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Übersichtsbeitrag Durchgängige Nutzung von Prozessmodellen während des Prozesslebenszyklus: ein industrielles Fallbeispiel David Müller 1, *, Olaf Kahrs 2 , Stefan Höser 2 und Harvey Arellano-Garcia 1 DOI: 10.1002/cite.201200072 Herrn Prof. Dr.-Ing. Günter Wozny zum 65. Geburtstag gewidmet Die durchgängige Nutzung von Prozessmodellen während des Prozesslebenszyklus – von der Entwicklung bis hin zum Anlagenbetrieb – ist seit Jahren ein angestrebtes Ziel in der Forschung und der industriellen Praxis. Die Reduktion des Modellierungsaufwands ist einer der wesentlichen Faktoren für den wirtschaftlichen Erfolg. An einem industriellen Fall- beispiel wird die Nutzung eines bestehenden stationären Prozessmodells des BASF SE Inhouse-Simulators CHEMASIM für den Online-Einsatz illustriert. Das Prozessmodell wird laufend mit Messdaten einer realen Chemieanlage aktualisiert und stellt damit eine Technologieplattform für die Echtzeit-Optimierung und das Prozessmonitoring dar. Schlagwörter: Echtzeit-Optimierung, Modellierung, Prozessführung, Prozessmonitoring, Prozessoptimierung Eingegangen: 08. Mai 2012; revidiert: 27. Juni 2012; akzeptiert: 05. Juli 2012 Process Model Utilization in the Process Life-Cycle: an Industrial Case Study The consistent use of process models during the entire process life cycle – from process development to plant operation – has been an ever strived for goal in industrial practice and in research in the last decades. One of the main success factors with regard to economic viability is the reduction of the modelling effort. This contribution illustrates an example from in- dustry, where an existing steady-state process model in the BASF SE in-house simulation program CHEMASIM is used as an online application. The process model is updated regularly with measurement data from an actual chemical plant, thus embodying a technology platform for real-time optimization and process monitoring. Important aspects, as seen from an industrial perspective, are discussed herein to motivate further research activities. Keywords: Modeling, Process control, Process monitoring, Process optimization, Real-time optimization 1 Einleitung Die Minimierung des spezifischen Energie- und Rohstoff- einsatzes ist für Unternehmen eine der zentralen Maß- nahmen, um die Produktionskosten zu minimieren und damit im internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Manche der Optimierungsmaßnahmen wie die Stoff- und Wärmeintegration, sowohl auf Apparate- als auch auf Anla- genebene, erhöhen jedoch durch die wachsende System- komplexität und die teilweise geringe Anzahl potenzieller Stelleingriffe die Anforderungen an die Prozessführung. Durch die Stoff- und Wärmeintegration kann sich zum Beispiel ein Stelleingriff auf Prozessgrößen in mehreren Anlagenteilen auswirken und entsprechend aufwendigere Regelungskonzepte für den stabilen und effizienten Betrieb erfordern. Durch die Änderung von Randbedingungen, wie sich ändernde Feedströme, Kühlkapazitäten und Edukt-, Produkt- und Energiepreise, wird der wirtschaftlich opti- male Betriebspunkt verschoben, was optimierende Prozess- führungskonzepte wirtschaftlich attraktiv werden lassen kann [1]. An reale Messdaten angepasste Prozessmodelle unterstützen diese permanente Optimierungsaufgabe und ermöglichen sowohl ein kontinuierliches Prozessmonito- Chemie Ingenieur Technik Chemie Ingenieur Technik 2012, 84, No. 0, 1–10 © 2012 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.cit-journal.com 1 David Müller ([email protected]), Dr.-Ing. Harvey Arella- no-Garica, Technische Universität Berlin, Fachgebiet Dynamik und Betrieb technischer Anlagen, Straße des 17. Juni 135, 10623 Berlin, Deutschland; 2 Dr.-Ing. Olaf Kahrs, Stefan Höser, BASF SE, GTF/ ED-L440, 67056 Ludwigshafen, Deutschland. Echtzeit-Optimierung 1

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Page 1: Durchgängige Nutzung von Prozessmodellen während des Prozesslebenszyklus: ein industrielles Fallbeispiel

Übersichtsbeitrag

Durchgängige Nutzung von Prozessmodellenwährend des Prozesslebenszyklus:ein industrielles FallbeispielDavid Müller1,*, Olaf Kahrs2, Stefan Höser2 und Harvey Arellano-Garcia1

DOI: 10.1002/cite.201200072

Herrn Prof. Dr.-Ing. Günter Wozny zum 65. Geburtstag gewidmet

Die durchgängige Nutzung von Prozessmodellen während des Prozesslebenszyklus – von der Entwicklung bis hin zum

Anlagenbetrieb – ist seit Jahren ein angestrebtes Ziel in der Forschung und der industriellen Praxis. Die Reduktion des

Modellierungsaufwands ist einer der wesentlichen Faktoren für den wirtschaftlichen Erfolg. An einem industriellen Fall-

beispiel wird die Nutzung eines bestehenden stationären Prozessmodells des BASF SE Inhouse-Simulators CHEMASIM

für den Online-Einsatz illustriert. Das Prozessmodell wird laufend mit Messdaten einer realen Chemieanlage aktualisiert

und stellt damit eine Technologieplattform für die Echtzeit-Optimierung und das Prozessmonitoring dar.

