Vergütung und Zahlung: Sicherung des Vergütungsanspruchs
VEREIN ZUR FÖRDERUNG VON FORSCHUNG UND LEHRE IM PRIVATEN BAURECHT AN DER
PHILIPPS-UNIVERSITÄT MARBURG E.V.
Prof. Dr. Wolfgang Voit
Wirtschaftlicher Hintergrund
Vorleistungspflicht des Unternehmers, führt zu:
• Verringerung der Liquidität: nur durch Abschlagszahlungen oder Teilung der Leistung zu verhindern (Teilabnahme, Teilschlussrechnung)
• Risiko der Insolvenz: durch Abschlagszahlungen oder Sicherheiten zu verringern
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Abschlagszahlung nach BGB I
Rechtsgrundlage: §§ 632a, 320 Abs. 1 BGB
Voraussetzungen (soweit keine Vereinbarung über Abschlagszahlung):
• Abschlagszahlung nach vertragsmäßig erbrachter Leistung, unabhängig von der Abgrenzbarkeit einer Teilleistung
• Bemessung nach dem Wertzuwachs beim Besteller, nicht nach dem Wert der Leistungen; Problem: bei Leistungen des Subunternehmers Wertzuwachs beim GU erst, wenn Zahlung von Besteller erhalten, da kein Eigentum am Leistungsgegenstand? (-) Leistung des SubU ist Teil Leistung des GU => Wertzuwachs schon mit Erbringen der Leistung
• Unwesentliche Mängel stehen nicht entgegen, aber eingeschränktes Zurückbehaltungsrecht entsprechend § 641 Abs. 3 BGB
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Abschlagszahlung nach BGB II
• Prüfbare Aufstellung der erbrachten Leistung ist Fälligkeitsvoraussetzung (keine Schlussrechnung)
• Keine Zuordnung zu bestimmten Posten (weicht die Aufstellung zu weit vom Leistungsverzeichnis ab, kann aber Prüfbarkeit fehlen)
• Wortlaut: Keine Beschränkungen auf Bauleistungen=> auch geistige Leistungen können Anknüpfungspunkt sein (Problem: Wertsteigerung)
• Soweit bei erforderlichen Stoffe oder Bauteilen, die angeliefert oder eigens angefertigt und bereitgestellt sind, Eigentum übertragen oder Sicherheit geleistet wird, § 632 a Abs. 1 S. 5 BGB
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Abschlagszahlung nach BGB III
Abschlagszahlung beim Bauträgervertrag:
• Kein Wertzuwachs beim Besteller, da Eigentum am Grundstück erst nach Fertigstellung übertragen wird
• § 632a Abs. 2: Abschlagszahlung nur nach Vereinbarung gemäß Art. 244 EGBGB mit Weiterverweisung auf MaBV (Einzelheiten beim Bauträgervertrag)
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Abschlagszahlung nach BGB IV
Fertigstellungssicherheit des Bestellers:§ 632a Abs. 3 BGB:
• Nur Bauwerksverträge mit Verbrauchern• Nur, wenn Abschlagszahlung erbracht wird• Sicherungszweck: Rechtzeitigkeit und Mangelfreiheit• Höhe: 5% der vorgesehenen Vergütung • Art der Sicherheit nach Wahl des Unternehmers:
Einbehalt der Vergütung, Erfüllungsbürgschaft etc., vgl. § 632a Abs. 4 BGB
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Abschlagszahlung nach VOB/B§ 16 Abs. 1, § 16 Abs. 5 Nr. 3, 5 VOB/B (§ 632a BGB wird verdrängt)Voraussetzungen (entsprechen weitgehend der Neufassung des BGB): • auf Antrag in Höhe des Wertes der jeweils nachgewiesenen
vertragsgemäßen Leistungen (Nachweis durch prüfbare Aufstellung, § 16 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 VOB/B)
