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Spruchverfahren aktuell - Nr. 2/2017
SpruchZ 2017 Seite 16
Recht & Praxis bei Squeeze-out-Fällen, Delisting, Organverträgen, Fusionen und Übernahmeangeboten
Nr. 2/2017 vom 17. April 2017 ISSN 2195-7274
Inhaltsübersicht
Rechtsprechung zu Spruchverfahren:
LG Stuttgart: Befangenheitsantrag gegen sachverständigen Prüfer unzulässig, da dieser kein gerichtlicher Sachverständiger, S. 17 Laufende Spruchverfahren:
Squeeze-out Actris AG, S. 17; Squeeze-out BEKO HOLDING AG, S. 18; Fusion Bewag Holding AG, S. 18; Squeeze-out Brau und Brunnen AG, S. 19; Squeeze-out GeneScan Europe AG, S. 20; Squeeze-out HypoVereinsbank, S. 20; Squeeze-out KSR Kuebler Niveau-Messtechnik AG, S. 21; Squeeze-out Piper + Jet Maintenance AG, S. 22; Squeeze-out PIXELPARK AG, S. 22; Squeeze-out Swarco Holding AG, S. 23; Squeeze-out Versatel AG, S. 23
Delisting-Fälle:
Achtung: Consorsbank will werthaltige Aktien "umsonst" ausbuchen, S. 24
„Bemerkenswerte Befunde“ von Prof. Dr. Leonhard Knoll
Fall 13: Beta-Adjustierung, einmal anders!, S. 25
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Spruchverfahren aktuell
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Rechtsprechung zu Spruchverfahren
LG Stuttgart: Befangenheitsantrag gegen sachverständigen Prüfer unzulässig, da dieser kein gerichtlicher Sachverständiger
LG Stuttgart, Beschluss vom 23. März 2017, Az. 31 O 1/15 KfH SpruchG (Spruchverfahren BuG Celesio AG)
Leitsätze der Redaktion:
Die §§ 406 Abs. 1, 42 ZPO finden auf den sachverständigen Prüfer keine Anwendung, da es
sich bei diesem nicht um einen gerichtlichen Sachverständigen handelt. Ein sach-
verständiger Prüfer kann daher nicht wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt
werden. Ein diesbezügliches Ablehnungsgesuch ist unzulässig.
In der weiteren Begründung verweist das Gericht unter Bezug auf eine Parallelentscheidung in
Sachen HOMAG darauf, dass der sachverständige Prüfer nicht vom Gericht auf Vergütungsbasis des
JVEG beauftragt werde. Vielmehr komme ein Auftragsverhältnis zwischen dem sachverständigen
Prüfer und den Gesellschaften zustande. Zwischen den Vertragsparteien könnten daher auch die
Vertragsmodalitäten, insbesondere die Vergütung, verhandelt werden.
Anmerkung von RA Martin Arendts: Wenn der in der Regel von der Antragsgegnerin vorgeschlagene
sachverständige Prüfer kein gerichtlicher Sachverständiger ist und er seine Vergütung mit der
Antragsgegnerin mehr oder weniger aushandeln kann, bestehen erhebliche Bedenken, wenn das
Gericht sich maßgeblich auf diesen stützt und im Spruchverfahren keinen gerichtlichen
Sachverständigen benennt. Aus meiner Sicht ist eine gesetzliche Neuregelung geboten.
Laufende Spruchverfahren
Spruchverfahren zum Squeeze-out bei der Actris AG: Beauftragung eines Sachverständigengutachtens In dem Spruchverfahren zu dem Squeeze-out bei der Actris AG hatte das Landgericht Mannheim eine
vergleichsweise Erhöhung der Barabfindung auf EUR 7,21 angeregt, siehe
http://spruchverfahren.blogspot.de/2015/10/vergleichsvorschlag-im-spruchverfahren_28.html.
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Nachdem eine vergleichsweise Lösung jedoch scheiterte, hat das Gericht nunmehr die Einholung
eines Gutachtens zur Ermittlung des vollen Werts des Unternehmens in Auftrag gegeben. Als
Sachverständiger wurde Prof. Dr. Martin Jonas, Warth & Klein Grant Thornton AG, beauftragt.
