SS 2003
Experimentalvortrag Lebensmittelzusatzstoffe
09.07.03
Gliederung
1. Einleitung2. Konservierungsstoffe3. Lebensmittelfarbstoffe4. Antioxidantien5. Emulgatoren, Stabilisatoren und Verdickungsmittel6. Geschmacksstoffe7. Schulrelevanz
Was sind Zusatzstoffe ?
1974, LMBG §2 £ Einführung des Begriffes „Zusatzstoffe“
„Stoffe, die dazu bestimmt sind, Lebensmitteln zur Beeinflussung ihrerBeschaffenheit oder zur Erzielung bestimmter Eigenschaften oderWirkungen zugesetzt zu werden, ...“
Das bedeutet:▪ Zusatzstoff wird bewusst verwendet▪ Zusatzstoffe sollen Lebensmitteln vorgegebene Eigenschaften verleihen z. B. Farbe, Geschmack, Beschaffenheit, Haltbarkeit, Nährwert
z. Zt. 297 zugelassen (EU)
Zusatzstoffe müssen ...
• zugelassen (Positivlisten in ZZulV von 1998) (Ausnahmen: Aromen, Extraktionsmittel, Bleichmittel, Technische Hilfsstoffe, Enzyme + Trinkwasser, Wein)
• gesundheitlich unbedenklich
• technologisch notwendig
• dürfen Verbraucher nicht täuschen
• kenntlich gemacht werden (Zutatenverzeichnis)Klassenname + „E-Nummer“ oder Verkehrsbezeichnung
2. Konservierungsstoffe
• Einsatz in Lebensmitteln, die nicht durch Erhitzen, Tiefgefrieren oder durch Zusatz von Salz, Zucker, Alkohol, Säuren haltbar gemacht werden können
• verhindern oder hemmen Wachstum von Bakterien oder Schimmelpilzen£ Vermehrung solcher Mikroorganismen sehr gefährlich (Botulismustoxin – stärkstes bekanntes Gift)
• zerstören Zellmembranen der Mikroben (lebensnotwendige Austauschvorgänge werden unterbunden) oder blockieren reaktionsfähige Gruppen der Enzyme von Mikroorganismen ⇨ Versuch 1
Versuch 1 Antimikrobielle Wirkung von Konservierungsstoffen
a. Erlenmeyerkolben 1 (ohne Natriumbenzoat)
C6H12O6 (aq) + 6 O2 (g) 6 CO2 (g) ↑ + 6 H2O
CO2 (g) + Ca(OH)2 (aq) CaCO3 (s) ↓ + H2O weiß
Hefe, ∆
b. Erlenmeyerkolben 2 (mit Natriumbenzoat)
Benzoesäure durchdringt lipoidähnliche Membran der Hefen £ hemmtdie Enzyme Katalase £ Wasserstoffperoxid-Ansammlung in den Zellen £ Zerstörung der Hefen
C6H12O6 (aq) + 6 O2 (g)
C
O
O +- Na+ H3O+ C
O
OH+ H2O
(aq) (aq)+ Na+(aq) (aq)
Zugelassene Konservierungsstoffe
Benzoesäure (E 210) • enthalten z. B. in Heidel- und Preiselbeeren• Verwendung nur in sauren Speisen
z. B. Marinaden, kohlensäurehaltige Getränke
p-Hydroxybenzoesäureester („PHB-Ester“, E 214 - 219) • Wirksamkeit hängt kaum vom pH-Wert ab• Verwendung z. B. bei Füllungen für Backwaren, Fruchtsäften,
Marmeladen, Oliven, Sauergemüse
HO
O CH3
O
C
O
OH
p-Hydroxybenzoesäureethylester
Zugelassene KonservierungsstoffeBiphenyl (E 230) und o-Phenylphenol (E 231)• Anwendung bei Zitrusfrüchten zur Verhinderung des beim Transport
leicht auftretenden Grün- und Blauschimmels
Sorbinsäure (E 200)• enthalten in Vogelbeeren in Form ihres Lactons • Verwendung z. B. in Käse, Obsterzeugnissen, Wein, Backwaren,
Margarine ⇨ Versuch 2
OH
Biphenylo-Phenylphenol
CH3COOH
O OCH3
Sorbinsäure Parasorbinsäure
Sicherheitsbreite von konservierend wirkenden Stoffen
Chronische Verträglichkeit im Futter [%]
Anwendungs-konzentration
Aktuelle Sicherheitsbreite
Sorbinsäure 5 0,1 50
Benzoesäure 1 0,1 10PHB-Ester 1 0,05 20Kochsalz 1 2-3 0,3 - 0,5Zucker ca. 60 bis 60 ≥1
Versuch 2 Nachweis der Sorbinsäure in Margarine
a. Rama (Vollfettmargarine)
