du schutzherr der heiligen kirche bitte fÜr …...mühe aneignen. damit unser menschsein wieder...

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Kapellenweg 4 / 88145 Wigratzbad DU SCHUTZHERR DER HEILIGEN KIRCHE BITTE FÜR UNS!

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Page 1: DU SCHUTZHERR DER HEILIGEN KIRCHE BITTE FÜR …...Mühe aneignen. Damit unser Menschsein wieder recht ist, wieder ins rechte Lot kommt, müssen wir viele Tugenden üben und viele

Kapellenweg 4 / 88145 Wigratzbad

DU SCHUTZHERR DER HEILIGEN KIRCHEBITTE FÜR UNS!

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GOTTESDIENSTZEITEN

Beichtgelegenheit: ½ Stunde vor der Abendmesse; Sonntags ab 8.20 Rosenkranz: jeweils 40 min vor der hl. Messe

Spendenkonto: Sankt Thomas von Aquin e.V. / Konto-Nr. 101110909 /Kreissparkasse Ravensburg (BLZ 650 501 10)IBAN: DE88 6505 0110 0101 1109 09 BIC: SOLADES1RVBSpendenquittungen für das Finanzamt können erbeten werden.

Mi. 1.1. Oktavtag von Weihnachten 9.00 h Hl Amt mit sakr. SegenFr. 3.1. Oktavtag hl. Ap. und Ev. Johannes

Herz-Jesu-Freitag 18.30 h Hl. MesseSa. 4.1. Oktavtag der Unschuldigen Kinder

Herz-Mariä-Sühnesamstag 8.00 h Hl. MesseSo. 5.1. NAMEN JESU FEST, Ged. Hl. Telesphorus

Vigil des Festes der Erscheinung des Herrn 9.00 h Hl. Amt

Mo. 6.1. ERSCHEINUNG DES HERRN (Dreikönig)Segnung des Dreikönigswassers,

Sowie Weihrauch, Kreide und Salz 8.45 hanschl. Hl. Amt

Do. 9.1. Donnerstag in der Oktav von Epiphanie18.30 Hl. Messe

So. 12.1. FEST DER HL. FAMILIE (Kindersegen) 9.00 h Hl Amt

Do. 16.1. Hl. Marcellus I. 18.30 h Hl. Messe

So. 19.1. 2. Sonntag nach Erscheinung 9.00 h Hl Amt

Do. 23.1. Hl. Raymund v. Peñaforte, Ged. Hl. Emerentiana 18.30 h Hl. Messe

So. 26.1. 3. Sonntag nach Erscheinung 9.00 h Hl Amt

Do. 30.1. Hl. Martina 18.30 h Hl. Messe

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NACHDENKLICHES

J o n a s & C o .

Am Sonntag in der Oktav von Weihnachten heißt es in der Lesung,die aus dem Brief des hl. Apostels Paulus an die Galater genommenist:

Durch die Menschwerdung und Erlösung wird unser Leben voll-kommen verändert, es wird von Grund auf erneuert. Wir werdenaus der Sklaverei der Sünde und Satans befreit und wieder alsKinder Gottes angenommen. Als Kinder Gottes müssen wir abersodann auch den Geist in unseren Herzen tragen und bewahren,der da ruft: Abba, Vater! Das Vorbild für dieses neue Leben als Sohnist der menschgewordene Sohn Gottes selbst, von dem es im Evan-gelium desselben Tages heißt:

Der Herr konnte und mußte als Mensch wie wir lernen und sichbemühen. Auch wenn Er keinerlei Neigung zur Sünde, zum Unvoll-kommenen, zum Ungeordneten kannte, konnte er dennoch in Sei-ner menschlichen Erkenntnis und Tugend wachsen. Was Ihmjedoch ganz „natürlich“ war, das müssen wir uns mit viel Fleiß undMühe aneignen. Damit unser Menschsein wieder recht ist, wiederins rechte Lot kommt, müssen wir viele Tugenden üben und vieleFehler ablegen. Dabei ist unser Herr Jesus Christus für uns dasvollkommene Vorbild eines rechten Menschenlebens, ER ist „Ursa-che“ unserer Heiligkeit und zwar im doppelten Sinn des Wortes.

