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449 BuB 68 08-09/2016 EDITORIAL In der vergangenen BuB-Ausgabe sagte die Journalistin Kathrin Passig: »Es sollte gar keine zentrale Bibliothek mehr gebaut wer- den.« Doch werden Metropolbibliotheken nicht doch benötigt? Sie werden benötigt, nicht nur als Magnet oder Frequenzbringer, son- dern federführend für die bibliothekarischen Organisationsabläufe. Durch ein gesamtstädtisches Bibliothekskonzept und Kooperatio- nen, nicht nur mit den Stadtteilbibliotheken, sondern zahlreichen Bildungs- und Kultureinrichtungen, bilden sie ein Bildungs- und Kulturzentrum. Die Stadtteilbibliotheken sind dagegen die bürger- nahen Pole. Die zentrale Bibliothek hat unter anderem die Funktion, Verwaltungseinrichtung zu sein, ein Fundament für die historischen Sammlungen zu bieten und den Auftrag, zukunftsorientierte Inno- vationen für das Gesamtsystem zu entwickeln. Konzeptionell sollte hierbei auf die interkulturellen Struktu- ren und Milieus flexibel und mit altersgerechten Bildungs- und Kulturangeboten reagiert werden. Darüber hinaus sollte das Bib- liothekskonzept auch Anforderungsprofile zum demografischen Wandel und Integrationsprogramme entsprechend der Flüchtlings- entwicklung beinhalten. Best-Practice-Beispiele bieten hier die Ur- ban Mediaspaces, wie zum Beispiel in Stuttgart die Bibliothek 21 oder das Dokk1 im dänischen Aarhus beziehungsweise die Open- bare in Amsterdam. Eines haben solche neu konzipierten Zentralen gemein: Sie erzeugen eine Aufwertung, nicht nur ihrer näheren Um- gebung oder des Bezirks, sondern für die gesamte Stadt. Die Qualität einer Bibliothek zeichnet sich dadurch aus, dass sie nicht nur bestimmte Interessengruppen oder bestimmte Stadtbe- zirke bedient, sondern in ihrer Angebotsvielfalt für alle Altersgrup- pen und Bildungsschichten etwas zu bieten hat, getreu dem Motto »Zuerst der Mensch, dann die Medien«. Doch dies erfordert ein gu- tes und fortwährend weiterqualifiziertes Personal, das für gesell- schaftliche und technische Entwicklungen offen sowie lernwillig ist und für die Integration von Kreuzqualifikationen zugänglich, um diese in das Bibliotheksteam zu integrieren. All dies böte Zukunft für eine Metropolenbibliothek und deren Stadt. Darüber hinaus sollte eine solche Bibliothek Service bieten, welchen das Internet nicht bieten kann, wie zum Beispiel räumliche Atmosphäre, per- sönliche Kontakte, haptische Angebote bis hin zu »Unprogrammed Spaces«. Diese und viele weitere neue Aspekte und Trends bei der Architektur und Gestaltung von Bibliotheken zeigt der Schwerpunkt der aktuellen BuB-Ausgabe ab Seite 466. Dr. Dirk Wissen, BuB-Herausgeber Unprogrammed Spaces

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Page 1: EDITORIAL Unprogrammed Spaces - BuBb-u-b.de/wp-content/uploads/2016-08.pdf · Methode »Desgin Thinking« eine neue Stadtteilbibliothek (Julia Bergmann, Anja Flicker) 482 Neue Wege

449BuB 68 08-09/2016

EDITORIAL

In der vergangenen BuB-Ausgabe sagte die Journalistin Kathrin Passig: »Es sollte gar keine zentrale Bibliothek mehr gebaut wer-den.« Doch werden Metropolbibliotheken nicht doch benötigt? Sie werden benötigt, nicht nur als Magnet oder Frequenzbringer, son-dern federführend für die bibliothekarischen Organisationsabläufe. Durch ein gesamtstädtisches Bibliothekskonzept und Kooperatio-nen, nicht nur mit den Stadtteilbibliotheken, sondern zahlreichen Bildungs- und Kultureinrichtungen, bilden sie ein Bildungs- und Kulturzentrum. Die Stadtteilbibliotheken sind dagegen die bürger-nahen Pole. Die zentrale Bibliothek hat unter anderem die Funktion, Verwaltungseinrichtung zu sein, ein Fundament für die historischen Sammlungen zu bieten und den Auftrag, zukunftsorientierte Inno-vationen für das Gesamtsystem zu entwickeln.

Konzeptionell sollte hierbei auf die interkulturellen Struktu-ren und Milieus flexibel und mit altersgerechten Bildungs- und Kulturangeboten reagiert werden. Darüber hinaus sollte das Bib-liothekskonzept auch Anforderungsprofile zum demografischen Wandel und Integrationsprogramme entsprechend der Flüchtlings-entwicklung beinhalten. Best-Practice-Beispiele bieten hier die Ur-ban Mediaspaces, wie zum Beispiel in Stuttgart die Bibliothek 21 oder das Dokk1 im dänischen Aarhus beziehungsweise die Open-bare in Amsterdam. Eines haben solche neu konzipierten Zentralen gemein: Sie erzeugen eine Aufwertung, nicht nur ihrer näheren Um-gebung oder des Bezirks, sondern für die gesamte Stadt.

Die Qualität einer Bibliothek zeichnet sich dadurch aus, dass sie nicht nur bestimmte Interessengruppen oder bestimmte Stadtbe-zirke bedient, sondern in ihrer Angebotsvielfalt für alle Altersgrup-pen und Bildungsschichten etwas zu bieten hat, getreu dem Motto »Zuerst der Mensch, dann die Medien«. Doch dies erfordert ein gu-tes und fortwährend weiterqualifiziertes Personal, das für gesell-schaftliche und technische Entwicklungen offen sowie lernwillig ist und für die Integration von Kreuzqualifikationen zugänglich, um diese in das Bibliotheksteam zu integrieren. All dies böte Zukunft für eine Metropolenbibliothek und deren Stadt. Darüber hinaus sollte eine solche Bibliothek Service bieten, welchen das Internet nicht bieten kann, wie zum Beispiel räumliche Atmosphäre, per-sönliche Kontakte, haptische Angebote bis hin zu »Unprogrammed Spaces«. Diese und viele weitere neue Aspekte und Trends bei der Architektur und Gestaltung von Bibliotheken zeigt der Schwerpunkt der aktuellen BuB-Ausgabe ab Seite 466.

Dr. Dirk Wissen, BuB-Herausgeber

Unprogrammed Spaces

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SCHWERPUNKT

RÄUME DER ZUKUNFTSowohl Öffentliche als auch Wissenschaftliche Bibliothe-ken sind dabei, sich räumlich, technisch und funktional funda-mental zu verändern. Dies hat sichtbare und entscheidende Auswirkungen auf die Art, wie Bibliotheken gebaut werden. Der BuB-Schwerpunkt ab Seite 466 zeigt aktuelle Konzepte, Trends und aufsehenerregende Projekte aus der Praxis.

Zum Beispiel aus dem nieder-ländischen Amersfoort: Dort wird die Bibliothek zum Zent-rum für informelle Bildung und persönliche Entwicklung, deren Aktivitäten den sozialen Aspekt der Gemeinschaft in den Mittel-punkt stellen (Seite 472). Eine immer wichtigere Rolle spielt allerorts die ökologische Aus-richtung. Strategien zur neuen Nachhaltigkeit von Bibliotheken finden Sie ab Seite 488.

Foto: Marco_Heyda

Forum Bibliothek und Information

08-09 / 2016BuB

Foto Titelseite: scagliolabrakkee ©neute-lings riedijk architects

Fotos Inhaltsverzeichnis: Michael Meyer-Spinner, scagliolabrakkee ©neute-lings riedijk architects, Petra Hauke

FOYER

BIBLIOTHEKARTAG

453 Call for Papers

AUSBILDUNG

454 Ausbildungszahlen bleiben stabil Jahrestagung der Zuständigen Stellen für den FaMI-Beruf in Potsdam (Karin Holste-Flinspach)

TAGUNG

456 »Grenzenlose Bibliothek – gren-zenlose KinderbibliothekarIn« Rückblick auf das 3. Forum Bibliothekspädagogik / Die Sicht einer Studentin (Sophia Becker)

ÖFFENTLICHE BIBLIOTHEK

458 »handverlesen« Stadtbibliothek Osnabrück bezieht mit neuem Buchempfehlungs- system die Leser ein (Michael Meyer-Spinner)

459 NACHRICHTEN

460 Fotoausstellung zum 20-jährigen Bestehen / MIZ Biberach

462 Integration, Inklusion, Partizipa-tion – Miteinander voneinander lernen / Zweite Fachkonferenz Kinder- und Jugendbibliotheken

464 MARKT

LESESAAL

SCHWERPUNKT: RÄUME DER ZUKUNFT

466 Nach dem Funktionalismus Neue Wege in der Planung und Gestaltung von Bibliotheken (Olaf Eigenbrodt)

472 Het Eemhuis: Ein Bibliothekskon-zept für die nächste Generation Entwicklung der Schriftkultur – informierte Bürger – sozialer Zusammenhalt (Erno de Groot)

478 Ein Ort für Kreativität, Mitgestaltung, Inspiration Würzburg plant mithilfe der Methode »Desgin Thinking« eine neue Stadtteilbibliothek (Julia Bergmann, Anja Flicker)

482 Neue Wege der Bürgerbeteiligung in Bibliotheken Erarbeitung der Stakeholder- Bedürfnisse mit der Methode LEGO Serious Play / Ein Praxis-projekt in der Stadtbibliothek Tübingen (Tobias Seidl, Cornelia Vonhof)

488 Beyond »Greenwashing« Strategien der neuen Nach- haltigkeit für Bibliotheksbauten (Nils Beese)

494 Zutritt für Erwachsene verboten! Biblo Tøyen – die Bibliothek für 10- bis 15-Jährige in Oslo (Beate Detlefs)

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451BuB 68 08-09/2016

500 »Reise durch das Bermudadreieck« Planung und Realisierung der Bibliothek Design Medien Infor-mation (DMI) im Erweiterungsbau des Kunst und Mediencampus der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (Holger Wendt)

504 Der Organismus des Bibliotheks-wesens – geheimnisvoll, rätsel-haft und labyrinthisch Auf einen Espresso mit dem österreichischen Baukünstler und Hochschullehrer Manfred Ortner zur »Atmosphäre von Bibliothe-ken« (Dirk Wissen)

507 »un-commercial space« – »un-programmed space« – »un-precedented axis« Auf einen weiteren Espresso mit dem australischen Architekten Peter Wilson zur »Atmosphäre von Bibliotheken« (Dirk Wissen)

PRAXIS

510 Kulturinstitutionen im ländlichen Raum – Förderungsoptionen Viele Förderprogramme vorhan-den, aber nicht alle greifen (Julia Borries)

AUSLAND

516 China auf dem grünen Weg?! Eindrücke einer Vortragsreise nach Hongkong, Peking und Guangzhou (Petra Hauke)

KINDER- UND JUGENDBIBLIOTHEK

520 Bildung bewegt Die Kinderuni Brilon vermittelt auf ungewöhnliche Weise Wissen in Theorie und Praxis / Kooperation mit heimischer Wirtschaft (Ute Hachmann)

BAU

524 Die Feuerwache und die Biblio-thek – eine dauerhafte Beziehung »Alte Feuerwache« Treptow- Köpenick: ein neuer Bibliotheksbau in Berlin (Jürgen Radzkowski)

MAGAZIN

FACHLITERATUR

528 Bibliotheksbau Geschichte und Trends, Entwurf, Technik und Innenraum (Jonas Fansa)

530 Aktueller Einblick in Archive für Laien Handbuch komplettiert die Reihe zu Gedächtnisinstitutionen (Konrad Umlauf)

AUS DEM BERUFSVERBAND

532 Aus den Landesgruppen

533 VorgeMERKT

449 EDITORIAL

457 IMPRESSUM

534 SUMMARY / RESUME

536 KONTAKT / INSERENTEN- VERZEICHNIS

AB IN DIE APP!

496 Rundgang durch Biblo Tøyen Ein Video bietet Einblicke in Oslos spektakuläre Jugendbibliothek

519 Hongkong, Guangzhou, Peking Eine Karte und viele Fotos dokumentieren die ökologischen Anstrengungen chinesischer Bibliotheken

527 Fotogalerie zeigt Stilwechsel Das Zusammenspiel von Alt und Neu in der »Alten Feuerwache« Treptow-Köpenick

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FOYER BIBLIOTHEKARTAG

Vom 30. Mai bis zum 2. Juni 2017 findet in Frankfurt am Main der 106. Deutsche Bibliothekartag statt. Veranstalter sind der Verein Deutscher Bibliothekare (VDB) und der Berufsverband Informa-tion Bibliothek (BIB). Das Motto der größten und zentralen Fortbildungs-veranstaltung für das deutsche und europäische Bibliothekswesen lautet 2017 »Medien – Menschen – Märkte«.

Auch 2017 werden wieder eine Poster-Ses-sion sowie die »Invited Sessions« stattfin-den – Veranstaltungen, zu denen die aus-richtenden Verbände gezielt einladen. Die 2016 auf dem BID-Kongress in Leipzig erstmals durchgeführte Präsentation von Clips soll auch in Frankfurt Teil des Bib-liothekartags sein. Neu werden die soge-nannten »Hands-On Labs« sein. Sie sollen in Form von Open Space Learning direkte Praxiserfahrungen ermöglichen.

Mit zehn Themenkreisen fokussiert der Bibliothekartag auf unterschiedli-che Zielgruppen und Interessengebiete – rund um Medien, Menschen, Märkte.

Die Veranstalter rufen dazu auf, Vor-schläge für Vorträge, Podiumsdiskussio-nen, Workshops und Hands-On Labs zu folgenden Themenkreisen einzureichen:

• Themenkreis 1: Medien – Menschen – Märkte | Fokus Politik & Gesellschaft

Bibliotheks- und Informationsethik, Bibliotheks- und Urheberrecht, Bib-liothekspolitik, Bildungslandschaften, Citizen Science, demografischer Wan-del, digitale Teilhabe, Diversity, inter-kommunale Zusammenarbeit, interkul-turelle Bibliotheksarbeit, internationale Wissenschafts- und Förderpolitik, Inter-nationalisierung, Kompetenzzentren, kulturelle Bildung, Lobbying, Recht, Wissenschaftsnetzwerke

• Themenkreis 2: Menschen & Märkte | Fokus Bürgerschaft, Kundschaft, Partnerschaft

Alternative Raumkonzepte, Aufent-haltsort Bibliothek, Auskunft im Wandel, Bestandspräsentation, Bibliothekspäda-gogik und Informationskompetenz, Blen-ded Library, Flächenplanung für kollabo-rative und räumlich verteilte Szenarien, Kinder- und Jugendbibliotheksarbeit, Kundenforen, Kundensegmentierung, Lernzentren, Lesegewohnheiten, Me-dienerziehung, neue Informationsdienst-leistungen von Spezialbibliotheken und für spezifische Kundengruppen, Nicht-kundenbefragungen, Nutzungsstruktu-ren, Öffnungszeiten, Schulbibliotheken, Sprach- und Leseförderung, Stadtentwick-lung, Teaching Library, Umfeldanalysen, zielgruppenorientierte Bibliotheksarbeit

• Themenkreis 3: Menschen & Medien | Fokus Teams, Talente, Leadership

Arbeitszeitmodelle, Ausbildung und Studium, Berufsbild, Berufseinstieg, Ehrenamt, Fortbildung, organisationa-les Lernen, Organisationspsychologie, Personalentwicklung, Tarifsituation, Weiterbildung, Wissensmanagement

Special Topic: Neue Gesichter – Fri-sche Ideen: Forum für Bibliothekar-tags-Einsteigerinnen und -Einsteiger und alle, die kreative Unterstützung und frische Ideen bieten

• Themenkreis 4: Medien & Märkte 1 | Fokus Dienstleistungen & Produkte

Cloud-Umgebungen, E-Books, Elec-tronic Resource Management, Erwer-bung, Discovery, Fachinformations-dienste, Gamification, Geräteabhän-gigkeit, Geschäfts- und Lizenzmodelle, Hosting, infrastrukturelle Dienstleis-tungen, Marktsituation, nationale Infra-strukturen, PDA, RFID

• Themenkreis 5: Medien & Märkte 2 | Fokus Lehre & Forschung

Campusmanagementsysteme, Di-gitalisierung der Lehre, E-Learning, elektronisches Publizieren, E-Science,

Forschungsdaten, Hochschulverlage, Open Access, Open Educational Resources

• Themenkreis 6: Medien | Fokus Erschließung & Bewahrung

Digitale Editionen, Erschließungs-standards, Geschäftsgänge für die hybride Bibliothek, historische Bestände, Langzeitarchivierung, Linked Open Data, Netzwerke der Bestandserhaltung, Prove-nienzforschung, Retro-Digitalisierung, Sammlungen, semantische Technologien

• Themenkreis 7: Märkte | Fokus Ma-nagement, Marketing, Innovationen

Bibliothekscontrolling, Bibliotheks-konzepte, Bibliotheksmanagement, Bibliotheksstatistik, In- und Outsour-cing, Innovationsmanagement, Koope-rationen, Organisationsformen, Pro-gramm- und Veranstaltungsarbeit, Qua-litätsmanagement, Trendforschung, Veränderungsprozesse, Verbünde

• Themenkreis 8: Invited Sessions• Themenkreis 9: Hands-On Labs• Themenkreis 10: Podium der Verbände

Die Programmkommission lädt alle Kol-leginnen und Kollegen, Fachleute aus Wissenschaftlichen und Öffentlichen Bibliotheken und Informationseinrich-tungen sowie Vertreterinnen und Ver-treter von einschlägigen Verbänden und Firmen ein, Vorträge zu diesen Themen-kreisen einzureichen. Anmeldeschluss für die Vorträge, Podiumsdiskussionen, Workshops und Hands-On Labs ist der 18. November 2016.

Call for Papers

Den vollständigen Call for Papers gibt es in der BuB-App und online unter:

http://b-u-b.de/cfp-bibliothekartag

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Ausbildungszahlen bleiben stabil Jahrestagung der Zuständigen Stellen für den FaMI-Beruf in Potsdam

Bei der 18. Tagung der Zuständi-gen Stellen für die Fachangestellten-ausbildung im Öffentlichen Dienst im April 2016 waren die Bundes-länder Hamburg, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Nord-rhein-Westfalen, Berlin, Hessen und Brandenburg sowie die Bundesver-waltung und Bayern für den Bereich Archive vertreten. Tagungsort war wie im Vorjahr Potsdam, damit lag auch die Vorortplanung folgerichtig wieder beim Land Brandenburg, in Person von Susanne Taege. Die Vor-feldorganisation erfolgte zusammen mit Astrid Schulz (Bezirksregierung Köln) und Oliver Voigt (Zentrum für Aus- und Fortbildung Hamburg). 2017 wird die Jahrestagung erstma-lig in Schleswig-Holstein stattfinden.

Wie im vergangenen Jahr eingeführt, begann auch die diesjährige Konferenz bereits am Nachmittag des Anreisetages mit einem Sachthema. Eberhard Pom-plitz und Ines Stegemann vom Berufsbil-dungswerk Oberlinhaus stellten die Aus-bildung zur Fachkraft für Medien- und Informationsdienste (FaMI) vor. Das Oberlinhaus, dessen ursprüngliche Ge-schichte bis ins Jahr 1871 zurückreicht, beherbergt heute Kliniken, Werkstätten, Wohngruppen, das Berufsbildungswerk sowie die Sonderpädagogische Berufs-schule »Theodor Hoppe«.

Das Berufsbildungswerk bemüht sich um die Rehabilitation und beruf-liche Qualifizierung von Menschen mit speziellem Unterstützungsbedarf auf-grund körperlicher oder psychischer Beeinträchtigungen und bietet neben Möglichkeiten der Arbeitserprobun-gen und berufsvorbereitenden Maß-nahmen breit aufgestellt 480 Plätze für

die praxisorientierte Ausbildung in 30 Berufen. Seit 2002 werden hier Fach-kräfte für Medien- und Informations-dienste basierend auf Paragraf 66 des Berufsbildungsgesetzes in der Fachrich-tung Archiv ausgebildet.

Nach (mindestens) einem erfolgrei-chen Hausschulabschluss absolvieren die Nachwuchskräfte ihre dreijährige Ausbildungszeit überwiegend im haus-eigenen Lehrarchiv und der Sonderpäd-agogischen Berufsschule, ergänzt durch einen Einsatz in der Bibliothek im Ober-linhaus sowie durch ein dreimonatiges externes Archivpraktikum. Zwischen- und Abschlussprüfung werden vor der IHK Potsdam abgelegt.

Derzeit befinden sich im ersten Aus-bildungsjahr 14, im zweiten Jahr 9 und im dritten Jahr 15 Auszubildende. Da-bei ist auch die direkte Ablegung der Fachangestelltenprüfung bei entspre-chender Eignung möglich, ferner kann die Fachkraftqualifizierung bei einer Anschlussausbildung zum FaMI mit ei-nem Jahr angerechnet werden.

Begleitende Fachdienste bieten Un-terstützung bei der Arbeitsplatzsuche an. Spätere Einsatzschwerpunkte der Fach-kräfte sind hauptsächlich Magazin-, Re-gistratur - oder Verwaltungstätigkeiten.

Dieser thematische Einstieg der Tagung wurde durch ein Kurzreferat des Integrationsfachdienstes im Land Bran-denburg / Standort Potsdam ergänzt. Als Ansprechpartner sowohl für Men-schen mit Behinderungen als auch (po-tenzielle) Ausbildungsplatzanbieter und Arbeitgeber werden hier Hilfestellungen bei der Umsetzung im Betrieb, Prüfung von Förderleistungen und beim Umgang mit Ämtern und Behörden angeboten.1

Ausbildung nebenher

Das Tagungsprogramm wartete zudem mit interessanten Zahlenwerten zum Thema »Ausbildung nebenher?« auf. Daniela Töllner, im Hauptberuf Aus-bildungsbeauftragte in Niedersachsen, stellte die Ergebnisse ihrer im Rahmen

FOYER AUSBILDUNG

Abbildung 1. Im Jahr 2015 neu begonnene FaMI-Ausbildungen im Öffentlichen Dienst

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455BuB 68 08-09/2016

FOYER AUSBILDUNG

des berufsbegleitenden Studiums an der Hochschule Hannover entstandenen Bachelorarbeit2 vor.

Mittels einer Online-Umfrage bei 120 (Bibliotheks-)Ausbildern in Nieder-sachsen sollte der tatsächliche Zeitauf-wand für die praktische Ausbildungs-tätigkeit ermittelt werden. Demnach wurden für den Verlauf der gesamten FaMI-Ausbildung3, beginnend mit dem Auswahlverfahren über die Erstellung eines individuellen Ausbildungsplans, betriebsinterner Unterweisungen, Kon- trolle der Ausbildungsnachweise bis zum Ausbildungsende 389,5 Stunden für die Ausbildung aufgewendet, in der Woche sind das circa 13 Stunden. Allein für das Auswahlverfahren wurden im Durch-schnitt 18,85 Stunden, für die Ausbil-dungsplanung 26,1 Stunden benötigt.

Ein weiteres wichtiges Thema war die Anerkennung auslän-discher Bildungsabschlüsse, auch in Bezug auf Flüchtlinge.

In deutlichem Gegensatz dazu steht, dass die Ausbildungstätigkeit der Befragten mit eindeutig zu niedrigen Zeitkontingenten angesetzt war – sofern sie überhaupt in der Stellenbeschrei-bung enthalten war.

Ein weiteres wichtiges Thema war die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse4, auch in Bezug auf Flüchtlinge. Zusätzliche Schwierigkei-ten treten hier oftmals auf, wenn wie bei Studienabschlüssen Praxisanteile

fehlen, die Möglichkeiten von Praktika aber aufgrund der auch hier inzwischen geltenden Mindestlohnregelung einge-schränkt sind.

Ebenfalls um Anerkennung bezie-hungsweise die Anrechnung von Prak-tika oder eines Anfangssemesters ging es danach in Bezug auf die FaMI-Aus-bildung für ein Bachelorstudium Biblio-thekswesen. Hier wurde eine Sammlung der Regelungen der einzelnen Hoch-schulen angeregt.

Zudem befasste sich die Tagung mit Prüfungsentschädigungen, der Abprüfung von RDA in Zwischen- und Abschlussprüfungen, der Aufführung des erreichten EQR-Niveaus in den Ab-schlusszeugnissen, den Fristen der Auf-bewahrung von Prüfungsakten und Nie-derschriften sowie der der Möglichkeit digitaler Ausbildungsnachweise.

Und die aktuelle Entwicklung?

Die bundesweiten Ausbildungszah-len haben sich unter Herausrechnung von aktuellen Verschiebungen bei der Zuständigkeit zwischen Industrie- und Handelskammern und Öffentlichem Dienst bundesweit im Verhältnis zum Vorjahr so gut wie nicht verändert (siehe Abbildung 1), leichte Rückgänge einiger Bundesländer (Mecklenburg-Vorpom-mern, Nordrhein-Westfalen) werden durch Steigerungen in Bayern und Ba-den-Württemberg aufgehoben .

Scheinbar rückläufig ist der Bedarf an Nachqualifizierungen. Aktuelle Ange-bote gibt es derzeit nur in Brandenburg (Archiv) und Berlin (Bibliothek).

Von den insgesamt knapp 640 Aus-bildungsbeginnern im vergangenen Jahr fand fast jeder dritte einen Ausbildungs-platz entweder in Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen, die gerings-ten Ausbildungszahlen weisen die Nord-lichter Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein auf.

Abzuwarten bleiben die Auswirkun-gen der Tendenz der Bundesverwaltun-gen, nur noch nach Bedarf auszubilden.

Bei der Verteilung auf die ein-zelnen Fachrichtungen dominieren Bibliotheken mit 83 Prozent den Be-ruf (siehe Abbildung 2), sogar noch mit einer wenn auch sehr geringen Steige-rungsrate zu 2014 – gleiches gilt folge-richtig für die bundesweit anerkannten Ausbildungsstätten.

Bemerkenswert bei der Fachrich-tungsverteilung ist zudem, dass der frü-her zu verzeichnende ungefähre prozen-tuale Gleichstand zwischen Information und Dokumentation sowie Archiven sich zunehmend zugunsten letzterer verschiebt. Medizinische Dokumenta-tion und Bildagenturen hingegen sind als Fachrichtungen kaum noch existent, zumindest im Öffentlichen Dienst, und auch in der hier nicht erfassten freien Wirtschaft sind die Zahlen ausgespro-chen gering.

Karin Holste-Flinspach

Abbildung 2. Prozentuale Verteilung der 2015 neu geschlossenen Ausbildungsverträge auf die einzelnen Fachrichtungen

1 Vgl. dazu auch Kirsten Vollmer und Clau-dia Frohnenberg: Nachteilsausgleich für behinderte Auszubildende: Handbuch für die Ausbildungs- und Prüfungspraxis, Bonn: BiBB 2014 – Inklusion Unterneh-men: Ausbildung und Beschäftigung von Menschen mit Behinderung. Berlin: BDA 2014

2 Daniela Töllner: Zeitaufwand der prak-tischen FaMI-Ausbildung in Nieder-sachsen. Bachelorarbeit Hochschule Hannover, Januar 2016

3 Ausgehend von 30 Wochen jährlicher Anwesenheit im Betrieb

4 Die beiden wichtigsten Datenbanken dazu sind www.bq-portal.de sowie anabin.kmk.org.

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»Grenzenlose Bibliothek – grenzenlose KinderbibliothekarIn?« Rückblick auf das 3. Forum Bibliothekspädagogik / Die Sicht einer Studentin

Anfang Juli hat das 3. Forum Biblio-thekspädagogik in Stuttgart statt-gefunden. Die 18 Kleinveranstal-tungen, genannt »Tracks«, luden die zahlreichen Teilnehmer ein, sich mit Themen wie Gaming, digitalem Storytelling und weiteren konzepti-onellen Ausarbeitungen der Kinder-bibliotheksarbeit auseinanderzuset-zen. Ein Thema zog sich wie ein roter Faden durch die von mir besuchten Tracks: Ist der Bibliothekar noch Bib-liothekar? Wie wichtig ist die »biblio-thekarische Kernarbeit« im Kinder- und Jugendbereich in Zeiten der voll-beschäftigten Alleinerziehenden, der digital Natives und der bestehenden Flüchtlingssituation?

Nach der Begrüßung der Teilnehmer beginnt bereits das World Café. Die sich im Zehn-Minuten-Takt ändernden

Tischgruppen besprechen die von den Referenten formulierten provokanten Thesen zur Kinderbibliotheksarbeit, so wie beispielsweise »Weniger Bla Bla für mehr AHA«, mit der die Studentin Nadine Kneer für eine wortfreiere Kom-munikation mit Flüchtlingskindern plä-diert. Eine weitere These stammt von Melanie Padilla, Leiterin des Teams Kinder in der Stadt-bibliothek Stuttgart, die mit der »völlig virtuellen« Kinder-bibliothek provo-ziert. Moment. Völ-lig virtuell? Aber was ist mit den von Bibliothekaren ge-liebten Bilderbüchern, Astrid Lindgren, Michael Ende, »Greg’s Tagebuch« und DVDs in Schutzhüllen? Was ist die Kin-derbibliothekarIn ohne ihren Bestand?

Wodurch zeichnet sich der Beruf aus und wie grenzt er sich von anderen Be-rufen ab? Oder ist eben diese Grenzen-losigkeit eine Chance, den Beruf im be-ständigen Wandel neu zu definieren?

Der erste Track »update. jung. er-wachsen.« nutzt das Zeitalter der di-gitalen Alltagsmedien und startet mit

einer Fragerunde – via App. »Was be-deutet der Aus-druck YOLO?«. Wie jugendlich ist die Schar der Kinder-bibliothekarInnen tatsächlich und wer kennt sich gut ge-

nug aus, um Jugendliche zu verstehen und abzuholen? Aber noch wichtiger: Wie holen wir sie in einem Beruf ab, in dem der »Pscht«-Laut in der Öffent-lichkeit als Wiedererkennungsmerkmal

FOYER TAGUNG

Wie jugendlich ist die Schar der KinderbibliothekarInnen

tatsächlich und wer kennt sich gut genug aus, um

Jugendliche zu verstehen und abzuholen?

Thema Bildungspartnerschaft: Eine gemeinsame Podiumsdiskussion ergänzte das Forum Bibliothekspädagogik in Stuttgart. Foto: Meike Jung

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FOYER TAGUNG

gilt? Ganz einfach. Indem wir keine ausgebildeten, fehlerfreien Lehrer mi-men, sondern Fragen stellen. So lautet jedenfalls das Statement von Raphaela Müller, Leiterin des Programmange-bots »update. jung. erwachsen.« in der Münchner Stadtbibliothek.

Fragen sollen wir nach der Nutzung von Tablet-PCs, dem Leistungsumfang von Smartphones und dem Social Media Lifestyle. Hierzu sollen keine erwachse-nen Referenten die Gefahren von Face-book und den systematischen Aufbau einer Youtube-Karriere erläutern, son-dern Youtuber selbst. Der Austausch soll innerhalb der Zielgruppe stattfinden, nicht an ihr vorbei. Aber was kann der Bibliothekar von heute, der vielleicht nicht mehr 35 ist, dazu beitragen? Eine Menge, so lange er das bereits erwähnte »Pscht« und das lehrerhafte Verhalten ablegt, um mit den Jugendlichen auf Au-genhöhe zu agieren, so wie es Betreuer in Jugendeinrichtungen tun. Aber ist das die Zukunft, die soziale Arbeit?

Dass es eine Option ist, beweist Bettina Twrsnick, Leiterin der Phantas-tischen Bibliothek in Wetzlar und aktive Begleiterin des Projektes »Vorlesen in Familien«, das bereits zehnjähriges Ju-biläum gefeiert hat. Im ersten Track mit dem Namen »Grenzenlose Bibliothek« stellte sie ihr Konzept und auch die Rol-len vor, die sie darin einnimmt: Fund-raiserin, Vermittlerin, Sozialarbeiterin, Personalmanagerin und vieles mehr.

Grenzen rechtzeitig erkennen

Jedoch hat auch sie ihre Grenzen früh-zeitig erkannt und vermittelt besondere Fälle, beispielsweise aus bildungsbe-nachteiligten Familien, zu denen sie die Vorleser für eine Wochenstunde schickt, an Familientherapeuten, Sozialarbeiter oder gar an die gefürchteteren Ämter und Behörden. Doch das muss sie nicht alleine meistern, da ihre Vorleser, die entsprechend geschult sind, diese Auf-gabe nach umfangreicher Ausbildung auch erfüllen können.

Aber was kann die nächste Genera-tion, die Studenten von heute und die Bibliothekare von morgen, nach ihrem Studium erfüllen? Welche der zahlreich

vermittelten Kompetenzen kommen tatsächlich zum Einsatz? Die abendli-che Podiumsdiskussion mit dem zen-tralen Thema Bildungspartnerschaft verdeutlicht, dass es alle sind, von der Informations- zur Kommunikationskom-petenz, von der Medien- bis zur sozialen Kompetenz finden alle einen Platz im bi-bliothekarischen Alltag.

Solange eine Kinderbiblio-thekarIn für ihren Beruf und ihre Zielgruppe brennt, ist sie grenzenlos!

Eine weitere Frage bezieht sich auf die im bibliothekarischen Alltag am schwie-rigsten zu erreichende Zielgruppe, die Jugendlichen. Wie kann man es schaf-fen, sie nach einer bibliotheksnahen Kindheit zu halten? Auch hier lautet die Antwort: indem man sie da abholt, wo sie sind. Wenn sie in der neunten Klasse kommen, um Facharbeiten zu schrei-ben, kann man sie durch den Einsatz von Medien, bevorzugt digital, zum Wieder-kommen animieren.

Die passende Antwort

Doch wie schafft man die Brücke zwischen bibliothekarischen Tätigkei-ten wie Erschließung, Erwerbung, Kata-logisierung und adäquater, innovativer Kinderbibliotheksarbeit? »Ich brenne dafür«, sagt Studentin Marina Strohm am zweiten und letzten Tag des 3. Fo-rums Bibliothekspädagogik. Sie hat be-reits mehrere konzeptionelle Ausarbei-tungen geplant, umgesetzt und ausge-wertet. Und dies scheint für mich die passende Antwort auf die Frage zu sein, ob KinderbibliothekarInnen grenzenlos sind. Man sieht, dass es egal ist, ob man Grundzüge des Sozialarbeiters, des Ani-mateurs, des Fundraisers, des Erzählers, des Vermittlers oder von 100 weiteren Berufsbezeichnungen aufweist, solange eine KinderbibliothekarIn für ihren Beruf und ihre Zielgruppe brennt, ist sie grenzenlos!

Sophia Becker, Studentin der Bibliothekswissenschaft an der TH Köln

Fachzeitschrift des BIB Berufsverband Information Bibliothek e.V.68. Jahrgang, Nr. 8-9, August-September 2016 ISSN 1869-1137

Herausgeber (institutionell) / EigenverlagBerufsverband Information Bibliothek (BIB)Gartenstraße 18 · 72764 Reutlingen

Herausgeber (fachlich)Olaf Eigenbrodt, HamburgDr. Carola Schelle-Wolff, HannoverDr. Dirk Wissen, Berlin

RedaktionsbeiratDale S. Askey, Mc Master Univ. Library, Hamil-ton, Ontario · Dr. Jan-Pieter Barbian, Stadtbiblio-thek Duisburg · Dr. Jürgen Lodemann, Schriftstel-ler, Freiburg im Breisgau und Essen · Dr. Gerhard W. Matter, Kantonsbibliothek Baselland, Liestal · Walburgis Fehners, Bibliothek der FH Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven · Barbara Schleiha-gen, Deutscher Bibliotheksverband, Berlin · Prof. Cornelia Vonhof, Hochschule der Medien, Stuttgart · Dr. Harald Weigel, Vorarlberger Landesbibliothek, Bregenz

RedaktionPostfach 13 24 · 72703 ReutlingenTelefon (07121) 34 91-0 / E-Mail: [email protected]: Bernd Schleh (verantwortlich, slh) und Steffen Heizereder (hei)Rezensionen: Dr. Jürgen PlieningerAus dem Berufsverband: Katrin Lück

AnzeigenAnnegret Kopecki, Tel: 07121/3491-15Miriam Stotz, Tel: 0711/781988-34E-Mail: [email protected]

Druck und VertriebWinkhardt Print & MailErnsthaldenstraße 53, 70565 Stuttgart

verbreitete Auflage7448 Exemplare (2. Quartal 2016)

Datenschutzbeauftragte Regina Störk

Erscheinungsweisezehn Hefte jährlich (Doppelhefte:Februar/März und August/September)

Preisje Heft € 14, jährlich € 94, print+digital € 109, ermäßigt € 47Preise einschließlich MwSt. und zzgl. Versand-gebühr. Für Mitglieder des BIB ist der Bezug im Mitgliedsbeitrag enthalten.

Redaktionsschluss für Heft 11/2016: 23. September Anzeigenschluss für Heft 11/2016: 4. Oktober

Forum Bibliothek und InformationBuB

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FOYER ÖFFENTLICHE BIBLIOTHEK

»handverlesen« Stadtbibliothek Osnabrück bezieht mit neuem Buchemp-fehlungssystem die Leser ein

Häufig sieht man in der Bibliothek, wie Leserinnen und Leser zwischen den Regalen ins Gespräch kommen und sich gegenseitig Büchertipps ge-ben. Das sind schöne Momente, wenn ein geteiltes Interesse verbindet. Nur gehört auch immer Glück dazu: Man muss zur gleichen Zeit am gleichen Ort sein und sich dann auch noch für die gleichen Bücher interessieren. Die Stadtbibliothek Osnabrück hat sich deshalb ein System ausgedacht, mit dem dem Zufall ein Schnippchen ge-schlagen wird: »handverlesen«.

In der Bibliothek liegen seit März Post-karten mit einer ungewöhnlichen Aus-sparung aus. Dies sind »handverle-sen«-Karten. Auf ihnen kann jeder einen Buchtipp schreiben und sie dann – dank der Aussparung – so in das Buch einlegen, dass die Karte für alle sicht-bar ist. Das Buch wird dann einfach mit eingelegter Karte zurückgegeben und von den Mitarbeitern wie gewohnt ins Regal gestellt, wo es von allen ande-ren dann samt dem Buchtipp gefunden werden kann.

Leserinnen und Leser, die von einem Buch so begeistert, gerührt oder erschüttert sind, dass sie anderen davon unbedingt erzählen wollen, können zu einer »handverlesen«-Karte greifen und damit ihren Tipp direkt im Buch für all die hinterlassen, die später in die Biblio-thek kommen und denen sie diese Emp-fehlung nicht am Regal zuflüstern konn-ten. Gleichzeitig werden sie selbst beim Stöbern auf »handverlesen«-Karten anderer Leserinnen und Leser stoßen und so gute Bücher entdecken, die sie sonst vielleicht übersehen hätten.

Es ist auch möglich, seinen Namen auf die Karte zu schreiben und sich so vielleicht nach und nach einen Ruf als guter Tipp-Geber zu erwerben. Durch die Erlaubnis, den Buchtipp auf der Bibliotheks-Homepage und Face-book-Seite zu verwenden, können auch Leserinnen und Leser von den Empfeh-lungen profitieren, die gerade nicht in der Bibliothek sind, aber über PC, Smart-phone oder Tablet verbunden sind.

Natürlich eignet sich das System auch sehr gut für Buchtipps von Mit-arbeiterinnen und Mitarbeitern der Bibliothek. Wenn beispielsweise eine Lektorin oder ein Lektor ein ganz be-sonderes Buch für den Bestand erwirbt, kann es durch eine entsprechende Karte im Regal hervorgehoben werden.

Nach einigen Monaten kann ein erstes Resümee gezogen werden: Die Reaktio-nen der Bibliotheksbesucher sind durch-weg positiv. Ihnen gefällt besonders,

dass die Karten dabei helfen können, den richtigen Titel für sich im großen Ange-bot der Stadtbibliothek zu finden. Auch die Leserinnen und Leser, die »handver-lesen«-Karten ausfüllen, haben sichtlich Spaß daran. Ein Leser hat sich sogar ein eigenes Punkte-Bewertungssystem aus-gedacht. Die von ihm per »handverlesen« rezensierten Bücher erhalten null bis hundert Punkte und eine kurze Rezen-sion. Buchbesprechungen auf den »hand-verlesen«-Karten sind mal kurz, mal wird der Platz auf den Karten in Postkarten-größe voll ausgenutzt.

Oft findet man eine Zusammen-fassung des Inhalts des Buchs mit einer abschließenden persönlichen Empfeh-lung, wie zum Beispiel zum Titel »Ein-mal ist Keinmal« von Janet Evanovich: »In diesem Buch geht es um eine Frau, die Kopfgeldjägerin werden will, aber nicht die geringste Ahnung davon hat. Super lustig und spannend.« Ein Titel aus der Roman-Reihe von Clive Cussler wird einem hingegen kurz und knapp ans Herz gelegt: »Clive Cussler ist der Beste!« Meist finden sich die Karten in Romanen, aber auch in anderen Grup-pen wie Geschichte oder Technik wur-den schon Karten gesichtet.

Übrigens: Auch Kinder haben bereits »handverlesen«-Karten beschrieben. Ein Junge verkündete nach dem Ausfüllen stolz: »Mama hat gesagt, wir sind jetzt Rezensenten!«

Michael Meyer-Spinner, Stadtbibliothek Osnabrück

Kommt in Osnabrück gut an: Buchempfehlungen von Lesern. Foto: Meyer-Spinner

Initiator von »handverlesen« ist Michael Meyer-Spinner, Lek-tor für Belletristik und Litera-turwissenschaft und Verant-wortlicher für E-Medien, Tele-fon 0541/323-4116. – E-Mail [email protected].

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459BuB 68 08-09/2016

FOYER NACHRICHTEN

Nachrichten

Kostenloses Werbematerial

Berlin. Anlässlich der bundesweiten Ak-tionswoche der Bibliotheken vom 24. bis 31. Oktober bietet der Deutsche Bib-liotheksverband (dbv) erneut kostenlo-ses Werbematerial für Bibliotheken an. Diese können auf der Kampagnen-Web-site Netzwerk Bibliothek bis zum 31. Au-gust über das Online-Formular bestellt werden. Mit den Plakatmotiven und Sti-cker-Postkarten im offiziellen »Netzwerk Bibliothek«-Design können Bibliotheken ihre Bibliothekshelden auszeichnen. Au-ßerdem können die Bibliotheken ihre Veranstaltungen und Angebote auf der Kampagnenseite eintragen und so sicht-bar machen. Weitere Informationen un-ter: www.netzwerk-bibliothek.de/

Wahlprüfsteine für Berlin

Berlin. Für die Wahl zum Abgeordneten-haus von Berlin am 18. September ha-ben der Landesverband Berlin des Deut-schen Bibliotheksverbands (dbv) und die Landesgruppe Berlin des Berufs-verbands Information Bibliothek (BIB) Wahlprüfsteine definiert und am 1. Juni an die Fraktionsvorsitzenden der im Ab-geordnetenhaus von Berlin vertretenen Parteien geschickt, um deren Positio-nen, Konzepte und Zielvorstellungen zu verschiedenen Aspekten und Entwick-lungen der Berliner Bibliotheken zu er-fahren. Die Parteien wurden bis Ende Juli um Rückantworten gebeten.

Verlage wehren sich

Berlin. Ende April hat der Bundesge-richtshof (BGH) letztinstanzlich ent-schieden, dass die Verwertungsgesell-schaft Wort nicht berechtigt ist, ei-nen pauschalen Betrag in Höhe von grundsätzlich der Hälfte ihrer Einnah-men aus Urheberrechten an die Ver-lage auszuzahlen. Über die möglichen

Auswirkungen wurde in der Juniaus-gabe von BuB unter dem Titel »Zusam-menarbeit wird komplizierter« (Seite 318) berichtet. Inzwischen hat der Ver-lag C.H. Beck Verfassungsbeschwerde gegen das BGH-Urteil eingelegt.

Mitarbeit bei UN-Agenda 2030

Den Haag (Niederlande). Im September 2015 verabschiedeten die Mitgliedstaa-ten der Vereinten Nationen die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. Auch Bibliotheken spielen eine wesent-liche Rolle bei der Erfüllung der Ziele. Zur Unterstützung der politischen Ar-beit hat die IFLA eine Broschüre »Das Recht auf Zugang zu Informationen und Chancen für alle« sowie ein Handout »Die Ziele für nachhaltige Entwick-lung der Vereinten Nationen« veröffent-licht, die den Beitrag der Bibliotheken an den UN-Nachhaltigkeitsziele (SDG) demonstriert.

Positionspapier zur Sonntagsöffnung

Düsseldorf. Der Verband der Bibliothe-ken des Landes Nordrhein-Westfalen (vbnw) hat Mitte Juni ein Positionspapier zur Sonntagsöffnung von Bibliotheken veröffentlicht und damit die Diskussion um das umstrittene Thema wieder ange-facht. Der vbnw fordert die Änderung des Arbeitszeitgesetzes und setzt sich für ein moderneres, zeitgemäßes und kunden-orientiertes Servicedenken ein.