• Gesamtfettgehalt mind. 80 %
b. Lätta (Halbfettmargarine)
• Gesamtfettgehalt 39 – 41 %• erhöhter Wasseranteil £ anfällig für Befall von Verderbniserregern
£ Konservierung mit Sorbinsäure bzw. deren Salzen
Versuch 2 Nachweis der Sorbinsäure in Margarine
Polymethinfarbstoff
K2Cr2O7 (aq)
H2SO4 (aq), ∆
Sorbinsäure
Thiobarbitursäure
+ H+
- 2 H2O
COOHO O OHO2
N
N
O
O
H
S
H H
H OO+
O
O
H
S
H
SO
OH
H
H
N
N
N
N
2
3. Lebensmittelfarbstoffe
• 43 in der EU zugelassen
• teilweise nur für einige Lebensmittel mit Höchstmengenbegrenzungen zugelassen
• Beispiele: Konfitüre, Bonbons, Pudding, Kunstspeiseeis, Käserinden, Lachsersatz ⇨ Versuch 3
• Unterscheidung zwischen natürlichen und synthetischen Farbstoffen
Lebensmittelfarbstoffe natürlicher Herkunft
Cochenillelaus auf Feigenkaktus
Wurzel von Curcuma longa
Curcumin (E 100)
Karminsäure (Cochenille)(E 120)
Synthetische Lebensmittelfarbstoffe
NaO3S N N
SO3Na
HO
NaO3S N N
HO
SO3Na
NaO3S
R
N
H
O
O
(NaO3S)2
Gelborange S (E 110)
Chinolingelb (E 104)Patentblau V (E 131)
Ponceau 4 R (E 124)
R = H oder R =CH3
SO3Na
OH
SO3-
(C2H5)2N
(C2H5)2N+
Versuch 3 „Echter“ oder „falscher“ Lachs
a. „Falscher“ Lachs
• Lachsersatz: Seelachs oder Kabeljau• Verwendung von synthetischen Azofarbstoffen
Gelborange (E 110) und Ponceau 4 R (E 124)• Farbstoffe löslich in Ethanol / Wasser
b. „Echter“ Lachs
• Farbe des Fleisches beruht auf Anwesenheit von Carotinoiden
Warum werden Lebensmittel gefärbt ?
• Korrektur von Farbverlusten, die infolge Verarbeitung oder Lagerung auftreten können
• Ausgleich natürlicher Schwankungen in der Farbintensität der Rohware
• Erhöhung der visuellen Attraktivität bei farblosen oder unansehnlichen Lebensmitteln
• für Genusswert von großer Bedeutung
Geschmackstest
Götterspeise mit
Färbung Aromatypische
Laienbewertungfarblos Zitrone
grün Zitrone
farblos Waldmeister
Zitrone
Waldmeister
säuerlich
DemonstrationIsolierung von Lebensmittelfarbstoffen
Glaswolle
Seesand
Götterspeise / Polyamidpulver
Adsorption Desorption
DemonstrationChromatographie von Lebensmittelfarbstoffen
Fließmittel: 1-Butanol, Essigsäure, dest. Wasser (10:3:6)
Götterspeise enthält die synthetischenFarbstoffe:
Chinolingelb (E 104)Gelborange S (E 110)Patentblau V (E 131)
4. Antioxidantien
• hemmen oder verhindern unerwünschte oxidative Prozesse
• Einsatz hauptsächlich in Lebensmitteln, in denen Fett großflächig dem Angriff von Luftsauerstoff ausgesetzt ist (Schutz vor Ranzigkeit)
• Bsp.: Trockensuppen und –soßen, Kartoffeltrockenprodukte, Knabbererzeugnisse, Marzipanmasse, Walnusskerne, ätherische Öle
• Wirkungsweise: wirken als Radikalfänger für die bei Autooxidation auftretenden freien Radikale
Zugelassene Antioxidantien
OH
OHHO
CO2R R=C8H17 oder R=C12H25
CH3
OH
CC (CH3)3(CH3)3
(E 321) (E 311, E 312)
Butylhydroxytoluol (BHT)
• synthetisch
Ester der Gallussäure(Octyl-, Dodecylgallat)
• natürlich vorkommend
Ascorbinsäure (E 300) ⇨ Versuch 4
Versuch 4 – Enzymatische Bräunung
Farbänderung beruht auf Zusammenwirken dreier Faktoren:
1. Phenolische Inhaltsstoffe (in Obst, Kartoffeln etwa 0,1 – 1 %)2. Aktive Enzyme (Phenoloxidasen)3. Sauerstoff
Versuch 4 – Enzymatische Bräununga. Bräunungsreaktion
CuR
RCu
R
R
CuR
RCu
R
RO O
OH
CuR
CuR
R
CuR
CuRO O
O
O O