• eigens angefertigten und bereitgestellten Bauteile sowie auf der Baustelle angelieferten Stoffe und Bauteile, soweit Eigentum übertragen oder nach Wahl des Auftraggebers Sicherheit geleistet wird (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 VOB/B)
• Leistungsverweigerung erst nach Nachfristsetzung, § 16 Abs. 5 Nr. 3, 5 (hM.: unter Androhung der Arbeitseinstellung, so: OLG Düsseldorf, BauR 1975, 428, OLG Frankfurt, BauR 1988, 599. Arg.: schwerwiegender Eingriff in die Abwicklung der Baumaßnahme, vgl. Kapellmann/Messerschmidt, § 16 VOB/B, Rn. 332)
• Problem: Leistungsverweigerung durch den Unternehmer bei Ausbleiben der Abschlagszahlung kann wie beim BGB-Vertrag hohe Schäden auslösen; zusätzliche Unsicherheit wegen der Voraussetzung der Nachfristsetzung
• Regelung hält Inhaltskontrolle stand (anders bei Vorauszahlungen) Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Leistungsverweigerungsrecht bei Vermögensverfall
Rechtsgrundlage: § 321 BGBVoraussetzungen: • Nach Vertragsschluss wird erkennbar, dass der
Anspruch wegen mangelnder Leistungsfähigkeit gefährdet wird (Entfällt bei Sicherheitsleistung)
• Probleme: Beurteilung der Anspruchsgefährdung• Sonderproblem: Die Leistung der Sicherheit kann nach
§§ 129 ff. InsO anfechtbar sein (idR als inkongruente Deckung)
• Ergebnis: Nur ultima ratio, da erhebliche Schäden drohen und der eigene Zeitplan gefährdet ist
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Sicherungshypothek nach § 648 BGB
Wirtschaftlicher Hintergrund:
• Abschlagszahlungsanspruch wird für den Unternehmer idR. günstiger sein, weil Liquidität zugeführt wird
• Vorteile der Sicherungshypothek: Es wird keine Fertigstellungssicherheit ausgelöst (§ 632a Abs. 3 BGB)
• Rechtsdurchsetzung geht schneller• Anspruch ist nicht auf Vergütungsansprüche beschränkt
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Grundlagen der Sicherungshypothek Hypothek:• Belastung eines Grundstücks mit Verpflichtung, zur Befriedigung
einer Forderung aus dem Grundstück eine Geldsumme zu zahlen, § 1113 Abs. 1 BGB
• Hypothek ist akzessorisch• Realisierung durch Zwangsvollstreckung, § 1147 BGB• Bestellung durch Einigung und Eintragung, § 873 BGB mit
Besonderheiten nach §§ 1115 f. BGB
Besonderheiten der Sicherungshypothek:• Hypothek bestimmt sich allein nach der Forderung, kein Schutz des
Erwerbers der Hypothek bei gutem Glauben an das Bestehen der Forderung (Ausschluss des § 1138 BGB), §§ 1184, 1185 Abs. 2 BGB
• Sicherungshypothek kann nur als Buchhypothek begründet werden, § 1185 Abs. 1 BGB
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Anspruch auf Bestellung einer Sicherungshypothek nach § 648 BGB
Anspruchsvoraussetzungen:
• Werkvertrag über Bauwerk oder Teil eines Bauwerks• für die Forderungen aus dem Vertrag; im Falle fehlender
Fertigstellung: für einen der geleisteten Arbeit entsprechenden Teil der Vergütung und die in der Vergütung noch nicht inbegriffenen Auslagen
• an dem Baugrundstück des Bestellers
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Bauwerksvertrag
Einheitliche Auslegung des Begriffs des Bauwerks mit § 634a Abs. 1Nr. 2 BGB:• Durch Verwendung von Arbeit und Material in Verbindung mit dem
Erdboden hergestellte Sache, die nur mit größerem Aufwand von dem Grundstück getrennt werden kann und deshalb unbeweglich ist (vgl. BGHZ 57, 60).