LG Mannheim, Az. 23 AktE 25/10 Vogel u.a. ./. ACTRIS Beteiligungs GmbH & Co. KG 82 Antragsteller gemeinsamer Vertreter: RA Wolfgang Fleck, 68165 Mannheim Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin, ACTRIS Beteiligungs GmbH & Co. KG: Rechtsanwälte Prof. Dr. Rittershaus & Koll., Mannheim
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Überprüfungsverfahren zum Squeeze-out bei der BEKO HOLDING AG: Bestellung eines Sachverständigen In dem Überprüfungsverfahren zum Squeeze-out bei der BEKO HOLDING AG hat das bei der
österreichischen Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) angesiedelte "Gremium zur Überprüfung des
Umtauschverhältnisses nach dem AktG" mit Beschluss vom 20. März 2017 Herrn Dr. Klaus Rabel, p.A.
Rabel & Partner GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, A-8010 Graz, zum
Sachverständigen bestellt. Der Sachverständige soll bis zum 30. Juni 2017 Befund und Gutachten zur
Beurteilung der Höhe der angemessenen Barabfindung erstatten.
Die Hauptaktionärin Kotauczek & Fritsch OG (früher: BEKO Beteiligungsverwaltung OG) hatte als
Barabfindung lediglich EUR 5,80 je BEKO-Aktien angeboten, siehe
http://spruchverfahren.blogspot.de/2016/01/bekanntmachung-des-squeeze-outs-bei-der.html.
LG Krems an der Donau, Az. 10 Fr 183/16p Jürgen Jaeckel u.a. ./. Kotauczek & Fritsch OG Gemeinsame Vertreterin: RA´in Dr. Maria Brandstetter, 1010 Wien Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin, Kotauczek & Fritsch OG: Oberhammer Rechtsanwälte GmbH, A-1010 Wien
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Spruchverfahren zur Fusion der Bewag Holding AG: LG Berlin ordnet Zuzahlung in Höhe von EUR 2,30 je Bewag-Aktie an In dem bereits seit 2003 laufenden Spruchverfahren zur Verschmelzung der Bewag Holding
Aktiengesellschaft, Berlin, auf die Vattenfall Europe Aktiengesellschaft hat das Landgericht Berlin
nunmehr mit Beschluss vom 28. März 2017 eine Zuzahlung in Höhe von EUR 2,30 je Bewag-Aktie
angeordnet.
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Der gerichtlich bestellten Sachverständigen, Herrn Wirtschaftsprüfer Ulrich Fritzlen, war in seinem
Gutachten vom 20. Dezember 2013 auf eine Zuzahlung in Höhe von EUR 4,01 je umgetauschter
Bewag-Aktie gekommen, siehe http://spruchverfahren.blogspot.de/2014/01/spruchverfahren-
fusion-bewag-gutachter.html.
LG Berlin, Az. 102 O 126/03 AktG Längeler u. a. ./. Vattenfall Europe AG 19 Antragsteller gemeinsamer Vertreter: RA Christoph Regierer, 10789 Berlin Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin, Vattenfall Europe Aktiengesellschaft: Rechtsanwälte FGS Flick Gocke Schaumburg, 53175 Bonn
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Squeeze-out Brau und Brunnen AG: Landgericht Dortmund setzt Barabfindung nunmehr auf EUR 99,64 fest (+ 15,35%)
In dem Spruchverfahren bezüglich des Squeeze-outs der Minderheitsaktionäre bei der Brau und
Brunnen AG hat das Landgericht Dortmund den Barabfindungsbetrag je Brau-und-Brunnen-Aktie
nunmehr mit Beschluss vom 20. März 2017 auf EUR 99,64 festgesetzt. Im Vergleich zu den
ursprünglich gebotenen EUR 86,38 (dann erhöht auf EUR 88,51) entspricht dies einer Anhebung um
15,35%.
Das LG Dortmund hatte die Barabfindung 2010 noch deutlicher angehoben (Beschluss vom 25.
November 2010, Az. 18 O 158/05 AktE). Die Hauptaktionärin, die zur Oetker-Gruppe gehörende RB
Brauholding GmbH, sollte demnach EUR 120,40 zahlen. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin hin
hatte das OLG Düsseldorf die beiden Verfahren zum BuG und zum Squeeze-out an das Landgericht
Dortmund zurückverwiesen, vgl.
http://spruchverfahren.blogspot.de/2011/12/spruchverfahren-brau-und-brunnen.html.
