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Praxis-Info
SOZIOTHERAPIE
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HERAUSGEBER
Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK)
Klosterstraße 64
10179 Berlin
Tel.: 030. 278 785 – 0
Fax: 030. 278 785 – 44
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Satz und Layout: PROFORMA GmbH & Co. KG
1. Auflage, überarbeitete Fassung, August 2020
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Bundes Psychotherapeuten Kammer 3
Praxis-Info: Soziotherapie
Inhaltsverzeichnis
Editorial. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .4
Einleitung – Was ist neu? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5
Was ist Soziotherapie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5
Ziele und Inhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
Für welche Patient*innen ist Soziotherapie geeignet? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .6
Erhebliche Einschränkung durch psychische Erkrankung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
Diagnosen – Soziotherapie als Regelleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
Soziotherapie in begründeten Einzelfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
Fallbeispiel 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .8
Leistungsumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
Wer bietet Soziotherapie an? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .10
Anbieter von Soziotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
Anbieter in meiner Region? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
Fachliche Qualifikation von Soziotherapeut*innen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
Zusammenarbeit von Psychotherapeut*in und Soziotherapeut*in . . . . . . . . . . .11
Kombination von Psychotherapie und Soziotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
Fallbeispiel 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .12
Wer darf Soziotherapie verordnen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .13
Psychotherapeut*innen, Fachärzt*innen und Psychiatrische Institutsambulanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
Verordnungsgenehmigung erforderlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
Überweisung an Vertragspsychotherapeut*in mit Soziotherapiebefugnis. . . . . . 13
Abrechnung und Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .14
Wirtschaftlichkeitsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
Fallbeispiel 3 und ausgefüllte Formulare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .15
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Bundes Psychotherapeuten Kammer4
Praxis-Info: Soziotherapie
EditorialLiebe Kolleg*innen,
mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz haben Psycho-
therapeut*innen wichtige Befugnisse erhalten, die ihre
Rolle in der Versorgung psychisch kranker Menschen stär-
ken. Psychotherapeut*innen können nun unter anderem
Patient*innen wegen ihrer psychischen Erkrankung in ein
Krankenhaus einweisen, aber auch Leistungen der medi-
zinischen Rehabilitation und Soziotherapie verordnen.
Damit können Psychotherapeut*innen die Versorgung
umfassender als bisher koordinieren.
Mit der Soziotherapie wird Psychotherapeut*innen ein
hilfreicher Baustein für die ambulante psychothera-
peutische Behandlung von schwer psychisch kranken
Menschen an die Hand gegeben. Durch eine sozio-
therapeutische Unterstützung ist es schwer psychisch
kranken Menschen manchmal überhaupt erst möglich,
eine niedergelassene Psychotherapeut*in aufzusuchen.
Soziotherapeut*innen können Patient*innen außer-
dem dabei zur Seite stehen, um in der Psychotherapie
besprochene Inhalte im Alltag selbstständig umzusetzen.
Sie können schließlich auch helfen, Termine regelmä-
ßig wahrzunehmen, andere notwendige Leistungen zu
beantragen und zu nutzen. Damit sich Psychotherapie und
Soziotherapie gut ergänzen, ist eine enge Zusammenar-
beit notwendig.
Bisher sind leider längst nicht überall genügend Sozio-
therapeut*innen zu finden. Damit die geplante Verbesse-
rung für die Patient*innen in der Praxis auch umgesetzt
werden kann, müssen zum einen mehr Soziothera-
peut*innen qualifiziert werden. Zum anderen sollten
die Krankenkassen künftig Rahmenverträge abschließen,
die die Erbringung von Soziotherapie attraktiver machen.
Mit dieser BPtK-Broschüre aus der Reihe Praxis-Info wollen
wir Sie über die Ziele und Inhalte von Soziotherapie infor-
mieren. Anhand von Praxisbeispielen wird zudem erläu-
tert, wie Psychotherapie und Soziotherapie sich ergänzen
und aufeinander aufbauen können. Außerdem erläutert
die Broschüre, was bei der Verordnung von Soziotherapie
zu beachten ist und wie diese genau erfolgt.
Ich hoffe, diese Praxis-Info leistet damit auch einen
Beitrag, dass Soziotherapie häufiger als bisher eingesetzt
und so die ambulante Versorgung von Menschen mit
schweren psychischen Erkrankungen verbessert wird.
Ihr
Dietrich Munz
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Bundes Psychotherapeuten Kammer 5
Praxis-Info: Soziotherapie
Einleitung – Was ist neu?Seit dem 7. Juni 2017 ist die neue Soziotherapie-Richtlinie
des Gemeinsamen Bundesausschusses in Kraft. Sie regelt
die Details, wann Soziotherapie als Leistung der gesetz-
lichen Krankenversicherung verordnet werden kann.
Damit wird die mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz
im Juli 2015 erteilte Befugnis für Vertragspsychothera-
peut*innen1, Soziotherapie für Erwachsene zu verordnen,
in die Praxis umgesetzt.
Soziotherapie wurde im Jahr 2000 als Leistung der gesetz-
lichen Krankenversicherung eingeführt (§ 37a SGB V).
Sie soll das ambulante Leistungsspektrum für schwer
psychisch kranke Menschen ergänzen mit dem Ziel, Kran-
kenhausbehandlung zu vermeiden oder zu verkürzen und
eine selbstständige Lebensführung und Krankheitsbewäl-
tigung zu fördern.