• Bauwerksbegriff ist weiter als Gebäude; Bezug zur Bausubstanz erforderlich; Beitrag zu einem Gesamtwerk reicht aus (Malerarbeiten bei Gebäudeneubau oder umfangreicher Renovierung)
• Bauwerk braucht nicht wesentlicher Bestandteil des Grundstücks zu sein
• Vorbereitungsarbeiten nur, soweit konkreter Bezug zur Bausubstanz: Architekt (Überwachung (+) ; reine Planung (-) ; Kombination (+)); Abbruchunternehmer (aber nicht, wenn ein Bezug zum Neubau fehlt); Bodenarbeiten zum Ausheben der Baugrube (+)
• Umbau und Renovierung (wenn sie im Umfang einem Teilbauwerk gleichstehen)
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Gesicherte Forderungen aus dem Bauwerksvertrag
Vergütungsforderung:• nach Fertigstellung und Abnahme (Rechtschutzbedürfnis
zweifelhaft, weil Vergütung verlangt werden kann; im Hinblick auf die Möglichkeit der Sicherung durch einstweilige Verfügung aber zu bejahen; Problem: Gegenschluss zu § 648a Abs. 1 S. 3 BGB)
• nach Fertigstellung vor Abnahme (+), Fälligkeit der Forderung nicht erforderlich
• vor Fertigstellung: Nur für den der erbrachten Arbeit entsprechenden Teil der Vergütung und der darin nicht inbegriffenen Auslagen
• Mängel wirken sich mindernd auf die Bewertung der erbrachten Leistungen aus; kein Abzug eines Druckzuschlages nach § 641 Abs. 3 BGB (str.)
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Gesicherte Forderungen aus dem Bauwerksvertrag
Entschädigungsforderungen/Schadensersatzforderungen:• Beispiele: §§ 642, 645, 649 BGB, § 6 Abs. 6 VOB/B,
Verzugsschaden, sonstige Schadensersatzansprüche gegen den Besteller (zB. Beschädigung von Geräten durch Mitarbeiter des Bestellers; unberechtigtes Hausverbot gegenüber Unternehmer mit der Folge der Kündigung durch den Unternehmer)
• Argumente für Einbeziehung dieser Forderungen: Wortlaut „Forderungen aus dem Vertrag“, Vergleich mit § 647 BGB
• Grenze des § 648 Abs. 1 S. 2 BGB gilt nicht
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
„Am Grundstück des Bestellers“
Identität von Besteller und Eigentümer des vom Bauwerksvertrag betroffenen Grundstücks
Gleichgestellte Rechte: • Miteigentum (an allen Miteigentumsanteilen des Bestellers bzgl. des
bebauten Grundstücks möglich)• Wohnungseigentum (hinsichtlich der Höhe der zu sichernden
Forderung ist zu beachten, dass der Wohnungseigentümer bei Auftrag durch die Gesamtheit der Wohnungseigentümer nur anteilig haftet)
• Erbbaurecht (Sicherungshypothek am Erbbaurecht)Sonderproblem:• Gesamthypothek/mehrere Grundstücke (BGH NJW 2000, 1861)
Voraussetzung: beide Grundstücke werden auf Grundlage eines einheitlichen Werkvertrages bebaut
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Wirtschaftliche Verflechtung statt Identität? I
Reicht nicht aus:
• Wortlaut spricht für enge Auslegung• Keine Rechtsfortbildung, da keine planwidrige Lücke • Parallele zu § 647 BGB• Abstellen auf wirtschaftliche Verflechtung führt zur
Rechtsunsicherheit bei der Beurteilung der juristischen Person
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Wirtschaftliche Verflechtung statt Identität? II
Grenze nach § 242 (Berufung auf Personenverschiedenheit rechts-missbräuchlich, vergleichbar Durchgriff)
• „wenn Wirklichkeit des Lebens und die Macht der Tatsachen es gebieten, die personen- und vermögensrechtliche Selbständigkeit von Besteller und Eigentümer hintanzusetzen“
• nicht allein ausreichend:- wirtschaftliche Alleinherrschaft oder ganz überwiegende
Beherrschung- Kenntnis und Billigung seitens des Eigentümers• Sondern zusätzlich erforderlich:- tatsächliche Vorteile seitens des Grundstückseigentümers
(intensivere eigene Nutzungsmöglichkeit, bessere Vermietbarkeit, BGHZ 102, 95 ff.)