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DIE KARDINALTUGENDEN

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DIE VIER KARDINALTUGENDENoder

Der gottgemäße Mensch

Zum Rechtsein des Menschen sind die Tugenden notwendig – diegöttlichen oder theologischen Tugenden und die Kardinaltugen-den. Das Wort der Heiligen Schrift von der Vollkommenheit desChristen – der nicht mehr Knecht ist, sondern Sohn und Erbe! – wirdinterpretiert durch das siebenfältige Bild der drei göttlichen undder vier Kardinaltugenden. Wir wollen versuchen, anhand einesTextes des hl. Thomas von Aquin über die Kardinaltugenden dieseLehre etwas zu beleuchten. Der hl. Thomas von Aquin schreibt dazufolgendes:

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DIE KARDINALTUGENDEN

(Summa Theologica I. IIae qu. 61, a. 2)

Diese Lehre über die Kardinaltugenden hat der heilige Thomas auseiner uralten Tradition übernommen. Diese Tradition reicht überdie Kirchenväter bis hinauf zu den griechischen Philosophen, dar-unter vor allem Aristoteles. Er gibt in seiner sehr kurzen, allerdingsnicht ganz leicht verständlichen Sprache eine so einfache Darstel-lung dieser vier Tugenden, daß es an sich genügt, seine Lehreaufmerksam zu hören.Die vier Kardinaltugenden sind nach dem hl. Thomas von Aquineine glückliche Zusammenfassung aller jener Möglichkeiten, dieder Mensch auf dem Weg seiner sittlichen Vollendung hat — undzwar wenn man den Menschen einerseits auf sich gestellt undanderseits in seiner Beziehung zu den anderen Menschen ins Augefaßt. Man kann jedoch nicht sagen, daß damit auch schon dieBeziehungen des Menschen zu Gott zum Ausdruck gebracht wer-den, die Kardinaltugenden sind natürliche Tugenden, die auf diegöttlichen Tugenden hingeordnet sind. Dennoch stehen diese vierTugenden selbstverständlich auch schon als natürliche Tugendeninsofern zu Gott in Beziehung, als sie klar zusammenfassen, wasGottes Wille für das Streben des Menschen nach sittlicher Vollen-dung ist. Geht man dem Gesagten etwas tiefer auf den Grund, dannwird man auch in diesen vier Grundhaltungen der Menschenseeledie Ansätze entdecken, wie der Mensch sich Gott gegenüber zuverhalten hat. Ja, wenn man das Gesamt des erlösten Menschen,

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DIE KARDINALTUGENDEN

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das doch die Voraussetzung für die vollkommene Übung der Kar-dinaltugenden ist, erwägt, dann wird der Zusammenhang dieserTugenden mit Gott und Seiner helfenden Gnade unmittelbar ein-leuchtend.Wir wollen nun versuchen, ein wenig nachzuzeichnen, wie der hei-lige Thomas die innerliche Befähigung des Menschen zum sittli-chen Streben und Handeln durch die vier Kardinaltugenden sieht.Alles Handeln des Menschen beginnt mit der Erkenntnis. Ohne eineErkenntnis ist der Mensch vollkommen unfähig, etwas zu tun.Wenn ich nämlich nicht weiß, was ich tun soll, dann kann und werdeich auch nichts tun. Selbst ein sog. plan- und zielloses Umherirrenist noch an eine gewisse, wenn auch unklare Erkenntnis des jetztund hier zu Tuenden gebunden – außer der Mensch hat ganzseinen Verstand verloren und ist nicht mehr zurechnungsfähig unddamit nicht mehr verantwortlich für sein Tun, weshalb auch nichtmehr plan- und ziellos umhergeht, sondern hilflos umherirrt. DerMensch muß also zunächst das Gute, das er tun soll, jeweils zuerstrecht erkennen, um es sodann in seinem Tun und Handeln verwirk-lichen zu können, bzw. sein Tun und Handeln danach ausrichten zukönnen. Die Erkenntnis des sittlich Guten ist jedoch ein ganz be-sonderer Fall. Diese Erkenntnis ist wesentlich anders als die Er-kenntnis irgendeiner anderen, man könnte sagen „neutralen“Wahrheit, wie etwa die Wahrheit, daß sieben plus vier gleich elf ist.Gleiches gilt für alle mathematischen oder naturwissenschaftlichenWahrheiten, die an sich ganz nüchtern für sich betrachtet werdenkönnen, ohne eine Konsequenz im menschlichen Handeln zu for-dern. Das Gute jedoch stellt immer zugleich mit der Erkenntnis diekonkrete Forderung: Du mußt dein Denken, Reden und Handelnder erkannten Wahrheit gemäß einrichten. Deswegen erfordertschon die bloße Erkenntnis des Guten eine innere Bereitschaft desHerzens, sich von dem erkannten Guten auch leiten zu lassen.Infolgedessen ist bereits das Annehmen oder Zulassen einer sol-chen Erkenntnis wiederum eine sittlich gute Tat, weil dem Men-schen nicht unschwer auch vielerlei Gründe einfallen — es handeltsich natürlich nur um vorgeschobene Gründe, Scheingründe! — dieihm ein gegenteiliges Handeln als vorteilhafter erscheinen lassen.Darum braucht es auch eine längere Zeit der Übung, bis der

