Tamper-Evident Etikettierung für Faltschachtelverpackungen
WHITE PA P E R
1. Einleitung
Scheinbar attraktive Internet-Angebote bringen immer mehr Verbraucher dazu, Medikamente
in einer legalen Grauzone oder gar gänzlich illegal zu bestellen – zu verführerisch sind die
vermeintlichen Schnäppchen, und nach wie vor gilt die Devise „Geiz ist geil“. Die Weltgesund-
heitsorganisation WHO geht jedoch davon aus, dass weltweit inzwischen jedes zweite im Internet
bezogene Medikament gefälscht ist. Kein Wunder: Die Gewinnspannen der Fälscher sind gigantisch;
sie liegen je nach Medikament bei bis zu 20.000 Prozent – und übertreffen damit den Heroin-
handel um das Zehnfache.1 Der zunehmende illegale Online-Handel fügt damit Medikamenten-
herstellern erheblichen wirtschaftlichen Schaden zu. Die Schätzungen belaufen sich auf bis zu
35 Milliarden Euro weltweit. Arzneimittelfälschungen bergen auch erhebliche gesundheitliche
Risiken. Denn dass Verbraucher per Mausklick ihre Gesundheit aufs Spiel setzen, ist ihnen nicht
bewusst. Angesichts der gigantischen Gewinnspannen werden von Medikamentenfälschern oft
Wirkstoffe gestreckt, weggelassen oder durch gänzlich wirkungslose, schlimmstenfalls sogar
gesundheitsschädliche Substanzen ersetzt. Das kann besonders für Menschen, die dauerhaft
auf Medikamente angewiesen sind, tödliche Folgen haben – z. B. für Patienten, die Blutverdünner
oder HIV-Medikamente benötigen. Und nicht nur der Internethandel birgt Gefahren für Anwender,
denn gefälschte Medikamente können unter Umständen auch in die reguläre Handelskette
gelangen. Erkennen lassen sich die Fälschungen für Laien bisher kaum.
Die Europäische Union hat dieses Problem erkannt und mit der sogenannten Fälschungs-
schutzrichtlinie 2011/62/EU („Falsified Medicines Directive“) reagiert. Am 9. Februar 2016
wurde die delegierte Verordnung in der finalen Fassung (EU) 2016/161 veröffentlicht. 2 Die
Vorgaben der Richtlinie werden nun binnen einer Frist von drei Jahren rechtswirksam. Arzneimittel
bzw. ihre Verpackungen müssen dann eine individuelle Seriennummer tragen und bis zum
Hersteller rückverfolgbar sein. Auch müssen Verpackungen künftig gegen Manipulationen
geschützt werden. Neben der EU sind auch andere Regionen und Märkte wie China, die USA,
Brasilien und die Türkei dabei, ähnliche Vorkehrungen zu treffen bzw. sie haben schon mit der
Umsetzung begonnen.
1 Vgl. „Verfolgung ist die beste Medizin“, F.A.Z., 10. Dezember 20132 Vgl. Pressemitteilung securPharm vom 09. Februar 2016: „Delegierte Verordnung veröffentlicht“
(http://www.securpharm.de/presse/pressemitteilungen.html)
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Die Aussicht auf hohe Gewinnspannen und nicht lückenlos zu kontrollierende Lieferketten führen
auch in anderen Branchen zu einer dramatisch ansteigenden und zum Teil folgenschweren
Produktpiraterie. Ein besonders drastisches Beispiel war z. B. der 2008 aufgedeckte Babynahrungs-
skandal in China: Hier wurde Melamin in Milch gemischt, um trotz Verdünnung einen hohen
Proteingehalt vorzutäuschen. Als diese gepanschten Milchprodukte in Säuglingsnahrung
verwendet wurden, erkrankten Hunderttausende Säuglinge schwer und es kam zu mehreren
Todesfällen. Und neben den gängigen Luxusprodukten wie Uhren und Handtaschen sind längst
auch Autoersatzteile und Elektronikprodukte bei den Fälschern sehr beliebt – Gefahren für Leib
und Leben dürften hier ebenfalls ein Thema sein.
