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29/03/15 Ein Versuch, Martin Heideggers «Schwarze Hefte» zu lesen: Das Schwarz der Seele - Literatur und Kunst Nachrichten - NZZ.ch www.nzz.ch/aktuell/feuilleton/literatur-und-kunst/das-schwarz-der-seele-1.18282498 1/5 LITERATUR UND KUNST Ein Versuch, Martin Heideggers «Schwarze Hefte» zu lesen Uwe Justus Wenzel 12.4.2014, 05:30 Uhr Das Schwarz der Seele Hans Jonas, einer von Martin Heideggers jüdischen Schülern, sprach einst, auf den Lehrer gemünzt, von dem Rätsel, «dass man ein Denker sein kann und dabei ein niedriger Mensch». Mit der Publikation der «Schwarzen Hefte», die einige abstossende antisemitische Passagen enthalten, wird das Rätsel kaum weniger rätselhaft. Ist es eine Sage, ein Mythos, ist es gar eine Heilsgeschichte, die da erzählt wird? – Es ist die Rede von dem «Ende der Geschichte des grossen Anfangs des abendländischen Menschen». An jenem Anfang sei dieser Mensch «zur Wächterschaft des Seyns berufen» worden. Wer einst rief, wird nicht gesagt; auch nicht, was ein Wächter des «Seyns» bei der Ausübung seines Amtes näherhin zu tun habe. In dem Ypsilon, das das normalsterbliche «i» ersetzt, schimmert womöglich das Geheimnis der Berufung. Gelüftet hat es der Berufene, wie es scheint, nicht. Er hat den Ruf zwar gehört, so darf man vermuten, ihn aber nicht ganz verstanden. Jedenfalls hat er, so geht die Sage weiter, die Berufung in einen «Anspruch» umgedeutet, in eine Eigenmacht, aus der ein «machenschaftliches Unwesen» hervorgegangen ist – so etwas wie ein alles verschlingendes Ungeheuer oder ein Dämon, der die ganze Welt in seinen Bann schlägt und alles in ein Gemächsel verwandelt, in einen Bestand, mit dem er nach Gutdünken schalten und walten zu können glaubt. Phantasie – und Phantasma Und ebendies – die angemasste Herrschaft des «jetzigen Menschen», der gar nicht bemerkt, dass er von dem «Unwesen», das er in seiner Hybris hervorgebracht hat, selbst beherrscht wird – ist das unrühmliche, aber notwendige Ende der Geschichte, die mit der Berufung des abendländischen Menschen ins Wächteramt so «gross» begonnen hatte. Doch damit ist die Sage noch nicht zu Ende. Die Abend- wird nämlich zur Morgendämmerung: Das Ende ist «kein Aufhören, sondern ein eigenes Beginnen» – eines indes, das «sich 12.4.2014, 05:30 Uhr Heidegger im Jahr 1938, vom Nationalsozialismus abgerückt, aber von Phantasmen heimgesucht. (Bild: DLA Marbach) Zur Beta-Version der NZZ-Website wechseln NZZ.CH

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LITERATUR UND KUNST

Ein Versuch, Martin Heideggers «Schwarze Hefte» zu lesen

Uwe Justus Wenzel 12.4.2014, 05:30 Uhr

Das Schwarz der Seele

Hans Jonas, einer von Martin Heideggers jüdischen Schülern, sprach einst, auf den

Lehrer gemünzt, von dem Rätsel, «dass man ein Denker sein kann und dabei ein

niedriger Mensch». Mit der Publikation der «Schwarzen Hefte», die einige abstossende

antisemitische Passagen enthalten, wird das Rätsel kaum weniger rätselhaft.

Ist es eine Sage, ein Mythos, ist es gar eine Heilsgeschichte, die da erzählt wird?

– Es ist die Rede von dem «Ende der Geschichte des grossen Anfangs des

abendländischen Menschen». An jenem Anfang sei dieser Mensch «zur

Wächterschaft des Seyns berufen» worden. Wer einst rief, wird nicht gesagt;

auch nicht, was ein Wächter des «Seyns» bei der Ausübung seines Amtes

näherhin zu tun habe. In dem Ypsilon, das das normalsterbliche «i» ersetzt,

schimmert womöglich das Geheimnis der Berufung. Gelüftet hat es der

Berufene, wie es scheint, nicht. Er hat den Ruf zwar gehört, so darf man

vermuten, ihn aber nicht ganz verstanden. Jedenfalls hat er, so geht die Sage

weiter, die Berufung in einen «Anspruch» umgedeutet, in eine Eigenmacht, aus

der ein «machenschaftliches Unwesen» hervorgegangen ist – so etwas wie ein

alles verschlingendes Ungeheuer oder ein Dämon, der die ganze Welt in seinen

Bann schlägt und alles in ein Gemächsel verwandelt, in einen Bestand, mit dem

er nach Gutdünken schalten und walten zu können glaubt.