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DIE KARDINALTUGENDEN

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Mensch es fertigbringt, mit einer gewissen Raschheit und Leichtig-keit jeweils das zu erkennen, was für den Augenblick wirklich undrichtigerweise zu tun oder zu lassen ist. Dies wird dem Menschen inder Regel erst dann gelingen, wenn er nicht nur das Erkennen überlängere Zeit hinweg immer wieder geübt hat, sondern sich auchpraktisch im Tun nach dieser erkannten Erkenntnis gerichtet hat. —Jeder kann doch auch nur bei geringer Aufrichtigkeit sich selbstgegenüber ganz klar einsehen, daß sich zwischen dem Erkenneneiner Sache und dem Tun derselben noch manches in den Wegstellen kann, bzw. in den Weg stellen möchte. Und je öfter sichjemand gegen sein besseres Wissen und Gewissen zum schlechte-ren Tun oder Unterlassen verleiten läßt und entscheidet, destoschwieriger wird ihm mit der Zeit auch schon das Erkennen desGuten, geschweige denn das Tun.All das ist zu bedenken und zu berücksichtigen, wenn man verste-hen will, warum der heilige Thomas durchaus mit Recht — übrigensin Übereinstimmung mit allen großen Lehrern der Menschheit —schon die Fähigkeit, das Gute richtig und schnell zu erkennen, dasgerade zu tun ist, als eine sittliche Tugend ansieht. Diese Tugendnennt er die Klugheit.Nun wird die Art jeder Tugend nach der Art des Guten bestimmt,wonach sie streben soll. Das nennt der hl. Thomas das Formal-Prinzip der Tugend. Man kann also ganz allgemein gesprochensagen: das, wonach sich jegliche Tugend des Menschen zu richtenhat, ist das Gute im Gesamtumfang, wie es der Vernunft des Men-schen erkennbar ist. Des Menschen erste und wichtigste Aufgabeist es, das Gute zu verwirklichen, also das zunächst nur in seinerErkenntnis seiende Gut durch sein Handeln in Wirklichkeit zu wan-deln. Aufgrund dieser Erwägung kommt der heilige Thomas zudem kurzen Satz: das Formalprinzip der Tugend überhaupt ist das„bonum rationis“, also das Gute, das der Vernunft gemäß ist, denndas Gute ist immer vernünftig. Gutsein und Vernünftigsein sindnämlich dasselbe, alles Gute ist vernünftig und alles Vernünftige istgut. Infolgedessen ist es sofort einleuchtend, daß jene Tugend dieHaupttugend schlechthin (virtus principalis) genannt werden muß,welche auf die Vernunft selbst achtet; d. h. das richtige und schnelleErkennen des Guten als Gutem übt. Denn solange etwas nicht als

