Management_Nachfolge!" Deutsche Bank_r e s u l t s
Stabwechsel mit StilIrgendwann steht jedes Familienunternehmen vor der Frage nach der Nachfolge. Was muss passieren, damit der Generationswechsel wirklich gelingt? results zeigt Unternehmer, die ihre Nachfolge von langer Hand geplant und erfolgreich umgesetzt haben
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Management_Nachfolge !!Deutsche Bank_r e s u l t s
L ässt sich so etwas Großes überhaupt in
zwei Wörter packen? Die Suche nach dem
Nachfolger, ein Thema, das Bücher füllt und
Berater beschäftigt? Das viele Familienunterneh-
mer über Jahre umtreibt wie nur wenig anderes?
Vielleicht schon. Hier also zunächst die Kurzform:
Das Wichtigste, sagt Jürgen Roggemann, Senior
beim gleichnamigen Bremer Holzgroßhändler, sei
„Stress vermeiden“. Und damit, so klingt es, ist das
ganze Thema fast schon abgehandelt.
Aber nur fast. Tatsächlich hat sich der heute
!"-Jährige ein volles Jahrzehnt Zeit genommen, um
die Übergabe an seinen Sohn Max gut und mög-
lichst entspannt zu regeln. Roggemann, ein wachs-
tumsstarker und innovativer Holzgroßhändler, be-
liefert über bundesweit neun Standorte Handwerk,
Handel und Industrie. „Ich hatte nie die Erwartung,
dass meine Kinder die Firma zwingend weiterfüh-
ren müssen“, sagt der Senior. Denn: „Wir besitzen
die Firma, aber die Firma besitzt nicht uns.“ Drei
erwachsene und erfolgreiche Söhne hat der Senior,
und wenn, dann sollte nur einer das Unternehmen
übernehmen. „Erfahrungsgemäß führen mehrere
Kinder in der Firma leicht zu Ärger, auch wenn
es zunächst nicht danach aussieht“, sagt er. Und
so hat erst mal jedes Kind seinen Weg selbst su-
chen können. Übernommen hat das Unternehmen
schließlich der Jüngste, die anderen beiden Söhne
sind als Führungskräfte auch so erfolgreich.
„Ohne Stress und Druck“ hat Roggemann senior
die Nachfolge geregelt. Zentrale Voraussetzung:
ThesenÜbergabe: In mehr als !"" """
deutschen Unternehmen steht ein
Generationswechsel an – und
viele Inhaber kümmern sich nicht
rechtzeitig um ihre Nachfolge.
Planung: Wenn Sohn oder Tochter
ins Unternehmen kommen, ist recht-
zeitige Planung wichtig. Ohne Zwang,
aber so früh wie möglich sollten
Entscheidungen vorbereitet werden.
Prozess: Der Chefwechsel sollte kein
Sprung ins kalte Wasser sein. Erfolg-
reiche Unternehmer sorgen dafür, dass
der Nachwuchs sich schrittweise an
die Temperatur gewöhnt.
Kommt Zeit, kommt Nachfolger: Jürgen Roggemann nahm sich ein Jahrzehnt, um seinen Sohn Max vorzubereiten
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Der Junior bekommt möglichst früh die Chan-
ce, sich auf eigenem Feld zu beweisen. Schon mit
!"#Jahren steigt er in die Geschäftsführung einer
neu gekauften Tochterfi rma ein und bleibt dort
für fünf Jahre. „Abseits vom Radar der elterlichen
Zentrale“, wie er es nennt, kann sich Max im westfä-
lischen Coesfeld beruflich entwickeln und die neue
Tochterfi rma mit ihm. „Man muss seinen Nachfol-
ger Unternehmer sein lassen“, sagt der Vater.
Er lässt. Erst nach fünf Jahren wechselt Max in
die Zentrale und damit zum Vater nach Bremen.