In dem zurückverwiesenen Verfahren hatte die Antragsgegnerin den gerichtlichen Sachverständigen
Prof. Großfeld massiv in sehr unschöner Weise angegriffen, siehe
http://spruchverfahren.blogspot.de/2014/04/spruchverfahren-zur-brau-und-brunnen-ag.html.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Spruchverfahrens einschließlich der Kosten der Antragsteller
zu tragen. Diese Kostenregelung gilt auch für das Beschwerdeverfahren.
Gegen den Beschluss des Landgerichts können die Beteiligten noch Beschwerde zum OLG einlegen.
LG Dortmund, Beschluss vom 20. März 2017, Az. 18 O 158/05 AktE Sterzelmaier u.a. ./. RB Brauholding GmbH 47 Antragsteller gemeinsamer Vertreter: RA Axel Pohlmann, 44135 Dortmund Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin: Rechtsanwälte Streitböger und Speckmann, 33602 Bielefeld
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Squeeze-out bei der GeneScan Europe AG: LG Mannheim erhöht Barabfindungsbetrag auf EUR 1.164,10 (+ 29,34%)
In dem seit 2011 laufenden Spruchverfahren zu dem Squeeze-out bei der GeneScan Europe AG,
Freiburg i. Br., hat das Landgericht Mannheim die Sache am 13. März 2017 verhandelt und den
gerichtlich bestellten Sachverständige, Herr WP Prof. Dr. Georg Heni, angehört. Mit noch nicht
begründetem Beschluss vom gleichen Tag hat das Gericht den Abfindungsbetrag auf EUR 1.164,10
angehoben. Gegenüber dem von der Antragsgegnerin gebotenen EUR 900,- je GeneScan-Aktie
bedeutet dies eine Nachbesserung um ca. 29,34%.
Prof. Heni war in seinem Sachverständigengutachten vom 2. Mai 2016 zu einer angemessenen
Abfindung von rd. EUR 1.223,- je GeneScan-Aktie gekommen, siehe
http://spruchverfahren.blogspot.de/2016/05/squeeze-out-bei-der-genescan-europe-ag.html.
In seinem früheren Gutachten zu dem bereits 2009 erfolgten Delisting hatte der Sachverständige
einen Unternehmenswert von rd. EUR 1.140,- je GeneScan-Aktie ermittelt (was angesichts der
aufgrund der Rechtsprechungsänderung des BGH durch die Frosta-Entscheidung erfolgten
Beendigung dieses Spruchverfahrens keine praktische Relevanz mehr entfaltete).
LG Mannheim, Beschluss vom 13. März 2017, Az. 24 AktE 1/11 (2) Krause u.a. ./. Eurofins Genomics B.V. 52 Antragsteller gemeinsamer Vertreter: RA Dr. Roman Köper, c/o Anchor Rechtsanwälte, 68161 Mannheim Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin, Eurofins Ventures B.V. (inzwischen verschmolzen auf die Eurofins Genomics B.V.): Rechtsanwälte Waldeck Rechtsanwälte, 60325 Frankfurt am Main (Frau Rechtsanwältin Dr. Katja Slavik)
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Update zum Spruchverfahren zum Squeeze-out bei der HypoVereinsbank: EUR 3,6 Milliarden fehlerhaft nicht berücksichtigt?
Wie auf unserem Blog berichtet, zeichnet sich in dem Spruchverfahren zum Squeeze-out bei der
HypoVereinsbank eine interessante Entwicklung ab. Nach dem Vortrag des
Verfahrensbevollmächtigten der Verbraucherzentrale für Kapitalanleger e.V. soll ein Betrag von EUR
3,6 Milliarden bei dem Verkauf des Anteils der österreichischen Bank Austria (BA-CA) an der
polnischen Bank BPH S.A. an die UniCredit "unterschlagen" worden sein (siehe
http://spruchverfahren.blogspot.de/2017/01/spannende-entwicklung-im.html). Eine derartige Nicht-
berücksichtigung wurde umgehend von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 18. Januar 2017
bestritten, was wiederum eine Strafanzeige durch den Antragstellervertreter auslöste.
In seinem neuen Schriftsatz vom 2. Februar 2017 verweist der Verfahrensbevollmächtigte der
Verbraucherzentrale für Kapitalanleger e.V. auf die Stellungnahme des Fachexperten der Zentralen
Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) in Wien vom
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11. November 2016 (Az. des dortigen Ermittlungsverfahrens: 1 UT 5/15f). Dieser fasst das Ergebnis
wie folgt zusammen:
"Ein Blick auf die Größenordnung der Zeile 129 "Cash Flow attributable to shareholders" (=
Flow to Equity) offenbart, dass man hier keinen einmaligen Cash Inflow in Höhe von 3,6 Mrd.