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DIE KARDINALTUGENDEN„gut“ erkannt ist, kann überhaupt keine gute Fähigkeit des Men-schen in Aktion treten, wüßte sie ja gar nicht, wohin sie sich eigent-lich wenden oder was sie denn in Angriff nehmen soll. Es ist eineüberaus wichtige Erkenntnis der Alten überhaupt, daß die Klugheitallen anderen Tugenden vorangehen muß, denn ein unkluges Han-deln verdirbt alles. Ja, die Klugheit ist nicht nur die erste unter imübrigen gleichrangigen Tugenden, sondern sie „gebiert“ alle sittli-che Tugend überhaupt, wie sich der hl. Thomas ausdrückt. Wennman also die ganze Lehre des heiligen Thomas von den Tugendenbeachtet, dann ist eines festzuhalten: bei allen anderen Tugendenkann immer nur insoweit von einer Tugend gesprochen werden, alsKlugheit vorhanden ist. Man kann dem Menschen letztlich nursolche Handlungen voll anrechnen, die er vorher auch klar undsicher erkannt hat und die er gerade deswegen tun wollte, wie ersie als gut und richtig erkannt hatte. (Das gilt im Guten wie imBösen). Deswegen kann man ihm auch nicht gleich irgendeine gutenatürliche Veranlagung als Tugend anrechnen. Solange also je-mand nur aufgrund seiner glücklichen Charakteranlage, ohne zuüberlegen und zu denken einfach „blindlings“ so oder so handelt,ist das noch keine Tugend. Zuerst muß die Überlegung und Er-kenntnis, daß dies gut ist, vorausgegangen sein.Sobald man das einigermaßen verstanden hat, wird man weiterhineinsehen: je vielfältiger die Pflichten eines Menschen sind, destoweiter und reicher müssen auch seine Erkenntnisse in bezug aufdas Gute sein. Darum ist die Klugheit ganz sicher keine leichteTugend, die einem schon bei geringem Bemühen einfach in denSchoß fällt. Klugheit erfordert manch harte und beharrliche Arbeitdes Geistes (des Verstandes, der Vernunft), sie erfordert zudem dieFähigkeit, fremden Ratschlägen gegenüber offen zu sein undschließlich noch die Bescheidenheit, in schwierigen Fragen andereum Rat und Belehrung zu bitten.Gehen wir nun zum Zweiten über: Bei jeder Handlung geht esdarum, daß etwas Gutes geschieht, Wirklichkeit wird durch die Tat.Beim hl. Thomas heißt das ganz prägnant: daß die Ordnung derVernunft sich durchsetzt, daß sie verwirklicht werde. Thomas unter-scheidet zwei große Bereiche, auf denen der Mensch diese Ord-nung der Vernunft zu verwirklichen hat. Der eine Bereich sind seine