Bildungsbericht 2016

Frankfurt am Main. Eine unabhängige Gruppe von Wissenschaftlern hat Mitte

Juni den Bericht »Bildung in Deutsch-land 2016« vorgelegt. Die empirisch fundierte Bestandsaufnahme informiert über aktuelle Entwicklungen und Her-ausforderungen im gesamten Bildungs-system. Der alle zwei Jahre herausgege-bene Bildungsbericht beleuchtet außer-dem in jeder Ausgabe ein ausgewähltes Schwerpunktthema. 2016 ist dies »Bil-dung und Migration«. Mit Blick auf den derzeitigen Stand des Bildungswesens hält Professor Kai Maaz vom Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF), der Sprecher der Autorengruppe, fest: »Der Trend zu mehr Bildung ist ungebrochen. Wir erle-ben weiterhin eine wachsende Bildungs-beteiligung und Bildungsnachfrage.« Gleichzeitig gibt Professor Maaz zu be-denken: »Der Zugang zu Bildung erfolgt nach wie vor unter sehr ungleichen Vor-aussetzungen. Soziale Herkunft, Migra-tionshintergrund und zunehmend auch regionale Rahmenbedingungen üben

Liebe Abonnentinnen, liebe Abonnenten,

seit mehr als fünf Jahren sind die Preise für das BuB-Abo stabil. Nun erfordern Kostensteigerungen unter anderem bei Druck, Papier-beschaffung und Personal eine Anpassung. Ab Januar 2017 wird das reguläre Abonnement des-halb 100 Euro im Jahr kosten, das ermäßigte Abo erhöht sich auf 50 Euro, ein Einzelheft wird für 15 Euro zu haben sein. Mit dieser mo-deraten Anpassung können wir die hohe Qualität Ihrer Fachzeit-schrift auch in den nächsten Jah-ren erhalten. Wir freuen uns, Sie weiterhin mit aktuellen Nachrich-ten, spannenden Interviews und hintergründigen Berichten aus der Welt der Bibliotheken unterhalten und fachlich weiterbilden zu kön-nen. Weitere Informationen und die Allgemeinen Geschäftsbedingun-gen zum BuB-Abo finden Sie unter http://b-u-b.de/abobedingungen/

Die BuB-Redaktion

Das Positionspapier des vbnw finden Sie ebenfalls in der neuen BuB-App.

Beide Publikationen ste-hen in der BuB-App zur Verfügung.

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FOYER NACHRICHTEN

einen starken Einfluss auf den Bildungs-erfolg aus.« Ausführliche Informationen gibt es unter www.bildungsbericht.de

VDB-Fachreferententagung Wirtschaftswissenschaften

Frankfurt am Main. Die VDB-Fachrefe-rententagung Wirtschaftswissenschaf-ten findet vom 19. bis zum 20. Septem-ber an der Goethe-Universität Frankfurt statt. Die Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg in Kooperation mit der VDB-Kommission für Fachrefe-ratsarbeit präsentiert das Thema »Virtu-elle Forschungsumgebung/Forschungs-datenmanagement: Was erwarten Wis-senschaftlerinnen/Wissenschaftler von uns – Was brauchen Wissenschaftlerin-nen/Wissenschaftler?« Weitere Informa-tionen gibt es auf der Tagungshomepage:

www.ub.uni-frankfurt.de/tagung/wiwi2016/

Hits von der Renaissance bis zum 20. Jahrhundert

Freiburg. Ein zentrales Online-Por-tal für 14 000 historische Lieddrucke: Das Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Universität Freiburg (ZPKM), das Archiv des Österreichischen Volks-liedwerks und die Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz hat das Projekt »VD Lied – Das Verzeichnis der deutschsprachigen Liedflugdrucke« (www.vd-lied.de) abgeschlossen. Die Plattform macht erstmals ein musika-lisches und kulturelles Repertoire, das sich vom 16. bis zum 20. Jahrhundert erstreckt, einem breiten Publikum zu-gänglich. Das Portal soll Forschern

weltweit eine umfangreiche Datenbank bieten. Unter anderem ermöglicht es die Plattform, nach dem Liedanfang, aber auch nach Refrain und Melodienver-weisen sowie Strophen- und Zeilenzahl zu suchen. Zusätzlich können Interes-sierte über eine Volltextsuche in allen im Projekt erfassten Daten recherchieren.

Treffen des OPL-Kreises Bodensee

Friedrichshafen. Das 33. Treffen des OPL-Kreises Bodensee fand am 13. Juni in der Bodenseebibliothek statt. Es kamen Vertreter aus 13 Institutio-nen und 3 Ländern. Diskutiert wurde unter anderem die Integration von Neu-zugängen aus Nachlässen und Spen-den in den Bestand, das Vorgehen bei Platzmangel und die Notwendigkeit

Fotoausstellung zum 20-jährigen BestehenDas Medien- und Informationszentrum Stadtbücherei Biberach residiert seit 20 Jahren im eigens für diesen Zweck renovierten historischen »Neuen Bau« auf dem Viehmarktplatz. Das denk-malgeschützte Gebäude aus dem frühen 16. Jahrhundert bietet seit 1996 moderne Medienvielfalt in einem außergewöhnlichen Ambiente mitten in der Biberacher Altstadt. In diesen 20 Jah-ren haben mehr als 3,6 Millionen Menschen das Medien- und Informationszentrum besucht und rund 9,4 Millionen Medien ausgeliehen.

Das Jubiläum wird nun mit einer ungewöhnlichen Fotoaus-stellung am zentralen Aufzugsturm begangen: »20 Jahre. 20 Botschafter. 20 Statements.« Dazu waren 20 Leserinnen und Leser als Büchereibotschafter ausgewählt und zum professio-nellen Fotoshooting mit dem überregional bekannten Fotogra-fen Steffen Dietze eingeladen worden. 20 großformatige, künst-lerische Schwarz-Weiß-Fotos sagen, warum ihnen die Stadt-bücherei so wichtig ist. Die Gründe sind so vielseitig wie die Angebote der Stadtbücherei selbst und zeigen, dass die Litera-tur und die Informationen aus der Stadtbücherei, aber auch die Bücherei als Treffpunkt eine große Rolle für die Menschen spie-len. Die Ausstellung wird bis Ende des Jahres zu sehen sein.

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FOYER NACHRICHTEN

der Aussonderung von Dubletten, die Umwandlung von Zettelkatalogen in elektronische Kataloge, die Vermittlung von und der Umgang mit elektronischen Medien sowie der sachgemäße Umgang mit Exponenten aus dem Dritten Reich in öffentlichen Ausstellungen. Darüber hinaus wurde der aktuelle Stand der Anwendung von RDA (Resource Description and Access) besprochen. Nur vier der Anwesenden haben bisher Fortbildungen zum neuen Regelwerk besucht und arbeiten im Alltag mit RDA. Es sei an sich nicht kompliziert, geklagt wurde jedoch über die mangelhafte Recherchierbarkeit der elektronischen Unterlagen, die als Hilfestellung dienen sollen. Es fehle vor allem eine gute Bei-spielsammlung. Zwei langjährige Mit-glieder wurden ins neue Koordinierungs-team des OPL-Kreises gewählt: Benjamin Wieser und Ulrike Siegmund. Sie lösen die bisherigen Koordinatorinnen Gudrun Witzler und Martha Baker ab.

Agenten für die neue Stadtgesellschaft

Halle an der Saale. Die Kulturstiftung des Bundes möchte mit dem bundes-weiten Modellvorhaben »Agenten für die neue Stadtgesellschaft« Kultur-einrichtungen, das heißt auch Biblio-theken, dabei unterstützen, dem de-mografischen Wandel konstruktiv zu begegnen. Im Kern geht es darum, dass sogenannte Agenten Wege und Formen aufzeigen, wie kulturelle Institutionen das Thema Zuwanderung wirksam in ihren eigenen Häusern umsetzen kön-nen. Die geförderten Institutionen sollen mit ihrem Agenten über einen Zeitraum von vier Jahren Vorschläge und Maßnahmen erarbeiten, wie sie ihren Beitrag zu einer selbstbewuss-ten, Einwanderern gegenüber offe-nen Gesellschaft so gestalten können, dass das gesamte urbane Umfeld – die Stadtgesellschaft – davon profitiert.

Ausschreibungen erfolgen in den Jahren 2017 und 2018. Weitere Informationen: https://ksb-cms-edit-live.mcon.net/cms/de/projekte/nachhaltigkeit_und_zukunft/agenten_stadtgesellschaft.html

Bibliothek des Ärztlichen Vereins bedroht

Hamburg. In der Januarausgabe 2016 (Seite 52 ff.) berichtete BuB ausführ-lich über die Bibliothek des Ärztlichen Vereins in Hamburg. Der Vorstand der Ärztekammer Hamburg hat nun be-schlossen, die Einrichtung zum 31. De-zember 2017 zu schließen. Die bishe-rigen Serviceleistungen Literaturre-cherche und Literaturbestellung für Mitglieder der Ärztekammer sollen dann eingestellt werden. Neuanschaffungen von Fachliteratur wird es nicht mehr geben. Ein Teil des historischen Bestan-des soll an die Hamburger Staats- und

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Universitätsbibliothek übergeben werden. Die geplante Schließung be-deutet das Aus für die bisherige ser-viceorientierte Literaturversorgung der Hamburger Ärzteschaft. Auch Studie-rende, Lehrende, Forscher und Ange-höriger medizinischer Berufe verlieren damit eine wichtige Fachbibliothek. Wer gegen die Schließung protestie-ren möchte, kann seine Stimme in ei-ner Online-Petition abgeben unter www.openpetition.de/petition/online/fuer-den-erhalt-der-bibliothek-des-ae rztlichen-vereins-in-hamburg.

Bessere Nachnutzung von Open-Access-Abbildungen

Hannover. Die Deutsche Forschungs-gemeinschaft (DFG) hat das Projekt »Nachnutzung von Open-Access-Abbil-dungen« (NOA) der Hochschule Hanno-ver (HsH) und der Technischen Informa-tionsbibliothek (TIB) bewilligt. In dem mit fast 270 000 Euro über die Dauer von drei Jahren geförderten Projekt sollen Millionen von Artikeln und Abbil-dungen aus Open-Access-Zeitschriften

mit dem Themenschwerpunkt Technik und Naturwissenschaften gesammelt und automatisiert ausgewertet werden. Das Besondere daran: All dies findet auf Plattformen rund um die Online-Enzy-klopädie Wikipedia statt: Artikeltexte werden auf Wikisource gespeichert, Bilder auf Wikimedia Commons und die Metadaten in Wikidata. »Das NOA-Pro-jekt ist das erste DFG-geförderte Pro-jekt, das derart eng verzahnt ist mit der Infrastruktur von Wikipedia und insbe-sondere mit der neuen kollaborativen Datenbank Wikidata«, sagt Lydia Pint-scher, Projektleiterin von Wikidata. »Mit dem Projekt lässt sich schrittweise die Vision verwirklichen, dass mit Open-Ac-cess-Materialien aus der Wissenschaft sozusagen auf einer gemeinschaftlichen virtuellen Werkbank gearbeitet werden kann«, erklärt Lambert Heller. Heller ist Leiter des Open Science Lab der TIB, wo die Projektidee entstanden ist.

ZB MED mit neuer Perspektive

Köln. Die Gemeinsame Wissenschafts-konferenz (GWK) hat Ende Juni

beschlossen, dass die Bund-Länder- Förderung für ZB MED zum 31. De-zember 2016 beendet wird. Sie hat sich damit der Empfehlung des Senates der Leibniz-Gemeinschaft angeschlossen. Zugleich hat die GWK es aber begrüßt, dass das Wissenschaftsministerium NRW (MIWF) und das Bundesgesundheits-ministerium (BMG) sich gemeinsam bemühen wollen, den Erhalt der über-regionalen Informationsversorgung in den Lebenswissenschaften sicher-zustellen. Dass die GWK dieses Vorha-ben nicht nur zur Kenntnis nimmt, son-dern ausdrücklich begrüßt, ist nach dem Beschluss zum Ausscheiden aus der Leib-niz-Gemeinschaft ungewöhnlich und da-her für die ZB MED ein entscheidendes und positives Signal. Konkret heißt das für ZB MED, dass BMG und MIWF die ZB MED dabei unterstützen wollen, einen Transformationsprozess durchzuführen, aus dem die Einrichtung als »modernes Fachinformationszentrum« hervorge-hen soll. Am Ende dieses Prozesses hofft die ZB MED auf die Wiederaufnahme in die reguläre Bund-Länder-Förderung. In der Zwischenzeit – also bis Ende 2019 – erhält die ZB MED eine sogenannte

FOYER NACHRICHTEN

Integration, Inklusion, Partizipation – Miteinander voneinander lernen Zweite Fachkonferenz Kinder- und Jugendbibliotheken in der Akademie Remscheid

Kinder- und Jugendbibliothe-ken stehen täglich vor neuen He-rausforderungen: Medienwandel, mobile Endgeräte, Schulreformen, Willkommensklassen, Inklusion – all dies erfordert flexible Vermitt-lungsangebote für sehr heterogene Zielgruppen.

• Wie kann es gelingen, diese unterschiedlichen Nutzergruppen anzusprechen und ihnen passgenaue Angebote zu machen?

• Wie erkennen und berück-sichtigen wir ihre Voraussetzungen

angemessen? Wie kann Partizipation und Inklusion Realität werden?

• Können die digitalen Medien helfen, Barrieren abzubauen? Und wie setzt man sie im Bibliotheksalltag wirkungsvoll ein?

In Vorträgen und Workshops will die Zweite Fachkonferenz Kinder- und Jugendbibliotheken vom 15. bis 18. Februar 2017 in der Akademie Rem-scheid gemeinsam diesen und anderen Fragen nachgehen und nach Antwor-ten suchen, die einen starken Bezug zur Praxis haben. Erfahrungsaustausch und Ideenbörse finden ebenfalls ihren

Platz im Programm – damit der Blick über den Tellerrand hinausgehen kann.

Die Veranstaltung findet auf Ini-tiative der Kommission Kinder- und Jugendbibliotheken des Deutschen Bib-liotheksverbands (dbv) in Kooperation mit der Akademie Remscheid statt. Lei-tung: Meike Betzold und Anika Schmidt (Kommission Kinder- und Jugendbi-bliotheken des dbv), Kathrin Hart-mann (dbv) und Stephanie Jentgens (Akademie Remscheid). Die Anmel-dung ist ab September möglich unter h t t p : / / a k a d e m i e r e m s c h e i d . d e /fortbildung/anmeldung/

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Auslauffinanzierung, die zunächst in Höhe der bisherigen Förderung bereitge-stellt wird. Mit diesem nun aufgezeigten Weg ist der Erhalt der ZB MED als zentra-lem Servicezentrum für Fachinformatio-nen und Forschungsunterstützung in den Lebenswissenschaften in Deutschland in Sichtweite. Weitere Informationen: http://zbmedblog.de/?p=323

Planungswettbewerb für Neugestaltung entschieden

Köln. Die Zentralbibliothek muss tech-nisch und baulich saniert werden. Deshalb ist in den nächsten Jahren eine Generalsanierung geplant. In diesem Kontext soll auch die Innenausstattung dem zeitgemäßen Erscheinungsbild einer innovativen Öffentlichen Bibliothek angepasst werden. Zu die-sem Zweck wurde 2015 ein europawei-ter Planungswettbewerb ausgeschrie-ben und mit einer internationalen Jury besetzt. An einer ersten Wettbewerb-sphase hatten sich 18 Innenarchitektur- und Architekturbüros beteiligt. Be-reits Anfang Juni hat das Preisgericht entschieden und folgende Büros ausge-zeichnet: Mit dem ersten Preis wurde das Büro UKW Innenarchitekten GbR aus Krefeld bedacht. Der zweite Preis ging an Marina Stankovic Architekten BDA, Berlin, und der dritte Preis an das Büro Mecanoo International aus dem niederländischen Delft. Der Juryvorsit-zende, Prof. Andreas Meck, zeigte sich erfreut von dem Wettbewerbsergeb-nis: »Der Siegerentwurf besticht durch eine gleichermaßen einfache wie klare und überzeugende Konzeption. Durch Regalblöcke werden die vorhandenen Bibliotheksflächen so geschickt zoniert, dass gut nutzbare Bereiche für unter-schiedlichste Nutzungen, das heißt Mög-lichkeitsräume für eine lebendige Biblio-thek entstehen. Es ist die Idee einer offe-nen, demokratischen Bibliothek, die das Außen mit dem Innen verbindet.«

Bibliothekspreis Sachsen-Anhalt

Magdeburg. Der Landesverband Sach-sen-Anhalt im Deutschen Biblio-

theksverband (dbv) vergibt in Ko-operation mit der mittelständischen Wirtschaft des Landes den diesjähri-gen Bibliothekspreis. Prämiert werden Konzepte, die auf die gegenwärtigen Herausforderungen im Bildungswe-sen reagieren, mögliche zukünftige Entwicklungen einbeziehen beziehungs-weise gar mit beeinflussen und die Aspekte des lebenslangen Lernens besonders berücksichtigen. In diesem Jahr ist ein Schwerpunkt die Ange-bote von Bibliotheken zur Integration von Flüchtlingen. Die Bewerbungsfrist endet am 9. September.

Ausstellung: Das bewegte Buch

Marbach am Neckar. Die große Ausstel-lung »Das bewegte Buch« zeigt im Li-teraturmuseum der Moderne noch bis zum 9. Oktober die einmaligen Buchbe-stände des Deutschen Literaturarchivs: Autorenbibliotheken wie jene von Gott-fried Benn, Paul Celan, Martin Heideg-ger, Peter Rühmkorf und W.G. Sebald, historische Leihbüchereien, eine Fund-bibliothek der Deutschen Bahn und die von Christian Kracht und Eckhart Nickel aufgebaute »Kathmandu Library«, eine Lazarett-Bibliothek sowie Auszüge einer Gefangenenbücherei, die eigens für die Ausstellung gestiftet worden sind.

Sparen mit LED-Belechtung

Metzingen. Die Stadtbücherei Kalebskel-ter hat ihre Beleuchtung auf LED-Tech-nik umgestellt. Wie der »Reutlinger Ge-neralanzeiger« am 3. Juni berichtete, konnte dadurch in den ersten fünf Mona-ten 50 Prozent des Stromverbrauchs ein-gespart werden. Die Verantwortlichen gehen davon aus, dass sich die Investiti-onskosten von 5 000 Euro in zweieinhalb Jahren amortisieren. Bei der Behaglich-keit mussten, so der Bericht, keine Ab-striche gemacht werden. Zusammen mit Experten wählte das Bibliotheksteam passende LED-Bausteine und -Farben aus – dann wurde Probe gelesen. Bücherei-leiter Ulrich Koch sagte: »Das Licht ist so warm, dass die Besucher keinen Unter-schied zu vorher feststellen.«

Bayerische Staatsregierung beschließt Bibliotheksplan

München. Der Ministerrat des Freistaats Bayern hat bei seiner Kabinettssitzung am 21. Juni erstmals einen Bayerischen Bibliotheksplan nach dem Vorbild des Bayerischen Musikplans beschlossen. Die Initiative hierzu ging von Bildungs-minister Ludwig Spaenle und Staatsse-kretär Bernd Sibler (beide CSU) aus. Wie die Bayerische Staatskanzlei mitteilt, sollen darin die wesentlichen Leistungs-felder der bayerischen Bibliotheken aller Fachrichtungen dargestellt werden. Zu-dem gehe es darum, Zukunftsperspekti-ven, Stärken und Entwicklungsbedarfe aufzuzeigen. »Mit dem Bayerischen Bi-bliotheksplan haben wir nun ein her-vorragendes Konzept, das die zentralen Aufgabenfelder der bayerischen Biblio-theken identifiziert und richtungswei-send für die Weiterentwicklung der bayerischen Bibliothekslandschaft ist«, sagte Spaenle. Bayern besitze im bun-desweiten Vergleich eine äußerst leis-tungsstarke Bibliothekslandschaft, fuhr der Bildungsminister fort.

Buchlieferdienst per Post

Otorohanga (Neuseeland). Die Otoro-hanga Dictrict Library hat im Juli einen Bücher-Kurierdienst gestartet. Benutzer können Bücher online auswählen oder ihre Bestellung per Telefon oder E-Mail durchgeben. Die Bibliotheksmitarbeiter verpacken das Ganze und senden das Bücherpaket per Post. Es darf maximal 25 Kilo wiegen und kostet den Biblio-thekskunden sieben Dollar. Bei dieser Art der Ausleihe wird die normale Ab-gabefrist von drei auf sechs bis acht Wo-chen verlängert. Das Bibliotheksteam in der ländlich geprägten Region erhofft sich dadurch mehr Kunden und mehr Ausleihen.

Laube wird neuer Direktor der Herzogin Anna Amalia Bibliothek

Weimar. Reinhard Laube, Direktor der Staats- und Stadtbibliothek Augsburg, wird neuer Direktor der Herzogin Anna

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Amalia Bibliothek. Das teilte die Klassik Stiftung Weimar Ende Juni mit. »Rein-hard Laube ist eine ausgezeichnete Wahl. Ich bin überzeugt, dass die Klas-sik Stiftung von seinen enormen Fach-kenntnissen und seinem reichen Erfah-rungsschatz profitieren wird«, sagte Benjamin-Immanuel Hoff, der Chef der thüringischen Staatskanzlei und Vor-sitzender des Stiftungsrates der Klassik Stiftung Weimar. »Insbesondere seine realistische Herangehensweise an das Thema Digitalisierung und seine Be-geisterung für den Forschungsverbund sind für die Weiterentwicklung der Her-zogin Anna Amalia Bibliothek von ho-hem Wert«. Reinhard Laube tritt sein Amt am 1. Oktober 2016 an. Michael Knoche, der seit 1991 Direktor der Her-zogin Anna Amalia Bibliothek ist, wird am 30. September im Rahmen des Fest-akts zum 325-jährigen Jubiläum der Bi-bliothek verabschiedet.

Luther-Koffer zum Ausleihen

Wittenberg. Im Jahr 2017 feiert die Re-formation ihr 500-jähriges Jubiläum. In diesem Zusammenhang wurde von der Staatlichen Geschäftsstelle »Luther 2017« in Wittenberg ein Koffer mit Un-terrichtsmaterialien erstellt. Unter dem Titel »Auf gut Teutsch – Luther und die deutsche Sprache« sind verschiedene Materialien zusammengestellt und mit einer Arbeitshilfe versehen worden. In mehreren Modulen können unter-schiedliche Themen im Rahmen der schulischen Arbeit oder auch in außer-schulischen Projekten mit Kindern und Jugendlichen erarbeitet werden. Ziel ist es, spielerisch und anschaulich die Be-deutung der Reformation für die Ent-wicklung der deutschen Sprache sowie die Bedeutung von Sprache und Sprach-fähigkeit allgemein zu vermitteln. Der Luther-Koffer ist vor allem für die Ar-beit mit Kindern der Schuljahrgänge 3 bis 7 konzipiert und wurde im Bundes-land Sachsen-Anhalt bereits an mehre-ren Schulen getestet. Nähere Informa-tionen zur Erprobung und zu den di-gitalen Inhalten des Koffers liefert die Geschäftsstelle »Luther 2017« unter www.luther2017.de.

Markt

ekz.bibliotheksservice GmbH Erste französische Onleihe gestartet

Pr. – In deutschen Bibliotheken hat sich der eCircle der divibib bereits als Präsentationssystem für digitale Me-dien aus der Onleihe etabliert. Nun wurde Mitte Juni in der Stadtbiblio-thek Straßburg das erste französi-sche Portal zur E-Medien-Ausleihe auch gleich mit einem dieser eCircles gestartet.

In Frankreich heißt das Gerät zur Re-cherche und Ausleihe von E-Books ei-gentlich »ebiblio«. Die Onleihe in Straß-burg und ihr Präsentationsmöbel tra-gen jedoch den individuellen Namen: »l@ppli Books«. Mit der Onleihe ist es nun möglich, E-Books aus der Biblio-thek direkt mit eigenen Endgeräten aus-zuleihen und zu nutzen – erstmals in ganz Frankreich! Die Technik und Soft-ware dazu liefert die ekz-Gruppe aus Reutlingen, die entsprechenden E-Me-dien bietet das ekz-Partnerunternehmen BIBLIOTHECA aus Paris an.

Philippe Charrier, Direktor des Bi-bliotheksverbundes Médiathèques de l‘Eurométropole de Strasbourg, gratu-lierte zu diesem Pilotprojekt, das der Bibliothek landesweit eine Vorreiter-rolle im Bereich der digitalen Medien-ausleihe verschaffe. Überdies lobte er den rot-weißen Look des von der ekz gelieferten »l@appli Books«-Präsenta-tionsmöbels, das perfekt zur geradlini-gen Einrichtung der Zentralbibliothek

»André Malraux« passe. Charrier hofft, nicht nur die bestehenden Nutzer mit dem neuen digitalen Angebot zu begeis-tern, sondern damit auch weitere Men-schen für die Bibliothek zu gewinnen.

FOLIO Neue Kooperation zur Förderung von Innovationen

Pr. – Bibliotheken und Dienstleis-ter haben sich zusammengeschlos-sen, um die Zukunft von Bibliotheken neu zu gestalten und neue Technolo-gien zu entwickeln. Die neue Initiative FOLIO bietet eine Plattform für Bib-liotheken, Dienstleister und andere Organisationen, um die Bibliothek-sautomatisierung über Open Source- Projekte gemeinsam voranzutreiben. Ziel ist es, Interessensgruppen zu eta-blieren, Partnerschaften einzugehen und sich über neue Serviceleistungen und Technologien für Bibliotheken auszutauschen.

FOLIO steht für Future of Libraries is Open und ist eine neue Community, die das gemeinsame Ziel verfolgt, eine neue Bibliotheksserviceplattform (LSP) zu entwickeln. Eine Plattform, die traditi-onelle Anforderungen und Funktionali-täten an die Ressourcenverwaltung un-terstützt und darüber hinaus bereit ist für Innovation und Wachstum durch die Zusammenarbeit mit der Industrie. Im Kern wird FOLIO die Erweiterbarkeit in vielen neuen Servicebereichen für Bib-liotheken ermöglichen und das Techno-logie-System, das Bibliotheken, Dienst-leistern und Technologieentwicklern zur Verfügung steht, erheblich verändern. Der erste Code für die Basisplattform, die Features für die Integration von mo-dularen Services anbietet, ist für August auf GitHub geplant. Dabei wird es sich um eine technische Plattform-Vorschau speziell für Entwickler handeln, damit diese sich mit den APIs vertraut machen und früh Feedback geben können.

EBSCO stellt die Primärfinanzie-rung bereit für die Entwicklung von FO-LIO mit Index Data, um die Ausgangs-plattform zu entwickeln. Wie man der Community beitreten kann? Seit Beginn

FOYER MARKT

In der Rubrik »Markt« werden Presse mitteilungen von Unterneh-men und Dienstleistern – ohne redaktionelle Bearbeitung – ver-öffentlicht. Die Redaktion behält sich vor, Beiträge auszuwählen und zu kürzen.

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der öffentlichen Gespräche über das Open Source-LSP-Projekt auf Konfe-renzen wie der Code4Lib im März sind schon über 1 000 Mitglieder aus Dut-zenden Ländern beigetreten. Die Mit-glieder können auf verschiedene Art an der Community teilnehmen:

• als »Functionalist« – er bringt sein Wissen über spezifische Arbeitsabläufe und Funktionsbereiche ein

• als »Strategist« – er bringt seine Vision zur Weiterentwicklung der Bib-liothekstechnologie in den kommenden Jahren ein

• als »Developer« – er steuert Code bei und hilft, Applikationen für eine neue erweiterbare Plattform zu erstellen.

Interessierte Teilnehmer können sich anmelden unter www.folio.org.

Ex Libris Eine Million API-Transaktionen pro Tag

Pr. – Ex Libris, ein ProQuest-Unter-nehmen, gibt bekannt, dass der Bi-bliotheksmanagementdienst Alma nun regelmäßig über eine Million API-Transaktionen pro Tag von Hun-derten Institutionen auf der ganzen Welt verarbeitet.

Im Laufe der letzten zwei Jahre hat Ex Libris mehr als 120 Alma REST APIs für wichtige Bereiche des Bibliotheksma-nagements erstellt, wie Erwerb, Benut-zerverwaltung und -anfrage sowie Res-sourcenmanagement. Die Entwickler der Bibliotheken rufen die APIs über das Ex Libris Developer Network auf – eine offene Umgebung, in der Bibliotheks-mitarbeiter und Entwickler weltweit zu-sammenarbeiten und mit Ex Libris ko-operieren können. In Übereinstimmung mit der bewährten Offenheitsrichtlinie von Ex Libris stellt das Developer Net-work alle Ressourcen zur Entwicklung von Anwendungen und Erweiterungen für die Produkte von Ex Libris bereit. Darüber hinaus haben Entwickler von Ex Libris und Mitarbeiter von Kundenbib-liotheken mehr als 100 Blog-Einträge zum Teilen von Anwendungen, Ideen, Tipps und Tricks veröffentlicht.

Die von Alma täglich verarbeiteten

API-Transaktionen bieten Kunden Zu-gang zu Diensten an, die von den Entwicklern der Bibliotheken er-stellt wurden, und automatisieren viele der alltäglichen Aufgaben der Bibliotheksmitarbeiter.

»Mit den Alma REST APIs können Bi-bliotheken ihre Dienste für Kunden er-weitern und die Arbeit der Bibliothekare vereinfachen«, so Mehmet Celik von KU Leuven LIBIS.

Schweitzer Fachinformation Exklusive Kooperation mit Knowledge Unlatched

Pr. – Der Medienhändler und Infor-mationsdienstleister Schweitzer Fa-chinformationen und das in Berlin ansässige Unternehmen Knowledge Unlatched GmbH kooperieren, um Knowledge Unlatched (KU) – eine der innovativsten und zugleich wirksams-ten Initiativen rund um Open Access – künftig beim Ausbau der Aktivitäten gemeinsam zu unterstützen.

Die Vereinbarung, die Dr. Sven Fund (Knowledge Unlatched, Berlin) und Jörg Pieper (Schweitzer Fachinfor-mationen, München), unterzeichne-ten, sieht eine enge Zusammenarbeit vor: So ist Schweitzer Fachinformatio-nen seit dem 1. Juni für Knowledge Un-latched (KU) als exklusiver Handelspart-ner in Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie den Benelux-Ländern tätig. Ziel ist es, künftig noch mehr Bi-bliotheken in diesen Ländern für die Crowdfunding-Plattform Knowledge Unlatched zu gewinnen. Bibliotheken, die an KU teilnehmen, leisten damit ei-nen aktiven, weltweiten Beitrag zur Um-stellung möglichst vieler englischspra-chiger Monografien in den Geistes- und Sozialwissenschaften aus dem traditi-onellen Kaufmodell in ein modernes, effizientes und kostensparendes Open Access-Modell.

Knowledge Unlatched ist als Crowd-funding-Modell auf die Teilnahme vie-ler Bibliotheken in aller Welt angewie-sen. Sie alle teilen sich die Kosten, um Titel, die von renommierten Verlagen zur Verfügung gestellt werden, für Open

Access verfügbar machen zu können. Die Monografien werden, unterschie-den in Novitäten und Backlist-Titel, für jedermann nutzbar und unter einer Cre-ative Commons-Lizenz publiziert. Auf den Plattformen von OAPEN und Hathi-Trust können sie als PDF heruntergela-den werden.

Bisher konnten durch die Teilnahme von weltweit über 300 Bibliotheken, die jeweils knapp 4 000 US-Dollar gezahlt haben, mehr als 100 Frontlist-Mono-grafien über Knowledge Unlatched frei-geschaltet werden. Im nächsten Schritt wird Knowledge Unlatched auch Back-list-Titel im Open Access verfügbar machen.

Noch mehr aktiv teilnehmende Bib-liotheken und eine Ausweitung der In-halte im Bereich der Geistes- und So-zialwissenschaften – das sind die Eck-punkte für die künftige Kooperation von Schweitzer Fachinformationen und Knowledge Unlatched (KU).

OCLC GmbH Andreas Schmidt ist neuer General Manager

PR. – Zum 1. Juli hat Andreas Schmidt die Funktion des General Managers der OCLC GmbH in Deutschland über-nommen. Er übernimmt diese Posi-tion von Helmut Kimmling, der bis Ende 2016 das deutsche und europä-ische OCLC-Management als Senior Advisor weiterhin beratend unterstüt-zen wird und sich dann in den Ruhe-stand verabschiedet.

In seiner bisherigen Funktion als Sales & Marketing-Direktor für die Region Deutschland, Österreich und Schweiz war Schmidt bereits im OCLC-Manage-ment aktiv und hat Gespür sowohl für die Herausforderungen des Bibliotheks-marktes als auch für die Erwartungen der OCLC-Mitgliedsbibliotheken bewie-sen. Als Diplom-Ingenieur für Luft- und Raumfahrttechnik und ergänzendem Wirtschaftsingenieurstudium bringt er für die neue Aufgabe ein umfangreiches Wissen und Verständnis sowohl im tech-nischen als auch im kaufmännischen Be-reich mit.

FOYER MARKT

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SCHWERPUNKT RÄUME DER ZUKUNFT

Olaf Eigenbrodt

Nach dem Funktionalismus Neue Wege in der Planung und Gestaltung von Bibliotheken

»Das darf und soll natürlich nicht heißen, daß die Funktion, die Nutzbarmachung eines Gebäudes, das Maß aller Dinge sein kann. Eine solche Deutung des Begriffs der Funktion stellt eine Perversion dar...«1

Dass der Funktionalismus in seiner missverstandenen Ausprägung der 1960er- bis 1980er- Jahre den Bibliotheksbau in eine Sackgasse geführt hat, ist schon im Eingangszitat dieses Beitrages erkennbar. Und spätestens seit den 1980er-Jahren erleben wir, zunächst im Bereich der Öffentlichen Bibliotheken, dort wesentlich inspiriert durch skandinavische Vorbilder, später aber auch im Bereich der Wissenschaftlichen Bibliotheken, hier mit der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen von Eckhard Gerber als wichtigem und nachwirkendem Meilenstein, eine Wende im Bibliotheksbau. Schon Fuhlrott et al beschrieben im oben zitier-ten Text eine Hinwendung zum Nutzer, insbesondere in Form von Freihandbeständen und mehr Arbeitsplätzen in der Bibliothek. Sie beklagen aber auch das strenge Rastermaß als eine der funktio-nalistischen Einschränkungen in Planung und Bau Wissenschaft-licher Bibliotheken.2

In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat allerdings ein Paradig-menwechsel im Bibliotheksbau stattgefunden, der die Überlegun-gen, die Fuhlrott und seine Kollegen vor über 30 Jahren angestellt haben, in den Schatten stellt. Sowohl Öffentliche als auch Wissen-schaftliche Bibliotheken sind dabei, sich räumlich, technisch und funktional fundamental zu verändern. Dies hat sichtbare und ent-scheidende Auswirkungen auf die Art, wie Bibliotheken gebaut werden. In diesem Beitrag möchte ich der Frage nachgehen, ob der sich entwickelnde neue Typus der Bibliothek mit den alten Metho-den und Prozessen der Bedarfsermittlung und Planung überhaupt darstellbar ist, oder ob wir nicht gemeinsam mit Architekten, Un-terhaltsträgern und unseren lokalen Gemeinschaften in Kommu-nen und Hochschulen neue Wege für eine erfolgreiche und nach-haltige Bibliotheksplanung beschreiten müssen.

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Kurze Anmerkungen zum Paradigmenwechsel im Bibliotheksbau

Man kann nicht behaupten, dass der im Folgenden skizzierte Paradigmenwechsel im Bibliotheksbau im Stillen und von der Fachöffentlichkeit unbemerkt stattfände. Schon seit den frühen 2000er-Jahren ist die Literatur voll von Überlegungen, wie Bib-liotheken räumlich auf die sich verändernden technischen, so-ziologischen und kulturellen Rahmenbedingungen reagieren sollten. In der Praxis haben sich kreative Kollegen und Planer, immer auch gestützt auf das Studium schon vorhandener Best Practice, in Richtung neuer räumlicher Lösungen vorgetastet.

Konkret kann man den Paradigmenwechsel am allmähli-chen Wandel von der Bestands- und Geschäftsgangszentrie-rung zunächst zur Nutzerorientierung und im weiteren Ver-lauf zur Fokussierung auf soziale Aspekte der Kommunikation und Vernetzung festmachen. War die Bibliothek früher baulich einseitig auf ihre Rolle als Anbieterin publizierter Information ausgerichtet, wird der Bibliotheksraum heute als interaktiver Ort der zufälligen sowie gesteuerten Begegnung gesehen.3 Als Raum, der immer eine Facette verschiedener Funktionen eröff-net, ist er nicht mehr mit einem Begriff allein zu erfassen, son-dern bedarf einer differenzierten Betrachtung.4

Dies spiegelt ein insgesamt neues Raumverständnis, das in den Sozial- und Kulturwissenschaften auch als Spatial Turn bezeichnet wird. Bezogen auf den Raum der Bibliothek be-deutet dies, dass nicht mehr der gebaute Raum der Bibliothek allein das Geschehen in und die Funktion der Bibliothek de-finiert, sondern dass die Beziehungen von Menschen im und zum Raum, ihre Erwartungen und ihre Verhältnisse unterei-nander, gleichwertige Konstituenten des Bibliotheksraumes sind. Verkürzt könnte man sagen, dass nicht mehr die Archi-tektur die Menschen verändern soll, sondern die individuellen

Bedürfnisse im jeweiligen sozialen und kulturellen Kontext das Bauen.

Bibliotheken werden heute als städtebauliche Akzente ge-sehen, die mit anderen Kultur-, Bildungs- und Serviceeinrich-tungen nicht nur Gebäude teilen, sondern auch kooperieren. Die wichtigsten, wenn auch nicht einzigen Flächen von Biblio-theken sind multifacettierte, hochflexible Bereiche ohne dauer-hafte Funktionszuschreibung. Sie werden wahlweise als Lern- und Arbeitsumgebungen, Kreativbereiche (Makerspace et ce-tera), Veranstaltungsorte und Servicebereiche genutzt, wobei diese unterschiedlichen Facetten gleichzeitig oder in zeitlicher Abfolge aufgerufen werden.

Diese neuen Raumarrangements sind eine besondere ge-stalterische Herausforderung, sind hochtechnisiert, auf ver-schiedene Weise vernetzt und spiegeln den grundlegenden Wandel von Arbeits- und Lernkultur, sozialer Interaktion und Technik wider. Die Konvergenz materieller und digitaler Ange-bote, die sich unter anderem in multiplen Interfaces und einer Dynamisierung der Bestandspräsentation ausdrückt, soll darü-ber hinaus im physischen Raum erlebbar werden, ohne traditi-onelle räumliche Qualitäten von Bibliotheken komplett zu ver-drängen. Dazu sind jedoch neue Typologien erforderlich, die mit den herkömmlichen architektonischen Auffassungen des Bibliotheksraums brechen.5

Mit den alten Werkzeugen neue Bibliotheken planen?

Die von Unterhaltsträgern, Verwaltungen und auch Planern präferierten herkömmlichen Planungsinstrumente sind insbe-sondere aus Perspektive der Wirtschaftlichkeit, Effizienz und Transparenz für das öffentliche Bauen fundamental. Sie sind allerdings nicht geeignet, die politisch erwünschten Ziele von

Universitätsbib-liothek Freiburg: Bibliotheken sind Räume, die sich immer auch im Kontext realisieren. Foto: Olaf Eigenbrodt

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SCHWERPUNKT RÄUME DER ZUKUNFT

mehr Partizipation, Nachhaltigkeit und Flexibilität zu errei-chen, die heute für öffentliche Bauvorhaben postuliert werden. Dies gilt insbesondere auch für Bibliotheken, die zusätzlich die oben beschriebenen architektonischen Herausforderungen zu meistern haben.6

Der klassische Ausgangspunkt der Bibliotheksplanung war und ist die kennzahlengestützte, geschäftsgangorientierte Ab-fassung von Bedarfsprogrammen. Ausgehend von der Vorstel-lung, jede Bibliothek ließe sich aus den seit dem 19. Jahrhun-dert im Kern unveränderten Modulen Bestandsaufstellung, Pu-blikumsbereich und Administration zusammensetzen, wurde für jeden dieser Bereiche ein Set von Kennzahlen entwickelt. Auch wenn die von Fuhlrott et al beschriebene Nutzerorientie-rung eine Durchmischung der strengen räumlichen Dreiteilung mit sich brachte, hat sich das Prinzip bis heute erhalten.

Im Kern haben sich weder der DIN-Fachbericht 137 – trotz seiner diversen Erweiterungen in Fokus und Zielgruppen – noch die vom heutigen Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) aus Hannover8 oder den Fachstellen9 vorgelegten Kennzahlen von diesem Paradigma entfernt. Dies ist auch von dem in Arbeit befindlichen Norm-entwurf einer DIN 67700 zu erwarten. Im Gegenteil, da eine Norm beansprucht, den Stand der Technik abzubilden, wird sie weit starrer im Umgang mit den Kennzahlen sein müssen als ihr Vorgänger, der DIN Fachbericht 13. Dies geschieht genau zu ei-ner Zeit, in der die Menge und Breite der normativen Regulie-rung im Bauwesen unter anderem aus Gründen der Wirtschaft-lichkeit und Praktikabilität infrage gestellt wird.10

Die Entwicklung der Kennzahlen, die seit den 1960er-Jahren forciert wurde, beruhte auf dem Bedarf nach verlässlichen und

wirtschaftlichen Grundlagen für die Bedarfsplanung von Biblio-theken. Im Kontext der damaligen Idee eines nach rein rationa-len Kriterien steuerbaren öffentlichen Sektors, der den Anspruch hatte, überall in der Bundesrepublik vergleichbare Lebensver-hältnisse und Standards zu erreichen, war dies nachvollziehbar. Insbesondere für die damaligen Neubauaktivitäten im Hoch-schulbereich wäre man ohne die Kennzahlen und zugrunde ge-legten Rastermaße wohl auch nicht so schnell vorangekommen.

Planung muss zukünftig als ein Prozess gesehen werden, der unter Beteiligung der verschiedenen Interessengruppen über verschiedene Zwischenschritte zu einem Ergebnis kommt, das individuell auf den jeweiligen Bibliotheksraum in seinem städtebaulichen, sozialen und kulturellen Kontext zugeschnitten ist.

Das Ergebnis waren im Wesentlichen austauschbare, aus den immer gleichen Modulen zusammengesetzte Gebäude, die zwar in sich als Bibliothek identifizierbar, aber nicht kontext-bezogen waren. Hinzu kommt, dass die Kennzahlen sich teil-weise untereinander widersprechen beziehungsweise in Wider-spruch zu Kennzahlen aus anderen Bereichen (etwa Verwal-tungsbauten der öffentlichen Hand) stehen, sodass es selbst für Experten schwierig wird, den Überblick zu behalten.

Während die vorliegenden Kennzahlen einerseits über-regulieren, kommen neuere Raumkonzepte und Funktionen

Dokk1, Aarhus: Nutzerbeteiligung ist kein Alibi, sondern Vorausset-zung für nachhal-tige Planung. Foto: Olaf Eigenbrodt

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SCHWERPUNKT RÄUME DER ZUKUNFT

gar nicht vor und haben damit keine Planungsgrundlage, was sich in der Prüfung von Raumprogrammen immer wieder ne-gativ bemerkbar macht. Unterhaltsträger und Aufsichtsbe-hörden werden durch die Kennzahlen in der falschen Sicher-heit gewogen, alles Notwendige sei abgedeckt. Die verbrei-tete Reaktion der Bibliotheksplaner darauf ist wiederum das Spiel mit Bestands- und Bedarfszahlen und ein Kampf um jeden Quadratmeter, auf dem man dann später innovative, normativ nicht existente, Flächen verwirklichen kann. Dies wird dann im weiteren Planungsprozess stillschweigend ge-duldet, da die Unterhaltsträger den Bedarf anerkennen und das Dilemma nachvollziehen können, in das die Fixierung auf Kennzahlen in der Bedarfsermittlung den Planungsprozess bringt. Die kennzahlengestützte Bedarfsplanung von Biblio-theken bedarf daher einer dringenden kritischen Überprü-fung und Revision.

Planung muss zukünftig als ein Prozess gesehen werden, der unter Beteiligung der verschiedenen Interessengruppen über verschiedene Zwischenschritte zu einem Ergebnis kommt, das individuell auf den jeweiligen Bibliotheksraum in seinem städtebaulichen, sozialen und kulturellen Kontext zugeschnit-ten ist. Dies gilt sowohl für Öffentliche als auch für wissen-schaftliche Bibliotheken.

Neue Wege der Bibliotheksbauplanung

Auch wenn die normative Verwendung von Kennzahlen als sta-tisches Gerüst der Bedarfsermittlung kritisch revidiert werden muss, bedeutet dies nicht, dass Kennzahlen in der praktischen Verwendung für die Planung obsolet wären. Da sie aber neue Flächenbedarfe und Einrichtungsformen nicht berücksichti-gen, muss in der individualisierten Bedarfsermittlung anhand von Best Practice und Kennzahlen aus anderen Bereichen ein dem Konzept angepasstes Raumprogramm entwickelt werden.

Diese Unsicherheit und die wachsende Kluft zwischen wirk-lichem Bedürfnis und ermitteltem Bedarf haben schon in den letzten Jahren dazu geführt, dass geprüfte Bedarfsprogramme und Konzepte mehr und mehr zum Ergebnis von Aushand-lungsprozessen wurden. Unterhaltsträger entscheiden, welche Bibliothek sie sich in welcher räumlichen Aufstellung leisten können oder wollen. Dabei spielen dann weniger Flächenbe-rechnungen für einzelne Module eine Rolle als wirtschaftliche und politische Erwägungen.11 Letztendlich wächst der einzel-nen Kommune oder Hochschule die Verantwortung zu, eine Entscheidung über die räumliche Qualität ihrer zukünftigen Bibliotheksversorgung zu treffen. Dabei spielen Beratung, Be-teiligung und ein neues Planungsverständnis eine entschei-dende Rolle.

Ein weiterer wichtiger Faktor im Planungs- prozess ist die Nutzerbeteiligung geworden.

Die Schwierigkeit liegt dabei in der Übertragung von Ideen aus Literatur oder konkreter Praxis auf die individuelle Situation. In Ländern mit weniger starren Planungsabläufen wie etwa den USA ist es etablierte Praxis, dass sich Unterhaltsträger und Bib-liotheken Berater an ihre Seite holen, die den Planungsprozess begleiten. Auch in Deutschland ist aufgrund der beschriebenen Veränderungen ein zunehmender Schulungs- und Beratungs-bedarf zu erkennen. Die Fachstellen leisten von jeher wertvolle Unterstützung bei der Konzeption und Planung von Bauvorha-ben, aber auch der Deutsche Bibliotheksverband (dbv) und der Verein Deutscher Bibliothekarinnen und Bibliothekare (VDB) haben darauf bereits mit der Einrichtung einer gemeinsamen Baukommission reagiert.12

Ein weiterer wichtiger Faktor im Planungsprozess ist die Nutzerbeteiligung geworden. Allmählich setzt sich die Er-kenntnis durch, dass an der Gestaltung interaktiver und

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SCHWERPUNKT RÄUME DER ZUKUNFT

partizipativer Räume auch die Nutzer dieser Räume beteiligt werden sollten.13

Partizipation setzt voraus, dass nicht eine abgeschlossene Planung durch kosmetische Maßnahmen in Richtung der Nutzer- erwartungen verschoben wird, sondern dass die artikulierten Bedürfnisse bis hin zu einer grundlegenden Revision der Planung ernstgenommen werden.