• gleichzustellen: Strohmanngeschäfte
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Rechtsdurchsetzung
Klage auf Bewilligung der Sicherungshypothek: • rechtskräftiges Urteil ersetzt Bewilligung, § 894 ZPOProblem: Dauer bis zur Entscheidung
Durchsetzung im Wege der einstweiligen Verfügung: • Grundlage: § 885 Abs. 1 BGB ermöglicht Eintragung einer
Vormerkung auf der Grundlage einer einstweiligen VerfügungVorteile: • sehr rasche Rechtsdurchsetzung, ggf. auch ohne mündliche
Verhandlung, §§ 936, 922 Abs. 1 S. 1 ZPO und bei Dringlichkeit durch Vorsitzenden allein, § 944 ZPO
• Vormerkung wirkt rangwahrend für die später nachfolgende Sicherungshypothek und verhindert, dass bei Veräußerung des Grundstücks der Anspruch auf Bestellung der Sicherungshypothek nicht mehr durchgesetzt werden kann
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Voraussetzungen der Rechtsdurchsetzung im Wege der einstweiligen Verfügung:
• Verfügungsanspruch, §§ 935, 936 ZPO• Anspruch auf Bestellung einer Sicherungshypothek, • Glaubhaftmachung, kein Vollbeweis, §§ 936, 920 Abs. 2 ZPO; regelmäßig
durch Vorlage der Rechnung und Versicherung der Richtigkeit an Eides Statt (zulässiges Mittel zur Glaubhaftmachung wegen § 294 Abs. 1 ZPO)
• Verfügungsgrund, §§ 935, 936 ZPO• braucht nicht glaubhaft gemacht zu werden, § 885 Abs. 1 S. 2 BGB• Vorteil: Unternehmer zeigt „Zähne“; Einschüchterung zur Verbesserung der
Verhandlungsposition
Probleme bei späterer Insolvenz des Bestellers/Eigentümers: • Ggf. Unwirksamkeit nach § 88 InsO• Anfechtungsmöglichkeit nach §§129 ff. InsO; idR. kongruente Deckung
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Problempunkte der Regelung des § 648 BGB
• Keine Sicherung der Subunternehmer, da ihr Besteller nicht Eigentümer ist
• Leichte Umgehungsmöglichkeit, indem ein anderer als der Eigentümer als Besteller auftritt
• Anspruch versagt, wenn Grundstück bereits in vollem Wert belastet ist
• Anspruch versagt, wenn bereits eine Auflassungsvormerkung eingetragen ist, weil dann die Sicherungshypothek wieder gelöscht werden muss, wenn das Grundstück aufgelassen wird (problematisch vor allem bei Bauträgerverträgen; bei verzögerter Freigabe nach Auflassung können Schadensersatzansprüche drohen).
• Sicherung allein der bereits erbrachten Leistungen, so dass bei Baufortschritt immer angepasst werden muss
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Sicherung nach § 648a BGB
Normzweck: • Absicherung auch der noch zu erbringenden Leistungen
und damit effektive Sicherung der Vorleistung ohne Erfordernis der Anpassung
• Gesetzliche Sicherungsmöglichkeit für Subunternehmer, der keinen Anspruch nach § 648 BGB hat, da sein Auftraggeber nicht Eigentümer des Grundstücks
• Keine Kumulation mit § 648, § 648a Abs. 4 (wohl aber mit Abschlagszahlungen)
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Vor- und Nachteile im Vergleich zu § 648 BGB I
Sicherungshypothek, § 648 BGB
• Für Werklohn, der bereits erbrachte Leistungen betrifft, und für andere Forderungen aus dem Bauwerksvertrag
• Bauwerksvertrag• Selbstständig durchzusetzen, ggf.