Was ist Soziotherapie?Ziele und Inhalte Eine wesentliche Aufgabe von Soziotherapie ist es, schwer
psychisch kranke Patient*innen, die nicht oder nur sehr
eingeschränkt in der Lage sind, ihren Alltag zu organisie-
ren, bei der selbstständigen Inanspruchnahme notwen-
diger ambulanter Leistungen, wie zum Beispiel Psycho-
therapie oder psychiatrischer Behandlungsleistungen,
zu unterstützen. Hierdurch sollen stationäre Krankenhaus-
aufenthalte vermieden oder verkürzt werden.
Mithilfe der Soziotherapie sollen Patient*innen verordnete
Leistungen, wie zum Beispiel Ergotherapie oder Leistun-
gen zur Rehabilitation, annehmen und diese verlässlich
nutzen. Deshalb unterstützt die Soziotherapeut*in die
Patient*in, vereinbart zum Beispiel Termine bei der
Psychotherapeut*in, Ärzt*in oder Ergotherapeut*in und
begleitet die Patient*in – wenn notwendig – zu Beginn
dorthin. Sie leitet die Patient*in aber auch zur Selbsthilfe
an. Ziel ist es, dass die Patient*in ihre Termine langfristig
selbstständig wahrnimmt und möglichst ohne eine sozio-
therapeutische Betreuung auskommt.
Bei Bedarf nimmt die Soziotherapeut*in auch Kontakt mit
der Kranken- oder Pflegekasse auf und hilft, Anträge für
Leistungen zu stellen. Sie unterstützt die Patient*in auch,
wenn diese zum Beispiel den Integrationsfachdienst oder
Angebote des Sozialpsychiatrischen Dienstes benötigt.
In der Soziotherapie können die häusliche, soziale
und berufliche Situation der Patient*in analysiert und
Faktoren identifiziert werden, die eine selbstständige
Lebensführung beeinträchtigen. Soziotherapeut*innen
verbessern mithilfe strukturierter Trainings die Motivation
und Belastbarkeit der Patient*in und unterstützen bei
der Tagesstrukturierung und Alltagsbewältigung. In der
Soziotherapie werden hierfür zum Beispiel konkrete Pläne
für die Tages- und Wochenstrukturierung oder den Akti-
vitätenaufbau erarbeitet und ihre Umsetzung angeleitet
sowie überprüft.
Weitere Inhalte von Soziotherapie können die Förderung
der Krankheitswahrnehmung und Hilfen zur Krisenbewäl-
tigung sein. Ziel ist es, dass die Patient*in Frühwarnzei-
chen für eine Verschlechterung ihrer Erkrankung erkennt
und lernt, wie sie gemeinsam mit der Soziotherapeut*in
und der behandelnden Psychotherapeut*in einer Ver-
schlimmerung entgegensteuern kann. Hierzu kann
zum Beispiel ein konkreter Krisenplan mit relevanten
Frühwarnzeichen für eine Verschlechterung der Erkran-
kung sowie den dann zu ergreifenden Maßnahmen
erstellt werden. In akuten Krisensituationen kann die
Soziotherapeut*in die Patient*in in Absprache mit der
behandelnden Psychotherapeut*in auch zu Hause bei der
konkreten Bewältigung unterstützen.
1 Im Weiteren wird nur noch von Psychotherapeut*innen gesprochen. Gemeint sind in dieser Praxis-Info damit immer „Vertragspsychotherapeut*innen“, für die die Regelungen der neuen Soziotherapie-Richtlinie gelten.
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Bundes Psychotherapeuten Kammer6
Praxis-Info: Soziotherapie
Für welche Patient*innen ist Soziotherapie geeignet? Erhebliche Einschränkung durch psychische ErkrankungSoziotherapie richtet sich an Patient*innen ab 18 Jahren
mit schweren oder chronischen psychischen Erkrankungen,
die erheblich in ihren Fähigkeiten beeinträchtigt sind,
ihren Alltag und ihr Leben zu gestalten sowie notwen-
dige ambulante Leistungen selbstständig in Anspruch zu
nehmen. Die Patient*in muss allerdings noch ein Mindest-
maß an Belastbarkeit, Motivation und Funktionsfähigkeit
mitbringen und einfache Absprachen einhalten können
(§ 2 Soziotherapie-Richtlinie).
Die Beeinträchtigung muss sich in mindestens einem
der folgenden Bereiche zeigen:
• Antrieb, Ausdauer und Belastbarkeit der Patient*in
sind eingeschränkt. Sie ist aufgrund von Einschränkun-
gen des planerischen Denkens und Handelns sowie
einem eingeschränkten Realitätsbezug unfähig, ihr
Tun zu strukturieren. Aus diesem Grund werden zum
Beispiel notwendige medizinische und therapeutische
Leistungen nur unzuverlässig wahrgenommen oder
ist die Fähigkeit zur selbstständigen Haushaltsführung
eingeschränkt.
• Die Kontakt- und Kritikfähigkeit der Patient*in sind
eingeschränkt. Ihr fehlen Möglichkeiten zur Konflikt-
lösung, in der Vergangenheit wurden zum Beispiel
wiederholt Ausbildungen aufgrund von Konflikten
an der Ausbildungsstelle abgebrochen.
• Die kognitiven Fähigkeiten wie Konzentration und
Merkfähigkeit sowie die Lernleistungen und das
pro blemlösende Denken der Patient*in sind gestört.
