösung des Problems als wichtig erachteten: Die Erarbeitung
regionaler Energiebilanzen, eines Akzeptanz- und Wohlstandsradars für EE-Nutzungen sowie eines
korrespondierenden GIS-Instruments wurden so zu den wesentlichen Komponenten für die
Systemlösung GIS-gestützte Energieberatung für Kommunen, kurz: GISEK. Alle beteiligten Partner
waren der Überzeugung, dass dieser Systemlösungsansatz einen nennenswerten Beitrag zur Lösung
des eingangs skizzierten Problems einer wenig gesteuerten regionalen Energieflächenpolitik leisten
könnte. Der W3-Verbund ist demzufolge auf Stufe 3 (SRL 3) gestartet: Die grundsätzliche
Problemlösungskapazität der avisierten Systemlösung und ihrer Komponenten wurde durch
Wissenschafts- und Praxispartner geprüft und die Situation in der Projektregion beschrieben.
Welches Level hatte der W3-Verbund nach drei Jahren transdisziplinärer Arbeit erreicht?
Auf der Abschlusskonferenz des W3-Projekts berichtete Matthias Rösch vom Energie-
Technologischen Zentrum Nordoberpfalz (etz) über seine Erfahrungen, die er beim praktischen Test
der vom W3-Verbund entwickelten Instrumente gemacht hatte und welchen Optimierungsbedarf er
aus Praxissicht noch sieht (http://www.w3-energieflächenpolitik.de/service/veranstaltungen.html).
Matthias Rösch war nicht Teil des Verbundteams und arbeitete auch nicht an der Entwicklung der
Instrumente mit. Er erprobte zwei Komponenten-Prototypen der Systemlösung – das
Energieflächenrating (das die Energiebilanzen ersetzte; siehe Ausführungen unten zu SRL 4) und das
Wohlstandsradar – in der Projektregion. Dabei stand die W3-Regionalkoordinatorin im Hintergrund
bereit, um ihn bei Bedarf zu unterstützen.
Die beiden wichtigsten Komponenten der Systemlösung lagen also als Prototyp vor. Sie wurden mit
Unterstützung des Projektteams vom etz, das nicht an ihrer Entwicklung beteiligt war, in der
Projektregion Tirschenreuth unter realitätsnahen Einsatzbedingungen erprobt. Zur Anwendbarkeit und
zu den Schnittstellen der beiden Komponenten untereinander sowie zur Qualität und Charakter der
Systemlösung insgesamt konnten dadurch wichtige Erkenntnisse gewonnen werden. Der W3-Verbund
hatte am Ende Stufe 6 erreicht (SRL 6).
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Und wie sah es auf den Stufen 4 und 5 aus?
Auf Stufe 4 hatte der W3-Verbund bereits zwei ursprünglich zentrale Komponenten der avisierten
Systemlösung GISEK grundsätzlich modifiziert: Das Akzeptanz-Radar erwies sich in der
gegenwärtigen Form als zu aufwändig in der Datenerhebung und die regionalen Energiebilanzen
brachten bei vertretbarem Aufwand nicht den erhofften Erkenntnisgewinn. Diese beiden Komponenten
wurden als GISEK-Instrumente zurückgestuft (Akzeptanz-Radar) bzw. ersetzt (die Energiebilanzen
durch ein Energieflächenrating). In ausschließlich verbundinterner hatte der W3-Verbund schließlich
funktionsfähige Komponenten konzipiert und ausgearbeitet, die Schnittstellen zwischen diesen
Komponenten klar formuliert und Einsatzszenarios entwickelt.
Stufe 5 lässt sich vergleichsweise einfach beschreiben, denn das Energieflächenrating, das
Wohlstandsradar, Handlungsempfehlungen für unterschiedliche Politikebenen und – mit großen
Einschränkungen – auch das GIS-Instrument lagen als erste Prototypen vor und wurden
verschiedenen regionalen Anwendergruppen in so genannten Energiepolitiklaboren vorgestellt, zum
Teil von ihnen erprobt und im Hinblick auf Funktionsfähigkeit, Operabilität und Überarbeitungsbedarf
diskutiert. Schließlich lagen die aufeinander abgestimmten und zur angestrebten Systemlösung
integrierten Einzelkomponenten als Prototypen vor, so dass sie im nächsten Schritt getestet werden
konnten.