Prominentestes Beispiel eines solchen partizipativen Pla-nungs- und Bauprozesses ist das Dokk1 im dä-nischen Arhus. Vom ersten Konzept bis in die Realisierungsphase hat die Bibliothek ein um-fangreiches, wissenschaftlich und fachlich beglei-tetes Beteiligungskonzept realisiert und damit im Bibliotheksbau neue Wege beschritten. Die mitt-lerweile etablierten und sich weiter entwickeln-den Methoden der reinen Nutzerforschung wer-den durch aktive Beteiligung in kreativen Forma-ten ergänzt. Partizipation in diesem Sinne setzt jedoch voraus, dass nicht eine abgeschlossene Planung durch kosmetische Maßnahmen in Rich-tung der Nutzererwartungen verschoben wird, sondern dass die artikulierten Bedürfnisse bis hin zu einer grundlegenden Revision der Planung ernst genommen werden.

Beratung und Partizipation sind wichtige Werkzeuge in einem Gesamtprozess, der sich ins-gesamt von einem statischen, genauen Regularien folgenden Ablauf in Richtung von dynamischen,

kreativen Prozesses verschiebt, in denen nicht mehr exklusiv den Architekten ge-stalterische und den Bibliothekaren kon-zeptionelle Aufgaben zukommen. Sie sind vielmehr spezifisch und individuell auf das jeweilige Projekt zugeschnitten, da sie auf den Kontext und die Interaktion der Be-teiligten reagieren müssen. Die Einbezie-hung von Laien und die Gestaltung und Konzeption offener, interaktiver Räume erfordert Ansätze, die unter dem Begriff Design Thinking zusammengefasst wer-den können.

Dazu gehören wiederholte Folgen von Inspiration und Ideenbildung, aus denen versuchsweise Entwürfe und Prototypen resultieren, die sich entweder in der Dis-kussion mit den Beteiligten bewähren oder wieder verworfen und neu überdacht wer-den. Als kreative Gestalter sind Architekten von Haus aus mit solchen Prozessen ver-traut, sind es aber in klassischen Abläufen

öffentlichen Planens und Bauens in der Regel nicht gewohnt, jenseits von Expertenkontakten ihre Entwürfe zur Diskussion zu stellen. Bibliotheken fangen gerade erst an, sich mit Design Thinking auseinanderzusetzen. So wurde unter anderem in Zusammenarbeit mit der schon erwähnten Bibliothek von Aar-hus ein Toolkit entwickelt, mit dem Bibliothekare Design Thin-king-Prozesse selbst konzipieren und durchführen können.14

Fazit

Die Abwendung von einer rein funktionalistischen Auffassung der Bauaufgabe Bibliothek, die im Übrigen auch nie von allen Bibliothekaren und Architekten vertreten wurde, war zunächst

Universitätsbibliothek Konstanz: Multifacettierte Flächen lassen sich nicht mit herkömmli-chen Kennzahlen darstellen. Foto: Olaf Eigenbrodt

Kreative und partizipative Prozesse sind Voraussetzung für neue Wege der Planung. Foto: Olaf Eigenbrodt

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SCHWERPUNKT RÄUME DER ZUKUNFT

durch eine Verschiebung in Richtung der Nutzerinteressen be-dingt. In den letzten zwei Jahrzehnten haben wir jedoch einen Paradigmenwechsel im Bibliotheksbau erlebt, der viel tiefgrei-fender die Definition der Bibliothek selbst und ihres materiel-len Raums betrifft. Damit einher geht ein allgemeiner Wandel in der Auffassung vom Raum als Teil eines sozialen Gefüges.

Es müssen alle Beteiligten, also auch die Bibliotheken selber, daran arbeiten, sich aus teilweise selbst auferlegten Kennzahlen, Richtlinien und Normen zu befreien, wo diese einen zeitgemäßen Planungsprozess eher behindern als befördern.

Ungeachtet des Fortbestehens klassischer Elemente ist insge-samt die Typologie von Bibliotheksräumen infrage gestellt. Bi-bliotheken und ihre Räume werden dynamischer und interak-tiver. Dies stellt die traditionelle Planung von Bibliotheken mit ihren starren, kennzahlengestützten und geschäftsgangorien-tierten Abläufen vor unlösbare Probleme. Wie auch in anderen Bereichen des öffentlichen Bauens werden politische Aushand-lungs- und Entscheidungsverfahren, partizipative Planungsan-sätze und kreative Prozesse unter Einbeziehung von Experten und interessierten Nutzern immer wichtiger.

Dadurch entstehen einige Herausforderungen, da die neuen Planungsansätze weder zu den Regularien des öffentli-chen Bauens, wie sie etwa in den Richtlinien für die Durchfüh-rung von Bauaufgaben des Bundes (RBBau) beziehungsweise

den einschlägigen Länderverordnungen geregelt sind, noch zur herkömmlichen Arbeitsweise von Architekten nach der Hono-rarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) passen. Hier ist nicht nur die Politik gefordert, kreative Freiräume zu eröffnen, ohne auf geordnete und wirtschaftliche Verfahren zu verzichten. Vielmehr müssen alle Beteiligten, also auch die Bi-bliotheken selber, daran arbeiten, sich aus teilweise selbst auf-erlegten Kennzahlen, Richtlinien und Normen zu befreien, wo diese einen zeitgemäßen Planungsprozess eher behindern als befördern.

Olaf Eigenbrodt ist Leiter der Hauptabteilung Benutzungs-dienste, Beauftragter für Bau und Sicherheit sowie Vertre-ter der Fachaufsicht an der Staats- und Universitätsbib-liothek Hamburg Carl von Os-sietzky. Er forscht zu Fragen von Bibliotheksbau und -technik, Bi-bliothekssoziologie, Konvergenz

materieller und digitaler Angebote sowie zum Innovations-management in Bibliotheken. Als Lehrbeauftragter unter-richtet er an der Humboldt-Universität zu Berlin sowie an der Bayerischen Bibliotheksakademie in München. Er ist Mitglied nationaler und internationaler Beiräte und Kom-missionen und ist einer der Herausgeber dieser Zeitschrift.

1 Rolf Fuhlrott, Gerhard Liebers, Franz-Heinrich Philipp: Einige Gedanken zum Bibliotheksbau der siebziger Jahre in der Bundes-republik Deutschland. In: Dies. (Hrsg.): Bibliotheksneubauten in der Bundesrepublik Deutschland 1968-1983, Frankfurt a.M., 1983 (Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie, Sonderheft 39), S. XVII-XXII, S. XX

2 Ebd.

3 Helen Niegaard: Digital Drive and Room for Contemplation: Library Transformation – International Tendencies. In: Dies., Jens Lauridsen, Knud Schulz (Hrsg.): Library Space: Inspiration for Buildings and Design, Kopenhagen, 2009, S. 14-22, S. 16

4 Vgl. zuletzt in dieser Zeitschrift etwa Corinna Haas: Ein komple-xes Ganzes: Bibliotheken sind mehr als Dritte Orte; Plädoyer für eine differenzierte Betrachtung. In: BuB - Forum Bibliothek und Information 67/7 (2015), S. 440-443

5 Vgl. Olaf Eigenbrodt: Veränderte Kontexte und Funktionen: Ansätze einer neuen Typologie für Wissensräume. In: ders., Richard Stang (Hrsg.): Formierungen von Wissensräumen - Optionen des Zugangs zu Information und Bildung, Berlin; Boston, 2014, S. 22-3.

6 Nebenbei bemerkt erleben wir im Hochschulbau allgemein und im Museumsbau eine ähnliche Entwicklung.

7 DIN Fachbericht 13: Bau- und Nutzungsplanung von Bibliotheken und Archiven, Berlin, 2009

8 Bernd Vogel; Silke Cordes: Bibliotheken an Universitäten und Fachhochschulen: Organisation und Ressourcenplanung, Hanno-ver, 2005 [Hochschulplanung 179]

9 Fachkonferenz der Bibliotheksfachstellen in Deutschland (Hrsg.):

Handreichung zu Bau und Ausstattung Öffentlicher Bibliotheken, Neustadt/Weinstraße, 2012

10 So kritisiert die Baukostensenkungskommission des Bündnisses bezahlbares Wohnen und Bauen beim BMUB ein zu umfang-reiches und nicht überschaubares Regelwerk im Baubereich. Siehe dazu Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen: Bericht der Baukostensenkungskommission, 2015, S. 80 – www.bmub.bund.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Wohnungswirtschaft/buendnis_baukostensenkungskommission_bf.pdf (letzter Zugriff 21.7.2016)

11 Zu den aufwendigen Abstimmungsprozessen, die schon in einem klassischen Planungsprozess notwendig sind, um ein neues Kon-zept umzusetzen vgl. Felicitas Hundhausen: Verfahrensschritte zur Realisierung eines innovativen Bauvorhabens: Das Beispiel des Gemeinsamen Bibliotheksgebäudes von Universität und Hochschule Osnabrück auf dem Campus Westerberg. In: Petra Hauke, Klaus-Ulrich Werner (Hrsg.): Praxishandbuch Biblio-theksbau: Planung – Gestaltung – Betrieb, Berlin; Boston, 2016, S. 72-100

12 www.bibliotheksverband.de/fachgruppen/kommissionen/bau-kommission.html (letzter Zugriff 21.7.2016)

13 Vgl. Jens Ilg, Robert Zepf: Partizipatives Gestalten. In: Petra Hauke, Klaus-Ulrich Werner (Hrsg.): Praxishandbuch Biblio-theksbau: Planung – Gestaltung – Betrieb, Berlin; Boston, 2016, S. 295-307

14 Im Internet auf der Seite http://designthinkingforlibraries.com/ abrufbar (letzter Zugriff 21.7.2016)

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Der Beitrag stellt am Beispiel des Het Eemhuis die Biblio-thekslandschaft der Stadt Amersfoort und ihrer Umgebung vor. Hier lässt sich anschaulich zeigen, auf welche Art und Weise sich niederländische Bibliotheken von der traditio-nellen Funktion der Buchausleihe zu Einrichtungen gewan-delt haben, die Zentren für informelle Bildung und persön-liche Entwicklung sind, deren Aktivitäten den sozialen Aspekt der Gemeinschaft in den Mittelpunkt stellen.

Das Bibliothekssystem Eemland besteht aus sieben Biblio-theken, fünf sogenannten Wohnzimmerbibliotheken, einem Servicepunkt und einer öffentlichen Schulbibliothek. Es ver-sorgt fünf kooperierende Gemeinden im Nordwesten der Provinz Utrecht zwischen Utrecht und Amsterdam. Die Ge-meinden gehören zu einer der am schnellsten wachsenden Regionen in der Niederlanden mit einer sehr jungen Bevöl-kerung und derzeit circa 250 000 Einwohnern (siehe auch: www.bibliotheekeemland.nl/over-ons/wie-zijn-we.html).

Strategische Voraussetzungen

Die Strategie des Bibliothekssystems Eemland verfolgt für die nächsten drei Jahre drei Hauptziele: Entwicklung der Schrift-kultur, informierte Bürger, sozialer Zusammenhalt.

In der Leseförderung stehen das Lesen mit Kindern schon im Vorschulalter und das Geschichtenerzählen der Eltern auch für größere Kinder im Mittelpunkt. Das Bibliothekssystem hat

unter dem Titel »Bibliothek in der Schule« ein sehr effizientes und aus Sicht der Bibliotheken wichtiges Programm für die Grundschulen entwickelt. Die Schriftkultur spielt natürlich auch für alle anderen Literaturliebhaber eine entscheidende Rolle. Dies wird unter anderem durch Leseclubs und Autoren-treffen gefördert, die allerdings nicht kostenlos sind. Das Lesen steht im Mittelpunkt.

Die Vermittlung von Informationen ist eine der Hauptfunk-tionen Öffentlicher Bibliotheken. Die Fülle an Daten und Infor-mationen ist enorm, und immer mehr Menschen fühlen sich angesichts dieser Menge überfordert. In den Niederlanden ha-ben wir zum Beispiel ein Programm für den Umgang mit elekt-ronischen Behördendiensten (E-Government) entwickelt. Wie beantragt man eine Baugenehmigung, ein Zahlungsverfahren oder andere Dienste, die nur digital zur Verfügung stehen? Die Öffentlichen Bibliotheken haben eine Lizenz für die Ausfüh-rung dieses Programms.

Dies ist nur ein Beispiel für die neuen Funktionen einer Öf-fentlichen Bibliothek. Jüngst wurde ein ähnlicher Service für Steuerangelegenheiten eingerichtet. Für lokale Informationen arbeiten wir mit einem regionalen Sender und dem Herausge-ber einer Lokalzeitung über deren Internetseiten zusammen. Mit dem »lokalen Medienzentrum« haben die Partner eine Plattform geschaffen, auf der regelmäßig alle zwei Wochen dis-kutiert wird, welche Themen Medienaufmerksamkeit bekom-men und in welcher Form sie präsentiert werden sollen.

Die Einbeziehung der Bibliotheken in den sozialen Sektor ist relativ neu. In den Niederlanden erfolgt das durch einen

SCHWERPUNKT RÄUME DER ZUKUNFT

Erno de Groot

Het Eemhuis: Ein Bibliothekskonzept für die nächste Generation Entwicklung der Schriftkultur – informierte Bürger – sozialer Zusammenhalt

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Prozess der Deregulierung. Die Zentralregierung überträgt Aufgaben an die Kommunalverwaltungen. Um diese zu erfül-len, bitten die Gemeinden die Bibliotheken um Unterstützung. Bei diesen Aufgaben geht es zum Beispiel um Seniorenbetreu-ung, etwa um die Organisation von Kaffeestunden in der Bib-liothek, die sowohl als geselliger sozialer Treffpunkt als auch zur Auswahl von Medien genutzt werden können. Auch die Ju-gendarbeit ist ein wesentlicher Bestandteil der Programmar-beit. Die Bibliotheken bieten Hausaufgabenhilfe und außer-schulische Aktivitäten an.

Den Medienbestand als Fundament aller Aktivitäten darf man keinesfalls vernachlässigen. Daher sind wir ständig um dessen hohe Qualität bemüht, zum Beispiel durch die Opti-mierung der Bestandsvermittlung und dessen attraktive und abwechslungsreiche Präsentation. Angesichts dieser Schwer-punktverlagerungen wird das Gebäude als solches scheinbar immer unwichtiger. Teilweise stimmt das, denn die Bibliothek tritt aus dem Gebäude heraus und geht auf Zielgruppen vor Ort zu, aber nicht in jeder Hinsicht. Daher fiel der Entschluss zum Neubau einer Zentralbibliothek für Amersfoort und die umlie-genden Gemeinden.

Het Eemhuis

Die neue Zentralbibliothek wurde 2014 nach zehnjähriger Planung und Entwicklung eröffnet. Sie befindet sich im »Het Eemhuis«, einem Gebäude mit einer Grundfläche von 16 000

Quadratmetern, das auch eine Kunstschule, ein Museum für moderne Kunst und ein Archiv sowie ein Restaurant, einen Mu-seumsshop und die Büros von vier Organisationen beherbergt. Entworfen wurde das Gebäude von dem Architekten Michiel Riedijk des Architekturbüros Neutelings Riedijk aus Rotterdam. Bei unserem Bibliothekskonzept haben wir unsere Zielgruppen in den Mittelpunkt gestellt.

Die Bibliothek soll ein Zentrum für informelles Lernen, ge-meinsame Aktivitäten sowie sozialer Treffpunkt sein. Der Be-stand wird nach den Grundsätzen des Einzelhandels präsen-tiert. Durch ihre Gestaltung steht der Besucher im Mittelpunkt. Beim Betreten des Gebäudes soll man sich sofort willkommen fühlen in einer Umgebung des Lesens, Lernens und Studierens, in der man sich gerne aufhält.

Das Zentrum der Stadt Amersfoort wächst und gedeiht, und dieses Projekt ist Bestandteil der Stadtentwicklung.

Die Bibliothek ist etwa 5 000 Quadratmeter groß. Planmäßig beantragten wir damals 200 Nutzerarbeitsplätze, aber das war vor der Einführung von WLAN. Laptops waren zu jener Zeit sehr teuer und Tablets waren noch nicht serienreif. Im Laufe der Jahre passten wir uns den Neuerungen an: weniger PC-Ar-beitsplätze (circa 60), dafür aber sehr schnelles WLAN im gan-zen Gebäude. Jeder Arbeitsplatz hat einen eigenen 220V-An-schluss – genau das, was Lernende brauchen.

Futuristische Architektur: Die Außenansicht des Gemeinschaftsprojekts Het Eemhuis. Fotos: scagliolabrakkee ©neutelings riedijk architects

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Blick in das ...

... stufenförmig angelegte ...

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SCHWERPUNKT RÄUME DER ZUKUNFT

... und auf die darüber liegende Dachterrasse.

... Innere der Bibliothek ...

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Auf Wunsch der Bibliothek befinden sich die zentralen Funktionsbereiche wie Abholung vorgemerkter Medien, Medi-enrückgabe und Selbstverbuchung im Eingangsbereich der Bi-bliothek im Erdgeschoss. Dies geschah insbesondere unter dem Aspekt der Zugänglichkeit.

Kooperation mit den Architekten

Der Entwurf für Het Eemhuis stammt von dem Architektur-büro Neutelings Riedijk. Das Rotterdamer Büro genießt insbe-sondere in den Niederlanden ein hohes Ansehen unter anderem für Entwürfe und Bauten aus dem Kultur- und Bildungsbereich. Amersfoort war allerdings die erste Bibliothek, die sie gestal-ten sollten, also wurden in vielen Gesprächen die Aufgaben und die Funktionen einer Öffentlichen Bibliothek thematisiert und andere, bereits fertiggestellte Bibliotheken wurden gemeinsam besucht. In jenen Jahren von 2005 bis 2008 waren die Öffent-liche Bibliothek in Amsterdam und die des niederländischen Architekten Rem Koolhaas (OMA) in Seattle Beispiele für eine neue Denkweise. Anschließend entwarfen Neutelings Riedijk auch die Bibliothek in Arnheim. Heute sind sie weltbekannt, das renommierte Magazin El Croquis gab zwei Sonderausga-ben zu ihren Bauwerken heraus.

Wir können 1,5 Millionen Buchrückgaben pro Jahr mit relativ geringem Personaleinsatz abwickeln.

Das Büro musste vier verschiedene Funktionen und einen all-gemein zugänglichen Bereich miteinander in Einklang bringen. Nicht ganz einfach war auch die Tatsache, dass die Kommune Kunde und Bauherr war. So waren mindestens fünf Parteien involviert. Het Eemhuis ist auch Teil eines neuen urbanen Plat-zes. Das Zentrum der Stadt Amersfoort wächst und gedeiht, und dieses Projekt ist Bestandteil der Stadtentwicklung. So nahm nicht zuletzt die Leitung der Stadtentwicklung gewissen Einfluss auf Planung und Ausführung.

Das Ergebnis dieses Prozesses beschreiben die Architekten wie folgt:

»Das Gebäude ist wie ein vertikaler Stapel der einzelnen Funktionen konzipiert, das öffentliche Leben wird scheinbar

übergangslos in das Gebäude integriert. Im Erdgeschoss wird der städtische Platz zu einer überdachten Plaza, die sich zu ei-ner stufenförmig angelegten Bibliothek erweitert. Oben mündet der Raum in eine offene Galerie mit Blick über die Stadt. Darü-ber befindet sich das Archiv, das die scheinbar schwebende Raum-decke bildet. Im Dachgeschoss des Gebäudes ist die Kunstschule untergebracht. Die drei separaten Kunstabteilungen finden Aus-druck in den drei würfelförmigen Vorbauten, die über dem Kom-plex thronen.«

Einrichtung

Der Architekt sollte sich nach Vorgabe der Kommune auch um das Innendesign kümmern. Es ist nicht selbstverständlich, dass der Architekt eines Gebäudes auch alles über die zweck-mäßige Innengestaltung von Bibliotheken weiß. Wir beschlos-sen daher, einen Experten für Bibliotheksdesign und -technik zur Unterstützung des Architekten zu beauftragen. Eine gute Entscheidung, denn in vielen Fragen spielte dieser Berater eine wichtige Rolle. Dennoch mussten wir später noch einige Pro-bleme lösen. Die Sammlung ist nach Interessenkreisen geord-net. Wichtig bei der Präsentation sind die sogenannten Ausstel-lungstische, allerdings waren diese für eine gute Präsentation zu hoch. Die Bücherregale hingegen waren zu niedrig. Da die gesamte Innenausstattung aus Holz ist, konnten wir die Prob-leme aber lösen.

Ein besonders wichtiger Teil der Bibliothek ist die Buchsor-tieranlage. Sie muss in der Lage sein, 17 verschiedene Gruppen auf drei Ebenen zu sortieren. Folglich waren in dieser Anlage sowohl ein horizontaler als auch ein vertikaler Transport vor-zusehen. Die Konstruktionsfirma musste daher eine Spezialan-lage anfertigen und eine ganz neue Technologie einsetzen. Das ist ihnen gut gelungen: Wir können 1,5 Millionen Rückgaben pro Jahr mit relativ geringem Personaleinsatz abwickeln.

Zusammenarbeiten

Het Eemhuis soll ein kultureller Hotspot sein. Daher sind ge-meinsame Planung und Öffentlichkeitsarbeit notwendig. Ein schwieriges Unterfangen, da die vier beteiligten Institutionen unterschiedliche Zielgruppen und Interessen haben. Diese

SCHWERPUNKT RÄUME DER ZUKUNFT

Het Eemhuis

Stadt Amersfoort: 150 000 EinwohnerRegion Eemland: 250 000 EinwohnerEröffnung: 2014Architekten: Neutelings Riedijk Architekten, RotterdamNutzfläche Bibliothek: 5 000 QuadratmeterArbeitsplätze: 200, davon 60 PC-ArbeitsplätzeMedienbestand: 210 000, davon 180 000 Bücher

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Herausforderung wurde durch die Erarbeitung eines gemein-samen Leitbildes gelöst, das von allen mitgetragen wird. So konnten die einzelnen Beteiligten mit der Zusammenarbeit be-ginnen. Wir kooperieren bei der Planung, bei Ausstellungen, im Marketing und Kommunikationsbereich, in Personalfra-gen und in vielen anderen Dingen. Das Ergebnis ist ein Joint Venture, dessen Führung die vier Leiter in einem monatlichen Meeting übernehmen.

Seit der Eröffnung im Mai 2014 besuchten mehr als zwei Millionen Menschen die Bibliothek im Het Eemhuis. Das Gebäude ist das Aushängeschild und von großer Bedeutung für den Erfolg der Bibliothek.

Planung und Konstruktion des Gebäudes waren für die vier be-teiligten Institutionen sehr aufwendig. Sie mussten sich über viele Punkte einigen, und die Interessen stimmten nicht immer überein. Durch ihre Lage im Erdgeschoss liegt die Bibliothek im Fokus der Aufmerksamkeit der Besucher, aber andere woll-ten ebenfalls ins Blickfeld geraten. Es gab einige Meinungsver-schiedenheiten über die Räumlichkeiten für allgemeine Zwe-cke und natürlich über die Finanzierung. Mit der Budgetpla-nung für das Nutzungsmanagement (Energieversorgung, Steuern, Versicherungen, Reinigung, Gebäudemanagement

und so weiter) wurde eine spezielle Beratungsfirma beauftragt. Das Budget musste aufgeteilt werden; ein Schlüssel für die Ver-teilung ist die Raumnutzung. Die Bibliothek nimmt etwa 36 Prozent des Gebäudes in Anspruch. Dies alles kostete viel Zeit. Die größten Probleme stellten die Raumaufteilung und die Fi-nanzierung dar.

Epilog

Seit der Eröffnung im Mai 2014 besuchten mehr als zwei Mil-lionen Menschen die Bibliothek im Het Eemhuis. Eine Million pro Jahr. Das Feedback ist positiv, das Publikum begeistert. Seit die Bibliothek im Het Eemhuis eröffnet hat, ist sie in das Blick-feld vieler Organisationen geraten, die die Zusammenarbeit bei Projekten suchen. Das Gebäude ist das Aushängeschild und von großer Bedeutung für den Erfolg der Bibliothek.

SCHWERPUNKT RÄUME DER ZUKUNFT

Erno de Groot ist seit 1982 auf verschiedenen Positionen im Bibliothekswesen tätig. Von 1998 bis 2002 war er für die Öffentlichen Bibliotheken der Provinz Nord-Brabant zuständig. 2002 bis 2007 war er Direktor der Bibliothek Amersfoort. Seit 2008 leitet er das Bibliothekssystem Eemland und ist in dieser Position seit 2014 Direktor der Bibliothek in Het Eemhuis.

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Aarhus in Dänemark hat gezeigt, wie gut »Design Thinking« funktioniert. Dort hat man mit diesem Ansatz eine Biblio-thek entwickelt, die den Bedarf der Menschen trifft, weil sie gemeinsam mit den Menschen entwickelt wurde. In Würz-burg wird das partizipative Planungsinstrument nun beim Aufbau einer neuen Stadtteilbibliothek angewendet.

In Würzburg gibt es zurzeit eine Gelegenheit, wie sie die meis-ten Stadtplaner nur einmal im Leben bekommen: Neben der Uni am Hubland können sie einen ganz neuen Stadtteil schaf-fen. Seit den Fünfzigerjahren wurde das Areal vom US Militär als Airbase genutzt und war für die Würz-burger Bevölkerung gesperrt. Bereits vor dieser Zeit war auf dem Gelände ein Flug-feld für militärische Zwecke. Jetzt entsteht dort, am östlichen Rand Würzburgs, ein nagelneuer Stadtteil, der im Süden direkt an den Uni-Campus grenzt.

Auch für die Stadtbücherei Würzburg ist es eine Chance, von Anfang an mitzuge-stalten. Unser Ziel ist ein neuer Standort für die Stadtbücherei. Wir sind der Überzeu-gung, dass eine Bibliothek gerade für eine neu entstehende soziale Gemeinschaft we-sentliche Funktionen übernehmen kann. Wenn sich ein komplettes Quartier ganz neu bildet, sind Infrastrukturen notwen-dig, damit Menschen dort gerne leben. Die Bibliothek ist dabei der Garant, dass dies in einer überschaubaren Zeit gelingen kann.

Sie dient als Netzwerkzentrum für die unterschiedlichen Al-ters- und Interessengruppen, als Begegnungsort und Informa-tionsknotenpunkt. Die »Bücherei« ist ein Ort der Medien und der Medienkompetenz – analog und digital. Als Aufenthalts- und Veranstaltungsort unterstützt sie die Kommunikation im Stadtteil, wirkt dadurch identitätsstiftend und fördert die Ent-wicklung einer lebendigen Stadtteil-Gesellschaft.

Soweit die Vision, an der wir im Team der Stadtbücherei Würzburg schon seit einigen Jahren gedanklich basteln:

• 2010: Gelände »Am Hubland« geht in den Besitz der Stadt Würzburg über. Die Idee eines neuen Standorts der Stadt-

bücherei keimt auf. In Abstimmung mit den Stadtplanern wird der »Tower« als mög-licherweise geeignetes Gebäude identifi-ziert. Der »Tower« wurde in den 1920er-Jah-ren zur Überwachung des Flugbetriebes ge-baut; er ist eines der wenigen bestehenden Gebäude, die erhalten bleiben werden.

• 2011: Das Team der Stadtbücherei erarbeitet Funktionen und Angebote einer möglichen neuen Stadtteilbücherei und setzt diese in ein konkretes Raumprogramm für die Flächen im Erdgeschoss und Basement (je-weils circa 200 Quadratmeter) des Tower um.

• 2011 bis 2015: Diverse Aktivitä-ten der Stadtplaner zur »Konversion« des Geländes und Vorbereitung für die Nach-nutzung. Unter anderem fällt die Entschei-dung für die Durchführung der »Landes-gartenschau 2018«.

Ein Ort für

Foto: Stadtbücherei Würzburg

• Kreativität, • Mitgestaltung, • Inspiration

Julia Bergmann, Anja Flicker

Würzburg plant mithilfe der Methode »Design Thinking« eine neue Stadtteilbibliothek

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SCHWERPUNKT RÄUME DER ZUKUNFT

• Ende 2015/Anfang 2016: Architektenwettbewerb zur Erweiterung, Umnutzung und künftigem Erscheinungsbild des Tower1. Hier fließt ganz konkret das für eine mögliche Stadtteil-bibliothek entwickelte Raumprogramm mit ein. Die Nutzungs-möglichkeiten des Gebäudes sollen möglichst vielfältig und fle-xibel bleiben. Der Zuschlag geht an das Architekturbüro Florian Nagler Architekten, München.

• Juni 2016: Die Entscheidung für ein »Gründerzent-rum für Digitale Innovation« am Hubland fällt. Ein Teil des Zen-trums wird in das erste Obergeschoss des Tower einziehen.

Stark bestimmende Faktoren des Geländes sind seine be-sondere Historie sowie die Nähe zur Universität und dem Grün-derzentrum. Daraus erwächst auch die Idee, dass vielfältige Themen der Digitalisierung priorisiert werden. Parallel müs-sen eine Landesgartenschau geplant werden sowie eine neue vielfältige Wohnbebauung, die das Gesicht des Stadtteils, das Leben und Wohnen der Zukunft prägen wird.

Die projektierte Stadtteilbücherei wird eine Schnittmenge aus den klassischen Aufgaben einer Bücherei darstellen. Ihre Funktion beschreiben wir als die eines »öffentlichen Wohn-zimmers« für die Community mit Bühne und einem »Open Library«-Konzept. In Verbindung mit den »Digitalen Gründern« werden die digitalen Innovationen in der Bücherei eine Heimat finden. Das sind wichtige und langfristige Themen im neuen Stadtteil und große Herausforderungen.

Warum die Methode »Design Thinking«?

Wir haben erkannt, dass wir die Herausforderungen von heute nicht mit den Methoden von gestern lösen können. Das wurde uns besonders deutlich auf der »next library«-Konferenz in Aar-hus im September 2015. Bereits damals haben wir entschieden, die Konzeption des neuen Standorts nicht mehr ausschließlich im eigenen Team zu entwickeln, sondern einen zeitgemäßen Weg zu gehen. Gerade die Teilnahme am »INELI-Programm« der Bill & Melinda Gates Stiftung2 hat diese Erkenntnis gefördert. Die Ex-kursionen im Rahmen dieses internationalen Projekts und weitere Reisen ins Ausland haben den Austausch mit Kolleginnen und Kol-legen ermöglicht und uns viele neue Ideen und Konzepte gezeigt.

Die Kolleginnen aus Aarhus berichteten von der Methode »Design Thinking«, die sie zur Konzeptentwicklung für ihr neues Haus seit Jahren anwenden. Und auch uns ist schon lange klar, dass ein modernes Bibliothekskonzept, wie wir es praktizieren, die Menschen noch enger einbeziehen muss. Hier erscheint uns »Design Thinking« mit seiner konsequenten Aus-richtung auf die Kundenbedürfnisse und seinem stark experi-mentellen und interdisziplinären Handeln genau richtig. Des-wegen holen wir diese Methode jetzt nach Deutschland und nutzen sie für die weitere Planung des projektierten neuen Standorts der Stadtteilbücherei am Hubland.

Was ist »Design Thinking« und wie funktioniert es?

»Design Thinking« stammt aus der Wirtschaft. Es beschreibt eine methodische Herangehensweise an Innovationprozesse.

Work in Progress während des Workshops: visualisiertes Zwischenergebnis. Abbildung: Aat Vos

1 www.wuerzburg.de/de/aktuelles/411590.Hubland-Tower- bekommt-neues-Gesicht-Ausbau-und-Sanierung-bis-2018.html

2 INELI = International Network of Emerging Library Innovators (www.libraryinnovators2.com)

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SCHWERPUNKT RÄUME DER ZUKUNFT

In diesem Ansatz werden Probleme oder Herausforderungen aus der Sicht von Kunden formuliert und gelöst. Das Verfahren funktioniert branchenunabhängig.

Durch die Zusammenarbeit der Design Thinking Schule von IDEO (USA) mit der Chicago Public Library und dem DOKK1 in Aarhus ist ein Leitfaden für Design Thinking in Bibliotheken3 entstanden, den wir in unserem Projekt verwenden.

»Design Thinking« lebt unter anderem von interdisziplinä-ren Teams von vier bis sieben Personen. Sie bringen die ver-schiedenen Sichtweisen in den Innovations- und Lösungspro-zess ein. Der Ansatz gliedert sich in sechs Phasen:

• Die Phasen 1 bis 3 dienen der Formulierung der Her-ausforderung/des Themas sowie dem genauen Verständnis der Bedürfnisse der Zielgruppe. Dazu werden verschiedene Metho-den der Beobachtung (Ethnografische Methoden) und Befra-gungen sowie Kreativmethoden angewandt.

• Die Phasen 4 bis 6 beschäftigen sich mit der Lösung der Herausforderung/der Bearbeitung des Themas in mehreren Schleifen von Prototyping und Feedback. Auf Basis der analy-sierten Bedürfnisse baut das Projektteam in einem ersten Schritt Prototypen (zum Beispiel aus Pappe, Lego et cetera). Im zweiten Schritt werden diese Vertretern der Zielgruppe präsentiert. Nach deren kritischem Feedback folgen Änderungen am Prototyp und erneutes Feedback – so lange, bis ein stimmiges Ergebnis vorliegt.

Wir sind davon überzeugt, dass wir durch diese Analyse der Bedarfe und Bedürfnisse sowie das Vorstellen, Kritisieren

und Überarbeiten von Prototypen eine hohe Treffsicherheit unserer Angebote erreichen. Besser als es direkte Befra-gungen unserer Kunden nach ihren Wünschen ermöglichen könnten.

Was sind unsere Ziele?

Mit der Bibliotheksconsultant Julia Bergmann konnten wir eine Beraterin für die Stadtbücherei Würzburg gewinnen, die genau diese Methodenkompetenz »Design Thinking für Bibliotheken« mitbringt. Seit unserem ersten gemeinsamen Workshop zum Kennenlernen der Methode sind wir vom Potenzial des Ansat-zes überzeugt und sicher, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Die Methode ist zuerst einmal anders: Sie öffnet den Kopf und zeigt die Vielfalt der Möglichkeiten, ist dabei zielführend und effizient. Sie macht Spaß, schafft Gemeinschaft und Kunden- beziehungsweise Bürgerbindung durch Beteiligung. Zwar ist die Methode in Verwaltung und Bibliotheken im Wesentlichen (noch) unbekannt und vielleicht suspekt. In der Wirtschaft und in der Kreativbranche allerdings – und nicht zuletzt bei unse-ren Bibliothekskolleginnen und -kollegen im Ausland – bereits erprobt und etabliert.

Die erste Phase hat bereits begonnen: Erste Treffen mit den »Digitalen Gründern«, unseren »Nachbarn« im Tower, haben stattgefunden. Den Prozess steuert Julia Bergmann. Idealer-weise geht es so weiter:

Anfang 2017 werden wir die Planung und die »Design Thin-king«-Workshops intensivieren. Unser Ziel ist, bereits im Ap-ril 2018 zum Start der Landesgartenschau den Bürgern eine erste Version unserer Bücherei im Tower zu präsentieren, be-wusst als Betaversion und mit Raum für Entwicklungen und weitere Ideen. Um einen lebendigen Austausch zwischen dem Ort »Bücherei« und den Bürgern zu unterstützen, werden wir Workshops mit den Menschen vor Ort durchführen. Dann kön-nen wir unseren ersten Entwurf überprüfen, verbessern und ihn den Bedarfen der Menschen in diesem neuen Stadtteil anpassen.

Das Mindset des »Design Thinking« wird die Arbeit in der neuen Stadtteilbücherei auch über die Zeit der endgültigen Er-öffnung Anfang 2019 hinaus begleiten: Es soll uns unterstützen und unsere Flexibilität in der Gestaltung von Raum und Ser-vices sicherstellen. So wird ein innovativer, lebendiger Ort des Austausches von Informationen, Wissen und Ideen entstehen mit allen Vorzügen und Qualitäten einer modernen Bücherei.

Das Prinzip Design Thinking ist zudem eines der star-ken Bindeglieder der »Tower Community«, wie wir uns heute schon nennen: Denn auch für das Zentrum für Digitale Inno-vation ist Design Thinking fester methodischer Bestandteil der Gründerberatung.

Mit dabei: Aat Vos, Designer moderner Bibliotheken

Wir empfinden es als großes Glück, dass wir Aat Vos, Innen-architekt und Creative Guide aus den Niederlanden, für unser

Innenarchitekt und Creative Guide Aat Vos beim Workshop in Würzburg. Foto: Stadtbücherei Würzburg

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SCHWERPUNKT RÄUME DER ZUKUNFT

Projekt gewinnen konnten. Schon bei seinem letzten Projekt in Oslo in der »Biblo Toyen«4, einer reinen Kinder und Jugend-bibliothek (siehe hierzu den Beitrag auf Seite 494), hat er eng mit den Jugendlichen zusammengearbeitet, um die Räume ge-meinsam zu gestalten. Das Ergebnis zeigt einen Paradigmen-wechsel: eine Bibliothek, in der sich die Präsentation der Me-dien und die Services dem Wohlbefinden der Besucher unter-ordnen – nicht umgekehrt. Das gefällt anfangs nicht jedem… Wir sind uns allerdings sicher, dass Öffentliche Bibliotheken in Zukunft genauso sein sollen, so nah an den Menschen wie möglich.

Aat Vos’ Verständnis von Bibliothek und seine Offenheit für die kooperative Herangehensweise passen perfekt zu unserem »Design Thinking«-Ansatz.

Der erste Workshop mit Aat Vos hat, gemeinsam mit Kolle-gen des »Zentrums für Digitale Innovation«, im Juni 2016 statt-gefunden. Bereits bei diesem ersten Termin haben sich neue Perspektiven gezeigt, und wir haben überraschende Ergebnisse gefunden. All dies in Übereinstimmung, den Tower für die Men-schen im neuen Stadtteil zu ihrem zentralen Ort zu machen. Denn Aat Vos ließ uns zuerst über das »Warum« nachdenken, über die Motivation, die wir am Standort verfolgen, danach über das »Wie«. Das »Was« – also die konkreten Angebote und Services der Bücherei – entwickeln wir auf dieser Basis in der Fortsetzung des Prozesses.

Wir sind überzeugt, dass wir mit »Design Thinking«, unter-stützt von Julia Bergmann und Aat Vos, etwas Besonderes für die Menschen am Hubland schaffen können: einen Ort, der al-len Generationen und Gruppen im neuen Stadtteil die Chance bietet, sich wohlzufühlen und sich Begegnungspunkte zu schaf-fen. Einen Ort, an dem wir Menschen unterstützen möchten, den Wandel der Gesellschaft und die Herausforderungen der Digitalisierung für sich persönlich zu gestalten und an ihre individuellen Möglichkeiten anzupassen. Einen Ort, der aus-drücklich der Kreativität, dem Mitgestalten und der Inspiration Raum gibt.

Julia Bergmann ist seit 2003 als Trainerin, Vortra-gende und Bera-terin im Bereich Bibliotheken und B i l d u n g s e i n -richtungen national und international tätig. Sie ist Grün-dungsmitglied des Vereins Zukunftswerkstatt Kultur- und Wissensvermittlung e.V. und Mitglied des EU Think Tanks Library Avengers.

Anja Flicker (Foto: Laura Markert) ist Diplom-Biblio-thekarin (FHBD Köln, 1992). Ab 1993 arbeitete sie in der Münchner Stadtbibliothek. Von 1998 bis 2001 war sie die stellvertretende Leiterin der Stadtteilbibliothek Mün-chen-Bogenhausen. 2002 verließ sie den öffentlichen Dienst, um sich in der freien Wirtschaft mit dem Thema »Wissensmanagement« zu beschäftigen: Sie wurde zu-nächst Referentin für Wissensmanagement bei der LHI Leasing GmbH in München. Auch für Flickers Arbeit er-hielt die Firma die Auszeichnung »Wissensmanager des Jahres«. 2005 konnte sie den Bereich »Wissenslogistik« der reinisch AG in Karlsruhe übernehmen. Als Leiterin der Stadtbücherei Würzburg bringt Anja Flicker seit Januar 2010 ihre Erfahrungen aus der Wirtschaft, vor allem Me-thoden und Prinzipien des Wissensmanagements und die »Wissensbilanz«, sowie ihre Erkenntnisse und Erfahrun-gen aus nationalen und internationalen Netzwerken in die Bibliotheksarbeit ein.

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3 designthinkingforlibraries.com / Die deutschsprachige Version des Leitfadens wird momentan von Julia Bergmann erarbeitet.

4 www.youtube.com/watch?v=qsB-V1VX7LI

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Tobias Seidl, Cornelia Vonhof

Neue Wege der Bürgerbeteiligung in Bibliotheken Erarbeitung der Stakeholder-Bedürfnisse mit der Methode LEGO Serious Play / Ein Praxisprojekt in der Stadtbibliothek Tübingen

Alle paar Jahre ein Kreuzchen bei Wahlen zu machen, ist 81 Prozent der Deutschen zu wenig, so hat es 2011 TNS Emnid im Auftrag der Bertelsmann Stiftung in einer repräsenta-tiven Befragung ermittelt. 60 Prozent der Befragten sind demnach bereit, sich über den Gang zur Wahlurne hinaus in Form von Bürgerbegehren, Diskussionsforen oder Anhö-rungen aktiv in Entscheidungen einzubringen.1

Diese Bereitschaft, sich in Entscheidungsprozesse einzubrin-gen, drückt sich häufig in der Forderung nach einem Ausbau direktdemokratischer Elemente, vor allem aber auch in der For-derung nach konkreter Beteiligung in den unterschiedlichsten Projekten aus. Engagierte Bürger wollen mitreden. Sie »pochen darauf, ihre Ideen und Meinungen zu einem Vorhaben einbrin-gen zu können und über alle Aspekte eines Entscheidungspro-zesses informiert zu werden«.2 Dies gilt vor allem für Angele-genheiten, die sie in ihrem unmittel-baren Lebensumfeld betreffen.

Es sind aber keineswegs immer nur die Bürger, die »auf Beteiligung pochen«. Zunehmend geht die Initi-ative auch von Gemeinderäten und Kommunalverwaltungen aus, die Be-teiligungsprozesse bewusst ansto-ßen, sie moderieren und sich letztlich mit den Ergebnissen auseinanderset-zen. Viele politische Entscheidungs-träger sehen durch die Zusammenar-beit mit der Bürgerschaft die Chance, konkrete Einblicke in die Bedürfnisse und Meinungen der Einwohner zu er-halten und durch das Wissen der Men-schen vor Ort etwaige Probleme früh-zeitig zu erkennen und zu vermeiden.3 Die Intensität, mit der Bürgerbeteili-gung als Option kommunalen Han-delns verfolgt wird, hängt nicht zu-letzt von politischen Konstellationen

und Traditionen ab. So sind zum Beispiel in Baden-Württem-berg bereits seit 1956 direktdemokratische Elemente in den Gemeindeordnungen verankert. Zudem befördert die aktuelle parteipolitische Konstellation auf Landesebene einen Ausbau von Elementen der Bürgerbeteiligung auf Landesebene, aber auch im kommunalen Bereich.4

Das Beispiel Tübingen

In der Universitätsstadt Tübingen (Baden-Württemberg) geht Bürgerbeteiligung bereits seit vielen Jahren weit über die ge-setzlich vorgeschriebenen Verfahren hinaus. Seit Ende der 1990er-Jahre werden Bürgerinnen und Bürger konsequent an der politischen Entscheidungsfindung beteiligt. So hat die Stadt Tübingen eine Beauftragte für Bürgerengagement ins-

talliert, die als »zentrale Koordinie-rungs- und Anlaufstelle in der Stadt-verwaltung für Bürgerinnen und Bür-ger, Vereine, Gruppen, Initiativen und Verbände [fungiert]. […] Sie ist Schnittstelle zwischen Bürgerschaft, Verwaltung und Politik.«5

Und die Bibliothek?

Vor diesem Hintergrund war es offen-sichtlich, dass die Stadtbücherei nicht beiseite stehen konnte. Die Entwick-lung einer Bibliothekskonzeption sollte daher nicht nur als interner Strategie-entwicklungsprozess angelegt, sondern bewusst als Anlass genutzt werden, um eigene Akzente in die Beteiligungsland-schaft der Stadt einzuspielen.

So war es das Ziel der Stadt-bücherei, mit Kunden wie auch mit

Die Bibliothekarin als Lego-Minifigur. Foto: Hochschule der Medien Stuttgart (2016)

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Nicht-Kunden über die inhaltliche Ausrichtung und die Ziel-setzung der Stadtbücherei ins Gespräch zu kommen. Ver-knüpft damit war die Absicht, sich als kommunale Einrich-tung offensiv und aktiv einzubinden in die Beteiligungskultur und damit zugleich die anstehende Diskussion um eine Sanie-rung, Erweiterung oder auch einen Neubau der Stadtbüche-rei zu befördern.

Das Team der Stadtbücherei plante ein Programm mit ver-schiedenen Bausteinen, um die Bürgerbeteiligung zu realisie-ren: So sollte als Auftakt ein »Langer Samstag« zum Thema »Ihre Ideen für die Stadtbibliothek von morgen!« stattfinden, der durch verschiedene Formate Beteiligungs- und Kommuni-kationsgelegenheiten initiierte, drei Fokusgruppengespräche sollten den intensiven und vertieften Austausch mit wichtigen Zielgruppen ermöglichen und mit einer Reihe von Podiumsge-sprächen6 wollte man das Thema »Bibliothek der Zukunft« in die Stadtgesellschaft tragen.