• Krankheitsbedingt hat die Patient*in keinen Zugang
zur eigenen Krankheitssymptomatik und zum Erkennen
von Konfliktsituationen und Krisen.
Die verordnende Psychotherapeut*in muss die Schwere
der Beeinträchtigung feststellen und in der Verordnung
dokumentieren. Zur Bestimmung des Ausmaßes der
Beeinträchtigung soll die GAF-Skala (Global Assessment
of Functioning Scale, siehe Kasten) verwendet werden.
GAF-Skala
Die GAF-Skala dient der Einschätzung des psycho sozialen Funktionsniveaus einer Patient*in. Das Funktionsniveau
wird dazu in 10er-Schritte eingeteilt, wobei innerhalb eines Funktionsniveaus eine weitere Abstufung erfolgen
kann. Die Höhe des Funktionsniveaus wird in Prozent eingeschätzt, wobei 100 Prozent eine optimale Funktions-
fähigkeit in allen Lebensbereichen bedeuten würde.
Wertebereich Beschreibung
100 – 91 Hervorragende Funktionsfähigkeit in allen Lebensbereichen
90 – 81 Gute Leistungsfähigkeit in allen Bereichen
80 – 71 Höchstens leichte Beeinträchtigung
70 – 61 Einige leichte Schwierigkeiten
60 – 51 Mäßig ausgeprägte Schwierigkeiten
50 – 41 Ernsthafte Beeinträchtigung
40 – 31 Starke Beeinträchtigung in mehreren Bereichen
30 – 21 Leistungsunfähigkeit in fast allen Bereichen
20 – 11 Selbst- und Fremdgefährdung
10 – 01 Ständige Gefahr
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Bundes Psychotherapeuten Kammer 7
Praxis-Info: Soziotherapie
Diagnosen – Soziotherapie als Regelleistung Bei folgenden psychischen Erkrankungen kann grund-
sätzlich Soziotherapie verordnet werden:
• schizophrene Erkrankungen,
• affektive Erkrankungen mit psychotischen Symptomen.
Zudem muss eine ernsthafte Beeinträchtigung vorliegen.
Der Orientierungswert auf der GAF-Skala liegt bei 40
(bis höchstens 50).
Soziotherapie in begründeten Einzelfällen Bei allen anderen psychischen Erkrankungen (Diagnosen
aus dem Bereich F 00 bis F 99 der ICD-10) kann Sozio-
therapie unter den folgenden Voraussetzungen verordnet
werden:
• Es liegt eine starke Beeinträchtigung vor.
Der GAF-Wert muss ≤ 40 sein.
• Zusätzlich muss mindestens eines der folgenden
weiteren Kriterien erfüllt sein:
− Es liegen relevante Komorbiditäten, wie zum Beispiel
Persönlichkeitsstörungen, Suchterkrankungen oder
somatische Erkrankungen, die zum Beispiel zu Mobi-
litätseinschränkungen führen, vor.
− Die Fähigkeit zur Planung, Strukturierung und Um-
setzung von Alltagsaufgaben ist stark eingeschränkt.
− Die Fähigkeit zur selbstständigen Koordination und
Inanspruchnahme ärztlicher / psychotherapeutischer
oder ärztlich / psychotherapeutisch verordneter
Leistungen ist stark eingeschränkt.
− Die Wegefähigkeit ist stark eingeschränkt.
Diagnosen
Schizophrene Erkrankungen
F 20.0 – 20.6 Schizophrenie
F 21 Schizotype Störung
F 22 Anhaltende wahnhafte Störung
F 24 Induzierte wahnhafte Störung
F 25 Schizoaffektive Störung
Schwere affektive Störungen mit psychotischen Symptomen
F 31.5 Gegenwärtig schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen im Rahmen
einer bipolaren Störung
F 32.3 Schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen
F 32.3 Gegenwärtig schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen im Rahmen
einer rezidivierenden depressiven Störung
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Bundes Psychotherapeuten Kammer8
Praxis-Info: Soziotherapie
Fallbeispiel 1
Der Patient ist 42 Jahre alt und leidet seit 6 Jahren an
einer rezidivierenden schweren depressiven Störung
mit psychotischen Symptomen und latenter Suizidalität
(F 33.3). Er ist geschieden und bezieht eine befristete
Erwerbsminderungsrente. Der 8-jährige Sohn lebt bei
der Mutter. Aufgrund seiner Erkrankung wurde er schon
17-mal stationär behandelt. Beim letzten stationären
Krisenaufenthalt vermittelt das Entlassmanagement den
Patienten an eine niedergelassene Psychotherapeutin zur
Weiterbehandlung.
Der Patient ist stark antriebsgemindert und verlässt nur
selten das Haus. Die meiste Zeit des Tages verbringt er
zu Hause und hört Radio oder sieht fern. Er ist sehr miss-
trauisch und leidet unter paranoiden Ideen. Er berichtet,
dass seine Nachbarn ihn beobachten und den ungepfleg-
ten Zustand seiner Wohnung und des Gartens kritisieren.
Er meidet es deshalb, ihnen zu begegnen.
Ziele der Soziotherapie
Es erfolgt eine Verordnung von Soziotherapie, um den
Antrieb und die Motivation zu verbessern. Der Patient
soll bei der Einhaltung seiner psychotherapeutischen
Termine sowie der Wiederaufnahme einer psychiatri-
schen Mitbehandlung unterstützt werden, um so weitere
Krankenhausaufenthalte zu vermeiden. Zudem muss die
berufliche Situation des Patienten geklärt werden, da die
Erwerbsminderungsrente in einem halben Jahr endet.