Für die Pharmaunternehmen ist es nun eine Herkulesaufgabe – die Umsetzung der EU Verordnung
zum Schutz vor gefälschten Arzneimitteln. Nach Einschätzung der Initiative SecurPharm
handelt es sich um nicht weniger als „eines der größten Infrastrukturprojekte der Arzneimittel-
versorgung“.3 Die Kosten, die auf die Hersteller zukommen, belaufen sich schätzungsweise auf
bis zu 100.000 Euro – pro Produktionslinie. Die laufenden (Mehr-)Kosten sind darin noch nicht
einmal berücksichtigt. Immer wieder wird darauf hin gewiesen, dass die Einführung der Seriali-
sierung in den meisten Pharmaunternehmen üblicherweise mit einer Durchleuchtung der
Warenwirtschaftssysteme einhergeht. Dem entstehenden Mehraufwand stehe damit – neben
dem wichtigen Fälschungsschutz – zusätzlich ein Gewinn an Effizienz gegenüber.4
Siegeletiketten verbinden die Einstecklaschen fest mit
dem Packungskorpus. Ein entscheidender Aspekt ist
hier der Etikettenhaftkleber. Er darf sich selbst von
lackierten Oberflächen nicht zerstörungsfrei ablösen lassen.
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3 Vgl. Pressemitteilung securPharm vom 27. Januar 2016: „Neun weitere Unternehmen bei Securpharm“ (http://www.securpharm.de/presse/pressemitteilungen.html)
4 vgl. zum Beispiel Vortrag von Elmar Mand: Arzneimittelsicherheit – Aktueller Rechtsrahmen und künftige Entwicklungen; Vortrag an der Philipps Universität Marburg, S. 27 u. 41 (http://bvdva-kongress.de/wp-content/uploads/2016/01/150612_bvdva15_Elmar_Mand_Arzneimittelsi-cherheitausjuristischerSicht.pdf)
Ob daraus tatsächlich, wie manchmal behauptet wird, ein Wettbewerbsvorsprung entstehen
kann, ist fraglich. Denn da neben der EU bereits weitere Länder mit bedeutenden Märkten an
ähnlichen Serialisierungsvorhaben arbeiten (oder schon dabei sind, diese anzuwenden), dürfte
die Zahl der pharmazeutischen Unternehmen, die gar nicht betroffen sind, überschaubar oder
zunehmend allenfalls für Nischenmärkte relevant sein.
2. Hohes Maß an Entscheidungsfreiheit
Allerdings ist die Serialisierung zum Beispiel in Form eines 2-D-Matrix Codes, in dem u. a. eine
individuelle Seriennummer hinterlegt ist, nur eines der beiden in der Richtlinie geforderten
„Sicherheitsmerkmale“. Das andere wird schlicht mit „Vorrichtung gegen Manipulation“
bezeichnet. In einem erläuternden Kommissionsdokument heißt es etwas lapidar: „Es wird
darauf hingewiesen, dass diese delegierte Verordnung keine technischen Merkmale für die
Vorrichtung gegen Manipulation vorgibt, da sich das der Kommission vom Unionsgesetzgeber
übertragene Mandat nur auf die technischen Merkmale des individuellen Erkennungsmerkmals
erstreckt.“5 In der Delegierten Verordnung vom 2. Oktober 2015 heißt es dann lediglich:„Die
Überprüfung der Unversehrtheit der Vorrichtung gegen Manipulation zeigt, ob die Verpackung,
seit sie den Hersteller verlassen hat, geöffnet oder verändert wurde; auf diese Weise wird
gewährleistet, dass der Inhalt der Packung echt ist.“6 Jeder Hersteller von Arzneimitteln hat
damit ein recht hohes Maß an Entscheidungsfreiheit, wie er der Vorgabe nachkommt. Aber im
Gegensatz zur Umsetzung des „individuellen Erkennungsmerksmals“ dürfte er bei der Umset-
zung der „Vorrichtung gegen Manipulation“ keinerlei positive Nebeneffekt haben, sieht man
einmal davon ab, dass er sie auch auf Medikamente anwenden könnte, die von der EU-Richtlinie
derzeit nicht erfasst werden. Für den Pharmazeuten bzw. den Lohnverpacker heißt das also: Er
muss bei dem Aspekt des Manipulationsmerkmals ein Höchstmaß an Sicherheit erreichen,
gleichzeitig jedoch großen Wert auf eine möglichst wirtschaftliche Umsetzung legen, da ein
weitergehender Nutzen derzeit nicht abzusehen ist.
