eimar w in lotte - thomas-mann-forum münchen · lotte in weimar entsteht in den jahren des exils ....

2
Lotte in Weimar nach Thomas Mann Lotte in Weimar nach Thomas Mann Theaterfassung von Beate Seidel Lotte Kestner ..................................... Anna Windmüller Wirt Mager, Dr. Riemer, ............................................... Adele Schopenhauer, August von Goethe ................ Krunoslav Šebrek Regie ............................................ Hasko Weber Bühne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Oliver Helf / Hasko Weber Kostüme ...................................... Andrea Wöllner Dramaturgie ........................................ Beate Seidel Maske ........................................ Hendrikje Lüttich Licht ............................................ Marcus Schale Regieassistenz und Abendspielleitung .................... Brian Bell Regiehospitanz ............................... Maximilian Huschke Technische Direktion .............................. Peter Meißner Leitung Bühnenbetrieb ............................. David Wrobel Technische Einrichtung .............................. Ingo Bräuer Requisite ...................................... Katrin Steinbach Souage ......................................... Heike Lucius Herstellung der Dekorationen in den theatereigenen Werkstätten. Leitung der Werkstätten: Matthias Klimmek Technischer Produktionsleiter: Michael Takacs Premiere: 28. September 2014 im Hotel Elephant Rechte bei S.Fischer Verlag GmbH Impressum Deutsches Nationaltheater und Staatskapelle Weimar GmbH – Staatstheater Thüringen · Theaterplatz 2 · 99423 Weimar · Generalintendant: Hasko Weber · Geschäftsführer: Hasko Weber / Sabine Rühl · Vorsitzende des Aufsichtsrates: Dr. Babette Winter · Redaktion: Beate Seidel · Konzeption: Heinrich Kreyenberg · Gestaltung: Mario Herold Hotel Elephant um 1800

Upload: others

Post on 14-Jun-2020

0 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: eimar W in Lotte - Thomas-Mann-Forum München · LOTTE IN WEIMAR entsteht in den Jahren des Exils . Noch w hrend seiner europ ischen Odyssee beginnt Thomas Mann seine Arbeit an die

Lotte in

Weimarnach Thomas Mann

Lotte in Weimarnach Thomas Mann

Theaterfassung von Beate Seidel

Lotte Kestner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anna WindmüllerWirt Mager, Dr. Riemer, . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Adele Schopenhauer, August von Goethe . . . . . . . . . . . . . . . . Krunoslav Šebrek

Regie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hasko WeberBühne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Oliver Helf / Hasko WeberKostüme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andrea WöllnerDramaturgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beate SeidelMaske . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hendrikje LüttichLicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marcus SchaleRegieassistenz und Abendspielleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Brian Bell Regiehospitanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maximilian HuschkeTechnische Direktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter MeißnerLeitung Bühnenbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . David WrobelTechnische Einrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ingo BräuerRequisite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katrin SteinbachSoufflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heike Lucius

Herstellung der Dekorationen in den theatereigenen Werkstätten. Leitung der Werkstätten: Matthias Klimmek Technischer Produktionsleiter: Michael Takacs

Premiere: 28. September 2014 im Hotel ElephantRechte bei S.Fischer Verlag GmbH

Impressum Deutsches Nationaltheater und Staatskapelle Weimar GmbH – Staatstheater Thüringen · Theaterplatz 2 · 99423 Weimar ·

Generalintendant: Hasko Weber · Geschäftsführer: Hasko Weber / Sabine Rühl · Vorsitzende des Aufsichtsrates: Dr. Babette Winter · Redaktion: Beate Seidel ·

Konzeption: Heinrich Kreyenberg · Gestaltung: Mario Herold Hotel Elephant um 1800

Page 2: eimar W in Lotte - Thomas-Mann-Forum München · LOTTE IN WEIMAR entsteht in den Jahren des Exils . Noch w hrend seiner europ ischen Odyssee beginnt Thomas Mann seine Arbeit an die

LOTTE IN WEIMAR entsteht in den Jahren des Exils. Noch während seiner europäischen Odyssee beginnt Thomas Mann seine Arbeit an die-sem Buch, das er eine „intellekutuelle Komödie“ nennt. Erst 1939, inzwischen in den USA angekommen, beendet er es. Fast scheint die handlungsarme Erzählung um die Ankunft der Charlotte Kestner, gebo-rene Buff, Urbild der Lotte im WERTHER, wie ein schriftstelle rischer Versuch, sich zumindest für die Momente der Arbeit an diesem Roman aus der vor einem neuen Krieg stehenden Welt herauszunehmen. Der Dichter sinniert über eine zwar dokumentarisch verbriefte, aber eben eher nebensächliche Petitesse und entzieht sich damit dem Strudel der Ereignisse. Aber der genaue Blick auf das Werk macht deutlich, wie sehr auch in ihm eine Stellungnahme zur Zeit und zum Vaterland, das ihn, Thomas Mann, zur Emigration gewzungen hat, festgehalten ist. Denn jenes Weimar, in dem Charlotte Kestner 1816 eintrifft, um noch einmal den Mann zu sehen, der aus einen Flirt mit ihr ein Stück unsterblicher Literatur erschaffen hat (allerdings auf ihre Kosten), hat die Napoleoni-schen Kriege noch im Gepäck; auch wenn der Wirt Mager angesichts geglückter Renovation seines Hotels ELEPHANT darauf hinweist, dass die Erneuerungen des Lebens vielleicht nicht ohne kräftig nachhelfende Gewaltsamkeit zustandekommen.