Unterstützung durch die Hochschule der Medien in Stuttgart

Vor diesem Hintergrund wurde eine Seminargruppe7 des Stu-diengangs Bibliotheks- und Informationsmanagement an der Hochschule der Medien Stuttgart, unter der Leitung von Prof. Cornelia Vonhof, beauftragt, den »Langen Samstag« zu konzi-pieren und durchzuführen, die Fokusgruppengespräche zu be-gleiten und zu dokumentieren sowie weitere Ideen und For-mate zu entwickeln, um über einzelne Events hinaus, Bürger-beteiligung dauerhaft in der Bibliotheksarbeit zu verankern.

Wie lässt sich Bürgerbeteiligung erfolgreich und zielgerichtet gestalten?

Bürgerbeteiligung ist ein unscharfer Begriff und umfasst alle Formen der Partizipation an politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen. Diese reichen von Wahlen über for-melle, rechtlich verankerte Formen der Beteiligung wie Bür-gerbegehren oder Bürgerentscheide bis hin zu informellen, ju-ristisch nicht geregelten Verfahren. Auf diese letzte Form der informellen Bürgerbeteiligung konzentrierten sich die Überle-gungen für die Stadtbücherei Tübingen. Formen der informel-len Bürgerbeteiligung werden regelmäßig nach der Intensität der Beteiligung, der sich daraus ergebenden Rolle der Bürge-rinnen und Bürger sowie des Nutzens unterschieden. Die Pro-jektgruppe hat sich entschieden, sich am Modell der Interna-tional Association for Public Participation8 zu orientieren, das fünf Stufen der Beteiligungsintensität unterscheidet.

Es liegen eine Reihe von Methodensammlungen10 vor, die dabei helfen, je nach Zielsetzung geeignete Formate für die un-terschiedlichen Stufen der Beteiligungsintensität auszuwählen. Im Projekt mit der Stadtbücherei Tübingen wurden von den Studierenden bewährte Methoden eingesetzt und für die Stadt-bücherei adaptiert. So wurden den Besucherinnen und Besu-chern der Stadtbücherei zum Beispiel mögliche Angebote und Dienstleistungen der Stadtbücherei visuell präsentiert mit der Bitte, deren Wichtigkeit durch ein Ranking festzulegen. Ebenso wurden die Besucherinnen gebeten, über vier von der Stadt-bücherei Tübingen festgelegte mögliche Handlungsfelder einer Bibliothek abzustimmen:

Abbildung 1: Stufen der Beteiligungsintensität9

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»Wichtige Erkenntnisse und eine wunder-bare Motivation für die weitere Arbeit« Die Tübinger Bibliotheksleiterin Martina Schuler zur Bürgerbeteiligung mit LEGO Serious Play

Im folgenden Gespräch mit den beiden Autoren äußert sich die Tübinger Bibliotheksleiterin, Martina Schuler, zum Projekt Bürgerbeteiligung:

Was hat Sie veranlasst, das Thema Bürgerbeteiligung für die Stadtbücherei Tübingen aufzugreifen?

Martina Schuler: In der Stadtbücherei Tübingen stehen grundlegende bauliche Entscheidungen über die Zukunft der Hauptstelle an. 30 Jahre nach der Eröffnung sind die Räume nicht nur sanierungsbedürftig, sondern inzwischen auch viel zu klein. Mit einer Bibliothekskonzeption wollen wir die inhaltliche Schwerpunktsetzung unter den gegebe-nen Rahmenbedingungen der nächsten Jahre klären und Perspektiven für eine sanierte und erweiterte zukünftige Stadtbibliothek aufzeigen.

Neben der methodischen Begleitung der Konzepterstel-lung durch eine Schreibgruppe und der inhaltlichen Diskus-sionen im Bibliotheksteam war für uns die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger von Beginn an ein wichtiges Ele-ment der Konzeptentwicklung. Zum einen, weil der Erfolg der Tübinger Stadtbücherei auf die große Verbundenheit der Nutzerinnen und Nutzer mit »ihrer« Bibliothek beruht. Zum anderen aber auch, weil wir den Einstieg in die Bürgerbetei-ligung zu einem so frühen Zeitpunkt auch für eine gute Mög-lichkeit halten, um erste Erfahrungen für einen späteren Pla-nungs- und Bauprozess zu sammeln.

Im Rahmen des Projektes wurden ganz verschiedene Me-thoden der Bürgerbeteiligung eingesetzt und Sie haben auch Lego Serious Play kennengelernt. Was war denn Ihr persönlicher Eindruck?

Wir führen in der Stadtbücherei Tübingen alle zwei Jahre eine Besucherbefragung durch und wissen so ganz gut da-rüber Bescheid, was unsere Nutzerinnen und Nutzer über unser konkretes Angebot denken und wo sie sich Verbesse-rungen wünschen. Allerdings ist diese Befragung stark an den vorhanden Angeboten ausgerichtet. Für die Bibliotheks-konzeption war es uns wichtig, in einen Dialog über die zu-künftige Ausrichtung zu treten. Mit dem von den Studieren-den gestalteten Aktionstag konnten wir viele Personen an-sprechen. Trotz der kreativen Methoden orientierten sich die Aussagen und Statements allerdings sehr am bekannten und klassischen Bibliotheksbild.

Mit dem LEGO Serious Play-Workshop haben wir alleine über die Methode sehr viel Aufmerksamkeit, aber durchaus

auch Kritik erregt. Einigen Interessenten erschien diese Art der Bürgerbeteiligung zu wenig sachorientiert. Das hat sich in der Durchführung absolut nicht bestätigt. Eine sehr inho-mogene Teilnehmergruppe, die unterschiedlichen Bezug zur Stadtbibliothek hatte und sich untereinander vorher nicht kannte, erarbeitete in einem intensiven Austausch ein weit-gehend einstimmiges, innovatives Bild für eine zukünftige Stadtbücherei. Für unsere Bibliothekskonzeption konnten wir daraus wichtige Erkenntnisse ziehen – und nebenbei war es eine wunderbare Motivation für die weitere Arbeit.

Wie sieht Ihr geplantes weiteres Umgehen mit den Er-gebnissen aus?

Die Anregungen aus dem bisherigen Bürgerbeteiligungs-prozess sind in die Bibliothekskonzeption eingeflossen. Sie haben die Gewichtung der Zielsetzungen und Maßnahmen deutlich verschoben. Nach der politischen Beschlussfas-sung der Bibliothekskonzeption möchten wir erste Maßnah-men kurzfristig umsetzen. Unter anderem werden wir einen Gruppenraum einrichten und ruhige und kommunikative Zonen in der Bibliothek deutlicher definieren. Weitere Be-teiligungsformate werden wir in Zukunft mutiger und häu-figer anwenden – erst recht wenn die Sanierung und Erwei-terung näher rückt.

Martina Schuler leitet seit 2011 die Stadtbücherei Tübingen. Nach ihrem Abschluss als Diplom-Bibliothekarin 1994 war sie nach ersten beruflichen Stationen in Stuttgart und Aurich von 1996 bis 2011 in der Stadtbücherei Waiblingen als Lektorin, IT-Koordinatorin und zuletzt als stellvertretende Bibliothekslei-tung tätig. Foto: Reiner Pfisterer

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• Anbieter von aktuellen Medien für Bildung, Informa-tion und Freizeit

• Nicht-kommerzieller Aufenthalts- und Begegnungsort zum konzentrierten Lesen und Lernen, zum gemeinsamen Ar-beiten und um die Freizeit zu verbringen

• Bildungsort und Vermittlerin von Lese-, Medien- und Informationskompetenz

• Ort der Kultur mit einem vielfältigen Veranstal- tungsangebot

Das »Voting« erfolgte für die Teilnehmenden sehr nieder-schwellig, indem die Bedeutung der visualisierten Handlungs-felder aus Sicht der Tübinger mit Haselnüssen in Glasgefäßen markiert wurde. Die Aktion »Wünsch Dir was« eröffnete die Möglichkeit, im Gespräch oder auf Wunschkarten Ideen und Meinungen zur Bibliothek der Zukunft einzubringen.

LEGO Serious Play – eine innovative Methode der Bürgerbeteiligung

Bewusst wurde aber auch über ganz neue, innovative Metho-den der Bürgerbeteiligung nachgedacht. Aufgrund des Pla-nungsstandes bei der Stadtbibliothek Tübingen standen ins-besondere Methoden für die Beteiligungsstufe »Konsultation« (vgl. Abbildung 1) im Fokus des Interesses. Bei konsultativen Verfahren werden die Anregungen und Vorschläge der Bürge-rinnen und Bürger erhoben. Ziel ist es, sowohl Problemstellun-gen als auch neue Lösungswege, Alternativen und Folgewir-kungen zu identifizieren.11 Dies gelingt am besten, wenn:

• die Teilnehmenden sich aktiv in den Prozess einbrin-gen und hohes persönliches Engagement zeigen

• das träge, unbewusste Wissen und persönliche Erfah-rungen der Teilnehmenden für den Arbeitsprozess nutzbar ge-macht werden können

• die Teilnehmenden aus festen (Denk-)Bahnen ausbre-chen und (einzeln und in der Gruppe) neue Ideen generieren

• die eingesetzte Methode eine gleichberechtigte Betei-ligung aller Teilnehmenden am Arbeitsprozess (zum Beispiel ähnliche Redeanteile und die Möglichkeit für alle, Beiträge zu äußern) ermöglicht

• die Methode Bürger motiviert, sich am Verfahren zu beteiligen

Ausgehend von diesen Überlegungen wurde, in Ergänzung zu den Aktionen der Studierenden, von Tobias Seidl und Cor-nelia Vonhof, beide Lehrende12 der Fakultät Information und Kommunikation an der HdM Stuttgart, die Methode LEGO Serious Play (LSP) für den Einsatz im Projekt mit der Stadtbib-liothek Tübingen ausgewählt. Aus Sicht der Autoren ist sie op-timal geeignet, die genannten Bedingungen für ein Gelingen des Projekts zu schaffen.

LSP ist eine Moderationsmethode, die die Vorzüge des Spiels und des Modellierens mit Legosteinen in einem ziel-orientieren Prozess verbindet. Die Methode wurde ursprüng-lich in Kooperation zwischen dem dänischen Spielzeugherstel-ler LEGO und dem Schweizer International Institute for Ma-nagement Development Lausanne entwickelt. Sie verbindet

aktuelle Erkenntnisse der Managementwissenschaften mit Theorien der Lern- und Entwicklungspsychologie. Seit der Ein-führung 1996 hat sie mehrere Weiterentwicklungen durchlau-fen und findet heute sowohl im Bereich Organisations- und Per-sonalentwicklung als auch im Bildungsbereich Anwendung.13 Im Rahmen von Bürgerbeteiligungsverfahren wurde LSP, nach Kenntnisstand der Autoren, bis zum hier beschriebenen Projekt noch nie eingesetzt.

Wie funktioniert LEGO Serious Play?

Grundlage von LSP ist ein strukturierter Arbeitsprozess, der in zwei Phasen gegliedert ist: Zunächst dem »Skill building« und anschließend der inhaltlichen Arbeit. Das »Skill building« dient dazu, die Teilnehmenden arbeitsfähig zu machen, das heißt sie mit dem LEGO-Arbeitsmaterial (zum Beispiel wie man verschiedene LEGO-Teile verbinden kann), dem Denken und (Modell-)Bauen mit Metaphern sowie mit dem für die inhalt-liche Arbeit notwendigen Storytelling-Prozess vertraut zu ma-chen. Dafür werden unter Anleitung verschiedene, aufeinander aufbauende Übungen durchgeführt, in denen die Anforderun-gen an die Teilnehmenden in den unterschiedlichen Bereichen langsam gesteigert werden.

Das Vorgehen in der inhaltlich orientierten Arbeitsphase folgt immer den vier gleichen Schritten14:

1. Bauauftrag: Zunächst wird den Teilnehmenden eine Frage gestellt, die den Bauauftrag enthält.

2. Bauen: Die Antwort auf die Frage wird durch das Bauen eines LEGO-Modells gegeben. Dabei bestehen die Mo-delle zu einem großen Teil aus Metaphern. Dies ermöglicht es, mit einer begrenzten Zahl, Form und Farbe an Bauteilen nahezu unbegrenzt Informationen, Zusammenhänge und Ge-danken auszudrücken. Neben dem Mitteilen der eigenen Pers-pektive werden durch das haptische »Erschaffen« der Antwort Denkprozesse angeregt und dokumentiert sowie neue Einsich-ten gewonnen.

3. Teilen: Da das Modell nicht selbsterklärend ist, wird es im nächsten Schritt von der Person, die es gebaut hat, der Gruppe erläutert. Die Teilnehmenden werden angeregt die »Geschichte ihres Modells« zu erzählen. Dabei findet zumeist

Voting-Station beim »Langen Samstag«. Foto: Hochschule der Medien Stuttgart (2016)

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nicht nur eine Präsentation des Modells für die anderen Teil-nehmenden, sondern auch eine vertiefte Auseinandersetzung des Erbauenden mit dem Modell statt. Letzteres führt in der Praxis dazu, dass auch der Erzählende selbst durch den Prozess des Erzählens neue Einsichten gewinnt.

4. Reflektieren: Alle Teilnehmenden beteiligen sich durch Nachfragen zum Modell beziehungsweise der erzählten Geschichte am Prozess. Dadurch können bislang vernachläs-sigte Bedeutungen herausgearbeitet und ein geteiltes Verständ-nis der Perspektive der Person, die das Modell erschaffen hat, erreicht werden.

Ablauf und Ergebnisse des Workshops in Tübingen

Ziel der inhaltlich orientierten Arbeitsphase des LEGO Serious Play-Workshops war es, mit den anwesenden Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch zu kommen und ihre Gedan-ken und Überlegungen zu einer zukünftigen Biblio-thekskonzeption zu erfas-sen. Folgerichtig lautete der Auftrag, eine Antwort auf die Frage »Welche Er-wartungen oder Wünsche habe ich an meine Traum-bibliothek« zu bauen. Dies taten die Anwesenden im ersten Schritt in Einzel-arbeit. Dabei konnten sie auf eine üppige Auswahl an Lego-Materialien zu-greifen, die ihnen wie auf einem Buffet präsentiert worden waren. Nach einer intensiven, individuellen Bauzeit von circa 30 Minu-ten folgte die Vorstellung der entstandenen Modelle im Plenum.

Durch die metaphernreichen Modelle und den Austausch zwischen den Teilnehmenden wurden unterschiedliche Er-wartungen und Anforderungen an eine Tübinger »Traumbib-liothek« herausgearbeitet, unter anderem:

• Die Angebote der Bibliothek sollen anregen und Un-erwartetes entdecken lassen.

• Die Bibliothek soll ein Ort der Ruhe, Entspannung und zugleich der Anregung und Begegnung sein.

• Sie soll Transparenz und Offenheit ausstrahlen und ein Statement des Bürgertums in der Stadt sein.

• Bücher spielen eine sehr wichtige Rolle, aber auch an-dere Medien sollen zugänglich sein.

• Räume ohne festgelegte Funktion sollen als Freiräume für Aktivitäten der Besucherinnen und Besucher zur Verfügung stehen.

• Gastronomie spielt eine wichtige Rolle.

Aus Sicht der Autoren hat sich LEGO Serious Play als Methode zur Bürgerbeteiligung in diesem Pilotprojekt als sehr geeignet erwiesen:

• Die Beobachtung und Rückmeldungen der Teilneh-menden lassen auf eine hohe Beteiligung und hohes individu-elles Engagement schließen: So äußerte eine Teilnehmerin: »Die Erfahrungen im Gruppenprozess mit der Moderation und auch meine eigenen Erfahrungen sind für mich eine wertvolle Grundlage für die Weiterarbeit mit der Methode!« oder »Und nicht zuletzt haben die Diskussionen gezeigt, dass alle Beteilig-ten wirklich mit ›Herzblut‹ involviert waren.«

• Die Methode stellte eine gleichberechtigte und aktive Beteiligung aller Teilnehmenden am Arbeitsprozess sicher. Dabei konnten die unterschiedlichsten biografischen Hinter-gründe und Altersgruppen integriert werden (die Altersspanne betrug 28 bis 69 Jahre).

• Die Methode ermöglichte es, unbewusste Ideen und Erwartungen bewusst zu machen und in den Ar-beitsprozess einzubringen (Beispiel hierfür ist etwa die Erwartung, dass die Bi-bliothek als Artikulation des bürgerlichen Selbstver-ständnisses – als Gegenpol zur Tübinger Universität – verstanden werden sollte).

• Die Methode motivierte Teilnehmende sich überhaupt am Kon-sultationsprozess zu beteiligen.

• Die LSP zeichnet sich damit gegenüber vie-len anderen Methoden, die üblicherweise in Bürgerbe-teiligungsprozessen einge-setzt werden, aus, weil sie

- auf eine inhalt-lich-thematische Steuerung durch die Moderatoren völlig ver-zichtet und damit eine große Offenheit für alle Themen bietet, die für die Teilnehmenden aus ihrer jeweils individuellen Sicht wichtig sind,

- neben der kognitiven Ebene auch die emotionale Ebene anspricht

- und in sehr kurzer Zeit zu greifbaren Ergebnisse führt.

Wie geht es mit dem Thema weiter?

Die Autoren setzen seit zwei Jahren LEGO Serious Play sowohl in der Hochschullehre15, zum Beispiel zur Reflexion von Lern-prozessen oder zur Anreicherung von Planspielen als auch im Rahmen von Personal- und Organisationsentwicklungsmaß-nahmen innerhalb und außerhalb der Hochschule ein (zum Beispiel bei der Entwicklung von Studiengangskonzepten oder

Lego-Modell einer Traumbibliothek. Foto: Hochschule der Medien Stuttgart (2016)

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Teamcoachings). Dabei reichen die Partner von Kindergärten bis zum Bankensektor. Erste eigene Forschungen zeigen, dass der Erfolg der Methode weder von Alter und Geschlecht noch von der individuellen »Spielerfahrung« mit LEGO abhängig ist.

Neu für die beiden Autoren war der Einsatz in einem Bür-gerbeteiligungsprozess. Die geschilderten Erfahrungen und die Reaktionen der Teilnehmenden am Tübinger Workshop machen jedoch Mut, diese Methode auch in anderen Bibliotheken einzu-setzen. Das Einsatzfeld ließe sich dabei natürlich auch in Biblio-theken auf Prozesse der Organisationsentwicklung ausdehnen. Denkbare Themen, die sich mit LSP bearbeiten lassen, sind Stra-tegieentwicklungsprozesse, Projektplanungen oder die Analyse und Bearbeitung von Kommunikationsmustern in einem Team. Im Rahmen des BibCamp 2016 in Stuttgart wurde der Arbeits-ansatz bereits der Bibliothekscommunity vorgestellt und traf auf großes Interesse. Die Rahmenbedingungen für den Einsatz sind klar zu benennen und leicht zu erfüllen: Raum, Tische, LE-GO-Steine, experimentierfreudige Teilnehmende und ein/eine in der Methode geschulte ModeratorIn. Bibliotheken und Biblio-thekarinnen sind zwar als Institutionen und Personen durchaus schon seit längerem LEGO-Objekte16, es wird jedoch aus Sicht der Autoren Zeit, dass Bibliotheken ihrerseits LEGO zielgerich-tet nutzen, um die eigene Entwicklung voranzutreiben.

1 Bertelsmann Stiftung: Pressemitteilung, 20. März 2011 – www.bertelsmann-stiftung.de/de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/pid/umfrage-buerger-wollen-sich-an-politik-be teiligen/ (21.7.2016)

2 Patrizia Nanz, Miriam Fritsche: Handbuch Bürgerbeteiligung. Ver-fahren und Akteure, Chancen und Grenzen. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, 2012, S. 10

3 Vgl. Nanz, Fritsche (wie Anm. 2), S.10

4 Eine Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik untersucht vergleichend die Entwicklung aktueller Formen der Bürgerbetei-ligung in deutschen Kommunen. Detlef Landua, Stephanie Bock, Bettina Reimann, Klaus J. Beckmann: Auf dem Weg, nicht am Ziel: Aktuelle Formen der Bürgerbeteiligung, Ergebnisse einer Kommu-nalbefragung. Berlin, Difu, 2013

5 Universitätsstadt Tübingen: Bürgerengagement – www.tuebingen.de/buergerengagement#1083 (21.7.2016); Uni-versitätsstadt Tübingen: Tübingen gemeinsam gestalten. Tübinger Grundsätze der Bürgerbeteiligung – www.tuebingen.de/Dateien/grundsaetze_buergerbeteiligung.pdf (21.7.2016)

6 Videomitschnitte der Podiumsgespräche sind hier zu finden: www.tuebingen.de/stadtbuecherei/16325.html (21.7.2016)

7 Die Studierendengruppe bestand aus: Nicola Dewosch, Sonja Fakler, Sanda Keller, Sina Salzmann, Hannes Schlenk, Anna Szazko, Michelle Voland, Elodie Wenger

8 International Association for Public Participation: P2 Practitioner Tools – www.iap2.org/?page=A5 (21.7.2016)

9 Eigene Darstellung in Anlehnung an: International Association for Public Participation (wie Anm. 8) – www.iap2.org/?page=A5

(21.7.2016)

10 Zum Beispiel: Bertelsmann Stiftung (Hrsg.): Politik beleben, Bürger beteiligen: Charakteristika neuer Beteiligungsmodelle. 2. Aufl. Gütersloh: Bertelsmann, 2012; Nanz, Fritsche (wie Anm. 2)

11 Vgl. Führungsakademie Baden-Württemberg (Hrsg): Leitfaden Bürgerbeteiligung, Karlsruhe: Eigenverlag, 2012, S. 33

12 Die Durchführung des Workshops in der Stadtbücherei Tübingen lag in der Hand von Tobias Seidl, Professor für Schlüssel- und Selbstkompetenzen an der Fakultät Information und Kommu-nikation der HdM, und Cornelia Vonhof, Professorin für Public Management im Studiengang Bibliotheks- und Informationsma-nagement an der HdM.

13 Vgl. etwa LEGO Serious Play in Lehre Forschung und Organisati-onsentwicklung (www.LEGOinHE.de)

14 Vgl. Per Kristiansen, Robert Rasmussen: Building a Better Busi-ness Using the Lego Serious Play Method. Hoboken (NJ): Wiley, 2014

15 So wurden zum Beispiel auch die Studierenden der Seminar-gruppe in einem internen Workshop mit der Methode bekannt und vertraut gemacht. Für weitere Beispiele vgl. www.LEGOinHE.de/anwendungsmoeglichkeiten (21.7.2016)

16 Die Bibliothekarin als Lego-Minifigur (www.lego.com/de-de/ minifigures/characters/librarian-d353defa36864646882c cad3185c4d24); Der Vorschlag einer Bibliothek als Lego-Bausatz konnte zwar 10 000 Supporter gewinnen (https://ideas.lego.com/projects/64145 – 21.7.2016), sich aber dennoch bei den Lego-Entscheidern nicht durchsetzen (https://ideas.lego.com/projects/64145/official_comments – 21.7.2016).

Dr. Tobias Seidl (Foto: privat) ist Professor für Schlüssel- und Selbst-kompetenzen Studie-render an der Hoch-schule der Medien Stuttgart. Er ist ausgebildeter LEGO Serious Play-Mode-rator und systemischer Coach. Zu seinen Lehr- und For-schungsschwerpunkten gehören Kreativität und Innova-tion, zwischenmenschliche Kommunikation und Hoch-schuldidaktik. – Kontakt: [email protected]

Cornelia Vonhof (Foto: privat) ist Professorin für Public Management an der Hochschule der Medien Stuttgart. Ihr Arbeitsschwerpunkt liegt auf Managementinstrumenten in Bibliotheken und Informationseinrichtungen, insbesondere Qualitätsma-nagement, Organisationsentwicklung, Prozessmanage-ment und strategische Steuerung. Sie ist derzeit Prodeka-nin der Fakultät Information und Kommunikation. – Kon-takt: [email protected]

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Videoausschnitte aus den Tübinger Podiumsge-sprächen für eine »Bibliothek der Zukunft« fin-den Sie auch in der neuen BuB-App.

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Nils Beese

Beyond »Greenwashing« Strategien der neuen Nachhaltigkeit für Bibliotheksbauten

Nachhaltigkeit im Bibliothekskontext sollte konsequent ganzheitlich gedacht werden: als gesellschaftlich-kultu-reller Auftrag, der das soziale Miteinander, die Wissens-symbiose und das Demokratieverständnis unterstützt, und gleichzeitig als kontinuierlicher Katalysator der Verände-rung im Bibliothekswesen. Was das genau bedeutet, erklärt Nils Beese im folgenden Beitrag.

Die Problematik des Begriffs »Nachhaltigkeit«

Nachhaltigkeit ist ein Begriff, der seit Jahren jedwede Sparte des öffentlichen Lebens berührt. War Nachhaltigkeit zuerst vor allem »ein wirtschaftliches Prinzip«1, das primär der Existenz-sicherung diente, breitete es sich seit Anfang der 1970er-Jahre auch in anderen Diskursen aus. Einhergehend mit einer stei-genden Akzeptanz des Wortes lassen sich jedoch auch der in-flationäre Gebrauch und somit auch eine Begriffsdefinitions-unschärfe feststellen. Nachhaltigkeit scheint en vogue zu sein, ein Modebegriff, der zu einem sinnentleerten »buzzword« im Dienste eines kulturpolitisch- und ökonomisch-opportunem »Greenwashing« verkommen ist.

Diese Entwicklung und das Bewusstsein bezüglich der Pro-blematik des Begriffs lassen sich auf ähnliche Weise im Biblio-thekswesen nachverfolgen. Bei einer Lektüre kürzlich veröffent-lichter Publikationen sind zwei Aspekte offensichtlich: Obwohl a) die meisten Äußerungen zu diesem Thema sich hauptsäch-lich verkürzt auf ökologisch-bauliche Aspekte beschränken2 und auf Best-Practice-Beispiele konzentrieren, deren universale An-wendbarkeit infrage zu stellen sei3, ist der Bibliotheksdiskurs b) seit Kurzem darauf bedacht, die Nachhaltigkeitsdebatte selbst richtungsweisend mit Inhalt zu füllen. Dies scheint mit Hin-blick auf Tendenzen des allgemeinen »Greenwashing« notwen-dig, birgt aber gleichzeitig auch die Gefahr, bestimmte Gesichts-punkte entweder auszublenden oder zu stark zu betonen.

Zwei neue Beispiele der Nachhaltigkeitsdebatte im Bibliothekswesen

Zwei Beispiele neuen Datums, die hier kurz beschrieben wer-den sollen, stehen exemplarisch für diese Problematik. Im ers-ten Beispiel geht es um Bemühungen um ein grünes Zertifikat an deutschen Bibliotheken, im zweiten um eine Lokalisierung der jüngsten Nachhaltigkeitsausrichtung des bibliothekari-schen Weltverbands IFLA.

Seit einiger Zeit gibt es Bestrebungen, ein grünes Zertifi-kat für Bibliotheken zu etablieren.4 So skizziert Melanie Padilla Segarra in ihrer Masterabeit »›Let’s go green‹: Entwicklung ei-nes Zertifikats für ›Grüne Bibliotheken‹ am Praxisbeispiel der Stadtbibliothek Stuttgart« die Parameter einer bibliotheksspe-zifischen grünen Zertifizierung.5 Zwar zielt ihre Kriterienliste auf mannigfaltige Aspekte wie Bau, Wasser, Transport, Abläufe, Angebote und Management ab6, doch scheinen insbesondere Marketingaspekte im Zentrum der Überlegung zu stehen: Bi-bliotheken, so Padilla Segarra, sollen »ihr Umweltengagement als Marketinginstrument nutzen«7 und könnten, nach erfolg-reicher Zertifizierung, »einen größeren Marketingeffekt ihres nachhaltigen Managements erwarten«8.

Padilla Segarras Bemühungen um ein Zertifikat, dessen Ausrichtung auf »ökologische Nachhaltigkeit als Wow-Fak-tor«9 angelegt ist, lassen Rückschlüsse auf den Status Quo der Nachhaltigkeitsdebatte im Bibliotheksdiskurs zu: So lange die Vermarktung eines nachhaltigen Engagements, das heißt die Instrumentalisierung von Nachhaltigkeit für die Außenwirkung, das zentrale Argument für Bibliotheken ist, scheint gelebte Nachhaltigkeit keine Realität im Biblio-theksdiskurs zu sein.

Die Ausrichtung der IFLA ist nicht geprägt von Marketin-gideen, jedoch zeigt auch diese einen verkürzten Nachhaltig-keitsansatz: den der Angleichung an die Nachhaltigkeitsper-spektiven der UN. Die Ziele nachhaltiger Entwicklung der Ver-einten Nationen10 sprechen lediglich von »the three dimensions

Foto: Naturestock - Fotolia

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of sustainable development: the economic, social and environ-mental«.11 Die vierte Säule, Kultur, obgleich schon 2004 in der Agenda 21 for Culture12 genannt13, finden sich dort nur sche-menhaft an einige der 17 »Sustainable Development Goals« (SDGs) mit insgesamt 169 »Targets« angegliedert. Folglich sind auch Bibliotheken nur indirekt in der UN-Nachhaltigkeits-agenda berücksichtigt worden.

Umso energischer stellt die designierte IFLA-Präsidentin von 2017 bis 2019, Glòria Pérez-Salmerón, die Aufnahme des Tar-gets 16.10 (»Ensure public access to information...«)14 unter SDG 16 (»Promote peaceful and inclusive societies for sustainable de-velopment...«)15 in die Agenda kürzlich in ihrem Vortrag bei der Konferenz »Chancen 2016« in München als Erfolg dar. Diese einer Missachtung gleichkommende, enttäuschend indirekte Nennung von Kultur und somit von Bibliotheken war mutmaßlich einer der Hauptgründe für die Zusammenstellung des IFLA »Toolkit[s]: Libraries and implementation of the UN 2030 Agenda«16. Die-ses Toolkit reflektiert die Sorge, dass Bibliotheken in einer Nachhaltig keitsagenda von politischen Instanzen übergangen werden könnten und hält sich somit in seiner Nachhaltigkeitsaus-richtung der Bibliotheken strikt an den in Target 16.10 gewünsch-ten Informationszugang.17 In Übereinstimmung damit lautet das präsidiale Motto von Pérez-Salmerón »libraries of change for a sustainable development«18, welches sie wie folgt erklärt:

Our aim is to keep libraries relevant in a fast changing environment and to give citizens equal access to knowledge, information and cultural heritage as well as to extensive library services to stay informed and to actively promote a well informed and strong society. Libraries are motors of change for society to achieve sustainable development.19

An diesem Beispiel bibliothekspolitischer Arbeit wird deut-lich, dass Bibliotheken begriffen haben, dass sich Nachhaltig-keit im Bibliothekskontext nicht mehr lediglich über ökologi-sche und bauliche Aspekte definieren darf, sondern dass die Notwendigkeit einer produktiven Neuaufstellung besteht, um Teil der Nachhaltigkeitsdebatte zu bleiben. Es ist verständlich, dass die Arbeit der IFLA auf kulturpolitisch höchster Ebene im Einklang mit der UN erfolgen muss. Gleichzeitig ist aber auch hier offensichtlich, dass Nachhaltigkeit lediglich zu einem Füll-wort verkommen ist, welches im Kontext einer Nachhaltigkeits-lokalisierung Zweifel an der ernsthaften Auseinandersetzung mit dem Thema aufkommen lässt. So scheint die Ausrichtung der IFLA allein im Sinne von »Access of Information« lediglich ein weiterer Ansatz zu sein, Nachhaltigkeit eingeschränkt auf einen kulturpolitischen oder bestimmten ideologischen Rah-men zu definieren.

Die Notwendigkeit für einen ganzheitlichen Ansatz

Vor dem Hintergrund des von der UN deklarierten »integra-ted policy framework«20, dem jedoch nur die Nachhaltigkeits-dreifaltigkeit ökologischer, ökonomischer und sozialer Krite-rien zugrunde liegt, und das Kultur als eigenständigen, wichti-gen Bereich außen vor lässt, ist eine neuerliche Diskussion um Nachhaltigkeit von/in und durch Bibliotheken nicht nur aktu-ell, sondern essenziell.

Es ist erfreulich, dass im Bibliotheksdiskurs bereits einige Denkansätze bezüglich einer Verlagerung von entweder rein ökologisch-baulich perspektivierten oder, wie oben beschrie-ben, eventuell ideologisierten oder festgefahrenen Positionen auf ein wirklich integrativ-ganzheitliches Fundament existie-ren. So schreibt George L Aulisio: »[A] green library does not necessarily entail a green building, but it does involve a green mission«21 und schlägt in diesem Sinne vor, den Begriff »green library« von einem rein architektonischen Verständnis abzu-koppeln, sodass dieser auf »any library that promotes sustain-ability through education, operations, and outreach bezogen werden kann.22 Für Aulisio steht die Bibliothek also durch An-gebot, Struktur und Öffentlichkeitsarbeit als nachhaltige Vor-zeigeinstitution, als eine Art ‚»knowledge hub for sustainabi-lity« im Mittelpunkt.23

Durch sein Plädoyer für eine ganzheitliche »Mission« wird deutlich, dass Nachhaltigkeit viele Lebensbereiche durchdringt und dass Bibliotheken als Einrichtung aktiv und ganzheitlich Nachhaltigkeit fördern müssen. Ein jüngstes Beispiel aus dem ÖB-Bereich ist zum Beispiel die Lawrence Public Library in Kan-sas, die ihren Nutzern in Kooperation mit verschiedenen Stif-tungen, Forschungszentren und privaten Unternehmen kos-tenlos Saatgut zu Verfügung stellt und unter anderem Kurse zu Themen rund um »green spaces« und »green living« anbie-tet.24 Die Bibliothek etabliert sich in diesem Beispiel als Wis-sensraum für die Community, als Dreh- und Angelpunkt für ein Thema, das viele interessiert und fast jeden betrifft. In Deutsch-land scheint dieses Verständnis von Bibliotheken als aktive Pro-moter von holistischer Nachhaltigkeit noch sehr zaghaft ange-gangen zu werden und wenn, lässt es sich am ehesten im ÖB- Sektor erkennen.25

Nachhaltigkeit »beyond Greenwashing« beinhaltet also ganzheitliche Verantwortung, die soziale, ökonomische, um-welttechnische und kulturelle Dimensionen umfasst. Als Kon-sequenz heißt dies, dass Nachhaltigkeit essenzieller Bestand-teil des Diskurses über eine gesellschaftliche Zukunft ist. Bezo-gen auf Bibliotheken impliziert dies, dass eine Diskussion über

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die Zukunft von Bibliotheken Nachhaltigkeit als integrativ-not-wendigen Bestandteil sehen müsste. Dabei lohnt es sich zu fra-gen, ob die Bibliothek nicht geradezu prädestiniert dafür ist, der Ort nachhaltigen Lebens per se zu sein.

Anforderungen an Bibliotheksräume

Bibliotheken werden heutzutage nicht nur als Orte der geisti-gen Arbeit wie des Forschens oder Lernens aufgefasst26, son-dern wandeln sich mehr und mehr zu Begegnungsstätten für sozialen und (inter-)kulturellen Austausch und für Kommuni-kation.27 Der Bibliotheksraum wird zu einer Art agora, einem Marktplatz demokratischer Ideale. Ulrich Johannes Schnei-der charakterisiert auf ähnliche Weise den »Lesesaal zu ei-nem Verschiebebahnhof für Ideen«28, welcher die Bibliothek »zu einem sozialen, öffentlichen Raum für Kreative«29 werden lässt.30 In Bezug auf die Nutzerbedürfnisse betont Hannelore Vogt, »durch die Gestaltung der Räume muss sich für die Nut-zer die Funktionalität erschließen«.31 Ein flexibles, anpassungs-fähiges Raumkonzept kann den Nutzern somit die Idee der Bib-liothek als heterogener Kreativraum, als demokratischer, soziokultureller »Hub« signalisieren, dessen Funktionalität kon-tinuierlich neu bestimmt wird. Dieses Potenzial, diese Wandlungsfähigkeit32 und Multifunktionalität weisen die Nut-zer auf die Attraktivität von Bibliotheks-räumen, da diese sich affirmativ auf Nut-zerbedürfnisse und neue Technologie-veränderungen ausrichten (müssen).

Das Demokratische im Bibliotheksraum

Die oben genannte Raum-Anpassungs-fähigkeit sollte eines von vielen Kernstü-cken einer ganzheitlichen Nachhaltig-keitsstrategie sein, da diese nur dadurch ihrer idealen Funktion eines demokrati-schen (das heißt mitunter von Nutzern mitbestimmten und mitdefinierten) Raums gerecht wird. Der Bibliotheks-raum als multifunktionales, anpassungs-fähiges, unter Berücksichtigung von

demokratischen Parametern entworfenes Informations- und Kommunikationszentrum, welches das öffentliche Leben mit-bestimmt und vom öffentlichen Leben bestimmt wird, wird so funktional, aktiv und passiv zugleich, als Symbol einer sozio-kulturellen, gesellschaftlichen Nachhaltigkeit.

Zugleich wächst die soziale Verantwortung der Bibliothek auch dadurch, dass sie unter anderem politisch und kulturell identitätsstiftend wirkt und eine »Förderung des sozialen Zu-sammenhalts der Gesellschaft«33 unterstützen kann. Dies un-terstreicht den Auftrag der Bibliothek, eine demokratische gesellschaftliche Entwicklung ganzheitlich und nachhaltig zu (unter-)stützen. Meunier und Eigenbrodt haben in diesem Sinne einen Paradigmenwechsel von einem »top-down process to a participatory approach«34 festgestellt und dies gleichzeitig als Notwendigkeit für ein erfolgreiches Überleben von Bib-liotheken interpretiert. Nur wenn die Bibliothek als »a pub-lic arena and a societal space«35 wahrgenommen wird, kann sie ihre gewünschte Position als Anlaufstelle und Mittelpunkt der gesellschaftlichen Diskussion wahren. Hier wird deutlich, dass nachhaltige Entwicklung nicht nur den Kern der Debat-ten über die Existenzberechtigung von Bibliotheken berührt,

sondern auch Möglichkeiten der Refle-xion über eine zukunftsorientierte Posi-tionierung bietet. Es ist also notwendig, das Verständnis der Bibliothek als »Hort des Wissens« radikal infrage zu stellen und sie als Hort der holistischen Nach-haltigkeit zu etablieren.

Ganzheitliche Nachhaltigkeit in Präsentation und bei Bestandsschutz

Weil gesellschaftliche Reibungen, Widersprüche und Veränderungen kon-tinuierlich im Bibliotheksraum verhan-delt werden, zeichnet sich der Status der Bibliothek als Hort der Nachhaltig-keit dadurch aus, kontinuierlich infrage gestellt zu werden. Dies sollte in einem produktiven Spannungsverhältnis zum Medienwandel stehen und sich im bes-ten Fall sowohl in baulichen Aspekten der Bibliothek als auch in der Funktio-nalität der räumlichen Gestaltung wider-spiegeln. Dabei rücken unter anderem

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SCHWERPUNKT RÄUME DER ZUKUNFT

SchwerpunktThemenschwerpunkte in BuB

Heft 06/2016Konflikte in Bibliotheken

Heft 07/2016Digitalisierung

Heft 08-09/2016Räume der Zukunft

Heft 10/2016Frankfurter Buchmesse

Heft 11/2016Mobile Bibliotheksangebote

Heft 12/2016NS-Raubgut

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zwei wichtige Aspekte in den Vordergrund: die Präsentation und der Bestandsschutz der Medien.

Ein Beispiel für ersteres, für eine ästhetisch gelungene, mul-tifunktionale und multimediale Raumkonzeption und Präsen-tation ist hier das Learning Center der UB Mannheim, in dem »verschiedene Zonen geschaffen [wurden], die funktional zu-sammenspielen«36. Dabei hat sich die UB Mannheim bewusst gegen ein »bestandsorientiertes Selbstverständnis«37 und für eine ganzheitliche Flexibilität entschieden, die sich unter ande-rem durch eine räumliche Anpassungsfähigkeit, das Verständ-nis der Bibliotheksmitarbeiter als »roving librarians« ohne sta-tisches Desk, aber mit umfassenden Servicedienstleistungen und durch verschiedene innovative technologische Möglich-keiten auszeichnet.

Der zweite Aspekt, Bestandsschutz, steht im engen Verhält-nis zum ersten, da der Bestand durch eine gelungene Präsen-tation, zum Beispiel durch Einbindung neuer medialer Prä-sentationsformen in Bibliotheksbauten, entlastet wird. Ein erfolgreicher Ansatz dafür findet sich zum Beispiel im bava-rikon-Projekt, dessen Ziel unter anderem »die 3D-Digitalisie-rung und Bereitstellung von Kulturobjekten«38 ist. Als eine Art Vorreiterprojekt kann hier die 3D-Vermessung des Himmels-globus von Heinrich Arboreus und der beiden Globen von Phi-lipp Apian gelten, die »interaktiv über verschiedene Zugangs-möglichkeiten«39 erkundet werden können – nicht nur digital aus einer 360°-Perspektive im 3D-Viewer40, sondern auch mit dem »BSB-Globen-Explorer«, einem großen halbrunden Touch-Screen, mit dem die Globen haptisch erkundet werden können.

Bestandsschonend, tast-sensorisch-anregend, den Biblio-theksraum aufwertend und die Nutzer näher an die Objekte bringend: Dieses Beispiel der Digitalisierungsbestrebung, ver-knüpft mit technologischen Innovationen und neuen Ansätzen der schonenden Bestandserkundung im Bibliotheksraum, ist nicht nur eine kluge Strategie der Nachhaltigkeit mit Hinblick auf den Bestand, sondern kann als Teil einer ganzheitlichen Nachhaltigkeit angesehen werden. Dies liegt insbesondere da-ran, dass durch das oben genannte Beispiel mitunter eine Art »community spirit« evoziert wird und somit eine Identifizie-rung mit dem Lokalen gefördert wird. Im Falle der interaktiven BSB-Globen also eine Bindung an die Einzigartigkeit des Be-standes, die sich durch adäquate räumliche Implementierung auf die Besonderheit des jeweiligen Bibliotheksraums nieder-schlägt. Eine erfolgreiche Umsetzungen ist für Nutzer und Bib-liothek gleichermaßen gewinnbringend: Der Nutzer erhält die Möglichkeit, sich mit dem Lokalen und der Community im Bi-bliotheksraum stärker zu identifizieren, was gleichzeitig dem

Standort Bibliothek zuträglich ist, da dadurch eine positive Profilausbildung und engere Nutzerbindung stattfindet.

Weiterführende Gedanken

Man kann diese Nutzeraufwertung im und Nutzerbindung an den Bibliotheksraum, also diesen partizipatorischen/Stand-ort-identifikatorischen Ansatz, und die Idee der Bibliothek als demokratischen und örtlichen »catalyst for urban develop-ment«, weiterdenken:41 Müsste man folglich nicht die strikte Trennung zwischen WBs und ÖBs, die vor allem im deutschen Bibliothekswesen besteht, und zwischen Bibliotheken und anderen Bildungseinrichtungen infrage stellen? Eine konse-quente Durchsetzung von gesellschaftlicher Nachhaltigkeit würde somit Recycling im umfassenden Sinne (den Bau, ge-sellschaftliche Interaktion und Wissen betreffend) in den Blick nehmen. Für Bibliotheken könnte dies eine Integration mit an-deren Bildungseinrichtungen bedeuten.42 Folgerichtig müsste man auch über eine Art Symbiosenschaffung von Wissen nach-denken, zum Beispiel durch eine verstärkte Forcierung von Citizen Science-Projekten, die einen »sense of community« unterstützen und gleichzeitig eine Aufwertung und Identifika-tion mit der Bibliothek zur Folge haben.

Diese Ideen sind einige von vielen, die aufzeigen, dass es Sinn macht, Nachhaltigkeit im Bibliothekskontext konsequent ganzheitlich zu denken: als einen gesellschaftlichen, kulturel-len Auftrag, der das soziale Miteinander, die Wissenssymbiose und das Demokratieverständnis unterstützt und gleichzeitig als etwas, das als kontinuierlicher Katalysator der Veränderung im Bibliothekswesen gelten kann.

Dr. Nils Beese studierte Anglis-tik und Geschichte an der Uni-versität zu Köln, am Trinity Col-lege Dublin, an der University of Rochester, NY, und wurde an der LMU München in Literaturwis-senschaft promoviert. Seit Ok-tober 2014 ist er Bibliotheks-referendar an der UB Mainz und absolviert zurzeit das theoretische Jahr seiner Ausbildung an der Bayerischen Bibliotheksakademie in München. – Kontakt: [email protected]

SCHWERPUNKT RÄUME DER ZUKUNFT

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1 Eigenbrodt, Olaf. »Nachhaltige Missverständnisse: zum Stand der Nachhaltigkeitsdebatte im Bibliotheksbau«. ZfBB. Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie 60/3-4 (2013). S. 123

2 Siehe zum Beispiel Mary M. Carr: The Green Library Planner, Sam McBane Mulford: How Green is My Library oder Richard A. Pe-terson: »Going Green: One Library’s Journey Toward Sustainabi-lity«. Diese Liste könnte beliebig erweitert werden. Jedoch sollte hier auch die löbliche Ausnahme des Sammelbands Greening Libraries von Monika Antonelli genannt werden, der zwar auch das Hauptaugenmerk auf »Green Buildings« legt, aber gleichzeitig zum Beispiel »Green Services & Programs« und »Green Resources & Reflections« beachtet.

3 Jede Bibliothek ist einzigartig. So müssen jeweils monetäre, kultu-relle, einrichtungsspezifische, historisch-bedingte, räumlich Fakto-ren (und viele weitere) konstant miteinbezogen werden. Als Folge dessen lassen sich Best-Practice-Bespiele nur bedingt anwenden.