Coesfeld, keine Frage, war eine Art Testlauf für Va-
ter und Sohn. „In der Zeit hab’ ich gemerkt, dass
der Max das stemmt“, sagt der Senior heute. Doch
auch in der Zentrale geht der Junior nicht gleich
ans Ruder. Erst übernimmt er die Leitung des Au-
ßendienstes, danach die Sanierung einer weiteren
Tochterfi rma. Langsam, Jahr um Jahr, gibt der Vater
Arbeit und Verantwortung ab an den Sohn. Genau-
estens wird defi niert, wer in der Übergangsphase
für welche Tochterfi rma zuständig ist. Mehr noch:
Der Vater schreibt eine Geschäftsordnung, in der
alle Zuständigkeiten und Berichtspfl ichten zwi-
schen den beiden verteilt sind. „Das hättest du mir
aber sagen müssen“ – dieser Satz ist zwischen den
Roggemanns bis heute nicht gefallen.
!$%" überträgt der Vater das Gros seiner Anteile
an die Söhne, ab da wird nichts mehr ohne Max ent-
schieden. Und weil beim Wechsel der Generationen
auch Symbole wichtig sind, zieht im Sommer !$%&
der Sohn in das Chefzimmer des Vaters. Ab da hat
er fast die gesamte Verantwortung des Seniors auf
dem eigenen Tisch, der Vater sieht sich heute „nur
noch als Beobachter und Außenminister“.
Wenn eine Familie alle Anteile hält, mag eine
Nachfolge noch vergleichsweise einfach sein. Was
aber tun, wenn der geschäftsführende Gesellschaf-
ter nur einen Teil der Anteile hält und sich über alle
wesentlichen Fragen abstimmen muss? Und den-
noch frühzeitig die Weichen stellen möchte? So
geschehen bei Karl Spanner, geschäftsführender
Gesellschafter und Senior der Karlsruher Physik
Instrumente.
Das Unternehmen ist weltweit führend in der
„Nano-Positionierung“. Die Karlsruher Physiker
entwerfen und bauen Hightech-Maschinen, mit
deren Hilfe Objekte jeder Art auf den tausendstel
Millimeter genau positioniert werden – etwa Lin-
sen von Tele skopen oder Bauteile für die Halbleiter-
industrie. Spanner junior wusste schon mit !$, dass
er irgendwann ins vom Vater geführte Unterneh-
men wollte. Nach dem Studium ging er erst mal
andere Arbeitswelten kennenlernen und als Vor-
standsassistent zur MAN. Und dann nach Japan. Der
Vater hielt ihn derweil auf dem Laufenden.
Als Markus dann !$$' ins Unternehmen kommt,
übernimmt er zunächst die Leitung des Control-
lings. Im April !$%! entsteht eine eigene „Nach folge-
Geschäftsführung“. Der Sohn wird kaufmänni-
scher Leiter und zusammen mit zwei langjährigen
Führungskräften Teil eines gleichberechtigten
Leitungsteams. Er ist damit im klassischen Sinne
nicht der Nachfolger. Karl Spanner sieht das Team
als seinen Nachfolger. Dass sein Sohn ein wichtiger
Teil davon ist, gehört für ihn dazu. Noch bleibt der
Vater Vorsitzender der Geschäftsleitung. Stück für
Stück hat er die Verantwortung für alle Kernberei-
che abgegeben. Und auch aus dem Tagesgeschäft
hält sich Karl Spanner raus. Von Karlsruhe ist er
weggezogen, so kommt er erst gar nicht in Versu-
chung, noch täglich ins Büro zu schauen.
Die richtige und planvolle Übergabe in Familien-
unternehmen ist ein Thema von gesellschaft-
licher Dimension. Allein zwischen !$%& und !$%(
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Physik Instrumente: TeamführungHat sich das Ding jetzt bewegt oder nicht? Wenn die Geräte der Karlsruher Physik
Instrumente zum Einsatz kommen, sieht man das fast nie. Denn das Unternehmen
produziert Maschinen für die „Nano-Positionierung“. Dabei werden Bauteile derart präzise
bewegt, dass das menschliche Auge dies nicht mehr erkennt. Mit solchen kleinsten
Bewegungen schaffte das von Karl Spanner ($%, &. von links) geleitete Unternehmen große
Sprünge in den Weltmarkt. Sohn Markus ('$, &. von rechts) ist als kaufmännischer Leiter
inzwischen mit dabei – als Mitglied in einem vierköpfi gen Führungsteam.