Phantasie – und Phantasma

Und ebendies – die angemasste Herrschaft des «jetzigen Menschen», der gar

nicht bemerkt, dass er von dem «Unwesen», das er in seiner Hybris

hervorgebracht hat, selbst beherrscht wird – ist das unrühmliche, aber

notwendige Ende der Geschichte, die mit der Berufung des abendländischen

Menschen ins Wächteramt so «gross» begonnen hatte. Doch damit ist die Sage

noch nicht zu Ende. Die Abend- wird nämlich zur Morgendämmerung: Das Ende

ist «kein Aufhören, sondern ein eigenes Beginnen» – eines indes, das «sich

12.4.2014, 05:30 Uhr

Heidegger im Jahr 1938, vom Nationalsozialismus abgerückt, aber von Phantasmen heimgesucht. (Bild: DLA Marbach)

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selbst in seiner Wahrheit entzogen bleibt». Es liegt, heisst es, in dem Ende des

«grossen Anfangs» ein «anderer Anfang» beschlossen; unter einem

endzeitlichen «grauen Abschaum» ist eine Geschichte des Seins «verborgen» –

die eigentliche Geschichte, die von der oberflächlich registrierten «Historie»

verschieden, aber nicht getrennt ist. Jener vom «Seyn» abgefallene Mensch, so

verheisst diese eigentliche Geschichte, vermag «gerettet» zu werden. Er würde

dann, so lässt sich erahnen, in sein Wächteramt wieder eingesetzt. Ohne einen

«Kampf» jedoch, auch das wird uns bedeutet, kann der «Übergang in den

anderen Anfang», die Rückverwandlung der «Machenschaft» in die

«Wächterschaft», nicht vonstattengehen.

So – so ungefähr – steht es in einem der schwarzgewandeten Notizhefte Martin

Heideggers, deren Inhalt nun ediert worden ist, in den «Überlegungen VIII», die

der Philosoph 1938/39 zu Papier gebracht hat. Es ist eine von zahllosen kleinen

Skizzen zu einer grossen Erzählung von Aufgang und Untergang und erneutem

Aufgang des «Seyns» und des «Menschentums», die zugleich sichtbar zu

machen prätendiert, «was jetzt geschieht». Hatte Philosophie, so mag man sich

angesichts einer von abstrakten Fabelwesen oder fabelhaften Abstrakta

bevölkerten Szenerie fragen, den Mythos nicht längst abgestreift? In einem

späteren Heft findet sich ein Hinweis darauf, dass Sage und Denken nicht durch

Welten voneinander getrennt sein müssen: «Will man schon das Denken

‹abstrakt› nennen, im Unterschied zur Anschauung, der es alles sinnlich

Erblickbare abgezogen, dann muss man auch wissen, dass es eine Phantasie der

Begriffe gibt, die noch die dichterische Einbildungskraft der Dichter übersteigt.»

Wo Phantasie waltet, kann freilich auch ein Phantasma Gestalt annehmen. In

der geschichtsphilosophischen Einbildungskraft der «Überlegungen VIII»

irrlichtert ein solches Phantasma: «das Judentum». Es ist dies, soweit

ersichtlich, die erste Stelle in den «Schwarzen Heften», an der Heidegger auf

antisemitische Stereotype zurückgreift und «das Judentum» beim Namen

nennt. Zunächst spricht er – dunkel – davon, dass denen, «die ausersehen

sind», jenes Ende der Geschichte «in seinen endlichsten Formen (d. h. des

Riesigen) zu beginnen», versagt sei, zu wissen, was da geschehe. Wenige Zeilen

später erläutert er: «Eine der verstecktesten Gestalten des Riesigen und

vielleicht die älteste ist die zähe Geschicklichkeit des Rechnens und Schiebens

und Durcheinandermischens, wodurch die Weltlosigkeit des Judentums

gegründet wird.» Kurz zuvor ist die Rede von der «Bodenlosigkeit», die, «an

nichts gebunden, alles sich dienstbar macht (das Judentum)».

«Das Judentum» verkörpert mithin für Heidegger jenes «machenschaftliche

Unwesen», das nach dem Abfall des «abendländischen Menschen» von seinem

Ursprung – vom «Seyn» – die Erde erobert, in besonderer Weise. Dieses

Phantasma findet den Weg ins geschriebene, ausdrückliche Wort nicht in den zu

Lebzeiten veröffentlichten Schriften des Philosophen und, wie es aussieht, auch

in den erst postum publizierten (unvollendeten) Werken sowie in den

Manuskripten zu den Vorlesungen nicht. Nur in den «Schwarzen Heften», deren

Schwarz sich nun mit einer schwarzen Seele ihres Autors assoziiert, hat

Heidegger ihm Sprache geliehen. (Abgesehen von vereinzelten Herabsetzungen

des Judentums oder der Juden in Briefen und in Gutachten aus der Zeit des

Rektorats 1933/34, die allerdings nicht im Kontext eines philosophischen

Gedankengangs auftauchen.)