Eine deutsche Provinzstadt, die einen Umbruch gerade überdauert hat und sich an ihre vermeintliche Größe klammert, beschreibt Mann.

Scheinbar unbetroffen und unbeeindruckt davon versucht die gealter-te Lotte herauszufinden, was ihr vor 44 Jahren eigentlich geschehen ist. Das, was sie antreibt, ist durch und durch privat. Aber indem sie die Gesellschaft um Goethe aufwirbelt, weil SIE das unerhörte Ereignis ist, das Weimar in Aufregung versetzt, erfährt der Leser zugleich, was es mit diesem Goethe auf sich hat. Wie man ihn bewundert und hasst, an seinen Lippen hängt und ihn lossein möchte, weil er (wie Adele Schopenhauer sagt) eine felsstarre Größe ist, an der man, wenn man es drauf ankommen lässt, zerschellt.

Dieser Goethe, der dann in einem fulminanten Monolog bei Thomas Mann eine eigene Stimme erhält, ist der Tyrann, den man erwartet, aber eben auch ein unbeirrbarer Kosmopolit in Zeiten nationaler Versimpe-lung, ein Querdenker, der ewige Stachel im Fleische einer mit sich zufrieden seienden Bürgerschaft.

Darum ist diese LOTTE IN WEIMAR nicht nur die bissig-heitere Selbstbeschreibung des Autors Mann, der sich in Goethe spiegelt, sondern auch eine Botschaft an die eigenen Landsleute. Denn die faschis tische Propagandamaschine bedient sich des großen Weimarer Dichters ja in ganz anderem Sinne: Sie definiert das sogenannte FAUSTISCHE völ-kisch-national und vereinnahmt so Goethe – ganz gegen seine poeti-schen Intentionen. Das Bild vom „germanischen Dichterfürsten“ dekon-struiert Manns Roman ganz entschieden, und die darin enthaltene Tirade

gegen den deutschen Kleingeist wird sehr wohl von den Regime gegner zu Hause verstanden.

Nicht umsonst bediente sich der Hauptankläger bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen 1946 eines Zitats aus LOTTE IN WEIMAR, das von ihm zwar nicht ganz korrekt zitiert wird, aber wie eine früh formulierte, prophetisch Warnung anmutet:

Vor vielen Jahren sagte Goethe vom deutschen Volk, daß eines Tages sein Schicksal es ereilen würde: ‚Das Schicksal wird sie schlagen, weil sie sich selbst verrieten und nicht sein wollten, was sie sind. Daß sie den Reiz der Wahrheit nicht kennen, ist zu beklagen, dass ihnen Dunst und Rausch und berserkerisches Unmaß so teuer ist, ist widerwärtig. Daß sie sich jedem verrückten Schurken gläubig hingeben, der ihr Niedrigstes aufruft, sie in ihren Lastern bestärkt und sie lehrt, Nationalität als Isolierung und Roheit zu begreifen, ist miserabel.‘ Mit welch prophetischer Stimme hat er gesprochen – denn dies hier sind die wahnwitzigen Schurken, die genau diese Dinge ausgeführt haben.

(Sogar schon während des Krieges waren einzelne eingeschmuggelte Exemplare des Romans in Deutschland kursiert, und zwar unter dem tarnenden Titel „Aus Goethes Gesprächen mit Riemer“.)

Manns Roman ist also vielerlei: Ein Porträt des Dichters des FAUST, ein Selbstporträt Thomas Manns, eine anhand von Weimar genau formu-lierte Analyse bildungsbürgerlicher Spießigkeit und Borniertheit, aber auch (und das vielleicht vor allem anderen) die Erzählung über die Ent-schlossenheit einer nicht mehr jungen Frau ihrem Dasein zwischen Dichtung und Wahrheit auf die Spur zu kommen.

Unsere Theaterversion, die am realen Ort des fiktiven Geschehens spielt – im Hotel ELEPHANT, spart große Teile des Mannschen Rom-ans aus und konzentriert sich auf Lotte und ihr mit einer vagen Hoff-nung gespicktes Projekt, endlich das Kapitel WERTHER abzuschließen. Goethe wird darin geadelt, gestichelt und analysiert. Er selbst bleibt außen vor. Darum möge, wer ihn, aus dem Munde Thomas Manns spre-chen hören will, einfach den Roman lesen.

Charlotte Kestner, geborene Buff

Nachricht Goethes vom 9. Okt. 1816 an Charlotte Kestner