Schlagwörter: Echtzeit-Optimierung, Modellierung, Prozessführung, Prozessmonitoring, Prozessoptimierung

Eingegangen: 08. Mai 2012; revidiert: 27. Juni 2012; akzeptiert: 05. Juli 2012

Process Model Utilization in the Process Life-Cycle: an Industrial Case Study

The consistent use of process models during the entire process life cycle – from process development to plant operation –

has been an ever strived for goal in industrial practice and in research in the last decades. One of the main success factors

with regard to economic viability is the reduction of the modelling effort. This contribution illustrates an example from in-

dustry, where an existing steady-state process model in the BASF SE in-house simulation program CHEMASIM is used as

an online application. The process model is updated regularly with measurement data from an actual chemical plant, thus

embodying a technology platform for real-time optimization and process monitoring. Important aspects, as seen from an

industrial perspective, are discussed herein to motivate further research activities.

Keywords: Modeling, Process control, Process monitoring, Process optimization, Real-time optimization

1 Einleitung

Die Minimierung des spezifischen Energie- und Rohstoff-einsatzes ist für Unternehmen eine der zentralen Maß-nahmen, um die Produktionskosten zu minimieren unddamit im internationalen Wettbewerb bestehen zu können.Manche der Optimierungsmaßnahmen wie die Stoff- undWärmeintegration, sowohl auf Apparate- als auch auf Anla-

genebene, erhöhen jedoch durch die wachsende System-komplexität und die teilweise geringe Anzahl potenziellerStelleingriffe die Anforderungen an die Prozessführung.

Durch die Stoff- und Wärmeintegration kann sich zumBeispiel ein Stelleingriff auf Prozessgrößen in mehrerenAnlagenteilen auswirken und entsprechend aufwendigereRegelungskonzepte für den stabilen und effizienten Betrieberfordern. Durch die Änderung von Randbedingungen, wiesich ändernde Feedströme, Kühlkapazitäten und Edukt-,Produkt- und Energiepreise, wird der wirtschaftlich opti-male Betriebspunkt verschoben, was optimierende Prozess-führungskonzepte wirtschaftlich attraktiv werden lassenkann [1]. An reale Messdaten angepasste Prozessmodelleunterstützen diese permanente Optimierungsaufgabe undermöglichen sowohl ein kontinuierliches Prozessmonito-

ChemieIngenieurTechnik

Chemie Ingenieur Technik 2012, 84, No. 0, 1–10 © 2012 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.cit-journal.com

–1David Müller ([email protected]), Dr.-Ing. Harvey Arella-no-Garica, Technische Universität Berlin, Fachgebiet Dynamik undBetrieb technischer Anlagen, Straße des 17. Juni 135, 10623 Berlin,Deutschland; 2Dr.-Ing. Olaf Kahrs, Stefan Höser, BASF SE, GTF/ED-L440, 67056 Ludwigshafen, Deutschland.

Echtzeit-Optimierung 1

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ring zur Erhöhung der Prozesstransparenz für die Betriebs-mannschaft als auch die automatisierte Betriebspunktopti-mierung, die Echtzeit-Optimierung genannt wird.

Nach Einschätzung der Autoren sind Echtzeit-Optimiererin vielen Unternehmen inzwischen für die Optimierungvon Steamcrackern eine etablierte Technologie, insbesonde-re dann, wenn die Feedstocks und angeforderten Produkt-ströme in Preis, Qualität und Menge häufig variieren. ImGegensatz dazu sind den Autoren bisher nur wenige Echt-zeit-Optimierer für andere chemische Prozesse bekannt,was primär durch das hohe Kosten-Nutzen-Verhältnis derAnwendung bedingt zu sein scheint.

Wie durch Wozny et al. in [1] beschrieben, ist die Modell-bildung in der Verfahrenstechnik mit einem hohen Auf-wand verbunden. Chemieanlagen sind meist Unikate undinsbesondere die Modellierung chemischer Vorgänge wieFeststoffkatalyse und Polymerisation ist herausfordernd.Neben den einmaligen Kosten für die Modellerstellung sindzwei weitere Faktoren entscheidend für die Wirtschaftlich-keit: (i) die laufenden Kosten für Modellpflege und Lizenz-kosten sowie (ii) der Nutzen, der sich mit solchen Modellenerzielen lässt. Neben dieser rein wirtschaftlichen Betrach-tung ist weiterhin zu beachten, dass die Einführung solcherinnovativen Technologien in den Betriebsalltag sowie derenkontinuierliche Nutzung Überzeugung und Engagementaller Beteiligten bedarf.