Spaß, nicht ZwangNachfolger sollten sich nicht ver-
pfl ichtet fühlen, meinen Eltern – und
die Nachfolger selbst fi nden, sie sollten
zunächst unten anfangen. Ergebnisse
einer Umfrage der Zeppelin Universität:
Was die Eltern von ihren Kindern erwarten
Beruf fi nden, der ihnen Spaß macht
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Nachfolge übernehmen
Wie Kinder (#& bis '$) aus Familien unter-nehmen die Nachfolge sehen
Nachfolger sollten aus der Familie stammen
Es sollte nur einen Nachfolger geben
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Kinder sollten gleiche Firmenanteile erhalten
Kinder sollten ganz unten im Unternehmen anfangen
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Management_Nachfolge !"Deutsche Bank_r e s u l t s
steht in bundesweit über !"# ### Betrieben der
Generationswechsel an, hat das Bonner Institut
für Mittelstandsforschung (IfM) unlängst errech-
net – Tendenz steigend. Und es ist alles andere als
selbstverständlich, dass der Generationswechsel
von den Beteiligten gut gemanagt wird. Jeder drit-
te Unternehmensübergang scheitert, schätzt der
Kölner Nachfolgeberater Christoph Achenbach.
Und, auch das eine Realität: Nicht wenige regeln
ihre Nachfolge nur, weil sie aufgescheucht wurden
durch die drohende Neuregelung der Erbschaft-
steuer und ihre Anteile zuvor noch an die Kinder
übertragen (siehe Interview Seite !$).
Auch für die kreditgebenden Banken ist die
Nachfolge „als Thema hochrelevant“, sagt Peter
Bertling, Regionsleiter bei der Deutschen Bank in
Mannheim. „Wir erleben immer wieder, dass sich
Unternehmer viel zu spät um eine angemessene
Nachfolge kümmern.“ Das verschlechtert das Ra-
ting, kann zu höheren Kreditkosten führen und
letztlich „die Existenz gefährden“, so Bertling.
Deshalb sehen Kreditgeber auch sehr genau auf
die Qualität der angestellten Führungsebene. Ist
die operative Fortführung etwa bei einem plötz-
lichen Todesfall gewährleistet, oder ist der Laden
eine One-Man-Show, in der nur einer das Sagen hat:
der Senior, der Allmächtige?
Übergabeprozess als „Powerphase“Gerade dann zeigt sich, wie überlebenswichtig gute angestellte Führungskräfte auch in inhaber-geführten Familienunternehmen sind. Die Osna-brücker Unternehmerin Andrea Gallenkamp sollte dies auf tragische Weise selbst erfahren. Denn als vor über !$ Jahren ihr Mann fast von einem Tag auf den anderen für immer schwer erkrankte, muss-te sie den Laden schmeißen – zusammen mit ei-nem erfahrenen Führungsteam. So überstand die Logistik gruppe Nosta nicht nur den plötzlichen Ausfall ihres Chefs und Gründers, sie entwickel-te sich auch höchst erfolgreich weiter. Längst ist der "#-jährige Nicolas Gallenkamp im Unter-nehmen mit dabei, allein verantwortlich für
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Nosta Group: Neue Aufgaben gesucht Zwei Nachfolgen in weniger als #$ Jahren erfolgreich zu bewältigen ist auch keine
alltägliche Herausforderung. Beim Osnabrücker Logistiker Nosta Group ist genau dies
passiert. Von einem Tag auf den anderen musste Andrea Gallenkamp (heute #$) ihren
schwersterkrankten Ehemann im Betrieb ersetzen. Es gelang ihr mit Bravour. Inzwischen
ist die Nachfolge an Sohn Nicolas (%&) aufgegleist. Als der Junior begann, suchte er sich
erst mal Aufgaben, die in den Wachstumsjahren vernachlässigt worden waren. So konnte
er sich beweisen. Und Stück für Stück ins Unternehmen wachsen.
