Download - Röthlin vs Steffny Berufung Bergmann
5/13/2018 R thlin vs Steffny Berufung Bergmann - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/roethlin-vs-steffny-berufung-bergmann 1/36
In SachenRöthlin ./. Spiridon-Verlags GmbH
- 10 U 127/11 -
beantragen wir namens
und in Vollmacht des
Klägers und
Berufungsklägers
(nachfolgend verwenden
wir nur noch die Parteibezeichnungen erster Instanz) unter Abänderung
des am 30.06.2011 verkündeten Urteils des Landgerichts Berlin, Az. 27 O
195/11, wie folgt zu entscheiden (Der Einfachheit halber stellen wir in
zweiter Instanz nochmals den erstinstanzlichen Klageantrag in vollem
Umfang, wobei sich die Berufung ausweislich unserer nachfolgenden
Begründung nur auf diejenigen Klageanträge bezieht, die erstinstanzlich
zurückgewiesen wurden. Sollte der Senat Bedenken gegen diese Form der Antragsfassung haben, bitten wir um richterlichen Hinweis):
1.
Der Beklagten wird es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden
Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu
250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer
Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an einem
Geschäftsführer, untersagt, in Bezug auf den Kläger
a) zu behaupten und/oder behaupten zu lassen und/oder zu
verbreiten und/oder verbreiten zu lassen
- „ Nach einem Start in Ras Al Khaima im Januar 2009, woer aufgab, war Röthlin auf dem Rückflug zusammengeklappt. In der Schweiz wurde einelebensgefährliche Lungenembolie erkannt. Er wurde zwei Mal operiert. Die Ursache, so wurde damals vermutet,
könne nur eine Blutanomalie oder die Anwendung dessauerstoffbindenden verbotenen Dopingmittels EPO sein.
00387-11/SB/NN 25. November 2011
vorab per Fax: 90 15 22 00Kammergericht BerlinElßholzstraße 30-33
10781 Berlin
5/13/2018 R thlin vs Steffny Berufung Bergmann - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/roethlin-vs-steffny-berufung-bergmann 2/36
Die Ärzte entschieden sich für die Blutanomalie und behandelten ihn entsprechend.“
- „...entschied sich der Schützling des italienischen Marathon-Mediziners Dr. Gabriele Rosa...“
- „In Barcelona war Röthlin nach verlässlichen Auskünftenwegen seiner Blutanomalie mit einem Blutexpanderbehandelt worden, der einer Verdickung des Blutsentgegenwirken soll.“
- der Kläger habe zwischen den Olympischen Spielen 2008und der EM in Barcelona 2010 lediglich 3 Wettkämpfe bestritten.
b) durch die Formulierungen
- „Unglaublich! Todkrank und jetzt Europameister (...) Nachseiner Krankheitsgeschichte und den Vorleistungen durfteman von dem 35-jährigen Röthlin einen solchen Exploit, ..., keineswegs erwarten (...) In der Schweiz wurdeeine lebensgefährliche Lungenembolie erkannt... DieUrsache, so wurde damals vermutet, könne nur eine Blutanomalie oder die Anwendung des Sauerstoff bindenden verbotenen Dopingmittels Epo sein (...) In
Barcelona war Röthlin nach verlässlichen Auskünftenwegen seiner Blutanomalie mit einem Blutexpanderbehandelt worden, der einer Verdickung des Blutsentgegen wirken soll. (...) Man fragt sich angesichts derneuen Ungereimtheiten, wie er seine Bestzeit von 2:07:23bei seinem Sieg in Tokio im Februar 2008 erzielt hat bei einer Halbmarathon-Bestzeit von schwachen 62:16 min. Marathonläufer auf diesem Niveau weisen fast alle einen PB um oder unter 60 min. auf. Man weiß, dass Epo im Marathonlauf einem Spitzenläufer einen Vorteil von 3min. bringen kann (...) Der krebskranke Armstrong und der asthmakranke Jan Ullrich hatten ähnliche
Steigerungsraten nach kümmerlichem Saisonbeginn bei den entscheidenden Rennen. Es gewinnt anscheinend immer öfter der Läufer oder Radfahrer mit dem besten Arzt.“
den Eindruck zu erwecken und/oder erwecken zu lassen, der Kläger
habe den Europameistertitel 2010 im Marathonlauf nach Einnahme
von Dopingmitteln gewonnen, wie geschehen in der Zeitschrift
„Spiridon“, Ausgabe 9/2010, S. 14.
2.
2/36
5/13/2018 R thlin vs Steffny Berufung Bergmann - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/roethlin-vs-steffny-berufung-bergmann 3/36
Die Beklagte wird verurteilt, die nachfolgende Richtigstellung in der
nächsten, für den Druck noch nicht abgeschlossenen Ausgabe der
Zeitschrift "SPIRIDON" in gleicher Schrift und in gleichen Teilen
des Druckwerks wie der beanstandete Text sowie in allen Ausgaben,
in denen der beanstandete Text erschienen ist auf der der
Ausgangsmitteilung entsprechenden Seite unter drucktechnischer
Hervorhebung des Wortes "Richtigstellung" und der Fundstelle der
Erstmitteilung abzudrucken, wobei die Größe des Wortes
"Richtigstellung" der Größe der Schrift der Worte "Unglaublich!
Todkrank und jetzt Europameister" zu entsprechen hat, sowie der
Fließtext durch entsprechende drucktechnische Anordnung und
Schriftgröße dem beanstandeten Fließtext zu entsprechen und die
Größe der Fundstelle einfachen Fettdruck aufzuweisen hat:
Richtigstellung
In der „Spiridon“ (Ausgabe 9/2010) schreiben wir auf Seite 14
in einem Artikel mit der Überschrift „Unglaublich! Todkrank und jetzt Europameister“ über Herrn Viktor Röthlin:
„Nach einem Start in Ras Al Khaima im Januar 2009 ...war Röthlin auf dem Rückflug zusammengeklappt. In der Schweiz wurde eine lebensgefährliche Lungenembolieerkannt. Er wurde zwei mal operiert. Die Ursache, sowurde damals vermutet, könne nur eine Blutanomalieoder die Anwendung des Sauerstoff bindendenverbotenen Dopingmittels EPO sein. Die Ärzte
entschieden sich für die Blutanomalie und behandeltenihn entsprechend.“
Hierzu stellen wir richtig:
Das Rennen in Ras Al Khaima fand am 20.02.2009 und nicht
im Januar 2009 statt. Herr Viktor Röthlin ist auf dem
Rückflug am 22.02.2009 nicht zusammengeklappt. Erst am
12.03.2009 litt er erstmals unter akuter Atemnot. Als Ursache
für die bei ihm diagnostizierte Lungenembolie wurde eine
genetisch bedingte Blutgerinnungsstörung festgestellt. Die
3/36
5/13/2018 R thlin vs Steffny Berufung Bergmann - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/roethlin-vs-steffny-berufung-bergmann 4/36
Vermutung, als Ursache komme auch die Anwendung des
Dopingmittels Epo in Betracht, hatten seine Ärzte zu keinem
Zeitpunkt. Deshalb hatten seine Ärzte bei der Behandlung
auch keinen Entscheidungsspielraum. Herr Viktor Röthlin
wurde auch kein einziges Mal operiert.
Weiter heißt es in dem Artikel
„...entschied sich der Schützling des italienischen Marathon-Mediziners Dr. Gabriele Rosa...“
Hierzu stellen wir richtig:
Herr Viktor Röthlin ist nicht Schützling des italienischen
Marathon-Mediziners Dr. Gabriele Rosa.
Weiter heißt es in dem Artikel
„In Barcelona war Röthlin nach verlässlichen Auskünftenwegen seiner Blutanomalie mit einem Blutexpanderbehandelt worden, der einer Verdickung des Blutesentgegenwirken soll.“
Hierzu stellen wir richtig:
Herr Viktor Röthlin wurde vor dem Marathon in Barcelona
nicht mit einem Blutexpander behandelt. Um das Risiko
lebensbedrohender Blutgefäßverschlüsse zu reduzieren, wurden ihm von seinen Ärzten Medikamente verschrieben,
die ausschließlich die Neubildung von Blutgerinnseln
verhindern.
Des Weiteren heißt es in dem Artikel
„Das sind Röthlins Wettkämpfe seit den Olympischen Spielen 2008:
4/36
5/13/2018 R thlin vs Steffny Berufung Bergmann - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/roethlin-vs-steffny-berufung-bergmann 5/36
2008 42,195 km OS Peking 2:10:35 (6.)
10 km Basel 29:06 (5.)
2009 keinen Wettkampf beendet, krank
2010 8,71 km Luzern 26:20(10./24.4.)
16,109 km Bern 51:01 (12./22.5.)
42,195 km EM Barcelona 2:15:31 (1./1.8.)“
Hierzu stellen wir richtig:
Seit den Olympischen Spielen 2008 hat Herr Viktor Röthlin
neben den vorerwähnten Wettkämpfen noch an folgenden
Wettkämpfen teilgenommen:
2008 8km Corrida Bulloise 23:15:6 (4.)
7.25km Escalade Genf 20:56:7 (4.)
8.8km Silvesterlauf Zürich 25:20:0 (1.)
2009 21.0975km RAK Half Marathon (Aufgabe)
14.5km Ägeriseelauf 43.59.1 (5.)
2010 15km Kerzerslauf 48:37:2 (10.)
10km BUPA Great North Sunderland
29:54 (7.)