auch durch einstweilige Verfügung
• Sicherung nicht kündbar bei Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des AG
§ 648a BGB:
• Auch für Werklohn, der noch nicht erbrachte Leistungen betrifft
• Für Nebenforderungen pauschal 10%, § 648a Abs. 1 S. 2 BGB
• Bauwerk oder Außenanlage• Unanwendbar bei Juristischen
Personen des öffentlichen Rechts und bei „Häuslebauern“, § 648a Abs. 6 BGB
• Widerrufsmöglichkeit bei Vermögensverschlechterung des AG zulässig, soweit Sicherheit auf noch nicht erbrachte Leistungen entfällt, § 648a Abs. 1 S. 3 BGB
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Vor- und Nachteile im Vergleich zu § 648 BGB II
Sicherungshypothek, § 648 BGB
• Besteller muss Eigentümer sein• In der Regel wirtschaftlich wertlos,
da Grundbesitz regelmäßig schon mit Grundpfandrechten für andere Gläubiger belastet ist
• Kosten: nur Gebühren für Beurkundung und Eintragung (ggf. aber mehrfach bei Anpassung der Summe); vom Besteller zu tragen
§ 648a BGB:
• Auch Sicherung des Subunternehmers möglich
• Wahl der Sicherheit ist AG überlassen
• Kosten: vom Unternehmer zu erstatten, § 648a Abs. 3 BGB
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Voraussetzungen des § 648a Abs. 1 BGB im Überblick
1. Unternehmer eines Bauwerkes oder einer Außenanlage• Unternehmer: wie in § 648 Abs. 1 BGB, d.h. Werkvertrag
(abzugrenzen von Kauf- und Dienstvertrag) • Bauwerk: wie bei § 648 BGB oder Außenanlage; Beispiele: Anlegen
von Gärten, Sportplätzen, Entwässerungsanlagen, Landschaftsbau, etc; erforderlich ist die Neuherstellung oder wesentliche Umgestaltung.
2. Sicherung für erbrachte oder nicht erbrachte Leistungen
3. Höhe bis zum voraussichtlichen Vergütungsanspruch + 10 % (pauschalisiert für Nebenforderungen, z.B. etwaige Zinsen)
4. Einschränkungen des Anwendungsbereichs bei natürlicher Person, die Einfamilienhaus baut, und bei juristischer Person des öffentlichen Rechts, § 648a Abs. 6 BGB
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Rechtsfolgen bei Vorliegen der Voraussetzungen
Anspruch auf Sicherheitsleistung
(Vor dem 1.1.2009: Kein durchsetzbarer Anspruch auf Sicherheitsleistung, sondern nur Leistungsverweige-rungsrecht, daher keine echte Verpflichtung, sondern Obliegenheit)
• Konsequenz in der Insolvenz:
Auswirkungen auf Anfechtung bei späterer Insolvenz des Bestellers: kongruente Deckung
(Vor dem 1.1.2009: inkongruente Deckung mit der Folge einer erleichterten Anfechtbarkeit, §§ 129, 131 InsO)
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
§ 648a BGB nach Abnahme
• Anspruch besteht auch nach Abnahme fort, § 648a Abs. 1 S. 3 BGB
• Wirtschaftlicher Sinn: Leistungsverweigerungsrecht hinsichtlich der Mängelbeseitigung, § 648a Abs.5 S. 1
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Weitere Abwicklung, wenn Sicherheit nicht geleistet wird, § 648a Abs. 5 BGB
§ 648a Abs. 5: nach Ablauf der Frist kann Unternehmer entweder - Leistung verweigern und auf Stellung einer Sicherheit klagen oder - den Vertrag kündigen
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Kündigung des Vertrages durch den Unternehmer, § 648a Abs. 5 BGB I
• Wenn Unternehmer nach erfolgloser Nachfristsetzung kündigt:• Vergütung für bereits erbrachte Leistungen, § 648a Abs. 5 BGB • Vergütung nicht erbrachter Leistungen (nicht mehr nur
Vertrauensschaden) abzüglich ersparter Aufwendungen, wie bei § 649 BGB
• widerlegliche Vermutung mit 5% des Vergütungsanspruchs bezogen auf die nicht erbrachten Leistungen
• Nach genereller Rspr. ist bei Kündigung Abnahme bereits erbrachter Leistungen erforderlich – diese kann wegen erheblicher Mängel der Teilleistung verweigert werden; Problem: Sicherung des fortbestehenden Mangelbeseitigungsanspruchs. Lösung: Erneute Fristsetzung, § 648a Abs.1 BGB, s. Schmitz BauR 2009, 714, 721 f;