Um den Modellierungsaufwand und damit eine derwesentlichen Hürden für den Online-Einsatz modellbasier-ter Anwendungen zu senken, wird in [2, 3] die Wiederver-wendung von bereits vorhandenen Modellen und Modell-bausteinen diskutiert, die für manche Chemieanlagen ausder Phase der Prozessentwicklung oder der Anlagenände-rung vorhanden sind und entweder in kommerzieller Soft-ware oder in firmeneigenen Programmen vorliegen.

Auch unter Nutzung dieses Konzeptes ist, wieoben beschrieben, neben einer Wirtschaftlichkeits-bewertung auch Überzeugungsarbeit zu leisten, be-vor modellbasierte Anwendungen in den Unterneh-men implementiert werden können. Dieser Artikelmöchte hierzu einen Beitrag leisten und stellt aneinem industriellen Fallbeispiel die Online-Nutzungeines bestehenden stationären Prozessmodells desBASF SE Inhouse-Simulators CHEMASIM vor. DasProzessmodell wird laufend mit Messdaten einerrealen Chemieanlage aktualisiert und stellt damiteine Technologieplattform für die Echtzeit-Optimie-rung des Betriebspunkts und das Prozessmonito-ring dar. Aus industrieller Sicht wichtige Aspektewerden zur Anregung weiterer Forschungsaktivitä-ten beschrieben.

2 Aufbau eines validierten Prozessmodellsund Einsatz zur Online-Anwendung

Die Verknüpfung von stationären Prozessmodellen mit Be-triebsdaten wird bereits in [4] und [5] erfolgreich angewen-det. Der hier verwendete Ansatz zum Aufbau eines validier-ten Prozessmodells zur Echtzeit-Optimierung und zumProzessmonitoring unterteilt sich in mehrere Schritte:Durchführung einer Potenzialanalyse, Auswahl der Soft-wareumgebung, Erstellung der modellbasierten Anwen-dung, Messdatenvorverarbeitung, Konfiguration der Daten-ausgleichsrechnung und Formulierung des Optimierungs-problems für die Echtzeit-Optimierung. Im Folgendenwerden diese Schritte kurz erläutert, eine detaillierte Be-schreibung findet sich in [6].

2.1 Potenzialanalyse

Vor der Entscheidung zur Implementierung einer modell-basierten Anwendung ist meist deren Wirtschaftlichkeitabzuschätzen, um die finanziellen und personellen Res-sourcen eines Unternehmens effizient einzusetzen. Daswirtschaftliche Potenzial für ein Prozessmonitoring ergibtsich im Wesentlichen aus erwarteten Besserstellungendurch z. B. Einsparung von Messgeräten, sofern die Quali-tätsgröße sich aus anderen Messwerten berechnen lässt,und der Erkennung von Effizienzverlusten (z. B. durch Fou-ling), um frühzeitig Gegenmaßnahmen einzuleiten. Daswirtschaftliche Potenzial von optimierenden Prozessfüh-rungskonzepten, wie modellprädiktiver Regelung oder Echt-zeit-Optimierung, lässt sich anhand historischer Betriebs-daten abschätzen. Hierzu werden Varianzen ausgewählterSchlüsselvariablen des Prozesses betrachtet [7, 8]. Abb. 1

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Abbildung 1. Beispiel der Heuristik zur Ermittlung wirtschaftlicher Potenzialevon optimierenden Prozessführungskonzepten anhand eines Versorgungsbe-triebs in der chemischen Industrie [8].

2 D. Müller et al.

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illustriert diesen Ansatz, bei der die Varianz der spezifi-schen Kosten anhand einfacher statistischer Methoden indrei Anteile aufgespalten wird: (i) Varianz durch subopti-male Prozessführung (d), (ii) Varianz durch Messfehler (e)und (iii) Varianz durch Änderungen der Randbedingungen(u), wie z. B. der Kühlkapazitäten.

2.2 Auswahl der Softwareumgebung

Sofern ausreichend großes wirtschaftliches Potenzial nach-gewiesen und die Entscheidung zur Implementierung dermodellbasierten Anwendung getroffen wurde, ist die Soft-wareumgebung auszuwählen. Hier spielen Faktoren wieDatenspeicherung, Zugriffs- und Anbindungsmöglichkei-ten an die Betriebsdaten, Modellierungssoftware, Lizenz-kosten und Lösungsalgorithmen eine Rolle. Am Markt sindhierzu mehrere Produkte verfügbar [9 – 11]. In diesem Bei-trag wird der BASF SE Inhouse-Simulator CHEMASIM ver-wendet, um dessen besondere Modellierungsmöglichkeitenund darin bereits vorliegende Prozessmodelle zeit- und kos-teneffizient online zu nutzen.