Soziotherapeutische Maßnahmen
Die Soziotherapeutin sucht den Patienten wöchentlich zu
Hause auf und unterstützt ihn bei der Einhaltung der Psy-
chotherapietermine. Zudem wird in einem gemeinsamen
Gespräch von Psychotherapeutin, Soziotherapeutin und
Patient vereinbart, wieder Kontakt mit seiner Psychia-
terin zur medikamentösen Mitbehandlung aufzunehmen.
Die Soziotherapeutin begleitet den Patienten zu seinem
ersten Termin und bespricht dort gemeinsam mit ihm und
der Ärztin die weitere medikamentöse Behandlung.
In Zusammenarbeit zwischen Ärztin, Psychotherapeutin
und Patient wird ein individueller Medikamentenplan
erstellt, dessen Einhaltung von der Soziotherapeutin
begleitet wird.
Die Soziotherapeutin plant mit dem Patienten tages- und
wochenstrukturierende Aktivitäten, zum Beispiel Sport
und die Belegung eines Kurses an der Volkshochschule.
Nachdem der Tagesablauf besser organisiert ist, werden
– abgestimmt mit der Psychotherapeutin – regelmäßige
Besuche und Unternehmungen mit dem 8-jährigen Sohn
geplant, zu dem der Kontakt aufgrund der Erkrankung
sehr selten und ungeregelt war. Außerdem wird im
gemeinsamen Familiengespräch geklärt, inwieweit der
Sohn durch die Erkrankung des Vaters psychisch belastet
ist und selbst psychosoziale Unterstützung oder eine Psy-
chotherapie benötigt. Zudem wird der Patient über Ange-
bote des gemeindepsychiatrischen Netzwerkes informiert
und motiviert, diese auszuprobieren. Die Soziotherapeutin
hilft dem Patienten schließlich dabei, Kontakt mit dem
Integrationsfachdienst aufzunehmen, um Möglichkeiten
der beruflichen Reintegration auszuloten.
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Bundes Psychotherapeuten Kammer 9
Praxis-Info: Soziotherapie
Leistungsumfang Insgesamt können pro Patient*in maximal 120 Stunden
Soziotherapie innerhalb von 3 Jahren verordnet werden.
Eine Einheit Soziotherapie umfasst 60 Minuten. Nach
Ablauf von 3 Jahren kann – auch bei gleicher Krankheits-
ursache – erneut Soziotherapie verordnet werden.
Die Verordnung erfolgt in Schritten von 30 Therapie-
einheiten. Es dürfen jeweils nur so viele Therapie -
ein heiten verordnet werden, wie für das Erreichen
des Therapieziels erforderlich sind.
Zur Abklärung der Therapiefähigkeit und zur Erstellung
des soziotherapeutischen Betreuungsplans können
zunächst bis zu 5 Probestunden verordnet werden.
Diese Stunden werden auf das Gesamtkontingent ange-
rechnet. Die Verordnung von Probestunden ist höchstens
zweimal in einem Jahr möglich.
Soziotherapie wird in der Regel als Einzelbehandlung
erbracht, kann aber in besonderen Fällen auch als
Gruppentherapie stattfinden.
Was die Patient*in wissen muss
Zuzahlung
Bei einer Soziotherapie müssen Patient*innen zuzahlen, sofern sie nicht grundsätzlich davon befreit sind.
Eine Patient*in muss pro Kalendertag, an dem Soziotherapie stattfindet, einen Eigenanteil in Höhe von 10 Prozent
der tatsächlichen Behandlungskosten zahlen, mindestens jedoch 5 Euro und höchstens 10 Euro.
Genehmigung durch die Krankenkasse
Die Patient*in muss sich eine Soziotherapie vorab durch ihre Krankenkasse genehmigen lassen (Ausnahme:
5 Probestunden). Hierfür muss sie die Verordnung der Psychotherapeut*in und den soziotherapeutischen
Betreuungsplan bei der Krankenkasse einreichen. Gegebenenfalls braucht die Patient*in hierbei Unterstützung.
Die Krankenkasse prüft den Antrag und kann den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung hinzuziehen.
Die Krankenkasse informiert die Psychotherapeut*in und die Patient*in umgehend über die Entscheidung und
übernimmt bis zur Entscheidung die Kosten für die Soziotherapie. Die Verordnung muss der Kasse hierfür
spätestens am dritten Arbeitstag nach der Ausstellung vorliegen.
Soziotherapie und psychiatrische häusliche Krankenpflege
Die Leistungen der Soziotherapie und der psychiatrischen häuslichen Krankenpflege überschneiden sich.
Zu den inhaltlich gleichen Leistungen von Soziotherapie und psychiatrischer häuslicher Krankenpflege gehören
insbesondere Leistungen zur Unterstützung der Alltags- und Krankheitsbewältigung sowie zur Verbesserung der
Krankheitswahrnehmung. Soziotherapie und psychiatrische häusliche Krankenpflege können deshalb nur dann
zeitgleich verordnet werden, wenn sich beide Leistungen inhaltlich unterscheiden und in ihrer Zielsetzung
ergänzen. Sowohl im soziotherapeutischen Betreuungsplan als auch im Behandlungsplan der psychiatrischen
häuslichen Krankenpflege ist dies entsprechend darzulegen und zu begründen.