Schließlich heißt es in dem Artikel
„Unglaublich! Todkrank und jetzt Europameister (...) Nach seiner Krankheitsgeschichte und den
Vorleistungen durfte man von dem 35-jährigen Röthlineinen solchen Exploit, ..., keineswegs erwarten (...) Inder Schweiz wurde eine lebensgefährliche Lungenembolie erkannt... Die Ursache, so wurdedamals vermutet, könne nur eine Blutanomalie oderdie Anwendung des Sauerstoff bindenden verbotenen Dopingmittels Epo sein (...) In Barcelona war Röthlinnach verlässlichen Auskünften wegen seiner Blutanomalie mit einem Blutexpander behandelt worden, der einer Verdickung des Bluts entgegenwirken soll. (...) Man fragt sich angesichts der neuenUngereimtheiten, wie er seine Bestzeit von 2:07:23 bei
seinem Sieg in Tokio im Februar 2008 erzielt hat bei einer Halbmarathon-Bestzeit von schwachen 62:16min. Marathonläufer auf diesem Niveau weisen fast
5/36
5/13/2018 R thlin vs Steffny Berufung Bergmann - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/roethlin-vs-steffny-berufung-bergmann 6/36
alle einen PB um oder unter 60 min. auf. Man weiß,dass Epo im Marathonlauf einem Spitzenläufer einen
Vorteil von 3 min. bringen kann (...) Der krebskranke Armstrong und der asthmakranke Jan Ullrich hattenähnliche Steigerungsraten nach kümmerlichem Saisonbeginn bei den entscheidenden Rennen. Esgewinnt anscheinend immer öfter der Läufer oder Radfahrer mit dem besten Arzt.“
Der hierdurch erweckte Eindruck, Herr Viktor Röthlin habe
den Europameistertitel 2010 im Marathon-Lauf nach
Einnahme von Dopingmitteln gewonnen, ist falsch. Herr
Viktor Röthlin hat keine Dopingmittel zu sich genommen.
Die Redaktion
hilfsweise
Die Beklagte wird verurteilt, die nachfolgende Richtigstellung in der
nächsten, für den Druck noch nicht abgeschlossenen Ausgabe der
Zeitschrift "SPIRIDON" in gleicher Schrift und in gleichen Teilendes Druckwerks wie der beanstandete Text sowie in allen Ausgaben,
in denen der beanstandete Text erschienen ist auf der der
Ausgangsmitteilung entsprechenden Seite unter drucktechnischer
Hervorhebung des Wortes "Richtigstellung" und der Fundstelle der
Erstmitteilung abzudrucken, wobei die Größe des Wortes
"Richtigstellung" der Größe der Schrift der Worte "Unglaublich!
Todkrank und jetzt Europameister" zu entsprechen hat, sowie der
Fließtext durch entsprechende drucktechnische Anordnung undSchriftgröße dem beanstandeten Fließtext zu entsprechen und die
Größe der Fundstelle einfachen Fettdruck aufzuweisen hat:
Richtigstellung
In der „Spiridon“ (Ausgabe 9/2010) schreiben wir auf Seite 14
in einem Artikel mit der Überschrift „Unglaublich! Todkrank
und jetzt Europameister“ über Herrn Viktor Röthlin:
6/36
5/13/2018 R thlin vs Steffny Berufung Bergmann - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/roethlin-vs-steffny-berufung-bergmann 7/36
„Nach einem Start in Ras Al Khaima im Januar 2009 ...
war Röthlin auf dem Rückflug zusammengeklappt. Inder Schweiz wurde eine lebensgefährliche Lungenembolie erkannt. Er wurde zweimal operiert. Die Ursache, so wurde damals vermutet, könne nureine Blutanomalie oder die Anwendung des Sauerstoff bindenden verbotenen Dopingmittels EPO sein. Die Ärzte entschieden sich für die Blutanomalie und behandelten ihn entsprechend.“
Hierzu stellen wir richtig:
Das Rennen in Ras Al Khaima fand am 20.02.2009 und nicht
im Januar 2009 statt. Herr Viktor Röthlin ist auf dem
Rückflug am 22.02.2009 nicht zusammengeklappt. Erst am
12.03.2009 litt er erstmals unter akuter Atemnot. Als Ursache
für die bei ihm diagnostizierte Lungenembolie wurde eine
genetisch bedingte Blutgerinnungsstörung festgestellt. Die
Vermutung, als Ursache komme auch die Anwendung des
Dopingmittels Epo in Betracht, hatten seine Ärzte zu keinemZeitpunkt. Deshalb hatten seine Ärzte bei der Behandlung
auch keinen Entscheidungsspielraum. Herr Viktor Röthlin
wurde auch kein einziges Mal operiert.
Weiter heißt es in dem Artikel
„...entschied sich der Schützling des italienischen Marathon-Mediziners Dr. Gabriele Rosa...“
Hierzu stellen wir richtig:
Herr Viktor Röthlin ist nicht Schützling des italienischen
Marathon-Mediziners Dr. Gabriele Rosa.
Weiter heißt es in dem Artikel
„In Barcelona war Röthlin nach verlässlichen Auskünften wegen seiner Blutanomalie mit einem
7/36
5/13/2018 R thlin vs Steffny Berufung Bergmann - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/roethlin-vs-steffny-berufung-bergmann 8/36
Blutexpander behandelt worden, der einer Verdickungdes Blutes entgegenwirken soll.“
Hierzu stellen wir richtig:
Herr Viktor Röthlin wurde vor dem Marathon in Barcelona
nicht mit einem Blutexpander behandelt. Um das Risiko
lebensbedrohender Blutgefäßverschlüsse zu reduzieren,
wurden ihm von seinen Ärzten Medikamente verschrieben,
die ausschließlich die Neubildung von Blutgerinnseln
verhindern.
Des Weiteren heißt es in dem Artikel
„Das sind Röthlins Wettkämpfe seit den Olympischen Spielen 2008:
2008 42,195 km OS Peking 2:10:35 (6.)
10 km Basel 29:06 (5.)
2009 keinen Wettkampf beendet, krank
2010 8,71 km Luzern 26:20(10./24.4.)
16,109 km Bern 51:01 (12./22.5.)
42,195 km EM Barcelona 2:15:31 (1./1.8.)“
Hierzu stellen wir richtig:
Seit den Olympischen Spielen 2008 hat Herr Viktor Röthlin
neben den vorerwähnten Wettkämpfen noch an folgenden Wettkämpfen teilgenommen:
2008 8km Corrida Bulloise 23:15:6 (4.)
7.25km Escalade Genf 20:56:7 (4.)
8.8km Silvesterlauf Zürich 25:20:0 (1.)
2009 21.0975km RAK Half Marathon (Aufgabe)
14.5km Ägeriseelauf 43.59.1 (5.)
2010 15km Kerzerslauf 48:37:2 (10.)
8/36
5/13/2018 R thlin vs Steffny Berufung Bergmann - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/roethlin-vs-steffny-berufung-bergmann 9/36
10km BUPA Great North Sunderland
29:54 (7.)
Die Redaktion
3.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine Geldentschädigung
zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird,
die jedoch mindestens 15.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5
%-Punkten über dem Basiszinssatz der europäischen Zentralbank
seit Rechtshängigkeit betragen soll.
4.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.938,90 € nebst Zinsen
in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz
der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
5.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Zur
Begründung
führen wir wie folgt aus:
9/36
5/13/2018 R thlin vs Steffny Berufung Bergmann - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/roethlin-vs-steffny-berufung-bergmann 10/36
I.
Mit Urteil des Landgerichts Berlin vom 30.06.2011, Az. 27 O 195/11,
wurde der Klage des Klägers nur teilweise stattgegeben. Die mit
Schriftsatz vom 12.08.2011 eingelegte Berufung richtet sich gegen die
Teilabweisung der Klage. Die Begründung des Landgerichts, die zur
Teilabweisung der Klage geführt hat, ist rechtsfehlerhaft. Das
erstinstanzliche Urteil wird insofern der Überprüfung durch das
Berufungsgericht unterzogen. Die konkreten Rechtsfehler werden
nachfolgend unter II. aufgezeigt.
II.
1.
Mit der am 11.04.2011 zugestellten Klage hat der Kläger beantragt, der
Beklagten bei Vermeidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu
untersagen, in Bezug auf den Kläger zu behaupten und/oder behaupten
zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen
„ Nach einem Start in Ras Al Khaima im Januar 2009, wo eraufgab, war Röthlin auf dem Rückflug zusammengeklappt. In der Schweiz wurde eine lebensgefährliche Lungenembolie erkannt. Erwurde zwei Mal operiert. Die Ursache, so wurde damals vermutet,könne nur eine Blutanomalie oder die Anwendung dessauerstoffbindenden verbotenen Dopingmittels EPO sein. Die Ärzteentschieden sich für die Blutanomalie und behandelten ihnentsprechend.“
Das Landgericht hat dem Unterlassungsantrag mit zutreffender
Begründung größtenteils stattgegeben. Demgegenüber hat das
Landgericht den Unterlassungsanspruch in Bezug auf die
Formulierungen
„In der Schweiz wurde eine lebensgefährliche Lungenembolieerkannt. Er wurde zwei Mal operiert.“
als unbegründet angesehen. Das Landgericht meint, der Satz „In der
Schweiz wurde eine lebensgefährliche Lungenembolie erkannt“ sei keine
falsche Tatsachenbehauptung. Eine solche ergebe sich auch nicht aus der
10/36
5/13/2018 R thlin vs Steffny Berufung Bergmann - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/roethlin-vs-steffny-berufung-bergmann 11/36
gedanklichen Verbindung mit dem weiteren Text. Die Behauptung „er
wurde zwei Mal operiert“ sei zwar „nicht ganz richtig“, stelle aberletztendlich keinen rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine
Persönlichkeitsrecht des Klägers dar, da es für dessen
Persönlichkeitsrechtsbild unbeachtlich sei, ob eine oder zwei
Operationen durchgeführt worden seien. Diese Einschätzung kann einer
zweitinstanzlichen Überprüfung nicht Stand halten:
a)
Die Behauptung „In der Schweiz wurde eine gefährliche Lungenembolie
erkannt“ ist für sich genommen richtig. Nichtsdestotrotz kann der Kläger
auch insoweit Unterlassung beanspruchen, da der Satz mit den ihn
einbindenden falschen Tatsachenbehauptungen gedanklich untrennbar
verbunden ist. Dem streitigen Satz vorangestellt ist die wahrheitswidrige
Behauptung, der Kläger sei auf dem Rückflug von Ras Al Khaima
„zusammengeklappt“. Dem streitigen Satz nachgestellt ist die
wahrheitswidrige Behauptung, der Kläger sei zwei Mal operiert worden.
Hieran schließt sich wiederum die falsche Tatsachenbehauptung an, die
den Kläger behandelnden Ärzte hätten als Ursache der in der Schweiz
festgestellten Lungenembolie u. a. die Anwendung des
sauerstoffbindenden verbotenen Dopingmittels EPO vermutet.