Euro in 2009 (...) unterbringen konnte. (...) Die 3,6 Mrd. Zahlung konnte in der Cash Flow
Berechnung von DELOITTE in 2009 nicht lokalisiert werden."
Insoweit dürfte eine weitere Aufklärung, insbesondere eine Beiziehung der österreichischen
Ermittlungsakten, Sinn machen. Auch stellt sich angesichts der Höhe des Differenzbetrags die Frage,
ob hier nicht systematisch Auslassungen und unzutreffende Angaben erfolgt sind. Letztlich wird man
hierfür das gesamte Zahlenwerk einer grundlegenden Überprüfung unterziehen müssen.
LG München I, Az. 5 HK O 16226/08
SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. u.a. ./. UniCredit S.p.A.
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Verschmelzungsrechtlicher Squeeze-out KSR Kuebler: Gerichtlicher Sachverständiger kommt auf EUR 3,70 je KSR-Aktie (+ 10,45%)
In dem Spruchverfahren zum verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out bei der KSR Kuebler Niveau-
Messtechnik Aktiengesellschaft hatte das Landgericht Mannheim mit Beschluss vom 6. Februar 2014
Herrn WP/StB Prof. Dr. Martin Jonas, c/o Warth & Klein Grant Thornton AG, 40479 Düsseldorf, zum
Sachverständigen bestellt. In seinem nunmehr vorgelegten Gutachten vom 30. März 2017 kommt
Prof. Dr. Jonas auf einen Wert von EUR 3,70 je KSR-Aktie (was gegenüber den angebotenen EUR 3,35
eine Anhebung um 10,45% bedeuten würde).
In dem Gutachten errechnet der Sachverständige einen Ertragswert in Höhe von EUR 26,026 Mio.
und geht von Sonderwerten in Höhe von EUR 2,676 Mio. aus. Bei der Planung wurde ausschließlich
das geplante Zinsergebnis angepasst. Bei dem Kapitalisierungszinssatz wurde der Betafaktor
modifiziert. Bei den Sonderwerten hat der Gutachter den Ansatz der nicht betriebsnotwendigen
Kasse erhöht und für einzelne Beteiligungen "ergänzende oder andere Wertansätze" gewählt.
LG Mannheim, Az. 24 AktE 2/12 Zürn u.a. ./. KSR Kuebler Niveau-Messtechnik AG 44 Antragsteller gemeinsamer Vertreter: RA Dr. Oliver Jenal, Depré Rechtsanwälte Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin: Rödl Rechtsanwaltsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft mbH, RA Dr. Heiko Büsing, LL.M., 20457 Hamburg
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Spruchverfahren zum Squeeze-out bei der Piper + Jet Maintenance AG:
LG Frankfurt am Main bestellt Sachverständigen
In dem Spruchverfahren zum Ausschluss der Minderheitsaktionäre bei der Piper + Jet Maintenance
AG hatte das LG Frankfurt am Main eine vergleichsweise Anhebung des Barabfindungsbetrags von
EUR 3,20 um einen Nachbesserungsbetrag in Höhe von EUR 0,80 auf EUR 4,- vorgeschlagen, siehe
http://spruchverfahren.blogspot.de/2016/11/spruchverfahren-zum-squeeze-out-bei-der.html.
Nachdem bei der mündlichen Verhandlung am 28. Februar 2017 keine Einigung erreicht werden
konnte, hat das Gericht nunmehr mit Beschluss vom gleichen Tag eine Beweiserhebung angeordnet
und mit Beschluss des Vorsitzenden Richters vom 22. März 2017 Herrn Dipl.-Kfm. Volker Hülsmeier,
c/o Bender & Hülsmeier, 60322 Frankfurt am Main, zum Sachverständigen bestimmt.
LG Frankfurt am Main, Az. 3-05 O 31/16 Verbraucherzentrale für Kapitalanleger e.V. ./. Piper Deutschland AG 45 Antragsteller gemeinsamer Vertreter: RA Dr. Kay-Michael Schanz, 60325 Frankfurt am Main Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin, Piper Deutschland AG: KPMG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, 04107 Leipzig
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Spruchverfahren zum Squeeze-out bei der PIXELPARK AG: Verhandlung am 30. Mai 2017
In dem Spruchverfahren zu dem Squeeze-out bei der PIXELPARK AG, Berlin, hat das Landgericht
Berlin mit Verfügung vom 6. April 2017 einen Termin zur Verhandlung auf den 30. Mai 2017, 10:00
Uhr, anberaumt. Das Gericht will dabei zunächst die Barabfindungsprüferin WollnyWP anhören,
bevor es über die Erforderlichkeit einer weiteren Begutachtung entscheidet.