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5 Kommissionsdokument C(2015)6601/F1, S. 4 6 DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2011/62 DER KOMMISSION vom 2.10.2015 zur Ergänzung der
Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates durch die Festlegung genauer Bestimmungen über die Sicherheitsmerkmale auf der Verpackung von Humanarzneimitteln, S. 3 (15)
3. Europäische Norm für Manipulationsmerkmale
Eine wichtige Richtschnur für die Wahl eines geeigneten „Antimanipulationsmerkmals“ liefert
inzwischen die DIN EN 16679, also eine europäische Norm: „Verpackung – Merkmale zur Über-
prüfung von Manipulationen an Arzneimittelverpackungen“. Sie wurde erarbeitet vom Technischen
Komitee CEN/TC 261 „Verpackung“ unter Beteiligung deutscher Experten und trat im März
2015 in Kraft. Das Spektrum der dort aufgezeigten Möglichkeiten ist überschaubar.7
Zur Auswahl stehen:
a) Mit Klebstoff verschlossene Faltschachteln
Diese Schachteln müssen zumindest teilweise zerstört werden, um Zugang zum Produkt
zu erhalten. Perforationen dürfen zwar den Zugang erleichtern, aber das erstmalige
Öffnen muss auf jeden Fall sichtbare Beschädigungen hinterlassen.
b) Spezielle Faltschachtelkonstruktionen
Dabei sind die Laschen so in den Körper der Faltschachtel eingesteckt, dass ein Öffnen
sichtbare Veränderungen zur Folge hat bzw. ein erneutes Verschließen die Erstöffnung
eindeutig erkennen lässt.
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7 DIN Deutsches Institut für Normung e. V.: Verpackung – Merkmale zur Überprüfung von Manipulationen an Arzneimittelverpackungen; Deutsche Fassung EN 16679:2014; März 2015
Der Etikettierer ist das Herzstück jeder Tamper-
Evident-Anlage, die auf Etiketten basiert. Große
Stückzahlen mit identischer Geometrie gewährleisten bei
HERMA ein hohes Maß an Zuverlässigkeit.
c) Folienumhüllungen
Hierbei wird die Produktverpackung mit einer Folie umhüllt, die sich nicht
zerstörungsfrei entfernen lässt.
d) Siegeletiketten
Sie verbinden mindestens eine Lasche fest mit dem Korpus der Verpackung.
Nur das unzerstörte Etikett gewährleistet damit, dass noch keine Erstöffnung
stattgefunden hat.
Grundsätzlich denkbar für Faltschachtelverpackungen, aber aus praktischen wie wirtschaftli-
chen Überlegungen eher nicht sinnvoll sind aufwändige Blister-Sichtverpackungen, wie man sie
unter anderem für Elektro-Kleinteile und Speicherkarten im Handel verwendet (hier allerdings
primär, um den Diebstahl zu erschweren). Auch flexible Verpackungen mit Kunststoff- und /
oder Aluminiumfolie und Siegelrand dürften in der Praxis eher Ausnahmeerscheinungen bleiben.
Dazu kommen noch Manipulationsmerkmale, die bereits wirksam und üblich sind, für Falt-
schachtelverpackungen jedoch schon aus technischen Gründen kaum eine Rolle spielen dürften.
Dazu gehört zum Beispiel die Manschette. Das ist quasi eine spezielle Art der Folienumhüllung,
die häufig nur um den eigentlichen Verschluss geschrumpft wird. Das findet man vor allem bei
flaschenartigen Packmitteln aus Glas oder Kunststoff. Eine Beschädigung oder gar ein Fehlen
der Manschette kann auf Manipulationen hindeuten. Der Bruch- oder Abreißverschluss funk-
tioniert auf ähnliche Weise wie die Manschette, ist allerdings meist integraler Bestandteil des
Packmittels. Das Funktionsprinzip ist zum Beispiel von Mineralwasserflaschen aus Kunststoff
bekannt, wo der Deckel mit einer Drehung von einem Siegelring gelöst werden muss. Schließ-
lich führt die DIN EN 16679 noch die BFS-Behälter aus Kunststoff auf, die in einem Arbeitsgang
aufgeblasen, gefüllt und versiegelt werden. Sie müssen erkennbar aufgebrochen werden, um
den – meist flüssigen – Inhalt zu entnehmen.