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Management_Nachfolge!" Deutsche Bank_r e s u l t s
Marketing, HR, Strategie und Strukturen. Der Prozess der Nachfolge von der Mutter auf den Sohn läuft.
Und das nicht erst seit gestern: Dem elter-
lichen Betrieb fühlt sich Nicolas von Anfang an
verbunden, „im Unternehmen rumgeturnt“ ist
er bereits als Kind. „Irgendwie war schon immer
klar, dass ich in unseren Betrieb einsteige“, sagt
Nicolas. Kunstgeschichte statt Business-Manage-
ment? Niemand hätte es ihm verübelt. „Die Mut-
ter“, sagt er, „hat nie Druck gemacht, es gab keine
Erwartungshaltung.“
Nach dem Abi arbeitet er erst mal neun Mona-
te an der Verladerampe. Jahre später, nach dem
Studium, startet er als Assistent der Gallenkamp-
Geschäftsführung. Das bringt einen guten ersten
Überblick. Und Nicolas greift sich Aufgaben, die
im schnellen Wachstum oft liegen bleiben: Er im-
plementiert ein zentrales Marketing, renoviert die
CI, setzt den Vertrieb neu auf. Sein Ziel: das Unter-
nehmen auf allen relevanten Märkten attraktiver
machen. Gallenkamp junior kann sich eigenver-
antwortlich auf selbstgewählten, fest defi nierten
Feldern beweisen. Das ist entscheidend, doch
selbstverständlich ist das nicht. Er selbst kennt
Fälle, „wo die Väter noch immer den König spie-
len“. Ergebnis: Der Junior hat keine Chance.
Ein gleitender Übergang ist für die Familien
Spanner und Gallenkamp einer der zentralen Er-
folgsfaktoren für die gelungene Nachfolge. Und
gerade diesen Übergang, in dem sich ja zumindest
vor über gehend die Führungskraft verdoppelt,
sieht Professor Reinhard Prügl vom Friedrichs-
hafener Institut für Familienunternehmen als re-
gelrechte „Powerphase“.
Dies bestätigt auch eine Studie seiner Universi-
tät. Ergebnis: Durch den schrittweisen Einzug der
Nachfolgegeneration ins Unternehmen nehmen
die Innovationsaktivitäten dramatisch zu. „Viele
problematisieren die Nachfolge zu stark“, sagt
der Professor, „und übersehen die Riesenchancen
dieser Zeit.“ In drei Jahren, dann ist die Mutter !",
will Nicolas Gallenkamp in die Geschäftsführung
einziehen, zuvor aber noch schnell einen Master
in Supply Chain Management hinlegen. Stück für
Stück sollen die Aufgaben der Mutter auf den Sohn
übertragen werden. Keine Frage, Nicolas wird das
schaffen. „Auf die sanfte Art“ habe ihn die Mutter
ans Unternehmen herangeführt, sagt Gallenkamp
junior. „Wenn Sie zu irgendwas verdonnert wer-
den“, bestätigt auch Markus Spanner, „dann geht
das schief.“
Beirat hilft bei der NachfolgerwahlDoch ist der Nachwuchs überhaupt geeignet? Un-
ternehmergeist, so viel ist klar, steckt nicht in den
Genen. Eltern können ihren Kindern aber Unter-
nehmertum positiv vorleben, meint etwa die Wis-
senschaftlerin Nadine Schlömer-Laufen vom IfM.