4 Hauke, Petra. »Die Grüne Bibliothek« in: Büchereiperspektiven 2 (2015). S. 4 – www.bvoe.at/epaper/2_15/index.html (zuletzt abgerufen am 21. Juli 2016)

5 Padilla Segarra, Melanie (2015). »›Let’s go green‹: Entwicklung eines Zertifikats für ›Grüne Bibliotheken‹ am Praxisbeispiel der Stadtbibliothek Stuttgart«. Masterarbeit im Studiengang Bib-liotheks- und Informationsmanagement an der Hochschule der Medien Stuttgart. 2015

6 Ibid. S. 40-44

7 Ibid. S. 33

8 Ibid. S. 9

9 Stankovic, Marina und Tobias Jortzick. »Die Verantwortung nicht der Industrie und der Politik überlassen ... Interview mit der Architektin Marina Stankovic und dem Diplom-Ingenieur Tobias Jortzick, Berlin« in: The Green Library: The challenge of environmental sustainability / Die Grüne Bibliothek: Ökologische Nachhaltigkeit in der Praxis. Hauke, Petra et al. (Hrsg.). Berlin; Boston: De Gruyter (IFLA Publications 161). S. 76

10 Transforming our world: the 2030 Agenda for Sustainable Development, ehemals Post-2015 Development Agenda

11 »Transforming our world: the 2030 Agenda for Sustainable Development« – https://sustainabledevelopment.un.org/post2015/transformingourworld (abgerufen am 21. Juli 2016)

12 United Cities and Local Governments. »Culture: Fourth Pillar of Sustainable Development« – www.agenda21culture.net/index.php/docman/-1/393-zzculture4pillarsden/file (abgerufen am 21. Juli 2016)

13 Hier siehe auch Sommer, Dorothea. »Preface« in: The Green Library: The challenge of environmental sustainability / Die Grüne Biblio-thek: Ökologische Nachhaltigkeit in der Praxis. Hauke, Petra et al. (Hrsg.). Berlin; Boston: De Gruyter (IFLA Publications 161). S. 2

14 »Transforming our world: the 2030 Agenda for Sustainable De-velopment« – https://sustainabledevelopment.un.org/post2015/transformingourworld

15 Ibid.

16 »International Federation of Library Associations and

Institutions Toolkit: Libraries and implementation of the UN 2030 Agenda« – www.ifla.org/files/assets/hq/topics/libraries- development/documents/libraries-un-2030-agenda-toolkit.pdf (zuletzt abgerufen am 22. Juli 2016)

17 »Access to information is a cross-cutting issue that supports all areas of development. If access to information and libraries are not included in National Development Plans, it’s more than a missed opportunity. Governments may overlook libraries and fund other organisations to provide public access, information and skills, or they may not recognize the need for public access at all.« Ibid. S. 5

18 Das Motto stellte Pérez-Salmerón im Rahmen der ekz-Tagung »Chancen 2016« am 28. Januar in München vor.

19 Pérez-Salmerón, Glòria. »The Need to Change: The IFLA Trend Report and the Shift of Paradigms in Libraries« – www.ekz.de/fileadmin/ekz-media/downloads/skripte/2016/chancen2016/Chancen2016_Perez-Salmeron.pdf (zuletzt abgerufen am 22. Juli 2016)

20 »Summary: UNDESA Expert Group Meeting in Preparation for the 2015 and 2016 cycles of the United Nations Economic and Social Council (ECOSOC)« – www.un.org/en/ecosoc/egm/pdf/summary.pdf (zuletzt abgerufen am 22. Juli 2016)

21 Aulisio, George J. »Green Libraries are more than just buildings« in: Electronic Green Journal 35/1 (2013). S. 1 – http://escholar ship.org/uc/item/3x11862z (abgerufen am 7. Juni 2016)

22 Ibid. S. 1

23 Ibid. S. 2

24 »LPL Seed Library« – www.lawrence.lib.ks.us/lplseedlibrary/ (zuletzt abgerufen am 22. Juli 2016); siehe auch »USA: Saatgutbiblio-thek in Lawrence« – www.bibliotheksportal.de/service/nachrichten/einzelansicht/article/usa-saatgutbibliothek-in-lawrence.html (zuletzt abgerufen am 22. Juli 2016)

25 Zum Beispiel die Stadtbibliothek Tiergarten-Süd. Siehe hierzu Koll, Gabriele. »Die Grüne Bibliothek der Nachbarschaft« in: Bü-chereiperspektiven 2 (2015). S. 20-21 – www.bvoe.at/epaper/ 2_15/index.html (zuletzt abgerufen am 22. Juli 2016). Selbstver-ständlich unterscheidet sich die generelle gesellschaftliche Aus-richtung von ÖBs und WBs. Nichtsdestotrotz könnte ein Loslösen von festgefahrenen Positionen einen Mehrwert zum Beispiel für WBs darstellen.

26 Für diesen Aspekt der »Bibliothek als ganzheitlichen Lern- und Ar-beitsort« siehe Wittenauer, Volker und Marlene Neumann. »Von der Bibliothek zum Lernort – Ganzheitliche Konzepte für studentische Lernräume« in: Bibliotheksdienst 49/10-11 (2015). S. 1053-63

27 Hellen Niegaard fasst dies als einen Wandel »from collection to access and from preservation to communication« zusammen. Niegaard, Hellen. »Digital Drive and Room for Contemplation. Library Transformation – International Tendencies« in: Library Space: Inspiration for Buildings and Design. Niegaard, Hellen et al. (Hrsg.). Kopenhagen: Danish Library Association. 2009. S. 14

28 Schneider, Ulrich Johannes in »Die Zukunft der Wissensspeicher: Forschen, Sammeln und Vermitteln im 21. Jahrhundert. Düs-seldorf, 5.-6. März 2015«. Beese, Nils und Brandtner, Andreas. ABI-Technik 35/2 (2015). S. 128

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29 Ibid. S. 128

30 Ibid. S. 129

31 Hannelore Vogt während ihres Vortrags »Wie gestaltet man Veränderungsprozesse in Bibliotheken?« auf der ekz-Tagung »Chancen 2016« am 28. Januar in München

32 Die amerikanische Architektin Traci Engel Lesneski beschreibt die Möglichkeit des Raum-Recyclings von modernen Bibliotheksgebäu-den (egal ob alt oder neu) folgendermaßen: »The best 21st-century library building designs allow that balance [between print versus people spaces] to continually evolve.« Lesneski, Traci Engel. »Trans-forming Mid 20th-Century Libraries to Meet 21st-Century Needs«. Präsentation auf dem IFLA World Congress in Kapstadt, Südafrika. hier: Skript S. 5 – http://library.ifla.org/1170/1/075-lesneski-en.pdf (zuletzt abgerufen am 22. Juli 2016)

33 Eigenbrodt, Olaf. »Nachhaltige Missverständnisse« S. 127

34 Eigenbrodt, Olaf und Benjamin Meunier. »More than Bricks and Mortar: Building a Community of Users Through Library Design« in: Journal of Library Administration 54/3 (2014). S. 225

35 Ibid. S. 225

36 Klein, Annette in: »Ab in die Koje«. Koch, Roland. b.i.t.online 18/1 (2015). S. 45

37 Ibid. S. 45

38 Horn, Felix und Markus Brantl. »Hochauflösende 3D-Digita-lisierung von Kulturerbe: Die praktischen Erfahrungen an der Bayerischen Staatsbibliothek« in: Bibliotheken: Innovation aus Tradition: Rolf Griebel zum 65. Geburtstag. Ceynowa, Klaus et al. (Hrsg.). Berlin: De Gruyter. S. 302

39 Ibid. S. 302

40 bavarikon: Arboreus, Heinrich: Himmelsglobus – BSB Cod.icon. 186 – http://www.bavarikon.de/object/bav:BSB-DDD-0000000000GLO002 (abgerufen am 7. Juni 2016)

41 Helle Juul in: »More than Bricks and Mortar«. S. 228

42 Zum Beispiel mit Volkshochschulen, Bürgerämtern wie im dänischen Arhus oder Stadtarchiven wie an der Stadtbibliothek Bielefeld

SCHWERPUNKT RÄUME DER ZUKUNFT

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Beate Detlefs

Zutritt für Erwachsene verboten! Biblo Tøyen – die Bibliothek für 10- bis 15-Jährige in Oslo

»Biblo Tøyen« ist die jüngste Ergänzung der Deichmansken Bibliothe-ken, des Netzes der Öffentlichen Bibliotheken in Oslo. Die Kinder- und Jugendbibliothek ist die erste Bibliothek in Norwegen, die nur für die spezielle Zielgruppe der 10- bis 15-Jährigen geschaffen wurde.

Foto: Marco_Heyda

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Tøyen ist der am dichtesten bevölkerte Stadtteil Oslos. Oslo-Be-sucher erinnern diesen Teil der Stadt oft durch das Munch- Museum, das dort liegt. Nun wird diese Touristenattraktion mit dem Stenersen-Museum für Gegenwartskunst zusammen-gelegt und zieht 2018 in den innovativen Stadtteil Bjørvika- Hafen um. Der multikulturelle Stadtbezirk Tøyen sollte des-halb kulturpolitisch wieder aufgewertet werden – unter ande-rem mit einem neuen Bibliothekskonzept.

Die Kinder- und Jugendbibliothek »Biblo Tøyen« liegt in einem kleinen Einkaufszentrum neben der U-Bahn-Station Tøyen, circa 70 Meter von der anderen Bibliotheksfiliale des Stadtteils entfernt – einer »normalen« Öffentlichen Bibliothek, die allerdings umgestaltet wurde und mit recycelten Holzmö-beln aus Paletten und Kisten sowie einer bunten Kinderabtei-lung Erwachsenen und kleineren Kinder ein attraktives Ange-bot mit täglichen Öffnungszeiten von 7 bis 23 Uhr macht.

»Biblo Tøyen« (»Biblo« ist Slang für Bibliothek) ist von 14 bis 19 Uhr für Kinder und Jugendliche von 10 bis 15 Jahren geöffnet. In dem früheren Ladenlokal mit circa 600 Quadrat-meter Fläche wird man von der Teppich-Inschrift »Erwachsene und Schuhe müssen draußen bleiben« empfangen. Zum Glück hatte ich mit dem Leiter beider Bibliotheken, Reinert Mithassel, einen Termin ausgemacht und durfte über die Schwelle treten.

Seit der Eröffnung Ende März besuchen jeden Tag 300 bis 400 Kinder und Jugendliche die Bibliothek. Der Vormittag ge-hört den Schulklassen. Während die Lehrer der entsprechenden Klasse gegenüber in einem Café warten, arbeiten die Schülerin-nen und Schüler in der Bibliothek an Projekten oder vertiefen sich in ihre Lektüre. Ab 14 Uhr bietet die Bibliothek den »dritten Ort« für die sonst eher vernachlässigte Bibliothekszielgruppe

der 10- bis 15-Jährigen an, die nicht mehr nach der Schule in den Hort gehen können, da hier nur Schüler bis zur vierten Klasse betreut werden.

Mitbestimmung

Die erste Bibliothek ausschließlich für Jugendliche wurde un-ter ihrer Mitarbeit nach ihren Wünschen gestaltet. Es wur-den Workshops durchgeführt um herauszufinden, wie sie sich ihre Bibliothek vorstellen und was sie in bisherigen Bibliothe-ken vermissen. Die Frage war: Wie sähe die Bibliothek Eurer Träume aus?

Die geäußerten Wünsche beschrieben einen Ort, an dem man »chillen« und »abhängen« kann und Ruhe vor Eltern und Geschwistern hat. Auch Bücher, Medien und Computer kamen vor. Man wünschte sich das Zusammensein mit anderen und die Möglichkeit kreativ zu sein. Gemütlich sollte es sein, und der Ort sollte Geborgenheit vermitteln. Die Bibliothek ist dem nachgekommen und hat einen coolen und gemütlichen »drit-ten Ort« geschaffen, zwischen Schule und Zuhause, wo die 10 bis 15-Jährigen lernen, forschen und sie selbst sein können.

Die Jugendlichen waren eine wichtige Inspirationsquelle für die Einrichtung und die Konzeption der neuen Bibliothek. Sie werden auch zukünftig mitbestimmen, welche Autoren und Akteure für Veranstaltungen eingeladen werden und was in »Biblo Tøyen« wichtig ist und sein wird. Eine ähnlich kon-zipierte Bibliothek gibt es bereits in Stockholm. Mit den Mit-arbeitern der Bibliothek Tio Tretten (10-13) fand im Zuge der Entwicklung von »Biblo Tøyen« ein Erfahrungsaustausch statt.

Foto: Marco_Heyda

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Spektakuläre Einrichtung

Um die Einrichtung des ehemaligen Ladenlokals nach den Wünschen der Zielgruppe zu gestalten, waren viele verschie-dene Akteure involviert. Neben dem niederländischen Innen-architekten Aat Vos war die Firma Artisan Tech beteiligt, die normalerweise Filme und TV-Sets ausstattet. Die Deichmanske Bibliothek und ein Architekturpsychologe stellten sicher, dass die Ergebnisse der Workshops mit den Jugendlichen in kon-krete Inneneinrichtungsvorschläge umgesetzt wurden.

Vom Stadtrat bis zum Elektriker haben alle enthusiastisch an der Verwirklichung des Projekts mitgearbeitet. Das Ergebnis ist sehens- und erlebenswert. Marianne Borgen, die Kulturbür-germeisterin von Oslo, sagte bei der Eröffnung: »Ich wünschte, ich wäre nochmal zehn Jahre alt, um hier zu lesen.«

Begrüßt wird man von einem Elch aus Holz in Echtgröße, der als Garderobe mit Schuhfächern im Bauch gestaltet ist, denn alle ziehen ihre Schuhe aus, wenn sie den Raum betre-ten. Die Infotheke der Bibliothekarin besteht aus einem Flippe-rautomaten mit seitlichem Holzbrett, auf dem ein Laptop steht. Zwei englische Telefonzellen bieten Durchgänge zum Büro und in einen Ankleide- und Medienraum hinter der Bühne, deren Holzfußboden aus einer Turn-halle in Schottland stammt und bunt neu zusammenge-setzt wurde – ein liebevoll ge-staltetes Detail reiht sich an das andere.

Die Wände sind voller Rückzugsmöglichkeiten ge-staltet. Mit Samtkissen ausge-polsterte Höhlen und kleine Räume in Meeresfarben mit Bullaugen, hinter denen Riesenkraken und Taucher schwimmen, erwecken den Eindruck, man läse in Gesell-schaft von Captain Nemo.

Im Zentrum der Biblio-thek steht ein alter Volvo-Last-wagen, der den Kosenamen Bamse (Teddy) trägt. Im Mo-torraum unter der Kühler-haube lädt ein Sofa zum Lesen zu zweit ein. Die Ladefläche ist in eine Küche umgebaut, die für Ernährungskurse genutzt werden kann oder wo man lernt, wie man Brötchen backt.

Zwei alte Piaggio Lastwa-gen der Marke Ape (kleine, dreirädrige Lieferwagen) wur-den zu Mini-Werkstätten um-gebaut, an denen man basteln, das Mobiltelefon reparieren oder Gedichte schreiben kann.

Ein 3D-Drucker kann ausprobiert werden, und es gibt eine große PC-Station.

Die Gondeln einer alten Seilbahn aus der Schweiz bieten kleine Räume für Hausarbeiten und Gruppenarbeit. Hier kann man auch in Ruhe eine Partie Schach zusammen spielen. Die Kabinen können an der Decke verschoben werden, sodass ein großer freier Raum entsteht, beispielsweise für Versammlun-gen oder Konzerte.

Die deutsche Graffiti-Künstlergruppe Herakut aus Ham-burg hat die Wände hinter der Bühne dekoriert. Es gibt Spie-gelwände und eine Wand, die mit Legosteinen gestaltet werden kann. Jede Ecke bietet Neues, und alles kann auch verändert werden – auch die Buchregale, die an Laufschienen im ganzen Raum von der Decke hängen.

Chips und Drohnen

In der neuen Jugendbibliothek sind die Medien nach Themen angeordnet. Die Regale tragen Nummern und Überschriften mit Kreide auf kleinen Tafeln und können immer wieder neu beschriftet werden. Ein Buch, das »falsch« weggestellt wurde,

ist in einer normalen Biblio-thek erst mal verschwunden. Das kann in »Biblo Tøyen« nicht passieren – hier haben die Bücher nämlich überhaupt keinen festen Platz.

Die Jugendlichen schaf-fen sich ihr eigenes Klassifika-tionssystem. Die Regale tragen Überschriften wie »Unheim-lich«, »Kurz und Gut«, »Tiere« oder auch »Diese Bücher wer-den dein Leben verändern«. Assoziativ wird der Bestand immer wieder neu aufgestellt und benutzergesteuert in ei-ner Weise geordnet, die die Erlebniswelt der Kinder wi-derspiegelt. Nicht die Nutzer müssen sich dem Bibliotheks-system anpassen, sondern das System wird den Bedürfnis-sen und Wünschen der Kinder angepasst. Man stellt die Me-dien dort ins Regal, wo man meint, dass es am besten zur Regalüberschrift passt. Die Buchregale können ihren Platz jeden Tag verändern.

RFID vereinfacht es, die Aufstellung in den Rega-len variabel zu halten. Wenn man ein Buch sucht, hat das Bibliothekssystem die volle

SCHWERPUNKT RÄUME DER ZUKUNFT

Zahlen und Fakten

• Neue Filiale der Deichmannsken Bibliotheken in Tøyen für

Kinder und Jugendliche von 10 bis15 Jahre

• 600 Quadratmeter Fläche

• 300 bis 400 Besucher pro Tag

• 5 festangestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

• Open Source-Bibliothekssoftware KOHA; RFID

• Kommunale Initiative, Kosten circa 10 Millionen NOK (1 Million Euro)

• Der Umbau dauerte 14 Monate

• Die Produktionsgesellschaft Artisan Tech hat zusammen mit dem niederländischen Innenarchitekten Aat Vos die Einrich- tung übernommen, die deutschen Graffitikünstler Herakut haben die Wände dekoriert.

• Biblo Tøyen hat seit 31. März 2016 geöffnet

Links

• http://theoslobook.no/2016/05/28/biblo-toyen/ – (englisch)

• www.aftenposten.no/osloby/--Her-har-kidsa-fatt-lage-sitt- eget-bibliotek-55990b.html – (norwegisch)

• www.dagsavisen.no/oslo/her-pa-toyen-skal-biblioteket- vere-et-trygt-og-kult-sted-1.706157 – (norwegisch)

Video: Einen virtuellen Rundgang durch die spekta-kuläre Bibliothek finden Sie in der BuB-App.

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SCHWERPUNKT RÄUME DER ZUKUNFT

Wie im U-Boot – Leselandschaft. Foto: Beate Detlefs

In der Lesehöhle. Foto: Beate Detlefs

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Kontrolle. Jede Nacht fliegt eine Drohne in der Bibliothek he-rum und scannt die Bücher. Das dauert nur wenige Minuten. Ein kleiner Chip erzählt dem System, wo sich das Buch gerade befindet. So behalten die Bibliothekare und die Nutzer, auch durch die Open Source-Software KOHA, den Überblick.

Für die Ausleihe werden die Kinder und Jugendlichen re-gistriert und bekommen eine Art Chipkarte. Man braucht kei-nen Ausleihvorgang wie in einer normalen Bibliothek, um et-was mitzunehmen: Die Chipkarte und ein Chip im Buch sorgen dafür, dass Kind und Medium beim Verlassen der Bibliothek automatisch zusammen verbucht werden und die Ausleihe re-gistriert wird.

Ausblick

Die Bibliothekarin Karen Tømte erzählt, dass viele neue Besu-cher die Bibliothek zuerst für eine Art Jugendclub halten. Es sei dann die Aufgabe der Mitarbeiter, die Balance zwischen Spielen, Lesen und Lernen zu finden. Schreibkurse mit Auto-ren, Schriftstellerbesuche und Vorlesestunden betonen die lite-rarische Wissens- und Kulturvermittlung. Lesekompetenz und Lese-Enthusiasmus in der Zielgruppe sollen gefördert werden, weil Lesen der Schlüssel zu allem ist.

Probleme gibt es bisher wenige. Die Nutzer fühlen sich sehr wohl, und nur fünf Prozent schlagen gelegentlich über die Stränge und ziehen damit viel Aufmerksamkeit auf sich, die den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für geplante Aktivitä-ten mit den anderen Kindern fehlt. Deshalb werden nun Frei-willige eingesetzt, die sich speziell mit den aktiveren Jugend-lichen beschäftigen.

In der Fachwelt löst die neue Filiale Begeisterung aus. Die ganze Bibliothek macht Mut und ruft zu Kreativität und Phan-tasie auf. Alle bisherigen Bibliotheksregeln und Gesetze wer-den an diesem einzigartigen Ort gebrochen, und der Blick da-rauf, was eine Bibliothek ist und sein kann, wird von »Biblo Tøyen« herausgefordert und verändert.

Beate Detlefs (Foto: privat) gebo-ren 1960 in Hamburg, ist Master-absolventin in Bibliotheks- und Informationswissenschaft. Sie hat seit 1985 Bibliotheken im In-und Ausland geleitet, auch für das Goethe-Institut. Sie lebt in Berlin.

Theaterbühne mit Graffiti aus Hamburg. Foto: Beate Detlefs

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Holger Wendt

»Reise durch das Bermudadreieck«

Planung und Realisierung der Bibliothek Design Medien Information (DMI) im Erweiterungsbau des Kunst- und Medien-campus der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg

Der Hochschulinformations- und Bibliotheksservice (HIBS) versorgt die vier Fakultäten der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg mit fünf Bibliotheken an den drei Standorten der HAW. Historisch bestand der »Bi-bliotheksverbund«, wie der Zusammenschluss der Biblio-theken früher hieß, aus sieben Bibliotheken, die an den da-maligen Standorten der HAW Hamburg (früher Fachhoch-schule Hamburg) beheimatet waren. Nach Gründung der Fakultät DMI sollten die bis dahin an verstreuten Orten be-heimateten Departments Design, Medien und Information einen gemeinsamen neuen Standort erhalten. HIBS-Leiter Holger Wendt berichtet über das Neubau-Projekt.

Die Geschichte

Nach längerer Planungs- und Umbauphase fand sich 2010 mit der 1914 erbauten ehemaligen »Frauenklinik Finkenau« für die Fakultät ein neuer Ort, der – auch wegen der Nachbarschaft zu

anderen Hochschulen – ideal für einen neuen Kunst- und Me-diencampus schien. Für eine Fakultätsbibliothek war in dem Gebäude aber kein Platz. Da zu der Fakultät DMI auch das Department Information gehört, also die Ausbildung der Bib-liothekare, war ein Standort ohne Bibliothek zuletzt deswegen nicht denkbar. Mit gemeinsamen Kräften konnte die zuständige Behörde von der Hochschule überzeugt werden, dass eine Lö-sung her müsse. Hilfreich bei der Überzeugungsarbeit war, dass »in der Finkenau« auch keine Mensa vorgesehen war. Hungrige Studierende – im Magen und »im Kopf« – konnte auch die Be-hörde nicht verantworten und hatte ein Einsehen: Ein Neubau durfte geplant und gebaut werden.

Nun begann der Prozess und das Tauziehen um den Raum: Wie viele Quadratmeter darf beziehungsweise muss eine Biblio-thek heute haben? DIN-Fachbericht und die Studien des HIS in der Schriftenreihe Forum Hochschule: Das eine ist veraltet, das andere wird von Bibliotheken und Hochschulen nicht geliebt. Und: Versteht eine Behörde, dass Bibliotheken heute weit mehr sind und sein müssen als ein Aufbewahrungsort für Bücher und dass ein Campus einen Mittelpunkt und Begegnungsort

Die neue Bibliothek Design Medien Information (DMI) auf dem Campus der HAW Hamburg. Neben klassischen Einzelarbeitsplätzen (links) finden sich hier auch kreative Ecken. So sind alle Möbel leicht und können jederzeit von den Nutzern umgestellt werden (rechts oben). Der sogenannte Kreativraum ist schon am Eröffnungstag mit Graffiti bemalt worden. Fotos: Holger Wendt

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SCHWERPUNKT RÄUME DER ZUKUNFT

braucht und eine Bibliothek dafür genau das Richtige ist? Wir haben uns dann auf knapp 1 000 Quadratmeter für circa 2 900 Studierende geeinigt. Dabei wurde zwar noch immer von Regalmetern und »wie viele Bücher da jetzt rein sollen« gespro-chen, aber sowohl der notwendige Platz für Medien als auch ausreichend Raum für einen Lern- und Kommunikationsort Bi-bliothek konnten berücksichtigt werden.

Der Wettbewerb

Nachdem die zuständige Behörde 2008 einen Architekturwett-bewerb für den Neubau ausgelobt hatte, nahmen zwei Vertreter des HIBS als Sachverständige an dem Verfahren teil. In dieser Funktion konnten wir unsere Bewertungen aus der Sicht der Bi-bliothek für die mehr als 20 Entwürfe abgeben. Obwohl dies für mich Neuland war, haben mich viele der eingereichten Entwürfe angesprochen, und ich fragte mich zwischendurch, warum es bei so vielen tollen Ideen überhaupt langweilige Bibliotheksbau-ten gibt? Unsere Anforderungen konnten in die Wettbewerbsaus-schreibung einfließen, wobei unser Augenmerk dabei auf einer einladenden Situation im Eingangsbereich, den Bereichen für die Nutzer, aber auch auf den Mitarbeiterarbeitsplätzen lag.

Unsere Hauptkriterien waren:

• Übersichtlichkeit: Klarheit, leichte Orientierungsmög- lichkeit, sinnvolles Ineinandergreifen der Funktionsbereiche.

• Kompaktheit: Erleichterung der Bewegung von Besuchern, Personal und Buchbeständen.

• Zugänglichkeit: Nur ein Zugang mit einem leicht verständlichen Übersichtsplan, der nur ein Mindest- maß an ergänzenden Hinweisen benötigt und kein kompliziertes Leitsystem erfordert.

• Veränderbarkeit: Um in der Anpassung an die Lerngewohnheiten, der Anordnung der Einrichtung und bei der Unterbringung von Medien flexibel zu sein.

• Bequemlichkeit: Zum Beispiel gute Lichtverhältnisse, wenig Geräusche, um eine hohe Akzeptanz der Biblio- thek und deren Benutzung zu fördern.

• Barrierefreiheit: Guter Zugang auch für Studierende mit Rollstuhl, z.B. Wege ohne Stufen, breite Türrahmen.

Gewonnen hat den Wettbewerb ein Entwurf des Architektur-büros Gerber Architekten, den wir auch als Vertreter des HIBS befürwortet haben, da er unsere Kriterien sehr weitgehend er-füllt hat. Vor allem die Aufteilung der Bibliotheksfläche in zwei Bereiche deutete an, dass die von uns gewünschte Zonierung in unterschiedlich lebhafte Bereiche der Bibliothek sich hier gut würde realisieren lassen.

Die Beteiligten

Die drei wichtigsten Player bei einem Neubau, Bauherr – Ar-chitekt – Nutzer, bilden eine Art »Bermudadreieck«. In diesem Spannungsdreieck kann manche Idee oder Vorgabe verschwin-den, da die Interessen der beteiligten Parteien unterschiedlich oder gar gegenläufig sein können. Der Architekt möchte seinen Stil verwirklichen, der im besten Fall dem Prinzip »form follows function« folgt, aber manchmal kann die Form dann auch ei-gene Wege gehen. Die Nutzer des fertigen Gebäudes entdecken manche Kanten oft erst nach längerem Nutzen der Bibliothek. Und selbst wenn Architekt und Nutzer eine für beide stimmige Form gefunden haben, kann es passieren, dass der Bauherr sein Veto einlegt: »Schön, aber zu teuer.«

Ein wichtiges Grundkonzept für die Bibliothek war die Aufteilung in eine eher kommunikati-ve, lebendige Zone, in der es auch turbulenter zugehen kann, und einen leisen Bereich, der konzentriertes Arbeiten ermöglicht.

Und natürlich treten im Laufe des jahrelangen Prozesses fast alle Hindernisse auf, die auftreten können. Sehr spürbar war für mich, dass einige wichtige Schlüsselpositionen während des Bauprozesses wechselten: Die Position der Bibliotheksleitung musste neu besetzt und eine Person gefunden werden, die be-reit war, in den bereits begonnen Planungsprozess einzusteigen und eine gemeinsame Haltung mit der HIBS-Leitung bezüglich des Bibliothekskonzeptes einzunehmen. Die Architektin, die für die Hochschule den Bauprozess betreut hatte und damit eine wichtige Ansprechpartnerin für uns gewesen war, da sie die Mittlerin zwischen den Nutzerinteressen und den Architek-ten darstellt, ging in Elternzeit. Die Innenarchitektin des Archi-tekturbüros wurde im Laufe des Prozesses für eine andere Auf-gabe abgeordnet und durch eine Kollegin ersetzt. Das Problem in allen drei Fällen war nicht, dass »die Neuen« ihre Aufgaben nicht auch gut machten, es wurde aber deutlich, wie wichtig eine kontinuierliche Kommunikation in einem solchen Prozess ist. Und bei jeder neu beteiligten Person muss man sich auf ei-nen neuen Dialog einstellen. Das kostet Zeit, erzeugt Reibungs-verluste und irgendetwas ist hinterher doch anders als zuvor. Innerhalb und neben den vielen formalen Baubesprechungen ist es sehr hilfreich, mit den Architekten und den weiteren Fach-planern eine gemeinsame Sprachebene zu finden. Die Kommu-nikation sollte in einem Planungsprozess so persönlich und in-tensiv wie möglich sein!

Sehr hilfreich und im Rückblick unbedingt notwendig war die Möglichkeit, die innenarchitektonische Betreuung bei Ger-ber Architekten gesondert beauftragen zu können. Hier war der HIBS Auftraggeber, wodurch wir viel mehr Mitsprache-möglichkeiten bei der von uns selbst finanzierten Innenaus-stattung hatten als im Bereich der festen Einbauten. Trotz aller Planungen, Baubesprechungen, Vorüberlegungen, Erfahrun-gen und der Einbeziehung von Fachleuten zum Thema Lern-ort bleibt vieles in einem Bauprojekt aber letztlich auch Zufall,

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SCHWERPUNKT RÄUME DER ZUKUNFT

oder anders ausgedrückt: kreativer Umgang mit Problemsi-tuationen. Ein Bauprojekt ist so komplex, dass immer wieder Lücken während der Planung sichtbar werden, die man dann mit neuen Ideen füllen muss. Glück war für uns in diesem Fall auch, dass sich zwei Professorinnen des Departments Infor-mation mit dem Thema »Lernort Bibliothek« befassten: Ur-sula Schulz und Christine Gläser führten in ihren Lehrveran-staltungen Untersuchungen durch, wie die Studierenden und Lehrenden der Fakultät heutzutage arbeiten und was sie von einer Bibliothek erwarten. Dabei wurde sehr deutlich, dass ge-rade die künstlerischen Departments eine Bib-liothek ganz anders wahrnehmen und nutzen, als wir das erwarten würden. Christine Gläser hat uns daher einige Bücherregale gestrichen und sattdessen Chillzones und »Wohnzimmer« bis hin zu »Haifischbecken« eingefordert1, und Ursula Schulz hat uns aufgefordert, einmal »in den Schuhen unser Nutzer« durch die Biblio-thek zu gehen2.

Die Bibliothek

Ein wichtiges Grundkonzept für die Bibliothek war die Auftei-lung in eine eher kommunikative, lebendige Zone, in der es auch turbulenter zugehen kann und einen leisen Bereich, der konzentriertes Arbeiten ermöglicht. Der Entwurf von Gerber Architekten hat dies gut ermöglicht, da er zwei, durch einen Gang getrennte Bereiche vorgesehen hat. Ein weiteres Kon-zept war, den Nutzern soweit dies möglich ist, selbst die Ge-staltung und Nutzung der Flächen und Räume zu ermöglichen. Die Studierenden wissen selbst am besten, was sie für eine gute

Lernsituation benötigen. Daher haben wir Möbel angeschafft, die leicht sind und ohne Aufwand verschoben werden kön-nen und möglichst auch dazu einladen, dies zu tun, wie zum Beispiel Sitzsäcke, Sitzmöbel aus Schaumstoff in unterschied-lichen Formen, mobile Whiteboards oder Klapptische. Dabei machen wir die Erfahrung, dass die Nutzer mit ihren Freihei-ten verantwortlich umgehen und wir sie selten zu »Ruhe und Ordnung« ermahnen müssen. Flexibilität bleibt überhaupt ein wichtiges Motto. Wir probieren verschiedene Dinge einfach aus und sehen dann, was ankommt und was nicht und organisieren

gegebenenfalls um. Wir nehmen uns als ler-nende Bibliothek wahr und versuchen flexibel und dynamisch auf aktuelle Bedarfe zu reagie-ren. Wir beobachten die Nutzung unserer An-gebote und ändern, wenn nötig, unsere Pläne.

In der einen (kommunikativen) Zone be-finden sich der Eingangsbereich und der in unserer Bibliothek immer noch zentrale Ort des Ausleih- und Informationstresens. Aber vor allem liegen dort die von Christine Glä-ser so benannten Bereiche Interaktion/Pro-duktion sowie Relax/Kommunikation, die einerseits einen Wohnzimmercharakter ha-

ben können, andererseits aber auch offene Arbeitsbereiche für kleine bis mittelgroße Gruppen bieten sollen. Die Idee ist, dass sich in einer entspannten Ruhesituation Ideen und Diskussi-onen entwickeln, die dann möglichst nahtlos in eine Arbeits- und Planungssituation münden können. Diese Bereiche sind in der Ausführung dann auch so flexibel geraten, dass sie gut für verschiedenste Veranstaltungen der Bibliothek genutzt wer-den können. Ein großer Raum war ursprünglich als PC-Pool geplant, aber während der Bauphase haben wir uns gefragt, ob

Die Rückwand des Ausleihtresens fungiert als Raumtrenner zum Mehrzweckbereich der Bibliothek.

Ein großer Raum war ursprünglich als PC-Pool

geplant, aber während der Bauphase haben wir uns gefragt, ob ein sol-cher Raum überhaupt noch notwendig ist, da die Studierenden meist eigene Notebooks mit-

bringen.

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SCHWERPUNKT RÄUME DER ZUKUNFT

ein solcher Raum überhaupt noch notwendig ist, da die Stu-dierenden meist eigene Notebooks mitbringen. Wir haben die letztendliche Nutzung dieses Raumes daher bis heute offen ge-lassen und stellen ihn erst einmal als Gruppenarbeitsraum bzw. für Workshops oder Veranstaltungen zur Verfügung.

Die für Bibliotheken bisher »klassische«, weil ruhige Zone befindet sich im hinteren Bereich der Bibliothek, der durch ei-nen Gang akustisch und optisch vom vorderen Teil getrennt ist. Dort sind Einzelarbeitsplätze und Gruppenarbeitsräume behei-matet. Zudem befindet sich dort ein Kreativraum, der von den Nutzern komplett frei gestaltet und genutzt werden kann, bis hin zu der Möglichkeit, Graffiti an die Wände zu malen. In den Gruppenarbeitsräumen arbeiten wir derzeit mit den Lichtge-staltern des Departments Medientechnik an verschiedenen Lichtkonzepten und Lichttemperaturen, um eine angenehme, ermüdungsfreie und produktive Arbeitssituation zu kreieren. Den größten der Gruppenarbeitsräume stellen wir auch als Raum für Lehrveranstaltungen zur Verfügung. Uns ist dabei wichtig, die Verbindung zwischen der Lehre und der Biblio-thek zu stärken und auch dadurch Studierende wie Lehrende in die Bibliothek zu holen. Fast alle Räume haben bodentiefe Glaswände, sodass eine gute Einsicht gegeben ist und auch die Büros sind so ausgestattet, dass die Mitarbeiterinnen jederzeit einen Blick in die Bibliothek haben können und für die Nutzer sichtbar und ansprechbar sind.

Ach ja, und die Bücher? Auch wenn viele Stimmen gemahnt haben, wir hätten immer noch zu viele Regalmeter stehen ge-lassen: Eine Bibliothek mit dem Thema Design braucht auch heute noch Printbücher, da vieles in diesem Bereich nach wie vor nicht in elektronischer Form vorhanden ist beziehungs-weise die Studierenden auch gerne vor Ort in großformatigen Bildbänden blättern.

Und nun…?

Was würde man gerne anders gemacht haben? Bei den meisten Problemen steckt der Teufel eher im Detail der täglichen Routi-nenutzung: Die automatisierte Klimatechnik ist auch nach über einem Jahr noch nicht wirklich eingependelt, während sich das zentral gesteuerte Schließsystem inzwischen gut nutzen lässt. Für die stark nachgefragten und fast immer vollen Gruppen-arbeitsräume benötigt man ein Raumbuchungssystem, um sich Arbeit wie Ärger zu ersparen und Ungerechtigkeiten zu vermeiden. Auch der Ausbau der technischen Ausstattung ist noch nicht abgeschlossen, zum Beispiel im Bereich Präsenta-tions- und Veranstaltungstechnik. Es gibt immer wieder neue Situationen, auf die wir flexibel reagieren wollen.

Heute sehen wir uns folgender Situation gegenüber: Studie-ren setzt Gruppenarbeit voraus, kreative Prozesse müssen statt-finden können, es werden Notebooks, Tablets und Smartpho-nes genutzt, das Buch aus dem Regal zu nehmen reicht nicht aus, auch E-Medien müssen ins Lernen eingebunden werden können. Studierende verhalten sich in der Bibliothek entspre-chend anders. Sie wollen und sollen kommunizieren. Auch län-geren täglichen Aufenthaltszeiten in der Hochschule müssen

wir uns stellen, indem wir Entspannungs- und Rückzugsmög-lichkeiten bieten. Bibliotheken müssen also ein Lernort sein, der den breiten Anforderungen des Studiums gerecht wird!

1 Gläser, Christine und Ursula Schulz: Bibliotheken als Schmelztie-gel der Kulturen – ein Bericht aus der Werkstatt ethnographischer Methoden der Kundenforschung. In: Bibliothek, Forschung und Praxis. 38(2014), H.2, S. 1-9

2 Schulz, Ursula (2013): Service nach Maß: eine Bibliothek für die Informationskultur der Studierenden am Department Design – Projektbericht aus dem angeschlossenen Projekt InfoKult. Ham-burg, HAW Hamburg. www2.bui.haw-hamburg.de/pers/ursula.schulz/publikationen/ethnographie_infokult.pdf

Holger Wendt (Foto: privat) ist seit 2006 Leiter des Hochschulinformations- und Bibliotheksservice (HIBS) der Hoch-schule für Angewandte Wissenschaf-ten Hamburg. Er hat für die Bibliothe-ken des HIBS zwei Neubauprojekte und den Umbau und Einzug in ein bereits bestehendes Gebäude betreut sowie

mehrere Machbarkeitsstudien für Bibliotheksplanungen mit verschiedenen Architekturbüros durchgeführt.

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Dirk Wissen: Wie würden Sie als Architekt die At-mosphäre einer Bibliothek beschreiben?

Manfred Ortner: Die Atmosphäre ist das »Herz einer Bibliothek« und der Architekt muss sich fragen, wie er diese Atmosphäre vermitteln kann. Wenn die Atmosphäre gut ist, bietet sie eine Art von »medita-tivem Zustand«, in den man beim Eintauchen in die Bibliothek immer weiter versinkt. Das ist, wie wenn man in ein Buch hineinschaut. Mit dem Eintauchen in das Buch verschwinden die Geräusche ringshe-rum. So müsste im Idealfall auch eine Bibliothek funktionieren. Je mehr man in das »Herz« einer Bi-bliothek eindringt, umso ruhiger wird es. Wichtige Ingredienzien für diese Art von Ruhe sind zum Bei-spiel die Bücher selbst. Bücher, die als Bekleidung der Bibliothekswände dienen, werden vom Architek-ten als Material verstanden. Doch für einen der liest oder lernt, sind diese Bücher nicht nur einfach da. Nein, derjenige filtert die Bücher, saugt sie in sich auf und verschwindet in ihnen. Was mich hierbei früher am meisten in Stimmung versetzt hat, war, in die alten Lesesäle zu gehen, dort diese leise Mu-sik des Papiers zu hören, wenn irgendjemand etwas

umblätterte, sich etwas aus den Regalen holte und zu lesen begann. Dies war ein ganz intensives Mitei-nander, auch wenn man in diesen ruhigen Bereichen so gut wie nicht miteinander spricht. Heute gibt es Bibliotheken vor der Bibliothek und diese Vorzonen sind äußerst kommunikativ ausgerichtet.

In der Stuttgarter Stadtbibliothek wird ein Raum ganz ohne Bücher das »Herz« genannt. Wie se-hen sie das?

Für mich erscheinen die Bücher als ein ganz wichtiges Element einer Bibliothek. Je mehr Bücher die Wände bedecken, umso mehr stellt sich so et-was wie eine Atmosphäre ein. Denn die Bücher bie-ten eine eigene physische Akustik, bieten einen ei-genen Geruch. Und dann gibt es natürlich das Licht. Alles was zu hell ist, ist abträglich für eine Biblio-thek. Darum gibt es in vorbildlich guten Bibliothe-ken diese kleinen Leselampen, damit das Licht ganz spezifisch konzentriert werden kann. Wir hatten in der Dresdener Bibliothek ein großes Glasdach, das ganz ungehindert viel Licht hineinlassen würde und alle waren zunächst davon begeistert. Und dann ha-ben wir gesagt: »Nichts da. Da kommt eine Folie als Schicht dazwischen, die das Licht dimmt, damit es nicht zu ganz eklatanten Lichtspielen kommt, die die Konzentration oder die Intimität stören.«

Welche »vorbildlich guten« Bibliotheken fallen Ihnen zur Aufenthaltsqualität zuerst ein?

Die alte Bibliothèque de France. Diese ist wahr-scheinlich das Juwel schlechthin mit diesem gran-diosen großen Lesesaal und gleichzeitig auch diesen unglaublichen Magazinen. Sie präzisiert mit ihren unterschiedlichen Räumen das »Bibliothekswesen«. Ich meine Bibliothekswesen in dem Sinne, dass eine

SCHWERPUNKT RÄUME DER ZUKUNFT

Der Organismus des Biblio-thekswesens – geheimnisvoll, rätselhaft und labyrinthisch Auf einen Espresso mit dem österreichischen Baukünstler und Hoch-schullehrer Manfred Ortner zur »Atmosphäre von Bibliotheken«

Auf einen Espresso mit Manfred Ortner.

Wissen fragt ...?

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Staats- und Universitätsbibliothek Dresden

Manfred Ortner studierte an der Universität Wien Malerei, Kunsterziehung und Geschichte. Nach seinem Abschluss war er zunächst als Kunsterzieher tätig und stieß 1970 zur Architekten- und Künstlergemeinschaft »Haus-Rucker-Co«, die mehr-mals zur documenta in Kassel eingeladen wurde. Ende der 1980er-Jahre gründete er mit seinem Bruder Laurids das Archi-tekturbüro »Ortner & Ortner Baukunst«, das unter anderem das Museumsquartier Wien, das Schauspielhaus Schiffbau in Zürich und die SLUB in Dresden baute. Seit 1994 ist Ortner Professor an der Architekturfakultät der Fachhochschule Pots-dam. Im aktuellen Interview der Reihe »Wissen fragt ...«, erzählt er vom Herzen und der Lunge von Bibliotheken.

Die alte Bib-liothèque de France ist wahr-scheinlich das Juwel schlecht-hin mit diesem grandiosen großen Lesesaal und gleichzei-tig auch diesen unglaublichen Magazinen.

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SCHWERPUNKT RÄUME DER ZUKUNFT

gesamte Bibliothek wie eine Art von Organismus funktioniert. Das ist hoffentlich auch in unserer Dres-dener Bibliothek so. Eine Bibliothek ist immer ein Or-ganismus, der verschiedene Teile, wie zum Beispiel ein »Herz«, eine »Lunge«, hat. Architektonisch be-trachtet muss man fragen, wo die Luft zum Atmen herkommt und was das Herz der Bibliothek ist?

Bedarf es heute noch Lesesälen? Wie ist das mit der voranschreitenden Digitalisierung vereinbar?

Unbedingt, Lesesäle stellen in unserer unheim-lich lauten, hektischen und betriebsamen Zeit, Rückzugsorte dar. Wenn man sich zum Beispiel in einen Computer statt in ein Buch versetzt oder versenkt, ist man ja irgendwie auch in einer Sache versunken und dafür braucht es ganz gezielt Orte. Orte, um dieses Bewusstsein, dass hier Wissen ge-speichert ist und ich hier in einem Speicher der Bi-bliothek sitze. Wenn ich stattdessen in einem leeren abstrakten Raum sitzen würde, dann hätte ich nicht das Gefühl dieser Konzentration, egal, ob ich ein di-gitales Medium oder ein Buch benutze.

Sie schwärmen von Lesesälen, sie bauen Archive und Bibliotheken: Nutzen Sie diese auch?

Ich liebe Bibliotheken! Wenn ich könnte, würde ich selber, wie Karl Lagerfeld, eine eigene Bibliothek mit 500 000 Büchern haben wollen. Ich benutze öf-fentliche Bibliotheken aber selten, das gebe ich gerne zu, aber ich bin gerne in Bibliotheken. Ich bin zum Beispiel gerne in der Staatsbibliothek in Berlin.

Was ist in Ihren Augen das Besondere, was Hans Scharoun mit dieser Bibliothek geschaffen hat?

Diese Bibliothek ist zunächst ein Vorbild für ganz viele andere Bauten gewesen. Nicht für un-sere in Dresden, denn diese haben wir als eine der Ersten in diesem Jahrtausend wieder mit einem Le-sesaal versehen. Danach wurden wieder viele an-dere Bibliotheken mit einem Lesesaal gebaut, wie die von Max Dudler oder die in Stuttgart. Davor gab es aber eine Zeit, in der solche zentralen Lesesäle verpönt waren. Doch das ist falsch. Schauen Sie sich Scharouns Lesesaal an. Scharoun hat das großar-tig gemacht, mit diesem offenen Raum, der sich in alle Richtungen hin, zu allen Seiten hin, öffnet und verspringt. Das hat selbst heute noch etwas Utopi-sches. Diese Bibliothek ist zwar nicht meine Lieb-lingsbibliothek, aber sie ist schön und spannend wie eine Geschichte. Die Bibliothek, die mich am meis-ten beeinflusst hat hingegen ist für mich die Natio-nalbibliothek in Wien, weil ich dort studiert habe. Wenn man oft in dieselbe Bibliothek geht, bleibt es nicht aus, dass man sagt, das ist ein ganz wunder-bares Gebäude, mit einem wunderbaren Lesesaal.