2.3 Erstellung der modellbasierten Anwendung

Ein Prozessmodell besteht vereinfacht gesprochen aus zweiTeilen: (i) den Modellgleichungen, die Prozessgrößen wieDrücke, Temperaturen, Wärmeübergänge, Konzentrationenund Kinetiken in Beziehung setzen, und (ii) einer Spezifika-tionsliste, die für den numerischen Algorithmus festlegt,welche der Prozessgrößen konstante Parameter und Ein-gangsgrößen sind und welche Prozessgrößen berechnetwerden sollen. Durch diese Spezifikation lässt sich z. B. einWärmeübergangskoeffizient in einem Wärmetauscher beiSimulationen und Optimierungen während der Prozessent-wicklung als konstant festsetzen und während des Prozess-monitoring als zeitlich variable Größe aus anderen Mess-werten berechnen, sofern ausreichend viele Messungen zurSchließung der Energiebilanz um den Wärmetauscher vor-handen sind.

Dieses Beispiel illustriert, welche Art von Anpassungsar-beit bei der Modellwiederverwendung erforderlich ist. DieModellgleichungen lassen sich weitgehend übernehmen,wohingegen die Spezifikation der Prozessgrößen an dieAnforderungen der Online-Anwendung angepasst werdenmuss, wie in den nachfolgenden Abschn. 2.5 und 2.6 fürdie Datenausgleichsrechnung bzw. die Echtzeit-Optimie-rung beschrieben wird.

2.4 Messdatenvorverarbeitung

Vor der Verwendung von Messdaten ist eine Messdatenvor-verarbeitung angeraten. Hierzu zählen die Auswahl derMessgrößen für die Online-Anwendung, die Bewertung

ihrer Messgenauigkeit, die Auswahl repräsentativer histori-scher Betriebsdaten für die Modellanpassung und -validie-rung sowie Algorithmen zur Reduzierung von Messfehlern.Dabei kann es sich als notwendig herausstellen, die Funk-tionsfähigkeit der Messgeräte vor Ort zu überprüfen undzusätzliche Messgeräte zu installieren.

Beim Einsatz stationärer Prozessmodelle, wie es in die-sem Beitrag der Fall ist, muss ein aus Messdaten berech-netes Stationaritätskriterium des Prozesses definiert wer-den. Nur wenn der Prozess als stationär erkannt wird, wirdmit dem stationären Prozessmodell eine Berechnungdurchgeführt, um den Einfluss dynamischer Effekte wieFüllstandsänderungen oder Aufheiz- und Abkühlvorgängeauf die berechneten Prozesswerte zu begrenzen. Dazu sindstationaritätsrelevante Messwerte mittels Prozessverständ-nis auszuwählen [12] und ein Algorithmus zur Stationari-tätserkennung zu parametrieren. In diesem Beitrag wirdfür die Stationaritätsdetektion der Momentenvergleich ver-wendet [13]: ein sich bewegendes Zeitfenster wird in Inter-valle unterteilt und die Messdaten in diesen Intervallenanhand ihrer Standardabweichungen und Mittelwerte sta-tistisch miteinander verglichen. Der Prozessstationaritäts-index ist als gewichtete Summe der Stationaritätsindizesder ausgewählten stationaritätsrelevanten Einzelmessungendefiniert. Ist der Prozessstationaritiätsindex größer als einGrenzwert, dann können die Messdaten für Rechnungenmit dem stationären Prozessmodell verwendet werden.

2.5 Datenausgleichsrechnung

Der erste Schritt beim Prozessmonitoring und der Echtzeit-Optimierung ist die Datenausgleichsrechnung [14, 15], beider die Parameter des Prozessmodells an die Messdaten an-gepasst werden. Die Zielfunktion hierzu ist die Minimie-rung der gewichteten Fehlerquadratsumme zwischen aus-gewählten Modellparametern und Messdaten. Abhängigvon der Verfügbarkeit und Verlässlichkeit der Messwertewerden dabei unter anderem Wärmeübergangskoeffizien-ten, Kolonnenbodenwirkungsgrade und Kinetikparameterzu jedem Zeitpunkt geschätzt, um die Abweichung zwi-schen Modellparameter und Messdaten zu minimieren. Beider Erstellung der modellbasierten Anwendung werdendiese Rechnungen für historische Betriebsdaten durch-geführt, so dass sich deren Konsistenz und Plausibilitätbewerten lässt und das Modell somit validiert werden kann[16]. Eine gute Übereinstimmung zwischen Modell bzw.Modellparameter und Messwerten ist anzustreben, damitspäter auf Basis der modellbasierten Anwendung auch ver-lässlich Entscheidungen getroffen werden können [17, 18].Um dies zu erreichen kann es notwendig sein, Modellglei-chungen anzupassen, empirische Korrelationen der Pro-zessparameter in Abhängigkeit von Messwerten zu ent-wickeln und die Messgeräte zu überprüfen.

Das Prozessmodell wird online mit Betriebsdaten ver-sorgt, die Datenausgleichsrechnung zyklisch durchgeführt

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Echtzeit-Optimierung 3

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und die Werte für das Prozessmonitoring durch die Be-triebsmannschaft zur Information und als Entscheidungs-unterstützung angezeigt. Solch ein validiertes Modell stellteine Technologieplattform dar und kann für vielfältigeAnwendungen genutzt werden, unter anderem (i) fürBottleneck-Analysen, (ii) für die Planung von Anlagenände-rungen und -abstellungen, (iii) zur Unterstützung des AssetManagements durch Berechnung aktueller und in dieZukunft prognostizierter Apparatezustände, sowie (iv) alsErsatz realer Messgeräte und Laboranalysen durch soge-nannte Softsensoren.