Sämtliche Aussagen bauen gedanklich aufeinander auf, wobei die
erwähnte Lungenembolie das Bindeglied der Aussagen ist. Die
wahrheitswidrige Behauptung, der Kläger sei auf dem Rückflug
„zusammengeklappt“ versteht der Leser als erstes Symptom der
Erkrankung. Hiernach wird dann wahrheitswidrig behauptet, diefestgestellte Lungenembolie habe nach Auffassung der den Kläger
behandelnden Ärzte seine Ursache in der EPO-Anwendung.
Insbesondere die falsche Darstellung des von den Ärzten diagnostizierten
Ursachenzusammenhangs verletzt den Kläger erheblich in seinen
Persönlichkeitsrechten, weshalb es dem Kläger möglich sein muss, die
Weiterverbreitung des falschen Ursachenzusammenhangs zu untersagen.
Dies bedingt notwendigerweise, dass die Beklagte nicht mehr weiter
behaupten darf, die in der Schweiz diagnostizierte Lungeembolie habe
11/36
5/13/2018 R thlin vs Steffny Berufung Bergmann - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/roethlin-vs-steffny-berufung-bergmann 12/36
nach Auffassung der den Kläger behandelnden Ärzte seine Ursache in der
Anwendung eines Dopingmittels.
Der Kläger hätte den Unterlassungsantrag auch wie folgt formulieren
können
„…es bei Vermeidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zuunterlassen, in Bezug auf den Kläger zu behaupten und/oderbehaupten zu lassen…die Ursache der beim Kläger erkannten Lungenembolie könne nach Vermutungen der den Klägerbehandelnden Ärzte nur eine Blutanomalie oder die Anwendung
des sauerstoffbindenden verbotenen Dopingmittels EPO sein“
Diese Alternativ-Fassung des Unterlassungsantrages zeigt, dass es keinen
Unterschied machen kann, ob der Kläger die angegriffene Darstellung in
seinem Unterlassungsantrag wörtlich oder zusammengefasst wiedergibt.
Die Beklagte ist durch die wörtliche Wiedergabe im Unterlassungsantrag
auch nicht daran gehindert, die isolierte Behauptung „in der Schweiz
wurde eine lebensgefährliche Lungenembolie erkannt“ zukünftig weiter
zu verbreiten. Die Persönlichkeitsrechtsverletzung folgt aus dem
Zusammenspiel der Darstellung. Erfolgt die Darstellung ohne den falsch
dargestellten Ursachenzusammenhang, besteht kein Anlass, die
Äußerung zu verbieten.
Hinzu kommt, dass die zusammenfassende Wiedergabe der
ursprünglichen Aussage das Risiko in sich trägt, den Aussagekern falsch
wiederzugeben. Deshalb ist es in der forensischen Praxis üblich, die
streitigen Äußerungen wörtlich wiederzugeben.
Im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 16.06.2011 (dort auf Seite 2) hat der
Kläger das Landgericht Berlin darum gebeten, einen richterlichen
Hinweis für den Fall zu erteilen, dass das Gericht Bedenken gegen die
Fassung des Unterlassungsantrages hat. Obwohl das Landgericht nach
ständiger Rechtsprechung gehalten gewesen wäre, insbesondere auf die
richtige Fassung des Unterlassungsantrages hinzuwirken, ist ein
richterlicher Hinweis nach § 139 ZPO unterblieben. Die Bitte um
richterlichen Hinweis für den Fall, dass der Senat die Auffassung deserstinstanzlichen Gerichts teilt, wird auch zweitinstanzlich aufrecht
12/36
5/13/2018 R thlin vs Steffny Berufung Bergmann - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/roethlin-vs-steffny-berufung-bergmann 13/36
erhalten. Bei Bedenken ist der Kläger ohne Weiteres bereit, diesen
Bedenken durch Umstellung des Unterlassungsantrages insoweitnachzukommen.
13/36
5/13/2018 R thlin vs Steffny Berufung Bergmann - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/roethlin-vs-steffny-berufung-bergmann 14/36
b)
Rechtsfehlerhaft ist auch die Einschätzung des Landgerichts, dieBehauptung „er wurde zwei Mal operiert“ sei „nicht ganz richtig“,
jedenfalls aber nicht persönlichkeitsrechtsverletzend.
Für die Ermittlung des Aussagegehaltes einer Äußerung ist darauf
abzustellen, wie sie unter Berücksichtigung des allgemeinen
Sprachgebrauchs von einem unvoreingenommenen Durchschnittsleser
verstanden wird, wobei eine isolierte Betrachtung eines umstrittenen
Äußerungsteils regelmäßig nicht zulässig ist, sondern auch der
sprachliche Kontext und die sonstigen erkennbaren Begleitumstände zu
berücksichtigen sind (BGH vom 16.11.2004, Az. VI ZR 298/03, im
erstinstanzlichen Urteil zitiert auf Seite 19).
Unter einer Operation versteht der verständige Leser einen chirurgischen
Eingriff in den Organismus, sei es unter Vollnarkose oder unter Lokal-
Anästhesie. Eine Operation ist nach dem allgemeinen Verständnis ein
schwerwiegender medizinischer Eingriff, der nach dem Leserverständnis
auch stets die Befürchtung von Komplikationen nach sich zieht. Zu
diesem Verständnis gelangt der Leser des streitigen Artikels insbesondere
auch durch den Kontext, in dem die streitige Behauptung hier steht. So
lautet schon die Überschrift des Artikels „Unglaublich! Todkrank und
jetzt Europameister“. Im weiteren Verlauf des Artikels wird hierauf
aufbauend immer wieder auf die „Krankheitsgeschichte“ des Klägers
abgestellt und diese dramatisiert („…zusammengeklappt…“, „…
lebensgefährliche Lungenembolie…“, „…auch noch durch eine
Fußoperation behindert…“ etc.). Dieser „Krankheitsgeschichte“ wirddann die angebliche Leistungsexplosion des Klägers bei der
Europameisterschaft gegenübergestellt, um so den Eindruck zu
vermitteln, die Leistungen des Klägers könnten nach einer derart
schwerwiegenden Erkrankung nicht ohne verbotene Hilfe, also nicht
ohne Dopingmittel, erzielt worden sein. Der Leser kommt angesichts
dieser Darstellung gar nicht umhin, in Bezug auf die fälschlicherweise
aufgestellte Behauptung, der Kläger habe sich zwei Operationen
unterziehen müssen, an schwere chirurgische Eingriffe zu denken.
14/36
5/13/2018 R thlin vs Steffny Berufung Bergmann - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/roethlin-vs-steffny-berufung-bergmann 15/36
Diese Darstellung ist jedoch falsch, wie erstinstanzlich dargelegt und
unter Beweis gestellt:
Wie durch die als Anlage K 21 erstinstanzlich vorgelegten „medical
reports“ belegt, wurde die beim Kläger festgestellte Lungenembolie durch
Legen eines sogenannten Lyse-Katheters erfolgreich behandelt. Hierbei
wird über einen kleinen Plastikschlauch (Lyse-Katheter), der direkt vor
dem Blutgerinnsel platziert wird, kontinuierlich ein Medikament in das
Blutgerinnsel eingeleitet, welches dieses dann langsam auflöst. Es
handelt sich dabei um einen minimal-invasiven Eingriff, durch den ein
offener chirurgischer Eingriff, also eine Operation, vermieden werden
kann. Für das Legen des Lyse-Katheters bedarf es nur eines kleinen
Stiches durch die Haut, um den Katheter einzuführen, mit dem das
erkrankte Organ behandelt wird. Der Stich ist derart minimal, dass die
Wunde noch nicht einmal vernäht werden muss. Beim Patienten
verbleiben keinerlei Narben.
Beweis: 1. Zeugnis des den Kläger behandelnden Arztes,
Herrn Dr. med. Beat Williger, erstinstanzlich bereits
benannt
2. Sachverständigengutachten
Somit ist unter Zugrundelegung des Leserverständnisses schon die
Behauptung falsch, der Kläger habe sich überhaupt irgendwelchen
Operationen unterziehen müssen. Selbst wenn man aber zu der
Auffassung gelangen würde, der verständige Leser würde das Legen eines
Lyse-Katheters als Operation verstehen, was abwegig ist, bliebe esdennoch dabei, dass sich der Kläger eben nicht „zwei“ Operationen
unterziehen musste, wie von der Beklagten behauptet.
In keinster Weise nachvollziehbar ist die Einschätzung des Landgerichts,
für das Persönlichkeitsbild des Klägers sei es unbeachtlich, ob nun eine
oder zwei Operationen durchgeführt worden seien. In der dürren
Argumentation des Landgerichts spiegelt sich eine gefährliche Tendenz
wider, die die Rechtsprechung der Instanzgerichte in jüngster Zeitdurchzieht. Das Landgericht scheint die Auffassung zu vertreten,
15/36
5/13/2018 R thlin vs Steffny Berufung Bergmann - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/roethlin-vs-steffny-berufung-bergmann 16/36
offensichtliche Unwahrheiten in der Berichterstattung mehr und mehr
wegen „Unbeachtlichkeit“ ignorieren zu können (Motto: „Ist doch nichtso schlimm“). Dabei wird vorschnell aus der Sicht des Richters geurteilt,
ohne die fallspezifischen Besonderheiten, insbesondere ohne die
konkreten Auswirkungen auf das Persönlichkeitsbild des Klägers, zu
überblicken. Eine wirkliche Auseinandersetzung mit diesen
Konsequenzen bleibt mehr und mehr aus, was auch das Urteil des
Landgerichts zeigt, in dem die Kammer auf Seite 24 lediglich mit einem
Satz begründet, warum die falsche Darstellung für das
Persönlichkeitsbild des Klägers unbeachtlich sein soll („Dass sich aus der
Mitteilung einer Operation ein stärkerer Dopingverdacht ergeben soll als
aus der Mitteilung einer medikamentösen Behandlung, kann die Kammer
nicht erkennen“).