Braucht es heute noch einen musealen Prunk-saal wie in Wien?

Ja, wir brauchen das, wir brauchen dies nicht nur als Geschichtsmonument oder als Monument einer kaiserlich-königlichen Tradition. Nein, wir brauchen es einfach, damit wir heute wissen, womit die Leute früher ihre Art von Verankerung fanden,

Ich liebe Biblio-theken! Wenn ich könnte, wür-de ich selber, wie Karl Lager-feld, eine eigene Bibliothek mit 500 000 Büchern haben wollen.

Der Lesesaal der SLUB Dresden: Der Lichteinfall soll Konzentration und Intimität fördern.

Für Architekt Manfred Ortner ist er ein Juwel: der Lesesaal der alten

Bibliothèque de France.

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wie hoch der Stellenwert ihres Wissens war. Heute ist das Wikipedia, die mittlerweile von dreiviertel der Schüler genutzt wird. Dabei ist eine Bibliothek als Quelle doch besser geeignet.

Worin liegt der Unterschied bei der Nutzung ei-ner städtischen Bibliothek gegenüber einer his-torischen Bibliothek?

Ich glaube, dass sich Stadtbibliotheken viel stär-ker in die didaktische Richtung entwickeln müs-sen. Die Unterhaltungsbibliotheken, wie es diese zu meiner Kindheit gab, in der man sich Bücher ausgeborgte, weil man diese anders nicht bekom-men konnte, weil sie vielleicht zu teuer waren, ist heute nicht mehr die primäre Funktion. Ich glaube, dass dieser Aspekt im Wesentlichen zurückgedrängt wird hin zugunsten einer erzieherisch didaktischen Bibliothek, eines Lernraums für Problematiken, um zum Beispiel Deutsch oder unsere Kultur zu erler-nen und zu erfahren. Ich frage mich schon, ob eine Zentralbibliothek, wie sie in Berlin geplant ist, nö-tig ist. Wenn dies zu Lasten der Bezirksbibliotheken geht, dann wäre es falsch. Wenn diese kleineren Bi-bliotheken nicht beschnitten werden, dann wäre das in Ordnung und auch ein tolles Vehikel, um eine Stadt voranzubringen.

Vergleichen Sie einen Bibliothkeksbau bei der Pla-nung beispielsweise mit Großbuchhandlungen?

Nein, man sollte sich da ganz auf die Funk-tion der Bibliothek konzentrieren. Da gibt es die drei großen Themen: Der Ort des Lernens, der Ort des Speicherns und der Ort der Erinnerung. Und wenn ich es vergleichen müsste, dann würde ich mich fragen: Was erwarte ich von einer Bibliothek? Was kann sie besser als Großbuchhandlungen? Was können wir von diesen lernen? Ist es vielleicht et-was, das nach außen hin ausstrahlend eine gewisse Speichermasse bzw. eine Speicherkraft darstellt und weniger einen kommunikativen Ort, wie es Bibliotheken beispielsweise in Skandinavien oder in Amerika sind. Dort sind es quasi zweite Kauf-häuser, in denen man auch lesen kann. Das würde ich für das Image unserer Bibliotheken absolut ab-trennen. Unsere Bibliothek in Dresden hatte immer den Anspruch, dass es sehr geordnet ist ,aber auch gleichzeitig etwas Labyrinthisches in sich trägt. Was uns bei der Planung zugutekam, war diese rie-sige Fläche von 100 mal 100 Metern. Diese große Grundfläche ermöglichte es, dem Gebäude ein la-byrinthisches System zum Eintauchen zu geben, in deren Mitte, ganz zentral und schön geordnet, sich der Hauptlesesaal befindet. Diese Art von Zwie-spalt und Rätselhaftigkeit ist meiner Meinung nach das Grundthema einer Bibliothek wie der SLUB oder dem Landesarchiv in Duisburg.

Die Bibliothek ein Massenspeicher – da bieten manche Internetanbieter einen größeren Infor-mationsspeicher an.

Im Internet ist die Masse nicht erfassbar, nicht dreidimensional und nicht zum Anfassen. Das In-ternet bietet viele Qualitäten Schnelligkeit, Zu-griff für jeden von überall. Aber dieses physische Erleben ist das, was uns dann grundsätzlich ir-gendwann einmal fehlen wird, sollte es Bibliothe-ken nicht mehr geben.

Unter Ihrem Klingelschild steht »Libri«, die Ver-waltung eines Buchhandelsgrossisten mit riesi-gen Hallen von Medien, die zum nächsten Tag lieferbar sind ...

Stimmt, diese Großbuchhandlungen haben durchaus eine kommunikative Basis, die auch Fas-zination bietet. Doch im Normalfall ist eine Buch-handlung immer auf Verkauf ausgerichtet und eine Bibliothek verkauft keine Bücher. Im Gegenteil, man kommt mitunter nur herein, wenn man weiße Hand-schuhe anzieht und jemand vom Personal mitkommt. Alleine das ist schon aus meiner Sicht wohltuend.

Was können sich Bibliotheken von Buchhand-lungen abschauen?

Bibliotheken sollten sich das Kommerzielle nicht abschauen. Museen machen das ja bereits, in-dem sie zunehmend mehr Bereiche haben, die kom-merziell orientiert sind. Dort gibt es zum Beispiel eine Buchhandlung und einen Souvenirshop. So et-was böte natürlich Bibliotheken die Chance, sich fi-nanziell auf die Sprünge zu helfen. Ich glaube aber, dafür besteht gar kein Bedarf. Sehen Sie sich die Zahlen der SLUB an. Meine Tochter geht dort oft hin und bestätigt, dass es da keine Lese- und Arbeits-plätze mehr gibt, obwohl diese ein paar tausend Plätze hat. Wenn es überhaupt etwas von den Buch-handlungen zu lernen gibt, ist es das: Die Präsenta-tion der Büchermengen, der sichtbaren Masse von Wissen und Informationen regt an. Das haben gute Buchhandlungen von alten Bibliotheken gelernt.

Herr Ortner, ich danke Ihnen.

SCHWERPUNKTRÄUME DER ZUKUNFT

Was sagen Sie, Herr Wilson, muss sich eine Bibliothek in das

Stadtbild einfügen?

Ich frage mich schon, ob eine Zentralbiblio-thek, wie sie in Berlin geplant ist, nötig ist. Wenn dies zu Lasten der Be-zirksbibliothe-ken geht, dann wäre es falsch.

Die Präsenta-tion der Bü-chermengen, der sichtbaren Masse von Wis-sen und Infor-mationen regt an. Das haben gute Buch-handlungen von alten Bibliothe-ken gelernt.

Fotos: Dirk Wissen

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Dirk Wissen: Wie wichtig ist es, dass sich eine Bi-bliothek in das Ensemble eines Stadtteils einfügt?

Peter Wilson: Das ist enorm wichtig für das Stadt-bild und die Vernetzung der Stadt. Die Bibliothek in Münster ist einer der einzigen Neubauten in der In-nenstadt, bei dem man bei der Nutzung als Bürger nicht gezwungen wird, Geld auszugeben. Die Biblio-thek ist ein freies Haus und ein öffentlicher Raum. Sie bietet vielen ein zweites Zuhause mitten in der Innenstadt. Vergleichbar sind nur noch die Kirchen oder in England noch die Museen, die kostenfrei zu-gänglich sind. Als von Tony Blair eingeführt wurde, dass Museen kostenfrei zu besuchen sind, wurde dies zu einem unglaublichen Besuchererfolg. Das Schöne hieran und an einer Bibliothek ist, dass es dabei über-haupt nicht um einen »commercial space« geht, doch leider werden regelmäßig ganze Stadtzentren zu Op-fern des Kommerzes.

Wie wichtig ist die Aufenthaltsqualität für die At-mosphäre einer Bibliothek?

Da gibt es zwei Aspekte zu beachten: Eine

städtebauliche Betrachtung bedeutet zu hinterfra-gen, wie das Gebäude sich in ein Stadtgefüge ein-bringt, und die atmosphärische Betrachtung bedeu-tet zu hinterfragen, wie das Gebäude von innen zu erleben ist. Städtebaulich ist das Gebäude der Stadt-bücherei Münster verformt durch die Umgebung im historischen Kern der Stadt. Wir hatten hier als Auf-gabe, ein modernes Gebäude in eine historische Alt-stadt hineinzusetzen, mit Straßenfluchten, gegebe-nen historischen Wegen und deren sichtbaren Spu-ren. Von außen betrachtet ist die Stadtbücherei als sehr modernes Gebäude geplant worden. Die Atmo-sphäre hingegen kommt aber immer von innen. Ich glaube persönlich nicht, dass die Atmosphäre wis-senschaftlich festzulegen ist. Sie ist etwas, das man nur individuell im eigenen Kopf und Körper spüren kann. Ich hoffe, dass wir mit der Münsteraner Bib-liothek ein Haus geschaffen haben, in dem sich fast jeder Nutzer individuell wohlfühlen und seine ei-gene Atmosphäre ins Leben rufen kann.

Wie wichtig ist für dieses Fühlen der Medien-raum und der freie Raum, um Aufenthaltsquali-tät einer Bibliothek zu schaffen?

Da fällt mir das Dokk1 in Aarhus ein, wo ich neulich war. Es hat mich schockiert, wie viel Frei-raum diese Bibliothek im Inneren hat. Solche rie-sigen und leeren Räumlichkeiten und Flächen, wie ich sie da sah, sind unprogrammierte Räume, un-glaublich. Unsere Definition von Aufenthaltsquali-tät hat dagegen mit Szenograhie zu tun. Diese Me-thode der architektonischen Komposition orientiert sich sehr an der englischen Landschaftsgartenarchi-tektur, wo Blickwinkel geboten werden, bei denen man beim Hereinlaufen weit weg ein Ziel sieht und

SCHWERPUNKT RÄUME DER ZUKUNFT

»un-commercial space« – »un-programmed space« – »un-precedented axis« Auf einen weiteren Espresso mit dem australischen Architekten Peter Wilson zur »Atmosphäre von Bibliotheken«

Auf einen Espresso mit Peter Wilson.

Wissen fragt ...?

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Stadtbibliothek Münster

Zusammen mit seiner Frau Julia Bolles-Wilson baute Peter Wilson von 1989 bis 1993 in Münster die Stadtbücherei und setzte damit neue architektonische Standards im Bibliotheksbau, wofür sie 1995 mit dem »Deutschen Architekturpreis« ausge-zeichnet wurden. Ihr Architekturbüro baute neben einem Stadtquartier in Perugia und einem Einkaufszentrum in Den Haag in den vergangenen Jahren unter anderem die neue City Library in Helmond und die Gefängnisbibliothek der JVA-Müns-ter, die 2007 deutsche »Bibliothek des Jahres« wurde. Aktuell plant das Büro den Bau der Stadtbibliothek in Korça, Alba-nien, und einen Neubau für die Nationalbibliothek von Luxemburg. Im Interview der Reihe »Wissen fragt ...«, erzählt Wil-son unter anderem von der Funktion von Bibliotheken als öffentlichem Raum und der hierzu nötigen Aufenthaltsqualität.

Es hat mich schockiert, wie viel Freiraum das Dokk1 im Inneren hat.

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SCHWERPUNKT RÄUME DER ZUKUNFT

die Perspektive in Szene gesetzt ist. Wir verstehen das als eine Form der räumlichen Inszenierung und sind skeptisch gegenüber völlig unprogrammierten Räumen bzw. »un-programmed spaces«. Ich denke, Bibliotheken sollten in Teilen programmiert, zum Beispiel als Lounge gestaltet sein, und hierdurch Raum als ein positives Erlebnis bieten. Entschei-dend ist, dass Bibliotheksräume von den Bürgern und Nutzern angenommen werden müssen. Die Bi-bliotheksräumlichkeiten müssen inspirierend sein und den Wunsch wecken, diese benutzen zu wol-len, sonst ist die Architektur stumm. Die Bibliothek in Aarhus wird jetzt am Anfang sehr gut angenom-men, weil sehr viele Dänen neugierig sind und sich dieses neue Haus ansehen wollen. Man wird sehen, ob dies längerfristig funktionieren wird. Die Büche-rei in Münster ist nicht nur von Anfang an sehr gut angenommen worden, sondern wird auch heute noch von 3 000 bis 4 000 Besuchern am Tag genutzt. Diese Bibliothek ist für viele Menschen ein Anker-punkt in der Stadt.

Die Gasse zwischen den beiden Baukörpern der Bibliothek ist doch auch »unbebauter Raum«?

Diese »un-precedented axis«, diese Gasse, ist der Grund, weshalb unser Büro am Ende den Wettbe-werb für dieses Gebäude gewonnen hat, denn wir

haben den freien Blick auf die St. Lamberti-Kirche beibehalten und damit die Historie respektiert. Die-ser Schnitt direkt durch das Haus hat aber auch noch weitere Gründe. Eine Interpretation ist zum Beispiel, dass wir das Großvolumen der Baumasse verklei-nern wollten. Das bedeutet, wir haben zwei kleinere statt eines großvolumigen Objekts gebaut. Ein wei-terer Grund, das Gebäude in zwei Hälften zu teilen war, eine neue Gasse zu erfinden, die quer durch das Haus läuft und somit eine Überlagerung von öffent-lichem Stadtraum und internem Bibliotheksraum entsteht. Diese neue Gasse ermöglicht es, von außen quer durch das Innere der Bibliothek laufen zu kön-nen, ohne dass man in die Bibliothek hineingetreten ist. Es ist möglich, außen und dennoch mitten in der Bibliothek zu stehen. Oberhalb sind beide Gebäude-teile durch eine Brücke miteinander verbunden.

Was sollten eine Stadtbibliothek oder eine Nati-onalbibliothek funktionell bieten?

Eine Nationalbibliothek sammelt das Gedächt-nis eines Landes. Sie ist gleichzeitig nicht nur eine Bibliothek, die sich an einem hohen Wissensstand orientiert, sondern dort werden auch Sozialprob-leme angegangen. So sollen zum Beispiel auch Ob-dachlose diese Bibliothek nutzen können. Die Stadt-bücherei Münster bietet ähnliche Möglichkeiten, beispielsweise mit ihrem Zeitungslesesaal, der viel Platz um einen großen Tisch herum bietet. Da sitzen täglich emeritierte Professoren neben Obdachlosen, die jeweils ihre Zeitung lesen. Beide Personen an

Eine Nationalbi-bliothek sam-melt das Ge-dächtnis eines Landes.

Die Ausleihzahlen der Gefängnis-bibliothek in Münster dürften wohl sinken: Wegen Baufälligkeit wurde die JVA kürzlich evakuiert.

Eine Gasse mitten durch die Bibliothek: Die Stadtbibliothek Münster über-

spannt diese Gasse mit einer Brücke.

Ihre Meinung: Wie würden Sie die Funktion von Bibliotheken beschreiben? Schreiben Sie an: [email protected]

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den gleichen Tisch zu bringen ist eine soziale Leis-tung, wie sie nur Bibliotheken bieten, ganz gleich ob National-, Gefängnis- oder Stadtbibliothek. Der Unterschied ist dann eigentlich nur noch, dass Nati-onalbibliotheken oder wissenschaftliche Bibliothe-ken sehr wertvolle Sammlungen haben und Stadtbi-bliotheken diese nicht unbedingt beherbergen. Als wir die Stadtbücherei Münster planten, war ich so-gar überrascht, dass die Bibliotheksleiterin erklärte, dass in einer Stadtbibliothek Bücher ein »shelf life« von nur circa drei bis fünf Jahren haben. In einer Stadtbibliothek werden die Bücher verbraucht, die Nutzer notieren etwas darin, reißen sogar Blätter heraus. Es ist eine Gebrauchsbibliothek und die Na-tionalbibliothek ist eine Aufbewahrungsbibliothek.

Und wie lässt sich eine Gefängnisbibliothek so gestalten, dass es nicht zu einem Gedanken-Ge-fängnis wird?

Unsere Architektur wird in Deutschland nicht sonderlich hoch geschätzt, im Ausland hingegen schon, denn wir bieten eine sehr angelsächsische Interpretation von Bibliothek. Deutsche Kollegen suchen meist eine sehr geometrische Form und Strenge, um Bibliotheken zu gestalten. Sie kennen bestimmt die Diözesan-Bibliothek in Münster. Als ich dort mit einem englischen Architektenfreund war, sind wir gar nicht erst hineingegangen. Er hat sich umgedreht und gesagt: »In ein solches Gebäude gehe ich nicht, das ist ein thought-prison«, also ein Gedanken-Gefängnis. Wir benutzten hingegen in der Gefängnisbibliothek der JVA in Münster einen Trick, indem wir mit Spiegeln oberhalb der Regale gearbeitet haben. Dies bietet einen virtuellen und kaleidoskopischen Blick und man erhält hierdurch ein bisschen Freiheitsgefühl.

Sie haben den 1. Platz im Wettbewerb zum Bau der »Europäischen Bibliothek für Information und Kultur« in Mailand gewonnen?

Zehn Jahre lang haben wir an der Bibliothek in Mailand gearbeitet, bis alle Baupläne fertig waren – für 140 Millionen Euro Baukosten. Doch die Ita-liener waren nicht reif, dieses Gebäude zu bauen. Sehr schmerzhaft für uns. Wir haben zehn Jahre an das Projekt geglaubt, vom Modell über die Pla-nung bis hin zur Ausschreibung. Alles war fertig und das Geld dafür war vom Amt für öffentliche Bauten bereits zugesichert worden und dann war niemand von den Politikern Mailands dazu bereit, die Bauplanung real umzusetzen. Als Architekt ist es normal Pläne für Gebäude zu machen, die viel-leicht nie gebaut werden. Doch wenn tatsächlich über zehn Jahre etwas geplant wurde, ist es sehr tragisch zu erleben, wenn die Politik für eine Zu-kunft nicht bereit ist.

Den Bibliotheksbesuch verbinden Bürger auch mit Kommerz, sie gehen einkaufen oder Kaffee trinken.

Das ist ein interessanter Aspekt, den wir bei der Planung des Spuimarkt Blocks in Den Haag hätten be-rücksichtigen sollen. Leider enthielten die Nutzungs-vorgaben keine Bibliothek. Nach dem Bau dieses Ein-kaufszentrums haben wir uns entschlossen, nie wie-der eines zu planen. Der Bau von Einkaufszentren ist ein Gruselgeschäft. Die Niederländer haben durch diesen exzessiven Kommerzgedanken ihre Städte und ihre Wirtschaft ruiniert. Und das wurde auch bestraft, denn durch so eine extreme Kommerzialisierung sind die Innenstädte nicht mehr so authentisch und ihr wirtschaftlicher Kreislauf geht den Bach runter. Der Investor des Einkaufzentrums in Den Haag zum Beispiel war ein Developer, der heute gar nicht mehr existiert. Da wird sich viel ändern müssen. Solche reinen Kommerzviertel sind städtebaulicher Selbst-mord, es fehlen Bildungs- und Kultureinrichtungen.

Werden Großprojekte gebaut, veröffentlicht fast jeder Architekt hierzu ein eigenes Buch und die Verlage präsentieren es auf der Buchmesse. Ist das nicht auch Kommerz?

Ja, das ist erst mal Kommerz – für den Verlag. Die armen Architekten müssen ihre eigenen Bücher subventionieren. Eines zu unserer Architektur ist im englischen Verlag der Architectural Association in London erschienen. Und neulich ist von mir der Titel »Some Reasons for Travelling to Italy« erschie-nen und beinhaltet unsere Erfahrungen in Mailand und Perugia sowie die Geschichte der »Grand Tour« des 18. Jahrhunderts. Doch diese Bücher haben für mich weniger etwas mit Kommerz zu tun, als viel-mehr mit der Langlebigkeit von Büchern, Ideen und Architektur, die etwas dokumentieren. Dieser Aspekt hat für Architekturbücher eine hohe Bedeutung. Die neuen Medien und Medienformate sind enorm kurz-lebig und haben nicht diese Dauerhaftigkeit. In fünf Jahren sind diese digitalen Veröffentlichungen nicht mehr auffindbar oder man hat ein neues Computer-programm, sodass sie nicht mehr lesbar sind.

Herr Wilson, ich danke Ihnen.

SCHWERPUNKT RÄUME DER ZUKUNFT

Mehr dazu in der nächsten Folge von »Wissen fragt …?«. Fotos: Dirk Wissen

Was sagen Sie Frau Alexijewitsch: Worauf fokussieren Sie sich beim

Bibliotheksbesuch?

Zehn Jahre lang haben wir an der Bibliothek in Mailand gear-beitet, bis alle Baupläne fertig waren – für 140 Millionen Euro Baukosten.

Unsere Archi-tektur wird in Deutschland nicht sonderlich hoch geschätzt. Wir bieten eine sehr angelsäch-sische Inter-pretation von Bibliothek.

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Gemeinden, die vollständigeiner Leader-Region angehören

Gemeinden, die teilweiseeiner Leader-Region angehören

Gemeinden, die ganz oderteilweise zwei Leader-Regionen angehören

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Göttinger LandKulturLandschaft

HessenSpitze

Kulturland Kreis Höxter

Harzweserland Osterode am Harz

Eichsfeld

Südharz

Kyffhäuser

Sömmerda-ErfurtUnstrut-HainichWerra-Meißner

Hersfeld-Rotenburg Wartburg-

regionGotha-Ilm-Kreis-Erfurt

Weimarer Land - Mittelthüringen

Saale - Holzland

Naturpark Saale-Unstrut-

Triasland

Mansfeld-Südharz

Henneberger Land

Saalfeld-Rudolstadt Saale-

Orla

Greizer Land

Montan-region

Sachsen-Anhalt

Süd

Landkreis Hof

Vogtland

Falkenstein-Sagenhaftes Vogtland!

West-erzgebirge

Zwickauer

Land

SchönburgerLand

Tor zum Erzgebirge - Vision 2020

Zwönitztal-Greifensteinregion

AnnabergerLand Erzgebirgsregion

Flöha- und Zschopautal

Silbernes Erzgebirge

Sächsische SchweizAltenburger

Land

Land des Roten

Porphyr

Sachsen-Kreuz+

KlosterbezirkAltzella

LommatzscherPflege

Elbe-Röder-Dreieck Dresdner

Heidebogen

West-lausitz

BautzenerOberland

Kottmar

Zentrale Oberlausitz

Naturpark Zittauer Gebirge

Lausitzer Seenland

OberlausitzerHeide- und

Teichlandschaft

Östliche Oberlausitz

Energieregion im Lausitzer

Seenland

Spree-Neiße-Land

Elbe-Elster

Spreewald PLUS

Rund um den Fläming-Skate

Sächsisches Zweistromland-

OstelbienLeipziger

Muldenland

SüdraumLeipzig

DelitzscherLand

Dübener Heide

Dübener Heide

Wittenberger Land

AnhaltUnteres Saaletal und Petersberg

Mittlere Elbe -Fläming

Elbe-Saale

Fläming-Havel

Zwischen Elbe und

Fiener Bruch

Havelland Märkische Seen

Oderland

BarnimObereHavelOstprignitz-Ruppin

Elb-Havel-Winkel

Uckermark

Mecklenburg-Strelitz

Stettiner Haff

Demminer LandGüstrower Landkreis

MecklenburgischeSeenplatte

Warnow-Elde-Land

Storchenland-Prignitz

Flusslandschaft Peenetal

Vorpommersche Küste

Nordvorpommern

Rügen

Ostsee-DBR

Westmecklenburgische Ostseeküste

MecklenburgerSchaalsee-

region

SüdWestMecklenburg

HerzogtumLauenburg

Nord

Sachsenwald-Elbe

Sieker Land

Sachsen-wald

Alster-land

Innere Lübecker

Bucht HolsteinsHerz

Wagrien-Fehmarn

Ostseeküste

Schwentine - Holsteinische Schweiz

Holsteiner Auenland

Mittelholstein

Eider- undKanalregionRendsburg

Hügelland am Ostseestrand

Schlei-Ostsee

Mitte des Nordens

Eider-Treene-Sorge

NordfrieslandNordUthlande

SüdlichesNordfriesland

Dithmarschen

Steinburg

Kehdingen-Oste

HadlerRegion

WesermündeNord

WesermündeSüd

Kulturland-schaftenOsterholz

Achtern-Elbe-Diek

NaturparkregionLüneburger Heide

Elbtalaue

HeideregionUelzenHohe Heide

Vogelpark-Region

Aller-Leine-Tal

KulturraumOberes

Örtzetal

Meer und Moor

Schaum-burgerLand

Aller-Fuhse-

Aue

PeinerLand

IsenhagenerLand

Mittlere Altmark

Grünes Band

imLandkreis

Helmstedt

Rund um den Drömling

Colbitz- Letzlinger

Heide

Uchte-Tanger-

Elbe

FlechtingerHöhenzug

Börde-landBörde

Rund um den Huy Börde- Bode- Auen

Nordharz

Aschersleben Seeland

HarzWestharz

3L in Lippe

Nord-lippe

Westliches Weser- bergland

Östliches Weser- bergland

VoglerRegion

Weser-marsch

in Bewegung

WildeshauserGeest

Wattenmeer-Achter

Nordseemarschen

SüdlichesFriesland

Östlich der

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Fehn-gebiet Parkland-

schaftAmmer-

land

Soeste-niederung

Hümmling

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Grenzen

Hasetal

Vechta

GrafschaftBentheim Südliches

Emsland

TecklenburgerLand

SteinfurterLand

Kultur-landschaft

Ahaus-Heek-

LegdenBaumberge

Bocholter Aa

LeistendeLandschaft

Börde trifftRuhr

LEADER sein!

Bürgerregion am Sorpesee

LenneSchiene

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im Sauerland

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SüdlichesPaderbornerLand

HochsauerlandDiemelsee-Nordwaldeck

BergischesWasserland BiggeLand -

Echt. Zukunft

Wittgen-stein

Kellerwald-Edersee

CasselerBergland

MittleresFuldatal

Burgwald-Ederbergland

MarburgerLand

Schwalm-Aue Knüll

Rhön

FuldaSüdwest

Vogelsberg

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EckLahn-Dill-Bergland

Raiffeisen-Region

Westerwald

Lahn-Dill-Wetzlar

GießenerLand

Rhein-Wied

Limburg-Weilburg Wetterau/

OberhessenLahn-Taunus

Taunus

Rheingau

WelterbeOberes

Mittelrheintal

SPESSARTregional

Spessart

Bad Kissingen

Rhön-Grabfeld

Darmstadt- Dieburg

Wein, Wald, Wasser

Schweinfurter Land

Haßberge

RheinhessenSoonwald-Nahe

HunsrückMosel

Rhein-Eifel

Rheinisches Revier

an Inde und Rur

ZülpicherBörde

Eifel

Vulkaneifel

Bitburg-Prüm

Mosel-franken

Erbeskopf

Merzig-WadernSt.

Wendeler Land

Donnersberger und

Lautrer Land Rhein-Haardt

Odenwald

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Badisch-Franken

Z.I.E.L.Kitzingen

SüdlicherSteigerwald

Region Bamberg

Hildburghausen-Sonneberg

Coburg Stadt und Land aktiv

Landkreis Kronach im Frankenwald

Region Obermain Kulmbacher

LandFichtelgebirge-

Innovativ

InitiAKTIVKreis Tirschenreuth

BayreutherLand

Forum Neustadt PlusKulturerlebnisFränkische

Schweiz

NürnbergerLand

Amberg-Sulzbach Regional-

entwicklung im

Landkreis Schwandorf ChamREGINA-Neumarkt

ErLebensweltRoth

Landkreis Fürth

AltmühlfrankenRegion

Hesselberg

Regionan der

RomantischenStraße

Aisch-grund

Hohenlohe-Tauber

JagstregionSchwäbischer

Wald

Neckartal-Odenwald

aktiv

Kraichgau

Warndt-Saargau

Biosphären-reservatBliesgau

Pfälzerwaldplus

Südpfalz

Mittelbaden/Schwarzwald-

hochstraße

Nord-schwarzwald Heckengäu

MittlererSchwarzwald

Oberer Neckar

Mittlere Alb

Brenzregion

Oberschwaben

MittleresOberschwaben

Regional- entwicklung

Landkreis Neu-Ulm

SchwäbischesDonautal

ReALWest

Begegnungs-land

Lech-Wertach

Kneippland® Unterallgäu

MonheimerAlb -

AltmühlJura

Altmühl-Donau

AltbayerischesDonaumoos

WittelsbacherLand

Altmühl-Jura

Regionalentwicklung im Landkreis Regensburg

Regionalentwicklungs-verein Straubing-Bogen

LandkreisKehlheim

ARBERLAND

LandkreisFreyung-Grafenau

LandkreisDeggendorf

Regionalinitiative Passauer LandLandkreis

LandshutDingolfing-

Landau

LandkreisRottal-Inn

LandkreisPfaffen-hofenan derIlm

DachauAGIL

MittlereIsarregion

MühldorferNetz

Traun-Alz-

SalzachChiemgauerSeenplatte

ChiemgauerAlpen Berchtes-

gadenerLand

Mangfalltal-InntalKreis-

entwicklungMiesbacher

LandBad Tölz-Wolfrats-hausen

Ammer-see

Auerbergland-Pfaffenwinkel

RegioZugspitzregion

bergauflandOstallgäu

Regional-entwicklungOberallgäu

Regionalentwicklung Westallgäu-

Bayerischer Bodensee

Württem-bergisches

Allgäu

Süd-schwarzwald

Lippe-Issel-Niederrhein Lippe-Möhnesee

Oben an der

Volme

Oberberg

Westrich-GlantalSaarland

Baden-Württemberg

Bayern

ThüringenHessen

Nordrhein-Westfalen

Niedersachsen

Schleswig-Holstein

Mecklenburg-Vorpommern

Brandenburg

Sachsen-Anhalt

SachsenDresden

Erfurt

PotsdamBerlin

Magdeburg

Schwerin

Kiel

Bremen

Hamburg

Hannover

Düsseldorf

Wiesbaden

Mainz

Saar-brücken

Stuttgart

München

Rheinland-Pfalz

Niederrhein:natürlich lebendig!

Ortenau

LEADER-Regionen in Deutschland 2014-2020

© GeoBasis-DE / BKG 2014 / Kartenerstellung: Deutsche Vernetzungsstelle Ländliche Räume (DVS) / Yellowfarm, agentur für grafik und design gmbh

PinnebergerMarsch & Geest

Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums: Hier investiert Europa in die ländlichen Gebiete. Zuständige Verwaltungsbehörde: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL).

Die LEADER-Regionen in Deutschland. In den dunkel-roten Gebieten gehören die Gemeinden vollständig einer Leader-Region an. Quelle: www.netzwerk-laend licher-raum.de/service/publikationen/eler-leader/leader-karten

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LESESAAL PRAXIS

Julia Borries

Kulturinstitutionen im ländlichen Raum – Förderungsoptionen Viele Förderprogramme vorhanden, aber nicht alle greifen

In den vergangenen Monaten hat die Flüchtlingskrise die Förderszene in Atem gehalten und dort für viele Verände-rungen gesorgt.1 Es gibt aber noch weitere demografische Entwicklungen in Deutschland, die öffentliche Geldgeber, aber auch private Förderer bei der Konzeption von Förder-programmen in den nächsten Jahren beschäftigen wer-den. Die Menschen werden älter, Städte und urbane Zen-tren werden immer beliebter. Durch den Strukturwandel in Industrie und Wirtschaft verlassen die jüngeren Gene-rationen die ländlichen Regionen und ziehen in die Städte, um Arbeit zu finden und auch Bildung, Kultur und Chancen nutzen zu können.2 Häufig bleiben die weniger Mobilen, vor allem die älteren Menschen, oder die, die es sich nicht leisten können – und die wenigen, die aus Überzeugung bleiben. Die Folgen der »Landflucht«: Zunehmende Armut, Bildungsabwanderung und Überalterung gelten aktuell als kennzeichnende Merkmale der Bevölkerungsentwicklung abgelegener ländlicher Räume.3

Dort hat man mit folgenreichen Veränderungen zu kämpfen. Die Steuereinnahmen sinken, die ohnehin verschuldeten Kom-munen kürzen bei den freiwilligen Leistungen – den Kulturein-richtungen wie Bibliotheken, Museen oder Theatern. Der Wert dieser Kultureinrichtungen für das Zusammenleben in den Re-gionen wird von Politik und Entscheidungsträgern meist als nachrangig bewertet. Immer mehr Förderer heben aber auch den entscheidenden Beitrag von Kultureinrichtungen zur Stabi-lisierung von Identität und Gemeinschaftsbildung hervor. Weil

dies in den Ausschreibungen so aber nicht immer steht, bleibt der Förderdschungel unübersichtlich und überaus komplex. Welche Förderungen und Ansätze der EU, des Bundes oder von Stiftungen für Kulturinstitutionen wie Bibliotheken im länd-lichen Raum interessant sind, wird im Folgenden dargestellt.

EU-Förderung im Rahmen des LEADER-Ansatzes

Der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) ist das Instrument der Europäischen Union zur Unterstützung der ländlichen Räume. Einer seiner vier Schwerpunkte ist das Förderkonzept LEADER. LEADER steht für »Liaison entre actions de développement de l‘écono-mie rurale«, was soviel bedeutet wie »Verbindung zwischen Ak-tionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft«. Seit 1991 existiert dieses EU-Förderprogramm und ist seit 2006 ein ei-genständiger Schwerpunkt. Aber wie kann die EU, wie können »die da drüben in Brüssel« regional gut fördern?

Bottom-up-Prinzip in der LEADER-Förderung

Die EU kann regional gut fördern, indem das Geld an den Stel-len zur Verteilung eingesetzt wird, wo die Menschen Entschei-dungen treffen und Einfluss haben, die direkt von den Projek-ten profitieren. Die lesenswerte Studie »Förderpotenziale für die kulturelle Infrastruktur sowie für kulturelle Aktivitäten in

1 Zahlreiche öffentliche Förderer haben neue Programme auf die Beine gestellt, Wettbewerbe ausgeschrieben, Stiftungen und Initiativen wur-den gegründet, um im Bereich der Flüchtlingshilfe, der Integration und der kulturellen Bildung Anstöße zu geben und in bestem Fall auch nachhaltige Strukturen zu schaffen. Beispielhaft eine Übersicht des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen der zurzeit aktiven Stiftungen im Bereich der Flüchtlingshilfe: www.stiftungen.org/de/stiftungswissen/stiftungen-und-fluechtlingshilfe.html

2 Versuch einer Definition des ländlichen Raumes vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung: Alle kreisfreien Großstädte sowie die städtischen Kreise bilden den städtischen Raum, alle ländlichen Kreise bilden den ländlichen Raum, www.bbsr.bund.de/nn_1067638/BBSR/DE/Raumbeobachtung/Raumabgrenzungen/Kreistypen2/kreistypen.html

Die LEADER-Regionen in Deutschland. In den dunkel-roten Gebieten gehören die Gemeinden vollständig einer Leader-Region an. Quelle: www.netzwerk-laend licher-raum.de/service/publikationen/eler-leader/leader-karten

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LESESAAL PRAXIS

ländlichen Räumen. Eine Bestandsaufnahme«, erstellt vom In-stitut für Kulturpolitik der Kulturpolitischen Gesellschaft, bie-tet einen umfassenden Überblick über Akteure und Förderpro-gramme für den ländlichen Raum in Deutschland und zeigt auf, wie Förderung nachhaltig und sinnvoll wirken kann.4 Ein zen-trales Ergebnis der Studie und gleichzeitig Empfehlung an die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien Monika Grütters ist: Nur gemeinsam – und damit ist die aktive Einbeziehung und Zusammenarbeit mit der Bevölkerung gemeint, also der Men-schen, die vor Ort Kultur gestalten, nutzen und diese »konsu-mieren« – können kulturelle Aktivitäten dort ankommen, und als Angebot in ihrer Breite angenommen werden.

Dieses »Bottom-up-Prinzip« ist auch das Grundprinzip des LEADER. Vor Ort weiß man am besten, wo der Schuh drückt, wo-rin die regionalen Stärken liegen und wie sich eine Region nach-haltig, wirtschaftlich, kulturell und sozial weiterentwickeln kann.

Ab 2017 will das Bundesministeriums für Um-welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit jährlich 200 Millionen Euro in die Sanierung kommunaler sozialer Infrastruktur investieren.

Die Entwicklungsprozesse werden in den Regionen durch so-genannte lokale Aktionsgruppen (LAG) organisiert und beglei-tet. In diesen lokalen Aktionsgruppen sind die für die Region relevanten öffentlichen und privaten Akteure so zusammenge-schlossen, dass auf Ebene der Entscheidungsfindung eine Stim-menmehrheit auf Seiten der nicht öffentlichen Wirtschafts- und Sozialpartner sowie sonstigen Vertreter der Zivilgesellschaft liegt. Die Erarbeitung und Umsetzung einer Entwicklungsstra-tegie5, die eine Art Grundlagendokument zur Förderung ist, er-folgt durch die Bevölkerung der Region und durch Vertreter von Vereinen, Verbänden, Unternehmen, Kommunen, Kulturin-stitutionen, der Landwirtschaft et cetera – eben »bottom-up«. Die LAGs beraten und setzen Impulse für die ländliche Entwick-lung. Die Auswahl der Projekte stellt in diesem Rahmen eine zentrale Aufgabe dar. Grundlage für die Auswahl der Projekte sind Kriterien, die aus den Zielen der Entwicklungsstrategie ab-geleitet werden, die sich jede Region gegeben hat. Es werden modellhafte Ansätze und neue Lösungen gefördert.

Eine wichtige Rolle bei der Organisation des Entwicklungs-prozesses und der Begleitung der Umsetzung kommt dem Re-gionalmanagement zu. Die RegionalmanagerInnen der LEA-DER-Regionen sind zentrale Ansprechpartner zu Fragen des LEADER-Prozesses, beraten zu den Fördermöglichkeiten und sind unterstützend bei der Antragsstellung tätig.

Für die Zukunft wird entscheidend sein, dass die dort gemachten Erfahrungen weitergegeben werden, um eine weiterführende Debatte anzustoßen.

In der aktuellen Förderperiode 2014 bis 2020 gibt es 321 LEA-DER-Regionen6 – gute Chancen, das erste Kriterium für eine LEADER-Förderung zu erfüllen. Bis zu 65 Prozent der Pro-jektkosten können im Rahmen von LEADER gefördert wer-den. Den Rest muss der Projektträger selbst finanzieren.7 Der erste Schritt sollte also sein, zu prüfen, ob man Teil einer LEA-DER-Förderregion ist, und sich dann mit dem dortigen Regio-nalmanagement in Kontakt zu setzen.

Nationale Förderung des Bundes

Auch bei der nationalen Förderung von Kultur im ländlichen Raum gilt es, genau hinzuschauen. Ländliche Räume werden in Deutschland über die Gemeinschaftsaufgabe »Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes« (GAK) gefördert.8 Ein Teil der GAK ist die Integrierte Ländliche Entwicklung (ILE), deren Umsetzung und Programmierung über die Bundesländer erfolgt. Oberziel der ILE ist die Zusammenarbeit der gesamten Region auf der Grundlage einer gemeinsamen Handlungsstrategie, dem In-tegrierten Ländlichen Entwicklungskonzept (ILEK). Ziel der In-tegrierten Ländlichen Entwicklung ist ein gemeinsames Wirken von Akteuren der jeweiligen Region. Darunter wird die interkom-munale Zusammenarbeit unter Mitwirkung von Wirtschafts- und Sozialpartnern sowie sonstiger Bürger verstanden. Die Grundlage bildet ein Integriertes Regionales Entwicklungskonzept, dessen Umsetzung ebenfalls von einem Regionalmanagement begleitet wird. In Deutschland gibt es derzeit rund 100 ILE-Regionen.9

3 Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2014): Ländliche Regionen verstehen. Fakten und Hintergründe zum Leben und Arbeiten in ländlichen Regionen, Berlin. Verfügbar unter: www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Broschueren/LR-verstehen.pdf?__blob=publicationFile

4 Institut für Kulturpolitik der Kulturpolitischen Gesellschaft (Hrsg.) (2015): Förderpotenziale für die kulturelle Infrastruktur sowie für kul-turelle Aktivitäten in ländlichen Räumen. Eine Bestandsaufnahme, Bonn, online zu finden: www.kupoge.de/download/Studie_laend liche-kulturarbeit.pdf – Zwei Fragestellungen stehen im Mittelpunkt der Studie: 1. Welchen Beitrag leistet Kultur zur Abmilderung der Folgen des demografischen Wandels in ländlichen Räumen? 2. Wie kann Kultur in ländlichen Räumen, die vom demografischen Wandel betroffen sind, gut beziehungsweise besser gefördert werden?

5 Die lokalen Entwicklungsstrategien enthalten eine Bestandsaufnahme, eine Stärken-Schwächen-Analyse, Strategien und Leitbilder für die Region sowie einen ersten Schwung an Projektideen für die nächsten Jahre.

6 www.netzwerk-laendlicher-raum.de/regionen/lags-2014-2020/

7 Wer den LEADER noch besser verstehen möchte, dem seien die Filme empfohlen, die das Netzwerk für den Ländlichen Raum entwickelt hat. Zum LEADER allgemein: https://youtu.be/LPqvIZJOROs, zum Regionalmanagement: https://youtu.be/gk0inmpUlyo

8 www.bmel.de/DE/Landwirtschaft/Foerderung-Agrarsozialpolitik/GAK/gak_node.html

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LESESAAL PRAXIS

Zudem sei auf die Initiative »Ländliche Infrastruktur« des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Re-aktorsicherheit (BMUB) hingewiesen.10 Mit einer Reihe von Projekten (Städtebauförderungsprogramm »Kleinere Städte und Gemeinden«, Wettbewerb »Menschen und Erfolge«, För-derung von Regionalstrategien Daseinsvorsorge) greift das Ministerium den demografischen Wandel in ländlichen Räu-men fördertechnisch auf. Das Programm »Kleinere Städte und Gemeinden« richtet sich insbesondere an Klein- und Mittel-städte und Gemeinden ihres Versorgungsbereichs in dünn be-siedelten, ländlichen, von Abwanderung bedrohten oder vom demografischen Wandel betroffenen Räumen. Anträge stel-len Städte und Gemeinden bei dem für die Städtebauförde-rung zuständigen Landesministerium oder der von ihm be-auftragte Behörde (zum Beispiel Regierungspräsidium oder Landesverwaltungsamt).11

Ab 2017 will das BMUB zudem jährlich 200 Millionen Euro in die Sanierung kommunaler sozialer Infrastruktur investie-ren.12 Aktuell verhandelt der Bund mit den Ländern eine Verwal-tungsvereinbarung zur konkreten Verteilung der Investitionsmit-tel. Bei der Ausgestaltung der Verwaltungsvereinbarung soll dar-auf geachtet werden, dass die in Aussicht gestellten Fördermittel allen Städten und Gemeinden, also auch Kommunen im ländli-chen Raum, zugutekommen können. Zudem sollen explizit auch finanzschwache Kommunen an der Förderung partizipieren. Für Bibliotheksakteure ist es an der Stelle wichtig, bereits jetzt mit AnsprechpartnerInnen aus der städtebaulichen Verwaltung in Kontakt zu treten. Bibliotheken sind als kommunale Einrichtun-gen mit integrativem Zweck Ziel der Förderung, im besten Fall, in dem sie zusammen mit anderen Kultur- und Bildungsinstituti-onen eine Art Bildungszentrum bilden oder kooperieren.

Stiftungsförderung im ländlichen Raum

Stiftungen erkennen die Förderpotenziale der Kulturinstitutio-nen des ländlichen Raumes schon lange und viel konkreter an. Nicht nur regional, über die vielen Bürgerstiftungen und Spar-kassenstiftungen, auch auf Bundesebene bewegt sich gerade etwas. Mit dem neuen Programm »TRAFO – Modelle für Kultur im Wandel« wendet sich die Kulturstiftung des Bundes erstmals gezielt an ländliche Regionen und kleinere Gemeinden mit ih-rem Kulturangebot, um dort Transformationsprozesse anzusto-ßen.13 Allerdings handelt sich es sich hier nicht um ein offenes Programm, sondern um eine »aussuchende« Förderung. Die

vier Modellregionen stehen bereits fest. Zwei Stadtbibliotheken sind unter anderem Teil des zunächst auf fünf Jahre angelegten Programms, für das insgesamt 13,5 Millionen Euro bereitge-stellt werden.14 So plant die Stadt Osterode die Neuausrichtung und Umgestaltung der Stadtbibliothek zu einem interkulturel-len Ort der Begegnung, Bildung und Kultur. Das Jacobson-Haus in Seesen wird zu einem Veranstaltungshaus erweitert, in dem Theater, Konzerte und Ausstellungen stattfinden und ein bür-gernahes Kulturbüro angesiedelt ist.

Für die Zukunft wird entscheidend sein, dass die dort ge-machten Erfahrungen weitergegeben werden, um eine weiter-führende Debatte anzustoßen. Im Mittelpunkt stehen dabei Fragen wie: Wie erfindet sich eine Institution neu? Wie gelingt die Bürgerorientierung? Wie können sich kommunale Ange-bote ergänzen und welche Allianzen können gebildet werden zwischen Kultur, Politik und Verwaltung zugunsten attraktiver Kultureinrichtungen? Was brauchen die Menschen, die hier le-ben? Wie soll ein attraktives Kulturangebot für unsere Region in Zukunft aussehen?15 Aus dem Programm soll unter ande-rem eine Mobile Akademie entstehen, die ein Angebot darstel-len soll für Institutionenleiter, Verwaltungsmitarbeiter, und

Was ist LEADER? Ein Erklärvideo des Netzwerkes für den Ländlichen Raum hilft weiter. Screenshot: https://youtu.be/LPqvIZJOROs

9 Dokumente und Links zum Fördergrundsatz der GAK zur Integrierten Ländlichen Entwicklung und weitere grundlegende Dokumente fin-den sich auf den Seiten des BMEL: www.bmel.de/DE/Landwirtschaft/Foerderung-Agrarsozialpolitik/GAK/gak_node.html

10 www.bmub.bund.de/themen/stadt-wohnen/stadtentwicklung/initiative-laendliche-infrastruktur/

11 www.bmub.bund.de/fileadmin/Daten_BMU/Pools/Broschueren/kleinere_staedte_u_gemeinden_faltblatt_bf.pdf

12 Zur Pressemitteilung vom 15. Juni 2016: www.bmub.bund.de/N53207/

13 www.kulturstiftung-des-bundes.de/cms/de/projekte/nachhaltigkeit_und_zukunft/trafo/index.html

14 www.mwk.niedersachsen.de/aktuelles/presseinformationen/rund-drei-millionen-von-der-kulturstiftung-des-bundes-fuer- kulturangebot-in-suedniedersachsen-139410.html

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LESESAAL PRAXIS

Kulturverantwortliche in anderen Regionen, um von den Mo-dellprojekten zu lernen und Ideen zu übernehmen.