„Wie kommt das eigene Unternehmerleben gegen-
über den Kindern rüber?“, fragt die Mittelstands-
forscherin. „Immer nur Leid, Last und Hast, oder ist
da etwas Spannendes und Positives?“ So kann die
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Roggemann: Alles nach ZeitplanRegelrecht nach Zeitplan lief beim Bremer Holzgroßhändler Roggemann die Übergabe an
den Junior. Der heute $%-jährige Jürgen Roggemann hat das Unternehmen zu einem bundes-
weit präsenten Lieferanten für Baumärkte, Handwerker und Bauzulieferer ausgebaut. Sein
Leitgedanke bei der Übergabe: „Stress vermeiden.“ Und hätte sich im Sohn Max (&') oder in
einem der anderen Kinder kein geeigneter Nachfolger gefunden, wäre dies auch kein Drama
geworden. „Wir besitzen die Firma“, sagt der Senior, „aber die Firma besitzt nicht uns.“
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Management_Nachfolge !"Deutsche Bank_r e s u l t s
ältere Generation Werte vorleben – etwa den guten
Umgang mit den Mitarbeitern. „Mein Vater spricht
mit jedem“, erzählt Markus Spanner, „das hat mir
immer imponiert.“ Und in der Lehman-Krise ließ
Spanner senior seine Leute lieber Fenster putzen,
bevor er sie in Kurzarbeit schickte.
Die Frage nach Zeitpunkt und Form der Nach-
folge ist ein hochgradig emotional belastetes The-
ma. Sie konfrontiert jeden Unternehmer mit dem
eigenen Leben, der Lebensleistung und der inneren
Qualität der Familie. Eine Emotionalität, die oft zu
falschen Entscheidungen verleitet, wie es etwa
Professor Prügl vom Institut für Familienunter-
nehmen beobachtet hat. Viele Unternehmer sind
„natürlich emotional stark involviert beim Thema
Nachfolge“. Und deshalb nicht immer objektiv. Das
Bonner Institut für Mittelstandsforschung hat ge-
rade in einer Studie ermittelt, dass sogar das Ge-
schlecht zu einer enormen Verzerrung bei der Wahl
des Nachfolgers führt. Demnach bevorzugen Väter
in drei von vier Fällen ihre Söhne.
Was also tun, um solchen meist unbewussten
Prägungen nicht selbst aufzusitzen? Professor
Prügl rät, die Suche nach dem geeigneten Nach-
folger in professionellere Hände zu legen – etwa
an einen Beirat. Beiräte oder unabhängige Nach-
folgeberater führten fast immer zu einer „Ent-
emotionalisierung und Professionalisierung des
ganzen Suchprozesses“, sagt auch Peter Bertling,
der Mannheimer Deutschbanker und Kenner zahl-
reicher Familienunternehmen.
„Stress vermeiden“, nannte das der Holzgroß-
händler Roggemann. Schon heute ist geregelt, dass
er in fünf Jahren, mit !", alle Stimmrechte in der
Gesellschafterversammlung an die Kinder abtritt.
Und er hat „fest vor, auch mal Fehlentwicklungen
laufen zu lassen“. Das klingt leicht ironisch und
ziemlich lebensklug – kein Stress eben.
STEPHAN SCHLOTE
WEITERE INFORMATIONEN
Siehe auch Buchrezension Seite #"
Wer die Diskussion um die Reform der Erb-
schaftsteuer verfolgt, ist etwas irritiert.
Ausgerechnet ein CDU-Minister präsentiert
Eckpunkte einer Reform, die schärfer
sind als die Vorgaben des Bundesverfas-
sungsgerichts. Verstehen Sie das?
Das hat auch die Familienunternehmen
überrascht, zumal das Bundesverfassungs-
gericht dem Gesetzgeber großen Gestal-
tungsspielraum zugunsten der Familien-
unternehmen zugebilligt hat. Die vom
Bundesfi nanzministerium vorgelegten
Eckpunkte sehen vor, dass bereits ab
einem Übertragungswert von !" Millionen
Euro das Bedürfnis des Unternehmens
auf Verschonung von der Erbschaftsteuer
indivi duell geprüft wird. Nach einer
Hochrechnung des IW Köln wäre es damit
für #$ %"" Familienunternehmen un -
sicher, ob sie noch eine Entlastung von der
Erbschaftsteuer bekommen. In der Grup-
pe der betroffenen Unternehmen arbeiten
$&,' Prozent der Beschäftigten in Fami li en-
unternehmen. Es macht keinen Sinn, in
dieser Königsklasse der Familienunterneh-
men Arbeitsplätze aufs Spiel zu setzen.