Es mag sein, dass der Presse bei der täglichen Berichterstattung Fehler
unterlaufen, die für das Persönlichkeitsbild des Betroffenen unbeachtlich
sind. So mag es sein, dass es unbeachtlich ist, wenn berichtet wird, dass
ein Betroffener 180 cm groß ist und nicht 185 cm. Ebenso unbeachtlich
mag es sein, wenn berichtet wird, der Betroffene wohne in der
Hausnummer 34 statt in der Hausnummer 35. Diese Fälle kann man aber
nicht ernsthaft mit dem hierzu entscheidenden Fall vergleichen. Es ist
auch unerklärlich, wie das Landgericht zu dem Ergebnis kommt, die
falsche Darstellung der Anzahl der Operationen wirke sich nicht auf die
Stärke des Dopingverdachts aus. Wie bereits dargelegt, vermittelt die
Beklagte ihren Lesern den gegenüber dem Kläger erhobenen
Dopingverdacht nicht zuletzt über die Krankengeschichte des Klägers.
Hierbei ist maßgeblich, dass die Krankengeschichte so dramatisch wiemöglich dargestellt wird. Je schlimmer die Erkrankung des Klägers
dargestellt wird, umso ungewöhnlicher muss es dem Leser erscheinen,
dass der Kläger nur kurze Zeit später den Europameistertitel gewinnt.
Der Leser schlussfolgert also letztendlich aus der Dramatisierung der
Krankengeschichte, dass Doping im Spiel sein muss, weil niemand nach
einer solchen Erkrankung, schon gar nicht nach zwei (!) Operationen, zu
derartigen Leistungen ohne verbotene Hilfsmittel fähig sein kann (siehe
wiederum die Überschrift „Unglaublich! Todkrank und jetztEuropameister“). Insofern macht es selbstverständlich einen erheblichen
16/36
5/13/2018 R thlin vs Steffny Berufung Bergmann - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/roethlin-vs-steffny-berufung-bergmann 17/36
Unterschied aus, dass die medikamentösen Behandlungen des Klägers
fälschlicherweise als zwei Operationen dargestellt werden.
2.
Mit der Klage hat der Kläger weiterhin beantragt, der Beklagten bei
Vermeidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, in Bezug auf
den Kläger zu behaupten und/oder behaupten zu lassen und/oder zu
verbreiten und/oder verbreiten zu lassen
„…entschied sich der Schützling des italienischen
Marathonmediziners Dr. Gabriele Rosa…“
Das Landgericht hat den Unterlassungsantrag mit der Begründung
zurückgewiesen, es handele sich um eine zulässige Meinungsäußerung.
Auch dies ist rechtsfehlerhaft:
Die Äußerung, der Kläger sei „Schützling des italienischen Marathon-
Mediziners Dr. Gabriele Rosa“ ist eine Tatsachenbehauptung. Im
allgemeinen Sprachgebrauch steht der Begriff „Schützling“ als Synonym
für „Zögling“, „Günstling“ bzw. „Protégé“.
Beweis: Wikipedia-Auszug Anlage K 27
Im Kontext des hier streitgegenständlichen Artikels versteht der
verständige Leser die Aussage dahingehend, als befinde sich der Kläger in
der ärztlichen Betreuung bzw. Obhut des namentlich benannten Arztes
Dr. Gabriele Rosa. Dies folgt nicht zuletzt aus der den streitigen Artikelabschließenden Aussage „Es gewinnt anscheinend immer öfter der Läufer
oder Radfahrer mit dem besten Arzt. Für den Sport ist dies allerdings
nicht am besten.“. Dies kann der Leser nur auf den einzigen, im Artikel
namentlich benannten Arzt, nämlich Herrn Dr. Rosa, beziehen.
Dass es sich bei der Äußerung um eine bewertende Meinungsäußerung
handeln soll, ist für den Leser nicht erkennbar und vom Autor des
Artikels auch nicht beabsichtigt. Um die Aussage, der Kläger seiSchützling von Herrn Dr. Rosa, als Wertung und damit als
17/36
5/13/2018 R thlin vs Steffny Berufung Bergmann - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/roethlin-vs-steffny-berufung-bergmann 18/36
Meinungsäußerung verstehen zu können, müssten dem Leser zumindest
Anknüpfungstatsachen mitgeteilt werden. Hieraus ließe sich dann fürden Leser ggf. erkennen, dass der Autor des Artikels basierend auf diesen
Tatsachen eine Wertung vornimmt. Nichts dergleichen findet sich
allerdings in dem Artikel. Die Aussage fällt auch ganz bewusst als
Tatsachenbehauptung. Dem Autor des Artikels ist bewusst, dass die
wahrheitswidrige Behauptung, Schützling von Herrn Dr. Rosa zu sein,
ein wichtiger Mosaikstein in dem gegenüber dem Kläger erhobenen
Dopingverdacht ist. Andernfalls wäre auch nicht zu erklären, warum in
dem Artikel überhaupt auf die angebliche Beziehung zwischen dem
Kläger und Herrn Dr. Rosa abgestellt wird.
Selbst wenn man die streitige Aussage als „wertende Betrachtung“
auffassen würde, was dem Leser – wie dargelegt – mangels im Artikel
aufgeführter Anknüpfungstatsachen allerdings verborgen bleibt, fehlt es
entgegen der Auffassung des Landgerichts auch in tatsächlicher Hinsicht
an den für eine solche Bewertung anknüpfenden Tatsachen. Wie
erstinstanzlich dargelegt, ist Herr Dr. Rosa dem Kläger bekannt.
Unstreitig ist auch, dass Herr Dr. Rosa dem Kläger im Jahr 2008
empfohlen hat, voll auf den Professionalismus zu setzen. Das war es dann
aber auch schon. Hieraus nun – wie das Landgericht – herleiten zu
wollen, den Kläger als Schützling des italienischen Marathon-Mediziners
Dr. Gabriele Rosa bewerten zu können, ist abwegig. Aus dem Umstand,
dass Herr Dr. Rosa dem Kläger vor mehreren Jahren einen Tipp gegeben
hat, kann nicht ernsthaft geschlussfolgert werden, den Kläger als
„Schützling“ darstellen zu können. Wollte man dieser Auffassung folgen,
wäre die Welt voller „Schützlinge“.
Die Behauptung, der Kläger sei Schützling von Herrn Dr. Rosa, ist falsch.
Der Kläger ist weder ein Zögling noch ein Protégé von Herrn Dr. Rosa. Er
hat sich von diesem auch weder in der Vergangenheit noch aktuell
medizinisch betreuen bzw. untersuchen lassen. Der Kläger ist auch nicht
Mitglied des von Herrn Dr. Gabriele Rosa betriebenen medizinischen
Laufzentrums in Brescia. Auf die erstinstanzlich unterbreiteten
Beweisangebote wird insofern nochmals Bezug genommen. Soweit dasLandgericht in seinem Urteil darauf abstellt, aus der angegriffenen
18/36
5/13/2018 R thlin vs Steffny Berufung Bergmann - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/roethlin-vs-steffny-berufung-bergmann 19/36
Äußerung ergebe sich nicht zwingend, dass der Kläger sich auch
medizinisch von Herrn Dr. Rosa habe behandeln lassen, kommt eshierauf gar nicht an. Selbst wenn dies so wäre, bliebe die Äußerung
dennoch falsch, weil sich der Kläger eben auch sonst nicht unter die
Obhut von Herrn Dr. Gabriele Rosa begeben hat. Im Übrigen erstaunt die
Auffassung des Landgerichts insbesondere vor dem Hintergrund, dass
das Landgericht – anders als sonst – gerade hier den Kontext des Artikels
nicht mit in die rechtliche Würdigung einbezieht. Wie vorstehend
dargelegt, kann der verständige Leser die ausdrückliche Bezugnahme,
Herr Dr. Gabriele Rosa sei „Marathonmediziner“, und das den Artikel
abschließende Fazit nur dahingehend verstehen, als befinde sich der
Kläger auch in medizinischer, fortlaufender Betreuung des Herrn Dr.
Rosa. Jedenfalls ist diese Deutung keineswegs abwegig bzw. fernliegend,
weshalb hier die sogenannte Stolpe-Rechtsprechung (…) zum Tragen
kommt. Das Landgericht verkennt insofern, dass es im hier vorliegenden
Unterlassungsverfahren nicht darauf ankommt, ob dieses Verständnis
zwingend bei jedem Leser besteht. Da sich der Kläger aber nun unstreitig
nicht in medizinischer Betreuung des Herrn Dr. Gabriele Rosa befindet
oder befunden hat, bleibt nicht nachzuvollziehen, wie die streitige
Äußerung als wahr eingestuft werden kann.
Wiederum rechtsfehlerhaft ist es, wenn das Landgericht meint, in Bezug
auf die angegriffene Äußerung dürfte es an der notwendigen Relevanz
einer etwaigen Persönlichkeitsrechtsverletzung fehlen. Wie bereits in
unserem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 16.06.2011 (dort auf Seite 7
unten) dargelegt, stehen insbesondere italienische Sportärzte in dem
zweifelhaften Ruf, ihre „Klienten“ nicht nur medizinisch zu betreuen,sondern zudem mit unerlaubten Dopingmitteln zu versorgen. Zum Beleg
hierfür überreichen wir nochmals als
Anlage K 28
weitere Unterlagen, aus denen sich ergibt, dass insbesondere italienische
Sportärzte wie beispielsweise Dr. Francesco Conconi, Dr. Michele Ferrari,
Dr. Luigi Cecchini und Dr. Carlo Santuccione zu den bekanntestenSportärzten gehören, die im Zusammenhang mit der Verabreichung von
19/36
5/13/2018 R thlin vs Steffny Berufung Bergmann - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/roethlin-vs-steffny-berufung-bergmann 20/36
Dopingmitteln, insbesondere auch des im hiesigen Artikel erwähnten
Dopingmittels EPO, genannt werden. Die Anmerkung des Landgerichts,es erscheine befremdlich, wenn der Kläger erklärt, alle italienischen
Sportärzte seien des Dopings verdächtigt, lässt sich nur vor dem
Hintergrund erklären, dass das Landgericht über nicht ausreichende
Kenntnisse in der Doping-Diskussion verfügt. Anders verhält es sich
allerdings in Bezug auf die hier maßgeblichen Leser der Zeitschrift
„Spiridon“. Wie dargelegt, handelt es sich um ein „Special-Interest-
Magazin“, welches sich gezielt an Leistungssportler im Laufbereich
wendet. Den angesprochenen Lesern sind – anders als den Mitgliedern
der erstinstanzlichen Kammer – die Doping-Hintergründe bestens
bekannt, nicht zuletzt deshalb, weil sie natürlich in der Zeitschrift
„Spiridon“ fortlaufend diskutiert werden. Insofern gehören die Mitglieder
des Landgerichts natürlich auch nicht zu den angesprochenen
Leserkreisen, weshalb sich die Mitglieder der Kammer auch nicht an die
Stelle der Leser hätten setzen dürfen. Wenn das Landgericht Zweifel an
den dargelegten Zusammenhängen zwischen der Tätigkeit italienischer
Sportärzte einerseits und der Verabreichung von Dopingmitteln
andererseits gehabt hätte, hätte es entsprechend seiner Hinweispflicht
nach § 139 ZPO dem Kläger aufgeben müssen, hierzu substantiierter
vorzutragen. Ein entsprechender Hinweis ist jedoch unterblieben. Selbst
im Termin zur mündlichen Verhandlung wurde dieser Aspekt nicht
erörtert.