Die Planung hält das Gericht in seiner Verfügung hinsichtlich der Erhöhung der Umsätze für "eher
verhalten". Auch die "eher unambitionierte" Planung der Zenithmedia GmbH bedürfe einer näheren
Betrachtung. Das Gericht will das überproportionale Ansteigen der Personalkosten hinterfragen und
klären, ob außerhalb des regulären Planungsprozesses Änderungen erfolgt sind ("anlassbezogene"
Planung). Den aus einer Peer Group hergeleiteten Betafaktor hält das Gericht für nicht plausibel. Es
verweist dabei insbesondere auf die sehr hohen Betas der beiden in die Peer Group aufgenommenen
japanischen Unternehmen. Den angesetzten Wachstumsabschlag von 1% beurteilt die Kammer "als
sehr vorsichtig bemessen".
Abschließend diskutiert das Gericht alternative Bewertungsansätze. So sei der Börsenkurs als
Wertuntergrenze zu berücksichtigen. Da der Barwert der Ausgleichszahlungen deutlich unterhalb der
für den Squeeze-out festgesetzten Barabfindung liege, müsse der rechtskräftige Abschluss des
(erstinstanzlich erfolglosen, siehe: http://spruchverfahren.blogspot.de/2014/12/spruchverfahren-
zum-beherrschungsvertra.html) BuG-Spruchverfahrens nicht abgewertet werden (dortiges Az. 102 O
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241/12 SpruchG, nach Beschwerden durch mehrere Antragsteller anhängig vor dem Kammergericht,
dem OLG für Berlin).
LG Berlin, Az. 102 O 2/16 .SpruchG Verbraucherzentrale für Kapitalanleger e.V. u.a. ./. MMS Germany Holdings GmbH 62 Antragsteller gemeinsamer Vertreter: RA Dr. Johannes Deiß, c/o Neuwerk Rechtsanwälte, 20354 Hamburg Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin, MMS Germany Holdings GmbH: Rechtsanwälte Cleary Gottlieb Steen & Hamilton LLP, 60311 Frankfurt am Main (RA Dr. Johannes Schmidt u.a.)
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Spruchverfahren zum Squeeze-out bei der Swarco Traffic Holding AG: LG München I regt Anhebung des Barabfindungsbetrags auf EUR 7,35 an In dem Spruchverfahren zum Squeeze-out bei der Swarco Traffic Holding AG (früher: M. Tech
Technologie und Beteiligungs AG) hat das Landgericht München I die Sache am 17. November 2016
und 6. April 2017 verhandelt und dabei die Abschlussprüfer, Herr WP Prof. Dr. Martin Jonas und Frau
WP Silke Jacobs, Warth & Klein Grant Thornton AG, angehört. Anschließend hat es eine
vergleichsweise Beendigung des Verfahrens bei Anhebung der Barabfindung auf EUR 7,35 je Swarco
Traffic Holding-Aktie angeregt.
Die Hauptaktionärin, die österreichische SWARCO AG, hatte eine Barabfindung in Höhe von EUR 6,66
je Aktie angeboten. Die vorgeschlagene Anhebung würde daher eine Erhöhung um 10,36% bedeuten.
LG München I, Az. 5 HK O 17823/15 XNaSe AG u.a. ./. SWARCO AG 67 Antragsteller gemeinsamer Vertreter: Rechtsanwalt Dr. Andreas Wirth, 80331 München Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin, SWARCO AG: Rechtsanwälte Oppenhoff & Partner mbB, 50668 Köln
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Spruchverfahren zum Squeeze-out bei der Versatel AG: Gerichtlicher Gutachter kommt zu einem Wert von EUR 7,31 je Aktie
In dem Spruchverfahren zum Squeeze-out bei der Vesatel AG, Berlin, hat der 2014 gerichtlich
bestellte Sachverständige WP StB Andreas Creutzmann (c/o IVA VALUATION & ADVISORY AG)
nunmehr sein Gutachten vorgelegt. In dem auf den 21. Dezember 2016 datierten Gutachten kommt
der Sachverständige auf einen Wert von EUR 7,31 je Versatel-Aktie. Die damals als VictorianFibre
Holding GmbH firmierende Hauptaktionärin hatte eine Barabfindung in Höhe von EUR 6,84 je Aktie
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angeboten. Folgt das Gericht dem Sachverständigen, würde dies damit eine Anhebung um ca. 6,2%
bedeuten.