Psychiatrische häusliche Krankenpflege kann nur durch Fachärzt*innen für Nervenheilkunde, Neurologie,
Psychia trie, Psychotherapeutische Medizin oder Ärzt*innen mit Zusatzbezeichnung Psychotherapie verordnet
werden. Eine Verordnung durch die Hausärzt*in kann erfolgen, wenn im Vorfeld durch eine berechtigte Fachärzt*in
eine entsprechende Diagnose gestellt wurde.
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Bundes Psychotherapeuten Kammer10
Praxis-Info: Soziotherapie
Wer bietet Soziotherapie an?Anbieter von Soziotherapie Soziotherapie wird in der Regel von privaten oder
gemeinnützigen psychosozialen oder gemeindepsychi-
atrischen Trägern angeboten, die auch andere Hilfen für
schwer psychisch kranke Menschen, wie zum Beispiel
„betreutes Wohnen“, „Werkstätten“ oder „ambulante
psychiatrische Krankenpflege“, anbieten. In manchen
Regionen wird Soziotherapie auch von den Sozialpsychi-
atrischen Diensten angeboten. Zudem gibt es niederge-
lassene Soziotherapeut*innen, die in einer eigenen Praxis
arbeiten.
Voraussetzung für die Erbringung von Soziotherapie ist,
dass eine Einrichtung oder Einzelperson einen Vertrag
über die Versorgung mit Soziotherapie (§ 132b SGB V) mit
den Krankenkassen abgeschlossen hat. Der Abschluss sol-
cher Verträge ist in den einzelnen Bundesländern seit der
Einführung der Soziotherapie sehr unterschiedlich gelun-
gen, in einzelnen Ländern gar nicht. Eine flächen deckende
Versorgung mit Soziotherapie oder Soziotherapeut*innen
hat sich deshalb noch nicht etabliert.
Angebot an Soziotherapie noch unzureichend
In vielen Regionen in Deutschland sind bislang nur wenige Soziotherapeut*innen zugelassen. Damit sich
die Versorgung von schwer psychisch kranken Menschen wirklich verbessern kann, müssen ausreichend
Soziotherapeut*innen qualifiziert und zugelassen werden. Sie müssen dabei auch ein angemessenes Einkommen
erzielen können.
Mit dem Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung hat der Gesetzgeber 2016 die Krankenkassen
bereits in die Pflicht genommen. Künftig soll bei Rahmenempfehlungen zwischen Krankenkassen und Heilmittel-
erbringern (zum Beispiel Soziotherapeut*innen) darauf geachtet werden, dass deren Leistungen angemessen
vergütet werden. Bei ihrer Vergütung muss zum Beispiel die Entwicklung von Tariflöhnen und Arbeitsentgelten
berücksichtigt werden. Ziel ist es, die flächendeckende Versorgung mit Heilmitteln zu gewährleisten. Nur wenn
die Krankenkassen diesen Auftrag wirklich annehmen, ist mittelfristig mit einem ausreichenden Angebot an
Soziotherapie zu rechnen.
Anbieter in meiner Region?Informationen über soziotherapeutische Leistungs-
erbringer in einem Bundesland oder einer Region
können erfragt werden bei:
• den Krankenkassen,
• den Dachverbänden von Leistungserbringer*innen, wie
zum Beispiel dem Dachverband Gemeindepsychiatrie
oder den Paritätischen Wohlfahrtsverbänden,
• den Gesundheitsämtern und Sozialpsychiatrischen
Diensten,
• den Landespsychotherapeutenkammern
• dem Bundesverband der Soziotherapeuten.
Fachliche Qualifikation von Soziotherapeut*innenAls Soziotherapeut*in werden von den Krankenkassen
in der Regel Sozialarbeiter*innen, Sozialpädagog*innen
oder Fachkrankenpfleger*innen für Psychiatrie zuge-
lassen, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen
und nachweisen können. Hierzu zählt zum Beispiel eine
ausreichende Berufserfahrung in der stationären oder
ambulanten psychiatrischen Versorgung.
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Bundes Psychotherapeuten Kammer 11
Praxis-Info: Soziotherapie
Soziotherapeutischer Betreuungsplan
Im Betreuungsplan werden insbesondere die Ziele und
Teilziele der Soziotherapie und die therapeutischen
Maßnahmen zur Erreichung der Ziele festgehalten.
Zudem werden Angaben zur zeitlichen Strukturierung
und zur Prognose gemacht.
Therapeutische Nahziele:
• Begleitung zur Psychotherapeut*in und zur Ärzt*in
• Vermeidung von erstmaliger oder erneuter
Krankenhausbehandlung
• selbstverantwortliche Einnahme der verordneten
Medikamente
Therapeutische Fernziele:
• selbstständige Inanspruchnahme der ärztlichen und
psychotherapeutischen beziehungsweise der ärztlich
oder psychotherapeutisch verordneten Leistungen
Nah- und Fernziele:
• Aufbau einer geregelten Tages- und Wochenstruktur
• Einhalten von verbindlichen Absprachen und Terminen
• Verbesserung von Krankheits- und Krisenbewältigung
Zusammenarbeit von Psychotherapeut*in und Soziotherapeut*in Die Psychotherapeut*in und die Soziotherapeut*in sollen
eng zusammenarbeiten und Ziele und Inhalte der Sozio-
therapie miteinander abstimmen. Dabei ist die Psycho-
therapeut*in für die Koordination zwischen sich, der
Soziotherapeut*in und der Krankenkasse der Patient*in
zuständig.