Vor diesem Hintergrund ist es entgegen der Auffassung des Landgerichts
von besonderer persönlichkeitsrechtlicher Relevanz, dass die Beklagte
wahrheitswidrig behauptet, der Kläger sei Schützling von Herrn Dr. Rosa.Hierdurch und durch die übrigen falschen Tatsachenbehauptungen sowie
Verdächtigungen wird beim Leser der Eindruck verstärkt, der Kläger
habe unerlaubte Dopingmittel zur Hilfe genommen. Genau dies bezweckt
auch der Hinweis auf Herrn Dr. Rosa, da die Erwähnung von Herrn Dr.
Rosa andernfalls gar keinen Erkenntniswert hätte.
3.
Des Weiteren hat der Kläger beantragt, der Beklagten bei Vermeidungder gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, in Bezug auf den Kläger
20/36
5/13/2018 R thlin vs Steffny Berufung Bergmann - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/roethlin-vs-steffny-berufung-bergmann 21/36
zu behaupten und/oder behaupten zu lassen und/oder zu verbreiten
und/oder verbreiten zu lassen
„Der Kläger habe zwischen den Olympischen Spielen 2008 und der
EM in Barcelona 2010 lediglich drei Wettkämpfe bestritten“
Wie erstinstanzlich dargelegt, hat der Kläger im maßgeblichen Zeitraum
zwischen den Olympischen Spielen 2008 und der EM 2010 insgesamt 10
Wettkämpfe bestritten und nicht, wie in dem streitgegenständlichen
Artikel behauptet, lediglich drei Wettkämpfe. Ebenso unzutreffend ist die
Darlegung, der Kläger habe im Jahr 2009 wegen Krankheit keinen
Wettkampf beendet. Dies ist letztendlich zwischen den Parteien auch
unstreitig. Nichtsdestotrotz weist das Landgericht den entsprechenden
Unterlassungsantrag mit der Begründung zurück, dass kein verständiger
Leser davon ausginge, der Artikel benenne die vom Kläger bestrittene
Wettkämpfe abschließend. Zudem, so das Landgericht, seien die nicht
erwähnten Wettbewerbe derart unbedeutet, dass hieraus ohnehin keine
negativen Schlüsse auf das Leistungsvermögen oder etwaige
Dopingverstöße des Klägers gezogen werden könnten, zumal auch kein
Marathonlauf darunter sei. Auch diese Argumentation ist
rechtsfehlerhaft:
In seiner Entscheidung „Korruptionsvorwurf“ hat der BGH ausgeführt,
dass auch eine bewusst unvollständige Berichterstattung rechtlich wie
eine unwahre Tatsachenbehauptung zu behandeln sei. Dies gelte auch,
wenn dem Leser eine Schlussfolgerung nicht unabweislich nahegelegt
oder aufgezwungen werde, sondern wenn bei Mitteilung der verschwiegenen Tatsachen eine bestimmte Schlussfolgerung lediglich
weniger naheliegend erscheint und deshalb ein falscher Anschein
entstehen kann. Bei derartigen Vorwürfen sei eine vollständige
Berichterstattung erforderlich, sodass dem Leser auch entlastende
Umstände mitgeteilt werden müssten. Dies könne allerdings nur für
wesentliche Angaben gelten, die dazu dienen, dem Vorgang ein anderes
Gewicht in seine Kernaussage zu geben. Deren Kenntnis muss für den
Leser unerlässlich sein, um sich im Kernpunkt ein zutreffendes Urteil bilden zu können (BGH NJW 2000, 656, 657 – Korruptionsvorwurf).
21/36
5/13/2018 R thlin vs Steffny Berufung Bergmann - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/roethlin-vs-steffny-berufung-bergmann 22/36
Vorliegend kann gar kein Zweifel daran bestehen, dass bei vollständiger Aufzählung der vom Kläger bestrittenen Wettkämpfe die vom Leser
gezogene Schlussfolgerung, der Kläger habe gedopt, weniger naheliegend
erscheinen würde:
Selbstverständlich geht der verständige Leser des Artikels davon aus,
dass die in dem Artikel aufgeführten Wettkämpfe abschließend
aufgezählt sind. Dies folgt schon aus der sprachlichen Einbindung der
aufgezählten Wettkämpfe. So heißt es zunächst wörtlich „Das sind
Röthlins Wettkämpfe seit den Olympischen Spielen 2008:“. Der
einleitende Artikel „Das“ wird sprachlich als „bestimmender Artikel“
verwendet, sodass der Leser die nachstehend aufgeführten Wettkämpfe
als abschließende Aufzählung verstehen muss. Wäre es der Beklagten um
eine beispielhafte Aufzählung gegangen, hätte ohne Weiteres anders
formuliert werden können (beispielsweise: „nachfolgend einige der
wichtigsten Wettkämpfe Röthlins seit den Olympischen Spielen 2008:“).
Auch das Argument des Landgerichts, der verständige Leser erwarte in
Bezug auf die Aufzählung der Wettkämpfe nur die Aufzählung solcher
Wettkämpfe, die in offiziellen Statistiken geführt werden, ist nicht
nachvollziehbar. Es stellt sich schon die Frage, wie das Landgericht zu
diesem Verständnis gelangt, zählt es doch nicht – wie bereits vorgetragen
– zum angesprochenen Leserkreis. Diese Auslegung gibt auch die
sprachliche Fassung des Textes nicht her. So wird im
streitgegenständlichen Artikel keineswegs zwischen Wettkämpfen
unterschieden, die sich in offiziellen Statistiken befinden oder solchen,die dort nicht aufgeführt sind. Nochmals: Im Artikel heißt es vor der
Aufzählung der Wettkämpfe „Das sind Röthlins Wettkämpfe…“. Im
Übrigen bleibt ohnehin unklar, was es mit der Behauptung der Beklagten,
sie habe nur die in den offiziellen Statistiken geführten Wettkämpfe
aufgezählt, auf sich haben soll. Was versteht die Beklagte unter einer
offiziellen Statistik? Was soll sich in Bezug auf die Leistungsfähigkeit des
Klägers aus dieser „offiziellen Statistik“ herleiten lassen? Die Antwort ist
einfach: Für den verständigen Leser spielt die von der Beklagtenerwähnte „offizielle Statistik“ keine Rolle. Er hält die im Artikel
22/36
5/13/2018 R thlin vs Steffny Berufung Bergmann - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/roethlin-vs-steffny-berufung-bergmann 23/36
aufgeführten Wettkämpfe für abschließend, ohne die vom Gericht
gezogene Unterscheidung zwischen Wettkämpfen aus der offiziellenStatistik und solchen, die dort nicht aufgeführt sind, anzustellen.
Die unvollständige Aufzählung der vom Kläger bestrittenen Wettkämpfe
legt beim Leser aber auch durch den Kontext die Schlussfolgerung nahe,
die Leistungssteigerung des Klägers sei nur durch Einnahme von
Dopingmitteln zu erklären. Unmittelbar vor der Aufzählung befasst sich
der streitgegenständliche Artikel mit Konkurrenten des Klägers. Hier
wird insbesondere der Marathonläufer Tobias Sauter erwähnt. In Bezug
auf Sauter heißt es
„Er hangelte sich ohne Leistungsnachweis ja nur von Verletzung
zu Trainingslager zur nächsten Verletzung durch. Der WM-Jogger
ging bei 30 km raus.“
Es wird also in Bezug auf den Läufer Sauter erklärt, warum dieser –
anders als der Kläger – bei der EM in Barcelona eine schwache Leistung
gezeigt hat. Konkret wird diese schwache Leistung damit begründet, dass
Sauter vor der EM keinerlei Leistungsnachweis erbracht, mithin keine
Wettkämpfe bestritten hat. Demgegenüber wird gleich im Anschluss an
diese Darlegung auf die wenigen Wettkämpfe des Klägers abgestellt. Dem
verständigen Leser wird also die Schlussfolgerung aufgedrängt, welche
Leistung des Klägers angesichts der wenigen, vom Kläger angeblich
bestrittenen Wettkämpfe zu erwarten gewesen wäre, hätte sich der Kläger
nicht unerlaubter Dopingmittel bedient, nämlich eine gleichsam
schwache Leistung wie die des Läufers Sauter.