Das BVerfG hat die Verschonung des
Betriebsvermögens von der Erbschaft-
steuer ja grundsätzlich bestätigt.
Müssen Familienunternehmen denn
wirklich in so großer Sorge sein?
Ich denke schon, denn große Familien-
unternehmen können nicht mehr sicher mit
der Verschonung des Betriebsvermögens
rechnen. Wenn es die bisherigen Regeln nicht
mehr gäbe, müssten ($ Prozent der Firmen-
inhaber das Unternehmen oder Teile davon
verkaufen, wie eine Untersuchung
des ifo Instituts belegt. Außerdem sehen die
Eckpunkte vor, dass vorhandenes oder
übergehendes Privatvermögen in die Bedürf-
nisprüfung einbezogen wird. Kaum ein
potenzieller Unternehmensnachfolger wird
in Kauf nehmen, dass er sein Privatvermögen
ganz oder teilweise einsetzen muss, um die
Firma in voller Verantwortung weiterführen
zu können. Eine derartige Verpfl ichtung
kommt dem Kauf eines Unternehmens mit
allen Belastungen und Risiken gleich.
Nur zum Verständnis: Beim Betriebsver-
mögen sprechen wir von der Aktivseite der
Bilanz, also von Buchwerten. Niemand
fordert eine Besteuerung des materiellen
oder gar immateriellen Firmenwertes. Das
ist doch eigentlich nicht so schlimm, oder?
Doch, das ist hochproblematisch, denn
die Erbschaftsteuer richtet sich nach dem
Verkehrswert, also einschließlich Goodwill.
Nach dem vereinfachten Ertragswertverfah-
ren werden &" Prozent des Vorsteuerge-
winns eines Jahres derzeit mit dem Faktor
#),! multipliziert, um den Unternehmens-
wert zu berechnen. Bei Zugrundelegung
dieses Verfahrens würde sich in vielen
Fällen ein weit über dem am Markt erzielba-
ren Preis liegender Wert ergeben. Eine
überhöhte Steuerbelastung wäre die Folge.
Würde nicht jeder vernünftige Finanz-
beamte den geforderten Erbschaftsteuer-
betrag langfristig stunden?
So wie die Stundung bisher ausgestaltet ist,
kann sie so gut wie keiner nutzen. Aber selbst
bei einer Änderung sollte die Zukunft der
Unternehmen nicht von der Entscheidung
eines einzelnen Finanzbeamten abhängen.
Glauben Sie nicht, das rüttelt sich doch noch
alles zurecht? Wie ist denn Ihre Prognose?
Das Verfassungsgericht hat dem Gesetzgeber
den Spielraum gegeben, Betriebsvermögen
von der Erbschaftsteuer zu verschonen. Wir
haben Signale, dass die Große Koalition
zusammen mit großen Bundesländern diese
Chance nutzen will. Die Stiftung Familien-
unternehmen hat ein eigenes Lösungsmodell
vorgelegt, das sich eng am Urteil orientiert,
den Schaden für Unternehmen und Volkswirt-
schaft begrenzt und auf positive Resonanz
stößt. Wir stehen aber noch inmitten eines
mühsamen politischen Prozesses, bei dem
sehr viel für unser Land auf dem Spiel steht.
Interview: „Die Erbschaft-steuer gibt Grund zur Sorge“
Rainer Kirchdörfer ist Vorstand der Stiftung Familien-unternehmen, Rechtsanwalt und Honorarprofessor der Universität Witten-Herdecke FO
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