• Die Psychotherapeut*in unterstützt die Patient*in
bei der Suche und Auswahl einer geeigneten
Soziotherapeut*in. Die Psychotherapeut*in nimmt
Kontakt mit der Soziotherapeut*in auf und bespricht mit
ihr die Problematik der Patient*in und weshalb eine
soziotherapeutische Betreuung notwendig ist.
• Die Soziotherapeut*in erstellt im Rahmen der 5 Probe-
stunden den soziotherapeutischen Betreuungsplan,
der die Basis der Soziotherapie ist. Den Betreuungsplan
stimmt die Soziotherapeut*in mit der Patient*in und
der Psychotherapeut*in ab. Am Ende wird der Plan von
allen unterschrieben. In regelmäßigen Zeitabständen
stimmen sich Psychotherapeut*in, Soziotherapeut*in
und Patient*in ab und passen den Betreuungsplan unter
Berücksichtigung des Therapieverlaufs gegebenenfalls
noch einmal an. Diese Abstimmung ist verpflichtend
vor und nach den 5 Probestunden. Im Weiteren muss
mindestens jeden zweiten Monat eine Abstimmung
erfolgen.
• Die Psychotherapeut*in muss sich über den Erfolg der
Soziotherapie vergewissern. Sollte sich im Verlauf der
Behandlung herausstellen, dass die Soziotherapie nicht
für die Patient*in geeignet ist oder die definierten Ziele
nicht erreicht werden, ist die Soziotherapie abzubrechen
und die Krankenkasse hierüber zu informieren.
Das Gleiche gilt, wenn die Therapieziele vorzeitig
erreicht werden.
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Bundes Psychotherapeuten Kammer12
Praxis-Info: Soziotherapie
Fallbeispiel 2
23-jährige Patientin mit Borderline-Persönlichkeitsstö-
rung (F 60.3), mittelgradiger depressiver Episode (F 32.1)
sowie multiplem Substanzmissbrauch (F 19.1). Die Patien-
tin wird nach einem stationären Krisenaufenthalt von der
Klinik an die Psychotherapeutin zur ambulanten Therapie
überwiesen. Sie hält die Psychotherapietermine nur
unregelmäßig ein und nimmt auch vereinbarte Termine
bei der Psychiaterin zur Mitbehandlung nicht wahr. Die
Patientin hat die Schule in der 11. Klasse abgebrochen
und bisher keine Ausbildung begonnen. Sie jobbt, verliert
die Aushilfsstellen aber aufgrund ihrer Unzuverlässigkeit
und ihrem geringen Durchhaltevermögen regelmäßig
wieder. Die Patientin lebt noch bei ihren Eltern. Diese sind
beruflich stark eingespannt und können ihre Tochter nur
gelegentlich zur Ärztin begleiten. Manchmal taucht die
Patientin ein ganzes Wochenende nicht zu Hause auf, da
sie lange ausgeht und Alkohol und Drogen konsumiert.
Es erfolgt eine Verordnung von Soziotherapie mit dem
Ziel, die ärztliche Mitbehandlung zu koordinieren, die
Patientin beim Erlernen einer regelmäßigen Tages- und
Wochenstruktur zu unterstützen sowie die schulische und
berufliche Situation zu klären.
Kombination von Psychotherapie und Soziotherapie Neben der Unterstützung der Inanspruchnahme von
Behandlungs- und Hilfeleistungen kann Soziotherapie
dazu beitragen, dass psychotherapeutische Interventionen
im Alltag und im häuslichen Umfeld der Patient*innen
besser umgesetzt werden. Dafür sollten Psychothera-
peut*in und Soziotherapeut*in eng zusammenarbeiten.
Während der Schwerpunkt der Psychotherapie auf der
Behandlung der psychischen Erkrankung an sich liegt,
geht es in der Soziotherapie vor allem darum, mittels
praktischer Anleitung und Training die Beeinträchtigun-
gen durch die Erkrankung im Alltag zu verringern. Die
Soziotherapeut*in kann konkrete Verhaltensänderungen
mit der Patient*in einüben und mitbekommen, was
deren Umsetzung im Alltag behindert. Sie kann mit der
Patient*in besprechen, wie sie ihren Tag strukturiert,
regelmäßige Aktivitäten plant oder sich verlorene soziale
Kompetenzen wieder aneignet. Dabei kann sie die
Patient*in regelmäßig motivieren und stärken. Zudem
kann die Soziotherapeut*in helfen, Fragen zur beruflichen
Situation und Integration sowie der sozialen Sicherung zu
klären.
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Bundes Psychotherapeuten Kammer 13
Praxis-Info: Soziotherapie
Wer darf Soziotherapie verordnen?Psychotherapeut*innen, Fachärzt*innen und Psychiatrische Institutsambulanzen
Soziotherapie darf verordnet werden von:
• Psychologischen Psychotherapeut*innen,
• Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen
(in therapeutisch begründeten Fällen in der Übergangs-
phase ab dem 18. Lebensjahr bis zur Vollendung
des 21. Lebensjahres),
• Fachärzt*innen für Psychiatrie und Psychotherapie,
• Fachärzt*innen für Psychosomatische Medizin und
Psychotherapie,
• Fachärzt*innen für Kinder- und Jugendpsychiatrie
(in therapeutisch begründeten Fällen in der Übergangs-
phase ab dem 18. Lebensjahr bis zur Vollendung
des 21. Lebensjahres),
• Fachärzt*innen für Neurologie,
• Fachärzt*innen für Nervenheilkunde,
• Fachärzt*innen mit Zusatzweiterbildung Psychotherapie
sowie
• Psychiatrischen Institutsambulanzen oder dort tätigen
Psychotherapeut*innen und Fachärzt*innen.