Soweit das Landgericht ausführt, die nicht im Artikel genannten
Wettkämpfe würden der Kammer so unbedeutend erscheinen, dass
daraus keine negativen Schlüsse auf das Leistungsvermögen oder etwaige
Dopingverstöße des Klägers gezogen werden könnten, zumal auch kein
Marathon darunter sei, zeigt wiederum nur die fehlende Sachkenntnis
des Landgerichts in Bezug auf eine Ausdauersportart wie Marathon. So
ist dem Landgericht offensichtlich nicht bekannt, dass ein Marathon-Lauf (42,195 km) derart kräftezehrend ist, dass selbst Spitzen-Athleten in der
23/36
5/13/2018 R thlin vs Steffny Berufung Bergmann - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/roethlin-vs-steffny-berufung-bergmann 24/36
Regel nur einen Marathonlauf pro Jahr bestreiten. Dem Leser der
Zeitschrift „Spiridon“ ist dies natürlich bekannt, weshalb er in Bezug auf die Wettkämpfe des Klägers nicht mit einer Aneinanderreihung von
Marathon-Läufen rechnet, wie es offensichtlich dem Landgericht
vorschwebt. Das Landgericht hat weiterhin verkannt, dass es sich bei den
nicht im Artikel aufgeführten Wettkämpfen des Klägers keineswegs um
unbedeutende Wettkämpfe handelt. Woher das Landgericht dieses
Wissen hernehmen will, bleibt ohnehin rätselhaft. Bei allen, im streitigen
Artikel nicht aufgeführten Wettkämpfen handelte es sich um wichtige
Aufbauwettkämpfe im Hinblick auf den nächsten großen Marathon-Lauf,
also die EM in Barcelona. Dass diese Aufbauwettkämpfe nicht über die
Marathondistanz von 42,195 km gingen, hat seine Bewandtnis damit,
dass für einen Marathon-Lauf – wie dargelegt – nicht wie für einen 100-
Meter-Lauf trainiert werden kann. Auch dies ist dem Leser des „Spiridon“
selbstverständlich bekannt. Folgerichtig wäre es für den Leser sehr wohl
von besonderer Bedeutung gewesen, auch die nicht aufgeführten
Wettkämpfe zur Kenntnis gebracht zu bekommen, zumal der Kläger
ausweislich der Aufstellung Anlage K 19 bei diesen Wettkämpfen sehr
gute Ergebnisse erzielt hat, insbesondere angesichts der hochkarätigen
Konkurrenz aus Afrika.
Nur am Rande sei noch darauf hingewiesen, dass die Beklagte die
vollständige Liste der vom Kläger im streitigen Zeitraum bestrittenen
Wettkämpfe ohne Weiteres über die Homepage des Klägers hätte in
Erfahrung bringen können. Im Übrigen können die Ergebnisse eines
jeden Athleten beim Veranstalter oder beim Verband nachgefragt
werden. Für die Beklagte wäre es entgegen der Annahme desLandgerichts also ohne weiteres möglich gewesen, die fehlenden
Wettkämpfe mit aufzuführen. Dass dies nicht geschehen ist, geht
letztendlich nur auf das Kalkül und die bewusste Verdachtserweckung
durch die Beklagte zurück.
4.
Mit der Klage hat der Kläger weiterhin beantragt, der Beklagten bei
Vermeidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, in Bezug auf
24/36
5/13/2018 R thlin vs Steffny Berufung Bergmann - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/roethlin-vs-steffny-berufung-bergmann 25/36
den Kläger zu behaupten und/oder behaupten zu lassen und/oder zu
verbreiten und/oder verbreiten zu lassen:
durch die Formulierungen
„Unglaublich! Todkrank und jetzt Europameister (...) Nachseiner Krankheitsgeschichte und den Vorleistungen durfte manvon dem 35-jährigen Röthlin einen solchen Exploit, ...,keineswegs erwarten (...) In der Schweiz wurde einelebensgefährliche Lungenembolie erkannt... Die Ursache, sowurde damals vermutet, könne nur eine Blutanomalie oder die Anwendung des Sauerstoff bindenden verbotenen Dopingmittels Epo sein (...) In Barcelona war Röthlin nach
verlässlichen Auskünften wegen seiner Blutanomalie mit einem Blutexpander behandelt worden, der einer Verdickung des Bluts entgegen wirken soll. (...) Man fragt sich angesichts derneuen Ungereimtheiten, wie er seine Bestzeit von 2:07:23 bei seinem Sieg in Tokio im Februar 2008 erzielt hat bei einer Halbmarathon-Bestzeit von schwachen 62:16 min. Marathonläufer auf diesem Niveau weisen fast alle einen PBum oder unter 60 min. auf. Man weiß, dass Epo im Marathonlauf einem Spitzenläufer einen Vorteil von 3 min.bringen kann (...) Der krebskranke Armstrong und derasthmakranke Jan Ullrich hatten ähnliche Steigerungsratennach kümmerlichem Saisonbeginn bei den entscheidenden Rennen. Es gewinnt anscheinend immer öfter der Läufer oder Radfahrer mit dem besten Arzt.“
den Eindruck zu erwecken und/oder erwecken zu lassen, der Kläger
habe den Europameistertitel 2010 im Marathonlauf nach Einnahme
von Dopingmitteln gewonnen, wie geschehen in der Zeitschrift
„Spiridon“, Ausgabe 9/2010, S. 14.
Das Landgericht hat auch diesen Unterlassungsantrag als unbegründet
angesehen. Das Landgericht meint, aus den angegriffenen Passagen
ergebe sich nicht der zwingende Eindruck, der Kläger habe bei der EM
2010 gedopt. Dem Leser bleibe es überlassen, aus den mitgeteilten
Tatsachen seine eigenen Schlüsse zu ziehen. Soweit der Eindruck
vermittelt werde, der Autor habe den Verdacht, dass der Kläger gedopt
habe, sei dies zulässig. Es bestünden genügend Anknüpfungstatsachen
für die Erörterung dieses Verdachts. Die öffentliche Diskussion
entsprechender Verdachtsmomente müssten Spitzensportler hinnehmen,
sofern nicht falsche Tatsachen behauptet oder der Verdacht als
feststehend dargestellt würden. Diese Ausführungen halten einer
25/36
5/13/2018 R thlin vs Steffny Berufung Bergmann - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/roethlin-vs-steffny-berufung-bergmann 26/36
zweitinstanzlichen Überprüfung durch das Kammergericht nicht Stand.
Im Einzelnen:
Zuzustimmen ist dem Landgericht, wenn es ausführt, dass der
Dopingvorwurf im streitgegenständlichen Artikel nicht offen
ausgesprochen wird. Richtig ist auch, wenn das Landgericht insofern die
Rechtsprechung des BGH zur Ermittlung sogenannter verdeckter
Aussagen heranzieht. Hiernach sollen verdeckte Äußerungen im
Interesse des durch Artikel 5 Abs. 1 GG geschützten freien
Kommunikationsprozesses nur unter engen Voraussetzungen
anzunehmen seien, nämlich dann, wenn sie sich dem Leser als
unabweisbare Schlussfolgerung aus dem Zusammenspiel der offen
getätigten Aussagen aufdrängen (BGH GRUR 1980, 1105, 1106; BGH AfP
2000, 88; BGH AfP 2004, 56).
Nicht nachvollziehbar und falsch ist dann aber die vom Landgericht
vorgenommene Subsumption.
Die Beklagte begnügt sich bei ihrer Berichterstattung über den Kläger
keinesfalls mit der bloßen Darlegung von Fakten (wobei hinzu kommt,
dass die dargelegten Fakten fast ausnahmslos unwahr sind, worauf wir
nachfolgend noch näher eingehen). Die Darstellung geht über die bloße
Darlegung von Fakten weit hinaus und zwingt dem Leser die
Schlussfolgerung auf, der Kläger habe seinen Titel mit Hilfe von Doping
erzielt:
Schon durch die Überschrift legt die Beklagte dem Leser nahe, dass derTitelgewinn des Klägers nicht auf natürlichem Wege (das heißt
dopingfrei) erfolgt sein könne. So bezeichnet die Beklagte es als
unglaublich, dass der Kläger nach seiner Erkrankung auf natürlichem
Wege Europameister geworden sein könne („Unglaublich! Todkrank und
jetzt Europameister“).
Im einleitenden Absatz heißt es dann „Mit ähnlicher Energie, wie sie der
Radrennfahrer Lance Armstrong aufbot, um Krankheit und Gegner mitmedizinischer Hilfe zu überwinden und so ab 1999 acht Jahre
26/36
5/13/2018 R thlin vs Steffny Berufung Bergmann - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/roethlin-vs-steffny-berufung-bergmann 27/36
unschlagbar bei der Tour de France blieb, deklassierte der Schweizer…die
europäische Konkurrenz…“. Die Beklagte vergleicht den Kläger also mitdem gerichtsbekannt schwer dopingbelasteten Radrennfahrer Lance
Armstrong und legt dem Leser insofern nahe, der Kläger habe wie
Armstrong seine Gegner „mit medizinischer Hilfe“ überwunden. Die
Beklagte erläutert also schon hier, dass der Kläger über seine Gegner „mit
medizinischer Hilfe“ gesiegt habe, was der Leser im Kontext des
gesamten Artikels nur dahingehend verstehen kann, dass Dopingmittel
zur Anwendung kamen.
Die Beklagte lässt den Leser auch gar nicht im Unklaren darüber, welches
Dopingmittel hier zur Anwendung gekommen sein soll. Konkret erwähnt
die Beklagte das Dopingmittel EPO, indem sie wahrheitswidrig darlegt,
die Ärzte des Klägers hätten diese Diagnose als eine von zwei möglichen
Ursachen in Erwägung gezogen.
Die Beklagte liefert ihren Lesern auch gleich eine Begründung dafür,
warum beim Kläger die EPO-Einnahme unentdeckt geblieben sein soll.
So behauptet die Beklagte wiederum wahrheitswidrig, der Kläger habe
Blutexpander zu sich genommen. Dem verständigen Leser der Zeitschrift
„Spiridon“ ist selbstverständlich bekannt, dass sogenannte Blutexpander
dazu dienen, die Einnahme von EPO zu verschleiern, was zwischen den
Parteien auch unstreitig ist. Beim verständigen Leser entsteht also der
zwingende Eindruck, der Kläger habe die EPO-Einnahme durch solche
Blutexpander erfolgreich maskiert. Auch wenn es eigentlich im Hinblick
auf die sachverständigen Leser der „Spiridon“ nicht notwendig gewesen
wäre, erörtert die Beklagte dann auch noch die Vorteile der EPO-Einnahme und behauptet in diesem Zusammenhang, dass EPO im
Marathon-Lauf einen Vorteil von drei Minuten erbringen könne.