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4. Wenig Mehraufwand für Siegeletiketten
Sofern man sich auf Faltschachtelverpackungen beschränkt, wie es hier der Fall sein soll, bleiben
im Grunde nur die Varianten a) bis d). Bei Variante a) und b) sind meistens starke konstruktive
Änderungen an der bestehenden Faltschachtelverpackung notwendig, die zum Teil auch die
Gestaltung bzw. die eingesetzten Materialien betreffen. Daraus können in der Summe erhebliche
Mehrkosten resultieren. Das trifft – vielleicht in nicht ganz so starkem Maße – auch auf Variante
c) zu, die Folienumhüllung. Bei ihr können die bisher schon eingesetzten Faltschachtelverpa-
ckungen in der Regel einfach weiter verwendet werden. Allerdings kommt hier erschwerend
hinzu: Ist die Folie erst einmal vollständig entfernt, und dem Arzt, Apotheker oder Patienten
nicht bekannt, dass diese Umhüllung das entscheidende Kriterium für die Erstöffnung ist, dann
sind Manipulationsversuchen Tür und Tor geöffnet, sofern nicht ein weiteres Kriterium integriert
wird. Variante d), also der Einsatz von Siegeletiketten, hat den Vorteil, dass sowohl die vorhanden
Faltschachtelverpackungen weiterhin im Einsatz verbleiben können als auch der zusätzliche
Material- und Kostenaufwand grundsätzlich gering gehalten werden kann.
Damit Siegeletiketten zuverlässig ihren Dienst erfüllen, kamen hier bislang jedoch oftmals sehr
spezielle Materialien zum Einsatz, etwa „Bröselfolien“, die sich bei einem Manipulationsversuch
quasi auflösen, oder sogenannte „Void“- oder Entwertungs-Etiketten, die bei Öffnungsversuchen
irreversibel einen Schriftzug freigeben. Diese Spezialmaterialien wiederum haben Schwächen
beim maschinellen Verspenden mit Hochgeschwindigkeit oder stehen in der Summe dann doch
wieder für einen erheblichen finanziellen Mehraufwand.
Auch bei den Varianten a) bis c) können Etiketten eine wichtige Rolle spielen – als zusätzliches
Antimanipulationsmerkmal. Das trifft zum Beispiel gerade bei Faltschachteln mit Klebever-
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Ein Kamerasystem prüft die Anwesenheit des für die
Serialisierung erforderlichen Data-Matrix-Codes sowie wei-terer Serialisierungsangaben.
schluss zu, der auf Heißleim basiert. Es ist gängige Praxis der Produktfälscher, den Heißleim
über Hitzeeintrag wieder zu lösen, das Produkt zu entnehmen oder auszutauschen und die
Original-Faltschachtel wieder zu verwenden.
5. Etikettenhaftkleber als entscheidender Faktor
Als Manipulationsschutz betriebswirtschaftlich und technisch am sinnvollsten wären völlig
konventionelle rechteckige oder runde Etiketten – vielleicht noch mit einer Sicherheitsperforation
versehen. Der entscheidende Faktor für ihren Einsatz ist der Haftkleber. Er muss hochbeständig
sein gegen Wasser, Heißluft und verschiedene Lösungsmittel. Nur dann ist gewährleistet, dass
das Etikett sich selbst von stark lackierten Faltschachtelverpackungen nicht abziehen lässt,
ohne sich selbst oder die Kartonoberfläche sichtbar zu zerstören. Solche Haftkleber sind
inzwischen für den universellen Einsatz verfügbar, das heißt, für sehr verschiedene Oberflächen.
Mit dem innovativen Haftkleber HERMAsuperPerm 63S zum Beispiel8 lässt sich ein und dieselbe
Siegeletikett-Variante für eine Vielzahl von Verpackungsmaterialien und für eine Vielzahl von
Oberflächen verwenden. Weil Siegeletiketten zum einen eine betriebswirtschaftlich interessante
Lösung sind, die Etikettiertechnologie zum anderen grundsätzlich sehr ausgereift ist, ist es
lohnend, sich intensiver mit dieser Variante des Manipulationsmerkmals zu beschäftigen.