O O
Polymerisation
O O
+1 +1
+2 +2 +2 +2
+2 +2
RR
+ 2 H+
H2O OH2
E
E E
RE
OH2
Phlobaphene (braune Pigmente)
O2, 2 H2O
- H3O+
- 2 H2O
Versuch 4 – Enzymatische Bräunung
b. Unterdrückung der Bräunungsreaktion
Ascorbinsäure: kräftiges Reduktionsmittel (Endiol-Struktur)£ reduziert gebildeten Chinone (keine Polymerisation)
O
OHO
O CH
OH
H – 2 H
+ 2 H
OO CH
OH
CH2OH
OO
Ascorbinsäure Dehydroascorbinsäure
CH2OH
5. Emulgatoren, Stabilisatoren und Verdickungsmittel
Emulgatoren: • verringern Grenzflächenspannungen zwischen nicht mischbaren
Flüssigkeiten
Stabilisatoren: • stabilisieren Zustandsform eines Lebensmittels• wirken auf Eiweiß ein
Geliermittel:• beeinflussen Viskosität durch Bindung des Wassers• 1 – 3 % können 97 – 99% Wasser binden
Zugelassene Emulgatoren
Lecithine (E 322)• Gewinnung aus Sojabohnen und Eigelb• Verwendung z. B. in Margarine, Schokolade, Backwaren
R2 C
O
O CH
CH2 O C R1
O
CH2 O P
O
O CH2 CH2 N CH3
CH3
CH3O+
-
Zugelassener Stabilisator
Glucono-δ-lacton (GDL, E 575)• innerer Ester der Gluconsäure• schonende Säuerung z. B. bei Rohwurst
C
C
C
C
CH2OH
H
H
H
HO
OH
H
OH
O
C
O
+ H2O
C
C
C
C
CH2OH
OH
OH
H
OHH
HO
H
H
COOH
Zugelassene Verdickungsmittel
Pektin (E 440a) • in Früchten, Wurzeln, Blättern sehr verbreitet• Verwendung z. B. bei Herstellung von Konfitüren und Süßspeisen
Carrageen (E 407)• in Zellwänden bestimmter Rotalgen• Verwendung z. B. in Frucht/Milch-Getränken, Trinkschokolade
⇨ Versuch 5
O
OH
OH
COOCH3
O
OO
OH
OH
COOCH3
OO
OH
COOCH3
OO
OH
OH
COOCH3
O
OH
Versuch 5 Emulsions- und Suspensionsstabilisierende Wirkung
von λ-Carrageen
O
OH
CH2OH
OO3S
O
-O
OO
-OSO3
OH
OO3S-
n
13 4
1
α-D-Galactose-
2,6-disulfat
β-D-Galactose-
2-sulfat
Versuch 5 Emulsions- und Suspensionsstabilisierende Wirkung
von λ-Carrageen
emulgiertes Öltröpfchen
suspendierterKräuterpartikel
6. Geschmacksstoffe
Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe:
Xylit (E 967):• relative Süßkraft 1,2 – 1,3 • Verminderung des Kariesrisikos
Saccharin (E 954):• relative Süßkraft etwa 500• beliebt bei Übergewichtigen
N
S
O
H
O O
HO OH
OH
OH OH
Geschmacksstoffe
• verstärkt Eigengeschmack salziger Speisen wie Fleisch und Gemüse
• 0,1 - 0,3 % ausreichend
HOOC COONa
NH2
O
O
OH
CH3
Geschmacksverstärker:
Mononatriumglutamat (E 621):
Maltol (E 636):
• verstärkt Eigengeschmack süßer Speisen• 0,005 – 0,025 % sparen etwa 5 – 15 % Zucker
7. Schulrelevanz
• im Lehrplan nicht vorgeschrieben
• Thema fächerübergreifend (Biologie)
• Chemikalien weitgehend ungefährlich
• Gerätschaften küchenüblich und kostengünstig
Lebensmittelzusatzstoffe ein Schulthema ?
• etwa 80 % aller Krankheiten sind auf falsches Ernährungsverhalten zurückzuführen
→Notwendigkeit einer Gesundheitserziehung
• auf Basis von Kenntnissen lassen sich Für und Wider des Einsatzes fundierter diskutieren (notwendig oder entbehrlich)
• Unterricht muss in der Lage sein Grundkenntnisse zur Entscheidungsfindung zu vermitteln
Es kommen die Nummern mit „E“ davor so manchem recht verdächtig vor.
Aber: Stoffnamen klingen verschiedentlich, Nummern Europaweit Einheitlich –
und weil Zusatzstoffe gut Eßbar sind,man „E“ hinterm Verwendungszweck find‘t.
„Warn“listen sind entbehrlich, das sag ich ehrlich!
Peter Kuhnert Lebensmittelchemiker