2.6 Echtzeit-Optimierung

Während der Potenzialanalyse (vgl. Abschn. 2.1) wird meistbereits deutlich, welche Prozessvariablen für die Wirtschaft-lichkeit der Anlage ausschlaggebend sind. Diese werdenhäufig von der Betriebsmannschaft variiert, um bei schwan-kenden Randbedingungen, wie variierende Produktions-mengen, Preisen und verfügbaren Kühlkapazitäten, denAnlagenbetrieb durch manuellen Eingriff zu optimieren.Auf Basis des validierten Modells, historischer Daten, Pro-zessgrenzen und einer wirtschaftlichen Gütefunktion las-sen sich die teilweise mehreren Optimierungsstrategien derBetriebsmannschaft analysieren und quantifizieren. Umge-setzt in einen Echtzeit-Optimierer wird eine konsolidierteProzessführungsstrategie dann automatisch verfolgt unddie Betriebsmannschaft kann sich auf die Vorgabe von Pro-zessgrenzen und Zielen für die Optimierung konzentrieren,statt manuell einzelne Sollwerte der Regelung anzupassen.

Der Aufbau des in diesem Beitrag verwendeten Echtzeit-Optimierers ist in Abb. 2 illustriert. Durch einen Taktgeberwerden die einzelnen Schritte nacheinander aufgerufen.Die Messwerte aus der Anlage werden zunächst an das Be-triebsdateninformationssystem (BDIS) übermittelt, auf Sta-tionarität überprüft und für die Datenausgleichsrechnungvorverarbeitet. Nach der Datenausgleichsrechnung erfolgtdie Berechnung eines optimierten Betriebspunktes, der wie-

der zurück ins BDIS geschrieben wird. Von dort aus kön-nen die Werte ins Prozessleitsystem übermittelt und dortangezeigt werden. Eine mathematische Beschreibung derangewendeten Echtzeit-Optimierung findet sich in [6].

3 Anwendungsbeispiel

Die zuvor beschriebene Systematik wird nun anhand einesrealen Prozesses der BASF SE demonstriert.

3.1 Potenzialanalyse

Das vorliegende Anwendungsbeispiel wurde keiner Poten-zialanalyse unterzogen. Ziel war es den notwendigenAufwand des Aufbaus eines Echtzeit-Optimierers mittelsbereits vorhandener Prozessmodelle abzuschätzen und dieunterschiedlichen Anwendungsmöglichkeiten angepassterProzessmodelle in einer Plattform zu verbinden. Fernerwurde untersucht, welche möglichen Verbesserungen derProzessführung durch Einsatz dieser Technologie zu errei-chen sind.

3.2 Erstellung der modellbasierten Anwendung

Für das Anwendungsbeispiel wird ein bereits entwickeltesProzessmodell in CHEMASIM verwendet, das 19 verschie-dene Stoffe, 35 Apparate, 72 Stoff- und 18 Energieströmenbeinhaltet. Die 35 Apparate sind zwei Reaktoren, zweiBehälter, zwei Teiler, zwei Mischer, drei Pumpen, fünfKolonnen und 19 Wärmeübertrager. Zwei der Kolonnenbefinden sich im Reaktionsteil und sind in der vereinfach-ten Darstellung in Abb. 3 nicht gezeigt.

Der Prozess besteht aus einem Reaktionsteil, einem Auf-bereitungsteil mit Kolonne 1 und einem Wärmeintegra-tionsteil mit den Kolonnen 2 und 3. Im Reaktionsteil, wer-den das Produkt und ein Nebenprodukt in zwei parallel

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Abbildung 2. Der allge-meine Ablauf der Echt-zeit-Optimierung imAnwendungsbeispiel [6].

4 D. Müller et al.

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geschalteten Reaktoren aus dem Ausgangsstoff A, der voll-ständig umgesetzt wird, hergestellt. Es findet in den Reak-toren hauptsächlich eine endotherme Reaktion der FormA → B + C statt. Das Gemisch bestehend aus B und C wirdKolonne 1 zugeführt. Hier findet eine Aufkonzentrierungdes Produktes B beim Druck p1 statt, wobei das Nebenpro-dukt C am Sumpf und Leichtsieder am Kopf entfernt wer-den. Da Produkt und Nebenprodukt ein Azeotrop bilden, istbeim Druck p1 keine ausreichende Aufkonzentrierung desProduktes B durch rein thermische Einwirkung möglich.Die Aufgabe von Kolonne 1 und 2 ist, den azeotropen Punktper Druckwechselrektifikation zu verschieben. Über denSeitenabzug der Kolonne 1 wird das nah-azeotrope Gemisch

abgezogen und Kolonne 2 mit erhöhtem Druckzugeführt. Es kann eine weitere Aufkonzentrie-rung erfolgen, bei der am Kopf der Kolonne dieazeotrope Zusammensetzung nahezu erreichtwird und am Sumpf fast reines Produkt B ent-steht. Der Kopfstrom wird zur Kolonne 1 zu-rückgeführt. Am Sumpf der Kolonne 2 wird dasGemisch abgezogen und weiter in Kolonne 3aufbereitet. In dieser werden letzte Verunrei-nigungen spezifikationsgemäß abgetrennt. Dazwischen Kolonne 2 und 3 eine große Druckdif-ferenz besteht, kann der Kondensator der Ko-lonne 2 als Verdampfer der Kolonne 3 genutztwerden. Das Produkt B wird schließlich am Kopfder Kolonne 3 abgezogen.