Verordnungsgenehmigung erforderlich Psychotherapeut*innen brauchen für die Verordnung von
Soziotherapie eine Genehmigung durch die Kassenärzt-
liche Vereinigung. Hierfür müssen sie einen „Antrag auf
Abrechnungsgenehmigung für Soziotherapie“ bei ihrer
Kassenärztlichen Vereinigung stellen. Unter anderem ist
im Antrag anzugeben, mit wem die Psychotherapeut*in
kooperieren will, zum Beispiel welchem gemeinde-
psychiatrischen Verbund. Existiert in einer Region noch
kein gemeindepsychiatrischer Verbund, sind im Antrag
insbesondere gemeindepsychiatrische Träger und
Hilfeanbieter*innen zu benennen.
Informationen über diese Anbieter*innen in einer Region
erhält man bei den Sozialpsychiatrischen Diensten oder
auch über den Hilfeatlas des Dachverbands Gemeinde -
psychiatrie (http://dvgp.mapcms.de).
Erst wenn die Genehmigung durch die Kassenärztliche
Vereinigung vorliegt, darf Soziotherapie verordnet
und zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung
abge rechnet werden.
Überweisung an Vertragspsychotherapeut*in mit SoziotherapiebefugnisVertragspsychotherapeut*innen ohne Verordnungsbefug-
nis können Patient*innen, bei denen sie Soziotherapie für
erforderlich halten, an befugte Kolleg*innen überweisen.
So kann zum Beispiel eine Hausärzt*in eine Patient*in mit
einer Schizophrenie zu einer Psychotherapeut*in überwei-
sen, damit diese für die Patient*in eine Verordnung für
Soziotherapie ausstellt.
Falls die Patient*in nicht ausreichend motiviert ist, zum
Zwecke der Verordnung eine entsprechende Fachärzt*in
aufzusuchen, darf die Ärzt*in eine Soziotherapeut*in
hinzuziehen, die die Patient*in motivieren soll, über-
haupt eine Fachärzt*in aufzusuchen. Hierfür stehen der
Soziotherapeut*in bis zu 5 Einheiten (à 60 Minuten) zur
Verfügung, die bei anschließender Verordnung von Sozio-
therapie auf das Gesamtkontingent angerechnet werden.
http://dvgp.mapcms.de
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Bundes Psychotherapeuten Kammer14
Praxis-Info: Soziotherapie
Soziotherapie nach einer Krankenhausbehandlung
Soziotherapie kann auch durch ein Krankenhaus beziehungsweise die Krankenhauspsychotherapeut*in oder die
Krankenhausärzt*in verordnet werden. Dafür muss Soziotherapie unmittelbar nach der Entlassung erforderlich sein,
um eine zeitnahe Weiterbehandlung sicherzustellen. Sie kann dann für einen Zeitraum von bis zu 7 Kalendertagen
nach der Entlassung verordnet werden. Dabei kann die Soziotherapie schon während des Krankenhaus aufenthaltes
beginnen.
Die Verordnung richtet sich nach den gleichen Regelungen wie die Verordnung in der vertragsärztlichen Versorgung.
Das vom Krankenhaus verordnete Kontingent an Soziotherapie wird auf das Gesamtkontingent von Soziotherapie,
das in einem bestimmten Zeitraum verordnet werden kann, angerechnet. Über die insgesamt schon in Anspruch
genommenen Behandlungseinheiten gibt die Krankenkasse Auskunft, die alle Verordnungen zusammenführt.
Abrechnung und Vergütung Die Verordnung von Soziotherapie wird seit April 2016
extrabudgetär und zu einem festen Preis vergütet
(GOP 30800, 30810 und 30811).
Diese Regelung gilt zunächst für 2 Jahre.
Wirtschaftlichkeitsgebot Die verordnende Psychotherapeut*in hat grundsätzlich
das Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 12 SGB V zu beachten,
das heißt, die Leistungen müssen ausreichend, zweck-
mäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des
Notwendigen nicht überschreiten.
Im Einzelfall, wenn die Kasse begründete Zweifel an der
Wirtschaftlichkeit der verordnenden Psychotherapeut*in
hat, kann deshalb von der Krankenkasse ein Prüfantrag
gestellt werden.
GOP Soziotherapie
Erstverordnung GOP 30810
Für die Verordnung der 5 Probestunden beziehungsweise die Erstverordnung von bis zu 30 Einheiten
Soziotherapie wird die GOP 30810 abgerechnet. Sie ist mit 168 Punkten (17,69 Euro) bewertet.
Folgeverordnung GOP 30811
Für alle weiteren Verordnungen von Soziotherapie von bis zu 30 Einheiten ist die GOP 30811 berechnungsfähig,
die ebenfalls mit 168 Punkten (17,69 Euro) bewertet ist.
Hinzuziehung soziotherapeutischer Leistungserbringer*innen GOP 30800
Für die Beachtung der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Verordnung von Soziotherapie und
die Motivierung der Patient*in zur Inanspruchnahme von Soziotherapie kann zudem die GOP 30800 abgerechnet
werden, die mit 7,06 Euro (67 Punkte) bewertet ist.