LG Berlin, Az. 102 O 25/12.SpruchG Svinova u.a. ./. Versatel Telecommunications GmbH (früher: VictorianFibre Holding GmbH) 69 Antragsteller gemeinsamer Vertreter: Rechtsanwalt Dr. Peter Dreier, Düsseldorf Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin, VictorianFibre Holding GmbH: Rechtsanwälte Hengeler Mueller, 40213 Düsseldorf
Delisting-Fälle
Achtung: Consorsbank will werthaltige Aktien "umsonst" ausbuchen
von Rechtanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG
"Räumen Sie Ihr Depot auf!" schreibt die Consorsbank (eine Marke der BNP Paribas S.A.) derzeit ihre
"treuen Kunden" an. Man könne mit "Null" bewertete Aktien umsonst ausbuchen lassen und sich die
"sonst üblichen 19,95 Euro pro ausgebuchte Position" sparen. Dieser Rat klingt nett, ist aber höchst
gefährlich. Angesichts der unglücklichen Rechtsprechungsänderung durch das Frosta-Urteil des BGH
erfolgte in den letzten Jahren in zahlreichen Fällen ein Delisting von Aktien, so dass diese nicht mehr
an der Börse handelbar sind. Das bedeutet aber keineswegs, dass die Aktien wertlos sind. Vielfach
erfolgt ein Delisting, damit der Hauptaktionär in einem bald danach folgenden Squeeze-out möglichst
wenig zahlen muss.
Für mehrere von der Consorsbank aufgeführte Werte liegen Übernahmeangebote vor oder es läuft
noch ein Spruchverfahren, so dass man als Consorsbank-Kunde auf viel Geld verzichtet, wenn man
ungeprüft das Ausbuchungsangebot annimmt.
Auch weist die Consorsbank in ihrem Schreiben nicht darauf hin, dass bei den von ihr aufgeführten
Aktien häufig noch ein außerbörslicher Handel, etwa bei der Schnigge Wertpapierhandelsbank SE -
siehe die Telefonhandelskurse unter https://www.schnigge.de/de/quote-center/telefonhandel-
kurse.html - oder der VALORA EFFEKTEN HANDEL AG (VEH) - zu den Kursen
http://valora.de/valora/kurse - stattfindet, und diese daher keinesfalls wertlos sind, wie die Bank
glauben machen will.
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Bemerkenswerte Befunde © Prof. Dr. Leonhard Knoll
Bemerkenswerte Befunde - Fall 13: Beta-Adjustierung, einmal anders!
Im letzten Fall haben wir uns mit der Beta-Adjustierung beschäftigt. Neben dem dort behandelten
Standardverfahren findet man mitunter auch andere Formen der Adjustierung oder Manipulation
des gemessenen Ausgangswerts, die dazu führen sollen, einen besseren Schätzwert für ein
zukunftsbezogenes Beta zu erhalten. Ganz unabhängig von der ohnehin angebrachten Skepsis
gegenüber solchen Versuchen zeigt der nun zu bearbeitende Fall, dass die Konsequenzen einer
derartigen Adjustierung nicht unbedingt dem entsprechen, was expressis verbis mit ihr beabsichtigt
war.
In einem Spruchverfahren erhöhte der gerichtlich bestellte Sachverständige den (schon zuvor
„normal“ adjustierten) Beta-Faktor des Bewertungsobjekts B, einem Produzenten von Dosen und
anderen Leergebinden, von 0,4 auf 0,6, weil zum Bewertungsstichtag für die Zukunft die Einführung
eines Dosenpfands zu befürchten, aber noch nicht vollzogen war.
a) Geben Sie die Formel für den Beta-Faktor einmal unter Verwendung der Kovarianz und
einmal unter Verwendung des Korrelationskoeffizienten an.