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Repräsentation der «Machenschaft»

In diesen Heften, die er von 1931 bis in die frühen 1970er Jahre hinein führte

und die er selbst – aus nicht aktenkundigen Gründen – zur Veröffentlichung im

Rahmen der Gesamtausgabe seiner Schriften bestimmte, ist das antisemitische

Ressentiment augenscheinlich nicht vor 1938 durchgeschlagen. Erst zu einer

Zeit also, als Heideggers anfängliche Begeisterung für den «Aufbruch» von 1933

längst verflogen und der Nationalsozialismus samt dem biologisch grundierten

Rassismus Anlass zu einer auch in Vorlesungen vorgetragenen Kritik bot (einer

vorsichtigen und nicht unzweideutigen, die sich gelegentlich maskierte) – erst in

dieser Phase scheinen «die Juden» und «das Judentum» in Heideggers

epochendiagnostischem Denken eine sichtbare Rolle zu spielen. Sie treten, das

darf man, um der Korrektheit die Ehre zu geben, sagen, eher selten in

Erscheinung. Etwa ein gutes Dutzend Mal auf rund siebenhundertzwanzig

Druckseiten, die die Edition der «Schwarzen Hefte» der Jahre 1938 bis 1941

zählt.

Antisemitische Klischees werden seinsgeschichtlich geadelt, wenn Heidegger

den Grund für die «zeitweilige Machtsteigerung des Judentums» darin erkennen

zu können glaubt, dass «die Metaphysik des Abendlandes, zumal in ihrer

neuzeitlichen Entfaltung, die Ansatzstelle bot für das Sichbreitmachen einer

sonst leeren Rationalität und Rechenfähigkeit, die sich auf solchem Wege eine

Unterkunft im ‹Geiste› verschaffte . . .» – Perfide wird insinuiert, die Juden

seien an ihrer Verfolgung selbst schuld: «Die Juden ‹leben› bei ihrer betont

rechnerischen Begabung am längsten schon nach dem Rasseprinzip, weshalb sie

sich auch am heftigsten gegen die uneingeschränkte Anwendung zur Wehr

setzen.»

Solche Niedertracht ist das dunkle Reversbild der geschichtsphilosophischen

These, im Zeitalter der «Machenschaft» (das mit demjenigen der «Metaphysik

des Abendlandes» mehr oder weniger deckungsgleich ist) sei es nur folgerichtig,

die biologische «Rasse» und deren «Züchtbarkeit» zum «Prinzip» zu erheben, da

die «Macht der Machenschaft» das Seiende «nach allen seinen Bereichen in die

planhafte Berechnung niederzwingen» müsse. In diesem diagnostischen

Zwielicht rücken die Juden und ihre nationalsozialistischen Verfolger beinahe

ununterscheidbar nahe zusammen. Sie sind beide für Heidegger

seinsgeschichtlich desselben Wesens oder vielmehr desselben Unwesens.

Und nicht nur sie. In einem Passus der «Überlegungen XIII», die ab 1939

entstanden sind, stuft Heidegger den Bolschewismus als Ausprägung der «in

ihrem Beginn westlich bestimmten Neuzeit» ein – ebenso wie den «autoritären

‹Sozialismus› (in den Abwandlungen des Faschismus und

Nationalsozialismus)». Ernst Nolte hätte es gewiss gerne zitiert:

Nationalsozialismus und Bolschewismus «sind metaphysisch dasselbe». Sie sind

beide, auf verschiedene Weise zwar, so liest man etwas später, «errechneter

Verbrauch von Volkstümern». Nach dem 22. Juni 1941 (das Datum vermerkt

Heidegger), dem Tag des nazideutschen Angriffs auf die Sowjetunion, werden

dann Bolschewismus und «Weltjudentum» in «metaphysische» Verbindung

gebracht – sowie «Amerikanismus» und England, welch Letzteres in Heideggers

Urteil ebenfalls «ohne abendländische Haltung ist».

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Das mutet aberwitzig an, hat aber in Heideggers Weltbild seine eigene «Logik».