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Bundes Psychotherapeuten Kammer 15
Praxis-Info: Soziotherapie
Fallbeispiel 3 und ausgefüllte Formulare Die 28-jährige Patientin hat den Aufenthalt in einer
therapeutischen Wohneinrichtung für Menschen mit Ess-
störungen abgebrochen und ist 500 km entfernt in
die Nähe ihres Heimatortes zurückgezogen. Zur Weiterbe-
handlung ihrer Magersucht (BMI aktuell bei 16,5 kg / m²)
begibt sich die Patientin in ambulante Psychotherapie.
Sie ist sehr antriebslos und hat massive Schwierigkeiten,
weitere notwendige Leistungen wie eine psychiatrische
und internistische Mitbehandlung zu koordinieren und in
Anspruch zu nehmen. Zudem ist die Patientin in der Pla-
nung, Strukturierung und Umsetzung von Alltagsaufgaben
wie der häuslichen Selbstversorgung stark eingeschränkt.
Die Patientin hat zudem mehrere Ausbildungen nach
Konflikten abgebrochen, die weitere berufliche Integra-
tion ist ungeklärt.
Diagnosen
• Anorexie mit aktiven Maßnahmen zur Gewichts-
abnahme (F 50.01)
• rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig
mittelgradige Episode (F 33.1)
• Posttraumatische Belastungsstörung (F 43.1)
• emotional instabile Persönlichkeitsstörung (F 60.3)
• GAF-Wert: 35
Musterfrau, M 1989
35
F50.01
unzureichende Fähigkeit zur Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen
reduzierte Fähigkeit zur Planung und Strukturierung der häuslichen Eigenversorgung; eingeschränkte Konfliktlösefähigkeit
F33.1, F43.1, F60.3
120
3 Jahre 5
unter aufsuchender Soziotherapie Erreichung einer medizinischen Behandlungscompliance und
Verselbstständigung der Patientin
durch aufsuchende Hilfen
30
Verordnung von Soziotherapie
gemäß § 37a SGB V
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Bundes Psychotherapeuten Kammer16
Praxis-Info: Soziotherapie
Musterfrau, M.
Compliance in die notwendige psychotherapeutische und medizinische Mitbehandlung durch Psychoedukation
Verbesserung von Antrieb und Motivation durch tages- und wochenstrukturierende Maßnahmen
Erstellen eines Krisenplans
Psychotherapie
psychiatrische und internistische Mitbehandlung
berufliche Reha
Angebote des gemeindepsychiatrischen Verbundes
Psychotherapie 1 x / Woche 2 Jahre
monatlich / bei Bedarf 2 Jahre
Integrationsfachdienst nach Bedarf bis Ausbildungsbeginn
fachärztliche Behandliung
Soziotherapie 1x / Woche 2 Jahre
Ziele der Soziotherapie
• Verbesserung der Therapietreue in Bezug auf die
notwendigen therapeutischen und medizinischen
Maßnahmen
• Verbesserung von Antrieb und Motivation durch
geeignete tages- und wochenstrukturierende
Maßnahmen, insbesondere auch Training des pla-
nerischen Denkens im Bereich häusliche Selbstver-
sorgung
• Verbesserung der Affekt- und Impulskontrolle durch
angemessene Konfliktlösestrategien, um mittel-
fristig das Durchhaltevermögen zum Beispiel zur
Aufnahme und erfolgreichen Beendigung einer Aus-
bildung zu verbessern
Soziotherapeutische Maßnahmen
• aufsuchende Soziotherapie einmal wöchentlich
90 Minuten
• Vereinbarung von Terminen bei Psychiaterin und
bei Internistin. Zu Beginn Begleitung der Patientin
zu den Terminen zur weiteren Behandlungsplanung
• Unterstützung der selbstverantwortlichen Einnahme
der verordneten Medikamente
• Steigerung von Antrieb und Motivation durch
Planung von tages- und wochenstrukturierenden
Maßnahmen, Informationen zu Angeboten des
gemeindepsychiatrischen Verbundes und Motivation
zur Inanspruchnahme
• Kontaktaufnahme zum Integrationsfachdienst und
Klärung möglicher beruflicher Schritte
Soziotherapeutischer Betreuungsplan
gemäß § 37a SGB V
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Bundes Psychotherapeuten Kammer17
Praxis-Info: Soziotherapie
www.bptk.de
www.bptk.de
EditorialEinleitung – Was ist neu?Was ist Soziotherapie?Ziele und Inhalte
Für welche Patientinnen ist Soziotherapie geeignet? Erhebliche Einschränkung durch psychische ErkrankungDiagnosen – Soziotherapie als Regelleistung Soziotherapie in begründeten Einzelfällen Fallbeispiel 1Leistungsumfang
Wer bietet Soziotherapie an?Anbieter von Soziotherapie Anbieter in meiner Region?Fachliche Qualifikation von Soziotherapeutinnen
Zusammenarbeit von Psychotherapeutin und Soziotherapeutin Kombination von Psychotherapie und Soziotherapie Fallbeispiel 2
Wer darf Soziotherapie verordnen?Psychotherapeutinnen, Fachärztinnen und Psychiatrische Institutsambulanzen Verordnungsgenehmigung erforderlich Überweisung an Vertragspsychotherapeutin mit Soziotherapiebefugnis
Abrechnung und Vergütung Wirtschaftlichkeitsgebot
Fallbeispiel 3 und ausgefüllte Formulare