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DIE KARDINALTUGENDENTätigkeiten, gemeint ist sein aktives Tun, der andere Bereich ist derdes Erleidens. Wir wollen das lateinische Wort (passiones), dasThomas hierbei gebraucht, zunächst ganz wörtlich belassen. Zuden Passionen des Menschen gehören all jene Handlungen, die derMensch duldend, ertragend, erleidend bewältigen muß. Wir sagendafür im Deutschen „Leidenschaften“. Das deutsche Wort trifft denSachverhalt ganz gut, denn es kommt vom „Leiden“. Entsprechendkann man durchaus richtig sagen: Leidenschaft ist das, was Leidenschafft. Dennoch meint der heilige Thomas mit dem Wort „passio-nes“ etwas anderes, spezielleres. Er meint: das erste Regen dieserLeidenschaften im Menschen kommt zunächst nicht aus dem freienWillen des Menschen, sondern die Leidenschaften überfallen denMenschen wie ein Leiden. Er verhält sich diesen Begierlichkeitenoder Widerstreblichkeiten gegenüber zunächst „passiv“, erleidend.Er kann nichts dafür — zunächst — daß z. B. das Ansehen einerleckeren Speise seine Begierde darnach weckt oder daß eine dro-hend erhobene Faust Furcht auslöst. Diese Reaktionen sind zu-nächst spontan und insofern von der Vernunft noch nichtkontrolliert, d.h. geordnet. Es ist nun die sittliche Aufgabe desMenschen, sein Verhalten so zu lenken und zu leiten, daß er trotzseiner Leidenschaften immer das Vernünftige zu tun imstande ist.Daß er etwa, wenn er am Freitag von einer heftigen Begierde nacheinem Braten ergriffen wird, dennoch auf diesen verzichtet, um desLeidens seines göttlichen Erlösers zu gedenken. Oder daß er, wenner angegriffen wird, die Angst überwindet und sich entsprechendverteidigt oder rechtzeitig flieht, wenn es das Vernünftigere ist. DerMensch soll also durch die Tugenden lernen, in allen Bereichenseines Lebens die Ordnung der Vernunft durchzusetzen.Im Bereich des Tuns geht es vor allem darum, die Forderungen derGerechtigkeit zu erfüllen. Der Mensch lebt gewöhnlich nicht allein,sondern in einem Gemein-Wesen. Jede Gemeinschaft ist letztlichgegründet auf drei Grundregeln: Erstens die Beziehungen der Glie-der untereinander; die Rechtmäßigkeit dieser Beziehungen ist derTauschgerechtigkeit zugeordnet. Zweitens die Beziehungen desGanzen zu den Gliedern; die Rechtmäßigkeit dieser Beziehungenist bezogen auf verteilende, die distributive Gerechtigkeit. Drittensdie Beziehungen der einzelnen Glieder zum Wir-Ganzen; die Recht-

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DIE KARDINALTUGENDENmäßigkeit dieser Beziehungen entspricht der „legalen“ Gerechtig-keit, wie es die Scholastik nennt. Die Gerechtigkeit fordert nun,jedem genau das zu geben, was ihm auch wirklich, gerechterweisezukommt. Die Gerechtigkeit ist somit das, was das Tun des Men-schen in der Gemeinschaft bestimmt (das Formalprinzip, wie Tho-mas es nennt) und folglich gut macht. Hat jemand über lange Zeitsein Tun nach den Forderungen dieser Gerechtigkeit ausgerichtetund sich darin eine gewisse Fertigkeit und Schnelligkeit des Han-delns angeeignet, so sagt man, er besitze die Tugend der Gerech-tigkeit.In bezug auf das „Erleiden“ ist eine weitere Unterteilung vonnöten:Einerseits bestimmt die Ordnung der Vernunft bei den Begehrlich-keiten das entsprechende Bezähmen und Maßhalten. Daher nenntman die diesbezügliche Tugend auch kurz Mäßigung. Josef Piperspricht von „Zucht und Maß“. Das Verständnis der Tugend desMaßes setzt letztlich die Lehre von der Erbsünde voraus, also dieErkenntnis, daß jene zerstörerische und seinswidrige Auflehnungder Sinne gegen den Geist möglich ist und als möglich anerkanntwird. Daraus ergibt sich erst die sittliche Forderung, dieser Aufleh-nung entgegenzutreten und durch die Übung der Zucht und desMaßes diese Leidenschaften zur von der Vernunft bestimmtenRuhe und Gefaßtheit zurückzuführen, wobei gewöhnlich ein Zuvielund ein Zuwenig zu meiden ist.Andererseits gebietet die Ordnung der Vernunft in bezug auf diewiderstrebenden Leidenschaften (z. B. Furcht und Scheu vor denSchwierigkeiten des Guten oder Zorn dagegen usw.) das Überwin-den dieser Gefühle, das „Trotzdem“— und das ist Starkmut oderTapferkeit. Wobei immer zu bedenken ist, was der hl. Thomas sagt:„Das Lob der Tapferkeit hängt von der Gerechtigkeit ab.“ Man kannalso jemand nur wegen seiner Tapferkeit loben, wenn man ihnzugleich auch wegen seiner Gerechtigkeit loben kann. Damit wirdunmittelbar greifbar, daß Tapferkeit nichts mit Tollkühnheit zu tunhat. Tapferkeit ist auch nicht einfach Furchtlosigkeit. Es gibt viel-mehr eine Ordnung der Furcht, also wahrhaft und mehr und weni-ger zu fürchtende Dinge. Die Sorge des Tapferen ist, daß er nichtetwa Dinge fürchte, die gar nicht wirklich und endgültig furchtbarsind, und daß er nicht etwa das endgültig Furchtbare für harmlos