b) Im späteren Verlauf der Verhandlung räumte der Sachverständige ein, dass die
Pfandeinführung „die Marge der Gesellschaft wahrscheinlich beeinflusst“. Gehen Sie
zunächst davon aus, dass diese Margenreduktion zu einer Gewinnreduktion führt und diese
Gewinnreduktion die stochastische Aktienrendite von B in jeder möglichen Ausprägung um
den Betrag x reduziert, ohne eine andere Konsequenz hervorzurufen. Welche Veränderung
ergibt sich daraus für den Beta-Faktor gegenüber der Situation ohne Pfandgefahr?
c) Gehen nunmehr abweichend von Teil c) davon aus, dass die Gewinnreduktion die
stochastische Aktienrendite von B in jeder möglichen Ausprägung um y% reduziert, ohne
eine andere Konsequenz hervorzurufen. Kann die vom Sachverständigen angenommene
Veränderung des Beta-Faktors bei y > 0 eintreten?
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d) Was müsste sich in der Konstellation der Teile c) und d) ändern, damit das Vorgehen des
Sachverständigen zu begründen ist?
e) Spielt das Drohen der Pfandeinführung unabhängig von den bisherigen Überlegungen eine
Rolle, wenn es über den gesamten Ermittlungszeitraum der Beta-Erfassung bekannt war?
Lösungen:
a) Die beiden Darstellungen lauten:
b) Der Abzug der deterministischen Größe x bei der Aktienrendite führt gemäß den Rechenregeln
für die Kovarianz zu:
Also keine Veränderung des Beta-Faktors!
c) Reduktion von deterministischen y% bei Aktienrendite führt gemäß den Rechenregeln für die
Kovarianz zu:
Für y > 0 kommt es also sogar zu einer Reduktion des Beta-Faktors, weshalb die Aussage des
Sachverständigen keine Stützung erfährt!
d) Da nicht zu erwarten ist, dass die Streuung der Marktrendite durch Veränderungen einer (noch
dazu minimal gewichteten) Aktienrendite nennenswert verändert wird, müsste sich das Produkt
aus Streuung der B-Rendite und dem Korrelationskoeffizient ändern, vgl. die letzte Beta-
Darstellung in a). Bei fester Reduktion x zu
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und bei prozentualer Reduktion y zu
Eine derart starke Korrelationsveränderung aufgrund einer originären Margenreduktion in
beiden Varianten (der zweiten noch stärker als der ersten) erscheint überaus unplausibel.
e) Nein, denn wenn die Gefahr bekannt ist, muss man mangels besserer Erkenntnis davon
ausgehen, dass sie in den Kursen verarbeitet ist.
Fazit: Wer das CAPM verwendet, muss dies konsistent tun! Freihändige Anpassungen, die wie auch
immer vermeinte Änderungen der Risikolage aus der isolierten Betrachtung des Bewertungsobjekts
verarbeiten sollen, sind dann regelmäßig untaugliche Ansätze, die befürchten lassen, dass das Modell
nicht verstanden oder bewusst missbraucht wurde.
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Neue I-ADVISE-Studie zur Unternehmensbewertung erschienen Die nun in dritter Auflage erscheinende I-ADVISE-
Studie zur Unternehmensbewertung bei
gesetzlichen Bewertungsanlässen wurde um die
Gutachten mit Bewertungsstichtagen in den Jahren
2014 bis 2016 erweitert und gibt einen Überblick
über die Bewertungsmethoden und -parameter bei
Squeeze-outs, Beherrschungs- und Gewinn-
abführungsverträgen und Verschmelzungen seit
2010.
Die aktuelle Studie kann unter folgendem Link her-
untergeladen werden:
http://www.i-advise.de/de/wp-content/uploads/2017/03/170314-I-ADVISE-Studie-Bewertungspraxis.pdf
Zeitschrift und Dokumente auf http://de.slideshare.net/SpruchZ
Impressum
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Zeitschrift
Spruchverfahren aktuell
(SpruchZ)
6. Jahrgang
ISSN 2195-7274
Herausgeber:
Interessengemeinschaft
Spruchverfahren (IG Spruch),
c/o Rechtsanwaltskanzlei
ARENDTS ANWÄLTE,
Perlacher Str. 68,
D - 82031 Grünwald
(bei München)
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RA Martin Arendts, M.B.L.-HSG
(presserechtlich verantwortlich),
RA Dr. Peter Dreier,
Prof. Dr. Leonhard Knoll
(„Bemerkenswerte Befunde“)
c/o ARENDTS ANWÄLTE, Perlacher Str. 68, D - 82031 Grünwald
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