• aA verbreitet sich in der Lit. PWW/Leupertz § 648a Rn. 21; Ingenstau/Korbion/Joussen Teil C Anh 1 Rn. 213 a.E.: Keine erneute Fristsetzung, Vergütung um Minderungswert zu kürzen; Abnahme hier nicht erforderlich
• Problem: Abrechnung bei Pauschalverträgen (vgl. BGH BauR 1999, 631; Aufteilung in erbrachte und nicht erbrachte Leistungen und Bewertung nach der Urkalkulation; gleiche Grundsätze wie bei §§ 645, 649 BGB)
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Art der Sicherheit• Zulässige Sicherungsmittel sind in § 232 BGB aufgeführt; am gängigsten:
Bürgschaft • Wahlrecht des AG hinsichtlich der Art der Sicherheit• § 648a Abs. 2 BGB: möglich auch Garantie oder Zahlungsversprechen durch
ein Kreditinstitut oder Kreditversicherer • Problem: § 648a Abs. 7 BGB und selbstschuldnerische Bürgschaft sowie
Bürgschaft auf erstes Anfordern.• BGH NJW 2006, 2475; NJW 2010, 2272, 2273: § 648a Abs. 7 BGB schließt
Verschärfungen für Bürgschaften, die im Vertrag selbst schon vereinbart werden, nicht aus. Abs. 7 betrifft also nur Vereinbarungen, die den gesetzlichen Anspruch aus § 648a BGB verschärfen.
• Nachweis der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Sicherungsgebers (§ 648a Abs. 2 S. 2 iVm. Abs. 7 BGB) und Bürgschaft auf erstes Anfordern: Abs. 7 steht richtiger Ansicht nach nur einer weitergehenden vertraglichen Verpflichtung des Bestellers im Werkvertrag entgegen, nicht einer weitergehenden Vereinbarung zwischen dem Sicherheitsgeber und dem Unternehmer; eine einmal abgegebene weitergehende Bürgschaft ist zwar ohne Rechtsgrund geleistet, ist aber nicht unwirksam.
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Widerruf
§ 648a Abs. 1 S. 5 BGBVoraussetzungen:• Personenverschiedenheit von Besteller und
Sicherungsgeber• Vorbehalt des Widerrufs (möglich wegen § 648a Abs. 1
S. 5 BGB)• wesentliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse
des Bestellers• Dadurch wird hinsichtlich der noch zu erbringenden
Vorleistungen Insolvenzrisiko auf Unternehmer rückverlagert; Sicherung des Unternehmers für die noch zu erbringenden Leistungen über § 321 BGB, ferner kann erneut Sicherheit nach § 648a verlangt werden
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Kosten der Sicherheit
Anspruch des Bestellers gegen den Unternehmer auf Erstattung der Kosten hierfür, § 648a Abs. 3 BGB
Höhe: • Nur konkrete Kosten, bis zu 2% der Sicherungssumme
pro Jahr• Entfallen des Kostenerstattungsanspruchs nach § 648a
Abs. 3 S. 2 BGB für die Zeit der unberechtigten Einwendung gegen die Vergütungszahlung
• Erstattungsanspruch trotz Abs. 7 disponibel Argument: betrifft nicht Sicherheit selbst
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Bürgschaft, § 765 BGB
Bestehen einer Hauptforderung• Bürgschaft ist akzessorisch, d.h. im Entstehen und in ihrer Höhe vom
Bestand der Hauptforderung abhängig• Bei bestimmbarer künftiger oder bedingter Forderung ist Bürgschaft bis
zum Entstehen schwebend unwirksam• Bürgschaft gilt in der Regel nicht zur Sicherung einer anderen
Verbindlichkeit, wenn die Hauptforderung nicht entsteht Bürgschaftsvertrag• Abgrenzung zum Schuldbeitritt (Beitretender wird Gesamtschuldner):
Nur bei eigenem wirtschaftlichem Interesse anzunehmen• Abgrenzung zur Garantie: Verpflichtung, für den Eintritt zukünftigen
Erfolgs (Zahlung) einzustehen oder Übernahme einer zukünftigen Gefahr
Form, § 766 BGB; bei Banken § 350 HGBSittenwidrigkeit, § 138 BGB• Bei Bank als Bürgen nicht relevantEinreden
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Vorgaben des § 17 Abs. 4 VOB/B
• § 17 Abs. 4 bezieht sich grds. nur auf die zugunsten des AG zu stellenden Bürgschaften.