Kurzes Fazit zum Solution Readiness Level
Das aktuell vorliegende Solution Readiness Level ist ein Instrument, das im Projektteam entwickelt
wurde (SRL 4), in Zusammenarbeit mit anderen Verbundkoordinator*innen im Umfeld des
Projektteams als Prototyp erprobt und diskutiert wurde (SRL 5) und nun unter realitätsnahen
Bedingungen im erweiterten Umfeld getestet werden muss, um das Level SRL 6 zu erreichen.
Wie kann das Solution Readiness Level für transdisziplinäre Projekte hilfreich sein?
Das Solution Readiness Level nimmt mit den verschiedenen Entwicklungsstufen den
gesamten Forschungs- und Entwicklungsprozess von der Grundlagenforschung über die
Entwicklung von Prototypen bis zu Breitenanwendung in den Blick. Es hilft dabei, sich zu
vergegenwärtigen, auf welcher Stufe transdisziplinäre Projekte in der Regel starten und wie
weit sie realistischerweise kommen können. Es kann aber auch als Ansporn dienen, so weit
wie möglich zu kommen und sich das Erreichen eines bestimmten Reifegrads als konkretes
Ziel zu setzen.
Das Solution Readiness Level stuft den Forschungs- und Entwicklungsprozess auch danach
ab, wer an ihm jeweils beteiligt ist: Von der Arbeit ausschließlich im Projektteam (Labor) über
die Zusammenarbeit mit Institutionen im unmittelbaren Umfeld (in der Einsatzumgebung unter
Laborbedingungen bzw. unter realitätsnahen Bedingungen) bis zum Feldtest ohne das
Projektteam (operatives Umfeld). Es hilft dabei zu planen, wann man aus dem Verbundteam
rausgehen kann – und muss, falls man ein bestimmtes Level erreichen will.
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Das Solution Readiness Level klassifiziert die Entwicklung von Systemlösungen. Es stellt
damit klar, dass es bei transdisziplinären Lösungen häufig um Systemlösungen geht, die aus
einzelnen Komponenten bestehen und dass erst die Funktionsfähigkeit aller oder zumindest
der wichtigsten Komponenten zur Anwendungs- und Problemlösungsfähigkeit führt. Damit hilft
es dabei, klar fassen, was genau das Problem ist und welche Komponenten zusammen
wirken müssen, damit das Problem gelöst werden kann.
Was ist kritisch bzw. könnte kritisch werden?
Das Solution Readiness Level ist als standardisierte Skala angelegt, mit der man
projektübergreifend den Reifegrad einer transdisziplinären Lösung einschätzen können soll.
Damit gehen die allseits bekannten Vor- und Nachteile von Standardisierungen einher. Um zu
verhindern, dass die Nachteile überwiegen, ist nun zunächst ein möglichst breit angelegter
Erprobungsprozess des Solution Readiness Levels notwendig: Unterstützt es den eingangs
beschriebenen transdisziplinären Projekttypus bei der Einschätzung des Reifegrads seiner
transdisziplinären Systemlösung? Wie kann es gegebenenfalls modifiziert werden, damit es
diese Funktionalität besser erfüllt?
Kritisch könnte insbesondere ein unkritischer Umgang mit dem Solution Readiness Level
seitens der Fördermittelgeber werden: Wenn alles über einen Kamm geschoren, die Stufen zu
wörtlich und nicht als ungefähre Einschätzung des Reifegrades genommen werden oder wenn
es als Standardmaß in Ausschreibungen verwendet wird (z.B.: Geben Sie an, welche Stufe
Sie erreichen wollen oder Lösung muss das Ausgangslevel um mindestens drei Stufen
übersteigen oder es werden nur solche Projekte gefördert, die mindestens SRL 8 erreichen).
Zum letzten kritischen Punkt hilft ein Blick in die Entwicklungszeiten, die das Forschungszentrum
Jülich als grobe Orientierung für die unterschiedlichen Entwicklungsstufen im Technology Readiness
Level angibt: Vom TRL 1 bis zur Marktreife 8-15 Jahre, vom TRL 3 bis zur Marktreife 5-13 Jahre, vom
TRL 7 bis zur Marktreife 1-5 Jahre.
(http://www.fz-juelich.de/iek/iek-
3/DE/Forschung/BGE/Brennstoffzellenseiten/Systementwicklung/Systementwicklung.html).