6. Aspekte der Etikettierung
Sofern man Etiketten als Manipulationsschutz einsetzt, sind einige besondere Aspekte zu
beachten. Zum einen müssen die Faltschachteln zuverlässig separiert werden – entweder
bereits in der vorgelagerten Maschine oder mittels Transportbändern . Die Orientierung der
Schachteln kann ebenfalls die vorgelagerte Maschine übernehmen, ansonsten können dafür
eine Nockenkette oder eine Noppenbahn eingesetzt werden. Anschließend müssen die Schach-
teln zwischen Transportband und Oberband fixiert werden, um ein präzises Aufspenden zu
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8 Siehe HERMA Pressemitteilung vom 29. Juni 2015: „Super fest für Tamper-Evident“ (http://www.herma-material.de/de/aktuelles/meldungen/haftmaterial/labelexpo_2015_super_fest_fuer_tamper_evident.html)
gewährleisten. Die Liniengeschwindigkeit kann im Pharmabereich bis zu 500 Teile je Minute
betragen – um dies auch beim Etikettieren zu
erreichen, ist Erfahrung im Umgang mit Faltschachteln erforderlich. Die Einstecklaschen der
Faltschachteln, die versiegelt werden müssen, können sich zudem an verschiedenen Positionen
befinden: rechts oben und links unten, links oben und rechts, auf beiden Seiten unten oder
oben. Die Etiketten werden an den Seiten der Boxen angebracht und ragen zunächst um ca. 50
Prozent über den Packungskorpus hinaus. Zum zuverlässigen Umbügeln können Leisten oder
Feder-Anpressrollen eingesetzt werden. Grundsätzlich können neben Einstecklaschen auch mit
Hotmelt verklebte Laschen, die sich über Hitzeeintrag prinzipiell wieder öffnen lassen, mit
solchen speziellen Etiketten vor Manipulationen besser geschützt werden.
7. Spezialaufgaben mit Standardanlagen lösen
Kaum eine Branche muss sich inzwischen so komplexen Anforderungen bei Produktinformation
und Kennzeichnung stellen wie die pharmazeutische Industrie. Dabei ist der pure Umfang der
Information – obwohl er inzwischen auch schon ein beträchtliches Maß erreicht hat – nur ein
Thema unter vielen. Die absolut zuverlässige Sicherstellung der Kennzeichnung, die lückenlose
Rückverfolgbarkeit, Maßnahmen gegen Produktfälschungen wie Serialisierung und Manipulations-
merkmale sind weitere Aspekte, die heute jeden Produktionsleiter vor gewaltige Aufgaben stellen.
Eine Fülle von unterschiedlichen Technologien – für Druck, Identifikation, Etikettierung und
Kontrolle – muss auf engstem Raum so zusammenspielen, dass auch unter den äußerst
individuellen Produktionsbedingungen bei jedem Pharmahersteller höchstmögliche Sicherheit
erreicht werden kann. Dazu kommen oft genug noch landesspezifische Besonderheiten und
mitunter spezielle Etiketten, die neben der reinen Informationsvermittlung noch Funktions-
9 | HERMA WHITE PAPER: Tamper- Evident-Etikettierung für Faltschachtelverpackungen
Nach dem Aufspenden auf eine Seitenlasche ragt das Siegeletikett zunächst um etwa 50 Prozent über den
Kartonkorpus hinaus.
aufgaben erfüllen müssen und damit den Spendeprozess um eine weitere „Komplikation“ erweitern.
So ist es kein Wunder, dass gerade bei der Kennzeichnung von Pharmaprodukten Entscheider
oftmals immer noch akzeptieren, dass entsprechende Anlagen notgedrungen eine Spezialan-
fertigung sein müssen. Sie tun das nur zähneknirschend, denn jeder Produktionsleiter weiß
um die Nachteile eines solchen Vorgehens. Da ist zunächst der Kostengesichtspunkt:
Wirkliche Sondermaschinen sind teuer. Gerade bei Sondermaschinen führen neben den reinen
Anschaffungskosten auch andere „Sondereffekte“ zu Problemen. Denn bei individuellen
Anlagen liegen selten umfangreichere Praxiserfahrungen vor. Deshalb findet die tatsächliche
Erprobung mitunter erst beim Anwender statt. Das kaum ausgereifte Produkt hält oftmals
nicht das, was sich der Anwender hinsichtlich Effizienz und Effektivität sowie Bediener- und
Servicefreundlichkeit versprochen hat. Nicht zuletzt beruht Investitionssicherheit auch darauf,
wie zuverlässig sich noch nach Jahren Ersatzteile beschaffen lassen und wie sicher sich Prozes-
se reproduzieren lassen, sollte die Anlage einmal den Standort wechseln müssen.
Eine Möglichkeit, die Nachteile von Sondermaschinen zu vermeiden, dennoch aber ein sehr
umfassendes Spektrum auch von speziellen Aufgaben wie zum Beispiel die Tamper-Evident-
Etikettierung lösen zu können, bietet die modulare Bauweise. Das bedeutet, dass einzelne,
zum Teil in sehr großen Stückzahlen gefertigte und damit bestens bewährte Funktionsbau-
gruppen je nach Kundenanforderungen immer wieder neu kombiniert werden können, mit dem
Ziel, dass jede daraus entstandene Anlage nicht nur Standard-, sondern auch ausgefallenen
Herausforderungen gewachsen ist.