3.3 Datenvorverarbeitung

Eine Analyse der bereits vorhandenen Messge-räte in der Anlage ergibt, dass diese für das

Prozessmonitoring und die Echtzeit-Optimierung hinsicht-lich Anzahl, Platzierung und Messgenauigkeit ausreichendsind. Für die Modellanpassung und -validierung wurdenMessdaten im Zeitraum vom 16.05.2011 bis zum26.05.2011 ausgewählt.

Der Prozessstationaritätsindex berechnet sich aus achtMessgrößen. Der Stationaritätsgrenzwert wurde auf Basisvon Prozessverständnis festgelegt. Abb. 4 illustriert die Sta-tionaritätserkennung am Beispiel der Reaktorfeedmengenfür einen Zeitraum von sechs Tagen (22.09.2011 bis27.09.2011). Die Ordinate auf der linken Seite zeigt dieReaktorfeedmenge in Prozent während die Ordinate aufder rechten Seite den Stationaritätsindex darstellt, der ent-

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Abbildung 3. Blockschema des Beispielprozesses bestehend aus einem Reaktions-teil, einem Aufbereitungsteil und einem Wärmeintegrationsteil.

Abbildung 4. Stationa-ritätserkennung: Feed-strom Reaktor 2.

Echtzeit-Optimierung 5

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weder den Wert 1 für stationär oder den Wert 0für instationär annimmt.

3.4 Datenausgleichsrechnung

Die Zykluszeit für die Datenausgleichsrechnungund die Echtzeit-Optimierung wurde auf zweiStunden festgelegt, wobei die Rechendauerweniger als 10 min auf einem gewöhnlichenArbeitsplatzrechner (DualCore 2,3 GHz; 2 GBRAM) beträgt. Hierbei wurden 38 Modellpara-meter bzw. Messstellen für die Parameteranpas-sung gewählt. Zu den gewählten Parameternzählten unter anderem die Feedströme derReaktoren, Produkt- und Nebenproduktstrom,Drücke im Kopf und im Sumpf der Kolonnensowie Temperaturen relevanter Ströme und ent-scheidender Stufen der Kolonnen.

Die verbleibende Zeit wird benötigt, um einenoptimalen Betriebspunkt zu berechnen, denBetriebspunkt zu wechseln und stationäreMessdaten für einen erneuten Rechenzyklus zusammeln. Die Abbn. 5 und 6 illustrieren exem-plarisch die hohe Modellgenauigkeit und Ro-bustheit der Datenausgleichsrechnung. Der ge-schätzte Feedstrom in Abb. 5 besitzt eine maxi-male Abweichung von 0,5 % vom Messwert und die starkschwankende Rücklauftemperatur der Kolonne 1 nur 0,1 %.Die hohe Genauigkeit des Models erlaubt dessen Einsatzfür das Prozessmonitoring und die Echtzeit-Optimierung.

3.5 Prozessmonitoring

Ausgewählte geschätzte Prozesswerte werden zurück insBDIS geschrieben, um dort für Analysen und das kontinu-

ierliche Prozessmonitoring zur Verfügung zustehen. Da das Produkt der betrachteten Anlageam Markt stark nachgefragt wird, ist es für dieBetriebsmannschaft besonders wichtig, diejeni-gen Faktoren zu identifizieren, die die Produk-tionsmenge limitieren. Die Betriebsmannschaftging vor Implementierung des Prozessmonito-rings davon aus, dass der Engpass der Anlagezur Produktstrommaximierung bei den fluiddy-namischen Grenzen der Kolonne 1 liegt. Daherwurden die F-Faktoren der Kolonnen und dieRücklauftemperatur am Kopf der ersten Ko-lonne berechnet und analysiert. Abb. 7 zeigtexemplarisch den F-Faktor auf einem ausge-wählten Boden der ersten Kolonne mit den fluid-dynamischen Belastungsgrenzen. Diese Visuali-sierung erlaubt es der Betriebsmannschaft undVerfahrenstechnik-Experten, die Belastung derKolonne und die verbliebene Kapazität abzu-schätzen.