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DIE KARDINALTUGENDENhalte. Das eigentlich Furchtbare aber ist nichts anderes als dieMöglichkeit, daß der Mensch sein eigentliches, letztes Ziel verfehle.Das vor Gott Schuldigwerdenkönnen ist die äußerste Existenz-Ge-fährdung des Menschen, also das Furchtbarste, das der Tapfere mitdem ganzem Mut seiner Seele zu meiden sucht.

Aus dem Gesagten ergibt sich auch das Verständnis für die andere,vom hl. Thomas erwähnte, Betrachtungsweise. Er empfiehlt alszweite Art, die Kardinaltugenden einzuteilen, den Blick auf denunmittelbaren Träger der Tugend zu lenken, der im Menschen ist.Hiermit wendet man den Blick in das Innere des Menschen selbst,kommt jedoch zu demselben Ergebnis. Es ergeben sich dieselbenTugenden und die Klarheit der Erkenntnis über sie wächst dadurchnur noch mehr.Der Mensch hat in sich drei Fähigkeiten: Erkennen, Wollen, Fühlen.Mit diesen drei Fähigkeiten soll und muß er sich in bezug auf dasGute in Bewegung setzen.Das Erkennen des Guten vervollkommnet sich in der Klugheit, wasjeder nach dem oben Dargelegten ohne weiteres einzusehen wird.Wobei Klugheit hier durchaus nicht ein bloßes Sich-Auskennenetwa in allen möglichen Wissensgebieten ist, eine Vielwisserei,sondern vielmehr das rasche und leichte Erkennen der Möglichkei-ten und Pflichten des Guten. Je klüger jemand ist, desto wirksamerwird sein Erkennen im Tun des Guten.Dem Wollen zugeordnet ist die Gerechtigkeit. Wenn das Wolleneines Menschen ganz und gar gerecht ist, wenn er also sowohl Gottals auch jedem Menschen immer das gibt, was ihm gerechterweisezukommt, so nennt man diesen Menschen gerecht, was nichtsanderes ist als heilig. Es ist durchaus nicht zufällig, daß die HeiligeSchrift und die Liturgie der Kirche den begnadeten Menschenüberhaupt als „den Gerechten“ bezeichnet. Der große PhilosophAristoteles meint sogar: „Die höchste unter allen Tugenden ist dieGerechtigkeit; nicht der Morgenstern ist solcher Bewunderungwert wie sie, noch der Abendstern.“Das Fühlen des Menschen hat eine zweifache Tugend nötig. DasFühlen kann sich nämlich dem Unguten gegenüber oft heftig be-gehrlich äußern kann, wohingegen es sich dem Guten gegenüber

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widerstrebend und ablehnend zeigt. Darum muß das begehrlicheFühlen gedämpft und zurückgehalten werden durch die Zucht undMäßigung. Das widerstrebende Fühlen aber muß unterdrückt wer-den durch Starkmut oder Tapferkeit.

Wir wollen jetzt noch kurz darauf schauen, wie der hl. Thomas vonAquin von der Verteilung der Seligpreisungen auf diese Seelenver-mögen des Menschen spricht, wobei er besonders darauf hinweist,daß die Tugenden erst durch die Gnadengaben vollendet werden:

(I, IIae qu. 69, a. 3)Diese Erwägungen des hl. Thomas zu den Seligpreisungen bringendie Wahrheit zum Ausdruck, daß die Kardinaltugenden in dentheologischen Tugenden (Glaube, Hoffnung und Liebe) verwurzeltsind. Erst die theologischen Tugenden vollenden alle anderen Tu-genden des Menschen und machen den Menschen zu dem, was ervor Gott sein soll und auch wieder durch die Gnaden der Erlösungsein kann: Ein Heiliger!

Mit priesterlichem SegensgrußIhr