• § 17 Abs. 4 verpflichtet zur Bürgschaft unter Verzicht auf die Einrede der Vorausklage (selbstschuldnerische Bürgschaft)
• Die Parteien können vereinbaren, dass diese Vorschrift auch für Bürgschaften gelten soll, die dem AN gestellt werden
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Verteidigungsmöglichkeiten des Bürgen bei einer einfachen Bürgschaft
● Bürgschaftsvertrag nicht wirksam, z.B. formnichtig, sittenwidrig, Verstoß gegen §§ 305 ff BGB, etc.
● Erlöschen der Bürgenschuld: bei Erlöschen der Hauptforderung, § 767 Abs. 1; bei Schuldübernahme 418 Abs. 1 BGB; bei Aufgabe einer Sicherheit, § 776 BGB; bei Bürgschaft auf Zeit, § 777 BGB; Störung der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB
● eigene Einreden aus dem Bürgschaftsvertrag● alle Einreden des Hauptschuldners gegen die Hauptforderung, § 768
BGB (auch rechtsgrundlose Stellung der Bürgschaft wegen Unwirksamkeit der Sicherungsabrede, z.B. BGH NJW 2001, 1857)
● Einrede der Anfechtbarkeit der Hauptschuld, 770 Abs. 1 BGB; analog anzuwenden für Rücktritt, Minderung und andere Gestaltungsrechte
● Einrede der Aufrechnungsmöglichkeit für den Gläubiger, § 770 Abs. 2 BGB
● Einrede der Vorausklage, §§ 771 ff. BGB (entfällt bei selbstschuldnerischer Bürgschaft)
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Rückgriff des Bürgen
Aus dem Rechtsverhältnis zum Besteller: § 675 BGB (oder § 662 BGB oder GoA) iVm. § 670 BGB
Aus übergegangenem Recht: § 774 BGB iVm. § 631 BGB
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Sonderformen der Bürgschaft
Bürgschaft auf erstes Anfordern• = Bürge ist mit den Einwendungen und Einreden aus §§ 768, 770,
771, 776 BGB ausgeschlossen• genereller formularmäßiger Ausschluss der Einreden aus § 768
BGB ist nach § 307 BGB unwirksam (BGH WM 2001, 947, 948)
Nachbürgschaft• = Bürge für den Bürgen
Rückbürgschaft• = der Bürge verbürgt sich gegenüber dem Bürgen für dessen
Rückgriffsforderung gegen den Schuldner
Ausfallbürgschaft• = Bürgschaft unter der aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs.1)
der fruchtlosen Vollstreckung beim Schuldner
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Bürgschaft auf erstes Anfordern I
Zweck: Dem Bürgschaftsgläubiger sollen sofort liquide Mittel zugeführt werdenDeshalb:● werden alle Streitfragen, die die Begründetheit der Hauptforderung betreffen,
erst im Rückforderungsprozess geklärt● kann der Bürgschaftsgläubiger die Bürgschaft bereits dadurch in Anspruch
nehmen, dass er erklärt, der Bürgschaftsfall sei eingetreten (formeller Bürgschaftsfall)
● bedarf es keiner schlüssigen Darlegung der Forderung durch den Bürgschaftsgläubiger
● muss der Bürge im formellen Bürgschaftsfall sofort zahlen und kann sich nur ausnahmsweise im Erstprozess verteidigen, wenn:- sich Einwendungen aus dem unstreitigen Sachverhalt ergeben- oder die der Einwendungen zugrundeliegenden Tatsachen offensichtlich sind und nach jeder Betrachtungsweise rechtlich durchgreifenBsp.: Sicherungsabrede ist nach BGH-Rspr. (Rspr. der OLG oder h.L. genügt nicht!) unwirksam (BGH NJW 2001, 1857); Bürgschaft war befristet und ist z.Z. der Inanspruchnahme erloschen gewesen; Hauptforderung war offensichtlich verjährt, usw.