Um sie in Umrissen zu erkennen, gilt es, sich vor Augen zu halten, dass der

Geschichtsdeuter Heidegger nicht nur zwischen Nationalsozialismus und

«Deutschtum», sondern – zumindest probeweise – auch zwischen

Bolschewismus und «Russentum» unterscheidet. Auf beide «Volkstümer»,

obgleich sie von zwei Ausprägungen desselben «machenschaftlichen Unwesens»

vernutzt werden, wartet offenbar die geschichtliche Aufgabe, in einem

verborgenen Zusammenspiel (von Hölderlin und Dostojewski?) die

Rückverwandlung des «abendländischen Menschen» von einem «Subjekt» in

einen «Wächter» vorzubereiten. 1931 hielt Heidegger in einem der nicht wenigen

autosuggestiven Notate noch dies für wahr: «Der Deutsche allein kann das Sein

ursprünglich neu dichten und sagen . . .»

Der allerletzte, ins Mirakulöse verschwebende Satz der «Überlegungen», zehn

Jahre später niedergeschrieben, lautet: «Im Russentum findet die vollendete

Metaphysik die gemässe Stätte ihrer Rückgeburt. Von da kommt sie dereinst als

Gegenwurf dem Anfang entgegen.» Die Griechen, denen die Geburt des

«abendländischen Menschen» in Heideggers Kosmogonie zu verdanken ist,

spielen bei dessen «Rückgeburt» anscheinend keine Rolle mehr.

Die Frage nach der Rolle, die der Weltkulturkampf-Regisseur dem

«Weltjudentum» bei der «nächsten geschichtlichen Entscheidung» zudenkt, ist

nach seiner eigenen Auskunft «keine rassische, sondern die metaphysische

Frage nach der Art von Menschentümlichkeit, die schlechthin ungebunden die

Entwurzelung alles Seienden aus dem Sein als weltgeschichtliche ‹Aufgabe›

übernehmen kann». Peter Trawny, der Herausgeber der «Schwarzen Hefte»,

charakterisiert in einer klugen und lesenswerten Studie mit dem Titel

«Heidegger und der Mythos der jüdischen Weltverschwörung», den sich

manifestierenden Antisemitismus Heideggers als einen «seinsgeschichtlichen».

Verschworene Seinsmächte

Ob Heidegger sich bei der Lektüre der «Protokolle der Weisen von Zion» – der

antisemitischen Fiktion einer jüdischen Weltverschwörung – gewissermassen

infiziert hat, mag auf sich beruhen. Für die philosophische Beurteilung des

Heideggerschen Denkens, wie es sich in den «Schwarzen Heften» der Jahre 1931

bis 1941, aber auch in den parallel entstandenen Vorlesungs- und

Buchmanuskripten präsentiert, wäre eine Frage womöglich von grösserem

Interesse: Lädt das seinsgeschichtliche Denken, sozusagen an sich selbst –

seiner Anlage nach –, zu Mythenbildungen und Verschwörungstheorien ein?

Mächte – Seins- und Wesensmächte – aller Art werden in Heideggers

geschichtsphilosophischen Epochendiagnosen nicht selten evoziert;

grossformatige, kollektive Akteure und Meta-Subjekte betreten die dunkel

leuchtende Geschichtslandschaft, bisweilen phantastisch abstrakte, oft aber jene

phantasmatischen «Volkstümer», die sich in ihrer – ihnen angedichteten –

Schicksalhaftigkeit nur wenig von den biologisch gedachten «Rassen»

unterscheiden, von denen Heidegger sie aber abgrenzen zu können glaubt.

Der entscheidende Regiegedanke bei der Inszenierung und Führung dieser

Figuren ist stets der «Kampf» oder der «Streit», der «pólemos» des Heraklit.

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Heidegger will den «Vater aller Dinge» allerdings nicht mit «Krieg» übersetzt

wissen. Das «Wesen des Kampfes» nämlich – so redet sich der Philosoph zwei

Jahre nach «Ausbruch» des Zweiten Weltkrieges ein – sei, «dass er als

Auseinandersetzung nicht vernichtet, sondern den Gegner in die höhere

Möglichkeit seines Wesens rettet». Was auch immer der Mythologe Heidegger

darunter des Näheren verstanden haben mag: Dem Judentum als phantasiertem

– phantasmatischem – Gegner der abendländischen «Besinnung» hat er nicht

einmal diese Möglichkeit zugestanden.

Martin Heidegger: Gesamtausgabe Band 94: Überlegungen II–VI (Schwarze Hefte 1931–1938). Vittorio Klostermann,

Frankfurt am Main 2014. 536 S., Fr. 88.90. Ders.: Gesamtausgabe Band 95: Überlegungen VII–XI (Schwarze Hefte

1938/39). Ebd. 2014. 455 S., Fr. 63.90. Ders.: Gesamtausgabe Band 96: Überlegungen XII–XV (Schwarze Hefte 1939–

1941). Ebd. 2014. 285 S., Fr. 51.–. Peter Trawny: Heidegger und der Mythos der jüdischen Weltverschwörung. Ebd.

2014. 106 S., Fr. 19.90.

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