Die meisten transdisziplinären Projekte arbeiten drei Jahre zusammen, einige wenige kommen auf
fünf Jahre gemeinsamer Arbeit. Insofern kann das Solution Readiness Level auch helfen,
realistischere Erwartungen an die Umsetzungsfähigkeit von transdisziplinär erarbeiteten Lösungen zu
etablieren.
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Mögliche Wirkungen transdisziplinärer Projekte
Wie kann man nach Abschluss des Förderschwerpunkts Innovationsgruppen für ein nachhaltiges
Landmanagement die Wirkungen auf die außerwissenschaftliche Praxis erheben? Kann man?
Zu fragen, ob das von den Innovationsgruppen aufgegriffene Problem nach Abschluss ihrer
Förderdauer gelöst ist, wäre zu schnell geschossen – siehe Solution Readiness Level –, diese
Erwartung an die Innovationsgruppen im Besonderen und transdisziplinäre Verbundprojekte im
Allgemeinen ist unrealistisch. Allerdings darf der Fördermittelgeber erwarten, dass die
Verbundprojekte einen wesentlichen Beitrag auf dem Weg zur Problemlösung liefern und,
insbesondere wenn auch Praxispartner eine Förderung erhalten, Wirkungen in der
außerwissenschaftlichen Praxis zu beobachten sind. Welche Wirkungen können das sein?
Die in der rechten Spalte des Solution Readiness Level aufgeführten möglichen Wirkungen konnten
wir zum Teil im Laufe unserer zahlreichen transdisziplinären Projekte tatsächlich beobachten (etwa bis
zu SRL 7), zum Teil basieren sie auf theoretischen Überlegungen (vor allem SRL 8 und 9). Allen
gemein ist, dass sie zunächst einmal die – vermeintlich – kleinen Wirkungen benennen und
wertschätzen: Auf individueller, auf institutioneller und auf regionaler Ebene.
In einem ersten Schritt lassen sich folgende Wirkungskategorien und Bezugspunkte systematisieren:
Tabelle 3: Wirkungskategorien transdisziplinärer Forschung
Wirkungskategorien Bezugspunkte Objektiv beobachtbar?
Reflexion Problemwahrnehmung/Problemzuschnitt Denken: Logiken, Algorithmen Handeln: Logiken, Routinen Handlungsfähigkeit Innovationsbereitschaft
Kaum
Impulse Kaum
Agenda Setting und Diskurse Probleme, Vorgehen, Lösungen Teilweise
(Weiter-)Entwicklung Person: Rollen, Kompetenzen Organisation/Region: Strukturen
Teilweise
Formatierung/Adaption Lösungen, Bestandteile von Lösungen Teilweise
Re-Organisation/Neuverteilung Ressourcen Kompetenzen Verantwortlichkeiten
Ja
Institutionalisierung Internes Capacity Development Organisations-/Regionalentwicklung Unternehmensgründung
Ja
Verbreitung
Geschäftsmodelle Demonstrationsmodelle Standards Externes Capacity Development
Ja
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Um ein paar Beispiele zu nennen und die dürren Gräten mit etwas Fleisch aus verschiedenen
Projekten zu versehen:
Praxispartner nehmen in räumlich verorteten transdisziplinären Verbundprojekten die Funktion
von Regionalkoordinator*innen wahr, beleben alte und bauen neue Kommunikationswege,
entwickeln Netzwerke, bringen Leute und Institutionen zusammen, die vorher nicht oder kaum
Berührungspunkte hatten.
Durch ihre Mitarbeit im Verbundprojekt werden sie vor Ort in einer anderen Rolle
wahrgenommen, werden diskursfähiger, erobern weitere Handlungsspielräume.
Praxispartner kriegen auch Anerkennung für ihre Innovationsbereitschaft und
Innovationskompetenzen: zunächst als Wertschätzung durch die Wissenschaftspartner, nach
und nach werden sie als Redner eingeladen, erfahren dadurch auch zuhause eine Aufwertung
(der Prophet wird im eigenen Haus erst nach und nach etwas wert).
Wenn einzelne Praxispartner, die eng im Verbund mitarbeiten, von neuen Sichtweisen,
Herangehensweisen, Vorgehensweisen überzeugt sind, tragen sie diesen „Infektion“ in ihre
Organisationen weiter.