Eine Analyse historischer Daten zeigt jedoch,dass auch der Luftkühler der Kondensatoren derersten Kolonne im Fall von hohen Umgebungs-temperaturen einen Engpass darstellt. Abb. 8zeigt den Verlauf der Umgebungstemperatur

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Abbildung 5. Datenausgleichrechnung: Feedströme der Reaktoren. Die Abkür-zung CHMS steht für die modellierten Werte in CHEMASIM und RD für die Mess-daten.

Abbildung 6. Datenausgleichsrechnung: Rücklauftemperatur der Kolonne 1. DieAbkürzung CHMS steht für die modellierten Werte in CHEMASIM und RD für dieMessdaten. Zu bestimmten Zeiten ist keine Datenausgleichsrechnung erfolgt. Diesbegründet die Sprünge im Verlauf der berechneten Werte (gestrichelte Linien).

6 D. Müller et al.

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und der Kondensattemperatur am Kopf der ersten Kolonneim Zeitraum vom 16.05.2011 bis zum 26.05.2011. Ersicht-lich wird, dass ein Abkühlen der Brüden durch die höherenUmgebungstemperaturen kaum mehr möglich ist. DieKondensattemperatur erreicht mehrmals zur Mittagszeitein Plateau.

Der Engpass der Anlage in Bezug auf die Produktstrom-maximierung liegt im Sommer daher nicht wie zunächstvermutet bei den Kolonnen, sondern bei den Kondensato-ren beziehungsweise bei den Luftkühlern. Dieses Beispielillustriert den großen Nutzen eines validierten Prozess-modells für verschiedene Anwendungen und Nutzergrup-pen.

3.6 Echtzeit-Optimierung

Neben der Maximierung des Produktstroms sollen die spe-zifischen Energiekosten minimiert werden, die im Wesent-lichen die Summe der Heizdampfkosten der Kolonne 1und 2 sind. Die Optimierungsvariablen sind nach den Er-fahrungen und Einstellmöglichkeiten des Betriebs ausge-wählt. Hierzu zählen das Rücklaufverhältnis am Seitenab-zug, die Bodentemperatur auf der Trennstufe über demVerdampfer in der Kolonne 1 und die Bodentemperaturim mittleren Teil der Kolonne 2.

Die Ergebnisse des Optimierers zeigen eine potenzielleEnergieeinsparung von bis zu 14,5 %, abhängig vom Be-triebszustand. Die modellbasierte Echtzeit-Optimierungstellt eine wertvolle Unterstützung für die Betriebsmann-schaft dar, um die komplexe, wärme- und stoffintegrierteAnlage permanent an dem jeweils optimalen Betriebspunktzu fahren, wie nachfolgend beispielhaft erläutert wird. Umdie Einsparung zu erreichen, muss die Rücklaufmenge derKolonne 1 erhöht werden, was wiederum zu einer Erhö-hung der Verdampferleistung im Sumpf führt. Somit wirddie Trennleistung verstärkt und die Konzentration an Pro-dukt B am Seitenabzug angehoben, was in Abb. 9dargestellt ist. Die Konzentration an Produkt B nähert sichim optimierten Fall der Konzentration des azeotropenPunktes an. Durch diese höhere Konzentration wird weni-ger Nebenprodukt C in Kolonne 2 geführt, wodurch dieGesamtmenge am Seitenabzug reduziert wird. Dies redu-ziert die zu verdampfende Menge in Kolonne 2. Die darausresultierenden geringeren Brüdenmengen in Kolonne 2verringern schließlich den Rückführstrom zur Kolonne 1.Insgesamt ergibt sich dadurch ein geringerer spezifischerEnergieverbrauch. In Abb. 10 werden die optimierten undreal benötigten Energiemengen bei verschiedenen Last-

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Abbildung 7. Belastungskennfeld eines ausgewählten Bodensder Kolonne 1.

Abbildung 8. Rücklauf-temperatur der Kolon-ne 1.

Echtzeit-Optimierung 7

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zuständen dargestellt, wobei die optimierten Werte nochnicht von der Betriebsmannschaft übernommen wurden.Sobald der Echtzeit-Optimierer aktiv genutzt wird, reduzie-ren sich typischerweise die Differenz zwischen validiertenund optimierten Werten, da dann der Prozess permanentnahe am Optimum gefahren wird.

4 Zusammenfassung

An einem industriellen Fallbeispiel wurde die Nutzungeines bestehenden stationären Prozessmodells des BASFSE Inhouse-Simulators CHEMASIM für den Online-Ein-

satz illustriert. Das Prozessmodell wird laufend mit Mess-daten einer realen Chemieanlage aktualisiert und stellt eineTechnologieplattform für die Echtzeit-Optimierung des Be-triebspunkts und das Prozessmonitoring dar. Durch dieWiederverwendung bestehender Prozessmodelle lassen sichauf den ersten Blick Kosten reduzieren. Bei detailliertererBetrachtung zeigt sich zusätzlich, dass das Vorhandenseineines aktuellen validierten Prozessmodells die Zusammen-arbeit mehrerer Gewerke beeinflusst und effizient unter-stützen kann. Als Konsequenz daraus ergeben sich neueAufgabenstellungen für Unternehmen im Bereich derModelldokumentation und -pflege sowie Nutzerverwaltung.