An diesem Ansatz erinnert viel an das Konzept des Kom-munalen Bildungsmanagements. Für Stiftungen ist dieses be-sonders interessant, können sie damit doch ihre Förderziele in Kooperation mit verschiedenen Akteuren greifbarer ma-chen und nachhaltig umsetzen. Dazu hat zuletzt der Bun-desverband Deutscher Stiftungen die Checkliste »Kommuna-les Bildungsmanagement gemeinsam gestalten – Was Stiftun-gen und Kommunen wissen und beachten sollten, wenn sie

eine Bildungslandschaft in Kooperation entwickeln wollen« veröffentlicht.16

Noch viel Potenzial für Kulturförderung im ländlichen Räumen

Es gibt bereits viele Förderprogramme für den ländlichen Raum. Ob diese alle greifen, wird kritisch diskutiert.17 Die Programme, die auch die Kulturförderung einbeziehen und die im Rahmen der Studie des Instituts für Kulturpolitik der Kulturpolitischen Gesellschaft aufgeführt werden, machen je-doch deutlich, dass es gerade im Bereich Kultur noch zahlrei-ches Verbesserungspotenzial gibt. Kulturpolitik im ländlichen Raum spielt meist nur dort eine Rolle, wo sich kulturelle Ak-teure einmischen, die Beteiligung der politischen Gemeinde einfordern oder als Partner dieser auftreten. Die herausgeho-bene Stellung von Kulturpolitik spiegelt sich nicht im Interesse der kommunalen Verantwortlichen wider – beziehungsweise in den kommunalen Haushalten. So sind auch die Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) grundsätzlich für die Kulturförderung interessant. Sie sind aber für Kulturak-teure schwer zugänglich. Kulturpolitik kann nachhaltig dort

Von LEADER gefördert: Bibliotheksprojekte

• Mit der Zusammenführung der Stadtbibliothek Neustrelitz, der Bibliothek der Stiftung Mecklenburg, dem Karbe-Wagner-Archiv, dem Archiv das Landestheaters Neustrelitz und den Sammlungen des Museums der Stadt zum Kulturquartier Mecklenburg-Strelitz ist für die Region ein Ort der Kommunikation, Bildung und Geschichtsvermitt-lung entstanden. Über LEADER wurde die Stadtbibliothek mit 422 139 Euro bezuschusst.1

• In der Stadt Gammertingen wurde die Stadtbü-cherei in der LEADER-Region Oberschwaben sowohl in der Medienausstattung als auch in der Möblierung und der Technik nachhaltig modernisiert. Etwa 185 000 Euro wur-den in Möbel, Regale, Medien und Büchereitechnik inves-tiert – finanziert mit etwa 110 000 Euro Fördermitteln aus dem Sonderprogramm LEADER-Kultur-ILAG und dem Land Baden-Württemberg.2

• Im Projekt »Lesende Region Hochsauerland Literacy – Büchereien der LEADER-Region Hochsauerland« wurden SchülerInnen einer Fachschule für Sozialpädago-gik und allen ErzieherInnen im betroffenen »LEADER«-Ge-biet Hilfestellungen im Bereich Sprache, Sprachförderung, Lesefrühförderung und kreative Ideen zum Umgang mit dem Buch gegeben – insbesondere auch im Hinblick auf Migranten. Voraussetzung dafür war die Vernetzung aller bibliothekarischen Einrichtungen im LEADER-Gebiet mit der Fachschule.3

• In Lindau wurde das Bibliotheksmuseum 2013 in dem Projekt »ERBe: Ehemals Reichsstädtische Bibliothek im Alten Rathaus Lindau (B) – Altes ERBe neu erleben« unter anderem durch die LEADER-Förderung restauriert und in ein neues Antlitz gebracht.4

• Ein Beispiel aus Österreich: Im Rahmen des LEA-DER-Projektes »Bibliothekenlandschaft Oberkärnten«, das der Regionalverband Nockregion in Kooperation mit der LAG Großglockner/Mölltal-Oberdrautal 2014 durchführte, kooperierten zehn Bibliotheken aus dem Bezirk Spittal/Drau, tauschten Erfahrungen in ihrem Netzwerk aus und führten Veranstaltungen gemeinsam durch. Das Projekt un-terstützte die teilnehmenden Bibliotheken, lebensbegleiten-des Lernen reizvoller zu gestalten. Die Einrichtungen wur-den modernisiert oder ergänzt und es konnten zahlreiche Medien angekauft werden.5

1 Finanzierung: Bund-Länder-Programm »Kleinere Städte und Gemeinden«, weitere Städtebauförderungsprogramme: »Sanierung und Entwicklung«, »Städtebaulicher Denkmal-schutz«, Bündelung mit EU-Programmen: LEADER, EFRE (Tourismusförderung), ELER und INTERREG

2 www.leader-oberschwaben.de/?p=1859

3 www.bib-hochsauerland.de/index.html

4 www.kultur-lindau.de/bibliotheksmuseum/

5 www.wissenslandkarte.ktn.gv.at/288411_DE-BIBLIOTHEKEN- BIBLIOTHEKEN_PROJEKTE

Julia Borries ist Referentin für EU-

und Drittmittelberatung im Kom-

petenznetzwerk für Bibliotheken

(knb) beim Deutschen Bibliotheks-

verband (dbv). Sie ist Ansprechpart-

nerin bei Fragen zur Förderung im

ländlichen Raum oder zu konkre-

ten Fördermöglichkeiten. – Kontakt:

[email protected]

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LESESAAL PRAXIS

stattfinden, wo sich Initiativen, Einrichtungen und Konzepte finden, die diese initiieren, fördern und wo die entsprechende Beteiligung der ländlichen Bevölkerung gelingt (vgl. Studie, S. 27). Daher wird auch der Bottom-up Ansatz des LEADER als allgemein erfolgreich angesehen. Eine Herausforderung be-steht weiterhin darin, die ESI-Fonds-Verwaltungen in Bund und Ländern davon zu überzeugen, dass Kulturakteure wie Bibliotheken einen Beitrag zur Umsetzung integrierter Stadt- und Regionalentwicklungskonzepte leisten – wie im Rahmen sozialräumlicher Konzepte gegen Bildungsbenachteiligung, Ar-mut und soziale Ausgrenzung.18 Genauere Kenntnisse der Pro-grammplanungsprozesse der Operationellen Programme sind

in jedem Fall notwendig, um Möglichkeiten einer Intervention zugunsten einer stärkeren Einbeziehung kultureller Aspekte in die nächste Programmphase ab 2021 abstecken zu können. Für die Überzeugungsarbeit sind wiederum die Experten aus den Bibliotheken und Verbänden gefragt.

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15 Die Autoren des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung plädieren in ihrer Studie »Von Hürden und Helden. Wie sich das Leben auf dem Land neu erfinden lässt« dafür, das Leben auf dem Land einfacher zu gestalten: weg vom Anspruch der Vollversorgung, hin zu kre-ativen und flexibleren Möglichkeiten. Mit Blick auf Bibliotheken wäre das zum Beispiel der Einsatz mobiler Büchereien. Zur Studie: www.berlin-institut.org/publikationen/studien/von-huerden-und-helden.html

16 www.stiftungen.org/fileadmin/bvds/de/Projekte/NW_Stiftungen_Bildung/Checkliste_Netzwerk_Stiftungen_und_Bildung_2016.pdf

17 Dazu kritisch im »Spiegel«-Interview (www.spiegel.de/politik/deutschland/landflucht-studie-vom-berlin-institut-a-1012486.html) der Leiter des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung: Milliarden Euro hätten den Trend der Einwohnerentwicklung nicht stoppen können, er plädiert daher für eine Neuausrichtung der Versorgung im ländlichen Raum.

18 Generell ist der Versuch der Integration des Themas »Kultur« in den ESI-Fonds ein schwieriges und beizeiten auch frustrierendes Erlebnis. Dazu ausführlich Reiner Schmock-Bathe, der bei der Entstehung des Berliner Operationellen Programms (OP) intensiv beteiligt war. Nach-zulesen in Schmock-Bathe, Reiner (2015): Die Kultur und die Strukturfonds 2014-2020. Eine Zwischenbilanz, in: Sievers, Norbert (Hrsg.) Jahrbuch für Kulturpolitik 2014. Thema: Neue Kulturförderung, Bonn, 281-293.

Zwei Erklärvideos zum LEADER-Programm und die Karte mit den LEADER-Regionen in hoher Auflö-sung: Da lohnt es sich, in die BuB-App zu schauen.

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Petra Hauke

China auf dem grünen Weg?! Eindrücke einer Vortragsreise nach Hongkong, Peking und Guangzhou

»Wenn China nicht den grünen Weg geht, ist es das Ende der Welt.« So kompromisslos sagt es der chinesische Archi-tekt Li Xiaodong, der mit der Bibliothek von Liyuan im Dorf Huairou, unweit von Peking, ein Beispiel für ein in mehrfa-cher Hinsicht ökologisch nachhaltiges Bibliotheksgebäude schuf.1 Und China weiß das. Vielfältige Anstrengungen sind zu erkennen, ökologische Nachhaltigkeit nicht nur zu the-matisieren, sondern auch entsprechende Projekte zu re-alisieren.2 Dutzende von sogenannten »ecocities« sind im Bau, mehr als 200 derzeit geplant – ob sie allerdings das Problem wirklich lösen, ist umstritten.3 Und so wundert es nicht, dass auch Bibliotheken, einerseits als öffentliche Einrichtungen mit großem Energiebedarf für Gebäude und Betrieb, andererseits als gesellschaftlich geschätzte, stark genutzte Einrichtungen, aber auch als Multiplikatoren mit Vorbildfunktion, sich das Thema zu eigen machen.4

Anfang Juni 2016 lud die Hong Kong University of Science and Technology (HKUST) Library zusammen mit der Chi-nese University of Hong Kong (CUHK) Library zur – im Übri-gen ökologisch vorbildlichen (kein Papier, kein Plastik, kein Fast Food) – Konferenz »Academic Libra-rian 4 – Sustainable Academic Libraries: Now and Beyond«5 mit circa 300 Kon-gressbesuchern vor allem aus Hongkong und China, aber unter anderem auch aus Taiwan, Singapur, USA, Kanada, Austra-lien und Europa. Vier Themenkomplexe fassten die zahlreichen Aspekte von Nach-haltigkeit zusammen: (1) Sustainable En-vironment, (2) Sustainable Resources, (3) Sustainable Technologies, (4) Sustainable Services.

Gerade der erste Themenkomplex machte einmal mehr deutlich, dass der Slogan »Go Green« mehr beinhaltet als die Reduzierung von CO2-Emissionen, sondern auf eine grundsätzlich ökolo-gisch orientierte Haltung, eine »grüne« Strategie zielt, die den Menschen und sein Wohlbefinden – das letztlich von einer ge-sunden Natur abhängt – in den Mittel-punkt stellt. Auf dem wunderschönen, am Rande Hongkongs sich über grüne Hügel erstreckenden Campus6 der erst 25 Jahre alten HKUST – einer von acht öffentlich

geförderten Universitäten Hongkongs – wird das ökologische Konzept gelenkt von einem eigenen Lehrstuhl für Umwelt und

Nachhaltigkeit, der in einem Masterplan auch die universitätsinternen Umweltein-flüsse untersucht und einem Campus-Con-sortium für Nachhaltigkeit aller Universi-täten Hongkongs vorsteht.

Ökologische Nachhaltigkeit

Aber auch die den Kongress mitveranstal-tende CUHK Library präsentierte mit ih-rem Paper »More than just a green buil-ding – developing green strategies at the Chinese University of Hong Kong Library« unter anderem ein universitätsweit pro-klamiertes Büro-Programm »GO!« mit 32 auf einer Checkliste ausgewiesenen Aktio-nen.7 150 Forschungsprojekte thematisie-ren zudem ökologische Nachhaltigkeit in Lehre und Forschung. Die Bibliothek be-teiligt sich an diesen Programmen. Beson-ders stolz ist sie auf ihre durch Sponsoren finanzierte Dachbegrünung – »Urban Gar-dening« ist im dicht besiedelten Hongkong wahrlich eine attraktive Besonderheit!

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Sympathische Aufforderung zum Recyling auf dem Campus der Hongkong University of Science and Technology.

Nachhaltigkeit – ausgewiesenes Thema an der Hongkong University of Science and Technology. Fotos: Petra Hauke

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Auf Einladung des Goethe-Instituts China und von den Kolleginnen Michaela Bodesheim (Hongkong)8 und Ulrike Krei-enberg (Peking)9 sorgfältig vorbereitet, or-ganisiert und begleitet, war im Folgenden das von der Verfasserin in Hongkong prä-sentierte Thema »Ökologische Nachhaltig-keit – ein Marketing Tool für Bibliotheken« – angepasst an die jeweiligen Zielgruppen – auch Gegenstand von Vorträgen in Pe-king und Guangzhou.

Zunächst jedoch überraschte das Go-ethe-Institut in Peking mit seiner seit Ok-tober 2015 neuen Adresse im noblen Pe-kinger Kunstquartier »798«, ehemals Elek-tronikfabrik, in den 1950er-Jahren mit Unterstützung der DDR im Bauhaus-Stil erbaut. Die Bibliothek präsentiert sich hier als »Wissensbar« – mit bis zu 1 500 Besu-chern pro Tag in Spitzenzeiten. Das Ange-bot ist – in Abstimmung mit der kulturel-len Programmarbeit des GI – ausgerichtet auf die sogenannte »Creative Industries«.10

Schwerpunkte liegen bei digitaler Biblio-thek und Makerspace, bibliothekarischer Veranstaltungsarbeit, Fachaustausch und Netzwerkarbeit in ganz China, zehn Informations- und Lernzentren mit deutsch-sprachigen Beständen an chinesischen Partnerbibliotheken und einem umfangreichen Literatur- und Übersetzungsför-derungsprogramm deutscher Titel ins Chinesische. Übrigens: Auch die Umnutzung eines Bestandsgebäudes – anstelle Abriss und Neubau – ist im besten Sinne nachhaltig!

Die mehrfach ausgezeichnete Bibliothek versteht sich als »grüne Basis« für Information und Erfahrungsaustausch sowie Umwelt- Bildung und übernimmt eine aktive Rolle in der öffentlichen Umwelt-Bewegung und der Schaffung einer »grünen Stadt Peking«.

Die nächste Überraschung wartete am kommenden Tag in der Xicheng District No. 1 Library in Peking. Nicht nur, dass die Bibliothek einen Neubau plant und daraus das Interesse an ei-nem ökologisch nachhaltigen Gebäude resultiert, sondern die Bibliothek betreibt bereits seit 2004 ein Gemeinschaftsprojekt mit der schwedischen »LIFE International Foundation for Eco-logy«. In einem entsprechend ausgewiesenen Bereich im Foyer der Bibliothek werden Bücher, Videos, Zeitschriften, Zeitungen et cetera bereitgehalten, Datenbankrecherchen und Projektstu-dien ermöglicht sowie Bildungs- und Beratungsangebote zu ak-tuellen Trends im chinesischen Umweltschutz und darüber hi-naus gemacht. Regelmäßig werden Ausstellungen, Lesungen, Forschungsstudien zu Umweltschutzaktivitäten organisiert. Sowohl chinesische als auch internationale Experten werden

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eingeladen, um Vorträge zu halten und Freiwillige für die Be-teiligung an Aktivitäten zum Umweltschutz zu gewinnen. Die mehrfach ausgezeichnete Bibliothek versteht sich mit diesem Projekt als »grüne Basis« für Information und Erfahrungsaus-tausch sowie Umwelt-Bildung und übernimmt eine aktive Rolle in der öffentlichen Umwelt-Bewegung und der Schaffung einer »grünen Stadt Peking«.

In Guangzhou – mit mehr als elf Millionen Einwohnern eine der Mega-Cities Chinas – befindet sich auf dem East Campus

der Sun Yat-sen Universität die School for Information Ma-nagement. Ökologische Nachhaltigkeit ist hier ein selbstver-ständliches Thema, wie sich auch bei der 2004 gebauten East Campus Library zeigt. Die 36 000 Quadratmeter Nutzfläche, verteilt über sechs Stockwerke, bieten 3 000 Arbeitsplätze für täglich ebenso viele Besucher, deren Zahl in Prüfungsphasen bis zu 7 000 ansteigen kann. Die Architektur, inspiriert von ei-nem offenen Buch, aber auch von sich erhebenden Flügeln, ge-wann 2006 mit dem Lu Ban Award die höchste Auszeichnung

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1 »If China doesn‘t go green it‘s the end of the world« – Li Xiaodong on Liyuan Library. www.youtube.com/watch?v=DozShHsqj_U; siehe auch: Liyuan Library. www.youtube.com/watch?v=5gH SAPIyr-Q; vgl.auch: www.baunetzwissen.de/objektartikel/Ge-sund-Bauen-Li-Yuan-Bibliothek-in-Huairou-RC_2468719.html (Alle hier und im Folgenden genannten Internetadressen wurden zuletzt am 2.7.2016 geprüft.)

2 Vgl. zum Beispiel das Projekt der »Sino-Singapore Tianjin Eco-City«, www.tianjineco-city.com/en/ oder auch das deutsch- chinesische Projekt www.dena.de/internationales/china/eco- cities.html

3 Vgl. Shepard, W. (2015). Can hundreds of new »ecocities« solve China‘s environmental problems? www.tianjinecocity.gov.sg/events/2015/20151013.htm

4 Vgl. auch Wang, X. & Li, H. (2011). Energy Saving and Green Building Design of Libraries: the case study of Zhengzhou Library. Vortrag auf dem IFLA-Kongress 2011 in Puerto Rico. www.ifla.org/past-wlic/2011/196-wang-en.pdf

5 Das Programm sowie alle Abstracts, Papers und

Präsentationsfolien siehe http://library.ust.hk/al4/

6 www.ust.hk/about-hkust/about-the-campus, www.ust.hk/about-hkust/hkust-at-a-glance/facts-figures/

7 www.cuhk.edu.hk/cpso/go!/gop.html#checklist

8 www.goethe.de/ins/cn/de/sta/hon.html

9 www.goethe.de/ins/cn/de/sta/pek.html

10 www.goethe.de/ins/cn/de/sta/pek/ueb/imp/20634401.html

11 www.china.org.cn/top10/2013-12/13/content_30838838_6.htm

12 Vgl. Fang, J. (ed.) (2015). Guangzhou Library. A monumental library. Guangzhou: Guangzhou Tushuguan. ISBN 978-7-5462-1844-1 [Text deutsch undchinesisch]. – Vgl. Auch: Boss, S. et al. (2013). The Intersection of Design and Culture: The New Guang-zhou Library and Its Relationship to the City. Vortrag auf dem IFLA-Kongress 2013 in Singapur, http://library.ifla.org/61/1/081-boss-en.pdf

13 ENSULIB, Environmental Sustainability and Libraries Special Interest Group der IFLA, http://www.ifla.org/environmental-sus-tainability-and-libraries

Campus der Hongkong University of Science and Technology.

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für qualitätvolles Bauen. Energiesparende Wand- und Fenster-konstruktionen schützen gezielt vor dem extrem heißen Au-ßenklima, ermöglichen aber auch die weitgehende Nutzung von Tageslicht.11

Als Highlight der Reise erwies sich die Stadtbibliothek Gu-angzhou.12 Dort hatte man den Vortrag der deutschen Kolle-gin und Vertreterin von ENSULIB13 zum Anlass für eine Fort-bildungsveranstaltung für circa 100 Bibliothekare auch aus der Region genommen, von denen für chinesisches Bibliothek-spersonal eine bestimmte Anzahl obligatorisch und regelmä-ßig nachzuweisen ist. Die Veranstaltung wurde durch eine Po-diumsdiskussion und einen Workshop am Nachmittag ergänzt.

Die Bibliothek ist zu Recht stolz auf ihren im Dezember 2012 eröffneten und mit 100 444 Quadratmeter Nutzfläche wohl weltweit größten Bibliotheksneubau, einem kulturel-len Schwerpunkt und mit täglich 20 000 Besuchern attrakti-ven Publikumsmagnet in einem neu angelegten Stadtzentrum am malerischen Ufer des Perlflusses. Sowohl die Struktur des Baukörpers insgesamt als auch die Fassadengestaltung mit be-wusst schmalen Fensteröffnungen schützen vor dem subtropi-schen Klima. Ein Atrium ermöglicht natürliche Belüftung und die Nutzung von Tageslicht. Energieeinsparung einerseits und der Wohlfühlfaktor andererseits sind die Maßstäbe, nach de-nen hier gebaut wurde und die – das machte die Podiumsdis-kussion an beeindruckenden Beispielen deutlich – durchaus auch für andere Bibliotheksbauprojekte inzwischen als selbst-verständlich angesehen werden.

Bei den Gesprächspartnern und Vortragsbesuchern – Bi-bliotheksdirektoren und -mitarbeitern, Verbandsvertretern,

Architekten, Studierenden – ist das Interesse an ökologischen Fragen und die Bereitschaft, sich für den »grünen Weg« zu en-gagieren, sehr deutlich geworden, ebenso wie das Interesse an der Zusammenarbeit mit dem Ausland und mit internationalen Gremien wie der IFLA – auch wenn der freie Zugang zu Infor-mationen nicht gegeben ist (Sperrung zum Beispiel von Google, Youtube, Facebook), durch die man sich jedoch nicht von dem als richtig erkannten und notwendigen Weg abbringen lässt.

LESESAAL AUSLAND

Dr. Petra Hauke, Lehrbe-auftragte am Institut für Bi-bliotheks- und Informati-onswissenschaft der Hum-boldt-Universität zu Berlin, Standing Committee-Mit-glied der IFLA Section Library Theory and Research und Mitglied der IFLA En-vironmental Sustainability and Libraries Special Interest Group ENSULIB. – Kontakt: [email protected]

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Ute Hachmann

Bildung bewegt Die Kinderuni Brilon vermittelt auf ungewöhnliche Weise Wissen in Theorie und Praxis / Kooperation mit heimischer Wirtschaft

Seit dem Frühjahr 2015 hat die FernUniversität in Hagen einen Standort in der Stadtbibliothek Brilon. Diese neue Partnerschaft sollte sich über die räumliche Nutzung hin-aus auch in gemeinsamer Programmarbeit widerspiegeln. Schnell war die Idee einer Kinderuni in Brilon geboren. Neben der FernUniversität sollte auch die Fachhochschule Südwestfalen Kooperationspartnerin der Briloner Kinder- uni werden, denn hier werden schon seit 2006 Vorlesungen für Kinder angeboten.

Die FH Südwestfalen ist mit einem Standort im 25 Kilometer entfernten Meschede zu finden und bietet dort technische so-wie wirtschaftswissenschaftliche Studiengänge an. An die FH angedockt arbeitet das sogenannte zdi-Netzwerk Bildungsre-gion Hochsauerlandkreis. »zdi« steht für die Gemeinschaftsof-fensive »Zukunft durch Innovation.NRW« des Ministeriums für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie des Landes Nordrhein-Westfalen. Das im Februar 2010 gegründete zdi-Netzwerk Bildungsregion Hochsauerlandkreis ist eines von mittlerweile 43 Netzwerken in Nordrhein-Westfalen.

Bei den Aktivitäten des zdi steht die Förderung der soge-nannten MINT-Fächer im Vordergrund. Die Stadtbibliothek Bri-lon hatte schon im Herbst 2014 das zdi als neuen Kooperations-partner gewinnen können. Gemeinsam mit dem zdi führt sie halbjährlich »Konstruktionstage für Kinder« durch. Auch beim zdi stieß die Idee der Briloner Kinderuni auf großes Interesse.

Da Brilon für die Region ein starker Wirtschaftsstandort ist, war klar, dass auch die Briloner Unternehmensinitiative »Big Six« Partner werden sollte. Die »Big Six«-Unternehmen beschäftigen in Brilon rund 4 200 Menschen. Bei einer Ein-wohnerzahl von 25 000 stellen sie 300 Ausbildungsplätze zur Verfügung.

Die Idee einer Kinderuni ist nicht neu. Die erste Kinderuni Deutschlands startete 2002 in Tübingen mit der Vorlesung »Wo die schwarzen Raucher sitzen«. Ein Boom in Deutschland setzte ein, zahlreiche Hochschulen öffneten seither ihre Vorlesungs-säle für Kinder, so auch die Fachhochschule Südwestfalen.

Die Projektidee der Briloner Kinderuni: Die Stadtbibliothek Brilon organisiert für Kinder den Besuch der Vorlesungen der Kinderuni der Fachhochschule Südwestfalen in Meschede. Das Besondere sollte aber zum einen die Verknüpfung mit der hei-mischen Wirtschaft sein, zum anderen sollten Workshop-Ange-bote der FernUniversität in Hagen eingebunden werden.

Die Briloner Wirtschaftsunternehmen erklärten sich bereit, ihre Betriebe für die Kinder zu öffnen. Eine Wissenswerkstatt

der FernUniversität in Hagen sollte eigenes Lernverhalten, Lerntypen, Lernumgebungen thematisieren.

Großer Andrang

Im Dezember 2015 war es dann soweit: Die 22 Plätze, die die Stadtbibliothek für die erste Briloner Kinderuni angeboten hatte, waren innerhalb weniger Minuten vergeben. Kinder, die die Klassen vier bis sechs besuchen, konnten teilnehmen.

LESESAAL KINDER- UND JUGENDBIBLIOTHEK

Das Logo der Briloner Kinderuni wurde von Schülerinnen der örtlichen Realschule gestaltet.

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Das Angebot war attraktiv: vier Besu-che von Kinderunivorlesungen inklusive Bustransfer von der Briloner Bibliothek zum Mescheder Hörsaal, eine Wissens-werkstatt und die Betriebsbesichtigung eines Briloner Unternehmens. Für Eltern und Kinder entstanden keine Kosten. Die Finanzierung wurde aus Sondermitteln des Arbeitsschwerpunktes »Wirtschaft und Schule« durch die Stadt Brilon gedeckt.

Am ersten Mittwoch im Februar 2016 stand der gecharterte Bus vor der Biblio-thek und brachte die 22 Teilnehmerinnen und Teilnehmer und zwei Mitarbeiterinnen der Stadtbibliothek Brilon nach Meschede. Sowohl Kinder als auch Erwachsene waren beim ersten Ausflug zur Uni aufgeregt. Für die Kinder war es der erste Besuch einer »richtigen« Universität. Für die Mitarbei-terinnen der Bibliothek hieß es, den Über-blick zu behalten. Denn neben den 22 Bri-loner Kindern waren weitere 150 Kinder als Gasthörer der Kinderuni zugelassen.

»Von Löchern in der Zeit und wie man sie stopft« war der Titel der ersten Vorlesung. Per Videoüber-tragung wurde die Veranstaltung für Eltern und Begleitperso-nen in den Vorraum des Hörsaals übertragen, sodass die Mit-arbeiterinnen der Bibliothek die Vorlesung ebenfalls verfolgen konnten.

An drei weiteren Tagen im Februar besuchten die Kindern dann Vorlesungen zu den Themen: »Wie funktioniert das Fern-sehen?«, »Warum können Eisenschiffe schwimmen?« und »Was Smartphone und Pullover mit dem Klimawandel zu tun haben«. Alle Vorlesungen waren eine gute Mischung aus kindgerech-ter Aufbereitung des jeweiligen Themas und zahlreichen Ex-perimenten. Bemerkenswert war das schon vorhandene Wis-sen bei vielen Kindern, das sich in zahlreichen Fragen an die Dozenten äußerte.

Lernverträge geschlossen

Im März nahmen die Kinder dann an der FernUni-Wissens-werkstatt zum Thema »Lernen lernen« teil. Dabei ging es un-ter anderem um Lernumgebungen und verschiedene Lernty-pen. Besonders gut gefiel den Kindern ein Lernvertrag, den sie mit sich selbst abschließen konnten. In dem Lernvertrag konn-ten sie Anregungen und Ideen aus der Wissenswerkstatt auf-schreiben, die sie gerne in ihrem eigenen Lernverhalten ändern wollten. Dabei ging es um ganz einfache Dinge wie zum Bei-spiel »Bei den Hausaufgaben Wasser trinken, keine anderen Ge-tränke, denn die lenken die Energie vom Gehirn in den Magen« oder »Auf meinem Schreibtisch liegen nur die Dinge, die ich wirklich brauche«. Silvia Fien, Studienberaterin der FernUni-versität Hagen in Brilon, hatte das Thema Lernen sehr kindge-recht aufbereitet.

In dieser Wissenswerkstatt hatten die Kinder auch Gele-genheit, die vier Vorlesungen an der Uni zu bewerten. Auf die Frage »Was hat Dir besonders gut gefallen«, kamen folgende Antworten:

»Die Experimente, die während der Vorlesungen durch-geführt wurden«, »das Busfahren«, »dass man etwas über ein neues Thema gelernt hat«, »dass die Vorlesungen nur für Kin-der waren« und „»dass wir von einem echten Wissenschaftler etwas Neues lernen durften«.

In Kooperation mit der Wirtschaftsförderung Brilon wurden vier Firmen ausgewählt, die von ihrer Produktauswahl zu den Vorlesungsthemen passten.

Auf die Frage »Was hat Dir nicht so gut gefallen?« gaben die Kinder folgende Antworten: »Dass man während der Vorlesung nicht essen und trinken durfte«, »dass die Zeit für An- und Ab-fahrt mit dem Bus zu knapp war«, »dass die Wissenschaftler zu schnell zum Mitschreiben gesprochen haben« und »dass der Sü-ßigkeitenautomat in der Fachhochschule kaputt war«. Die Kin-der waren mit großer Begeisterung bei der Auswertung dabei.

Im nächsten Schritt ging es nun darum, zu entscheiden, welche Firma die Kinder in Brilon besichtigen möchten. Im Vor-feld der Wissenswerkstatt hatte die Stadtbibliothek in Koope-ration mit der Wirtschaftsförderung Brilon vier Firmen ausge-wählt, die von ihrer Produktauswahl zu den Vorlesungsthemen passen könnten. Bei dieser Abstimmung entschieden die Kin-der, dass sie die Firma ABB AG in Brilon besichtigen möchten. ABB stellt in Brilon Transformatoren her und beschäftigt circa 200 Mitarbeiter.

LESESAAL KINDER- UND JUGENDBIBLIOTHEK

Bei der Betriebsführung wird jede Frage der Kinder geduldig beantwortet. Fotos: Hachmann

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Sabine Henke, Christian Käding und Alwin Ernstberger von der ABB AG hatten für die Kinderuni-Kinder ein abwechslungs-reiches und sehr kindgerechtes Programm vorbereitet.

In einer kurzen Präsentation erklärte Käding den Kindern, warum Transformatoren überhaupt gebraucht werden. Beein-druckt waren die Kinder davon, dass die Produkte aus Brilon weltweit ihren Einsatz finden – vom Olympiastadion in Sydney über das höchste Gebäude der Welt, den Burj Khalifa in Dubai, bis hin zu großen Kreuzfahrtschiffen.

Führung durch den Betrieb

In der anschließenden Betriebsführung konnten die Kinder die Herstellung von Transformatoren von Beginn an bis zu deren Verladung auf LKWs anschauen. Mit großer Geduld beantwor-teten die Mitarbeiter von ABB jede Kinderfrage.

Am interessantesten war dann aber der Bau eines eigenen Transformators. Jeweils in Zweierteams und unter Aufsicht von vier Azubis wickelten die Kinder Spulen, mussten Eisenplatten einführen, um dann den Test zu bestehen. Leuchtete das kleine Licht am Prüfgerät, war gut und sauber gearbeitet worden.

Lernen und Begreifen im wörtlichen Sinne ist die Basis dieses Konzeptes, das im nächsten Jahr auf jeden Fall wiederholt wird.

In der Cafeteria von ABB wurden dann als Abschluss der ersten Briloner Kinderuni Urkunden an alle 22 Teilnehmerinnen und Teilnehmer übergeben.

Für die Stadtbibliothek Brilon fällt die Bilanz dieses ambi-tionierten Projektes durchweg positiv aus. Lernen und Begrei-fen im wörtlichen Sinne ist die Basis dieses Konzeptes, das im

nächsten Jahr auf jeden Fall wiederholt wird. Wissen in Theo-rie und Praxis – auf ungewöhnliche Weise – vermitteln, das ist die zentrale Idee der Briloner Kinderuni.

Die neu gegründete Kinderuni Brilon ist ein deutliches Signal dafür, dass die Wichtigkeit und Notwendigkeit von Netzwerkarbeit in der Kommune und in der Region steigt.

Treffender als Armin Maiwald kann man es nicht formulieren: »Bibliothek will neugierig machen, sie will Lust auf neue The-men wecken, Aha-Erlebnisse produzieren, zum Forschen und Tun anstoßen. Bibliothek will Mut machen zum Ausprobieren und darüber reden!« Der Macher der Sendung mit der Maus war im Februar 2016 zu Gast in Brilon.

Die offizielle Eröffnung der Kinderuni wurde an einem Wo-chenende ganz im Sinne der »Sendung mit der Maus« gefeiert. Diese Sendung hat das Kinderfernsehen und die Vermittlung von Wissen revolutioniert. Maiwald las aus seiner Biografie und Christoph Biemann experimentierte mit Kindern.

Ganz nebenbei werden mit der Kinderuni Brilon Hemm-schwellen abgebaut, sei es beim ersten Besuch einer Hoch-schule oder bei der Besichtigung von Firmen. Die heimische Wirtschaft zeigte sich der Stadtbibliothek gegenüber als neuem Kooperationspartner sehr aufgeschlossen und lud die Leiterin im Frühjahr zu einem Unternehmertreffen ein. Der Bericht über die erste Briloner Kinderuni stieß auf große Begeisterung bei den Unternehmern.

Nach ihrem Interesse an dieser Kooperation gefragt, gaben die Unternehmer zur Antwort, dass mit den Kinderbetriebsfüh-rungen erste Schritte gegen den Fachkräftemangel begangen werden. Je mehr Kinder und Jugendliche über heimische Be-triebe wissen, je eher sind sie bereit, dort Praktika abzuleisten,

LESESAAL KINDER- UND JUGENDBIBLIOTHEK

Selbst arbeiten: Unter Anleitung der Azubis durften Kinder kleine Transformatoren basteln.

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ihre Ausbildung zu machen und im besten Fall als Fachkraft dauerhaft im Betrieb zu arbeiten.

Für den Herbst plant die Bibliothek schon jetzt weitere Kin-derbetriebsbesichtigungen, zum Beispiel beim lokalen Entsor-gungsunternehmen und einem großen Autohaus.

Mit den neuen Kooperationspartnern hat sich die Stadtbib-liothek Brilon in ihrem Portfolio noch breiter aufgestellt. Es ist deutlich spürbar, dass sie von Wirtschaftsvertretern und Politi-kern als weicher Wirtschaftsstandortfaktor anerkannt ist.

Die neu gegründete Kinderuni Brilon ist ein deutliches Si-gnal dafür, dass die Wichtigkeit und Notwendigkeit von Netz-werkarbeit in der Kommune und in der Region steigt. Neben Lesenächten und Klassenführungen befinden sich nun auch »Konstruktionstage«, »Upcycling-Veranstaltungen« und eine »Kinderuni« im Veranstaltungsangebot der Briloner Bibliothek. In der Stadtbibliothek Brilon wird der Wandel gelebt.

LESESAAL KINDER- UND JUGENDBIBLIOTHEK

Ute Hachmann ist Dip-lom-Bibliothekarin und leitet die Stadtbiblio-thek Brilon seit 1993. Von 2004 bis 2009 war sie Vorsitzende der Ex-pertengruppe »Kinder- und Jugendbibliotheken« des Deutschen Bibliotheksver-bandes, von 2005 bis 2009 Mitglied im International Stan-ding Committee for Children and Teen Librarys der IFLA (International Federation of Library Associations) sowie von 2008 bis 2010 Mitglied in der Jury des Deutschen Ju-gendliteraturpreises. Seit 2011 ist sie auch für das Stadt-archiv in Brilon verantwortlich.

Geschafft: Zum Abschluss der Kinderuni erhielten die TeilnehmerIn-nen eine Urkunde.

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Die neue Stadtbibliothek im Berliner Bezirk Treptow-Köpenick: Rechts der Altbau, ein altes Feuerwehrhaus, und links der moderne Neubau. Fotos: Bezirksamt Treptow-Köpenick von Berlin

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LESESAAL BAU

Jürgen Radzkowski

Die Feuerwache und die Bibliothek – eine dauerhafte Beziehung »Alte Feuerwache« Treptow-Köpenick: ein neuer Bibliotheksbau in Berlin

Berlin ist eine große Stadt. In vielen Ortsteilen wird gebaut. Es werden Lücken und freie Flächen geschlossen. Für Woh-nungsbau, für Gewerbe und Industrie, für Verkehrsbau – Straßen, Autobahn und auch »der« Flughafen – sowie für die öffentliche und soziale Infrastruktur werden Gebäude errichtet. Dazu gehören auch die Bauten für Bildung, Kul-tur und Wissenschaften. Auch die öffentlichen Bibliotheken sind dabei vertreten. In Treptow-Köpenick ist ein neuer Bi-bliotheksbau entstanden.

Treptow-Köpenick ist mit 168 Quadratkilometern der flächen-mäßig größte Bezirk in Berlin. Er liegt im Südosten der Stadt und besteht zu rund 50 Prozent aus Wäldern und Gewässern. Hier leben in zehn Ortsteilen etwa 253 000 Einwohner. Es gibt keinen bevölkerungsreichen zentralen Stadtraum. Infolge der naturräumlichen Gliederung des Bezirks und der Streuung der Ortsteile haben sich nur lokale Zentren gebildet. Der Bezirk hat mit 45,5 Jahren einen relativ hohen Altersdurchschnitt. Rund 25 Prozent der Bevölkerung sind 65 Jahre und älter. Trep-tow-Köpenick verfügt über einen überdurchschnittlichen Sozi-alindex. Die Migrations- und Ausländerquote ist mit unter zehn Prozent die geringste der Berliner Bezirke.

Die Kommunen haben seit vielen Jahren Haushaltsprobleme. Freiwillige kommunale Aufgaben, wie zum Beispiel Bibliotheksbauten, brauchen Fördermittel und Zuschüsse um realisiert zu werden.

Die Stadtbibliothek Treptow-Köpenick bedient diese Rah-menbedingungen mit ihren Einrichtungen und Standorten. Sie ist organisatorisch ein Fachbereich im Amt für Weiter-bildung und Kultur, zu dem auch die Musikschule, die VHS und der Fachbereich Kultur mit dem Regionalmuseum gehö-ren. Das Bibliothekssystem hat seit 2001, mit der Fusion von Treptow und Köpenick zu einem gemeinsamen Bezirk, in ei-nem harten Prozess 16 Standorte, überwiegend zu klein und/oder für den Bibliotheksbetrieb ungeeignet, aufgegeben. Der Prozess ist abgeschlossen. Das Bibliothekssystem besteht jetzt aus zwei Mittelpunktbibliotheken, die gemeinsam die Funk-tion einer Bezirkszentralbibliothek wahrnehmen, vier Stad-teilbibliotheken und der Fahrbibliothek mit einem Bücherbus.

Die neue Struktur war nur mit dem Neubau der beiden Mit-telpunktbibliotheken erfolgreich umzusetzen. Die politischen Gremien, die Verwaltung und die Beschäftigten der Stadtbib-liothek haben diese Absicht beschlossen und umgesetzt. Das hatte seinen Preis. Der Bezirk hat für die beiden Neubauten jeweils rund 5 Millionen Euro investiert. Die Stadtbibliothek hat gut 40 Prozent des Personals einsparen müssen. Die Sach-ausgaben und der Medienetat waren für viele Jahre begrenzt. Die Mittelpunktbibliothek Köpenick im gleichnamigen Orts-teil mit rund 65 000 Einwohner*innen wurde im November 2008 eröffnet. Die Mittelpunktbibliothek Treptow im Ortsteil Schöneweide mit ebenfalls rund 65 000 Einwohner*innen wurde im April 2015 eröffnet.

Bauen im Bestand – Standort und Planungen

Die neue Bibliothek sollte an einem zentralen Ort im Ortsteil errichtet werden. Dafür wurden drei bestehende Standorte geschlossen, die nicht als Ersatzfläche zur Verfügung stan-den. Als Vorgabe des Trägers war zu berücksichtigen, dass Grundstücke nicht gekauft oder Räume gemietet werden dürfen. Es musste ein Baugrundstück im öffentlichen Eigen-tum gefunden werden. Die Auswahl war klein und richtete sich schnell auf eine Feuerwache aus der Kaiserzeit in der gewünschten Lage.

Das Bibliothekskonzept mit seinen Anforderungen und der gewählte Standort mussten nun eine Machbarkeitsstudie durchlaufen. Die Hürde wurde genommen und das Projekt als machbar befunden. Langsam, aber sicher traten dann der Finanzbedarf und die Finanzierung in den Vordergrund. Die Kommunen haben seit vielen Jahren Haushaltsprobleme. Frei-willige kommunale Aufgaben, wie zum Beispiel Bibliotheks-bauten, brauchen Fördermittel und Zuschüsse um realisiert zu werden. Für unser Bauprojekt wurden EU-Fördermittel aus dem EFRE-Programm BIST (Bibliotheken im Stadtteil) bewil-ligt, die für den Neubau verwendet wurden. Zur Instandset-zung des Altbaus wurden Mittel der Stadterneuerung und zum Denkmalschutz von der Senatsverwaltung für Stadtentwick-lung zugewiesen.

Den Architekturwettbewerb hat das Büro Chestnutt_Niess Architekten BDA, Berlin für sich entschieden. Als Referen-zen im Bibliotheksbau wurden die Bibliothek am Luisenbad,

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LESESAAL BAU

Berlin-Mitte, und die Bibliothek der Fachhochschule Wildau in Brandenburg nachgewiesen. Hier gab es Erfahrungen mit RFID-Geräten, die auch für unseren Bau vorgesehen waren. Für die mobile Bibliotheksausstattung wurde Serafini Projects, Iserlohn, als Lieferant ausgewählt.

Grundsteinlegung – Richtfest – Abnahme und Eröffnung

Diese Prozessschritte dauerten von 2012 bis 2015. Sie teilten sich in die Sanierung der denkmalgeschützten Feuerwache und den Neubau der Bibliothek.

Die Feuerwache wurde 1907/1908 vom Architekten Karl Alfred Herrmann erbaut. Sie war Sitz der Freiwilligen Feuerwehr und ab 1920 der Berufsfeuerwehr. Das Haus hatte nur geringe Kriegsschäden und wurde von 1976 bis 1990 von der Freiwilligen Feu-erwehr und der Verkehrspolizei genutzt. Es folgte Leerstand und die Nutzung durch kulturelle und sozi-ale Vereine. Die Feuerwache war bei Baubeginn in allen Tei-len sanierungsbedürftig. Grundlage für die Erneuerung bil-deten restauratorische Gutachten. Aufwendig musste Haus-schwamm in Deckenbalken und Mauerwerk bekämpft werden. Das historische Haupttreppenhaus wurde in seinen Urzustand

zurückgeführt. Da keine weitere Treppe als baulicher Flucht-weg in das Gebäude, insbesondere in den sechsgeschossigen Turm, eingefügt werden konnte, bleibt die öffentliche Nutzung auf das Erd- und erste Obergeschoss beschränkt. In den Turm wurden Technikräume verlegt. Das Dach erhielt nach histori-schem Vorbild eine Deckung mit Biberschwanzziegeln. Bei der Fassadensanierung wurde darauf geachtet, die Patina und so-mit Alter und Würde des Baudenkmals zu erhalten. Im Altbau findet die Verwaltung ihren Platz. Einzelne Räume im unteren Teil des Turms konnten für die Bibliotheksnutzung verwendet werden. Die alte Wagenhalle im Erdgeschoss wurde zum Ver-anstaltungsraum mit bis zu 90 Plätzen. Hier wurde das letzte

erhaltungsfähige Eingangstor zur Wagenhalle aufgestellt.

Der Neubau, der die Bibliothek auf-nimmt, zielt auf eine Integration der bei-den Gebäudeteile. Ein neues Ensemble von zwei sich aufeinander beziehenden Bau-körpern entsteht durch eine subtile geome-

trische Operation im Grundriss. Die Grundform gleicht ei-ner Spirale, die den Turm der »Alten Feuerwache« als Dreh- und Angelpunkt nutzt. Das ergibt ein Gebäudering, der den ruhigen Lesehof von der Umgebung abgrenzt. Die Außen-haut des Neubaus greift das Ziegeldach auf und kehrt seine Massivität um, indem eine vorpatinierte, anthrazitfarbene

Stilwechsel: Während im Neubau klare Strukturen, Licht und eine großzügige Raumaufteilung dominieren (linkes Foto), kann man im Altbau noch den Charme vergangener Tage erfahren (rechtes Foto). Im mittleren Foto ist der Übergang vom Alt- zum Neubau zu sehen.

Was bunt erscheint, ist ein abgestimmtes Farb-

konzept. Die Wirkung ist hell, freundlich und

einladend.