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Bürgschaft auf erstes Anfordern II
Probleme: • Missbrauch bei Liquiditätsproblemen des
Bürgschaftsgläubigers • Liquiditätsverlust beim Hauptschuldner durch
Rückbelastung, wenn Bürge zugleich Hausbank ist
Deshalb: Verpflichtung zum Stellen einer Bürgschaft auf erstes Anfordern in der Regel in AGB unwirksam
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Bauforderungssicherungsgesetz (Überblick)
Zweck: Mittel, die dem Empfänger als Baugeld gezahlt wurden, sollen den an der Bauerrichtung beteiligten Unternehmern zur Befriedigung ihrer Forderungen zur Verfügung stehen.
Baugeld: Legaldefiniert in § 1 Abs. 3 BauFordSiG• Nr. 1 = Grundpfandrechtlich gesicherte Baudarlehen• Nr. 2 = Geldbeträge in der Bauunternehmerkette (z.B. Zahlungen an GU)Geschützter Personenkreis (§ 1 Abs. 1 S. 1 BauFordSiG)• Wer an der Herstellung des Baus aufgrund eines Werk-, Dienst- oder
Kaufvertrags beteiligt ist (z.B. Handwerker, Bauunternehmer)• Auch Subunternehmer (vgl. § 1 Abs. 3 Nr. 2), keine ArbeitnehmerOrdnungsgemäße Verwendung (§ 1 Abs. 1 BauFordSiG)• S. 1: Befriedigung der geschützten Personen• S. 2: Anderweitige Verwendung, soweit geschützte Personen aus anderen
Mitteln befriedigt• Abs. 2: Für sich behalten, sofern Empfänger selbst am Bau beteiligt
entsprechend des Wertes der von ihm erbrachten Leistungen Problem: Baugeld darf nur für konkretes Bauvorhaben verwendet werden
und muss objektbezogen auf separaten, dem Zugriff Dritter entzogenen Konten verwahrt werden (trotz Eingriff in die Berufsfreiheit verfassungs-konform nach BVerfG NJW 2011, 1578; aber Neuregelung geplant).
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Bauforderungssicherungsgesetz (Haftung bei unzulässiger Verwendung von Baugeld)
§§ 1, 2 BauFordSiG sind Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB Bauunternehmer haben Anspruch auf Schadensersatz, wenn Ihre
Forderungen aufgrund der nicht ordnungsgemäßen Verwendung von Baugeld nicht befriedigt werden können.
Schadensersatzpflichtig sind neben dem Baugeldempfänger, auch für ihn verantwortlich handelnde Leitungspersonen.
Verschulden: erforderlich ist zumindest bedingter Vorsatz; Arg: Straftatbestand § 5 GSB = § 2 BauFordSiG (h.M.; BGH NJW 1982, 1037)
§ 1 Abs. 4 BauFordSiG: Empfänger trägt Beweislast, dass empfangene Mittel kein Baugeld sind bzw. ordnungsgemäß verwendet wurden.
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit
Sicherung des Vergütungsanspruches Professor Dr. W. Voit