Industriell relevante Forschungsfelder sehen die Autorenin einfachen Methoden zur möglichst präzisen Abschät-zung wirtschaftlicher Potenziale von optimierenden Pro-zessführungskonzepten auf Basis historischer Prozessdatenund dem systematischen Aufbau einer Stationaritätserken-nung für verfahrenstechnische Prozessen auf Basis mehre-rer Messsignale.

Weiterhin eignen sich nach Einschätzung der AutorenFallstudien der hier vorgestellten Art sehr gut für Praktikaund Abschlussarbeiten in der Industrie. Sie bringen diemethodischen Kenntnisse von Studierenden an realenindustriellen Beispielen zur wirtschaftlichen Anwendung,was sowohl ein motivierendes Erfolgserlebnis für die Stu-dierenden darstellen kann als auch die Ausrichtung der ent-sprechenden Studiengänge bestätigt. SystemtechnischesVerständnis des stationären und dynamischen Prozessver-haltens sowie Methodenkompetenz im Bereich Analyse,Modellierung, Simulation, Regelung und Optimierung istessentiell, um komplexe verfahrenstechnische Systemewirtschaftlich optimal zu betreiben.

Formelzeichen

�F [L s–1] Volumenstrom�Q [W] Leistung

t [min] ZeitT [°C] Temperatur

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Abbildung 9. Echtzeit-Optimierung: Änderung der Produktkon-zentration am Seitenabzug. Bei den Datenpunkten unter „Vali-diert“ handelt es sich um die berechneten Ergebnisse nach derDatenausgleichsrechnung. Dies sind simulierte Daten. Die Daten-punkte unter „Optimiert“ sind die berechneten Ergebnisse desOptimierers für den optimierten Betriebspunkt.

Abbildung 10. Echtzeit-Optimierung: Benötigte Energiemengenbei verschiedenen Lastzuständen.

David Müller studierteEnergie- und Verfahrens-technik an der Techni-schen Universität Berlinund promoviert seit Januar2012 am FachgebietDynamik und Betrieb tech-nischer Anlagen in Berlinim Bereich Prozess- undAnlagenoptimierung. Im

Rahmen seiner Masterarbeit arbeitete er am Fachzen-trum für Automatisierungstechnik der BASF SE in derFachgruppe Optimierung der Prozessführung.

8 D. Müller et al.

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Literatur

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ChemieIngenieurTechnik

Chemie Ingenieur Technik 2012, 84, No. 0, 1–10 © 2012 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.cit-journal.com

Olaf Kahrs ist im Fach-zentrum für Automatisie-rungstechnik der BASF SEfür die Fachgruppe Opti-mierung der Prozessführungverantwortlich. Arbeits-schwerpunkte bilden so-wohl Entwicklungen alsauch Anwendungen inden Bereichen Prozess-diagnose, gehobene Rege-lungstechnik, dynamischeSimulation und modell-

basierte Optimierung verfahrenstechnischer Prozesse.Nach einem Studium des Maschinenbaus an der RWTHAachen und am Dartmouth College (USA) promovierteer am Lehrstuhl für Prozesstechnik in Aachen.

Stefan Höser ist im Fach-zentrum für Automatisie-rungstechnik der BASF SEals Automation Engineerin der Fachgruppe Opti-mierung der Prozessführungtätig. Seine Arbeitsschwer-punkte bilden Entwick-lung und Anwendungengehobener Methoden derProzessführung (Online-Optimierung, Modellprä-

diktive Regelung) sowie Modellierung von verfahrens-technischen Prozessen. Er studierte Energie- und Ver-fahrenstechnik an der TU Berlin und schrieb seineAbschlussarbeit am Fachgebiet Dynamik und Betriebtechnischer Anlagen unter Leitung von Prof. Wozny.

Harvey Arellano-Garciastudierte Energie und Ver-fahrenstechnik an derTechnischen UniversitätBerlin und promovierte2006 an der Fakultät fürProzesswissenschaften dergleichen Universität zumThema Chance ConstrainedOptimization of ProcessSystems under Uncertainty.Seit Februar 2006 ist erwissenschaftlicher Assis-

tent am Fachgebiet Dynamik und Betrieb technischerAnlagen der TU Berlin und Leiter der ArbeitsgruppeSystemdynamik und Prozessoptimierung. Zurzeit ister Gastprofessor an der BTU Cottbus.

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DOI: 10.1002/cite.201200072

Durchgängige Nutzung von Prozessmodellen während desProzesslebenszyklus: ein industrielles FallbeispielD. Müller*, O. Kahrs, S. Höser, H. Arellano-Garcia

Dieser Beitrag stellt die Entwicklung eines validierten Prozessmodells durch Wiederverwer-tung vorhandener Prozessmodelle und Anlagenmessdaten am Beispiel einer existierendenAnlage vor. Das validierte Prozessmodell dient als Technologieplattform für das Prozess-monitoring und die Echtzeit-Optimierung. ............................................................. �

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10 D. Müller et al.