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LESESAAL BAU

Zinkblechverkleidung verwirklicht wurde. Die drei Ebenen der Bibliothek sind durch Lufträume verbunden und durch einzelne große Fenster nach außen und Fensterfronten zum Hof markant gestaltet, die interessante Ein-, Durch- und Aus-blicke bieten. Ein wesentliches Gestaltungsmerkmal des Hau-ses ist der Fußboden. Das Untergeschoss ist mit lichtgrauem Linoleum belegt. Im Erd- und Obergeschoss ist das Linoleum hellgrün und in der Wagenhalle »feuerwehrrot«. Im internen Bereich ist Anthrazit die Farbe für den Bodenbelag. Was bunt erscheint, ist ein abgestimmtes Farbkonzept. Die Wirkung ist hell, freundlich und einladend, was durch teilweise raum-hohe helle Holzpaneele im Obergeschoss und Sichtbeton unterstützt wird. Die vom Architekten entworfenen Wandre-gale, Tische und Stühle, die Möblierung in Weiß und Anth-razit von Serafini harmonieren gut miteinander. Es gibt eine lockere und abgestimmte Raumwirkung.

In dieser Bibliothek wurden drei Standorte zusammengeführt. Die Medienangebote und Dienstleistungen sind erweitert. Die Besuche und die Inanspruchnahme der Angebote entsprechen den Erwartungen.

Die Bibliothek wurde von Anfang an für die Aufstellung von RFID-Ausstattung geplant. Es sind drei Selbstverbucher, teil-weise mit EC-Zahlfunktion, und ein Rückgabeautomat mit zwei Zugängen und Anschluss an eine fünfteilige Sortieranlage ein-gebaut. Ein Sicherungsgate ist vorhanden. Ein besonders gern genutztes Angebot ist die Außenrückgabe. Sie ist an sieben Ta-gen 24 Stunden zugänglich.

In dieser Bibliothek wurden drei Standorte zusammenge-führt. Die Medienangebote und Dienstleistungen sind erwei-tert. Die Besuche und die Inanspruchnahme der Angebote ent-sprechen den Erwartungen. Die erweiterten Aktivitäten in der Leseförderung werden von der benachbarten Grundschule, de-ren Schüler durch ein Tor vom Schulgelände direkt zur Biblio-thek kommen können, stark genutzt.

Die Bibliotheksverantwortlichen sehen sich mit dieser Bib-liothek, die den Schlusspunkt der neuen Bibliotheksstruktur in Treptow-Köpenick darstellt, für die Zukunft gut aufgestellt. Im Juni 2016 wurde der Mittelpunktbibliothek Treptow »Alte Feu-erwache« der »Architekturpreis Berlin 2016« verliehen.

Jürgen Radzkowski arbeitet als Fachbereichsleiter Bibliotheken beim Amt für Weiterbildung und Kultur in Treptow-Köpenick

Stadtbibliothek Treptow-Köpenick

Einwohnerzahl Treptow-Köpenick253 330 Bezirk, davon im Einzugsgebiet 65 000

AnschriftMittelpunktbibliothek Treptow, Michael-Brückner-Straße 9, 12439 Berlin, E-Mail: [email protected]

Fläche 1 500 m² Nutzfläche auf 3 Ebenen für Publikum

Ausstattung3 Selbstverbucher, teilweise mit EC-Zahlfunktion, 1 Rückgabeautomat mit fünfteiliger SortieranlageAußenrückgabeautomat (7 Tage/24 Stunden), 1 Sicherungsgate von Bibliotheca, Reutlingen, 16 Internet-Plätze, 2 PC-Arbeitsplätze, WLAN, Veranstal-tungsraum, Fahrstuhl, KopiererMöblierung: Serafini Projects, Iserlohn

Datenverarbeitung: adis/bms

Kosten:6,4 Millionen Euro- davon Fördermittel EFRE/BIST-Bibliotheken im Stadt-teil durch die Senatskanzlei Berlin mit 1,2 Millionen Euro- davon Fördermittel Denkmalschutz durch Senatsverwal-tung Stadtentwicklung Berlin mit 1,2 Millionen Euro- davon Eigenmittel des Trägers mit 4 Millionen Euro.

Planung/Architekt/GestaltungChestnutt_Niess Architekten BDA, BerlinIngenieurbüro Widell, Berlin

Bestand: Ist 64 000 ME – Ziel 75 000 ME

Medienetat: 50 000 Euro

Personal: 11,33 VZÄ mit 13 Beschäftigten

Öffnungszeiten51 Wochenstunden: Mo., Di., Do., Fr. 10 – 20 Uhr, Mi. 13 – 20 Uhr, Sa. 10 – 14 Uhr

Tipp: Eine Fotogalerie zum Neubau gibt es in der neuen BuB-App.

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MAGAZIN FACHLITERATUR

Entwurfsatlas Bibliotheken / Nolan Lushington; Wolfgang Rudorf; Liliane Wong (Herausgeber) Basel: Birkhäu-ser Verlag, 2016. 263 Seiten: zahlrei-che Abbildungen. ISBN 978-3-0346-0571-7 – Gebunden, 69,95 Euro. Auch als E-Book erhältlich.

Die Publikation gliedert sich in ein Grundlagenkapitel, einen Teil zu Pla-nungsanforderungen sowie ein Kapitel über Technik und Ausstattung. Vervoll-ständigt wird der großformatige Band durch Projektportraits, die etwa die Hälfte des Buchblocks ausmachen.

Grundlagen

Im ersten Kapitel betrachten Wong und Lushington die Bibliothek in ihrem ge-sellschaftlichen Kontext und legen die Auswirkungen historischer Entwicklun-gen auf Konzepte und die spezifische Bauaufgabe im Wandel der Zeit dar. Komprimiert spannt der Aufsatz den Bo-gen von der Erfindung des Buchdrucks bis zur Gegenwart, versäumt aber eine Prognose künftiger Entwicklungserfor-dernisse – quo vadis, Bibliothek?

Norma Blake beschreibt die Nut-zer- beziehungsweise Kundensicht der Bibliotheksbesucher. Sie skizziert die im digitalen Zeitalter neu entstandene Funktion der Bibliothek als physischem Kontrapunkt zum digitalen Arbeiten, als Begegnungsforum und Institution auf der Suche nach neuen Partnern.

Im Beitrag von Ursula Kleefisch-Jobst werden typologische Entwicklungen von Bibliotheksbauten bis ins 19. Jahr-hundert mit detail- und kenntnisreichen baulichen und räumlichen Beschreibun-gen nachgezeichnet. Dabei konstatiert die Autorin das Fehlen einer stringen-ten Typologieentwicklung. Kongenial schließt sich der Beitrag von Karl-Heinz Schmitz zu Formen und Funktionen an, der den Faden vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart aufnimmt und das Spiel mit gefasster und fließender Form neu-zeitlicher Bibliotheksräume beschreibt.

Das erste Kapitel des Bands endet mit Lushingtons kompakter Darstellung der Geschichte der Öffentlichen Biblio-theken der Vereinigten Staaten, der die Entwicklung vom repräsentativen, mo-numentalen Haus zu Volksuniversitäten und damit Symbolen bürgerlicher Mün-digkeit nachzeichnet.

Bibliotheksbau Geschichte und Trends, Entwurf, Technik und Innenraum

Anschrift des Rezensenten: Dr. Jonas Fansa, Zentral- und Landesbibliothek Berlin, Leitung Publikumsdienste, Breite Straße 30-36, 10178 Berlin. – E-Mail:[email protected]

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MAGAZIN FACHLITERATUR

Planungsanforderungen

Das zweite Kapitel wird mit Rebecca Chestnutt von einer Architektin mit Bib-liothekserfahrung eröffnet, die beispiel-haft an drei Projekten aus der eigenen Praxis darlegt, wie Bestandsbauten um-geformt, erneuert, erweitert oder umge-nutzt worden sind.

Liliane Wong führt in Funktions-bereiche und idealtypische räumliche Zusammenhänge, Relationen, Abläufe und deren diagrammatische Darstel-lung, vor allem der öffentlichen Berei-che von Bibliotheksgebäuden ein. Sie erläutert dabei Planungsrelevantes zu den wichtigsten Nutzerbereichen heuti-ger Bibliotheken. Darüber hinaus liefert sie Grundannahmen zur Quantifizie-rung von Flächen und diskutiert aktuelle Unterbringungsstrategien und -prämis-sen für Sammlungen sowie den Einfluss von Vielfaltsstrategien in öffentlichen Bibliotheksräumen. Insbesondere vor dem Hintergrund divers gewordener und dynamisierter Nutzeransprüche werden zeitgenössische Raumkonzepte für kol-laboratives Lernen vorgestellt und non- library facilities in ihren Anforderungen ergänzt. Ein Abschnitt von Liliane Wong und Nolan Lushington über Kinderbib-liotheken und Jugendbibliotheken kom-plettiert diese Gesamtschau über biblio-thekarische Funktionsbereiche.

Klaus Ulrich Werner schreibt über den chancen- und risikoreichen Dialog zwi-schen Bibliothekar und Architekt und die Notwendigkeit eines klaren Rollen- und Aufgabenverständnisses der Akteure für erfolgreiche Bauvorhaben. Dabei weist er auf typische Fallstricke im planerischen Dialog und systembedingte Rollenkon-flikte im öffentlichen Bauen hin.

Technischer Ausbau

Das dritte Kapitel, von dessen vier Ab-schnitten die ersten drei von Wolf-gang Rudorf stammen, vermittelt zu-nächst Grundsätze der Tragwerkspla-nung von Bibliotheksgebäuden, führt in Lastannahmen und beispielhafte Be-rechnung von Lasten und Volumina ein und stellt konstruktive Varianten von Tragsystemen dar. Aufschlussreich hier:

gebaute Beispiele für innovative Trag-werkskonzepte, etwa tragende Röhren, Außenskeletttragwerke oder Freiform-schalen. Zwei weitere Abschnitte des-selben Autors bieten Überblicke über Klimatechnik in Grundlagen und Lösun-gen sowie einen kurzen Abriss zur Licht-planung. Dieser wird in einem Beitrag von Mohamed Boubekri um Tageslicht-systeme mit Beispielen ergänzt.

Inneneinrichtung und Ausstattung

Das vierte Kapitel wird von Aat Vos mit einem Abschnitt über Modernisierung von Bibliotheken eröffnet. Der Autor führt das Konzept der »Shearing Layers« für die Betrachtung von Zeithorizonten in der Nutzung von Bibliotheksgebäu-den ein (Hülle, Struktur, Räume, Dienst-leistungen, Ausstattung) und trägt da-mit zum Verständnis von differenzierten Erneuerungszyklen bei. Das führt zu der hochrelevanten und fundamentalen Fra-gestellung, welches Verhältnis Gebäude-hülle und Interieur zueinander hinsicht-lich der Determination von Nutzung ha-ben und spiegelt die aktuelle Diskussion um unseren Begriff von »flexibility«. Der Autor thematisiert die neuen Anforde-rungen an Bibliotheksräume als Dienst-leistungs- und Aufenthaltsorte (»zwei-tes Wohnzimmer«) und zeitgenössische Funktionen, konstatiert die Notwendig-keit, sich angemessener Marketingstra-tegien zu bedienen – und nicht zuletzt visuelle Identität und Raum zusammen zu denken.

Hieran schließt sich ein Abschnitt über Regaltypen, -anordnungen und dar-aus resultierende Flächenlayouts und die praktischen Implikationen von Klassifi-kationssystemen für Regalbereiche an.

Michael Meier-Franke hat den Ab-schnitt über Leit- und Orientierungssys-teme verfasst, der zunächst Rolle und Be-deutung von Signaletik vermittelt und die Relation von Architektur und Wege-führung erörtert. Anhand von Beispielen wird auf Eigenschaften von Leitsystemen vertieft eingegangen (Farb-, Material-, Formstrategien usw.). Darüber hinaus werden die Ebenen und Medien von Leit-systemen sowie die analogen und digitalen Dimensionen der Orientierung skizziert.

Das vierte Kapitel endet mit einem Beitrag von Frank Seeliger zur Medien-sicherung und zu RFID, den Potenzialen dieser Technologie über die Mediensi-cherung hinaus sowie bauliche Implika-tionen des RFID-Einsatzes.

An die Fachbeiträge schließen sich über 30 reich bebilderte und mit Zah-len und illustrierendem Material ange-reicherte Porträts von Bibliotheksbau-projekten der Gegenwart an. Es werden Neu- und Erweiterungsbauten von Na-tionalbibliotheken, großen und kleinen Öffentlichen Bibliotheken und Hoch-schulbibliotheken versammelt.

Für eine zweite Auflage wäre ein Abschnitt über die inter-ne Logistik von Bibliotheken wünschenswert.

Insgesamt erscheint der Begriff »Atlas« im Titel etwas hochgegriffen – dazu hätte es einer systematischeren Aufbereitung des bibliotheksbaulichen Faktenwissens bedurft. Letzteres müsste man sich nun in überzeugenden, aber heterogenen Beiträgen zusammenklauben. Da es den DIN-Fachbericht 13 und den ISO Techni-cal Report 11219:2012 gibt, ist dieser Mangel jedoch verschmerzbar.

Für eine zweite Auflage wäre ein Abschnitt über die interne Logistik von Bibliotheken wünschenswert. Dieses Thema blitzt nur gelegentlich auf, hätte aber mehr Aufmerksamkeit verdient. Ein weiterer Wermutstropfen: In dem Band kommen Planer und Bibliothekare zu Wort, und auch das Verhältnis zwi-schen beiden wird diskutiert. Interes-sant wäre indes die Ergänzung um die Bauherrenperspektive.

Nichtsdestotrotz: Das Buch ist hoch-wertig gemacht und reich mit aussage-kräftigen, illustrierenden, teils groß-formatigen Fotografien bebildert. Ins-gesamt ist der Band sehr erfreulich und beschert eine anregende Lektüre. Zahl-reiche zentrale Aspekte auf der Grenzflä-che zwischen Bibliothek und Architektur finden sich ambitioniert vorgestellt und beispielhaft vertieft. Ein fundierter Ein-stieg in das Thema!

Jonas Fansa

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MAGAZIN FACHLITERATUR

Handbuch Archiv: Geschichte, Aufga-ben, Perspektiven / Marcel Lepper; Ul-rich Raulff (Herausgeber) Stuttgart: J B Metzler, 2016. 294 Seiten. ISBN 978-3-476-02099-4 – Gebunden, 69,95 Euro.

Der Metzler-Verlag startete ungefähr 2010 ein schönes, intelligentes Projekt. Drei Handbücher sollten erscheinen, die die drei Gedächtnisinstitutionen Archiv, Bibliothek und Museum abhandeln, und zwar nicht für die Experten, die dort ar-beiten oder dafür studieren, sondern für Laien, die einen aktuellen Überblick er-langen wollen, Laien, bei denen man, was das Niveau angeht, an Leser der »Zeit« denken kann. 2012 erschien das Handbuch Bibliothek1 mit 422 Seiten. Dann stockte es.

Jetzt erschien das Handbuch Archiv mit knapp 300 Seiten, ebenfalls noch in 2016 folgt das Handbuch Museum2 mit wieder circa 432 Seiten. Das Handbuch Archiv ist herausgegeben vom Direkti-onsteam des Deutschen Literaturarchivs Marbach. Der Verlag hatte vermutlich nicht Archivare aus Behördenarchiven als Herausgeber angesprochen, sondern Experten aus einem eher atypischen

Archiv, weil er einen breiteren Blickwin-kel etablieren wollte.

Im direkten Vergleich schmäler ausgefallen

Zunächst stutzt der Rezensent über die banale Tatsache, dass die Handbücher Bibliothek und Museum ziemlich densel-ben Umfang haben, während das Hand-buch Archiv um ein Viertel schmaler ist. Das ist aber nicht banal, sondern liegt daran, dass das Handbuch Archiv As-pekte nicht behandelt, die in den beiden anderen Handbüchern wie selbstver-ständlich ausgebreitet werden. Im Hand-buch Bibliothek gibt es ein Kapitel »Die Bibliothek als Betrieb«. Hier wird die Spezifik des Bibliotheksmanagements dargelegt. Im Kapitel »Die Bibliothek als physischer Raum« wird das Thema Bib-liotheksbau und -einrichtung historisch und systematisch abgehandelt. Entspre-chende Kapitel stehen auch im Hand-buch Museum. Hatten die Herausgeber des Archiv-Handbuchs für diese Aspekte keinen Sinn? Oder lieferten die Autoren vorgesehener Kapitel nicht rechtzeitig

Aktueller Einblick in Archive für Laien

Handbuch komplettiert die Reihe zu Gedächtnisinstitutionen

Anschrift des Rezensenten: Prof. Dr. Konrad Umlauf, Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Bibliotheks- und Informationswis-senschaft, Dorotheenstraße 26, 10117 Berlin. – E-Mail: [email protected]

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MAGAZIN FACHLITERATUR

zum Redaktionsschluss, sodass die He-rausgeber verzichteten?

Nennenswerte Teile des Handbuchs dienen der Reflexion der Funktion von Archiven in der Gesellschaft: Archive be-wahren Akten auf, sind »Orte kollektiver Erinnerung« (S. 12), sind »Zentralfigur einer Geschichts- und Kulturtheorie« (S. 129), durch sie kommen Vergangenheit und Geschichte eigentlich erst zustande, sie sind »gigantische Reflexionswerk-zeuge in Wartestellung« (S. 20). »Die In-stitution des Archivs bestimmt mit, was in Zukunft überhaupt als Faktum gelten kann und was nicht« (S. 129).

Kapitel, die institutionstypo-logisch vorgehen, stehen un-verbunden neben Kapiteln, die nach Medientypen vorgehen.

Der »linguistic turn«, die Auflösung von Tatsachen in die Rede über sie, trägt un-ter wiederholter Zitierung von Derrida, Foucault, auch Nietzsche weite Teile des Buches. Das ist nicht immer leicht zu le-sen und man fragt sich, ob es nicht doch die Tatsachen der Vergangenheit gege-ben hat, wenn etwa Archäologen Spuren davon finden, auch wenn kein Akten-stück in irgendeinem Archiv von ihnen berichtet. Erfrischenderweise durch-brechen einige Kapitel diesen Ansatz. So heißt es im Kapitel über Literaturar-chive, wenn es um den von Roland Bart-hes beschworenen Tod des Autors geht: »Doch handelt es sich um eine unreflek-tierte Übertragung diskurstheoretischer Annahmen auf die Literatur und ihre Überlieferung.« (S. 237)

Insoweit sind auch die Zuschreibun-gen der Akten (»Was nicht in den Akten existiert, hat auch in der Welt keinen Be-stand«, S. 132) überhöht, zumal etliche Kapitel diese Überhöhung konterkarie-ren, Kapitel über Oral History oder Pas-sagen über Privatarchive voller Briefe und alter VHS-Kassetten: der Flohmarkt als »fruchtbarer Ort der Archivprolifera-tion« (S. 103).

So zieht sich eine Ambivalenz durch weite Teile des Handbuchs: Ei-nerseits gibt doch das Staatsarchiv mit Aktenstapeln (»Sie türmen sich zu Pa-pierbergen…«, S. 131) das Paradigma

vor, andererseits richten etliche Kapitel den Blick auf Pressearchive, Partei- und Verbandsarchive oder auch Wirtschafts-archive. Dabei fällt die uneinheitliche Präsentation des Stoffs auf. Kapitel, die institutionstypologisch vorgehen (Staats-, Kirchen-, Medienarchive und so weiter), stehen unverbunden neben Ka-piteln, die nach Medientypen vorgehen, von denen etliche zu eigenen Archivty-pen geführt haben (Nachlässe, audiovi-suelle Medien, Presseerzeugnisse).

Überhaupt die Stoffpräsentation: Selten hatte der Rezensent ein Buch in der Hand, in dem so viele Kapitelüber-schriften zwar prononciert klingen, aber wenig über den Inhalt des Kapitels oder Unterkapitels aussagen. So handelt das Kapitel »Archivproliferation« von sozu-sagen nicht offiziellen Archiven, sei es bei Privatpersonen oder Künstlern. Oder unter der Überschrift »Die Medien des Archivs« (S. 126) steht nicht etwa ein Absatz, der die Medientypen, die man in Archiven findet – so ziemlich alle Me-dientypen – umreißt, sondern ein Ab-satz über Holztäfelchen, auf denen in der Antike Gesetze festgehalten wur-den. Das Kapitel »Die Ökonomie des Ar-chivs« handelt nicht über Management oder Kostenrechnung – kann man in ei-nem Archiv, wie es sonst in der Kosten-rechnung gefordert wird, letztlich alle Kosten den Produkten, also den Benut-zungsvorgängen zurechnen? –, sondern über Mediendifferenzen zwischen orts-festen Medien (Inschriften) und beweg-lichen Medien (Holztäfelchen).

Archivmaterialien werden gut erklärt

Gelungen sind die Kapitel über Archiv-materialien (Akten, Sammlungen, AV-Medien, digitale Dokumente und anderes mehr), über Bestandspolitik, Erschließung, Bestandserhaltung und Ausstellungen. Hier wird gut erklärt, wie man es macht, wie es funktioniert. Hier ist der Anspruch, für ein gebildetes Laienpublikum – wohl vor allem Geistes- und Kulturwissenschaftler – zu schrei-ben und ihnen Verständnis dafür zu ver-mitteln, womit sie im Archiv konfron-tiert werden, überzeugend eingelöst. Diese Kapitel sind für Bibliothekare im

Kontext der Debatten um Bestandser-haltung oder RDA-Erschließung beach-tenswert. So beklagt das Kapitel über die Archivierung von AV-Medien das Fehlen von Strategien zur Sicherung des Fil-merbes. Oder das Kapitel über Ausstel-lungen schiebt diese berechtigterweise nicht in das Handlungsfeld Öffentlich-keitsarbeit, sondern betont, dass Aus-stellungen in Archiven Teil des Ausstel-lungs- und Kunstbetriebs sind, dass es um »Zaubern und Enttäuschen, Illusion und Illumination, Inszenierung und Ir-ritation gehe« (S. 226). Dasselbe gilt für die Kapitel über Archivbenutzung (»Pro-duktivität des Archivs«).

Hier sitzt man gewissermaßen ne-ben Archivbenutzern, die einen Schrift-stellernachlass auswerten, historische Akten exzerpieren oder eine kritische Edition besorgen und verfolgt spannend und anschaulich, wie Erkenntnisse aus Archivmaterialien generiert werden und welche Potenziale moderne Kommuni-kationsformen den Forschern bieten. Hier wird beispielsweise darauf hinge-wiesen (S. 255), wie Archive ihre digita-lisierten Bestände im Internet verknüp-fen und wie Nutzer diese Materialien mit eigenen Digitalisaten (Fotos, Briefe und so weiter) anreichern können. Man hätte sich gewünscht, dass die Konse-quenzen in den verstreuten Passagen über das Berufsbild des Archivars reflek-tiert worden wären. Diese Kapitel sind aktueller und reflektierter als die ent-sprechenden Kapitel in Franz‘ Longsel-ler »Archivkunde«.3

Die Ausstattung des Buches – Pa-pier, Qualität der sparsam eingesetzten Schwarz-Weiß-Abbildungen, Register – sind der gute, hohe Metzler-Standard.

Konrad Umlauf

1 Handbuch Bibliothek: Geschichte, Auf-gaben, Perspektiven / hrsg. von Konrad Umlauf und Stefan Gradmann. Stuttgart; Weimar: J B Metzler 2012

2 Handbuch Museum: Geschichte, Aufga-ben, Perspektiven. Walz, Markus (Hrsg.) Stuttgart: J B Metzler 2013

3 Franz, Eckhart G.; Lux, Thomas: Einfüh-rung in die Archivkunde. 8., unveränd. Nachdr. Darmstadt: WBG, 2012. Vollstän-dig überarbeitete und erweiterte Auflage für 2016 angekündigt

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532

AUS DEM BERUFSVERBAND LANDESGRUPPENWAHLEN 2016

Landesgruppe Thüringen Über 50 Prozent Wahlbeteiligung

Der Wahlvorstand der Landesgruppe Thüringen hat die Auszählung der Brief-wahl am 6. Juli 2016 durchgeführt.

Es waren 102 Mitglieder wahlbe-rechtigt, eingegangen sind 54 Wahl-briefe, davon war einer ungültig, da die Absenderangaben fehlten. Somit wur-den die Stimmen von 53 Wahlberech-tigten ausgezählt. Dies entspricht einer Wahlbeteiligung von 52,94 Prozent.

Die Stimmenverteilung für den vier-köpfigen Landesgruppenvorstand war wie folgt:

• Heike Budnitz (Universitätsbi- bliothek Erfurt): 50 Stimmen

• Nadine Ernst (Thüringer Uni- versitäts- und Landesbiblio- thek Jena): 44 Stimmen

• Petra Kunze (Thüringer Uni- versitäts- und Landesbiblio- thek Jena): 43 Stimmen

• Kathleen Paetznick (JenaKultur / Ernst-Abbe-Bücherei Jena): 46 StimmenAlle Gewählten haben die Annahme der Wahl verbindlich erklärt. Somit ist der neue Vorstand gewählt. Die konstitu-ierende Vorstandssitzung fand am 14. Juli 2016 statt. Neue Vorsitzende ist Pe-tra Kunze, Jena.

Heike Stietz,Vorsitzende des Wahlausschusses

Landesgruppe Baden-Württemberg Fünf Vorstandsmitglieder

Trotz erheblicher Schwierigkeiten im Vorfeld der Wahl, Kandidaten für den Landesvorstand zu finden, haben sich jetzt fünf engagierte Kolleginnen ge-funden, die die Geschicke der Landes-gruppe Baden-Württemberg in den nächsten drei Jahren lenken werden.

Am 7. Juni 2016 hat der Wahlaus-schuss die Stimmenauszählung in Kons-tanz vorgenommen. Abgegeben wurden 334 Wahlzettel, leider waren davon ver-hältnismäßig viele ungültig: 34 Wahl-zettel (ungültig, da ohne Absender ein-gegangen). Die Wahlbeteiligung betrug 26,6 Prozent.

Die Stimmen verteilen sich wie folgt auf die einzelnen Kandidatinnen:

• Alexandra Frisch: 271 Stimmen• Elisabeth Graf: 260 Stimmen• Heike Heinisch: 264 Stimmen• Birgit König: 264 Stimmen• Armi Roth-Bernstein-Wiesner:

245 Stimmen

Alle Kandidatinnen haben die Wahl angenommen.

Die konstituierende Sitzung fand, am 16. Juli 2016 in Stuttgart statt. Die neue Vorsitzende ist Birgit König.

Isabell Leibing, Anke Rautenberg, Edgar Fixl;

Wahlausschuss Baden-Württemberg

Landesgruppe Niedersachsen / Bremen Heike Kamp ist neue Vorsitzende

Der neugewählte Landesvorstand in Nie-dersachsen besteht statt wie bisher aus sieben jetzt aus fünf Vorstandsmitglie-dern. Die neue Vorsitzende ist Heike Kamp von der Staats- und Universitäts-bibliothek Bremen. Von 180 abgegebe-nen Wahlzetteln, mussten 17 für ungül-tig erklärt werden, da diese ohne Absen-der eingingen.

Für die Wahlperiode 2016 bis 2019 wurden folgende Kandidatinnen gewählt und haben ihre Wahl angenommen:

• Andrea Beißner:116 Stimmen• Heike Kamp:133 Stimmen• Katrin Koball: 134 Stimmen• Christa Meyer: 134 Stimmen• Daniela Töllner: 130 Stimmen

Die konstituierende Sitzung war am 27. Juni 2016.

Petra Mende,Vorsitzende des Wahlausschusses

2016: Neuwahlen

BIB-Landes-gruppenLandesgruppenwahlen 2016

Bildungsurlaub Für den Bibliothekartag kann jetzt auch in Thüringen Bildungsurlaub beantragt werden

Der 105. Bibliothekartag / 6. Bi-bliothekskongress, »Bibliotheks-räume – real und digital«, in Leip-zig 2016 wird jetzt auch nach dem Thüringer Bildungsfreistellungsge-setz als Bildungsveranstaltung auf dem Gebiet der gesellschaftspo-litischen Bildung anerkannt: Nä-here Informationen dazu finden Sie unter:

www.bib-info.de/aus-fortbil dung/fortbildung/bibliothekar tage/2016/bildungsurlaub.html

Foto: Arten

auta / Fotolia

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533BuB 68 08-09/2016

AUS DEM BERUFSVERBAND VORGEMERKT

SommerlesevergnügenKids haben es in den Sommerferien richtig gut. Sommerleseclubs gibt es wie Sand am Meer. Und wer lieber selbst kreativ wird, für den gibt es Kurse für Kreatives Schreiben: Märchen, Feen-geschichten, Abenteuer, Gruselstories und Bibliothekskrimis. Die Ergebnisse sind phänomenal. Ansonsten kämpfen die Ferienprogramme der Kommunen gegen mögliche Langeweile an und vermeiden, dass in den Ferien gepaukt werden muss.

Wie aber trotze ich bloß dem diesjähri-gen Regen? Auf Handtuchwerfen an der Adria habe ich keine Lust. Auch nicht auf Sonderkurse in Bibliotheksethik oder gar dem exotischem Rechtsgebiet der Men-schenrechte. Da verfasse ich doch lie-ber Gedichte unter sachkundiger Anlei-tung von den Herren Böhmermann und Hallervorden. Ach, wie werde ich die von der Mittelmeersonne stark geröteten Engländer vermissen, die sich nach der EM-Blamage und dem Brexit nicht mehr von ihrer Insel trauen und ihre Splendid Isolation voll ausleben. Aber auch die Tel-lerschlachten und das Essenstapeln mit meinen russischen Freunden, die statt in Ägypten jetzt ihren Urlaub wieder auf der

Krim verbringen und dort Sekt schlür-fen und tonnenweise Kaviar in sich rein-schaufeln. Vielleicht sollte ich aber schon an den Winterurlaub in Sankt Moritz denken und mir eine Suite reservieren.

Mit Dora Heldt könnte ich Urlaub mit Papa machen oder mit Tante Inge auf Fa-milienurlaub an die Nordsee gehen. Und in oder an der Sansibar Cocktails schlür-fen. Dass solche Inseln nicht komplett frei von bösen Menschen sind davon zeugt das neueste literarische Heldt-Produkt.

Eine Wanderung auf dem Rhein-steig über den teilweise rutschigen und scharfkantigen Untergrund wäre doch auch eine willkommene Alternative. So könnte ich in Rüdesheim den Weg zum Niederwalddenkmal erklimmen und den dabei immer weiterschweifenden Ausblick ins Nahetal genießen. Von dort aus zum Kräuterkurs im Kloster der Hil-degard von Bingen und einen Schoppen erfrischenden Wein im renommierten Schloss Vollrads probieren. Im Kloster Eberbach einem DSDS-Event beiwohnen oder ein Konzert des Rheingau-Festivals besuchen. Oder einfach mal wieder »Der Name der Rose« lesen und eine Gedenk-minute für den im Februar verstorbenen Umberto Eco einlegen.

Geräusch- und klangempfindliche Menschen sollten besser Wacken mei-den und sich nicht bei mehr als 80 Dezi-bel atemlos voll die Dröhnung geben oder in einem Survivaltraining beim Schlamm-catchen ihre Grenzen austesten. Dann doch lieber eine Meditationsreise in sein Inneres in einem sauerländischen Klos-ter. Aber Achtung – aufgepasst, dass man nicht mit einer wandernden Kegelgruppe kollidiert und im Sauerlandstern landet. Und Vorsicht vor marodierenden Wisen-ten oder gar etwa umherstreunenden Wölfen, die vor den Mediengesetzen der nationalkonservativen Regierung in Po-len auf der Flucht sind.

Eine echte bibliothekarische Alterna-tive für Informationsspezialisten, die auch in der Jahresmitte nicht genug von ihrem Fach bekommen, das wäre dann wohl der BIB-Sommerkurs. Dieses Jahr im schönen Odenwald. Ich bin so ein Freak und für mich persönlich stellt dieses Event auch etwas Besonderes dar, weil ich gleich am zweiten Tag Geburtstag habe und diesen immer schon mal nur mit Berufskollegen verbringen wollte. 2016 ist dies möglich.

Frank Merken, Stadtbücherei Wipperfürth

VorgeMERKT

Frankfurter Buchmesse: 30 Prozent günstiger!Als BIB-Mitglied haben Sie die Möglich-keit, einen Preisnachlass von 30 Prozent beim Kauf einer Tages- oder Dauerkarte für die Frankfurter Buchmesse zu erhal-ten. Und so einfach geht’s: Senden Sie eine E-Mail an [email protected] mit Ih-ren Kontaktdaten.

Sie erhalten vom BIB eine Rech-nung über 25,90 Euro für eine Fach-besucher-Tageskarte (regulär 37,00 Euro) oder 51,80 Euro für eine Fachbe-sucher-Dauerkarte (statt 74,00 Euro).

Nach Zahlungseingang (bis spätestens 10. Oktober) erhalten Sie einen digita-len Gutscheincode, den Sie vor Ihrem Messebesuch in eine Eintrittskarte um-tauschen: entweder bequem am Compu-ter zu Hause oder am Terminal auf dem Messegelände.

Die Karten beinhalten kein RMV-Ti-cket. Es ergibt sich dabei für Sie keine Restforderung. Wir freuen uns auf Ihren Besuch – auch beim BIB in Halle 4.2, Stand N 75 (ILC).

Impressum »Aus dem Berufsverband«

Herausgeber: BIB – Berufsver-band Information Bibliothek e. V., Postfach 13 24, 72703 Reutlingen www.bib-info.de

Redaktion: Katrin Lück, Europa-Institut / Bib-liothek Universität des Saarlandes, Postfach 151150, 66041 SaarbrückenTelefon: 0681 / 302-2543E-Mail: [email protected]

Redaktionsschluss für VerbandsmitteilungenBuB Heft 11/2016: 23. September

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534

SUMMARY

BuB App Now Available / Multi-medial, Ac-cessible Anywhere, Free for Association Members

The professional journal BuB provides up-to-date, in-depth, and opinion-shaping news from the library world. Now it also is available through an app for smart phones and tablet devices. Developed by Pressmatrix, the app went online in July and has received many positive user reviews. Members of the BIB library association pay nothing, while other subscribers will need to pay only for a 15€/year upgrade. The print edition of the journal will continue to be published, unchanged, ten times a year.

Whether in print or in the app version, BuB readers will always have the latest edi-tion, since the app version does not differ from the print version. Additionally, past is-sues can be downloaded to the app‘s digital archive. Along with texts and photos, the app also offers direct links to videos on various topics, to maps showing the libraries being discussed, to additional photographs, to the email contact data of an article‘s authors, as well as to numerous other links for further in-formation.

The BuB app is more than a print journal in digital format. For example, the bookmark function enables faster access to favorite ar-ticles. Interesting items can also be forwar-ded directly to social media accounts. Using the text mode, it is possible to work with the text more easily without photos, illustrations, and formatted text. The easy-to-use full-text search function helps find desired informa-tion quickly. Whether for an iPhone or an And-roid device, the BuB app can be used on all standard devices and is available in the Ap-ple App Store, Google Play Store, and Amazon Store at no charge.

Post-Functionalism / New Avenues of Library Planning and Design (Olaf Eigenbrodt)(pp. 466 – 471)

It is not difficult to recognize that the Func-tionalism that dominated the 1960s to 1980s lead to an impasse in the area of library buil-dings. By the 1980s we experienced a turning point, at first in the sector of public libra-ries – which became inspired by Scandina-vian models – and later also in academic li-braries -- such as in the Lower Saxony State and University Library of Göttingen. It‘s de-sign by Eckhart Gerber represented an im-portant and sustainable milestone. Various writers have noted a shift in focus toward the library user, particularly in terms of open sta-cks and more workspaces. Nonetheless, cri-tics have complained about the rigid modual gridding that resulted from the functionalist limitations placed on the planning and cons-truction of academic libraries.

However, in the past two decades there has been a paradigmatic change in the field of library construction. Both public and aca-demic libraries have begun to make funda-mental changes in their use of space, tech-nology, and services. This has had a decisive impact on the way libraries are designed. In this article Olaf Eigenbrodt explores whether the new type of library that is emerging can even be conceptualized with the old methods and processes of needs analysis and plan-ning; or whether librarians might better work together with architects, governing agencies, and local organizations and institutions to find new and more successful solutions.

No Entry for Adults / Biblo Tøyen - Oslo‘s Li-brary for 10 to 15 Year-Olds (Beate Detlefs)(pp. 484 – 489)

»Biblo Tøyen« is the latest addition to the Deichmanske Libraries, the public library network of Oslo, Norway. This children‘s and youth library is the first one in Norway to be specially created for the 10-15 ye-ars age group. Located in a former store with about 600 square meters (6450 square feet), the carpet in the entrance warns visi-tors that »adults and shoes must stay out-side«. Since its opening at the end of March, 300 to 400 children and adolescents have vi-sited the library every day. Mornings are re-served for school classes. While their tea-chers wait in the café across the way, stu-dents work on their projects in the library or get lost in their books. After 2 p.m. the library becomes a so-called „third home“ for a tar-get group which libraries had long neglected – those who can‘t go to after-school day cen-ters, which are only available through the 4th grade.

The first library for middle-school aged children was designed with their input and according to their wishes. Workshops were conducted in order to determine what their ideal library looked like and what they had been missing in a library. Many described their dream library as a place to go and relax, hang out, and get away from siblings and pa-rents. And it needed books, media, and com-puters. They wanted a place to get together and opportunities to be creative. It should have a cozy atmosphere, caring, and com-fortable. The library administration has been able to fulfill these wishes with a cool and ho-mey place, somewhere between school and home, where 10-15 year olds can study, ex-plore, and just be themselves.

Translated by Martha Baker

Summary

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535BuB 68 08-09/2016

RÉSUMÉ

Le journal BuB désormais disponible en ap-plication / Pour avoir BuB toujours avec soi et en accès libre pour les adhérents

BuB, périodique spécialisé, œuvre à la publi-cation d’une information d’opinion, factuelle, documentée et contemporaine sur l’univers des bibliothèques. Désormais, il existe éga-lement un accès mobile sous forme d’appli-cation pour smartphones et tablettes. Dé-veloppée par l’entreprise Pressmatrix, l’ap-plication est disponible en ligne depuis juil-let et a d’ores et déjà obtenu de nombreuses évaluations positives. Les membres de BuB bénéficient d’un accès gratuit à l’applica-tion, les abonnés quant à eux s’acquittent d’un surcoût de 15 € par an pour cette offre complémentaire de l’application. La forme imprimée du journal continue à paraître au rythme de dix numéros par an, sur ce front rien de changé par conséquent.

Format papier ou format numérique, les lecteurs de BuB peuvent à présent avoir tout le temps avec eux le dernier numéro paru. La version en application ne se distingue en rien de l’exemplaire imprimé. Tous les numéros numérisés et téléchargés à ce jour sont con-servés en tant qu’archives numériques. Grâce à des liens directs, les lecteurs peuvent ac-céder à des vidéos pour chacun des thèmes, s’informer sur la situation des bibliothèques par le biais de cartes, visualiser des galeries iconographiques complémentaires ou bien prendre librement contact avec l’auteur d’un article. Bien d’autres liens sont également accessibles en un seul clic.

L’application de BuB est bien davantage que la reproduction du magazine papier en accès numérique. La fonction »signets« par exemple permet une recherche rapide parmi les articles préférés. Les contenus jugés les plus intéressants par le lecteur peuvent être immédiatement partagés sur les réseaux so-ciaux. Et grâce au mode texte, il est possible d’exploiter uniquement le contenu textuel c’est-à-dire en excluant les photographies, les images et la mise-en-page. En outre, tous les thèmes sont faciles à trouver par le biais de la recherche en plein texte. Qu’on utilise un iPhone ou un Androïd ne fait pas de dif-férence : l’application est compatible avec tous les systèmes d’exploitation pour smart-phones. Elle est téléchargeable gratuitement tant par l’Apple store, que par Google Play ou Amazon.

Le fonctionnalisme, et après? Nouvelles per-spectives de la planification et l’organisation de bibliothèques (Olaf Eigenbrodt)

(pp. 466 – 471)

Que le fonctionnalisme selon l’approche im-parfaite des années 1960 à 1980 ait conduit la construction de bibliothèques dans une impasse, cela est aujourd’hui peu douteux. Et ce n’est que depuis les années 1980 au plus tard que nous connaissons un véritable tour-nant tout particulièrement dans le domaine des bibliothèques publiques avec des équi-pements essentiellement inspirés par les modèles scandinaves et ensuite également dans le domaine des bibliothèques univer-sitaires comme la Bibliothèque d’État et du Land de Basse-Saxe à Göttingen réalisée par Eckhard Gerber, équipements qui constituent de véritables jalons ayant eu un durable re-tentissement. Certains auteurs insistent sur le changement de posture à l‘égard de l’usa-ger prenant notamment la forme au sein des bibliothèques de collections en accès libre et de places assises en plus grand nombre. Ils déplorent cependant aussi les hauteurs sous plafond trop faibles qui sont une res-triction fonctionnaliste imposée à la plani-fication et la construction de bibliothèques universitaires.

Au cours des deux dernières décennies, un changement de paradigme a eu lieu pour ce qui concerne la construction de biblio-thèques. Les bibliothèques tant publiques qu’universitaires se métamorphosent fon-damentalement sous l’angle de l’espace, de la technique et des fonctions. Cela a un im-pact visible et déterminant sur la manière d’appréhender la construction de bibliothè-ques. Dans la contribution dont il est l’au-teur, Olaf Eigenbrodt s’interroge sur la capa-cité des nouveaux types de bibliothèques à être représentable selon les anciens métho-des et processus de définition des besoins et de planification et s’il ne serait pas désor-mais nécessaire que les bibliothécaires em-pruntent de nouveaux chemins, main dans la main avec les agences d’architectes, les ser-vices en charge de la maintenance du bâti-ment, les collectivités locales que sont les communes, enfin les universités pour parve-nir à une planification durable et efficace des bibliothèques.

Accès interdit aux adultes / Biblo Tøyen, la bi-bliothèques pour les 10-15ans à Oslo (Beate Detlefs)

(pp. 484 – 489)

»Biblo Tøyen« est la dernière nouvelle venue des Bibliothèques dites »Deichm-anske« c‘est-à-dire du réseau de lecture publique d‘Oslo. La bibliothèque pour en-fants et adolescents est la première biblio-thèque de Norvège qui a été spécifiquement créée pour le public-cible des 10-15 ans. Dans cet espace de 600 m² qui était aupara-vant un local commercial, le visiteur est reçu par un tapis précisant que »les adultes et les chaussures doivent rester à l‘extérieur«. De-puis l‘ouverture qui a eu lieu en mars dernier, ce ne sont pas moins de 300 à 400 enfants et adolescents qui se rendent quotidienne-ment à la bibliothèque. Les matinées sont réservées exclusivement aux classes. Tandis que les enseignants de ces classes attendent dans un café juste en face de la bibliothèque, les élèves travaillent à un projet ou s‘asbsor-bent dans leur lecture. A partir de 14 heures, la bibliothèque propose de devenir un „troi-sième lieu“ pour les autres groupes compris dans cette tranche d‘âge des 10-15 ans qui n‘ont pas pu bénéficier de l‘équipement et qui, plus tard, après l‘école, ne pourront plus être accueilli ici car ne sont reçus les élèves que jusqu‘en classe de 3e.

Cette première bibliothèque exclu-sivement réservée aux adolescents a été conçue d‘après la volonté et les préconisa-tions des agents eux-mêmes. Des ateliers ont été organisés afin de déterminer com-ment la bibliothèque se présentera et ce qui jusqu‘alors manquait dans le réseau des bi-biothèques. La question posée était : »à quoi ressemblerait la bibliothèque de vos rêves ?« Les vœux tels qu‘ils ont été exprimés peignai-ent un lieu où l‘on peut »se la couler douce«, où l‘on peut »décrocher« et être au calme loin des parents et des frères et sœurs. Ont éga-lement été mentionnés les livres, les docu-ments de tous types et les ordinateurs. Par ailleurs, il était fait état d‘un endroit où se re-trouver entre amis, de même que d‘y trouver les moyens d‘exprimer sa créativité. Le con-fort, bien sûr, était souhaité mais aussi un sentiment de sécurité. C‘est ainsi que la bi-bliothèque est née selon les principes d‘un »troisième lieu«.

Traduit par David-Georges Picard

Résumé

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KONTAKT / INSERENTENVERZEICHNIS

In diesem Heft inserieren:aISItecI angewandte Systemtechnik GmbH, Berlin, Seite 503DABIS.com, A-Wien, Seite 461datronic IT-Systeme GmbH & Co. KG, Augsburg, Seite 523ekz.bibliotheksservice GmbH, Reutlingen, 2. UmschlagseiteGilgen Logistics AG, CH-Oberwangen, Seite 481Missing Link, Intern. Versandbuchhandel, Bremen, Seite 519Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, Baden-Baden, Seite 499OCLC GmbH, Oberhaching, Titelseitepapersave swiss, CH-Wimmis, Seite 477Peter Haase, Organisationsmittel, Zirndorf, Seite 517Schulz Speyer AG, Speyer, Seite 452Telelift GmbH, Maisach, Seite 469Zambelli GmbH & Co. KG, Grafenau, 4. UmschlagseiteZeutschel GmbH, Tübingen, Seite 493

Ihre Ansprechpartnerinnen in der Geschäftsstelle:

Katharina Schuster Buchhaltung / Mitgliederverwaltung Telefon: 07121 / 3491-17 E-Mail: [email protected]

Simone Armbruster Mitgliederverwaltung / Redaktionsassistenz Telefon: 07121 / 3491-11 E-Mail: [email protected]

Ihre Ansprechpartner in der Redaktion:

Bernd Schleh, Leitender Redakteur / kom. BIB-Geschäftsführer Telefon: 07121 / 3491-14 E-Mail: [email protected]

Steffen Heizereder Redakteur Telefon: 07121 / 3491-12 E-Mail: [email protected]

Ihre Ansprechpartnerinnen im Mediaservice:

Miriam StotzAnzeigenannahmeTelefon: 0 711 / 78 19 88-34Fax: 0711 / 78 46-401E-Mail: [email protected]

Annegret Kopecki Rechnungswesen Telefon: 07121 / 3491-15 [email protected]

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