Zu diesen Funktionsbaugruppen zählen zum Beispiel:
• Etikettierer
• Drucksysteme
• Kontrollsysteme
• Ausschleuseinrichtungen
• Wägemodule
• Sensoren
Der Etikettierer
Ein Kernstück jeder Tamper-Evident-Anlage ist der Etikettierer. In der modularen Bauweise ist
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es das Ziel, seine Geometrie immer gleich zu lassen. Damit ist auch nach zehn Jahren noch ein
unkomplizierter Austausch gewährleistet, etwa gegen ein leistungsstärkeres Modell. Daraus
resultiert dann aber auch ein hohes Maß an Zuverlässigkeit. Bei HERMA zum Beispiel wird der
Etikettierer mit der immer gleichen Grundform inzwischen mehrere Tausend Mal gebaut – pro
Jahr. Die Elektronik und Software ist in diesem Fall komplett im Etikettierer integriert. Sie auf
dem jeweils neuesten Stand zu halten hat praktisch keinen Einfluss auf die Gerätegeometrie.
Die einzelnen Aggregate des Etikettierers wie Ab- und Aufwickler, Ablösesysteme und Etiketten-
sensoren werden wiederum ebenfalls in großen Stückzahlen gefertigt. Für eine hohe Flexibilität
auf Anwenderseite genügt es, diese Aggregate in verschiedenen Ausprägungen vorzuhalten:
Etwa in Rechts-Links-Ausführungen, für unterschiedliche Wickeldurchmesser, Etikettenarten
und -breiten.
Das Drucksystem
Variable Daten auf Pharmaetiketten oder Faltschachteln zu drucken ist aufgrund der ständig
wachsenden Anforderungen eine enorme Herausforderung. Je nach Produktform, Größe und Art
der eingesetzten Etiketten und durchaus auch in Abhängigkeit von der allgemeinen Produktions-
geschwindigkeit sind unterschiedliche Druckverfahren betriebswirtschaftlich sinnvoll. Die sehr
hohen Stückzahlen der HERMA Etikettierer mit gleichbleibender Geometrie beispielsweise
haben inzwischen nahezu alle Hersteller gängiger Heißpräger oder Thermotransferdrucker
genutzt, um die Einbaurahmen ihrer Druckmodule für die Integration in den Etikettierer
entsprechend zu standardisieren. Der Anwender hat damit alle Freiheiten, selbst wenn es
darum geht, eine bestehende Anlage später auf andere Druckverfahren umzustellen. Auch
neuartige Verfahren mit laseraktivierbaren Etiketten und einem entsprechenden Beschriftungs-
laser sind problemlos möglich. Sie bieten den Vorteil einer sehr geringen Wartungsintensität in
Verbindung mit der Möglichkeit, auch sehr kleine Schriftgrößen gestochen scharf zu drucken.
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Zum zuverlässigen Umbügeln können Leisten oder Feder-Anpressrollen
(im Bild) eingesetzt werden.
Das Kontrollsystem
Je nach Anwenderwunsch und -bedarf sind unterschiedliche Qualitätsstufen bei den Kontroll-
systemen gefordert. Handelt es sich um eine reine Druckanwesenheitskontrolle reichen Kontrast-,
Farb- oder einfache Kamerasensoren aus. Sofern tatsächlich der Druck gelesen werden muss,
kommen OCV- oder OCR-Kamerasysteme zum Einsatz. Für die Kontrolle von 1D- oder 2D-Codes
wiederum finden bedarfsweise Scanner, Kamerasensoren oder Kamerasysteme Verwendung.
Um sämtliche Anforderungen abzudecken, sieht der modulartige Aufbau eine standardisierte
Halterung vor, in die sich alle gängigen Sensoren und Kamerasysteme integrieren lassen.
Die Ausschleuseinrichtung
Im Fall einer Fehlfunktion Etiketten oder Produkte kontrolliert ausschleusen zu können ist für
Pharmaprodukte eine zwingende Vorgabe. Bei teuren oder fragilen Produkten besteht meist der
Wunsch, das (fehlerhafte) Etikett auszuschleusen, bevor es überhaupt auf das Produkt gelangt.
Dafür gibt es spezielle Ausschleuseinrichtungen, mit der die fehlerhaften Etiketten auf eine
Sammelrolle aufgespendet werden können. Sofern die kompletten Produkte ausgeschleust
werden, geschieht das häufig im Drehstern über einen Schieber in eine abschließbare Box.