Wie bereits dargelegt, dramatisiert die Beklagte die Erkrankung des
Klägers durch weitere falsche Tatsachenbehauptungen. Schon in der
Überschrift wird der Kläger als „todkrank“ bezeichnet. Hiernach wird die
Lungenembolie als „lebensgefährlich“ bezeichnet. Wahrheitswidrig wird
geschildert, der Kläger sei auf dem Rückflug von Ras Al Khaima„zusammengeklappt“. Ebenso wahrheitswidrig wird behauptet, der
27/36
5/13/2018 R thlin vs Steffny Berufung Bergmann - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/roethlin-vs-steffny-berufung-bergmann 28/36
Kläger habe sich zwei Operationen unterziehen müssen. Diese
Dramatisierung mit Hilfe falscher Tatsachenbehauptungen dientausschließlich dazu, dem Leser zu suggerieren, dass der Titelgewinn bei
der EM nur durch die Einnahme verbotener Dopingmittel zu Stande
gekommen sein könne. Zutreffend geht die Beklagte dabei davon aus,
dass der Leser umso weniger an eine natürliche Leistung glaube, desto
schlimmer die vorangegangene Krankheit dargestellt wird.
Wie bereits dargelegt, fällt in diesem Zusammenhang die
wahrheitswidrige Behauptung, der Kläger sei Schützling des italienischen
Marathonmediziners Dr. Gabriele Rosa. Auch diese falsche Darstellung
dient einzig und allein dazu, beim sachverständigen Leser den Eindruck
einer Doping-Einnahme zu vermitteln, wobei der Beklagten
selbstverständlich bekannt ist, dass der verständige Leser der „Spiridon“
den bereits oben dargelegten Ruf italienischer Sportärzte kennt.
Um den Vorwurf zu erhärten, wird dann wiederum wahrheitswidrig
unterschlagen, dass der Kläger vor seinem Titelgewinn nicht nur drei
Wettkämpfe bestritten hat, sondern zehn Wettkämpfe. Wie bereits
dargelegt, wird in diesem Zusammenhang die Parallele zu einem
Konkurrenten des Klägers gezogen, nämlich zum Marathon-Läufer
Sauter. In diesem Zusammenhang behauptet die Beklagte
wahrheitswidrig, der Kläger habe ebenso wenig Wettkämpfe bestritten
wie der Marathon-Läufer Sauter, der bei der EM nur 30 Kilometer
durchgehalten habe. In diesem Zusammenhang setzt sich die Beklagte
auch mit den vom Kläger dargelegten Gründen für den Titelgewinn
auseinander und stellt diese nach dem Leserverständnis schon durch dieFormulierung in Frage („So will Röthlin die Leistungssteigerung erreicht
haben…“). Dabei verschweigt die Beklagte ganz bewusst, dass sich der
Kläger lediglich allgemein zu seinem Titelgewinn geäußert hat, also nicht
speziell auf die Frage, ob möglicherweise Doping im Spiel sei. Dem Leser
wird also suggeriert, der Kläger sei dem Dopingvorwurf gar nicht aktiv
entgegen getreten. Selbstverständlich wäre die Äußerung des Klägers
gänzlich anders ausgefallen, hätte die Beklagte den Kläger mit dem
Dopingvorwurf konfrontiert. Auch hier wird der Leser durch die Beklagte
28/36
5/13/2018 R thlin vs Steffny Berufung Bergmann - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/roethlin-vs-steffny-berufung-bergmann 29/36
also ganz gezielt in die Irre geführt. Der Kläger wird als Zeuge gegen sich
selbst vorgeführt.
Schließlich wird der vermittelte Eindruck auch noch dadurch abgerundet,
dass die Beklagte die Leistungssteigerung des Klägers mit den
Leistungsstiegerungen der hochgradig dopingverdächtigten Radsportler
Armstrong und Ulrich vergleicht. Auch diesem Zusammenhang belässt es
die Beklagte aber nicht mit der bloßen Namensnennung von Armstrong
und Ulrich, sondern zieht die Parallele zwischen den beiden Radsportlern
und dem Kläger insbesondere dadurch, dass sie auf die Erkrankungen
von Armstrong (krebskrank) und Ulrich (asthmakrank) verweist. Auf
Grund der im Artikel geschilderten Krankheit des Klägers schlussfolgert
der Leser, die Erkrankung des Klägers liefere – wie bei Armstrong und
Ulrich – den Vorwand, um unter ärztlicher Aufsicht dopen zu können.
Verstärkt wird dieser Eindruck nochmals durch die abschließende
Bemerkung „Es gewinnt anscheinend immer öfter der Läufer oder
Radfahrer mit dem besten Arzt“.
Es bleibt rätselhaft, wie das Landgericht angesichts der Vielzahl der
angeblichen Belegtatsachen, der sprachlichen Formulierung und der von
der Beklagten gezogenen Vergleiche zu dopingverdächtigen bzw.
erfolglosen Athleten zu dem Ergebnis kommen kann, dem Leser der
Zeitschrift „Spiridon“ würde die Dopingeinnahme nicht als unabweisliche
Schlussfolgerung nahe gelegt werden. Diese Schlussfolgerung ist Sinn
und Zweck des gesamten Artikels und so versteht es auch der verständige
Leser der Zeitschrift „Spiridon“. Dabei darf nicht unberücksichtigt
bleiben, dass im Artikel nur den Kläger belastende Tatschen aufgeführt werden. Entlastende Indizien werden gezielt verschwiegen. Noch weitaus
gravierender ist aber, dass die Vielzahl der gegenüber dem Kläger
vorgebrachten Indizien schlicht wahrheitswidrig sind. Zutreffend weist
das Landgericht darauf hin, dass bei der Berichterstattung nicht solche
Fakten verschwiegen werden dürfen, deren Mitteilung beim Adressaten
zu einer dem Betroffenen günstigeren Beurteilung des Gesamtvorganges
hätte führen können (S. 26 des Urteils). Dies muss aber gleichermaßen
für den Fall gelten, dass die Eindruckserweckung nicht nur durchUnterschlagung entlastender Tatsachen, sondern zudem auch noch durch
29/36
5/13/2018 R thlin vs Steffny Berufung Bergmann - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/roethlin-vs-steffny-berufung-bergmann 30/36
Darlegung wahrheitswidriger Tatsachen hervorgerufen wird. Dies lässt
das Landgericht gänzlich unberücksichtigt.
Selbst wenn man wie das Landgericht auf Seite 27 des erstinstanzlichen
Urteils zu dem Ergebnis kommen sollte, im streitgegenständlichen
Artikel werde nur ein Dopingverdacht vermittelt, ändert dies nichts
daran, dass der dahingehende Unterlassungsanspruch begründet ist. Das
Landgericht verkennt, dass die dann eingreifenden Voraussetzungen für
eine zulässige Verdachtsberichterstattung nicht gegeben sind.
Nicht nachvollziehbar ist insbesondere die Einschätzung des
Landgerichts, es bestünden vorliegend genügend Anknüpfungstatsachen
für die Erhebung des Verdachts. Genau das Gegenteil ist der Fall. Das
Landgericht verkennt, dass fast alle Indizien, die die Beklagte für ihren
Dopingvorwurf heranzieht, wahrheitswidrig sind. Bereinigt man den
Artikel um die wahrheitswidrig dargelegten Tatsachen, verbleiben für den
Dopingvorwurf nur zwei Aspekte, nämlich die beim Kläger aufgetretene
Lungenembolie und der spätere sportliche Erfolg bei der EM 2010 (!).
Wollte man diese Anknüpfungstatsachen stets als ausreichend erachten,
um hiernach einen Dopingvorwurf erheben zu können, müsste sich wohl
jeder erfolgreiche Sportler im Laufe seiner Karriere konsequenzlos einem
Dopingvorwurf aussetzen lassen.
Das Landgericht verkennt weiterhin, dass der hier geäußerte
Dopingvorwurf bzw. Dopingverdacht einen erheblichen Eingriff in das
Persönlichkeitsrecht des Klägers darstellt. Der Vorwurf ist schwer
ehrverletzend und strafrechtlich als üble Nachrede im Sinne des § 186StGB zu werten. Dem Kläger wird letztendlich vorgeworfen, er würde aus
eigennützigen Motiven seine Konkurrenten betrügen und dabei soweit
gehen, sogar seine eigene Gesundheit zu gefährden. Richtigerweise
werden Dopingsünder in der öffentlichen Wahrnehmung geächtet. Die
Konfrontation mit einem Dopingvorwurf führt regelmäßig dazu, dass der
Betroffene am gesellschaftlichen Leben nur noch bedingt teilnehmen
kann. Selbst Freunde und Bekannte wenden sich vom Sportler ab.
Sponsoren kündigen ihre Verträge, die spätere berufliche Karriereaußerhalb des Sports ist gefährdet. Dieser schwerwiegende Eingriff in das
30/36
5/13/2018 R thlin vs Steffny Berufung Bergmann - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/roethlin-vs-steffny-berufung-bergmann 31/36
Persönlichkeitsrecht des Klägers muss zwingend dazu führen, dass eine
Vielzahl von Indiztatsachen vorliegen muss, um einen derartigen Vorwurf zu erheben. Diesen Aspekt hat das Landgericht völlig vernachlässigt.
Stattdessen scheint das Landgericht die Auffassung zu vertreten, die
Relevanz des Thema Doping rechtfertige jede Form des Dopingverdachts.
So führt das Landgericht aus, Spitzensportler müssten die öffentliche
Diskussion entsprechender Verdachtsmomente hinnehmen, sofern dabei
nicht falsche Tatsachen behauptet werden oder der Verdacht als
feststehend dargestellt wird. Zutreffend ist insofern lediglich, dass im
Rahmen der Verdachtsberichterstattung keine falschen Tatsachen
behauptet werden dürfen, was hier – wie dargelegt – an wiederholter
Stelle der Fall ist. Ungeachtet dessen kann die fraglos wichtige
Dopingdiskussion nicht schematisch dazu führen, gegen jeden
erfolgreichen Sportler konkrete Verdächtigungen zu erheben. Das Motto
„Der Zweck heiligt die Mittel“ kann und darf angesichts der immensen
Folgen für den betroffenen Sportler keine Anwendung finden.