Wissenschaftliche Systematisierungen werden als Reflexionsfläche für das eigene, eher
routinierte Handeln vor Ort genutzt und auch strategisch eingesetzt: Zur Strukturierung,
Erläuterung, Absicherung, Verstärkung des eigenen Vorgehens (z.B. die Kartierungen der
Konstellationsanalyse als strukturierter Überblick über das, was alles angeleiert ist, und was
mit wem wie zusammenhängt).
Und schließlich fordern Praxispartner hartnäckig praxistaugliche Ergebnisformate („kurz, bunt,
praktisch und am besten alles auf einer DIN A4-Seite“) für einen konsequenten Zuschnitt
wissenschaftlicher Ergebnisse auf das, was Praxispartner wissen wollen und verdauen
können – in Rückkopplungsprozessen mit ihrem regionalen und institutionellen Umfeld: eine
wichtige Wirkung als Voraussetzung von Wirkung.
Auch wenn nicht gleich der ganze Leitfaden umgesetzt wird: Das Herausgreifen einzelner
Aspekte oder das Aufgreifen einzelner Ideen fällt unter Wirkungen, wenn sie den Weg in die
(Alltags-)Praxis finden.
Transdisziplinäre Verbundprojekte wirken auf die transdisziplinäre Community insgesamt als
eine Art Praxispartner-Weiterbildung: Mit der Mitwirkung in einem Verbundprojekt lernen sie,
was sie von einem transdisziplinären Projekt erwarten können und was nicht, dass sie für
etwas stehen und etwas ausprobieren, das nicht nur für ihren eigenen Alltag relevant und
weiterführend ist (und eben nicht Wissenschaft als Service für die eigene Praxis).
Diese Beispiele haben ein paar Nachteile, die symptomatisch für das Erfassen von Wirkungen sind:
Sie sind kaum beobachtbar und/oder objektiv erfassbar. Sie spielen sich alle während der
Projektlaufzeit ab (nur deswegen konnten sie überhaupt beobachtet werden) – was danach passiert
ist, erfassen weder die Wissenschaftspartner noch der Fördermittelgeber. Sie spielen fast alle auf der
individuellen Ebene, allenfalls auf der regionalen Ebene – was räumlich betrachtet ebenfalls ein
Einzelfall ist.
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Wie man individuelle und überindividuelle, institutionelle und sektoren-/branchenweite, regionale und
überregionale Wirkungen fassen und erfassen kann, ist offen.
Der Schluss als Auftakt: Wie geht es nun weiter?
Als Wissenschaftliches Begleitvorhaben zu den Innovationsgruppen für ein nachhaltiges
Landmanagement wollen wir die absolut notwendigen Diskussionen zum Solution Readiness Level
und zu den Wirkungskategorien transdisziplinärer Forschung zunächst in dieser Diskussionsarena
vorantreiben.
Dabei muss das Solution Readiness Level von den Innovationsgruppen sehr kritisch auf den
Prüfstand gestellt werden: Können sie sich einordnen? Wird es ihren Vorgehensweisen und Lösungen
gerecht? Wie muss es gegebenenfalls modifiziert werden? Was darf auf keinen Fall passieren?
Gleichzeitig muss die Diskussion mit dem Projektträger vorangetrieben werden: Eignet sich das
Solution Readiness Level für die avisierte Evaluation des Förderschwerpunkts? Kann es darüber
hinaus sinnvoll eingesetzt werden? Was ist wünschenswert und hilfreich? Was könnte problematisch
sein?
Und schließlich muss der Austausch zwischen den mutmaßlich unterschiedlichen Positionen zwischen
den transdisziplinären Teams auf der einen und Projektträger und BMBF auf der anderen Seite
organisiert werden: Wie lassen sich Wünsche erfüllen und Befürchtungen ausräumen? Denn beides
wird es geben.
Die Überlegungen zu den möglichen Wirkungen transdisziplinärer Verbundprojekte werden parallel
dazu weitergeführt. Neben der Diskussion mit TransImpact werden wir im weiteren Verlauf des
Förderschwerpunkts Innovationsgruppen für ein nachhaltiges Landmanagement Interviews mit
Wissenschafts- und Praxispartner*innen aus den Innovationsgruppen führen: Welche Wirkungen auf
die außerwissenschaftliche Praxis konnten rund um die Innovationsgruppen beobachtet werden?
Welche werden erwartet?
Zusammen mit der mindestens so breiten empirischen Basis aus TransImpact sollte es gelingen, in
zwei bis drei Jahren in Sachen transdisziplinärer Wirkungsforschung einen wesentlichen Schritt
weiterzukommen.