Das Verfahren ist platzsparend, aber natürlich nur geeignet für Produkte, denen ein kleiner
Fall nichts anhaben kann. Für sehr empfindliche Produkte stehen Lösungen mit Weichen und
Sammelbändern zur Verfügung, auf denen ausgeschleuste Produkte sicher gesammelt werden
können.
Die Sensoren
Es ist ein hohes Maß an Präzision erforderlich, um die recht kleinen Tamper-Evident Etiketten
seitlich an den Einstecklaschen so aufzubringen, dass sie etwa 50 Prozent über den Faltschachtel-
korpus nach oben (oder nach unten) hinausragen. Eine mechanische Falzschiene bügelt die
beiden überstehenden Etikettenteile dann um 90 Grad um und gefederte Schaumstoffrollen
drücken die Etiketten an, so dass die Einstecklaschen fest verbunden sind mit dem Faltschachtel-
korpus. Um das Vorhandensein des Antimanipulationsmerkmals bestmöglich zu gewährleisten,
sind zwei Kontrolleinheiten notwendig. Je eine Lichtschranke auf jeder Seite der Faltschachtel
überprüft die Anwesenheit eines überstehenden Etikettenteils, ein zweites Paar Lichtschranken
kontrolliert, ob das Etikett nach dem Umbügeln noch übersteht oder ob das Umbügeln
erfolgreich war. Liegt ein Fehler vor, schleust ein Schieber, gesteuert über ein Schieberegister,
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unweigerlich die betreffende Packung aus. Kommen transparente Siegeletiketten zum Einsatz,
kann der Haftkleber mit lumineszierenden Partikeln so eingestellt werden, dass ein UV Sensor
den Unterschied zwischen Faltschachtel und Etikett erkennt. Damit kann das erfolgreiche
Anbringen der Siegeletiketten direkt geprüft werden. Sind die Siegeletiketten bedruckt, kann
entweder ein Kontrasttaster oder ein Kamerasystem diese Kontrollfunktion übernehmen. Falls
all diese Verfahren nicht funktionieren, können Glanzsensoren eingesetzt werden, die einen
Unterschied zwischen dem Glanz der Faltschachtel und dem Glanz der Siegeletiketten erkennen
und damit die Anwesenheit der Etiketten feststellen.
Mit dieser modularen Bauweise und den Funktionsbaugruppen lässt sich auch bei Tamper-
Evident-Anlagen eine Mass Customization erzielen, gewissermaßen eine Maßanfertigung
„von der Stange“.
8. Print & Apply Module für die zuverlässige Aggregation
In der EU-Richtlinie noch nicht explizit erwähnt, jedoch als logische Konsequenz für die Sicher-
stellung der Rückverfolgbarkeit in den meisten Fällen unverzichtbar, ist die Aggregation der
Serialisierungsdaten. Sie stellt sicher, dass die Seriennummern auf Sekundärverpackungen
auch auf den nächsthöheren Verpackungshierarchien gesammelt und rückverfolgbar erfasst
werden. So lässt sich verfolgen, welche Packung sich in welchem Bündel, in welchem Umkarton
und zum Beispiel auch auf welcher Palette befindet. Um die aggregierten „Sammel-Codes“ auf
Etiketten zu drucken und diese aufzubringen, sind für jede Aggregationsstufe besonders
zuverlässige Print & Apply Anlagen notwendig. Auch hier garantieren Standardkomponenten
aus dem modularen HERMA Baukasten-System ein schnelles und positionsgenaues Spenden
Zusatznutzen: Ein Etikettierer für Bollini-
Etiketten bzw. für Vignetten kann mittig hinter den
beiden Siegel-Etikettierern angebracht werden.
13 | HERMA WHITE PAPER: Tamper- Evident-Etikettierung für Faltschachtelverpackungen
der Etiketten. Die Geräte lassen sich in beliebiger Ausrichtung positionieren und bieten viele
Möglichkeiten der Integration in bestehende Produktionslinien.
Für die Etikettenübergabe stehen zwei Möglichkeiten zur Auswahl:
• Übergabe mit Saugstempel und Produktberührung
• Übergabe mit Saug-/Blaskopf ohne Produktberührung
Bei beiden Systemen wird das Etikett direkt nach dem Druckvorgang vom Trägerpapier abgelöst
und vom Saugstempel mittels Vakuum gehalten. Eine Druckauflösung von 300 dpi gewährleistet
höchste Lesbarkeit des Druckbilds.