Aus den Entscheidungsgründen des Landgerichts lässt sich „zwischen
den Zeilen“ herauslesen, dass sich insbesondere erfolgreiche Sportler
eine Dopingverdächtigung generell gefallen lassen müssten. Das
Landgericht scheint also der Meinung zu sein, Erfolge im Sport könnten
generell nur mit Hilfe von Doping erzielt werden. Der erfolgreiche
Sportler, so wohl das Landgericht, müsse angesichts der Vielzahl von
Dopingfällen kollektiv mit einem entsprechenden Schuldvorwurf leben.
Deshalb sei es auch zulässig, dass die Presse entsprechend berichte. Auch
dies kann nicht richtig sein. Selbstverständlich ist es zulässig, dort einenDopingverdacht zu erheben, wo ausreichend Indiztatsachen vorliegen. So
mag es zulässig sein, gegenüber Armstrong und Ulrich einen
Dopingverdacht zu äußern, da insofern konkrete und überzeugende
Hinweise vorliegen, dass beide Sportler gedopt haben. Wie bereits
erstinstanzlich vorgetragen, wurde bei Armstrong eine positive
Dopingprobe gefunden (die aber aus förmlichen Gründen nicht gegen ihn
verwendet werden konnte) und bei Ulrich ein Blutbeutel im Kühlschrank
des bekannten Doping-Arztes Fuentes. Hier liegt aber der Fall völlig
31/36
5/13/2018 R thlin vs Steffny Berufung Bergmann - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/roethlin-vs-steffny-berufung-bergmann 32/36
anders, weshalb der erhobene Vorwurf bzw. Verdacht eben nicht
geäußert werden kann!
Schließlich lässt das Landgericht völlig unberücksichtigt, dass eine
Verdachtsberichterstattung sachlich und unter Darlegung der den
Verdächtigen entlastenden Umstände erfolgen muss. Hiervon kann in
Bezug auf den einseitigen und tendenziösen Artikel der Beklagte nicht
ansatzweise die Rede sein. Ebenso unberücksichtigt lässt das
Landgericht, dass die journalistischen Sorgfaltspflichten eingehalten
werden müssen. Hierzu gehört eine gründliche Recherche der Presse,
insbesondere auch die notwendige Konfrontation des Betroffenen mit
dem Vorwurf. Von einer sorgfältigen Recherche kann nicht die Rede sein.
Dies belegt schon der Umstand, dass der überwiegende Teil der
Berichterstattung wahrheitswidrig ist. Die Beklagte hat es zudem
unterlassen, den Kläger mit den Vorwürfen zu konfrontieren. Wie bereits
dargelegt, erfolgte die im Artikel wiedergegebene Erklärung des Klägers
zu seinem Erfolg nicht in Bezug auf den konkret erhobenen
Dopingvorwurf. Genau dies wäre aber im Rahmen einer ausgewogenen
Verdachtsberichterstattung notwendig. Auch dies erkennt das
Landgericht nicht und meint auch noch, die Wiedergabe der Äußerungen
des Klägers würden das Bild einer sachlichen Berichterstattung
abrunden.
Alles in allem bleibt festzuhalten, dass die streitgegenständliche
Berichterstattung den Lesern der Zeitschrift „Spiridon“ die unabweisliche
Schlussfolgerung nahelegt, der Kläger habe gedopt. Selbst wenn man wie
das Landgericht „nur“ von einer Verdachtsäußerung ausginge, sind die Voraussetzungen für eine zulässige Verdachtsberichterstattung eindeutig
nicht gegeben. Dem Klageantrag ist also so oder so stattzugeben.
III.
1.
Soweit das Landgericht die vom Kläger beantragte Richtigstellung nur
teilweise zugesprochen hat, richtet sich die Berufung des Klägers auchgegen diese teilweise Zurückweisung.
32/36
5/13/2018 R thlin vs Steffny Berufung Bergmann - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/roethlin-vs-steffny-berufung-bergmann 33/36
Das Landgericht hat die teilweise Zurückweisung desRichtigstellungsbegehrens gleichermaßen begründet wie die teilweise
Zurückweisung der Unterlassungsanträge. Diesbezüglich hat das
Landgericht in seinem Urteil auf die Entscheidungsgründe zur
Teilabweisung der Unterlassungsanträge verwiesen. Der Einfachheit
halber schließen wir uns dieser Systematik an und verweisen insofern auf
unsere obigen Ausführungen zu den nach wie vor verfolgten
Unterlassungsansprüchen. Der vollständige und erstinstanzlich begehrte
Richtigstellungsanspruch wird mit den gleichen Gründen weiterverfolgt
wie der Unterlassungsanspruch.
2.
Die Berufung richtet sich auch dagegen, dass das Landgericht den vom
Kläger geltend gemachten Geldentschädigungsanspruch nicht
zugesprochen hat.
Die Beklagte hat den Kläger durch die streitgegenständliche falsche
Berichterstattung schwerwiegend in seinen Persönlichkeitsrechten
verletzt, indem sie den völlig haltlosen Vorwurf, der Kläger hätte
anlässlich des Gewinns des Europameistertitels gedopt, in die Welt
gesetzt und verbreitet hat. Ein derartiger Vorwurf stellt gegenüber einem
Spitzensportler eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung
dar, die von der Schwere des Vorwurfs her nicht mehr gesteigert werden
kann. Dem Sportler wird unterstellt, aus eigennützigen Gründen
Publikum und Mitbewerber betrogen zu haben, indem er sich zu Lasten
seiner Wettbewerber unerlaubter Mittel zum Zwecke der
Leistungssteigerung bedient habe. Auf die obigen Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
Der Grad des Verschuldens ist in Bezug auf die Beklagte und den Autor
besonders schwer. Die Beklagte hat in Bezug auf ihre Recherchen
sämtliche journalistischen Sorgfaltspflichten außer Acht gelassen. So hat
die Beklagte in jedem Fall unzureichend recherchiert, was durch die
Vielzahl der im Artikel aufgestellten falschen Tatsachenbehauptungen
offensichtlich wird. Die mangelhafte Recherche wäre aber noch die fürdie Beklagte harmloseste Sorgfaltspflichtverletzung. Angesichts der
33/36
5/13/2018 R thlin vs Steffny Berufung Bergmann - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/roethlin-vs-steffny-berufung-bergmann 34/36
tendenziösen Berichterstattung ist vielmehr davon auszugehen, dass die
Beklagte die falschen Tatsachenbehauptungen bewusst und gezielt verbreitet hat, um bei ihrem Leserpublikum den Dopingvorwurf zu
vermitteln. Hinzu kommt, dass die Beklagte dem Kläger keinerlei
Gelegenheit gegeben hat, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Hier
offenbart sich eine weitere schwere journalistische
Sorgfaltspflichtverletzung. Die Annahme des Landgerichts, das
Verschulden der Beklagten erscheine gering, ist nicht nachzuvollziehen.
Ebenso wenig nachzuvollziehen ist die Annahme des Landgerichts, eine
Geldentschädigung sei deshalb nicht zuzusprechen, weil ein Thema von
erheblichen öffentlichem Interesse behandelt werde. Genau das Gegenteil
ist richtig: Gerade weil das Thema von öffentlichem Interesse ist und
jeder Dopingvorwurf zu einer breiten öffentlichen Erörterung führt, muss
hier eine Geldentschädigung zugesprochen werden.
Rechtsfehlerhaft ist auch die Erwägung des Landgerichts, die
Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers sei durch teilweise
Geltendmachung von Gegendarstellung und Richtigstellung ausreichend
kompensiert. Das Landgericht verkennt diesbezüglich, dass die
Gegendarstellung keine ausreichende Kompensation herstellen kann.
Dem Leser ist bewusst, dass die Gegendarstellung nur die einseitige
Sichtweise des Betroffenen beinhaltet und keinesfalls das Eingeständnis
des Verlages, hier falsch berichtet zu haben. Hinzu kommt, dass die
Beklagte im Zusammenhang mit dem Abdruck der Gegendarstellung
darauf hingewiesen hat, nach den einschlägigen landespressegesetzlichen
Bestimmungen zum Abdruck verpflichtet zu sein. In Bezug auf den
geltend gemachten Richtigstellungsanspruch scheidet eine Kompensationdeshalb aus, weil die Richtigstellung bis heute noch nicht durchgesetzt
ist. Sollte das Urteil rechtskräftig werden und die Beklagte mehr oder
weniger umfangreich zum Abdruck der Richtigstellung verurteilt werden,
liegen zwischen der Ursprungsmitteilung und dem Abdruck der
Gegendarstellung vermutlich fast vier Jahre. Bei einem derart langen
Zeitraum kann die dann abgedruckte Richtigstellung keine ausreichende
Kompensation für die erlittene schwerwiegende
Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellen (Wenzel, Das Recht der Wort-und Bildberichterstattung, 5. Auflage, Kapitel 14 Rn. 147).
34/36
5/13/2018 R thlin vs Steffny Berufung Bergmann - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/roethlin-vs-steffny-berufung-bergmann 35/36
Angesichts der schwerwiegenden Folgen der ehrverletzendenBerichterstattung liegt der Kläger bei der Bemessung der angemessenen
Geldentschädigung von 15.000 Euro am unteren Ende des möglichen
Ermessensspielraums. Die Verurteilung der Beklagten zu diesem
Geldentschädigungsanspruch ist aber nicht nur aus Gründen der
Kompensation sondern auch aus Gründen der Prävention geboten.
3.
Soweit das Landgericht auch den Erstattungsanspruch für die
außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten nur teilweise zugesprochen hat,
richtet sich die Berufung schließlich auch gegen diese Teilabweisung.
Die Teilabweisung in Bezug auf die Rechtsanwaltsgebühren wird vom
Landgericht gleichermaßen begründet wie die Teilabweisung des
Unterlassungsanspruchs. Auch insofern erlauben wir uns, auf unsere
Darlegungen zum Unterlassungsanspruch zu verweisen.
35/36
5/13/2018 R thlin vs Steffny Berufung Bergmann - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/roethlin-vs-steffny-berufung-bergmann 36/36
IV.
Ergänzend nehmen wir Bezug auf den gesamten erstinstanzlichen
Vortrag. Die dortigen Beweisangebote werden auch zum Gegenstand des
Berufungsverfahrens gemacht.
Beglaubigte und einfache Abschrift anbei
BergmannRechtsanwalt
36/36