Wie geschildert, spielt der Faktor Zuverlässigkeit beim Druck der Aggregationsdaten eine
besonders wichtige Rolle: Das Etikett ist der einzige Träger dieser zentralen Information. Es
muss absolut machinenlesbar bleiben, sein Aufdruck sollte sich weder verwischen noch durch
mechanische Beanspruchung wie Reibung ablösen lassen. Neben klassischen, aber in dieser
Hinsicht oftmals problematischen Verfahren wie Thermotransfer- oder Inkjet-Druck kommt
deshalb immer häufiger eine Lösung mit laseraktivierbaren Etiketten (LAM) zum Einsatz.
HERMA hat dafür eine Systemlösung entwickelt, die aus Etiketten, Etikettierer und einem
CO2-Laser besteht. Die Basis bilden die neuartigen HERMA Etiketten, die mit einer speziellen
Veredelung ausgerüstet sind. Darauf kann der Laser im Etikettiersystem auf den vorgesehenen
Stellen schwarz „schreiben“ – absolut wisch- und kratzfest. Das Schriftbild ist jeweils gestochen
scharf, auch bei kleinsten Schriftgrößen, egal ob es sich um Klarschrift, Grafik und/oder Codes
handelt. Selbst schwierige, zum Beispiel asiatische Schriftzeichen sind nun extrem präzise und
sehr klar. Weil der Laser im HERMA System nicht ablativ arbeitet, entstehen weder verwischbare
Spaltprodukte noch wird das Etikett beschädigt. Eine Absaugung ist nicht erforderlich.
Und weil das Laser-System – im Gegensatz beispielsweise zu Thermotransferdruckern – neben
den Etiketten keine zusätzlichen Verbrauchsmaterialien oder Nachjustierungen benötigt und
verschleißfrei arbeitet, reduziert es zusätzlich die Produktionsunterbrechungen.
14 | HERMA WHITE PAPER: Tamper- Evident-Etikettierung für Faltschachtelverpackungen
9. Über HERMA
• HERMA ist ein führender Spezialist für Selbstklebetechnik. Weltweit wohl einzigartig vereint
das Unternehmen umfassendes Knowhow zu Haftmaterial, Etiketten und Etikettiermaschinen
unter einem Dach.
• HERMA Etikettierer sind auf der ganzen Welt im Einsatz – wo immer Sicherheit, Genauigkeit
und Geschwindigkeit in der Etikettierung im Vordergrund stehen. Die Anforderungen an
Etikettierer für Healthcare-Produkte sind so hoch wie in keiner anderen Branche. Seit über
20 Jahren löst HERMA dort anspruchsvollste Aufgaben. Hochflexibel, aber so zuverlässig und
effizient, wie es nur standardisierte Etikettierer aus modularer Serienfertigung erlauben.
• HERMA Etikettierer decken alle gängigen Etikettierarten ab. Selbst spezielle Materialien wie
Booklet-, Dokumentations- oder Hängeetiketten verspenden sie präzise, schnell und mit
einem Höchstmaß an Laufruhe. Dank des modularen Aufbaus der HERMA Etikettierer ist
auch die langfristige und weltweite Verfügbarkeit von Ersatzteilen besser gesichert.
• Für die gleichbleibend hohe Qualität der Healthcare-Etikettierer spielt die Prozess- und
Fertigungs exzellenz eine entscheidende Rolle, insbesondere vor dem Hintergrund stark
wachsender Stückzahlen. HERMA Servicetechniker sind weltweit vor Ort. Um international die
hohe Betriebsbereitschaft der Anlagen zu gewährleisten, sind Komponenten und Ersatzteile
online rund um die Uhr verfügbar: www.herma-components.com.
• Auf HERMA ist Verlass: Seit 110 Jahren im Familienbesitz sind wir vom Wert nachhaltiger
Beziehungen überzeugt. Unsere Kunden können sich auch deshalb auf eine langfristige
Versorgungssicherheit bei allen Service- und Instandhaltungsmaßnahmen verlassen.
HERMA liefert pro Jahr mehrere tausend Etikettierer
aus. Die Serienfertigung mit hohen Stückzahlen
gewährleisten eine exzellente Prozess- und Produktqualität.
15 | HERMA WHITE PAPER: Tamper- Evident-Etikettierung für Faltschachtelverpackungen
HERMA GmbHGeschäftsbereich Etikettiermaschinen Tel. +49 (0) 711 / 7702-776Plochinger Straße 48 [email protected] Deizisau
www.herma-etikettierer.de www.herma.comwww.herma-components.comwww.youtube.com/HERMAlabelerwww.linkedin.com/company/hermalabeler
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